Johann Joachim Winckelmann
Geschichte der Kunst des Altertums
Johann Joachim Winckelmann

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das fünfte Kapitel

Von der Kunst unter den Römern

 

Erstes Stück

Untersuchungen des römischen Stils in der Kunst

Nach der Abhandlung von der griechischen Kunst wäre nach der gemeinen Meinung der Stil der römischen Künstler und hier insbesondere ihrer Bildhauer zu untersuchen: denn unsere Antiquarii und Bildhauer reden von einer eigenen Art römischer Arbeit in der Kunst. Es waren ehemals und sind noch jetzt Werke der Kunst, sowohl Figuren als erhobene Arbeiten, mit römischen Inschriften und einigen Statuen mit dem Namen der Künstler. Von der ersten Art ist diejenige Figur, welche vor mehr als zwei Jahren bei St. Veit im Erzstifte Salzburg entdeckt und durch den bekannten Erzbischof und Kardinal Matthias Lange in Salzburg aufgestellt wurde: es ist dieselbe von Erz, in Lebensgröße, und gleicht in der Stellung dem fälschlich sogenannten Antinous im Belvedere. Eine jener völlig ähnlichen Statue von Erz, mit eben derselben Inschrift und an eben dem ungewöhnlichen Orte, nämlich auf dem Schenkel, befindet sich in dem Garten des Königlichen Lustschlosses Aranjuez in Spanien, wo mein Freund, Herr Anton Raphael Mengs, dieselbe gesehen und mir als ein altes Werk angibt. Ich habe mit aller Mühe, die ich mir gegeben, von der Statue zu Salzburg nicht die geringste Nachricht erhalten können, aus welcher, wenn sie richtig und umständlich gewesen wäre, man vielleicht hätte sehen können, ob eine nach der andern gearbeitet worden; soviel sehe ich wohl, daß die Streitaxt, welche die salzburgische in dem Kupfer hält, ein neuer Zusatz der Unwissenheit sein müsse. Eine andere kleine Figur, über drei Palme hoch, 236 welche die Hoffnung vorstellt, in der Villa Ludovisi, ist wie im etrurischen Stile gearbeitet und hat eine römische Inschrift auf der Base, welche im vorigen Kapitel angeführt ist. Von erhobenen Arbeiten mit römischer Inschrift habe ich eine zu Anfang des dritten Kapitels berührt, in der Villa Albani, welche eine Speisekammer vorstellt, und in eben der Villa ist eine andere, wo ein Vater, als ein Senator gekleidet, auf einem Stuhle sitzt, mit den Füßen auf eine Art von Fußschemel, und hält in der rechten Hand das Brustbild seines Sohns: gegen ihm über steht eine weibliche Figur, welche Rauchwerk auf einen Leuchter zu streuen scheint, mit der Überschrift:

C. LOLLIVS • ALCAMENES •
DEC • ET • DVVMVIR •C. Lollius Alcamenes, Mitglied der Zehnmann- (Decemvir) und der Zweimann-Magistratsbehörde.

Von der zweiten Art bringt Boissard eine Statue mit der Inschrift: TITIVS • FECIT •Titius hat [dies Kunstwerk] angefertigt. Auf einer Statue des Äsculapius im Palaste Verospi steht der Name des Künstlers, ASSALECTVS. Geschnittene Steine mit Namen ihrer römischen Künstler, eines Äpolianus, Cajus, Cnaejus usf., will ich nicht anführen.

 
Etrurische und griechische Grundlagen der römischen Kunst

Diese Denkmale aber sind hinlänglich zu einem Systema der Kunst und zur Bestimmung eines besondern von dem etrurischen und griechischen verschiedenen Stils: es werden sich auch die römischen Künstler keinen eigenen Stil gebildet haben, sondern in den allerältesten Zeiten ahmten sie vermutlich die Etrurier nach, von welchen sie viele, sonderlich heilige Gebräuche, annahmen, und in ihren späteren und blühenden Zeiten werden ihre wenigen Künstler Schüler der griechischen gewesen sein.

Von der Nachahmung der etrurischen Kunst in Werken römischer Künstler in der Zeit der Republik gibt ein walzenförmiges Gefäß von 237 Metall in der Galerie des Collegii S. Ignatii zu Rom einen deutlichen und unwidersprechlichen Beweis. Denn erstlich steht auf dem Deckel der Name des Künstlers selbst und die Anzeige, daß er dieses Werk zu Rom gemacht habe; ferner offenbart sich der etrurische Stil nicht allein in der Zeichnung vieler Figuren, sondern auch in den Begriffen derselben . . . Es ist dieses Gefäß ungefähr zwei Palme hoch und hält etwa anderthalb Palme im Durchmesser: auf der Binde unter dem obern Rande und auch unten hat dasselbe Zieraten; auf dem mittelsten Raum desselben aber ist rund herum in eingegrabener Arbeit mit einem Grabstichel die Geschichte der Argonauten, ihre Anlandung, der Kampf und der Sieg des Pollux über den Amycus usf. vorgestellt . . . Rund herum auf dem Deckel ist eine Jagd vorgestellt, und oben auf demselben stehen aufrecht befestigt drei von Metall gegossene Figuren von einer halben Spanne hoch, nämlich die verstorbene Person, welcher zu Ehren und zum Gedächtnis dieses Gefäß etwa in ihr Grab gesetzt war, und diese hält umfaßt zwei Faune mit Menschenfüßen, nach dem Begriffe der Etrurier, welche diese Halbgötter entweder so oder mit Pferdefüßen und Schwänzen . . . bildeten. Unter diesen Figuren steht die angeführte Schrift; auf der einen Seite der Name der Tochter ihrer verstorbenen Mutter:

DINDIA • MACOLNIA • FILEA • DEDITDindia Macolnia, das Mädchen (die Tochter) hat es gegeben (= gestiftet).

Auf der andern Seite der Name des Künstlers:

NOVIOS • PLAVTIOS • MED • ROMAI • FECID •Novios Plautios hat mich zu Rom angefertigt.

Die drei Füße, auf welchen das Gefäß ruht, haben ein jeder ihre besondere Vorstellung in Metall gegossen, und auf dem einen steht Herkules mit der Tugend und der Wollust, welche aber nicht weiblich, wie bei den Griechen, sondern hier männlich persönlich gemacht sind.

Das Vorurteil von einem den römischen Künstlern eigenen und von dem griechischen verschiedenen Stil ist aus zwei Ursachen entstanden. Die eine ist die unrichtige Erklärung der vorgestellten Bilder, da man in denen, welche aus der griechischen Fabel genommen sind, römische 238 Geschichte und folglich einen römischen Künstler [hat] finden wollen. Ein solcher Schluß ist derjenige, welchen ein seichter Skribent aus der erzwungenen Erklärung eines herrlichen griechischen Steins in dem Stoschischen Museo macht. Es stellt dieser Stein die Tochter des Priamus Polyxena vor, welche Pyrrhus auf dem Grabe seines Vaters Achilles aufopferte; jener aber findet gar keine Schwierigkeit, die Notzüchtigung der Lucretia hier zu sehen. Ein Beweis seiner Erklärung soll der römische Stil der Arbeit dieses Steins sein, welcher, sagt er, sich deutlich hier zeigt, nach einer umgekehrten Art zu denken, wo aus einem irrigen Schlusse ein falscher Vordersatz gezogen wird. Es würde derselbe eben den Schluß gemacht haben, aus der schönen Gruppe des vermeinten jungen Papirius, wenn der Name des griechischen Künstlers nicht da wäre. Die zweite Ursache liegt in einer unzeitigen Ehrfurcht gegen die Werke griechischer Künstler: denn da sich viele mittelmäßige Werke finden, entsieht man sich, dieselben jenen beizulegen, und es scheint billiger, den Römern als den Griechen einen Tadel anzuhängen. Man begreift daher alles, was schlecht scheint, unter dem Namen römischer Arbeiten, aber ohne das geringste Kennzeichen davon anzugeben. Aus solchen ungegründeten und willkürlich angenommenen Meinungen glaube ich berechtigt zu sein, den Begriff eines römischen Stils in der Kunst, insoweit unsere jetzigen Kenntnisse gehen, für eine Einbildung zu halten. Ich will indessen, um nichts zu übergehen, zum ersten die Umstände anzeigen, worin sich die Kunst zur Zeit der römischen Republik befunden hat; und da ich hier von der vorgesetzten Ordnung, in Abhandlung der Zeichnung des Nackenden sowohl als des Bekleideten, abgehen muß, so will ich hier wenigstens von der Kleidung der Männer, mehr nach dem, was man sieht als liest, handeln.

 
Die künstlerische Entwicklung Roms

Was den ersten Punkt betrifft, so ist wahrscheinlich, daß sich unter den Königen wenige oder gar keine Römer auf die Zeichnung und insbesondere auf die Bildhauerei gelegt haben, weil nach den Gesetzen des Numa, wie Plutarchus lehrt, die Gottheit nicht in menschlicher Gestalt durfte gebildet werden, so daß nach hundertundsechzig Jahren, nach den Zeiten 239 dieses Königs, oder in den ersten hundertundsiebzig Jahren, wie Varro berichtet, weder Statuen noch Bilder der Götter in den Tempeln zu Rom gewesen. Ich sage und verstehe in den Tempeln, welches also auf eine gottesdienstliche Verehrung derselben müßte gedeutet werden: denn es waren Statuen der Götter in Rom, welche ich sogleich anführen werde; es werden also dieselben nicht in die Tempel gesetzt gewesen sein.

Zu andern öffentlichen Werken bediente man sich etrurischer Künstler, welche in den ältesten Zeiten in Rom [das] waren, was nachher die griechischen Künstler wurden, und von jenen wird die im ersten Kapitel angeführte Statue des Romulus gearbeitet sein. Ob die Wölfin von Erz, welche den Romulus und den Remus säugt, im Campidoglio, diejenige ist, von welcher Dionysius als von einem sehr alten Werke redet, oder diejenige, welche nach dem Cicero vom Blitze beschädigt wurde, wissen wir nicht; wenigstens sieht man einen starken Riß in dem Hinterschenkel des Tiers, und vielleicht ist dieses die Beschädigung vom Blitze.

Tarquinius Priscus oder, wie andere wollen, Superbus, ließ einen Künstler von Fregellä aus dem Lande der Volsker oder, nach dem Plutarchus, etrurische Künstler von Vejä kommen, die Statue des olympischen Jupiters von gebrannter Erde zu machen, und dergleichen Quadriga wurde oben auf diesen Tempel gesetzt, und andere sagen, es sei dieses Werk zu Vejä gearbeitet worden. Die Statue, welche sich Caja Cäcilia, des Tarquinius Priscus Gemahlin, in dem Tempel des Gottes Sanga setzen ließ, war von Erz. Die Statuen der Könige standen noch zur Zeit der Republik, in den gracchischen Unruhen, am Eingange des Capitolii.

In der Einfalt der Sitten der ersten Zeiten der Republik und in einem Staate, welcher auf dem Krieg bestand, wird wenig Gelegenheit gewesen sein, die Kunst zu üben. Die höchste Ehre, die jemanden widerfahren konnte, war eine Säule, die ihm aufgesetzt wurde, und da man anfing, große Verdienste mit Statuen zu belohnen, wurde das Maß derselben auf drei Fuß gesetzt; ein eingeschränktes Maß für die Kunst. Die Statue des Horatius Cocles, welche ihm in dem Tempel des Vulcanus aufgerichtet wurde, die Statue der Cloelia zu Pferde, welche noch zu den Zeiten des Seneca stand, beide von Erz, und viele andere in den ersten Zeiten zu Rom gemacht, müßte man sich also in diesem Maße vorstellen. Aus Erz wurden auch andere öffentliche Denkmale daselbst gemacht; und neue 240 Verordnungen wurden auf Säulen von Erz eingegraben, wie diejenige war, wodurch das Volk zu Rom Erlaubnis bekam, auf dem Aventino anzubauen, zu Anfang des vierten Jahrhunderts der Stadt Rom; und bald hernach die Säulen, in welchen die neuen Gesetze des Decemvirs aufgestellt wurden.

Die meisten Statuen der Gottheiten werden der Größe und Beschaffenheit ihrer Tempel in den ersten Zeiten der Republik gemäß gewesen sein, welche zum Teil, aus dem in Jahresfrist geendigten Tempel des Glücks zu schließen, nicht prächtig gewesen sein können; wie auch andere Nachrichten nebst den erhaltenen Tempeln oder ihren Trümmern zeigen.

Gedachte Statuen werden vermutlich von etrurischen Künstlern gearbeitet sein: von dem großen Apollo von Erz, welcher nachher in der Bibliothek des Tempels Augusti stand, versichert es Plinius. Spurius Carvilius, welcher die Samniter schlug, ließ diese Statue aus jener ihren Harnischen, Beinrüstungen und Helmen durch einen etrurischen Künstler gießen im 461. Jahre der Stadt Rom, das ist in der 121. Olympias. Diese Statue war so groß, sagt man, daß sie von dem Albanischen Berge, jetzt Monte Cavo genannt, konnte gesehen werden. Die erste Statue der Ceres in Erz ließ Spurius Cassius machen, welcher im 252. Jahre Konsul war. Im 417. Jahre wurden den Konsuls L. Furio Camillo und C. Moenio nach dem Triumphe über die Lateiner, als etwas ganz Seltenes, Statuen zu Pferde gesetzt; es wird aber nicht gemeldet, woraus sie gemacht gewesen. Ebenso bedienten sich die Römer etrurischer Maler, von welchen unter andern ein Tempel der Ceres ausgemalt war, welche Gemälde man, da der Tempel anfing, baufällig zu werden, mit der Mauer, auf welcher sie gemalt waren, wegnahm und anderwärts hin versetzte.

Der Marmor wurde spät in Rom verarbeitet, welches auch die bekannte Inschrift des S. Scipio Barbatus, des würdigsten Mannes seiner Zeit, beweist; es ist dieselbe in dem schlechtesten Steine, Peperino genannt, gehauen. Die Inschrift der Columna Rostralis des C. Duillius von eben der Zeit wird auch nur von solchem Steine gewesen sein und nicht aus Marmor, wie aus einer Stelle des Silius vorgegeben wird: denn die Überbleibsel von der jetzigen Inschrift sind offenbar von späterer Zeit.

Herme des Perikles
Römische Kopie nach Kresilas

Bis an das 454. Jahr der Stadt Rom, das ist bis zu der 120. Olympias, hatten die Statuen in Rom wie die Bürger lange Haare und lange Bärte, 241 weil nur allererst in gedachtem Jahre Barbiere aus Sizilien nach Rom kamen; und Livius berichtet, daß der Konsul M. Livius, welcher aus Verdruß sich von der Stadt entfernt und den Bart [hat] wachsen lassen, sich denselben abgenommen, da er von dem Rate bewegt wurde, wiederum zu erscheinen. Der ältere Scipio Africanus trug lange Haare, da Masinissa die erste Unterredung mit demselben hielt: dessen Köpfe aber in Marmor und Basalt sind alle ganz kahl geschoren vorgestellt, nämlich in späteren männlichen Jahren.

Die Malerei wurde in dem zweiten Punischen Kriege auch von den edlen Römern geübt, und Q. Fabius, welcher nach der unglücklichen Schlacht bei Cannae an das Orakel zu Delphos geschickt wurde, bekam von der Kunst den Namen Pictor. Ein paar Jahre nach gedachter Schlacht ließ Tiberius Gracchus die Lustbarkeit seines Heers zu Benevent, nach dem Siege über den Hanno bei Luceria, in dem Tempel der Freiheit zu Rom malen. Die Soldaten wurden von den Beneventanern auf den Gassen der Stadt bewirtet, und da der meiste Teil bewaffnete Knechte waren, denen Gracchus, in Ansehung der einige Jahre geleisteten Kriegsdienste, vor dieser Zeit, mit Genehmhaltung des Senats, die Freiheit versprochen hatte, so speisten diese mit Hüten und mit weißen wollenen Binden um den Kopf, zum Zeichen der Freilassung. Unter diesen aber hatten viele nicht völlig ihr Gebühr bewiesen, welchen zur Strafe auferlegt wurde, daß sie während des Krieges nicht anders als stehend essen und trinken sollten; in dem Gemälde lagen also einige zu Tische, andere standen, und andere warteten ihnen auf.

In diesem zweiten Punischen Kriege, in welchem die Römer alle Segel ihrer Kräfte aufspannten und ungeachtet vieler gänzlich niedergehauener Heere, so daß in Rom nur 137 000 Bürger übrig waren, dennoch in den letzten Jahren dieses Krieges mit dreiundzwanzig Legionen, welches wunderbar scheinen muß, im Feld erschienen; in diesem Kriege, sage ich, nahm der römische Staat, so wie der atheniensische in dem Kriege mit den Persern, eine andere Gestalt an: sie machten Bekanntschaft und Bündnisse mit den Griechen und erweckten in sich die Liebe zu ihrer Kunst. Die ersten Werke derselben brachte Claudius Marcellus nach der Eroberung von Syrakus nach Rom und ließ das Kapitol und den von ihm eingeweihten Tempel an der Porta Capena mit diesen Statuen und 242 Kunstwerken auszieren. Die Stadt Capua betraf nach deren Eroberung durch den Q. Fulvius Flaccus eben dieses Schicksal; es wurden alle Statuen nach Rom geführt.

In so großer Menge erbeuteter Statuen, wurden dennoch neue Statuen zu Rom gearbeitet; wie um eben diese Zeit von den Zunftmeistern des Volks Strafgelder angewendet wurden, Statuen von Erz in den Tempel der Ceres zu setzen. Im siebzehnten und letzen Jahre dieses Krieges ließen die Ädiles drei andere Statuen von Strafgeldern im Capitolio setzen und ebenso viele Statuen von Erz der Ceres, des Liber Pater und der Liberae wurden nicht lange hernach gleichfalls aus Strafgeldern gemacht. L. Sertinius ließ damals aus der Beute, die in Spanien gemacht worden, zwei Bogen auf dem Ochsenmarkt aufrichten und mit vergoldeten Statuen besetzen. Livius merkt an, daß damals die öffentlichen Gebäude, welche Basilicae hießen, noch nicht in Rom waren.

In öffentlichen Prozessionen wurden noch Statuen von Holz umhergetragen, wie ein paar Jahre nach Eroberung der Stadt Syrakus und im zwölften Jahre dieses Krieges geschah. Da der Blitz in den Tempel der Juno Regina auf dem Aventino geschlagen hatte, wurde zu Abwendung übler Vorbedeutung verordnet, zwei Statuen dieser Göttin von Zypressenholz aus diesem ihren Tempel umherzutragen, begleitet von siebenundzwanzig Jungfrauen in langen Kleidern, welche einen Gesang auf die Göttin anstimmten.

Nachdem der ältere Scipio Africanus die Karthaginenser aus ganz Spanien vertrieben hatte, und da er im Begriffe stand, dieselben in Afrika selbst anzugreifen, schickten die Römer an das Orakel zu Delphos Figuren der Götter, welche aus tausend Pfund erbeutetem Silber gearbeitet waren, und zugleich eine Krone von zweihundert Pfund Gold.

Nach geendigtem Kriege der Römer wider den König Philippus in Mazedonien, den Vater des letzten Königs Perseus, brachte L. Quinctius von neuem eine große Menge Statuen von Erz und Marmor, nebst vielen künstlich gearbeiteten Gefäßen aus Griechenland nach Rom und führte dieselben in seinem dreitägigen Triumphe (welches in der 145. Olympias geschah) zur Schau. Unter der Beute waren auch zehn Schilder von Silber und einer von Gold und hundertundvierzehn goldene Kronen, welche letztere Geschenke der griechischen Städte waren. Bald nachher und ein 243 Jahr vor dem Kriege mit dem Könige Antiochus dem Großen wurde oben auf dem Tempel des Jupiter im Capitolio eine vergoldete Quadriga gesetzt, nebst zwölf vergoldeten Schildern an dem Gipfel. Und da Scipio Africanus als Legat seines Bruders wider gedachten König zu Felde ging, baute er vorher einen Bogen am Aufgange zum Capitolio und besetzte denselben mit sieben vergoldeten Statuen und mit zwei Pferden; vor dem Bogen setzte er zwei große Wasserschalen von Marmor.

Bis an die 147. Olympias und bis zum Siege des Lucius Scipio, des Bruders des älteren Scipio Africanus, über Antiochus den Großen waren die Statuen der Gottheiten in den Tempeln zu Rom mehrenteils nur von Holz oder von Ton, und es waren wenige öffentliche prächtige Gebäude in Rom. Dieser Sieg aber, welcher die Römer zu Herren von Asien bis an das Gebirge Taurus machte und Rom mit einer unbeschreiblichen Beute asiatischer Pracht erfüllte, erhob auch die Pracht in Rom, und die asiatischen Wollüste wurden daselbst bekannt und eingeführt; um eben die Zeit kamen die Bacchanalia von den Griechen unter die Römer. L. Scipio führte unter andern Schätzen in seinem Triumphe auf: von silbernen getriebenen und geschnitzten Gefäßen tausendvierhundertvierundzwanzig Pfund; von goldenen Gefäßen, die ebenso ausgearbeitet waren, tausendundvierundzwanzig Pfund.

Nachdem hierauf die griechischen Götter unter griechischen Namen von den Römern angenommen und unter ihnen eingeführt worden, denen man griechische Priester setzte, so gab auch dieses Gelegenheit, die Statuen derselben entweder in Griechenland zu bestellen oder in Rom von griechischen Meistern arbeiten zu lassen, und die erhobenen Arbeiten von gebrannter Erde an den alten Tempeln wurden lächerlich, wie der ältere Cato in einer Rede sagt. Um eben die Zeit war die Statue des L. Quinctius, welcher in der vorhergehenden Olympias nach dem mazedonischen Kriege seinen Triumph hielt, mit einer griechischen Inschrift in Rom gesetzt und also vermutlich von einem griechischen Künstler verfertigt: so wie die griechische Inschrift auf der Base einer Statue, welche Augustus dem Cäsar setzen ließ, eben dieses zu vermuten veranlaßt.

Nach geschlossenem Frieden mit dem Antiochus ergriffen die Ätolier, welche mit jenen verbunden gewesen waren, von neuem die Waffen wider die Mazedonier, welches folglich auch die Römer, als damalige 244 Freunde derselben, betraf. Es kam zu einer harten Belagerung der Stadt Ambracia, die sich endlich übergab. Hier war ehemals der königliche Sitz des Pyrrhus gewesen, und es war die Stadt angefüllt mit Statuen von Erz und Marmor und mit Gemälden, welche sie alle den Römern überliefern mußten, von denen sie nach Rom geschickt wurden; so daß sich die Bürger dieser Stadt zu Rom beklagten, sie hätten keine einzige Gottheit, welche sie verehren könnten. M. Fulvius führte in seinem Triumphe über die Ätolier zweihundertundachtzig Statuen von Erz und zweihundertunddreißig Statuen von Marmor in Rom ein. Zum Bau und zur Auszierung der Spiele, welche eben dieser Konsul gab, kamen Künstler aus Griechenland nach Rom, und damals erschienen zuerst nach griechischem Gebrauche Ringer in den Spielen. Dieser M. Fulvius, da er mit dem M. Ämilius Zensor war, im Jahre der Stadt Rom 573, fing an, die Stadt mit prächtigen öffentlichen Gebäuden auszuzieren. Der Marmor aber muß noch zur Zeit nicht häufig in Rom gewesen sein, da die Römer noch nicht ruhige Herren waren von der Gegend der Ligurier, wo Luna, jetzt Karrara, lag, woher ehemals, so wie jetzt, der weiße Marmor geholt wurde. Dieses erhellt auch daraus, daß gedachter Zensor M. Fulvius die Ziegel von Marmor, womit der berühmte Tempel der Juno Lacinia bei Kroton, in Groß-Griechenland, gedeckt war, abdecken und nach Rom führen ließ, zum Dache eines Tempels, welchen er selbst, vermöge eines Gelübdes, zu bauen hatte. Dessen Kollege, der Zensor M. Ämilius, ließ einen Marktplatz pflastern, und, welches fremd scheint, mit Pfahlwerk umzäunen.

Wenige Jahre hernach, und im 564. Jahre der Stadt Rom, wurde von dem älteren Scipio Africanus, in dem Tempel des Herkules, dessen Säule gesetzt und zwei vergoldete Bigae auf dem Capitolio; zwei vergoldete Statuen setzte der Ädilis Q. Fulvius Flaccus dahin. Der Sohn desjenigen Glabrio, welcher den König Antiochus bei den Thermopylen geschlagen hatte, setzte diesem seinem Vater die erste vergoldete Statue, und, wie Livius sagt, in Italien; man wird es von Statuen berühmter Männer zu verstehen haben. In dem mazedonischen Kriege wider den letzten König Perseus beklagten sich die Abgeordneten der Stadt Chalkis, daß der Prätor L. Lucretius, an welchen sie sich ergeben hatten, alle Tempel ausplündern und die Statuen und übrigen Schätze nach Antium abführen 245 lassen. Nach dem Siege über den König Perseus kam Paullus Ämilius nach Delphos, wo an den Basen gearbeitet wurde, auf welche gedachter König seine Statuen wollte setzen lassen, welche der Sieger für seine eigene Statue bestimmte.

Dieses sind die Nachrichten, welche die Kunst unter den Römern zur Zeit der Republik betreffen; diejenigen Nachrichten von der Zeit an, wo ich hier aufhöre, bis zum Falle der römischen Freiheit, weil sie mehr mit der griechischen Geschichte vermischt sind, hat man in dem zweiten Teile zu suchen. Wenigstens haben diese Nachrichten diesen Wert, daß, wenn jemand dieselben weitläufiger ausführen wollte, derselbe sich einen Teil der Mühe erspart findet, welche diese Art aufmerksamer Nachlesung der Alten und die Zeitfolge derselben verursacht.

 


 << zurück weiter >>