Francisco de Xerez
Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Francisco de Xerez

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9. Nachricht über Caxas und Cuzco. Der Ort Guacamba. Eine Gesandtschaft Atabaliba's.

Als der Hauptmann mit seinen Leuten angekommen war, berichtete er dem Statthalter alles was er an den erwähnten Orten gesehen, daß er zwei Tage und eine Nacht gebraucht, um nach Caxas zu gelangen, obschon man nur während der Essenszeit gerastet und hohe Berge überstiegen hatte, um die Stadt durch Ueberrumpelung zu nehmen, und daß er sie bei aller dieser Vorsicht und trotz der guten Führer nicht erreichen konnte, ohne den Spionen der Stadt zu begegnen. Von einigen derselben, welche man festnahm, erhielt man Nachricht über die Anzahl der Bevölkerung. Die Christen stellten sich darauf in Ordnung, setzten ihren Weg bis zur Stadt fort und bemerkten bei dem Einzug in dieselbe Spuren eines Lagers, worin Kriegsvolk gestanden zu haben schien. Die Stadt Caxas liegt in einem kleinen Thale zwischen Bergen; die Bevölkerung zeigte einige Bestürzung, der Hauptmann beruhigte sie aber und that ihnen kund, daß er von dem Statthalter gesendet sey, um sie als Unterthanen des Kaisers in Pflicht zu nehmen. Darauf erschien auch ein Beamter, welcher nach seinem Vorgeben in Atabaliba's Dienst stand und die Abgaben dieser Städte einzunehmen hatte. Bei diesem erkundigten sie sich über den Weg nach Caxamalca, über die Gesinnung Atabaliba's und wie dieser wohl die Christen empfangen würde, so wie auch über die Stadt Cuzco. Diese, erfuhren sie, liege noch dreißig Tagreisen weiter und habe eine MeileBei Xeres heißt es ausdrücklich: »que tiene la cerca una legua de andadura«; legua ist aber wohl nur ein Schreib- oder Druckfehler, statt jornada (Tagreise), denn schon die alte gleichzeitige italienische Uebersetzung sagt: »che girava il suo muro, che la cingea, und giornata di cammino« im Umfange; der Palast des Caziken sey vier Armbrustschüsse lang, darin befinde sich ein Saal, in welchem der alte Cuzco gestorben sey, dessen Fußboden aus Silber bestehe und dessen Decke und Wände mit abwechselnd aneinandergefügten Gold- und Silberplatten getäfelt seyen. Alle diese Städte hätten Cuzco, dem Sohne des alten Cuzco, angehört, bis vor einem Jahre sich sein Bruder Atabaliba empört, das Land erobert, große Abgaben und Steuern aufgelegt und täglich schreckliche Grausamkeiten verübt habe, wie denn die Bewohner außer dem Tribut, welchen sie von ihrem Besitzthum und ihren Einkünften bezahlten, auch noch einen solchen von ihren Söhnen und Töchtern entrichten müßten. Man hörte ferner von dem Beamten, daß Atabaliba in dem erwähnten Lager gestanden habe und erst vor wenigen Tagen mit einem Theile seines Heeres aufgebrochen sey, daß sich in der Stadt Caxas ein großes, festes, mit Erdmauern umgebenes und mit Thoren versehenes Haus befinde, in welchem viele Weiber mit Spinnen und Kleiderweben für das Heer des Atabaliba beschäftigt seyen und dem sich außer den Thürstehern, welche sie bewachten, kein anderer Mann nahen dürfe. An dem Eingange der Stadt waren mehrere Indianer an den Füßen aufgehängt; man erfuhr jetzt, daß Atabaliba sie habe hinrichten lassen, weil einer von ihnen in das Haus der Weiber geschlichen war, um bei einer derselben zu schlafen; er sowohl als auch alle Thürsteher, welche um die Sache wußten, wurden gehängt.

Nachdem der Hauptmann den Ort Caxas unterworfen hatte, begab er sich nach einem andern, der GuacambaWahrscheinlich ein und derselbe Ort mit dem oben erwähnten Gicabamba, welches der Hauptmann besuchen sollte heißt und eine Tagreise von dem ersten entfernt liegt. Er ist größer als Caxas und hat bessere Gebäude; die ganze Festung ist schön aus Stein erbaut und die großen, fünf bis sechs Fuß breiten Steine sind so gut mit einander verbunden, daß keine Fuge zwischen ihnen zu seyn scheint; das terrassenförmige Dach besteht ebenfalls aus behauenen Steinen und zwei steinerne Treppen führen zwischen den beiden Flügeln des Gebäudes aufwärts. In der Mitte zwischen beiden Orten läuft ein kleiner Fluß, welchen die Einwohner benützen, und über ihn führen Brücken und wohlunterhaltene Wege. Durch beide Orte zieht auch eine von Menschenhänden angelegte Heerstraße, welche sich durch das ganze Land von Cuzco bis Quito, also weiter als dreihundert Meilen erstreckt. Sie ist eben, im Gebirge sehr gut gearbeitet und so breit daß sechs Reiter nebeneinander reiten können, ohne sich zu berühren. Neben der Straße ziehen sich von andern Orten hergeleitete Wassercanäle hin, damit die Wanderer sich erfrischen können. In der Entfernung einer Tagreise steht jedesmal ein Gebäude, welches einem Wirthshause gleicht und in welchem die Hin- und herreisenden ausruhen. Am Eingange in diese Straße in der Stadt Caxas steht am Anfange einer Brücke ein Haus, in welchem ein Wächter sitzt, der den Gehenden und Kommenden das Weggeld abnimmt; man bezahlt dieses in denselben Gegenständen, welche man mit sich führt. Niemand kann eine Last aus dem Orte fortschaffen, wenn er nicht auch eine dahin bringt. Dieser Gebrauch stammt aus alten Zeiten her, und Atabaliba hob ihn nur für das, was seine Garnisonsmannschaft fortbrachte, auf. Kein Reisender darf bei Todesstrafe mit einer Last auf einem andern Wege ein- oder ausgehen, als auf dem wo der Wächter seinen Sitz hat. – Der Hauptmann berichtete ferner, daß er an beiden Orten zwei Häuser angetroffen habe, welche mit Schuhen, Salzbroden, einem Mundvorrathe, welcher Fleischklöschen glich, und andern Dingen für die Bedürfnisse des Heeres Atabaliba's angefüllt war. Er bemerkte auch, daß in diesen Städten eine gute Ordnung herrsche und man sehr geregelt lebe.

Mit dem Hauptmann kam ein indianischer Häuptling nebst mehreren andern Leuten, welcher den Auftrag hatte dem Statthalter ein Geschenk zu überbringen. Der Gesandte sagte dem Statthalter, daß ihn sein Gebieter Atabaliba von Caxamalca her geschickt habe, um das Geschenk zu überreichen, welches in einem aus Stein gearbeiteten Brunnen, welcher zwei Festungen vorstellte und aus dem man trinken konnte, und in zwei Lasten getrockneter abgehäuteter Gänse bestand, aus welchen Pulver bereitet werden sollte, um sich damit zu parfümiren, wie es bei den Vornehmen des Landes Sitte war. Der Gesandte meldete ferner, daß sein Gebieter sehr die Freundschaft des Statthalters zu erlangen wünsche und daß er ihn in friedlicher Gesinnung zu Caxamalca erwarte. Der Statthalter nahm das Geschenk an, behandelte den Ueberbringer sehr zuvorkommend und versicherte ihm, daß er sich sehr über seine Ankunft freue, weil er der Abgesandte Atabaliba's sey, welchen er nach den Nachrichten, die er von ihm gehört, bald zu sehen wünsche, und weil er vernommen, daß er mit seinen Feinden im Kriege liege, so habe er sich entschlossen ihn aufzusuchen, sein Freund und Bruder zu werden und ihn bei seinen Eroberungen mit den Christen, die er mit sich führe, zu unterstützen. Darauf befahl er dem Abgeordneten und seinen Begleitern zu essen und alles wessen sie bedürften zu geben, und sie überhaupt so zu behandeln, wie es den Geschäftsträgern eines so großen Fürsten gebühre. Nachdem sie ausgeruht hatten, ließ er sie wieder vor sich kommen und bemerkte ihnen, daß wenn sie abreisen oder noch einen Tag bleiben wollten, sie seine volle Einwilligung hätten. Der Abgesandte erwiederte, sie wünschten mit dem erhaltenen Bescheide zu ihrem Gebieter zurückzukehren; worauf der Statthalter zu ihm sprach: »Verkünde deinem Herrn was ich dir gesagt habe, und daß ich mich auf dem Wege an keinem Orte aufhalten würde, um desto eher bei ihm einzutreffen.« Zuletzt überreichte er ihm ein Hemd und andere aus Spanien mitgebrachte Gegenstände, um sie mit sich zu nehmen.


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