Francisco de Xerez
Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
Francisco de Xerez

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8. Erste Nachricht von dem mächtigen Caziken Atabaliba. Pizarro bricht auf, um gegen ihn zu ziehen. Piura. Cara.

Der Statthalter vernahm unterdessen, daß man auf dem Wege nach Chincha und Cuzco hin viele große, fruchtbare Oerter antreffe und daß zehn oder fünfzehn Tagreisen von seinem Aufenthaltsorte ein gut bevölkertes Thal liege, das Caxamalca heiße und in welchem Atabaliba, gegenwärtig der Oberherr der Eingeborenen, dem alle gehorchten, wohne. Dieser war aus seinem Vaterlande, einer fernen Gegend, als Eroberer herangezogen, und als er in die Provinz Caxamalca kam, blieb er, weil er sie sehr reich und reizend fand, in derselben und machte von hier aus noch weitere Eroberungen. Weil nun dieser Herr sehr gefürchtet war, so zeigten sich die Anwohner des Flusses (Turicarami) im Dienste Sr. Majestät nicht so eifrig als es sich geziemte, sondern hielten mehr zu Atabaliba und erklärten, daß sie nur diesen und keinen andern als ihren Herrn anerkennten, daß ein kleiner Theil seines Kriegsvolkes hinreiche alle Christen zu vernichten und daß schon seine gewohnte Grausamkeit allenthalben Schrecken verbreite. Der Statthalter entschloß sich also aufzubrechen und Atabaliba aufzusuchen, um ihn Sr. Majestät dienstbar zu machen und die ihn zunächst umgebenden Provinzen zu unterwerfen; wenn der Oberherr besiegt sey, dachte er, so würde das übrige Land leicht zu unterwerfen seyn.

Am 24. September 1532 machte er sich von San Miguel aus zur Aufsuchung Atabaliba's auf den Weg, und am ersten Tage seines Marsches setzten die Mannschaft auf zwei Floßen und die Pferde schwimmend über den Fluß. Die erste Nacht blieb er in einem Orte auf dem andern Ufer des Flusses. Nach drei Tagen erreichte er im Thale Piura die Festung eines Caziken, wo er einen Hauptmann mit einigen Spaniern antraf, den er dahin geschickt hatte, um mit dem Caziken zu unterhandeln, damit dieser den Caziken von San Miguel nicht beunruhige. Der Statthalter blieb hier zehn Tage, versah sich mit allem zu seiner Reise Nöthigen; er zählte die mitgebrachten Leute und es fanden sich 67 Reiter und 110 Fußgänger, darunter waren drei Büchsenschützen und einige Armbrustschützen. Da der Befehlshaber von San Miguel geschrieben hatte, daß dort nur sehr wenige Spanier geblieben seyen, so ließ er bekannt machen, daß er allen, welche wollten, gestatte, sich in der Stadt San Miguel anzusiedeln und daß er ihnen, wie den übrigen Ansiedlern welche sich bereits dort befänden, Indianer zu ihrer Unterstützung zutheilen würde; er selbst aber wolle mit denen, die bei ihm blieben, seyen es nun viele oder wenige, seine Eroberung fortsetzen. Fünf Reiter und vier Fußgänger kehrten zurück und die Zahl der Ansiedler belief sich nun auf 55, nebst zehn oder zwölf Spaniern, die sich, ohne eine feste Niederlassung zu suchen, freiwillig dort aufhielten; bei dem Statthalter blieben 62 Reiter und 102 Fußgänger. Darauf ließ er Leute und Pferde, denen es noch noth that, ausrüsten, bildete von neuem das Armbrustschützencorps, welches er auf zwanzig Mann brachte, und gab ihm einen Hauptmann, der für dasselbe zu sorgen hatte.

Nachdem er so alle nöthigen Vorkehrungen getroffen hatte, brach er mit seiner Mannschaft auf und erreichte, nachdem er seinen Weg bis zum Mittag fortgesetzt hatte, einen großen mit einem Erdwalle umgebenen Platz, welcher einem Caziken, der Pabor hieß, gehörte. Der Statthalter machte hier mit seiner Mannschaft Rast und überzeugte sich, daß der Cazike früher ein mächtiger Herr, jetzt aber sehr heruntergekommen war, weil der ältere Cuzeo, Atabaliba's Vater, ihm zwanzig Oerter zerstört und die Einwohner ermordet hatte; er besaß übrigens bei all diesem Schaden noch eine bedeutende Anzahl von Unterthanen und hatte ein Bündniß mit seinem Bruder, der ein eben so mächtiger Herr als er war. Beide hielten Frieden und als Aufenthaltsort war ihnen San Miguel angewiesen. Die Stadt so wie auch der Ort Piura liegen in ebenen, sehr fruchtbaren Thälern. Der Statthalter zog hier Erkundigungen über die benachbarten Oerter und Caziken und über den Weg nach Caxamalca ein und erfuhr, daß zwei Tagreisen weiter ein großer Ort liege, der Caxas heiße, und daß darin eine Besatzung Atabaliba's stehe, welche auf die Ankunft der Christen, wenn sie diesen Weg einschlügen, vorbereitet seyen. Auf diese Nachricht schickte er heimlich einen Hauptmann mit Fußvolk und Reiterei nach Caxas, mit dem Befehl, die Leute Atabaliba's, wenn sich deren dort fänden, nicht gewaltsam zu behandeln, sondern zu versuchen ein friedliches Einverständniß mit ihnen anzuknüpfen und sie der Botmäßigkeit Sr. Majestät, nachdem sie ihnen deren Befehle kund gethan, zu unterwerfen. Der Hauptmann brach noch an demselben Tage auf; am folgenden Tage setzte auch der Statthalter seinen Weg fort und kam zu einem Orte, welcher Çaran hieß, wo er den Hauptmann, der nach Caxas gezogen war, erwartete. Der Cazike des Ortes schickte nach einer Festung, wo der Statthalter um Mittag angelangt war, als Lebensmittel Schafe (Lamas) und andere Dinge. Am andern Tage verließ Pizarro die Festung und kam in den Ort Çaran selbst, wo er bis zur Zurückkunft des erwähnten Hauptmanns von Caxas sein Lager aufschlagen ließ. Dieser schickte nach fünf Tagen einen Boten an den Statthalter, um ihn über den Erfolg seiner Bemühungen zu unterrichten. Der Statthalter erwiederte ihm sogleich, daß er ihn an seinem Rastplatze erwarte und daß er nach Vollbringung seines Auftrags sogleich zu ihm stoßen, auf dem Wege aber einen andern Ort, der in der Nähe der Stadt Caxas liege und Gicabamba heiße, besuchen und unterwerfen solle; zugleich that er ihm zu wissen, daß der Cazike von Çaran, welcher gute Oerter und ein fruchtbares Thal beherrsche, in der Gewalt der Ansiedler von San Miguel sey. Der Statthalter wartete acht Tage auf den Hauptmann, und während dieser Zeit setzten sich die Spanier in guten Stand und richteten ihre Pferde für den Marsch und die Eroberung her.


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