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Sechstes Kapitel.

In der Klosterkirche war der Vesperdienst zu Ende, der Abt hatte sein köstliches Feierkleid ausgezogen und seine Werktagstracht angezogen, die in einem schwarzen Gewände, über einem weißen Leibrock getragen, bestand und ganz danach angetan war, die stattliche Gestalt, die ihn auszeichnete, in ein höchst vorteilhaftes Licht zu setzen.

In ruhigen Zeiten hätte man sich unmöglich einen bessern Mann als intulierten Abt denken können, denn diese Würde bekleidete Abt Bonifazius,, als diesen verdienten Prälaten. Freilich nahm er es mit sich selbst nicht allzu scharf, sondern ließ gar oft fünf grade sein und überließ sich Gewohnheiten, wie einsame Menschen sie gern annehmen. Zudem war er ein eitler Herr, und wenn ihn jemand, wie es ja auch geistlichen Herren zuweilen passieren soll, einmal hart anließ, dann fing er an, ängstlich zu werden, eine Eigenschaft, die sich freilich weder mit den hohen Anforderungen, die die Kirche an ihn stellte, noch mit dem pünktlichen Gehorsam, den er von seinen geistlichen Untergebenen verlangen mußte, in Einklang setzen ließ. Im übrigen war er ein gastfreier Herr und ein wohltätiger Herr, und seine Ansicht als Privatmann ging dahin, daß es immer klüger und besser sei, mit strengem Vorgehen so lange wie möglich hintanzuhalten. Das lieh sich nun freilich in seiner amtlichen Tätigkeit nicht gut durchführen, und vor allem nicht in solchen Zeiten, wie sie unter seinem Regiment herrschten; indessen wird auch hieraus erhellen, daß er, wie gesagt, auch in andern Zeiten die Obliegenheiten solches hohen Kirchenamts mit ganz demselben Ansehen und ganz derselben Würdigkeit verträumt und vertrödelt haben würde, wie manch andrer Abt und Kirchenfürst im Purpur, der gemütlich und behaglich und doch geziemend sein Leben hinbringt, nachts und nachmittags sein Schläfchen macht und höchstens einmal mit Träumen sich herumplagt.

Aber die schwere Erschütterung, die durch die fortschreitende Reformation im Schöße der römischen Kirche bewirkt worden war, hatte auch den frommen und stillen Abt Bonifazius peinlich in seiner Ruhe gestört und ihm ein überweites Gebiet von Pflichten und Sorgen eröffnet, von denen er vordem nicht die geringste Ahnung gehabt hatte. Da gab es Meinungen zu widerlegen und zu bekämpfen, Bräuche und Gepflogenheiten zu untersuchen und festzustellen, Ketzer ausfindig zu machen und zu prozessieren, da mußten Abtrünnige zurückgerufen, zum Abfall Neigende gestützt werden, da galt es, der Verderbnis der Geistlichkeit zu steuern und die Strenge des kirchlichen Gesetzes wieder herzustellen. Da kamen Sendboten über Sendboten, bald vom geheimen Kirchen-, bald vom hohen Staatsrate, da wollte der Fürstprimas umgehenden Bescheid hierüber, ein Vertreter der Königin-Regentin darüber haben, da wollte einer eine Petition befürwortet haben bei dieser, ein andrer bei jener Behörde, da kamen Anfragen hierüber und Bescheide darüber, da mußten Nachforschungen angestellt werden, bald über dies, bald über andres – kurzum, die Amtsgeschäfte wuchsen dem armen Abt Bonifazius über den Kopf, und der scharfblickende Lordprimas von Schottland erkannte bald die Unzulänglichkeit seines Würdenträgers für die dem Sankt Marien-Kloster anheimfallenden Pflichten und Geschäfte und stellte ihm einen Adlatus in der Person eines Unterpriors aus dem Orden der Cistercienser mit Namen Eustachius, der die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse besaß, nicht allein den Abt vorkommendenfalls zu unterstützen, sondern auch zu vertreten und zu ersetzen, auch ihn zu mahnen an die Erfüllung der Gesetze, wenn es ihm beikäme, aus Gutmütigkeit oder Schwäche dagegen zu verstoßen.

Pater Eustachius trat in dem Sankt Marien-Kloster in ganz der gleichen Rolle auf, die ein alter Feldherr in einem von irgend welchem Prinzen von Geblüt befehligten Heere zu erfüllen hat, der bloß dem Namen nach das Kommando führt, und sich hat verpflichten müssen, ohne den Beirat des ihm an die Spitze gestellten eigentlichen Heerführers nicht das Geringste zu unternehmen, und er trug auch das Geschick solcher Beigeordneten, von ihren Scheingebietern ebenso bitter gehaßt wie herzlich gefürchtet zu werden. Aber der Lordprimas erreichte seine Absicht: es kam Ordnung in die Geschäfte der Abtei, und Pater Eustachius wurde der ewige Gedanke und zuweilen auch der Popanz des würdigen Prälaten, der sich zuletzt nicht mehr getraute, sich im Bett auf die andre Seite zu legen, ohne an die Meinung und Miene des frommen Pater Eustachius zu denken. Bei jedem schwierigen Falle wurde Pater Eustachius zu Rate gezogen, aber kaum war ein solcher schwieriger Fall wieder überwunden, so wurde auch schon wieder gesonnen und getrachtet, wie man ihn loswerden könne. In jedem Schreiben, das der Abt an die vorgesetzten Behörden zu richten hatte, empfahl er den Abt Eustachius zur Berücksichtigung bald dieses, bald jenes wichtigen Kirchenamtes oder dieses Bistums und jener Abtei, und als all diese Empfehlungen von seiner Seite nichts halfen, sondern Pater Eustachius ständig übergangen wurde, um auf seinem Adlatus-Posten in der Abtei Sankt Marien zu bleiben, da fing der Abt Bonifazius langsam an, sich in den Gedanken einzuleben, daß dem Unterprior die Abtei Sankt Marien als eine Art Leibgedinge ausersehen worden sei, und darüber klagte er in seinem Unmut dem Pater Sakristan auch des öftern sein Herzeleid.

Aber noch weit schmerzlicher würde es ihn betroffen haben, wenn er eine Ahnung davon gehabt hätte, daß das Streben des Paters Eustachius auf seine Insul gerichtet sei, die ja, wenn gewisse Vorboten nicht trügten, die von dem Abte selbst weniger ernst, von seinen Freunden jedoch um so ernster genommen wurden, und die auf baldigen Eintritt von Schlagfluß zu deuten schienen, in verhältnismäßig kurzer Zeit erledigt sein konnte. Aber die feste Zuversicht auf seine Gesundheit, die der Abt mit vielen andern geistlichen Würdenträgern teilte, ließ den Gedanken, daß die Zähigkeit des Paters Eustachius damit in Zusammenhang stände, in dem Abte nicht aufkommen.

Weil sich nun der Abt in wirklich schwierigen Fällen mit der Notwendigkeit abzufinden hatte, bei seinem Adlatus sich Rat zu holen, lag der Gedanke für ihn nahe, alle leichtern Amtsgeschäfte ohne dessen Vorwissen zu besorgen. Immerhin wurde er aber auch in diesen Fällen den Gedanken an den Pater Eustachius, was der dazu sagen, wie der darüber denken würde, nicht los. Und so hatte er es auch verschmäht, den Unterprior von der Absendung des Sakristans nach Glendearg zu unterrichten. Als nun aber die Versperstunde herankam und der Sakristan noch immer nicht zum Vorschein kam, da wurde ihm doch sehr unbehaglich zu Mute, und zwar um so unbehaglicher, als sein Gemüt auch von andern Dingen noch schwer belastet wurde.

Die Zwistigkeit mit dem Brückenvogt drohte eine gefährliche Wendung zu nehmen, denn der kriegerisch veranlagte Baron, in dessen Dienst der Brückenvogt stand, konnte sich jederzeit in den Streit einmischen, und von dem Lordprimas waren auch Schreiben höchst unangenehmen Inhalts eingelaufen. Und gleich dem vom Zipperlein geplagten Kranken, der sich auf seine Krücken stützt, die Krankheit aber, die sie ihm aufnötigt, zu allen Geiern wünscht, fand sich der Abt, wenn auch mit Widerstreben, in der unangenehmen Notwendigkeit, den Pater Eustachius nach dem Gottesdienst in sein Haus oder vielmehr in seinen Palast, der einen Teil des Klosters ausmachte, zu bitten.

Abt Bonifazius sah in seinem hohen Sessel, dessen seltsam geschnitzte Lehne in einer Bischofsmütze auslief, vor einem tüchtig lohenden Feuer. Neben ihm standen auf einem eichnen Tische die Ueberreste eines gebratnen Kapauns, den Hochwürden zum Abendbrot verzehrt hatten. Daneben stand eine stattliche Flasche Bordeaux-Wein mit köstlicher Blume. Nachlässig blickte er ins Feuer, sinnend über sein einstiges und über sein zukünftiges Geschick und Glück, hin und wieder auch Kirchen und Türme in die glühende Herdasche mit seinem Stocke zeichnend. Und dann malte er sich aus, in diesen feurigen Bildern die friedlichen Bilder von Dundrennan zu sehen, wo er die Tage verlebt hatte, in denen er noch nicht zu Glanz und Ehre, noch nicht zu Unruhe und Verdruß ausersehen worden war. »Wir waren eine friedliche Brüderschaft,« sprach er bei sich, »die ihre Mönchspflichten regelmäßig erfüllte, und die, wenn einmal menschliche Schwäche unter ihnen sich eindrängte, sich unter einander absolvierte. Was wir im Grunde nur fürchteten, waren die Sticheleien im Konvent, die es dann über einen dummen Streich, den einer von uns gemacht hatte, zu setzen pflegte. Ach, ists mir doch im Grunde, als säh ich den Klostergarten vor mir mit den Birnbäumen, die ich selbst noch gepflanzt habe. Wozu muß, ich mit Geschäften überladen werden, die mich nichts angehen? was soll mir der Titel Mylord Abt?... um mich vom Pater Eustachius am Gängelbande führen zu lassen! Ach, wenn bloß diese Türme die Abtei Aberbrothock wären und Pater Eustachius dort Abt! oder möcht er hier irgendwo im Feuer liegen und schmoren, oder sonst wo stecken, damit ich ihn los wäre! Der Lordprimas behauptet zwar, unser heiliger Vater der Papst habe auch einen Adlatus; wenn der, aber so ist, wie meiner, dann könnt ers doch ganz gewiß nicht acht Tage mit ihm aushalten! Und bekommt denn jemand von ihm Auskunft früher, als bis er ihm unumwunden seine Not bekennt? Mit keinem Wink geht er einem von selbst an die Hand, sondern ist der richtige Geizhals, der erst dann in seinen Beutel greift, wenn ihm die Gabe abgedrungen wird! Und dann werde ich doch auf diese Weise in den Augen all meiner Brüder zum richtigen Popanz, keiner hat noch Respekt vor mir, jeder, sieht mich an, wie unter Kuratel gestellt, wie einen Idioten, der gar keine selbständige Meinung mehr hat und mehr haben darf. ... Nein, das ertrage, wer will! Ich kanns nicht mehr ertragen! ... Bruder Bennett!« ... ein Laienbruder gab Antwort auf seinen Ruf, »sage doch dem Pater Eustachius, ich hätte keinerlei Verlangen mehr nach ihm.«

»Eben wollte ich Euer Hochwürden melden, daß der Pater Eustachius aus dem Kloster herüberkommt.«

»Wenn es an dem ist, dann soll er mir willkommen sein,« erwiderte der Abt, »da, räume diese Dinge weg, oder lege lieber ein Messer her! der fromme Vater könnte ja hungrig sein. – Aber nein, räume doch lieber ab! es ist ja doch keine gesellige Ader in ihm! Bloß, die Weinflasche laß stehen und setze noch einen Becher mit her!«

Der Laienbruder führte diese widersprechenden Befehle aus, wie es ihm geziemend erschien. Er nahm das halb abgeknabberte Gerippe des Kapauns hinweg und setzte dafür zwei Becher neben die Weinflasche.

Und jetzt trat der Pater Eustachius ein.

Es war ein schmaler, kleiner, magerer Herr, mit scharf geschnittnem Profil und stechenden, kleinen Augen, die denjenigen, auf den sie sich wandten, durch und durch zu bohren schienen. Das Fasten, das er mit strengster Gewissenhaftigkeit innehielt, hatte im Verein mit der unermüdlichen Geistesarbeit, der er sich unterzog, seinen Körper intensiv abgemagert.

Mit mönchischer Demut verbeugte er sich vor seinem Vorgesetzten, und wie man sie nun einander gegenüber stehen sah, konnte man sich einen schärfern Kontrast nicht gut vorstellen, als er sich hier in diesen beiden Gestalten zum Ausdruck brachte. Das gutmütige Gesicht des greisen Abtes mit dem rosigen Hauch, den so gern feiste Gesichter annehmen, die heiter blickenden Augen, die selbst die große Bedrängnis der gegenwärtigen Zeit nicht hatte trüben können, und die bleichen, dürren Wangen mit den hohlen, stechenden Augen des Unterpriors, aus denen der forschende, kühne Geist sich so energisch kündete ... wirklich, etwas von schärferem Gegensätze ließ sich nicht vorstellen.

Der Abt eröffnete das Gespräch, indem er den Mönch einlud, sich zu setzen und einen Becher Wein anzunehmen. Das Erbieten wurde mit Demut, doch mit dem Hinweise abgelehnt, daß die Vesper bereits vorüber sei.

»Um des Magens willen,« sagte der Lord-Abt lächelnd. »Ihr kennt ja doch den Wortlaut des Textes.«

»Und doch ist es gefährlich, es allein zu tun und zu so später Stunde,« erwiderte der Prior. »Der Wein ist ein gefährlicher Gesell in der Einsamkeit, und deshalb meide ich ihn.«

Der Lord-Abt hatte sich einen Becher eingegossen, der etwa ein halbes englisches Maß fassen mochte, ließ ihn aber, entweder gekränkt durch die Weigerung oder beschämt über den stillen, in den Worten des andern gelegnen Vorwurf, stehen, ohne ihn anzurühren. Hierauf wechselte er sogleich das Gesprächsthema.

»Der Lordprimas hat uns geschrieben, daß wir in unserm Sprengel die schärfste Nachsuchung halten sollen nach ketzerischem Volk, vornehmlich nach den in diesem Verzeichnis namhaft gemachten Personen, die sich der gerechten Strafe, die über sie verhängt worden, entzogen haben. Es sei wahrscheinlich, daß sie über die Grenzen nach Frankreich zu fliehen beabsichtigen, und in dem Schreiben wird verlangt, ich solle darüber wachen und es verhindern.«

»Allerdings, und so gehört es sich, denn die Obrigkeit soll das Schwert nicht umsonst tragen.«

»Ja, aber wie soll mans denn anfangen?« rief der Abt ungeduldig. ... »O, heilige Jungfrau, steh uns bei! Ich bin doch kein weltlicher Baron, der über Kriegsmarinen gebietet! Der Primas sagt, zieh aus und reinige das Land! halte alle Ausgange besetzt! Ja, du lieber Gott! können denn Mönchskutten und Skapuliere den Weg versperren?«

»Euer Vogt, ehrwürdiger Vater, steht doch im Rufe eines wackern Kriegers, und Eure Vasallen sind zu Kriegsdiensten verpflichtet, wenn es die Verteidigung der heiligen Kirche gilt. Unter dieser Bedingung ist ihnen der Besitz kirchlichen Gutes gewährt worden. Wollen sie diese Bedingung nicht halten, dann gebt Ihr Land an andre Leute!«

»Wir werden nichts unterlassen, was der heiligen Kirche dienen und frommen kann,« erwiderte der Lord-Prior mit Würde, »Du selbst, Eustachius, sollst die diesbezüglichen Befehle an unsern Vogt und an die Lehnsmannen überbringen. Aber dann bleibt noch die leidige Differenz mit dem Brückenvogt und dem Baron von Meigallot. Ach, heilige Jungfrau! wie mehren sich doch die Bedrängnisse über unserm Haupte und der Menschheit! man weiß ja nicht mehr, wohin man blicken, wohin man sich wenden soll! Du sagtest doch, Pater Eustachius, Du wolltest unser Begehr, die gefallsfreie Passage unsrer Wallfahrer betreffend, durchsetzen?«

»Ich habe in den alten Briefen und Urkunden des Klosters nachgesehen,« sagte der Abt, »und habe eine schriftliche, formell verbindliche Urkunde aufgefunden, kraft deren nicht allein die zu dieser Abtei gehörenden Geistlichen oder Brüder, sondern, auch alle diejenigen, die sich als Pilger ausweisen, sowohl dieser Abtei wie der Abtei Ailford, frei sein sollen von Brücken- und andern Abgaben. Die Urkunde ist ausgefertigt am St. Brigitten-Abend im Jahre 1137, mit dem Siegel und der Unterschrift des Karl von Meigallot, der diese Vergünstigung einräumt, gezeichnet. Es war der Ururgroßvater des jetzigen Barons. In der Urkunde steht, daß die Vergünstigung gewährt werde um seines eignen Seelenheils willen wie um des Seelenheils seines Vaters, seiner Mutter, seiner Ahnen und Abkömmlinge willen, so lange es Barone von Meigallot gebe.«

»Aber er sagt, die Brückenvögte seien im Besitz dieses Gefälls und hätten es geltend gemacht seit über fünfzig Jahren. Der Baron droht mit Gewaltmaßregeln. Inzwischen wird die Wallfahrt unsrer Pilger gestört zum Schaden ihres Seelenheils und zum großen Nachteil für unser Kloster. Der Sakristan rät, ein Boot auszusetzen, aber der Vogt, dessen Gottlosigkeit bekannt ist, hat geschworen, der Teufel solle ihn lebendig holen, wenn er ein Boot auf dem Strome seines Herrn leide. Er will es kurz und klein schlagen. Und dann sagen wieder andre, wir täten klüger, die Gefällsforderung des Barons durch eine kleine Pauschalsumme abzulösen.«

Hier wartete der Abt augenscheinlich auf eine Antwort seines Amtsbruders, und da er keine erhielt, fragte er:

»Nun, was meinst Du, Pater Eustachius, warum verhältst Du Dich so schweigsam?«

»Weil mich die Frage wundert, die der Lord-Abt unsers Klosters an den jüngsten seiner Ordensbrüder richtet.«

»Der jüngste der Zeit des Eintritts nach gerechnet, Bruder Eustachius, aber nicht dem Alter und der Erfahrung nach,« erwiderte der Abt ... »zudem der Unterprior dieser Abtei.«

»Ich staune darüber,« sagte Pater Eustachius, »daß der Abt dieses ehrwürdigen Klosters irgend jemand die Frage vorlegen kann, ob er das Erbe unser heiligen Beschützerin schmälern oder gar einem gewissenlosen, vielleicht ketzerischen Baron die Rechte abtreten solle, die sein frommer Ahnherr der Kirche überließ. Das verpönen doch Päpste und Konzilien! Ermannt Euch, ehrwürdiger Vater, und fasset nicht Zweifel an einer gerechten Sache! Zieht das Schwert und richtet es gegen die Gottlosen!«

Der Abt Bonifazius sagte:

»Das ist alles ganz schön gesprochen, wenn man es nicht zu machen braucht; aber ...« hier unterbrach ihn Bruder Bennett, welcher ungestümer, als es sich für einen Klosterbruder geziemt, in das Zimmer hereintrat ... »Der Esel,« meldete er, »auf dem der Sakristan heute morgen ausgeritten ist, kommt eben pitschnaß in den Stall gerannt. Aber der Bruder Sakristan sitzt nicht drauf ...«

»Heilige Gottesmutter!«, rief der Abt, »unser geliebter Bruder ist unterwegs umgekommen!«

»Vielleicht auch nicht,« sagte Pater Eustachius schnell, »laßt die Glocke läuten! die Brüder sollen die Gegend mit Fackeln absuchen! das Dorf soll alarmiert werden! eilt hinunter zum Flusse! ich eile allen voran dorthin!«

In stummer Bestürzung stand der Abt, als er auf einmal inne wurde, daß alles, was von ihm hätte befohlen werden sollen, ausgeführt wurde auf den Befehl des jüngsten seiner Klosterbrüder. Allein, ehe noch einer der befohlenen Schritte zur Ausführung gebracht worden war, erschien der Bruder Sakristan und machte alle Maßregeln unnötig.


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