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Neunundzwanzigstes Kapitel.
Die Quellen des Nils. – Das Mondgebirge und der Ursprung des Nils.

Pater Jerome Lobo und der Nil. – Die Kartographen aus der Zeit Homer's. – Hekatäus' Ansichten von Afrika. – Afrika nach Hipparchus. – Die große Karte des Ptolemäus. – Edrisi's Karte. – Karte der Margarita Philosophica. – Karte des John Ruysch. – Karte des Sylvanus. – Karte Sebastian Cabot's. – Willkür der neuern Kartenzeichner. – Karte von Constable in Edinburg. – Auszüge aus dem im Jahre 1818 veröffentlichten Werke Hugh Murray's. – Eine hübsche Abhandlung über den Nil von Pater Lobo. – Auszüge aus einem Theil eines Manuscripts im Besitze Sr. Exc. Ali Pascha Mubarek. – Skizze des Berges Gumr. – Eine gute Beschreibung von Afrika von Scheabeddin. – Der Nil nach Abdul Hassan Ali. – Abu Abd Allah Mohammed über den Nil.

 

Jeder Leser dieses Kapitels wird mit dem Pater Jerome Lobo von der Gesellschaft Jesu einverstanden sein, der im 16. Jahrhundert schrieb, »es sei nicht schwierig, nachdem man die Quellen des Nils und der ihm zuströmenden Flüsse gefunden habe, die Lösung der Frage seines Ursprungs zu finden, einer Frage, die den alten und neuern Schriftstellern so viel Mühe gemacht hat, weil sie das, was nicht entdeckt werden konnte, in ihrem Kopfe suchten und sich dadurch in vergebliche Gedanken und Vernunftgründe verloren.«

Zur gefälligen Benutzung für diejenigen, welche die quälenden Sorgen, die mit der Erforschung von Ländern in der Region der Nilquellen verknüpft sind, nicht durchgemacht haben und vorziehen, sich mit dem Lesen ihrer Beschreibung vor einem knisternden Kaminfeuer und beim Lichte der Zimmerlampe zu begnügen, erlaube ich mir hier etliche Copien alter Karten, von der Zeit Homer's vor 40 Jahrhunderten an bis zu denjenigen, aus welchen wir unsere Belehrung über die Geographie Afrikas geschöpft haben, vorzuführen. Sie werden mit Vergnügen bemerken, daß wir keine große Ursache haben, uns zu rühmen, da die alten Reisenden, Geographen und Schriftsteller schon eine sehr gute Idee davon besaßen, wo der Nil entsprang, und bereits von den Lunae Montes, den drei Seen und den Quellen gehört hatten, welchen der berühmte Fluß Aegyptens seine Entstehung verdankte. Wir nehmen für uns nur in Anspruch, daß wir für eine Zeit lang die interessante Gestaltung Afrikas vom 10.° nördl. bis 20.° südl. Br. und von Osten bis nach Westen der zeitweiligen Vergessenheit wieder entrissen und mit ziemlicher Genauigkeit das großartige alte Mondgebirge und die Albert- und Victoria-Quellen des Nils festgelegt haben. Aber nur für eine Zeit lang! »Denn was hat der Mensch von aller seiner Mühe, die er hat unter der Sonne? Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt. Was ist es, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird. Was ist es, das man gethan hat? Eben das man hernach wieder thun wird. Und geschieht nichts Neues unter der Sonne. Geschieht euch Etwas, davon man sagen möchte: Siehe, das ist neu? Denn es ist vor euch geschehen in vorigen Zeiten, die vor uns gewesen sind. Man gedenkt nicht, wie es zuvor gerathen ist, also auch deß, das hernachkommt, wird man nicht gedenken, bei denen die hernach sein werden.«

Was die Kartographen zu Homer's Zeiten von geographischen Kenntnissen illustrirt haben, ist von spätern Kartenzeichnern wieder weggewischt worden, und was diese gezeichnet haben, wurde wieder von denen ausgelöscht, die nach ihnen kamen. Vergeblich haben die Forschungsreisenden unter der glühenden Sonne geschwitzt und die Strapazen und Entbehrungen der beschwerlichen Reisen ertragen, vergeblich haben sie sich bemüht, ihren Entdeckungen eine Form zu geben, denn schon nach wenigen Jahren haben die rücksichtslosen Kartenzeichner alles wieder weggewischt. Man blicke auf die Reihe kleiner Karten und überzeuge sich selbst davon, was diese Leute gethan haben, um jede Entdeckung zu Schanden und Arbeit und Studium vergeblich zu machen. Ein noch jetzt lebender Kartograph ist der größte Sünder, den es gibt. Im Jahre 1875 fand ich am Nordostende des Victoria-Sees eine Bai; eine große gebirgige Insel, geräumig genug, um 20 000 Menschen mit den erforderlichen Producten zum Lebensunterhalt zu versehen, hinderte die Einfahrt vom See zu der Bai, doch befand sich an jeder Seite ein Kanal von genügender Tiefe und Breite, daß ein transatlantischer Dampfer ohne Gefahr hindurchfahren konnte. Die Bai ist weggewischt, die große Insel sonstwohin verlegt worden und die malerischen Kanäle sind auf seinen letzten Karten nicht vorhanden und werden auch nicht wiedererscheinen, bis irgendein anderer Reisender nach Jahren sie wieder dorthin verlegt, wo sie schon 1875 waren. Und junge Reisende kichern, wie ich weiß, vor böswilliger Freude darüber und denken nicht daran, was der alte Salomon einst gesagt hat: »Man gedenkt nicht, wie es zuvor gerathen ist, also auch deß, das hernach kommt, wird man nicht gedenken bei denen, die hernach sein werden.«

Deshalb füge ich, obwol es mir einige Genugthuung bereitet, daß ich im Stande bin, die ältern Geographen bis zu einem gewissen Grade zu vertheidigen, am Schluß der alten Skizzen die kleine Karte an, welche illustrirt, was wir während unserer letzten Reise haben berichtigen können. Ich thue das mit dem schmerzlichen Bewußtsein, daß irgendein dummer englischer oder deutscher Kartenzeichner aus Laune oder Unverstand das Becken vielleicht innerhalb der nächsten zehn Jahre 500 oder 700 km weiter nach Osten oder Westen, nach Norden oder Süden verlegen und unsere Arbeiten vollständig wegwischen wird. Indessen tröste ich mich damit, daß sich in den Schränken des Britischen Museums ein Exemplar des Werkes »Im dunkelsten Afrika«, welches diese Karten enthält, vorfinden wird und ich dann Aussicht habe, als ehrlicher Zeuge der Wahrheit angeführt zu werden, in derselben Weise, wie ich zur Beschämung der Kartographen des 19. Jahrhunderts die gelehrten Geographen des Alterthums citire.

siehe Bildunterschrift

Afrika in der Welt Homer's.

Aus der kleinen Skizze von der »Welt Homer's«, welche ich mir erlaubt habe, nebst einigen andern aus den gelehrten und werthvollen Beiträgen von Richard Charles P. Daly, Vorsitzendem der Amerikanischen Geographischen Gesellschaft in New-York, zur Kenntniß der Geographie des Alterthums zu copiren, wird man erkennen, daß der Nil bis zu einer ungeheuern Gebirgskette hinaufgeht und die Zwerge hinter jene placirt worden sind.

Fünf Jahrhunderte später illustrirt ein berühmter Reisender Namens Hekatäus seine Begriffe von Afrika in der nachstehenden Karte. Obwol er Aegypten besucht hat, sind doch offenbar nicht viel neue Entdeckungen gemacht worden. Nach Hekatäns entspringt der große ägyptische Fluß am äußersten südlichen Ende von Afrika, wo die Zwerge leben.

siehe Bildunterschrift

Karte des Hekatäus, 500 v. Chr.

Die nächste Karte von Afrika, welche ich zur Besichtigung vorlegen möchte, ist von »dem größten Astronomen des Alterthums«, Hipparchus, der 100 Jahre v. Chr. lebte. Seine Skizze enthält drei verschiedene Seen, die aber weit nördlich vom Aequator liegen.

Der Nil und seine Quellen, von Hipparchus, 100 v. Chr.

Alsdann folgt der große Ptolemäus, der Ravenstein oder Petermann seiner Zeit. Seine Vorgänger haben etwas mehr Licht verbreitet, und er hat alles, was bekannt war, durchgearbeitet und ausgeschmückt. Er hat die Quellen des Nils mit der Zuversicht der Wissenschaft weit südlich vom Aequator verlegt und dem östlichsten See den Namen Coloe Palus gegeben.

Weitere 1000 Jahre bringen uns auf Edrisi, einen arabischen Geographen vom Jahre 1154 n. Chr. Inzwischen hat man über das dunkle Innere Afrikas einige wenige Kenntnisse erworben, das Mondgebirge tritt jetzt hervor, liegt aber mehrere Grade südlich vom Aequator. Zwei der Seen ergießen ihr überflüssiges Wasser in einen dritten im Norden liegenden, dem der nordwärts nach Aegypten fließende Nil entströmt. Auf dieser Karte sieht man die Resultate geographischer Berathungen und zahlreicher Nachfragen bei den Elfenbeinhändlern.

Karte des Ptolemäus, 150 n. Chr.

Auf der nächsten Karte sieht man, daß die Seen vier Jahrhunderte später ihre Lage verändert haben. Ehrgeizige Kartenzeichner haben bei den neuesten Reisenden Erkundigungen eingezogen, scheinen in der fernen Gegend um die Nilquellen aber nicht so gut bekannt zu sein wie die vor Edrisi lebenden Alten. Die neuesten Reisenden müssen es jedoch am besten wissen.

siehe Bildunterschrift

Centralafrika nach Edrisi, 1154.

In dem kurzen Zeitraum von fünf Jahren ist jedoch neues Licht verbreitet, oder ist es nur die Phantasie des Kartenzeichners? Siehe da, das »Mondgebirge« ist wieder viele Grade südlich vom Aequator zurückverlegt, doch gibt es jetzt nur zwei Seen südlich von demselben, während der dritte eine ungeheuere Strecke über die Linie nach Norden gewandert ist.

siehe Bildunterschrift

Karte der Margarita Philosophica, 1503.

Im Verlaufe von drei Jahren scheint Afrika etwas aus seiner Form gehämmert worden zu sein. Die drei Seen haben sich gegenseitig angezogen und zwischen zweien derselben beginnt das Mondgebirge Gestalt und Bedeutung anzunehmen. Die Montes Lunae haben offenbar an Höhe und Länge zugenommen; sie sind etwas gewachsen.

siehe Bildunterschrift

Karte von John Ruysch, 1508.

Ich lasse auch eine Reproduction der Karte von Sebastian Cabot aus dem 16. Jahrhundert folgen. Die Bilder von Elefanten und Krokodilen, großen Kaisern und Zwergen, welche mit ziemlich eigenthümlichem Geschmack in großer Zahl auf der Karte angebracht waren, habe ich weggelassen. Die drei Seen haben wieder ihre gerade Linie angenommen und das Mondgebirge ist malerisch am obern Ende aller Flüsse aufgebaut, die Zeichnung des Continents deutet aber, nach der Form zu urtheilen, offenbar auf allgemeine Unsicherheit.

siehe Bildunterschrift

Karte des Sylvanus, 1511.

Vom 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist nur sehr wenig mehr über die Nilquellen bekannt geworden. Die Karten zeigen einen entschiedenen Rückschritt infolge der entwickelten Dummheit der Zeichner. Alles, was wir seit den Tagen des alten Homer bis zum 17. Jahrhundert erfahren haben, ist fort, die drei Seen sind weggewischt und das Mondgebirge erstreckt sich von etwa 5° bis 10° nördlich vom Aequator und dehnt sich von 20° östl. L. bis zum Golf von Aden aus. Wir verdanken unsere Unwissenheit einfach den Kartenzeichnern, die, sobald wir eine neue Einzelheit der Natur Afrikas entdecken, sie aus der nächsten Ausgabe wieder entfernen.

siehe Bildunterschrift

Karte des Hieronymus de Verrazano, 1529.

siehe Bildunterschrift
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Die Nilquellen nach den Geographen des 16. und 17. Jahrhunderts.

Die Willkür der Kartenzeichner der Neuzeit ist ebenso groß wie die ihrer Vorgänger. Beispielsweise ist auf einer neuern Karte, welche in Deutschland als die beste betrachtet wird, eine große Bai vom Victoria-Njansa vollständig entfernt und eine gerade Linie nimmt die Stelle der höchst interessanten und stark eingeschnittenen Küstenlinie ein, welche ich im Jahre 1875 erforscht habe. Speke's Urigi-See ist nach Osten gedrängt und im Norden verkürzt, Ukerewe vollständig in Unordnung gerathen und der Tanganika-See besitzt eine große Bai, welche nach einer Persönlichkeit benannt worden ist, die in die Fußstapfen von sechs frühern Forschern getreten ist. Der Leopold II.-See ist nur mit genauer Noth der Auslöschung entgangen, weil zwei Deutsche, Kund und Tappenbeck, sich verirrt hatten und ihn nicht finden konnten, doch hatte inzwischen ein englischer Missionar den See besucht, worauf man ihn in Ruhe ließ. Die englischen Kartenzeichner sind ebenso launenhaft.

Nachstehende Karte, welche mit den Angaben Homer's, Hipparchus', Ptolemäus' und anderer ähnlich grausame Veränderungen vornimmt, wurde 1819 von Constable, ohne Zweifel als ihm die Galle stark übergelaufen war, veröffentlicht.

Im Jahre 1818 hat Hugh Murray, ein Sammler afrikanischer Reiseschilderungen, in London ein Werk veröffentlicht unter dem Titel: » Historical Account of Discoveries and Travels in Africa«, und da er alles, was die besten Autoren während 20 Jahrhunderten zu liefern vermocht haben, zusammengestellt hat, nehme ich seine Hülfe in Anspruch. Er sagt:

 

Herodot beweist, daß ihm der Lauf des Nils wahrscheinlich höher hinauf bekannt gewesen, als er von irgendeinem Europäer der Neuzeit verfolgt worden ist.

Von Elephantine am äußersten südlichen Ende von Aegypten (Assuan) bis Meroë, der Hauptstadt von Aethiopien, war eine Reise von 52 Tagen und von dort war es ebenso weit bis zum Lande der Automolos oder Verbannten Das Land diente bis auf die Zeit Emin Pascha's demselben Zwecke., zusammen also eine Reise von 104 Tagen. Die weiter ins Innere hinein liegenden Gegenden waren ihm nur aus der sehr kurzen Schilderung des »Ausfluges der Nassamoner« bekannt. Der Fluß, nach welchem die Reisenden geführt wurden, floß nach Osten und ist, wie man glaubt, der Niger gewesen, obwol Herodot ihn für den Nil hielt. Da durch diese Angaben festgestellt ist, daß er vom Westen herkam, scheint es selbstverständlich zu sein, daß er einer der Hauptströme war.

Eratosthenes verglich Afrika mit einem Trapez, an welchem die Mittelmeerlinie die eine, der Nil die andere, die Südküste die längste und die Westküste die kürzeste Seite bildete. Die Alten wußten so wenig von seiner Ausdehnung, daß Plinius Afrika als den kleinsten Continent und noch kleiner als Europa bezeichnete. Am Nil maßen sie daher die bewohnte Welt in Afrika, deren Grenze sie an den höchsten bekannten Punkt legten, bis zu welchem man den Fluß hinaufgefahren war. Dies wird auf etwa 3000 Stadien (500-650 km) oberhalb Meroë angegeben. Sie scheinen sehr gut gewußt zu haben, daß zwei große Flüsse aus Seen kamen und die Namen Astaboras und Astapus führten, von denen der letztere (der Weiße Nil) aus dem See nach Süden strömt, durch die Sommerregen zu größter Höhe anschwillt und dann den Hauptarm des Nils bildet.

Ebenso berühmt wie die Geographische Schule des Eratosthenes war diejenige des Ptolemäus. Letztere zeigt eine Zunahme der wirklichen Kenntnisse, die jedoch nicht immer von gesundern Ansichten über unentdeckte Gegenden begleitet waren. Ptolemäus scheint der erste gewesen zu sein, der sich einen richtigen Begriff von dem ganzen Lauf des Nils gebildet hat und seinen Quellen einen Platz in der ungeheuern Kette des Mondgebirges anweist. Dagegen versetzt er das Innere von Aethiopien viel weiter südlich bis jenseit des Aequators, beinahe bis auf die Breite von Raptum (Kilwa?).

siehe Bildunterschrift

Karte des Nilbeckens, nach einer englischen Karte aus d. J. 1819.

Der Prior von Neuville les Dames et de Prevessin, der Auszüge aus dem Werke des portugiesischen Jesuitenpaters Lobo veröffentlichte, hat eine hübsche Streitschrift über den Nil ausgearbeitet, aus der ich das Folgende entnehme:

 

Die größten Männer des Alterthums haben sich leidenschaftlich bemüht, die Quellen des Nils zu entdecken, in der Meinung, daß es nach ihrer Eroberungslaufbahn nur dieser Entdeckung bedürfe, um ihren Ruhm zu krönen. Kambyses hat bei diesen Nachforschungen viel Leute und Zeit verloren.

Als Alexander der Große das Orakel des Jupiter Ammon befragte, wünschte er zuerst zu wissen, wo der Nil entspränge, und als er sich am Indus gelagert hatte, meinte er, daß die Entdeckung ihm endlich gelungen sei.

Ptolemäus Philadelphus führte mit Aethiopien Krieg, um den Nil hinauffahren zu können. Wie aus den von Kosmas Indikopleustes gesammelten und während der Regierung des Kaisers Justinian I. copirten Inschriften ersichtlich ist, eroberte er die Stadt Axum.

Lucanus läßt Cäsar in seinen »Pharsalia« sagen, er würde gern bereit sein, seine Kriegspläne gegen sein Land aufzugeben, wenn er nur das Glück hätte, den ersten Ursprung des Nils zu sehen:

Nihil est, quod noscere malim,
Quam fluvii causas per saecula tanta latentes,
Ignotumque caput, spes sit mihi certa videndi
Niliacos fontes, bellum civile relinquam.

Nero war von demselben Ruhmesdurst beseelt, da er ganze Armeen absandte, um die Entdeckung zu machen, doch gab er infolge der ihm zugekommenen Meldungen jede Hoffnung auf Erfolg auf.

Die Alten versuchten daher, nachdem sie vergeblich nach den Nilquellen geforscht hatten, ihre Unwissenheit hinter Geheimnissen zu verbergen, die sie als Fabeln erzählten. Selbst den Auslegern der Heiligen Schrift geht dieser Mangel nicht ab, da sie in Aethiopien kein anderes Land kannten als Afrika; sie meinten, daß der im 1. Buche Mosis erwähnte Gihon der Nil sei, weil sie nicht im Stande waren, die Heilige Schrift zu bestreiten, in welcher gesagt wird, der Gihon entspringe im irdischen Paradiese und bewässere das Land Chus; er führe unter dem Meere und der Erde durch, um in Aethiopien wiederzuerscheinen. Wieviel gescheite Männer haben sich bemüht, diese Fabeln aufzuklären und wieviel verschiedene Systeme sind aufgestellt worden! Der Bischof von Avranches behauptet in seinen »Abhandlungen über das irdische Paradies«, der Gihon sei ein östlicher Arm des Euphrat und fließe vom Lande Eden dem Lande Chus, jetzt Chiseslam, entlang. Er fügt hinzu, daß Homer erkläre, er stamme vom Jupiter her und heiße Δητετῆ; daher komme es, daß Plautus, wenn er von einem Flusse spricht, dessen Namen er nicht nennt, sagt, er habe seinen Ursprung im Himmel unter dem Throne Jupiters. Die Aegypter, Aethiopier, Abessinier und Gymnosophisten haben sich, nachdem sie herausgefunden hatten, daß der Fluß göttlichen Ursprungs sei, verpflichtet gefühlt, die alten Irrthümer, sogar die abgeschmacktesten derselben, beizubehalten. Wir dürfen uns daher nicht wundern, wenn die Aegypter, nachdem die Dichter dem Nil einen himmlischen Ursprung gegeben haben, ihm Tempel erbaut, Altäre errichtet, Festlichkeiten zu seinen Ehren veranstaltet und ihn schließlich unter dem Namen Osiris angebetet haben, weil sie ihm die Fruchtbarkeit ihres Landes verdanken.

Die Juden und Mohammedaner, welche sich in Bezug auf Abgötterei sehr fernstehen, haben das Wasser des Nils für heilig und geweiht gehalten, und die Agau, die in der Umgebung der Quellen des Flusses leben, bringen ihm, obwol sie in der christlichen Religion unterrichtet sind, noch jetzt Opfer dar, sodaß also Halsstarrigkeit und Eitelkeit den von der Unwissenheit eingeführten Aberglauben und Götzendienst stützen.

Der Nil hat seinen Namen nach den Zeiten und Orten verändert. » Nec ante Nilus, quam se totum aquis concordibus rursus junxit. Sic quoque etiamnum Siris, ut ante, nominatus per aliquos in totum Homero Aegyptus, aliisque Triton.« Plinius behauptet nicht, wie andere gesagt haben, daß der Nil den Namen »Aegypten« zuerst geführt und den von ihm auf seinem Laufe nach dem Meere entwässerten Ländern gegeben habe, und erwähnt auch nicht, ob er nach dem Namen des Landes benannt worden sei, wie Flüsse häufig ihren Namen nach denjenigen Ländern erhalten, welche sie durchströmen. Hesychius erzählt, der Nil habe anfänglich Aegypten geheißen und seinen Namen dem Lande gegeben. Αἴγυπτος, ὁ Νεῖλος ὁ ποταμὸς ἀχ' οὖ καὶ ἢ χαρὰ ὑπὸ τοῦς νεωτεροῦς Αἴγυπτος ἐπωνομασμένος. ( Aegyptus, Nilus fluvius a quo regio a recentioribus Aegyptus est appelata.) Nichtsdestoweniger ist Aegypten nicht der erste Name, unter welchem der Fluß bekannt war; früher hieß er Oceanus, dann Aetus oder Aquila, darauf Aegyptus; später wurde er wegen dieser drei Namen Triton genannt, und schließlich war er sowol den Griechen wie den Lateinern als Nil bekannt. Nach Plinius führt er den Namen Syris, weil er durch das Land Syene fließt. Die Aegypter, welche sich ihm für die Fruchtbarkeit ihres Landes und aller Producte des letztern verpflichtet fühlen, haben ihn den Heiland, die Sonne, den Gott und zuweilen auch den Vater genannt. In der Sprache der Aethiopier, die von den Gebildeten gesprochen wird, heißt er Gejon; man glaubt, daß er wahrscheinlich nach dem Namen des Gihon so genannt wird, von dem Moses in seiner Beschreibung des irdischen Paradieses spricht, bezüglich dessen es heißt: » Et nomen fluvii fecundi Gihon; ipse qui circumit omnem terram Aethiopiae.« Vatable sagt bei der Erklärung des Wortes Kuseh oder Aethiopien, dies müsse das östliche Aethiopien bedeuten, » de Aethiopia Orientali intelligit«. Der Nil oder Gejon umfaßt nicht das ganze Aethiopien oder das ganze Abessinien, sondern nur denjenigen Theil, der das Königreich Gojam bildet.

Man wird aus diesen kurzen Andeutungen ersehen, wieviel falsche Hypothesen und unrichtige Behauptungen über diesen Gegenstand aufgestellt worden sind, indessen gibt es noch Leute, welche so hartnäckig an dem Alten festhalten, daß sie denen keinen Glauben schenken wollen, die an Ort und Stelle gewesen sind und, weil sie sich mit eigenen Augen überzeugt haben, alles beseitigen könnten, was die Alten in dieser Hinsicht geschrieben haben. Es war schwierig und sogar unmöglich, den Lauf des Nils bis zu seinen Quellen hinaufzufahren; diejenigen, welche es unternahmen, sind stets durch die Katarakte aufgehalten worden und haben, weil sie daran verzweifelten, daß es ihnen oder andern gelingen könnte, tausend Geschichten erfunden. Ich will noch hinzufügen, daß die Griechen und Römer, die einzigen, denen wir unsere Kenntnisse entlehnt haben, niemals ihre Waffen nach jener Seite hinübergeführt haben; daß sie niemals von den vielen barbarischen Völkern, welche an dem großen Flusse leben, auch nur haben sprechen hören; daß das Land, wo der Nil entspringt, und die ganze Umgebung nur von wilden, barbarischen Leuten bewohnt werden, und daß, um dorthin zu kommen, schreckliche Berge zu überschreiten sowie undurchdringliche Wälder und Wüsten mit wilden Thieren, die kaum etwas Nahrung finden, zu passiren sind. Wenn diejenigen aber, welche so viele Versuche zur Entdeckung der Nilquellen gemacht haben, durch das Rothe Meer gegangen wären, würden sie vielleicht mit weniger Mühen und Kosten gefunden haben, was sie suchten.

Nachdem wir gehört haben, was die alten Griechen und Römer von den Quellen des Nils gesagt und gedacht haben, wollen wir nun auch sehen, was man von den Arabern erfahren kann.

Nachstehende Auszüge sind ein Theil einer Handschrift, die sich im Besitze Sr. Exc. Ali Pascha Mubarek, des jetzigen Ministers für den Oeffentlichen Unterricht in Aegypten, befindet. Der Name des Compilators ist nicht angegeben, nur das Datum 1098 der Hedjra, d. i. 1686 n. Chr. Die Uebersetzung ist von Herrn Vandyck, Lehrer der englischen Sprache an den Staatsschulen in Kairo, besorgt worden.

Abu el Fadel, der Sohn des Kadama, sagt in seinem Buche, »daß die Zahl aller Flüsse in bewohnten Ländern 228 sei. Einige fließen wie der Nil von Süden nach Norden, andere von Osten nach Westen, noch andere von Norden nach Süden, und wieder andere, wie der Euphrat und Gihon, in mehr als einer dieser Richtungen«. Er sagt ferner: »Was den Nil anbetrifft, so kommt er von dem Gebirge von Gumr (Kamar) jenseit des Aequators aus einer Quelle, aus der zehn Flüsse strömen, von denen je fünf in einen See fließen; aus jedem dieser beiden Seen strömen zwei Flüsse und diese vier Ströme vereinigen sich dann zu einem einzigen großen See in der ersten Zone, aus welchem der Nil kommt.«

Der Verfasser des Buches »Der Wunsch des Forschers« bemerkt, dieser See heißt der See von Likuri Der Victoria-Njansa, der See von Likuri, so genannt nach einem noch jetzt vorhandenen Stamme Namens Wakuri oder Wakori am Nordufer des Sees. Vgl. »Das Leben des Bischofs Hannington«. Dieser Wakuri-Stamm ist möglicherweise ein Ueberbleibsel einer einst mächtigen Nation., nach dem Namen eines Stammes, der um einen See im Sudan lebt, sehr barbarisch ist und zu den Kannibalen gehört. Diesem See entströmen der Garna und der abessinische Fluß. Nachdem der Nil diesen See verlassen hat, durchschneidet er das Land Likuri und dann das Land der Mennan, eines andern sudanesischen Stammes, zwischen Chartum und Nubien.

Nachdem er Dongola, die Hauptstadt Nubiens, erreicht hat, wendet er sich nach Osten und kommt dann nach der zweiten Zone. Hier sind die Ufer von den Nuba bewohnt; der Fluß hat viele große, bebaute Inseln mit Städten und Dörfern, und die Boote der Nuba kommen flußabwärts bis zu diesem Punkte, während die Fahrzeuge von Oberägypten flußaufwärts bis hierher gelangen. Es liegen dort zerrissene Felsen, welche das Passiren der Schiffe verhindern, ausgenommen bei hohem Wasserstande. Der Nil strömt dann nordwärts und kommt bei Assuan vorbei nach Oberägypten, wo er zwischen zwei Bergketten, welche das ägyptische Gebiet im Osten und Westen begrenzen, durchpassirt, bis er Fostat erreicht; von dort fließt er eine Tagereise und theilt sich dann in zwei Arme, von denen der eine sich bei Damiette ins Mittelmeer ergießt und der östliche Fluß heißt, der andere, der Hauptnil, aber weiterströmt, bei Rosetta ins Mittelmeer mündet und der westliche Arm genannt wird.

Die Länge des Nils von seiner Quelle beträgt 3748 Parasangen. Er soll vier Monate durch unbewohnte Gegenden, zwei Monate durch sudanesisches Gebiet und einen Monat durch moslemitisches Territorium fließen. Kein anderer Fluß ist, während alle übrigen ihren niedrigsten Stand haben, im Steigen begriffen, außer dem Nil, der in der trockenen Jahreszeit steigt, wenn die Sonne im Zeichen des Krebses, des Löwen und der Jungfrau steht.

Der Nil soll Nebenflüsse haben. Einige behaupten, daß sein Steigen die Folge des im Sommer schmelzenden Schnees ist und dasselbe je nach der Menge des gefallenen Schnees größer oder geringer sei. Andere sagen, das Steigen entstehe durch die verschiedene Richtung des Windes; d. h. beim Wehen starken Nordwindes werde das Mittelländische Meer aufgeregt und das Wasser des Nils zurückgetrieben, sodaß es das Land überflutet; und wenn der Südwind weht, höre das Mittelmeer auf zu stürmen, und das aufgeregte Wasser fließe wieder ab.

Andere behaupten, das Steigen werde durch Quellen am Ufer verursacht, die von Reisenden gesehen worden sind, welche den höchsten Punkt erreicht haben.

Noch andere behaupten, daß der Nil von Schneebergen herabkomme, welche das Kaf-Gebirge genannt werden. Der Fluß passire durch das Grüne Meer und über Gold-, Silber-, Smaragd- und Rubinenminen, fließe bis ins Unendliche weiter, bis er den See von Singh (Sansibar) erreiche; würde das Wasser sich nicht ins salzige Meer ergießen und sich mit diesem vermischen, dann könnte es seiner großen Süßigkeit wegen gar nicht getrunken werden.

Bezüglich der Ableitung des Wortes »Gumr« bestehen Meinungsverschiedenheiten. Die einen behaupten, es müsse ausgesprochen werden wie »Kamar«, was den Mond bedeutet, dagegen erklärt der Reisende Ti Farschi, der Berg werde mit diesem Namen benannt, »weil das Auge von der großen Helligkeit geblendet werde«. Der Berg Gumr dehnt sich auf beiden Seiten nach Osten und Westen bis in unbewohntes Gebiet aus. In der That ist die ganze Gebirgskette an ihrem südlichen Abhange unbewohnt. Sie hat Gipfel, die hoch in die Luft aufsteigen und andere, die niedriger sind. Einige haben gesagt, daß gewisse Leute dieses Gebirge erreicht, es bestiegen und auf der andern Seite hinabgeblickt hätten, wo sie ein unruhig bewegtes Meer, so dunkel wie die Nacht, sahen. Das Meer würde von einem weißen Strom, so hell wie der Tag, durchschnitten, welcher von Norden her ins Gebirge hineingehe und bei dem Grabe des großen Hermes vorbeipassire. Hermes ist der Prophet Idrisi (Enoch).

Wie es heißt, hat Idrisi dort einen Dom gebaut. Einige behaupten, es hätten Leute den Berg bestiegen und einer von ihnen habe begonnen zu lachen und in die Hände zu klatschen Ich habe nicht erfahren, ob Lieutenant Stairs sich bei der Besteigung des Berges einer solchen Extravaganz schuldig gemacht hat. und sich auf der andern Seite hinabgestürzt. Die übrigen fürchteten sich, von demselben Unfall betroffen zu werden und kehrten deshalb wieder um. Wie es heißt haben diejenigen, welche dabei waren, hellen Schnee gesehen, welcher wie weißes Silber im Lichte glänzte. Genau wie die Beschreibung dessen, was den Wahuma-Hirten zufolge auf dem Ruwenzori zu sehen sein soll. Wer sie anblickte, wurde von ihnen angezogen und festgehalten, bis sie starben, und diese Kunst heißt »menschlicher Magnetismus«.

Wie ferner erzählt wird, hat ein gewisser König eine Expedition ausgesandt, um die Nilquellen zu entdecken. Dieselbe erreichte Kupferberge, und als die Sonne aufging, wurden die Strahlen so stark zurückgeworfen, daß die Leute verbrannten. Andere behaupten, der Gumr sei ein Berg auf einer Insel desselben Namens. Gegenüber liege das Land Serendib Madagaskar., das 4 Monate Reise lang und 20 Tagereisen breit sei; von dem Berge komme der Gimre genannte Vogel.

Der Verfasser des Buches »Der Zeitspiegel« berichtet: »Hamid, der Sohn des Biktiari, habe erzählt, die Quelle, welche die erste aller Quellen sei, liege im Berge Gumr. Von dieser Quelle gehen zehn Flüsse aus, von denen einer der Nil ist. Die Leute behaupten, derselbe durchschreite die erste Zone, komme dann in die zweite und seine Länge von der Quelle bis zum Mittelmeer betrage 3000 Parasangen. Einige Leute haben gemeint, die Quelle sei die Ursache des Steigens des Wassers, während andere behaupten – und das ist am wahrscheinlichsten –, daß der Grund in dem Ueberfluß an Regen und den Bergströmen in Abessinien und Nubien liege; das späte Steigen in Aegypten sei eine Folge der weiten Entfernung. Alle übrigen Flüsse strömen nach Süden, bis auf den Nil, der nordwärts fließe, wie der Orontes in Nord-Syrien bei Hamath.«

Ti Farschi sagt, »einige Astronomen behaupteten, daß der Nil von 11½° jenseit des Aequators komme und nach Damietta und Alexandria auf 30° nördl. Br. fließe. Nach ihrer Behauptung beträgt die Entfernung von der Quelle bis zur Mündung fast 142?, sodaß die Länge des Flusses mit allen Windungen 15 800 km betragen würde. Derselbe winde sich stark nach Osten und Westen.«

Achmed, der Sohn Ti Farschi's, erzählt in seiner Beschreibung des Nils: »Die Geschichtschreiber behaupten, Adam habe seinem Sohne Seth den Nil vermacht, der im Besitze dieser Kinder der Prophezeihung und Religion geblieben sei; sie seien nach Aegypten (oder Kairo) hinabgekommen, wo sie den Fluß Lul genannt hätten, und hätten auf den Bergen gewohnt. Nach ihnen sei ein Sohn Kinaan, dann dessen Sohn Mahalil, dann dessen Sohn Jaud, dann dessen Sohn Hamu, dann dessen Sohn Hermes gekommen – dies sei Idrisi der Prophet. Enoch. Idrisi habe begonnen, Gesetz und Ordnung im Lande herzustellen. Der Nil pflegte auf sie herabzukommen und sie seien vor den Wassern auf die großen Berge und das höhere Land geflohen, bis der Fluß wieder fiel, worauf sie alles Land, was kahl geblieben war, bepflanzten. Idrisi habe die Leute von Aegypten gesammelt und sei mit ihnen zu dem ersten Strom des Nils gezogen Ich möchte wissen, ob dieser berühmte Idrisi identisch ist mit dem Patriarchen Kintu in der Legende der Waganda. Vgl. mein Werk: »Durch den dunkeln Welttheil«. und habe die Ausgleichung des Landes und Wassers unternommen, indem er das hohe Gebiet niedriger machte und das niedrige erhöhte, sowie noch sonstige Arbeiten gemäß der Wissenschaft der Astronomie und Vermessungskunst verrichtete. Idrisi sei der erste gewesen, der über diese Wissenschaften gesprochen und Bücher geschrieben habe. Dann zog er nach Abessinien und Nubien und sammelte die Leute und vergrößerte oder verringerte die Länge des Strombettes des Nils, je nachdem dieser zu rasch oder zu langsam floß. Er berechnete sogar das Volumen des Wassers und die Geschwindigkeit der Strömung. Er war der erste, der die Strömung des Nils bis Aegypten regulirte. Wie es heißt, wurde Idrisi zur Zeit des Am-Kaam, eines der Könige von Aegypten, gen Himmel geführt, und da er das Kommen der Flut voraussah, blieb er auf der andern Seite des Aequators und baute dort auf den Abhängen des Berges Gumr einen Palast. Genau so wie in der Legende von Kintu, nur mit mehr Einzelheiten. Er stellte ihn aus Kupfer her und fertigte 85 kupferne Statuen an, durch deren Mäuler das Wasser des Nils strömte, der dann in einen großen See und von dort nach Aegypten floß.«

Idiar el Wadi sagt: »Die Länge des Nils ist zwei Monate Reise auf moslemitischem Gebiet und vier Monate in unbewohntem Lande. Die Quelle liegt auf dem Berge Gumr jenseit des Aequator, der Fluß kommt aus der Dunkelheit, strömt dem Licht entgegen und fließt dem Fuße des Berges Gumr entlang.«

Mohammed, der Prophet Gottes, sagt:

»Der Nil kommt aus dem Garten des Paradieses, und wenn ihr ihn untersuchen würdet, wo er ihn verläßt, würdet ihr Blätter aus dem Paradiese in ihm finden.«

Der oben erwähnte König Am-Kaam ist Hermes I. Die Teufel trugen ihn nach diesem Berge, der Gumr heißt, und dort sah er, wie der Nil aus dem Schwarzen Meer strömt und in den Berg Gumr hineinfließt. König Am-Kaam baute auf den Abhängen des Berges einen Palast, der 85 Statuen hatte, zu denen er alles Wasser, das von diesem Berge fließt, hinleitete; er führte es durch gewölbte Gänge, bis es die Statuen erreicht und in bestimmten Mengen mit genau berechnetem Kubikinhalt aus den Mäulern fließt. Dann strömt es in vielen Flüssen weiter, bis es den großen Mittelsee Der Albert-See. erreicht. Rund um diesen See liegt das Land des Sudan mit seiner großen Stadt Garma. In diesem großen See ist ein Berg, der quer hindurchführt und sich außerhalb des Sees nach Nordwesten ausdehnt. Der Berg Adjif (?). Wenn der See 15 m höher läge, könnte dieser Berg so beschrieben werden. Von diesem Berg fließt der Nil einen Monat Reise und theilt sich dann in dem Lande Nubien; der eine Arm geht nach dem fernen Westen und an diesem liegt der größere Theil des Landes, welches der Sudan genannt wird, während der andere nach dem Lande Aegypten hinabfließt und sich jenseit Assuan wieder in vier Arme theilt und sich so bei Damietta und Alexandria ins Meer ergießt. Wie es heißt, strömen drei von diesen Armen in das Mittelmeer, während der vierte in den Salzsee mündet und von dort nach Alexandria fließt.

Die Flüsse Sihon, Gihon, Nil und Euphrat sollen alle in einem Dom von grünem Jaspis auf einem Berge entstehen, der in der Nähe des dunkeln Sees Der Albert-Edward-See (?). liegt. Das Wasser ist süßer als Honig und wohlriechender als Moschus, doch verändert dasselbe sich im weitern Laufe des Flusses.

Scheich Izz Edin, der Sohn des Ibn Gamar, sagt in seinem Werke über Medicin (ich habe von dem eigenhändigen Manuscript copirt), daß die Quelle des Nils auf dem Berge Gumr etwa 11° 20' jenseit des Aequators liege. Von diesem Berge gehen zehn Flüsse von verschiedenen Quellen aus; je fünf davon fließen in einen großen runden See, welcher 57° von dem äußersten Ende des unbewohnten Landes im Westen und 7° 31' von dem Aequator nach Süden entfernt ist. Beide Seen sind gleich und haben einen Durchmesser von 5°. Aus jedem der beiden Seen fließen zwei Flüsse, welche sich in einen großen See in der ersten Zone ergießen, der von dem unbewohnten Lande des Westens 53° 30' entfernt ist und 2° nördlich vom Aequator liegt. Jeder dieser vier Flüsse ergießt sich getrennt in den großen See, den nur ein einziger Fluß wieder verläßt, und das ist der Nil. Er läuft durch das Land nach Nubien und vereinigt sich dort mit einem andern Flusse, dessen Quelle in einer andern Gegend in der Nähe des Aequators liegt und der aus einem großen See kommt, welcher einen Durchmesser von 3° hat und von den Grenzen des unbewohnten Landes im Westen 71° entfernt ist.

Nachdem der Fluß die Stadt Kairo passirt hat, erreicht er eine kleinere Stadt Namens Schatanuf, wo er sich in zwei Arme theilt, die beide in dieses salzige Meer fließen und von denen der eine der Rosetta-, der andere der Damietta-Fluß heißt. Dieser Fluß erreicht auch Mansura, wo sich ein Arm Namens Aschmun von ihm abzweigt; letzterer ergießt sich dort in einen See, während der übrige Fluß in der Nähe von Damietta ins Meer mündet. Vorstehend gebe ich seinen Plan des Berges Gumr.

siehe Bildunterschrift

Das Mondgebirge. – Massudi, 11. Jahrhundert.

Der Geschichtschreiber El Gahez sagt in seiner Länderbeschreibung: »Die Quellen des Flusses Sindh Vielleicht meint er Sing oder die Ostküste, genannt Singiber, Sandjibar, Sansibar. und des Nil liegen an einer Stelle; er sei zu dieser Ueberzeugung gekommen, weil die beiden Flüsse zur selben Zeit steigen, man in beiden das Krokodil finde und die Art der Cultur des Landes bei beiden dieselbe sei.« Der Geschichtschreiber Maschi sagt in seiner Geschichte Aegyptens, im Lande Tegala lebe ein sudanesischer Stamm desselben Namens, in dessen Land Gold aus der Erde wachse; der Nil spalte sich dort und werde zu zwei Flüssen; der eine sei der Nil Aegyptens, der andere sei grün, fließe ostwärts, durchschneide den Salzsee bis zum Landungsplätze von Sindh und werde Meharaam genannt.

Der See, in den das Wasser fließt, heißt Biliha. Batua(?), nach den Zwergen. Ein Theil des Nils fließt nach dem Sudanlande, wendet sich dann ostwärts von Kussed und geht darauf an einem der Berge dieses Landes vorbei und kommt beim Aequator wieder heraus. Dort ergießt er sich aus einem See und setzt den Weg westwärts nach dem Lande Laknur fort und von da nordwärts, bis er in das große Meer fließt. Dann strömt er nach dem Lande Abessinien, darauf nach dem Lande Sudan und nun ostwärts von Dongola, bis er zu den Katarakten von Assuan gelangt, von wo er ins Mittelmeer fließt.

Makrisi sagt, »es besteht keine Meinungsverschiedenheit; der Nil kommt vom Berge Gumr«. Er berichtet ferner: »Merka-Il, der Sohn Dubar-Il's, der Sohn Garabat's, der Sohn Asfusan's, der Sohn Adam's, habe, als er mit einer Anzahl Leute vom Stamme Arabat nach Aegypten gekommen sei, sich dort niedergelassen und Assus und andere Städte gebaut; sie hätten den Nil gegraben, bis sie das Wasser zu sich geleitet hätten, weil es vorher nicht regelmäßig geflossen sei, sondern sich über das Land bis zum Gebiet des Königs Mekronse von Nuba ausgebreitet habe. Sie regulirten den Lauf des Nils und leiteten von demselben mehrere Flüsse ab nach den von ihnen erbauten Städten. Sie führten auch einen Strom nach der Stadt Susan, und dann, nachdem die Erde von der Sündflut befreit und die Zeit vergangen war bis zu den Tagen Berdaschir's, des Sohnes Bsar's, des Sohnes Ham's, des Sohnes Noah's, wurde das Bett des Nil, das durch die Sündflut vollständig zerstört war, zum zweiten male regulirt.« Dagegen sagt der Geschichtsschreiber Ibn Wasifscha: »Als Berdaschir regierte, welcher zuerst Priester wurde, sich mit Magie beschäftigte und sich unsichtbar zu machen pflegte, schickte er den Prinzen Hermes nach dem großen See Der Albert-See., aus dem die Wasser des Nils fließen. Auch heißt es, daß er den Strom regulirte, weil derselbe an einigen Stellen überzutreten pflegte, an andern aber nicht.«

Was den Ort betrifft, wo sich die kupfernen Statuen befinden, so enthält derselbe 58 Figuren; Hermes sammelte das Wasser, das aus dem Nil strömt, und führte es durch gewölbte Gänge und Aquäducte nach diesen Statuen, sodaß es erst zu diesen Figuren floß und dann vom Berge Gumr herabkam; darauf wieder unter der Mauer durchströmte und endlich durch die Mäuler der Statuen herauslies. Er regulirte und maß die ausströmende Wassermenge, sodaß gerade so viel herauskam, wie für das Land in Aegypten gebraucht wurde, nämlich so viel, daß das Wasser nur 18 Cubitus von je 32 Finger Breite stieg. Wäre das nicht geschehen, dann würde der Nil alle von ihm durchströmten Länder zu Morästen machen.

El Welid, der Sohn Romah's des Amalekiters, war im Stande, zur Entdeckung der Nilquellen auszuziehen. Er brauchte drei Jahre, um die Expedition vorzubereiten, brach dann mit einer großen Armee auf und vernichtete alle Stämme, die er traf. Er kam durch die Völker des Sudan und das Goldland, wo er die goldenen Stöcke aus dem Boden emporsprossen sah. Er setzte die Reise fort, bis er den großen See Der Albert-See. erreichte, in den der Nil strömt, der von den unter dem Berge Gumr hervorkommenden Flüssen gebildet wird. Er ging dann weiter, bis er zum Sonnentempel kam und passirte ihn, worauf er den Berg Gumr oder Kamar erreichte, der sehr hoch ist. Er sagt, der Berg werde Gumr genannt, weil der Mond nur ihn bescheine, da er außerhalb des Aequators liege. Wegen des Nebels (?). Er sah den Nil unter dem Berg Gumr hervorströmen und von den Flüssen des Berges Kaf hervorkommen. Nachdem der Fluß den Aequator überschritten hat, vereinigt er sich mit den Wassern eines Stromes, der aus der Gegend von Tekraan Turkan. in Indien kommt; die Quelle kommt unter dem Berg Gumr hervor und fließt in jener Richtung. Der Fluß Tekraan soll wie der Nil sein; er steigt und fällt zur selben Zeit und hat Krokodile und Fische ähnlich wie diejenigen im Nil.

Einige Leute haben behauptet, sie hätten, als sie dort gewesen seien, weder Sonne noch Mond gesehen, sondern das einzige Licht sei der Abglanz des allgütigen Gottes gewesen, so hell wie das Sonnenlicht.

Andere Forscher haben behauptet, daß alle vier Flüsse, Gihon, Sihon, Euphrat und Nil, von einer Quelle stammen und aus einem Dom im Goldlande, welches jenseit des dunkeln Sees liegt, kommen, daß das Land einen Theil der zum Paradies gehörenden Gegenden bildet und der Dom aus Jaspis besteht. Sie sagen auch, daß Hyad, eins der Kinder von Is, Gott gebeten habe, ihm das äußerste Ende zu zeigen. Gott habe ihm Macht gegeben, er sei über den dunkeln Fluß gegangen und habe seine Füße auf das Wasser gesetzt, ohne daß dies an denselben haftete, bis er zu dem Dom gekommen sei. Diese Legende habe ich dem Buche El Makrisi's entnommen.

Die beste Beschreibung, welche ich zu entdecken vermocht habe, ist von Scheabeddin, einem arabischen Geographen, der um das Jahr 1400 n. Chr. geschrieben hat:

Die Insel Mogreb (Afrika) liegt mitten in der See mit Wasser auf allen Seiten. Nach Osten ist sie von dem Meer von Kulzum (dem Rothen Meer), nach Süden und Westen von dem Ocean begrenzt, dessen Ausdehnung und Grenzen nur Gott kennt; im Norden bildet die Grenze das Meer von Chars, welches dasselbe ist, auf dem die Franken bei der Landung an der Küste von Syrien ins Heilige Land kamen.

In der Mitte der Insel Mogreb liegen die Wüsten der Neger, welche das Land der letztern von denen der Berber trennen. Auf dieser Insel befindet sich auch die Quelle jenes großen Flusses, der auf der Erde seinesgleichen nicht hat. Er kommt vom Mondgebirge, das jenseit des Aequators liegt. Von diesem Berge kommen viele Quellen, die sich in einen großen See vereinigen. Aus diesem See fließt der Nil, der größte und schönste Fluß der Welt. Viele Flüsse, welche sich von diesem großen Strome abzweigen, bewässern Nubien und das Land der Djenawa. Der Fluß schneidet den Aequator horizontal, fließt durch Abessinien, das Land Kuku, kommt nach Syene, durchschneidet Aegypten seiner ganzen Länge nach und ergießt sich dann zwischen Tunis und Damietta ins Meer.

Abul Hassan Ali, ibn el Hassan, ibn Ali el Masudi, der in Bagdad geboren war und im Jahre 955 n. Chr. nach Aegypten kam, wo er seine Rechnung mit der Welt abschloß, schreibt:

Ich habe in einer Geographie einen Plan des Nils gesehen, der von dem Mondgebirge – Djebel Kumr – herunterfließt.

Die Wasser strömen aus zwölf Quellen hervor und fließen in zwei Seen, wie die Teiche von Bussora. Nachdem sie diese Seen verlassen haben, vereinigen sie sich wieder und strömen durch ein sandiges und gebirgiges Land hinab.

Der Lauf des Nils geht durch den Theil des Sudan, der in der Nähe des Landes Sendj – Sansibar – liegt.

Als ich die Abschrift dieser interessanten alten Legenden beendet hatte, sagte ich im stillen zu mir: »Wie es diesen alten Schriftstellern gegangen ist, so wird es auch mir gehen. Weshalb war ich denn klüger? Ich habe alle Arbeiten und jedes richtige Werk berücksichtigt, daß dafür ein Mensch von seinem Nachbar beneidet wird! Deshalb haßte ich das Leben, da die Arbeit, die bei hellem Tageslicht gethan wird, mir unangenehm ist – weil alles Eitelkeit und Seelenqual ist.«

siehe Bildunterschrift

Englische Karte des Nilbeckens (bis 4° südl. Br.).

Nachstehendes ist von Sr. Exc. dem Grafen von Landburg, Generalconsul für Schweden und Norwegen in Kairo, freundlichst übersetzt worden.

 

Chams ed-din Abu Abd Allah Mohammed ed Dimachge (geboren 1256 n. Chr., gestorben December 1336 [31]) sagt in seiner von Professor Mehren in St. Petersburg (1866) herausgegebenen Geographie, » Mukhbat ed-dahr fê Ajaîb al-barr wal-bahr« (S. 88) in dem Kapitel, welches die vier Flüsse des Paradieses behandelt:

»Die Gelehrten behaupten hiervon, daß der ägyptische Fluß Namens Nil der Fluß Nubiens sei. Seine Quellen befinden sich im Mondgebirge, welches das bewohnte Land im Süden des Aequators und das draußen liegende von den südlichen unbekannten Ländern trennt, von denen man keine Kenntniß hat. Die Quellen sind zehn Flüsse, welche in zehn Thälern zwischen hohen Bäumen und festem Sand rasch dahinströmen. Die Entfernung von dem am weitesten entfernten nach Westen beträgt etwa 15 Tage und alle fließen zusammen in zwei Seen, welche 4 Tage voneinander entfernt sind. Die Ausdehnung des östlichen Sees mit allen seinen Inseln und Bergen ist ungefähr 4 Tage für den, der rund herumgeht, und die Ausdehnung des westlichen ist ungefähr fünf Tage für den, der rund herumgeht, und an beiden Seen und in dem Lande, welches zwischen den erwähnten beiden Strömen liegt, sind die wilden Stämme des Sudan, deren Natur derjenigen der Thiere ähnlich ist. Sie essen jeden, den sie erschlagen, und wer jemand von einem andern Stamme fängt, tödtet und ißt ihn, wie man Wild ißt. Die Lage dieser Seen ist 50-56° Länge von den Quellen des Flusses und 6-7° Br. südlich vom Aequator. Der östliche See heißt Kuku oder Tamim es-Sudanese, der westliche Damâdim und Galjûr und Hajami. Weiter fließen aus jedem der beiden Seen vier Flüsse, welche durch bevölkerte Thäler strömen, in denen die Sudanesen ihre Niederlassungen haben. Diese Flüsse fließen in der Nähe des Aequators bis 7° Br. und vereinigen sich dann zu einem langen, großen See, der Djawas und el Djamia (arabisch = der Sammler) heißt und auch Kuri Nach dem noch heute vorhandenen Stamm der Wakuri oder Bakuri am nördlichen Ufer des Victoria-Sees. der Sudanesen genannt wird. Sein Umfang mit den Inseln Djawas und Kuri, die von den Sudanesen bewohnt werden, beträgt etwa 6 Tage. Aus diesem See strömen drei große Flüsse. Der eine fließt nach Westen und heißt Rhâna; ein anderer wendet sich nach Süden und dann nach Osten und wird ed Damadim oder Magid Schu der Neger genannt, und der dritte ist der Fluß Nubiens und führt den Namen Nil. Sein Lauf geht nach Norden, bis er ins Mittelmeer mündet, während der Damadim nach dem südlichen Meere und der Rhâana nach dem westlichen Ocean strömt.«



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