Rudolph Stratz
Lieb Vaterland
Rudolph Stratz

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5.

Als der Oberleutnant Lünemann wieder vor dem Hotel Adlon stand, schien ihm das Ganze wie ein Traum. Langsam schritt er dahin, in einem dumpfen Erstaunen, das allmählich einem Zorn wich. Es hatte eben so sein müssen! Eine verbissene Selbstzufriedenheit, mit der er den letzten Rest von Enttäuschung niederkämpfte, spiegelte sich auf seinem Gesicht, als er im Teuffernschen Haus an der Flurtür klingelte. Margarete war nicht da, sondern rasch über die Straße gegangen – erzählte ihm die Generalin, die ihn im Salon empfing.

»Mein Mann ist auch noch nicht aus der Stadt zurück! Aber erzählen Sie! Sie waren bei diesem Herrn Feddersen? Es ist alles in Ordnung?«

Dem jungen Offizier war gar nicht zum Reden zumute. Die Tür zum Speisezimmer stand offen. Ihm schien, als sei der Tisch festlicher als sonst gedeckt.

»Um Gottes willen ... da sind doch nicht etwa schon Vorbereitungen für eine Art Sedanfeier getroffen?« frug er rauh.

Die Exzellenz zuckte die Schultern.

»Halten Sie 'mal Grete zurück, wenn sie ihren Rappel hat! Sie wollte es durchaus! ... Sie ist ja wie unsinnig vor Freude! ... Ich bin überzeugt, sie legt augenblicklich ihr ganzes Taschengeld drüben in Blumen an.«

Moritz Lünemann wandte sich ab und biß sich auf die Lippen. Er hätte am liebsten laut aufheulen mögen. Er hörte, wie Frau von Teuffern hinzusetzte:

»In Gottes Namen, mein lieber Lünemann ... Wer will es schließlich einem jungen Mädchen verdenken, wenn sie sich ihres Glückes freut ...«

»Erst muß das Glück da sein!«

»Es ist doch da! Sie brauchen doch nur zuzugreifen ...«

»Jawohl! Wenn das so einfach wäre, Exzellenz! Aber bei solchen Geschichten hat der Teufel seine Hand im Spiel! ... Ich bin mit den besten Absichten hingegangen, Exzellenz! Aber ich bin unter die Seelenverkäufer geraten, Exzellenz! Dort in dem Hotel sitzt ein Kerl, Exzellenz – der ist nicht nur stolz darauf, daß er selbst als Deutscher keiner ist – nein – der will auch andere ehrliche Deutsche zu Franzosen machen ... Der ist geradezu unser alter Erbfeind in Person ... die verfluchte Vaterlandslosigkeit ... jawohl ... so hat die Geschichte aus der Nähe ausgesehen, Exzellenz ...«

Er hatte sich in Atemlosigkeit hineingeredet. Er schöpfte Luft und brach von neuem los:

»Das konnt' man sich doch schließlich vorstellen, daß bei Deubel nichts um Gottes Lohn tut! ... Das mußte jeder wissen. Nur die Grete nicht, die mich da hingeschickt hat! ... Der Mann war eigentlich ganz nett ... sehr höflich ... Wir begreifen uns nur eben nicht ... Ich, ein preußischer Offizier, soll auf einmal für Frankreich schuften ... nee ... da dank' ich gehorsamst ... da dank' ich für Obst und andere Südfrüchte ... mein Vater schmeißt mich ja unbesehen hinaus ... meine Kameraden stehen vom Tisch auf, wenn ich komme ... ich spuck' vor mir selber aus ... nee ... wenn man sich das so nachträglich überlegt ... ich bewundere meine Geduld, daß ich den niederträchtigen Quatsch überhaupt bis zu Ende angehört hab'.«

»Und was haben Sie denn geantwortet?«

»Nichts! Wie so sachte die ganze Schweinerei – pardon, Exzellenz! – ans Tageslicht kam, da nahm ich einfach die Klinke in die Hand!«

»Wirklich?«

»Ja, was denn sonst, Exzellenz? Die Geschichte ist aus und begraben!«

Ein Schreckensruf an der Türe ließ ihn sich jäh umwenden. Da stand Margarete. Sie hatte seine Worte gehört. Um sie am Boden flimmerte es bunt von den Blumen, die ihren Händen entglitten waren. Sie sprach kein Wort. Mit großen Augen, die zitternden Lippen halboffen starrte sie ihren Verlobten an.

Ihm wurde das Herz weich. Er ging auf sie zu, bittend, beinahe demütig, die Hände ineinandergelegt.

»Grete ... liebe, gute, süße Grete ... Es ist gräßlich ... da hat uns das Schicksal einen bösen Possen gespielt ... Es wäre eben zu schön gewesen! ... Es sollte nicht sein ...«

Sie schaute ihm ungläubig ins Gesicht.

»Du hast Dich nicht mit ihm geeinigt?«

»Nein.«

»Wann wirst Du's?«

»Nie!«

»Nie?« wiederholte sie mechanisch. Dann brach sie plötzlich in ein krampfhaftes Lachen aus. Er war erschrocken. Es klang so wild und bitter. Es wäre ihm lieber gewesen, sie hätte geweint. Er nahm sie sanft am Arm und führte sie zu einem Stuhl.

»Komm ... setz' Dich, Schatz! Wir wollen stark und gefaßt sein ...«

»Du gehst nicht noch einmal zu Herrn Feddersen hin?«

»Es hätte keinen Zweck!«

»Also können wir uns nicht heiraten?«

»Vorläufig ist alles beim alten!«

Da warf sie den Oberkörper vornüber, den Kopf in die Hände und verfiel in ein heißes, unaufhaltsames Schluchzen. Die letzten italienischen Feldblumen, die sie bisher festgehalten, glitten ihr in den Schoß, fielen zu Boden. Sie lagen wie Zeichen zerstörten Hoffens um sie her. Er zertrat sie achtlos, während er neben ihr stand, sich zu ihr niederbeugte, ihr gut zusprach, ihr erklärte, ihr berichtete. Sie hörte es nicht in ihrem verzweifelten Weinen. Ebensowenig, was die Mutter mahnte:

»Grete ... man gibt sich nicht so nach ... Grete ... sei vernünftig ...«

»Mama ... sei Du doch still! ... Was weißt denn Du davon? Ueberhaupt – bitte – laß uns jetzt allein!«

Frau von Teuffern hielt ihr Tuch vor die Augen und ging.

Drüben im Salon war Moritz Lünemann bemüht, seine Braut zu trösten.

»Grete ... geh' ... sei doch tapfer ... denk' doch, wie lieb wir beide uns haben ...«

Da warf sie sich jäh zu ihm herum. Er blickte in ihr blasses, über und über verweintes Gesicht und erschrak vor dessen rätselhaftem, fast feindseligem Ausdruck. Er wiederholte unsicher:

»Wir haben uns doch so lieb ...«

»Nein! Du liebst mich nicht ...«

»Aber, Grete ...«

»Du liebst mich nicht! Jetzt weiß ich es genau!«

»Da Hort aber doch die Weltgeschichte auf! ... Grete ... sei 'mal ruhig, um Gottes willen ... lasse Dir erklären, warum ich ...«

»Es ist mir ganz gleich, warum Du unser Lebensglück mit Füßen getreten hast! Mir genügt, daß Du es getan hast!«

»Ich hab's tun müssen! ... Höre doch nur ...«

»Ich höre nichts! ... Hast Du Herrn Feddersen ›Ja‹ oder ›Nein‹ gesagt!«

»Nein! ... Zum Kuckuck... das erzähle ich ja die ganze Zeit!«

»Also liebst Du mich nicht!« sagte Margarete plötzlich ruhig und hoffnungslos, ließ die Hände in den Schoß sinken und starrte vor sich hin.

Dann fügte sie mit einem bitteren Zucken um die Mundwinkel hinzu:

»Wenn man jemanden wirklich liebt, dann bringt man jedes Opfer! Und ist das wirklich solch eine furchtbare Ueberwindung – eine Lebensstellung, die man Dir auf dem Präsentierbrett anbietet? Aber nicht einmal so viel bin ich Dir wert! Das ist nun der Dank ... Zweieinhalb Jahre hab' ich Dir Treue gehalten! Ich hätt' ein paarmal heiraten können in der Zeit ... einmal sogar glänzend. ich hab's Dir nie gesagt ... Mama war wütend ... Papa auch! Mir war's egal! Ich hab' zu Dir gehört! ... Pah ... Nun wirfst Du mich fort ...«

»Ich Dich? ... Bist Du denn wahnsinnig, Grete?«

Sie sprang auf.

»Was glaubst Du denn, was dazu gehört, daß ich, ein Mädchen wie ich, zu einem wildfremden Herrn hinlauf' und für Dich bettle? ... Was glaubst Du, was ich hier zu hören gekriegt hab'? ... Gelacht hab' ich dazu! Ich hab's ja für unsere Liebe getan! Und wie steh' ich jetzt da? ... Ich kann mich ja nicht mehr sehen lassen ... ich muß mich ja in die Erde hinein schämen ... Eine nette Braut, die so von ihrem Verlobten im Stich gelassen wird! ... Nächste Woche fahre ich zu Tante Adelheid nach Küstrin! Ich schreib' ihr gleich. Dort bleib' ich bis auf weiteres! ... Da kennt mich niemand! Da sehe ich niemand ...«

»Und ich?«

»Tu' Du doch, was Du willst! Wenn ich rechts geh', gehst Du ja doch immer links. Also gehen unsere Wege eben auseinander! Ahnst Du denn, was ich an Opfern für Dich gebracht hab' in der ganzen Zeit? Glaubst Du denn, irgend jemand hätt' es mir leicht gemacht? Im Gegenteil: Papa hat gepredigt, Mama hat gepredigt, alle haben gepredigt: Was willst Du eigentlich mit dem Lünemann? Er hat keinen Namen. Er hat kein Geld. Er hat keine Verbindungen. Er steht nicht besser aus als tausend andere! Ja ... Ich hab' immer geantwortet: Mir ist sein Name recht! Ich find' ihn schön! Ich hab' ihn lieb! ... So lieb ... Ich war stolz auf Dich! Ich hab' immer gedacht, Du bringst es noch zu was. Du ziehst mich zu Dir hinauf!«

»Siehst Du, Grete ...,« sagte der Leutnant Lünemann traurig, »Du denkst immer zu sehr an das Aeußere! ... Unter »hinauf« da verstehst Du eine Masse Moneten, Equipage, die Exzellenz auf der Visitenkarte – lauter Zeug, das einem doch nicht wie die gebratenen Tauben in den Mund fliegt ...«

»Ja. Ich bin ehrgeizig. Es gehört zu mir. Ich hatte auch ein Recht darauf. Denn Du bist klug. Du kannst es weit bringen. Das sagen alle – auch die, die Dir gar nicht grün sind! Wer dazu mußt Du unbehindert sein. Ich wäre Dir im Leben nur eine Last! Seit einer Stunde ist mir das ganz klar ...«

»Grete!«

Er versuchte es noch einmal mit der Liebe: er sah sie innig an.

»Grete! Wir wollen Geduld und Hoffnung haben! Wir können ja warten. Wir sind ja noch jung ...«

Sie lachte auf.

»Ich werde dreiundzwanzig! ... Ich geh' im vierten Winter aus ... Bis übernächstes Jahr bin ich abgetanzt und 'ne angehende alte Jungfer!«

»Rede doch nicht solchen Unsinn!«

»Ewig können mich Mama und Papa nicht in Gesellschaft schicken. Denkst Du, es ist dann ein Vergnügen, bei den Eltern daheim zu hocken und zu warten bis ins Aschgraue ... ganz ins Ungewisse hinein ... während einem die Sehnsucht nach dem Leben auf den Nägeln brennt ... Rein verrückt bin ich schon manchmal vor Ungeduld ... Du hast's gut! Du kannst noch in zehn, fünfzehn Jahren, bis hoch in die Vierzig hinauf, als gemachter Mann heiraten! Da wundert sich niemand. Wenn Du dann Geld hast, kriegst Du gleich eine ... Soll ich Dir dann ein Hochzeitsbukett schicken? Und Du denkst Dir: Herrgott ... die Grete ... lebt die auch noch? ...«

Es war ein krampfhaftes Weinen in ihrer Stimme. Aber sie bezwang sich.

»Ihr habt viel Zeit vor Euch, mein lieber Moritz: Wir müssen die paar Jahre nützen – wenigstens, wenn man weiß, daß man sein bißchen Jugend und Hübschheit und alles sonst ja doch umsonst opfert! Du hast offenbar Dinge im Kopf, die Dir wichtiger sind als Deine künftige Frau! ... Sonst hättest Du mir nicht heute alles so mutwillig verdorben! Gut! ... Ich beiße die Zähne zusammen! Ich komme schon drüber weg! Aber wenn Du so vernünftig bist, will ich es auch sein! Also Adieu, Mutz!«

»Grete! ... Sei doch gerecht! Ich kann doch nicht mein Vaterland verraten! Wir sind doch nun einmal Deutsche! Wir sind Preußen!«

»Ich pfeife auf Euer Preußentum, wenn man nichts davon hat als Kummer und Not! Ihr kommt mir einfach komisch vor mit Eurem Patriotismus. Ich hab' längst keinen. Ich hab' gar keinen Grund, hurra zu schreien und mit dem Taschentuch zu wedeln! Mir ist zum Heulen zumut! ... Das wird auch nicht besser, wenn ich mir eine schwarz-rot-weiße Schleife ins Haar stecke! ... Pah! ...«

»Nun ist's aber genug mit dem Unfug! Ich höre nicht weiter zu, Grete!«

»Ja, da stehst Du, stolz wie ein Märtyrer, und sagst: Ich esse kein französisches Brot! ... Aber deutsches kriegst Du auch nicht – in Deiner heiligen Einfalt! Ach du lieber Himmel ... Ich würde gleich Französin werden, wenn ich auf keine andere Weise was vom Leben haben kann! ... Man lebt doch für sich und nicht für die anderen.«

»Nein, Grete! Ein Mann hat Grundsätze, die ...«

»Gut! Heirat' Du Deine Grundsätze! Ist mir recht! Verlange nur nicht, daß ich noch länger mitmach'! ... Ich hab' eine zu böse Lehre empfangen heute mittag! Die vergess' ich nicht wieder ... Ach ... bloß nicht mehr reden ... nichts mehr sehen ... nichts mehr von Euch hören! Ich vertrag' Euch einfach nicht mehr! Ihr fallt mir zu sehr auf die Nerven! ... Ihr steht großartig da, und ich muß die Zeche zahlen! ... Und Ihr dünkt Euch dann noch was als Preußen, auf meine Kosten ...«

»Grete... Du mußt gegen diese Verbitterung ankämpfen!«

»Ja, glaubst Du denn, ich säße jetzt nicht auch lieber hier an dem Tisch als Deine Braut? ... Und die Meinen herum, und der Himmel voller Geigen? Ich hab' selbst den Tisch gedeckt mit tausend guten Gedanken für Dich und mich! ... Ich hab' mir vorgestellt: so deck' ich bald in unserem eigenen Heim, für uns beide! ... Ich hab' mir, wie ich die Blumengläser richtete, im stillen gedacht: Ich will Dir eine treue, gute Frau sein – ein rechter Kamerad! ... Ich wär' es auch geworden! Aber da kommst Du ... es ist ja eben Unsinn, wenn man einen Menschen so lieb hat, wie ich Dich gehabt hab'! Man wird dafür bestraft ...«

Der Leutnant Lünemann fuhr sich verzweifelt mit der Hand durch die Haare.

»Wenn ich nur wüßte, Grete, was ich tun kann, um Dich aus dieser Stimmung zu reißen!«

Sie wurde auf einmal ruhig.

»Ist Herr Feddersen noch in Berlin?«

»Er wollte heute abend reisen.«

»Willst Du mir zeigen, daß Du mich lieb hast?«

»Ich tu' alles!«

»Dann geh' jetzt noch einmal zu ihm hin! Sag' ihm, es wäre ein Mißverständnis gewesen! Du hättest Dich jetzt anders besonnen. Du seiest bereit, seine Vorschläge anzunehmen ...«

»Grete ... um Gottes willen ...«

»In den paar Stunden wird die Stelle noch nicht besetzt worden sein!«

»Aber er bietet sie mir doch nicht zum zweitenmal an!«

»Sag' ihm, ich ließe ihn darum bitten: dann tut er's! Er war so nett und freundlich zu mir. Er ist ein guter Mensch!«

»Das ist unmöglich, Gretel«

»Warum unmöglich?«

»Erstens ist die Sache entschieden! Da kommt man unter Männern nicht wieder darauf zurück. Er würde das gar nicht verstehen ...«

»Er versteht viel! Er kommt so viel herum und mit so vielen Leuten zusammen. Er wundert sich über nichts ... Muß ... lieber Muß ...« Sie faltete flehend die Hände. »Das ist noch ein Hoffnungsschein ... Und wenn er uns trügen sollte – Du hast mir dann doch wenigstens gezeigt, daß Du mich liebst ... daß Du Dich überwinden kannst um meinetwillen. Das ist mir mehr wert als alles andere ... Muß ... nimm Deinen Helm ... rasch ... geh' ... die Minuten sind kostbar ... wenn Du zurückkommst, ist alles gut, und wir sind glücklich ...«

Moritz Lünemann kämpfte einen kurzen, schweren Kampf. Dann schüttelte er den Kopf.

»Grete ... das kann ich nicht ...«

»Du mußt Deinen Stolz überwinden!«

»Das ist es nicht! ... Aber Franzose werde ich nicht ... Das geht mir gegen die Natur!«

»Auch nicht, wenn Du mich dann bekommst?«

»Ich hätte nichts mehr davon! Ich wäre dann ein kaputer Mensch! ... Innerlich fertig! ... Deiner gar nicht mehr wert!«

Sie nestelte sich mit einer raschen Bewegung den schmalen goldenen Reif vom Finger und warf ihn vor sich auf die Tischplatte. Er rollte bis vor ihn. Er wäre zu Boden gefallen, wenn seine Hand ihn nicht aufgehalten hätte.

»Da ist Dein Verlobungsring, Moritz! Gib mir meinen auch wieder! ... Es ist aus!«

»Grete!«

»Es ist aus! Laß es Dir gut gehen, Moritz! Vergiß mich! ... Such' Dir eine Frau, die Geld hat! Und laß mich meiner Wege gehen ...«

»Ich lasse Dich nicht!«

»Du hast mich ja selber von Dir gestoßen. Ich will nichts von einem Mann wissen, der mich nicht liebt! ... Gib mir meinen Ring!«

»Grete ... wir wollen nicht weiter sprechen ... Wir wollen warten, bis wir ruhiger sind. Morgen ...«

»Nein. Ich will jetzt gleich ein Ende machen. Ich hab' es satt. Du bist frei, Moritz! ... Gib mir meinen Ring und geh'!«

»Grete!«

»Geh' ... ich will nichts mehr hören ...«

Es war ein Schweigen. Dann Lünemanns Stimme:

»Ueberleg' es Dir noch einmal ... zum letztenmal ...«

Sie antwortete nicht. Sie sah ihn nicht an. Sie hörte ein leises, feines Klirren. Das war sein Ring, den er abzog und auf den Suppenteller vor sich legte. Ihr Herz stand still. Nun war es entschieden. Sie empfand keinen Schmerz. Nur nachträglichen Schrecken. Dann bitteren Zorn. Auf ihn, auf sich, auf die ganze Welt. Sie rührte sich nicht. Vor ihr brach sich die Wintersonne voll bunter Regenbogenlichter in einem leeren Sektglas. Das Glas blieb ungefüllt. Es kam in den Schrank zurück. Die Farben verschwanden. Der Trank des Lebens blieb ungetrunken. Sie weinte heiß und hilflos. Als sie nach einer Weile aufblickte, war das Zimmer leer. Der Leutnant Lünemann war hinausgegangen ...


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