Ludwig Tieck
Die sieben Weiber des Blaubart
Ludwig Tieck

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Drei und zwanzigstes Kapitel.

Magdalena.

Peter war nun von seinen Wunden wieder hergestellt, er fühlte sich frisch und munter, und dachte darauf, nach seinem Schlosse zurückzukehren. Er hatte indeß Magdalenen täglich gesehn, und gestand es sich, daß er in sie verliebt sey.

Warum sollt' ich, sagte er zu sich selber, mich von den Vorurtheilen meines Standes zurückhalten lassen? Hat man mir denn nicht neulich das Kind der Liebe vorgespielt, wo Alles, was ich vorbringen könnte, so gründlich von dem liebenswürdigen Prediger widerlegt wird? Bei'm Bürgerstande wohnt noch die ächte Tugend, dort beherrscht der Edelmuth noch die Herzen. Bin ich denn darum Fürst, daß ich elend seyn soll? – Ja so, ich bin nur ein simpler Edelmann. Ich merke, die verdammten Tragödien liegen mir zu sehr im Kopfe. Des Landlebens hier bin ich überdrüßig, ich bin daher fest entschlossen, Magdalenen als meine Frau mit mir zu nehmen, und 210 glücklich zu seyn. Sie ist die Unschuld selbst, ein ächtes Original zur anbetungswürdigen Gurli. Ich weiß nicht, warum ich mich noch länger bedenke. Ich wollte, ich hätte meinen verdammten langweiligen Rathschläger hier; gegen diese Parthie würde er gewiß keine Einwendungen machen.

Indem kam Magdalene über's Feld gegangen, aufgeschürzt und mit einem hochrothen Leibchen geziert. Als sie herankam, that sie ihre Schürze aus einander, und überschüttete den Ritter mit einer Menge schöner großer Krebse, die sie für ihn gefangen hatte. Er erstaunte und fragte, was die Thiere bedeuten sollten? Meine Liebe sollen sie bedeuten, antwortete Magdalene lachend; seht nur, wie groß sie sind.

Aber sonst, sagte Peter, pflegen sich Geliebte einander mit Blumen, aber nicht mit Krebsen zu bestreuen.

Was können Blumen helfen? rief Magdalene aus, ich mag die Eßwaaren lieber; aber zum Angedenken Eures Namens Peter will ich jetzt gehen und Petersilie pflücken, und dann will ich sogleich die Krebse beisetzen. Gebt indessen auf die Thiere Acht, daß sie nicht wieder davonlaufen.

Sie ging schnell fort, und ließ den Ritter als Hüter der Krebse zurück, der bald diesem, bald jenem wehren mußte, daß er nicht die Gränzen überschritt. Welche unnachahmliche Unschuld! sagte er, indem er einem Verwegnen auf den Kopf schlug; wo findet man noch solche Natur? O Du Muster und Vorbild zu einem Kalender der Musen und Grazien, ich will Dich mit mir nehmen und besser einbinden lassen, so bist Du das Modell zu einer Venus. Bei Dir 211 werde ich gar nicht mehr nöthig haben, die Probe mit dem Schlüssel anzustellen, denn Du, liebliche Tochter der Natur, kannst Deine Neugier gewiß bezähmen, Dir gnügt an meiner Liebe. Aber ich weiß nicht, was die Krebse für verdammte Thiere sind, sie laufen über und durch einander, und ich kann sie nicht im Zaume halten. – Wie wohl wird mir seyn, wenn ich nun völlig der goldenen Ruhe genieße, wenn alle meine Wünsche in Erfüllung gehen, wenn der tolle Bernard mich zufrieden läßt, wenn ich ganz so leben kann, wie ich will; und das Alles habe ich dann Dir nur zu danken, süße Magdalene! – Magdalene, ich kann die Krebse nicht mehr bezwingen, sie werden mir zu gewaltig; es scheint Zeit zu seyn, daß sie gekocht werden. Dein liebes Geschenk ist gar zu munter auf den Beinen, befreie mich von der Obhut.

Ihr seyd auch zu gar nichts zu gebrauchen, sagte Magdalene, und sammelte die Krebse wieder in einen Topf, um sie auf's Feuer zu stellen. Sie wurden nachher in holder Eintracht verzehrt.

Der Ritter hielt noch an demselben Tage um Magdalenen bei den Eltern an, die sie ihm zusagten; die Hochzeit wurde auf dem Dorfe gefeiert, dann zog Peter nach seinem Schlosse und war sehr glücklich.

Er vergaß es beinahe ganz, daß er einen goldenen Schlüssel besaß, und erinnerte sich nur von ungefähr daran, als ihn ein benachbarter Ritter zu Gevatter bat. Er vertraute das Kleinod Magdalenen mit dem gewöhnlichen strengen Verbot, und reiste dann ab, völlig überzeugt, daß er diesesmal nicht nöthig habe, besorgt zu seyn. 212



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