Ludwig Tieck
Die sieben Weiber des Blaubart
Ludwig Tieck

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Dreißigstes Kapitel.

Bernard begiebt sich zur unterirdischen Fee.

Bernard hatte jetzt einen festen Entschluß gefaßt; er ließ sich eines Morgens bei der Fee Almida melden, als diese eben Kaffee trank. Verzeihung, sagte er und trat hinein, daß ich hereintrete; ich wollte mir 236 die Erlaubniß ausbitten, ein Paar Worte mit Ihnen zu sprechen.

Die Fee setzte ihm einen Stuhl hin, und schenkte ihm eine Tasse ein.

Sie wissen, sagte der Alte, daß Herr Peter Berner bisher mein Held war, an dem ich lenkte, erzog und schob. Das ganze Werk ist aber leider ganz anders ausgefallen, als ich es mir nur je konnte träumen lassen; er ist ungelehrig und hat mir meinen ganzen schönen Plan verdorben, so daß ich nun nicht weiß, was die gelehrte Welt dazu sagen wird. Das Beste ist noch, und das tröstet mich einigermaßen, daß es gar nicht meine Schuld ist. Sie haben sich der Adelheid und des Herrn Löwenheim angenommen, und ihre Geschichte schreitet immer so still und ruhig fort, daß man sie gleich in den häuslichen Gemälden könnte abdrucken lassen. Ich komme nun eben deswegen her, um Ihnen eine Proposition zu machen. Wie wär' es, wenn wir uns nun Beide zusammen thäten, um diese Lebensgeschichte fortzusetzen? Mir gelingen vielleicht die erhabenen, starken Stellen mehr, Ihnen aber die sanften, zärtlichen, und so könnte das Werk vielleicht ausnehmend und klassisch werden. Wir wären auch nicht das erste Beispiel einer solchen Alliance, denn so haben zum Exempel Beaumont und Fletcher manche Stücke mit einander geschrieben, so daß man noch jetzt nicht herausfinden kann, was einem Jeden gehört; mehrere Maler haben sich oft, wie Rubens mit andern, zusammengethan, um in Gesellschaft etwas zu Stande zu bringen; der eine malte die Liebeshistorie, der andere das Federvieh. – Nun, was sagen Sie dazu? schloß er, indem er die Tasse umstülpte 237 und dadurch hieroglyphisch zu verstehen gab, daß er nicht mehr zu trinken begehre.

Ich habe Ihnen, lieber Freund, antwortete die liebreiche Fee, schon oft meine Gesinnungen darüber zu erkennen gegeben, aber Sie scheinen mich immer mit Vorsatz nicht zu verstehen. Ich kann mich auf dergleichen literarische Spekulationen durchaus nicht einlassen, und ich rathe Ihnen ebenfalls, daß Sie sich endlich zur Ruhe setzen, da Sie schon so alt sind, und sich nicht mehr Zeit und Laune von solchen Hauptcharakteren verderben lassen, die sich doch nie so fügen werden, wie Sie es wollen.

Hohl's der Henker, gnädige Frau, sagte Bernard, Sie haben Recht, vollkommen Recht; ich habe nach meinen vielen schriftstellerischen Arbeiten wohl die Ruhe verdient, ich kann ja nun auf meinen Lorbeeren einschlafen. Ich habe so ein superbes unterirdisches Landgut, dorthin will ich mich jetzt begeben, um mit meiner Gränznachbarin, der alten Fee, in einer holden Eintracht zu leben.

Er beurlaubte sich hierauf, und ging nach der Wohnung der alten Fee. Einen guten unterirdischen Tag! sagte er. Nun Gottlob, die Geschichte ist endlich zu Ende.

Schon? sagte die Alte.

Ja, höchstens kann es noch ein Paar Kapitel geben, aber dann hat meinen bisherigen Helden wahrscheinlich der Teufel geholt, und mir ist deshalb ganz leicht um's Herz. Jetzt will ich nun in Ruhe leben und Sie öfters besuchen. – Sie halten doch nicht etwa die Literaturzeitung?

Nein.

238 Nun gut, ich denke, wir bleiben gute Freunde.

Er empfahl sich, um seine Güter in Ordnung zu bringen, auf die sein Sohn, ein ruchloser Zaubergeist, viele Schulden gemacht hatte.



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