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Fünftes Kapitel.

Jeder von beiden machte nun, als er mit sich allein war, seine Selbstbetrachtungen. Der Kaiser verwünschte im stillen diesen Nachläufer einer philosophischen Schule des Altertums, der es mit seiner Schlauheit fertig gebracht hatte, ihn zur Heuchelei zu zwingen. »Als Hofnarr,« sprach er leise vor sich hin, »hat er den Anfang gemacht, Herr aller Geheimnisse Unsres Hofes zu werden, dann hat er sich zum Fabrikanten aller möglichen Intrigen und Ränke aufgeschwungen, bis er sich zuletzt mit meinem Schwiegersohne gegen mich zusammentat und meine Leibwache in sein Garn lockte. Es ist wirklich schon so weit gekommen, daß ich mich nur so lange vor ihm sicher fühlen kann, wie er mich für ein Schaf im Kaiserpelze hält, aber wenn ich diesen Kreuzzug erst einmal vom Halse habe, soll er mitsamt seiner Clique, Schwiegersohn, Akoluth usw., alsbald erfahren, daß ich die schafige Rolle bloß gespielt habe, um ihn aufs Eis zu führen, nicht aber, um mich von ihm am Narrenseile führen zu lassen.«

Agelastes dagegen sprach vor sich hin: »Dem Pfiffikus auf dem Kaiserthrone trauen? Das sollte mir gerade beikommen! Nein! nein! er trägt ein bißchen zu kraß auf, als daß man nicht Verdacht schöpfen sollte. Hat er doch schon bei mehr als einer Gelegenheit den seinen Komnenenverstand gezeigt! Jetzt soll er sich einbilden, daß seine imitierten Löwen auf solch einen kühnen Hünen, wie diesen Grafen Robert, Eindruck machen werden? Papperlappapp! er spielt auch diese Komödie bloß, um mich zu äffen! Ich hab's ihm ja angesehen, daß er im stillen bei sich dachte: Mein Agelastes, Dein Kaiser kennt Dich zu gut, um Dir zu trauen! Immerhin, Alexius, die Verschwörung nimmt ihre Entwicklung, und wenn ich mich jetzt zurückziehen wollte, so hieße das nichts anders, als mich selbst in den Löwenrachen liefern, und dazu habe ich denn doch keine Lust! Erst will ich noch zusehen, ob sich dieser Franke in mein Gewebe ziehen, und ob sich mit seinem Beistände Kaiser Alexius zwingen läßt, den Rest seiner Tage in einem Kloster oder einer noch beengteren Zufluchtsstätte zu beschließen. Bringst Du das fertig, Agelastes, dann wirst Du ein Recht darauf haben, Deine Philosophenrolle mit einer Herrscherrolle zu vertauschen; dann wirst Du als ein zweiter Marcus Antonius der Welt den Nachweis führen, daß man zu ihrem Regiment weder ein Tyrann noch ein Sybarit zu sein braucht. Also ans Werk, mein Agelast! handle und wache! So will's die Zeit, und so erheischt's der Ruhm.«

Unterdes sorgten beide für ihren äußeren Menschen in der ihrem Stande angemessenen Weise: der Kaiser, indem er sich von seinem Trabanten in sein herrlichstes aller Prachtgewänder, der Philosoph, indem er sich von seinem schwarzen Leibdiener in einen weißen Burnus stecken ließ, der, so sauber er war, doch für einen byzantinischen Thronkandidaten ganz und gar nicht paßte.

Graf und Gräfin legten ihre schmucksten Rüstungen an: der Leib des Grafen wurde von einem Kettenpanzer vollständig bedeckt, von dessen blau angelaufenem Stahl das reichlich eingelegte Silber grell abstach; von dem unbedeckt gelassenen Kopfe wallten die Lockenmähnen nieder; an den Füßen glitzerten silberne Sporen, vom Nacken hernieder hing der dreieckige, mit vielen Lilien bemalte Schild, – die so lange Zeit hindurch Europas Schrecken waren – und an der Seite hing sein gewaltiges Schwert. Seine Körpergröße paßte ganz zu diesem Kleide, auch das männliche, schöne Gesicht mit dem starken Ausdruck von Zuversicht in die eigene Kraft stand in vorzüglichem Einklang damit. Sein Ehgemahl trug ein kaum minder kriegerisches Gewand: der obere Teil desselben setzte sich aus mehreren tunikaartigen Röcken zusammen, die prall am Körper saßen, aber fußfrei und obendrein aufgeschürzt waren, um nicht bloß dem Fuße, sondern auch dem geschienten Beine Bewegungsfreiheit zu schaffen. Vom Gürtel bis zu den Waden reichte eine reiche, höchst geschmackvolle Stickerei; das Lockenhaupt mit dem männlichen, aber nichtsdestoweniger lieblichen Gesicht wurde von einem Stahlhelm überdeckt, und über die ganze Rüstung hing ein dunkelgrüner Samtüberwurf hernieder, der mit breiten Tressen besetzt war, unten in eine Schleppe, nach oben in eine Kapuze auslief, die den Helm verhüllte, kurz: ein Gewand, so malerisch und doch so energisch, daß es manchem späteren Jahrhunderte noch zur schönsten Zierde hätte gereichen können.

Als die Gräfin aus dem Ankleideraume trat, konnte Graf Robert sich nicht wehren, sie an seine Brust zu ziehen; war er doch noch immer in höherem Maße ihr Liebhaber als ihr Gemahl! Und Gräfin Brenhilde gab ihm gern den Kuß zurück, den er ihr auf die schönen Lippen drückte. Nichtsdestoweniger schalt sie ihn einen Toren und wies ihn auf die Aufgabe mit kühlen Worten hin, die ihnen bevorstand. Es währte nicht mehr lange, so erklang ein schwaches Klopfen an der Tür, die zu den kaiserlichen Gemächern führte zum Zeichen für Agelastes, die fremden Gäste hereinzuführen. Ein dumpfes Löwengebrüll verriet den Beginn der Zeremonie. Von den schwarzen Wachen waren auf den Rat des Philosophen hin nur wenige aufgestellt worden, sie trugen aber sämtlich das reiche, weiße Staatskleid mit den güldenen Ketten, als Abzeichen ihres Standes; in der Rechten hielten sie das blanke Schwert, in der Linken eine brennende Kerze, mit der sie dem gräflichen Paare durch die Gänge, die sie zu passieren hatten, leuchteten.

Die Tür, die zu dem »Allerheiligsten« des byzantinischen Kaiserschlosses führte, war niedriger als alle andern, die der Graf bislang hier gesehen hatte; ein fanatischer Höfling hatte diese Einrichtung noch in letzter Stunde getroffen, um den fränkischen Grafen zu zwingen, in gebückter Haltung vor dem Kaiser zu erscheinen. Aber als sich die beiden Flügel auftaten und Graf Robert im Hintergrunde des Audienzgemaches den Kaiser in seinem strahlenden Ornate sitzen sah, stellte er sogleich die Frage, aus welchem Grunde er durch ein so niedriges Portal geführt würde. Agelastes deutete, um die Antwort zu umgehen, auf den Kaiser; der an dem Portale postierte Sklave aber riß den Mund weit auf zum Zeichen, daß er keine Zunge mehr habe. »Heilige Jungfrau!« rief die Gräfin entsetzt, »was mag der arme Mensch verbrochen haben, daß ihn eine so furchtbare Strafe treffen mußte?« – »Vielleicht ist die Stunde der Vergeltung für solche Missetat nahe,« erwiderte dumpf Graf Robert, während Agelastes schon zum Zeichen seiner Huldigung vor dem kaiserlichen Throne auf den Knieen lag. Graf Robert aber, empört über solchen Versuch, ihn zu einer demütigen Handlung zu zwingen, machte Kehrt und schob sich mit dem Rücken voran in das Gemach hinein, sich erst wieder umdrehend, als er sich kerzengerade in die Höhe gerichtet hatte und die Gräfin sich an seiner Seite befand, die sich auf eine minder rücksichtslose Weise dem kaiserlichen Throne näherte. Auf den Gesichtern der anwesenden Höflinge malte sich Verlegenheit, auf dem Antlitz des Kaisers Bestürzung, auf demjenigen des mit anwesenden Bohemund von Antiochien aber Schadenfreude.

Indessen gab Kaiser Alexius ohne Säumen das Zeichen zum Beginne der Zeremonie: alsbald erhoben die salomonischen Löwen, ihre Mähnen schüttelnd und mit ihren Schweifen wedelnd, ihr Gebrüll, setzten aber hierdurch den fränkischen Grafen in solchen Grimm, daß er, ohne sich zu fragen, ob er wirkliche Geschöpfe oder ein mechanisches Kunstwerk vor sich habe, auf den ihm zunächst befindlichen Löwen zuschritt und ihm mit seiner stählernen Faust einen Schlag wider den Kopf gab, daß er in Stücke zersprang und Walzen, Federn und anderes Gerät über den Teppich hin flogen.

Sobald er inne wurde, daß sich sein Zorn nicht auf ein lebendiges Wesen, sondern eine mechanische Spielerei entladen hatte, fühlte er sich nicht wenig beschämt, trat vor den kaiserlichen Thron und sprach, sich tiefer verneigend, als er es sonst wohl getan hatte, zu Alexius: »Verzeiht mir, Kaiser von Ostrom, daß ich Euch dieses vergoldete Ding zerschlagen habe; der Zauber- und Wunderwerke sind aber hierzulande so viele, daß kein Ritter im stande ist, das Echte vom Falschen, das Wahre vom Erlogen zu scheiden,« – Kaiser Alexius, den seine sprichwörtliche Geistesgegenwart in diesem Momente im Stiche zu lassen drohte, murmelte etwas von einem kostbaren Schatze, dessen Besitz an die kaiserliche Familie von dem alttestamentlichen Könige der Juden übergegangen sei; Graf Robert in seiner Derbheit meinte hingegen, es zieme sich auch für den weisesten Herrscher nicht, seine Untertanen durch dergleichen Hokuspokus in Schrecken oder auch nur sich bei ihnen in Respekt zu setzen. »Und wenn ich mich durch meinen Grimm zu einer voreiligen Handlung hinreißen ließ, so büße ich sie kaum am wenigsten von uns beiden, denn ich habe mir an dem hölzernen Lowenschädel meinen kostbaren Stahlhandschuh zerschlagen!«

Nach einigem Hin- und Herreden über das häßliche Vorkommnis schlug der Kaiser vor, sich in den Speisesaal zu begeben. Vom Truchseß wurden die gräflichen Gäste durch eine endlose Reihe von Gemächern geführt, deren Ausstattung mit allerhand Prachtstücken ihnen einen schicklichen Begriff von der Macht und dem Reichtum des Geschlechtes der Komnenen geben sollte, und da hierzu eine geraume Zeit vonnöten war, blieb dem Kaiser die nötige Zeit, dem höfischen Zeremoniell, das ihm verbot, sich zweimal am Tage einem fremden Gaste in dem gleichen Ornate zu zeigen, gemäß und der eigenen Neigung entsprechend, sich umzukleiden. Um die Zwischenzeit weise zu nützen, ließ er Agelastes zu sich rufen.

»Durch wessen Versehen ist der verschmitzte Bohemund von Antiochien, der halbe Italiener und halbe Asiate, bei dem heutigen Empfange in den Palast gerufen worden?« herrschte er den Philosophen an.– »Soweit ich unterrichtet bin, hat – sofern ich sprechen darf und leben – Truchseß Michael Cantacuzene in dem Glauben, seine Anwesenheit werde gewünscht, den Fürsten geladen: er kehrt aber schon heute abend in das Kriegslager zurück.« – »Um die Herren Kreuzfahrer davon zu unterrichten, daß ihr Tapferster der Tapferen sich in Unserem Schlosse befindet?« fragte höhnisch der Kaiser; »damit Uns recht bald die Kriegserklärung überbracht werde, falls Wir Graf und Gräfin nicht auf der Stelle freilassen?« – »Sofern das Eurer Hoheit Meinung ist, möchte es allerdings geratener sein, die beiden Leute gleich mit dem italienischen Normannen oder normannischen Italiener, wie Ihr wollt, ins Kreuzfahrerlager zurückzuschicken,« erwiderte Agelastes. – »So?« versetzte Alexius, »Wir sollen Uns also jeglicher Frucht aus dem klug ersonnenen Unternehmen gleich im vorhinein begeben? Sollen alles Geld, das wir schon darauf gewandt haben, zum Fenster hinausgeworfen haben? Sollen allen Verdruß und alle Besorgnis umsonst gelitten haben? Nein, Agelastes! unterrichte vielmehr die Kreuzfahrer, daß Wir von der Fortsetzung der Huldigungszeremonie Abstand nehmen wollen, daß sie statt dessen sich von morgen in aller Frühe zur Einschiffung nach der jenseitigen Küste bereit halten mögen; Unserm Admiral aber lassen Wir befehlen, bei seinem Kopfe dafür Sorge zu tragen, daß sich zur Mittagszeit kein einziger Kreuzfahrer mehr auf dieser Seite des Bosporus befindet. Ihr, Agelastes, aber sorgt, daß zu ihrem Empfange auf dem anderen Ufer ein fürstliches Mahl bereit stehe. Haben Wir sie vom Halse, dann wollen Wir der weiteren Gefahr die Stirn zu bieten suchen, sei es, daß wir den Fürsten Bohemund für Uns gewinnen; sei es, daß Wir dem Kreuzfahrerheere offen gegenüber treten, wenn erst ihre Streitmacht zersplittert ist, oder doch ihr Feldhauptmann mit den anderen wichtigeren Anführern sich auf dem andern Ufer befindet. Und nun zur Tafel!«

Inzwischen waren die kaiserlichen Gäste in dem Speisesaale angekommen, dessen Ausstattung ganz die gleiche Pracht aufwies wie alle übrigen Räume, durch die sie geführt worden waren. Auf der Tafel von gewaltiger Länge stand ein fürstliches Mahl, auf den köstlichsten Gedecken und in den köstlichsten Schüsseln; doch seltsam berührte es das fränkische Ehepaar, daß die letzteren auf Schemeln standen, damit sie den beim Essen nach der am Hofe herrschenden Sitte sitzenden Damen und liegenden Herren gleicherweise zur Hand seien. Um die Tafel herum standen Negersklaven in reicher Tracht, um den Dienst bei Tafel zu verrichten; der Truchseß wies den Gästen ihre Plätze mit seinem güldenen Stabe an und bedeutete ihnen, bis auf ein neues Zeichen mit seinem Stabe vor den ihnen angewiesenen Plätzen stehen zu bleiben. Das obere Ende der Tafel war durch einen seidenen Vorhang verhängt, auf den der Truchseß mit sklavischer Unterwürfigkeit den Blick geheftet hielt, bis ein leichtes Wehen verriet, daß sich der Kaiser hinter ihm befinde. Darauf schwang er seinen Stab, der Vorhang teilte sich, und der kaiserliche Thron, um etwa acht Fuß höher als die Tafel, wurde sichtbar. Der Kaiser saß in einem neuen, das frühere an Pracht noch weit überbietenden Ornate vor einem neben den Thron gesetzten kleinen Sondertische; hinter ihm stand seine Gemahlin, seine Tochter und der Cäsar und Schwiegersohn, gewärtig seiner Erlaubnis, sich zu den Gästen der kaiserlichen Tafel zu gesellen. Der Kaiser berührte keine Schüssel, die für die Gäste bestimmt war, und umgekehrt nahm keine Schüssel, aus der der Kaiser sich bedient hatte, den Weg zu seinen Gästen; von den Weinen hingegen ließ der Kaiser wiederholt denjenigen Gästen, denen er besondere Ehre antun wollte – und das waren fast nur die fränkischen Ritter – hin und wieder ein Glas reichen.

Graf Robert ließ keinen Blick von dem Fürsten von Antiochien, der auf dem Wege zum Speisezimmer Gelegenheit gefunden hatte, ihm zuzuraunen, er möge sich bei der kaiserlichen Tafel genau so verhalten wie er, und Sorge tragen, daß sich auch seine Gemahlin hiernach richte, Graf Bohemund, wie schon bemerkt, einer der verschlagensten Fürsten jener Zeit, genoß von keiner Speise, trank auch keinen Schluck Wein, sogar von jenem nicht, der vom Kaiser zur Tafel geschickt wurde. Ein Glas Wasser, das er sich selbst eingoß, und ein Stück Brot, das er aufs Geratewohl aus einem Körbchen, wie ihrer viele auf der Tafel umherstanden, nahm, bildeten seine einzige Nahrung. Er entschuldigte dieses nüchterne Verhalten mit dem heiligen Adventsfeste, das ihm Fasten auferlege.

»Daß Ihr, Herr Bohemund, Uns gerade heute nicht Bescheid tun mögt,« sagte der Kaiser, der in dem Verhalten des Antiochiers weniger Frömmigkeit als Argwohn erblickte, »da Ihr Uns doch die Ehre erwiesen, als Fürst von Antiochien in die Eigenschaft eines Vasallen Unseres Thrones zu treten, berührt Uns, wie Wir nicht verhehlen wollen, höchst unangenehm.« – »Antiochien,« erwiderte Bohemund, »ist nicht erobert, und bei allen Verträgen, die wir eingehen, macht das Gewissen seinen Vorbehalt.« – »Nun, so laden Wir denn,« hub der Kaiser wieder an, »wenngleich es der an Unserem Hofe herrschenden Sitte widerspricht, Unsere Kinder zu einem gemeinsamen Trunke ein, desgleichen Unsere Gäste und anwesenden Kronbeamten.. Wir befehlen Unserem Truchseß, die Becher zu füllen, welche die Namen der neun Musen führen, bis zum Rande, und mit dem Weine, der für Unsere kaiserlichen Lippen bestimmt ist.«

Die Becher, durchweg aus lauterem Golde, wurden gefüllt. Der Kaiser wandte sich zu dem Grafen Robert: »Ihr wenigstens, edler Graf,« sprach er, »werdet Euch Wohl nicht bedenken, Eurem kaiserlichen Wirte Bescheid zu tun? und Eure edle Gemahlin Wohl auch nicht?« – »Die Sünde, heute abend Wein zu trinken, will ich auf mich nehmen,« erwiderte der Graf, »sie wird die Last meiner Sünden wohl nicht zu sehr mehren; ich will auf keinen Fall, daß Ihr meinen sollt, ich hätte Bedenken anderer Art.« – »Und Ihr, Fürst Bohemund?« – »Ich möchte meinen, es sei dem Grafen besser gewesen, sich nach meinem Beispiele zu richten. Doch wie es ihm beliebt! Mich befriedigt schon das Aroma dieses köstlichen Weines.«

Mit diesen Worten schüttete er den Inhalt seines Bechers auf die Dielen, bewunderte aber die kostbare Gravierung des Bechers und schien sich an dem köstlichen Aroma zu laben.

»Die Becher weisen sämtlich eine schönere Arbeit auf, als der berühmte Becher Nestors, von dem uns Homer eine Schilderung hinterlassen hat,« sagte der Kaiser, »und da Euch, Herr Bohemund, die Arbeit so großen Gefallen abgewinnt, biete ich Euch, wie jedem meiner Gäste den Becher, der ihm vorgesetzt worden, mag er daraus getrunken haben oder nicht, zum Andenken an das heutige Festmahl als Geschenk.«

»Wenn ich solches Präsent, mächtiger Kaiser, nicht weigere,« erwiderte Bohemund, »so will ich Euch eben nur zeigen, daß uns einzig und allein die Frömmigkeit hindert, Euch beim Trinken Bescheid zu tun, daß wir darum aber nichts weniger als im Unfrieden auseinander gehen.« Er, verbeugte sich tief vor dem Kaiser, und dieser dankte ihm mit einem Lächeln, das einen recht herben Anflug zeigte.

»Ich aber,« nahm nun der Graf von Paris das Wort, »möchte mir genügen lassen an dem Trunke, den ich aus diesem Becher genommen, und Eure Tafel nicht solches köstlichen Geschirres berauben. Es sei ferne von mir, aus Eurer edlen Gastfreundschaft noch materiellen Nutzen zu ziehen.« – »Ganz, wie Ihr wollt, edler Graf, aber auch ganz, wie Fürst Bohemund es will. Aber hört, die Abendglocke läutet, und wir müssen nun doch wohl der Ruhe gedenken, die uns die Kräfte zum morgigen Tagewerk schaffen soll.«

Die Gesellschaft brach auf; Fürst Bohemund nicht, ohne der Musen zu gedenken, die ihm zum Präsent gemacht worden, wiewohl er sonst von ihnen kein sonderlicher Verehrer war. Was der Kaiser gewollt hatte: zwischen Bohemund und Graf Robert ein gespanntes Verhältnis zu schaffen, war ihm geglückt; denn Bohemund konnte sich nicht verhehlen, daß Graf Robert von seiner Habsucht eine schlechte Meinung gewonnen, und Graf Robert, daß der kühl berechnende Bohemund in ihm einen unüberlegten Draufgänger erblicken müsse.


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