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Vierunddreißigstes Capitel.

Leo schritt langsam die Straße hinab. An der Ecke angelangt, wendete er sich um, nach dem Hause, aus dem er eben gekommen, zurückblickend. Eine weibliche Gestalt trat aus der Gartenpforte und entfernte sich, nachdem sie zuerst ein paar Schritte nach der Parkstraße gethan, sich schnell umwendend, in der entgegengesetzten Richtung. Ohne Zweifel hatte sie ihn, trotz der Entfernung, erkannt.

Sie ist also doch gehorsam gewesen, die schöne Bacchantin; es mag ihr schwer genug geworden sein! Aber darauf kommt es nicht an, wenn sie nur gehorcht.

Leo sah nach der Uhr. Es war Zwei; um Drei hatte er eine Einladung bei dem General angenommen; wenn er sich beeilte, konnte er noch eben den Besuch bei Silvia abstatten. Vielleicht hatte sie, wie schon manchmal, etwas von der Tante oder direct vom Könige erfahren, was für ihn von Wichtigkeit war. Wachte sie doch stets mit treuer Sorge über sein Wohl! Oder wünschte sie heute nur zu hören, ob in Tuchheim bei der Uebernahme der Fabrik Alles nach Wunsch gegangen sei? Nun, sie hatte es verdient, daß er um ihrethalben auch einmal einen Umweg machte, obgleich er sich nach der schlaflosen Nacht und dem anstrengenden Vormittage ungewöhnlich abgespannt und ruhebedürftig fühlte.

Ein Fiaker war nicht gleich zur Hand; er mußte sich entschließen, noch ein Stück die Parkstraße hinabzugehen, die, wie immer um diese Zeit, von Fußgängern, Reitern und Carossen wimmelte. Er kam dabei an seiner eigenen Wohnung vorüber. Ein paar Männer in Arbeiterblousen und mit Handwerkszeug auf den Schultern standen an dem Gitter und schauten nach dem Hause.

Da wohnt er, sagte der Eine; 's sieht hübsch genug aus.

Du, sagte der Andere; dafür sprechen wir uns auch die Kehle ab von Freiheit und Gleichheit; meinst Du nicht?

Die Männer blickten so eifrig, daß sie Leo, der hinter ihnen vorüberging, nicht bemerkten. Es waren Männer aus dem von ihm gestifteten Arbeiterverein, der nach seiner Gefangennehmung kläglich zu Grunde gegangen war. Er bog schnell über die Straße hinüber nach der eigentlichen Promenade, die er hatte vermeiden wollen.

Die Prinzessin Philipp Franz, deren Equipage man in einiger Entfernung langsam folgen sah, kam in Begleitung einer Hofdame und eines Cavaliers daher. Die schöne Dame grüßte gnädig nach rechts und links. Leo sah, daß der Cavalier, den er in Begleitung Henri's wiederholt gesehen zu haben sich erinnerte, mit einem Blick nach ihm hin der Hofdame und diese der Prinzessin ein paar Worte zuflüsterte. Er trat auf die Seite und zog den Hut. Die Prinzessin, deren liebliche Züge noch eben von huldvoller Freundlichkeit gestrahlt haften, sah ihn mit zusammengezogenen Brauen starr an, ohne auch nur mit der leisesten Neigung seinen Gruß zu erwiedern; die Hofdame blickte nach der anderen Seite, der Cavalier lächelte.

Leo knirschte mit den Zähnen; aber er trug seinen Kopf nur noch höher und schaute die ihm Begegnenden nur noch fester aus seinen dunklen Augen an. Besser verachtet, als nicht beachtet sein, sprach er bei sich, und diese Verachtung ist ja im Grunde nur Haß, und dieser Haß nichts weiter als Furcht, und diese Furcht das sicherste Zeichen meines bisherigen Erfolges und die Anwartschaft auf einen noch größeren in der Zukunft. Ich hoffe Alles und fürchte nichts.

Nichtsdestoweniger fühlte er sich erleichtert, als er endlich einen Fiakerstand erreichte.

Aber auf dem Wege nach dem Schlosse durch die prachtvollen Straßen verließen ihn die düsteren Gedanken nicht; die Höhe, die er noch zu ersteigen hatte, war ihm nie so schroff erschienen. – Ich muß an dieser glatten Wand eine Stelle finden, auf die ich meinen Fuß setzen kann! Der König, sagte Urban, gäbe mir den Adel heute lieber als morgen. Ob das wohl wahr ist? Vielleicht ist ihm die Zeit noch zu kurz; vielleicht fürchtet er wirklich, ich könnte mich weigern. Das wäre so ein Faden, der von Silvia's feinen Händen am besten weitergesponnen werden könnte. Oder wäre die Tante die rechte Vermittlerin? Silvia ist zu schüchtern; die Tante geht dreister auf ihre Ziele los.

Leo fand Tante Sara und Silvia beisammen im großen Salon. Tante Sara lag auf der Causeuse; Silvia saß, den Kopf in die Hand gestützt, am Fenster. Sie erhob sich bei Leo's Eintritt und ging ihm entgegen. Ihr Gesicht trug einen gespannten Ausdruck; sie war bleich, und das Lächeln, mit dem sie ihn begrüßte, hatte etwas Gezwungenes. Die Tante dagegen schien in der besten Stimmung.

Gott sei Dank, daß Du kommst, Leo, rief sie, Du mußt mir helfen, diesem eigensinnigen Mädchen den Kopf zurecht zu setzen!

Um was handelt es sich, meine Damen? fragte Leo, der Tante die Hand küssend.

Silvia machte eine abwehrende Bewegung mit dem Kopf.

Nein! nein! rief die Tante, er muß es wissen, ich brauche seine Autorität, Dich zur Raison zu bringen. Setze Dich hierher, Leo, zu mir! Die Sache ist die: der König war gestern Abend auf eine halbe Stunde hier und in der entzückendsten Laune, so daß selbst Silvia, die, nebenbei gesagt, in jüngster Zeit sehr misanthropische Anwandlungen hat, fortgerissen wurde. Ich weiß nicht, wie die Rede auf Frauenschmuck kam, und Silvia äußerte, daß das Feuer schöner Brillanten von jeher auf sie einen sonderbaren Zauber ausgeübt habe. Warum tragen Sie denn keine? fragte der König; weil ich keine habe, Majestät, war Silvia's lachende Antwort. Sie dachte nicht weiter daran, und auch ich hatte es vergessen, bis heute Morgen mit einem Billet vom König, das nur die Worte enthielt: »Zur Erinnerung an die brillante Unterhaltung von gestern Abend. Ihr dankbarer« und so weiter, dies Etui kam.

Tante Sara nahm von dem Marmortischchen neben der Causeuse ein Kästchen, das sie öffnete. Auf dem dunklen Sammet, mit dem es ausgeschlagen war, lag ein prachtvolles Brillantkreuz an goldener Kette. Tante Sara nahm es heraus und ließ es in der Sonne spielen.

Wie das funkelt und blitzt! rief sie, und nun denke Dir, Leo, dieser Trotzkopf sagt, sie könne das nicht vom Könige annehmen! Als ob ein König wäre wie ein anderer Mann! Als ob man sein Thun mit dem gewöhnlichen Maßstab messen könnte, messen dürfte! Aber Kinder, Kinder, es ist ja schon halb Drei; ich erwarte gleich nach Tische die Visite einer sehr vornehmen Dame, die mich in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünscht. Du lieber Himmel, den Leuten sind ihre Angelegenheiten immer wichtig; aber gleichviel, ich bin noch nicht in der nöthigen Toilette und dürfte nachher keine Zeit haben. Also à revoir, mes mignons, à revoir!

Tante Sara ergriff den Stock mit dem Elfenbeingriff und hinkte, Kußhände zurückwerfend, nach der Thür. Leo wendete sich zu Silvia.

Wie ist es Dir ergangen? fragte sie, indem wieder das gezwungene Lächeln um ihre Lippen trat.

Gut, recht gut, erwiederte Leo, das heißt, bis auf einige Mißklänge in der allgemeinen Harmonie, auf die ich indessen gefaßt gewesen war. Ich soll Zehntausend mit den paar Körben Brod und Fischen speisen – das kann ich nicht; aber von dem Allen ein anderesmal. Jetzt verstatte mir, auf das blitzende Spielzeug da zurückzukommen; ich glaube, die Tante hat Recht.

Sprechen wir nicht mehr davon, sagte Silvia, indem sie das Kästchen zudrückte.

Wie Du willst, Silvia, ich wollte nur bemerken, daß der König sehr beleidigt sein würde, wenn Du – aber die Sache ist ja gar nicht denkbar. Das sind Concessionen, die man nun einmal machen muß, wenn man mit Königen verkehrt. Mich drückt die königliche Huld auch, dennoch trage ich sie, wie ich das Unvermeidliche zu tragen gewohnt bin.

Mit Dir ist es etwas Anderes, erwiederte Silvia, welche sich durch den leichten Ton, in welchem Leo sprach, auf das Peinlichste berührt fühlte. Es ist wenigstens begreiflich, daß er sich für die Dienste, die Du ihm leistest, gegen Dich abzufinden sucht, obgleich ich auch hier gewünscht haben würde, daß er mit einer so großen öffentlichen Gunstbezeigung gewartet hätte, bis Deine Verdienste auch öffentlich mehr anerkannt gewesen wären. Das Alles trifft bei mir nicht zu, ich habe ihm keine Dienste geleistet, am wenigsten solche, die sich belohnen ließen; eine Demonstration dem Publikum gegenüber, also ein politischer Act ist es auch nicht, wenn er mich mit einem sichtbaren Zeichen seiner Gnade ehrt; ich bin nicht seine Gattin und nicht seine Schwester, am allerwenigsten seine Geliebte – wie kommt er also dazu, mir diesen glänzenden Plunder zu schenken!

Silvia hatte das in einem erregten Tone gesagt; Leo zuckte die Achseln. Ich erkenne die kluge Silvia heute nicht wieder, sagte er; seit wann hast Du denn diese spießbürgerliche Logik zu der Deinigen gemacht?

Seit wann? entgegnete Silvia. Sie stützte den Kopf in die Hand und fuhr nach einer kleinen Pause, wie mit sich selbst sprechend, fort: Ja, seit wann! Ich weiß es nicht, aber ich fühle selbst, daß ich nicht mehr bin wie ich war.

Du sitzest zu viel im Zimmer, Du solltest Dir mehr Bewegung machen – in freier Luft; wir wollen häufiger zusammen spazieren gehen, spazieren fahren. Du hast meine Wohnung noch nicht gesehen. Ich bin begierig zu hören, wie Du die neue Einrichtung findest. Vielleicht kommst Du gegen Abend mit der Tante hinaus. Das wird Dich zerstreuen.

Silvia lächelte schmerzlich. Ja, ja! Zerstreuung – das ist es, was mir fehlt!

Sie richtete den Kopf in die Höhe und blickte Leo mit großen ernsten Augen an. Ich wollte Dich heute nach mehreren Dingen fragen, aber ich fürchte, Du bist nicht in der Stimmung und hast auch wohl nicht die Zeit, mir geduldig zuzuhören, also auch das ein andermal!

Man soll nichts bis zur nächsten Stunde verschieben, was man noch in der laufenden abmachen kann. Was hast Du?

Nun denn, sagte Silvia, sich mit sichtbarer Anstrengung emporraffend, so will ich es Dir in aller Kürze sagen, und sie erzählte Leo, während sie die Augen dabei auf den Boden heftete und auf ihren Wangen die Farbe kam und ging, ihre Zusammenkunft mit Ferdinand und Alles, was zwischen ihnen verhandelt worden war; nur Josephe's that sie keiner Erwähnung, sie konnte es nicht über sich gewinnen.

Leo hatte, ohne sie zu unterbrechen, aber nicht ohne Zeichen lebhafter Ungeduld, zugehört. Jetzt, als sie zu Ende war, sprang er auf, that ein paar hastige Schritte, kehrte dann wieder um, blieb vor ihr stehen und sagte:

Aber, Silvia, ahnst Du denn nicht, hast Du denn nicht gleich geahnt, daß das Ganze ein Complot ist, von meinen Feinden ausgesonnen, um uns womöglich auseinander zu bringen? Du hättest dem Menschen die Thür weisen sollen – nach seinen ersten Worten, aber freilich, freilich – so hätten wir auch nicht erfahren, was sie im Schilde führen, diese plumpen Ränkeschmiede! freilich!

Und wieder fing er an, mit noch hastigeren Schritten als vorher im Zimmer auf und ab zu gehen.

Silvia's Augen hingen mit einem ängstlichen Ausdruck an seinen Mienen. Es ist alles Lüge gewesen, was der Mann vorgebracht hat, sagte sie langsam; nicht wahr, Leo? Alles eitle Lüge? Du hast jenen unglückseligen Brief nie in Händen gehabt?

Wer sagt das? rief Leo, sich plötzlich zu ihr wendend; allerdings habe ich den Brief in Händen gehabt und Gott sei Dank, daß ich ihn in Händen gehabt und den rechten Gebrauch davon gemacht habe! Ich stünde wahrscheinlich noch auf demselben Fleck, wie vor zwei Monaten, wenn ich es nicht gethan hätte.

Silvia war bei diesen Worten sehr bleich geworden. Also wirklich, murmelte sie kaum hörbar, indem sie Stirn und Augen mit der Hand bedeckte.

Ich wundere mich, daß Dich das so Wunder nimmt, sagte Leo mit unwilligem Kopfschütteln, die Sache war nothwendig, also mußte sie geschehen. Und was war an dem Tropf gelegen? Er hat es nicht besser verdient, dieser elende Bediente seiner elenden Auftraggeber!

Um Gotteswillen! rief Silvia, die Hände in einer plötzlichen Bewegung nach Leo ausstreckend, sprich nicht so! Ich kann Dich nicht so sprechen hören! Du hast den Mann in's Unglück gestürzt, es ist Deine Pflicht, ihn wieder herauszureißen. Er mag ein schwacher, leidenschaftlicher Mensch sein, aber unedel ist er mir nicht erschienen.

Leo lachte bitter. Lehre Du mich den Charlatan kennen, rief er; dieser Thor, der gern den großen Herrn und noch lieber den großen Mann spielen möchte, und zu dem Einen nicht das Geld, zu dem Anderen nicht das Zeug hat. Und wie ich Dir schon sagte, dieser Mensch ist ja nur das Werkzeug, das von anderen Händen geführt wird. Und ich kenne diese anderen Hände.

Du meinst Eve, sagte Silvia mit tonloser Stimme.

Henri und Eve, rief Leo, und dann setzte er durch die Zähne murmelnd hinzu: Ich sollte das vor einer Stunde gewußt haben!

Und Du hast Eve nie geliebt? fragte Silvia nach einer Pause.

Die Worte rangen sich nur schwer aus ihrer Brust, und es war ihr, als ob sie in weiter Entfernung von einer Anderen gesprochen würden.

Nie! rief Leo.

Und hat sie auch nie glauben können, daß Du sie liebtest? fuhr Silvia fort.

Leo's Stirn röthete sich. Wie Du fragst! rief er, ungeduldig mit dem Fuße stampfend, bin ich verantwortlich für alle Träume, die ein Mädchengehirn träumen kann? Und dieses Mädchen ist keine Träumerin, sie spielt und hat von jeher ihr wohldurchdachtes Spiel gespielt. Ein Weib, das sich – und wenn sie wirklich vorher geliebt hätte – nicht dem ersten Besten, sondern wohlweislich einem Fürsten in die Arme wirft, und, wenn er sie satt hat, wieder nicht den ersten Besten, sondern wiederum wohlweislich den Reichsten und Dümmsten in ihrem Netze fängt – eine solche schlaue Menschenfischerin hat sich das Recht der Dame verscherzt. Eine Dirne kann sich nicht wundern, wenn sie als Dirne behandelt wird.

Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet, sagte Silvia sehr leise. Sie athmete tief auf, und ihre Hände sanken kraftlos in ihren Schoß.

Ich sehe jetzt, daß ich sie noch zu gut behandelt habe, fuhr Leo fort; damit Du doch aber die Eve kennen lernst und Dich in Zukunft vor ihren Emissären besser in Acht nimmst, will ich Dir wenigstens die letzte Phase aus dem Leben der Abenteurerin erzählen. Und er sagte Silvia, was sich soeben in der Wohnung Eve's zugetragen hatte. Du siehst, so schloß er, daß sie Carrière machen will um jeden Preis und daß sentimentales Mitleid mit einer so durchtriebenen, scham- und gewissenlosen Kokette die pure Thorheit wäre.

Es ist furchtbar, furchtbar! sagte Silvia.

Aber den Kopf in die Höhe, Mädchen, rief Leo, plötzlich in einen anderen Ton fallend; wer hat uns denn zu Hütern über die Moralität dieser Menschen gemacht! Sie leben, wie sie können, und wir können nicht machen, daß sie anders leben. Wir können sie nur zu unseren Zwecken benutzen, wie diese Zwecke es fordern. Die Chemie weiß aus den unsaubersten Stoffen die feinsten Wohlgerüche herzustellen, und überhaupt für die Wissenschaft existirt nichts Unreines. Das Leben ist eine Wissenschaft, und der lebt elend, der es mit anderem Auge als dem der Wissenschaft betrachtet. Wer es aber so betrachtet, der kann wohl irren, aber ein solcher Irrthum ist nicht schmerzlich, oder wenn er es ist, so ist dieser Schmerz ein ganz anderer, als die öde Qual, die uns aus der sogenannten moralischen Weltanschauung erwächst, mit der man die großen und kleinen Kinder in Schrecken setzt.

Silvia schüttelte den Kopf. Das ist die Philosophie eines Gottes, oder –

Eines Teufels! rief Leo lachend, mag sie doch sein was sie will, wenn Du mir nur zugiebst, daß sie nicht die Philosophie der mittelmäßigen Menschen ist, die gar nicht Menschen heißen würden, wenn sie nicht leider die Majorität wären.

Silvia blickte Leo mit großen Augen an.

Und doch, sagte sie langsam, wie sehr es Deine Zwecke auch förderte, würdest Du nie ein Weib nehmen, das Du nicht von Herzen liebtest.

Leo lachte. Ist das eine Frage, auf die eine Antwort erfolgen muß?

Nein, erwiederte Silvia, ich wollte Dir nur beweisen, wie wenig undurchdringlich der Stahlpanzer Deiner Philosophie ist.

Leo wollte etwas erwiedern, aber in diesem Augenblicke erschien Tante Sara, die ihren Schlafrock von rothem Sammet und die turbanähnliche Kopfbedeckung, welche sie während der Morgenstunden zu tragen pflegte, mit einem Gesellschaftsanzuge vertauscht hatte. Du bleibst doch zu Mittag hier, rief sie, wir wollen einmal ein lustiges Diner haben. Ich führe in meinem Keller ein paar Marken, die auch einem so verwöhnten Herrn, wie Du, gefallen werden.

Leo entschuldigte sich. Er habe versprochen, mit dem General zu speisen, es sei die höchste Zeit, daß er aufbreche.

Silvia hatte, als Leo den Namen des Generals nannte, ihr Gesicht zwischen die Blumen gebeugt, die auf dem Tische standen; jetzt richtete sie sich wieder auf und sagte lächelnd, indem sie Leo die Hand zum Abschied reichte: Amüsire Dich recht gut!

Ja, sagte Tante Sara, und trink' ein paar Gläser Champagner, um die Wolke zu verscheuchen, die auf Deiner Stirn liegt. Gott, Gott! was das jetzt für eine Jugend ist!


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