Ludwig Tieck
Die sieben Weiber des Blaubart
Ludwig Tieck

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Sechszehntes Kapitel.

Die Versuchung.

Peter blieb nachdenkend für sich und sagte: O wie sehr wird es mir doch zur Last, daß mich meine Gemahlin so übermäßig liebt! Wohl ist es wahr, daß Alles sein Ziel haben will. Ich wollte, ich wäre ihrer erst wieder erledigt, da sie überdies so boshaftig ist und mir meine getreue Haushälterin gänzlich verdorben hat. Da sie mich aber so sehr liebt, wird sie der Versuchung mit dem Schlüssel gewiß widerstehen; sie ist ganz ohne Zweifel tugendhaft, und dann muß ich meine ganze Lebenszeit mit ihr aushalten. Auf den Fall wäre ich gewiß übel gebettet. Ach! Unglück mit 184 Weibern zu haben, ist kein so leichtes Unglück, das seh' ich jetzt wohl ein, ich hätte mich doch besser bedenken sollen, die Feinde hätte ich mir schon so wollen vom Halse schaffen. Aber nunmehr ist alles Klagen zu spät.

Er reiste hierauf wieder fort, und gab Jakobinen den goldenen Schlüssel, mit dem strengen Befehl, das Gemach ja nicht zu eröffnen. Sie versprach es.

Mechthilde hatte mit ihrer äußern Gestalt zugleich ihren ganzen Charakter verändert; sie war boshaft und heimtückisch geworden, und nahm sich vor, sich an allen Menschen, zuerst aber an Jakobinen zu rächen. Der Ritter war daher kaum fort, als sie das Gespräch auf das verbotene Zimmer lenkte und bei der Frau daher bald den Argwohn erregte, daß irgend eine Geliebte Peters sich dort versteckt halten könne, und daß er es deswegen so strenge verboten habe, das Zimmer zu eröffnen. Jakobine konnte nicht widerstehn, sie ging hinein, und Mechthilde verwandelte den goldenen Schlüssel in einen schwarzen, so daß der Blaubart das Vergehn sogleich entdeckte, als er zurückkam.



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