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Viertes Kapitel


Am andern Tage saßen Fräulein Smele, Dori und Otto allein am Frühstückstisch. Zu dieser Zeit fand die Gesellschaft sich nicht zusammen; jeder nahm sein erstes Frühstück ein, wann es ihm paßte.

»Otto, nun sollst du deinen Morgenspaziergang machen und zwar allein«, sagte Fräulein Smele, als man sich vom Tisch erhob. »Ich habe mit Fräulein Maurizius noch allerlei zu besprechen und morgen muß ich reisen, ich kann das Haus nicht länger allein lassen.«

»Ja, recht von Herzen gern und mit Freuden«, rief Otto so bereitwillig aus, daß Fräulein Smele ihn mit Erstaunen anblickte. »Ich will auch so lange fortbleiben, daß Sie hintereinander ganz fertig sprechen können, denn morgen müssen Sie wirklich reisen, Papa kann nicht so lang' allein bleiben mit den Brüdern«, setzte Otto mit großer Lebhaftigkeit hinzu.

»Seit Monaten hast du nicht so lebhaft gesprochen, Otto, auch daß du plötzlich so willfährig zum Spaziergang bist, ist mir wirklich überraschend«, sagte Fräulein Smele, immer noch völlig verwundert. »Sie sollten ihn nur gesehen haben, wie er bis jetzt immer herumschlich, oder in einer Ecke fest saß und sagte: ›ich mag nicht, ich bin müde‹, wenn er hinaus sollte. Du hast auch wahrhaftig schon einen viel frischeren Ausdruck in den Augen!« fuhr sie zu Otto gewandt fort. »Wie wunderbar schnell doch eine solche Luftveränderung wirken kann, wenn man das Rechte trifft! Das wird der Arzt gerne hören und wie wird der Papa sich der Nachricht freuen!«

»Ja, dem Papa sagen Sie nur, daß ich schon gesund geworden bin und nur eine Nachkur in Cavandone noch nötig habe. Nun müssen Sie sprechen zusammen, damit Sie fertig werden«, damit rannte Otto aus dem Zimmer.

Fräulein Smele schüttelte den Kopf.

»Sie glauben nicht, wie der Junge sich verändert hat, Fräulein Maurizius, und in so kurzer Zeit! Hätte ich es nicht unter meinen Augen vor sich gehen sehen, ich könnte es selbst nicht glauben. Wenn ich das seinem Vater erzähle, wie wird es ihn aufrichten! Er war wie gebrochen, seit der Arzt seinen letzten Ausspruch tat, der dann die Versetzung hierher bewirkte. Bis dahin wollte der Vater von keiner Entfernung des Jungen mehr hören, er meinte, es sei schon jetzt vieles für seinen Unterricht vernachlässigt und verspätet worden.«

»Was war dieser letzte Ausspruch des Arztes?« fragte Dori erschrocken.

»Kommen Sie mit mir auf meine Stube, hier können wir nicht eingehend sprechen«, Fräulein Smele schritt voran, bot in ihrem Zimmer Dori einen Sessel an und setzte sich auf das kleine Sofa vor sie hin. »Es war sonderbar mit Ottos Zustand«, fuhr Fräulein Smele hier fort, »es war keine bestimmte Krankheit, die ihn ergriffen hatte, es war wie ein Aufhören aller Lebenstätigkeit. Am Tage saß der Junge müde und matt und wie von Melancholie befallen in den Ecken herum und in der Nacht hörte man ihn oft laut schluchzen und weinen, und kamen wir herzugelaufen, so fanden wir ihn schlafend. Stöhnen konnte er, als hätte er den größten Jammer im Herzen, es war alles im Schlaf. Arzeneien halfen nichts, gute Speisen, die doch den Kindern sonst Vergnügen machen, berührte er kaum. Endlich erklärte der Arzt, der Junge müßte sofort von allem Lernen und aller gewohnten Umgebung weg, in die stärkende Meerluft gebracht werden und zwar für eine längere Zeit. Der Junge sei in einem ungewöhnlichen Grade nervös, die Anlagen seiner Mutter müssen in einer Weise auf ihn übergegangen sein, die zu großen Befürchtungen Anlaß gebe. Ein schrecklicheres Wort konnte dem armen Vater nicht ausgesprochen werden. Sie haben ihm eine wirklich verdankenswerte Erleichterung verschafft, daß Sie die Pflege des Knaben übernehmen wollten, der Vater ist ja gebunden durch seinen Beruf und ich konnte das Haus für so lange nicht verlassen. Es ist ja zwar keine Krankenpflege, die Sie zu übernehmen haben, und da diese Meerluft in den ersten Tagen ihre Wirkung zeigt, ist ja fest zu hoffen, daß Ihnen auch keine solche Pflege bevorsteht.«

»Für mich würde ich sie nicht fürchten, Fräulein Smele«, entgegnete Dori, »für Otto und für seinen Vater hoffe ich, der liebe Gott lasse nichts Schlimmeres kommen. Wie war es denn mit der kranken Dame, kam sie vor ihrem Ende noch nach Hause?«

»O, bewahre, das wäre völlig unmöglich gewesen. Was der arme Mann in dieser Zeit gelitten hat! Er besuchte die Frau öfters, denn der Arzt hatte ihn davon in Kenntnis gesetzt, daß ihre Kräfte abnehmen. Aber seine Besuche erhöhten ihre Aufregungen. Sie hatte die Idee, er hole sie zu großen Gesellschaften ab, wollte sich durchaus in Toilette begeben und ihn begleiten. Das war ja überhaupt der Grund der Überreizung ihrer Nerven, daß sie sich dem Gesellschaftsleben zu sehr geopfert hatte, sie sollte ja überall dabei sein, wie war sie gefeiert! Oft mußte sie denselben Tag zwei Gesellschaften beiwohnen, erst einer früheren, dann einer ganz späten. Wie sollte sie dann noch recht zur Ruhe kommen! Die Ruhelosigkeit war zur Krankheit geworden. Fort und fort soll sie hin- und hergelaufen sein und befohlen haben, man solle ihr die Festkleider bringen, der Wagen stehe schon vor der Tür, sie hätte zu eilen. So ging es, bis die Kräfte aufgezehrt waren. Doktor Strahl hat dann im letzten Spätherbst seine Söhne heimkehren lassen, es war ihm zu einsam im Haus, er war sehr angegriffen von den Erfahrungen der letzten Jahre, auch meinte er, es möchte für Otto gut sein, wenn er nicht so allein wäre. Aber was ist es nun? Ich kann Ihnen sagen, Fräulein Maurizius, eine leichte Aufgabe ist es nicht, diesem Hause vorzustehen, nun drei Jungen da sind, jeder mit seinen eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen, mit vielen nötigen und tausend unnötigen Anliegen. Der erste überlebendig wie ein Kreisel, der einem den Kopf verwirrt, der zweite verschlossen wie eine Schatulle, so daß man alles aus ihm herauswürgen muß, was man ja doch wissen soll, und der dritte so nervös angegriffen, daß man kaum weiß, wie er behandelt werden soll, daß nicht ein Unheil losbricht. Und dazu der Herr des Hauses – nein, das muß ich sagen, er erschwert das Leben im Hause niemandem, aber es ist lähmend, ihn immer so schweigsam und nachdenklich zu sehen und zu wissen, daß er all das Schwere, das er erlebt, allein bei sich tragen muß; denn die Knaben sind noch zu jung, um ihn zu verstehen, auch wissen sie ja viel zu wenig von allem, das der Vater durchgemacht hat: ihre Mutter haben sie eigentlich kaum gekannt.«

Dori wünschte, Fräulein Smele möchte ihr die Vorschriften des Arztes nun mitteilen und was in der Behandlung des Knaben besonders sollte beobachtet werden. Fräulein Smele ging nun zu diesen Mitteilungen über. Sie waren nicht lang, der Vorschriften waren wenige, die Behandlung des Jungen sollte man nur Fräulein Maurizius überlassen, hatte Doktor Strahl angeordnet, sie kenne den Jungen und wüßte am besten, was ihm gut sei, war seine Meinung. »Wenn dem wirklich so ist, so werden Sie auch wissen, welche Aufgabe Ihrer wartet«, schloß Fräulein Smele ihre Besprechung.

»Davor fürchte ich mich nicht«, sagte Dori.

Jetzt klopfte es an die Tür, Otto steckte den Kopf herein: »Ist fertig gesprochen oder soll ich noch einmal gehn?« fragte er.

Das Sprechen war wirklich zu Ende. Fräulein Smele schickte sich zum Packen ihrer Sachen an, Dori ging mit Otto hinaus.

»Bist du müde, Otto?« fragte sie.

»Nein, gar kein bißchen«, erwiderte er fröhlich.

»Dann machen wir noch einen Gang zusammen, komm, es muß ja herrlich sein, hier herum. Weißt du den Weg zu einem schönen Aussichtspunkt?«

»Nein, Fräulein Smele sagte, am besten sei es, wir wandern immer hier in dem großen Garten herum, wenn man müde sei, könne man da und dort auf eine Bank sitzen und ausruhen und überall sei man von Blumenduft umgeben. Aber siehst du, Tante Dori, es war zum Umkommen langweilig; eben jetzt bin ich fünfzig Mal um den ganzen Garten herumgegangen; ich habe die Gänge gezählt, damit es weniger langweilig sei.«

»Komm, nun ziehen wir hinaus auf eine Entdeckungsreise«, sagte Dori. Otto hing sich fest an ihren Arm. Sie durchschritten den Garten und traten auf den Weg hinaus. Er führte zur Rechten der langen Reihe der Häuser entlang der Hauptstraße zu, zur Linken stieg er zur Höhe hinan, auf der das alte Städtchen eben im hellen Sonnenschein erglänzte. Dori wandte sich dieser Richtung zu. Schon blühten die Rosen in den sonnigen Gärten am Wege. Die stillen, grauen Olivenbäume standen in dichten Gruppen, da und dort hob eine schlanke Palme ihre ausgebreiteten Zweige zum dunkelblauen Himmel empor. Dori schaute mit Entzücken nach allen Seiten.

»O, wie herrlich, wie wundervoll ist es hier!« rief sie aus, »du siehst es doch, Otto? Freust du dich auch recht, daß du hier bleiben darfst? Es ist ja entzückend!«

»Ja, jetzt seh' ich, daß es schön ist und ich freue mich auch, hier zu sein«, erwiderte Otto. »Aber siehst du, Tante Dori, wenn man inwendig nicht fröhlich sein kann, so nützt es nichts, wenn es noch so schön ist draußen, man sieht es nicht.«

Es tat Dori weh, diese Worte zu hören. »Hat der Junge das schon kennen gelernt!« mußte sie bei sich sagen. Aber eben jetzt schaute Otto mit so fröhlichen Blicken um sich, daß auch sie von Herzen fröhlich mit ihm sein konnte.

»Nun wollen wir nur noch daran denken, welch herrliche Tage vor uns liegen«, sagte sie, »und dem lieben Gott danken, daß er es so schön für uns geordnet hat und wir uns nun so zusammen freuen dürfen.« Sie hatten nun den Höhepunkt erreicht, wo die steilen, gepflasterten Gassen zur Linken nach dem Städtchen hinaufstiegen, vor ihnen lag, wie eine Burg mit breiter Zinne, ein freistehender, ausgedehnter Felsen, der zum Hinaufsteigen lockte; droben mußte der Blick nach allen Seiten ungehindert frei sein. Sie stiegen hinauf: Dori tat einen lauten Freudenruf; da lag zu ihren Füßen und weit, weithin in unendliche Fernen verschwimmend das grünleuchtende Meer. Nur gegen Westen umsäumte ein Höhenzug, wie von Duft gewoben, die schimmernde Flut.

»O, welche Herrlichkeit!« rief Dori aus. »Komm, Otto, hier wollen wir uns niederlassen, gleich mitten auf den Felsen setzen wir uns hin. Aber die Schirme müssen wir ausbreiten, die Sonne brennt gewaltig auf den Stein.«

»Dort wär's kühler«, sagte Otto, der schon ringsum gespäht und etwas entdeckt hatte, das ihn besonders lockte. »Sieh, Tante Dori, dort unten, bei der alten Kapelle.«

Am Fuße des Felsens, unweit der Straße, die dort dem Meer entlang führte, stand nahe am Wasser eine alte, einsame Kapelle. Einzelne hohe Felsstücke ragten dicht daneben aus dem Wasser empor. Die heranrollenden Wogen brachen sich an dem Gestein und spritzten in hohen Wasserstrahlen empor, die Felsen mit dem Strudel übergießend.

»Ja, ja, komm, dahin gehen wir«, stimmte Dori bei, die es gleich mächtig zu der meerumrauschten Kapelle hinabzog. Sie kletterten über die glatten Felsen hinunter. Als sie die Straße überschreiten wollten, kam eben ein Wagen gefahren, sie blieben einen Augenblick am Wege stehen. Der Herr, der auf der Rückseite des Wagens saß, schwang seinen Hut und grüßte mehrmals, wie ein alter Bekannter.

»Ich glaube, es war der Herr mit den Damen, die uns gegenüber zu Tische sitzen«, sagte Dori, als der Wagen verschwunden war. »Weißt du, wer die Leute sind? Sie sehen sehr elegant aus.«

»Ich weiß nicht, aber der Herr hat gleich mit mir zu sprechen angefangen am Tisch«, erwiderte Otto, »und da ich es fast nicht aushalten konnte, bis du kamst, habe ich bei jeder Mahlzeit zu Fräulein Smele gesagt: ›Morgen ist vielleicht Tante Dori da und sitzt neben mir.‹ Da hat der Herr auch angefangen und jedes Mal, wenn er sich hinsetzte, sagte er: ›Morgen, hoffe ich, ist nun doch endlich Tante Dori da und sitzt mit uns zu Tische‹, und dann mußten wir beide lachen.«

Die Erscheinung des Wagens, der die Gäste offenbar von einer Spazierfahrt zurückbrachte, erinnerte Dori daran, daß sie auch wieder an die Rückkehr denken mußte. Die wunderbare Schönheit, die ihr auf jedem Schritte entgegenleuchtete, hatte sie die Zeit völlig vergessen lassen. Sie schaute auf ihre Uhr. »Wir müssen gleich zurückkehren, Otto«, sagte sie eilig, »und hier, den geraden Weg der Straße entlang, es wird der kürzeste sein.«

Otto schaute ein wenig zögernd nach den Felsblöcken hinüber, um welche die Wogen brandeten, den schneeweißen Gischt emporspritzten und über die Steine rollten, immer wieder, immer neu.

»Ja, ich wollte wohl auch noch gerne bleiben und zuschauen«, sagte Dori wieder, »aber es ist Zeit, komm! Wir können ja jeden Morgen dahin zurückkehren, das ist wohl ein schöneres Ziel als fünfzig Mal um den Garten zu pilgern, nicht?«

»Und noch allein!« rief Otto heranrennend und sich wieder so fest an Doris Arm anklammernd, als wollte er zeigen, daß er den nicht mehr loszulassen gedenke. Nun ging es rasch zur Villa Palmyra zurück.

Die Herrschaften im Wagen mußten irgendwo angehalten oder einen weiten Umweg gemacht haben; eben fuhren sie der Villa zu, als Dori und Otto den Garten betraten. Fast in demselben Augenblick kamen sie alle, Fahrende und Fußgänger, bei der offenen Halle an. Der Herr sprang vom Wagen herunter und begrüßte die Eintretenden. »Sie haben einen langen Spaziergang unternommen – aber mein junger Freund«, unterbrach er sich selbst, »willst du mich der Dame vorstellen?«

»Ja, das will ich wohl«, sagte Otto, »aber ich weiß nicht, wie Sie heißen.«

»Ach, das ist ja richtig, wir haben eine namenlose Freundschaft errichtet«, sagte lachend der Herr, der sich nun nochmals vor Dori verbeugte: »Mein Name ist Maurizius, mein Fräulein, darf ich um den Ihren bitten?«

»Mein Name ist ebenfalls Maurizius«, sagte Dori lachend.

»Ist es die Möglichkeit!« rief der Herr überrascht aus. »Man sagt mir, Sie seien aus diesem Lande gebürtig, ich komme vom hohen Norden herunter, und nun will das Schicksal, daß wir denselben Namen tragen. Sollte das nicht ein Wink sein, daß wir hier im fremden Lande eine zusammengehörende Gesellschaft bilden sollen?«

Die Damen hatten nun auch den Wagen verlassen und traten heran.

»Meine Schwestern, erlauben Sie, Fräulein Maurizius«, fuhr er fort, die Damen vorstellend. »Fräulein Erna Maurizius, Fräulein Wera Maurizius und noch einmal Fräulein Mauritius«, schloß er mit verbindlicher Handbewegung auf Dori weisend. Die Damen verneigten sich schweigend und warfen beide Blicke auf ihren Bruder, in denen deutlich zu lesen war, daß sie seine Vorstellung für einen unzeitigen Scherz hielten.

»Ernst, völliger Ernst«, versicherte der Bruder, »das Wunderbare ist, wie tief im Süden und hoch im Norden derselbe Name vorkommt, der sonst gar nicht verbreitet ist.«

»Die Sache ist nicht so wunderbar«, sagte Dori, »mein Vater war auch ein Nordländer, seine Heimat war ein Pfarrhaus am Nordseestrand.«

»Von dorther stammen wir ja auch!« rief Herr Maurizius aus, »alle Maurizius stammen aus jener Gegend. Da sind Sie ja unsere Cousine! Herrlich! Köstlich! Diese Überraschung! Ahnten wir es doch, mein junger Freund und ich, daß die Ankunft der Tante Dori ein freudiges Ereignis sein würde! Aber meine Schwestern haben nicht mehr gehört, woher Sie stammen, wo sind sie denn hingekommen?«

»Sie sind ins Haus eingetreten, was wir nun auch tun müssen«, sagte Dori, grüßte eilig und lief mit Otto die Treppen hinan nach Fräulein Smeles Stube. Sie erwartete einen steifen Empfang nach dem langen Ausbleiben. Aber Fräulein Smele hatte so viel zu packen gehabt, daß sie zu keinem andern Gedanken gekommen war und die ungestörte Zeit mit Befriedigung angenommen hatte. Als bald nachher die Gesellschaft bei der Tafel versammelt war, genoß Otto von allen Speisen mit einer Beharrlichkeit, die Fräulein Smele in die höchste Verwunderung versetzte. »Welch eine Neuigkeit für den Arzt, der das Heilmittel so wunderbar getroffen!« mußte sie wieder und wieder sagen, »und für den Vater, der den Nachrichten mit schwerer Sorge entgegensieht!« Früh am andern Morgen, zu einer Zeit, da in der Villa Palmyra noch große Stille herrschte und alle Fenster noch mit dicken Vorhängen bedeckt waren, trat Fräulein Smele heraus, um den Wagen zu besteigen, der sie zur Station bringen sollte. Dori und Otto hatten sich früh aufgemacht, um sie zu verabschieden.

»Nicht wahr, Fräulein Smele«, sagte die erstere, jetzt noch am Wagen stehend, »Sie werden den Herrn Doktor beruhigen, es geht Otto ja schon recht ordentlich.«

»Brillant geht's ihm, über alles Erwarten gut«, stimmte das Fräulein bei. »Wie wird der Arzt über die Nachricht triumphieren, denn Doktor Strahl hatte mehrmals den Ausspruch getan: ›Ich erwarte das Heil für den Jungen von Cavandone.‹ Aber der Arzt hielt seine Ansicht aufrecht, die Riviera werde der rechte Ort sein. Wie glänzend wird sein Ausspruch gerechtfertigt sein!«

Fräulein Smele bot Dori ihre Hand zum Abschiedsgruß, der Wagen rollte fort.


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