Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XI. Die Bekehrung

Nach jenem Verhör fing der Pastor Schumacher aus Tönning an, mich im Stockhause zu besuchen. Weil er sah, daß ich in der Religion ganz unwissend war, so unterrichtete er mich nach den fünf Hauptstücken des Catechismus. Ich hörte wohl aufmerksam zu, aber ich glaubte nicht an das, was der Prediger mich lehrte. Als wir zum fünften Hauptstück gekommen waren, verlangte ich verstockter Mensch das heil. Abendmahl zu empfangen. Der Pastor aber sagte, ich solle mich hüten, daß ich den Leib und das Blut des Herrn nicht mir zum Gericht empfinge; und noch mit vielen andern Worten sprach er über den würdigen und unwürdigen Genuß des Abendmahls. Obwohl ich davon wenig verstand, so war es mir doch, als wenn diese Worte mir einigermaßen zu Herzen gingen; und ich ließ es dabei bewenden, das Sakrament nicht weiter zu begehren.

Inzwischen hatte ich einen Plan zu meiner Flucht entworfen; in der Nacht vor dem 28sten März sollte er ausgeführt werden; aber er mißlang völlig und ich wurde so viel härter geschlossen. Dieser Vorfall war indeß nicht ohne heilsame Folgen für mich; denn mein Prediger bewies mir, daß es Gott gewesen sei, der meine Flucht gehindert habe; und mich deuchte es auch so; aber ich ward doch meines Glaubens, daß ein Gott sei [es Gott gibt], noch nicht gewiß. Bald nachher gab Gott mir in meinem Gewissen noch ein andres Zeugniß. Es war eben Tönninger Krammarkt; nach seiner Gewohnheit saß der Pastor Schumacher bei mir und unterrichtete mich von Gott. Bisher hatte er noch nicht mit mir gebetet; denn er sagte, er könne kein Herz zu mir fassen, daß ich nicht über das Gebet spotten würde, darum bete er lieber zu Hause für mich. Dießmal aber fing er an, für mich zu beten, und ich lachte heimlich darüber; – da hub unter dem Fenster eine Drehorgel an zu spielen, so daß der Pastor nicht zu Ende beten konnte; – und er schwieg lange; und als es außen still ward, sagte er: Er sehe, daß Gott das Gebet, das er für mich hätte thun wollen, verworfen habe. Das ging mir viel tiefer, als ich's den Prediger merken ließ, in mein versteinertes Herz hinein; und ich dachte: Es ist wahrhaftig ein gerechter Gott im Himmel.

Ich habe einmal vorhin geschrieben, daß ich im Zuchthaus schlimmer war, als die Teufel; denn die Teufel glauben und zittern, und ich glaubte nicht. Jetzt aber fing ich an, an einen gerechten und heiligen Gott zu glauben; aber ich zitterte bei dem Gedanken, weil ich verzweifelte, daß Gott mir je meine schweren Sünden vergeben könne. Ich entschloß mich, zu Gott zu beten, aber nicht um Vergebung der Sünde, denn dazu hatte ich den Muth nicht, sondern nur, daß Er mir die Flucht aus dem Kerker gelingen lasse.

Am 19. Mai machte ich einen zweiten Versuch zur Flucht. Ich entkam auch aus dem Gefängniß und war schon auf freiem Felde; – aber der Schließer war hinter mir [verfolgte mich] und vor mir waren Leute, die im Felde arbeiteten; – so wußte Gott mich leicht zu halten, selbst als ich schon frei war; denn ich fühlte mich schwer zum Laufen und kraftlos, mich durchzuschlagen; und ließ mich ohne Widerstand in den Kerker zurückführen. – Meine Seele war jetzt so verzagt, daß ich den Gedanken faßte, mir selber das Leben zu nehmen. Aber der gnädige Gott wollte nicht, daß ich so verloren gehen sollte. Er fügte es, daß gleich nachher der Prediger zu mir kam und mir stark zuredete, ich solle doch einsehen und erkennen, daß vor Gott gar kein Entrinnen möglich sei, weder in diesem, noch in dem zukünftigen Leben. Das sagte er aber nicht wegen meiner Absicht zum Selbstmord, denn davon wußte er nichts, sondern allein wegen des Mißlingens meiner Flucht; – indeß machte ich über seine Worte mir selber diese Gedanken, daß, wenn ich mich auch entleibte, ich darum doch vor Gott nicht entfliehen könnte.

Am andern Tage wurde ich, wegen des Unfugs, den ich bei'm Ausbrechen gemacht hatte, mit Knutenhieben gezüchtigt, und wurde noch viel härter geschlossen; und meine Kette wurde auch im Fußboden festgemacht, so daß ich mich nur wenig rühren konnte. Bisher hatte der Prediger, so oft er mich besuchte, mich in des Gefangenenwärters Stube bringen lassen; von jetzt an aber kam er zu mir in's Gefängniß.

Nach diesem Tage dachte ich ernstlicher als je über mich und meine Lage nach. Alle meine Pläne zur Flucht waren fehlgeschlagen, obwohl ich glaubte, sie recht klug angelegt zu haben; – und meine Gefangenschaft war nur immer härter geworden. Ich sah ein, daß der Prediger Recht hatte, und dachte viel an die Bibelworte, die er mir gesagt hatte: »Gott, wohin soll ich gehen vor Deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor Deinem Angesicht?« Aber die Lehre von der Buße und Vergebung der Sünden konnte ich noch nicht fassen und glauben.

Der Prediger merkte inzwischen wohl, wie es mit mir stand, und sprach fast gar nicht über meine vielen Missethaten; aber desto mehr über die Hoffnung des ewigen Lebens. »Wir wären allzumal Sünder«, sagte er zu mir, – »und mangelten des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten; – und kein Mensch könne selig werden aus eigner Werke Verdienst, sondern allein aus Gnaden Gottes, und durch die Erlösung, die durch Jesum Christum geschehen ist; – ob aber unsre Sünde auch blutroth wäre, so solle sie doch schneeweiß werden.« – Und vieles andre sprach er, damit ich doch nur Muth fassen mögte zu dem Heiland, der die Sünder annimmt; – und daß Christus ja gekommen sei, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten; und daß Er, der göttliche Erlöser, auch mich noch zu Gnaden annehmen wolle. Und dann las er mir das Gleichniß von dem verlornen Sohn vor, und sprach lange darüber; und noch vieles mehr, was mir überaus tröstlich war. – So lange ich den Prediger so sprechen hörte, dachte ich, Gott könne mir noch vergeben; aber wenn er wieder von mir wegging, so wurde [bekam] ich wieder sehr angst, und könnte mich selber nicht trösten, und weinte und jammerte manchmal die halbe Nacht hindurch, daß mein Kopfkissen naß ward von Thränen. Weil ich so oft Gott gelästert hatte, so fürchtete ich, daß ich nicht zu ihm beten dürfe; und wenn der Pastor, wie er das jetzt oft that, mit mir und für mich betete, so konnte ich nicht dazu kommen, Amen! zu sagen. Indeß befolgte ich doch den Rath des Pastoren, daß ich bei Tage, wenn ich allein war, viel in der Bibel las; und auch im Gesangbuch, vorzüglich von den Gesängen, welche überschrieben sind: Buße und Glaube. Während des Lesens war mir oft recht gut zu Muthe; aber wenn es dunkel ward, und ich mehr an mein voriges Leben, als an den Erlöser dachte, dann ging [fing] meine große Qual wieder an. In meinem frühern Zustande, da ich noch ganz verstockt war, und statt zu Gott zu beten, den Teufel anrief, war ich so traurig, wie jetzt, nie gewesen; und doch hätte ich um Alles [in der Welt] nicht in den Zustand zurückkehren mögen. –

Eines Abends saß ich auf meinem Bette, und weinte bitterlich; denn ich wußte gar keinen Rath mehr; da war es mir, als wenn der liebe Heiland zu mir sagte, daß ich beten solle. Voll Schmerz und Angst warf ich mich platt auf mein Angesicht nieder, und weinte, und flehte zu Gott um Vergebung meiner Sünden. So lag ich wohl eine Stunde lang; da kam es mir vor, als wäre eine schwere Last von mir genommen. Danach legte ich mich zu Bett, und schlief die ganze Nacht ruhig. Ach! so ruhig hatte ich seit vielen Jahren nicht geschlafen. Sobald ich am andern Morgen erwachte, fing ich wieder an zu beten, und las eine Bußpredigt; denn der Pastor hatte mir ein ganzes Buch voll wunderherrlicher Bußpredigten gegeben; daraus habe ich viel Lehre und Trost bekommen; und ich muß wohl sagen, ich habe darin noch tiefer gelesen, und noch mehr Segen darin gefunden, als in der Bibel selber, welche ich nicht allemal verstehen konnte.

Als ich die Predigt zu Ende gelesen hatte, verlangte mich sehr, den Prediger zu sprechen; aber der Pastor Schumacher war damals verreist, und hatte den Pastor Havenstein aus Cating bitten lassen, mich zu besuchen, bis er zurückkäme. Herr Pastor Havenstein war auch fünf- bis sechsmal bei mir, und hat mir sehr ernst und tröstlich zugesprochen.

Als nach einigen Wochen der Pastor Schumacher von seiner Reise zurückgekehrt war, bat ich ihn, daß er mir das heil. Abendmahl geben mögte. Da hat er mir aber sehr hart zugesetzt, daß ich zuvor Gott bitten müsse um ein aufrichtiges Herz; denn so lange ich vor der Obrigkeit meine Schuld verleugne, könne ich von dem Abendmahl keinen Segen erwarten. Aber ich glaubte, daß der Prediger zu hart mit mir verführe; denn erstlich konnte er doch nicht ganz gewiß sein, daß ich die Mordthat begangen hatte; und zweitens glaubte ich, daß ich bei Gott wohl Gnade haben könne, ohne meine Schuld gegen die Menschen bekannt zu haben. Und ich sagte dem Pastoren, ich hätte der Obrigkeit nichts zu bekennen; er aber antwortete mir, so hätte er auch kein Abendmahl für mich. Diese Worte erschütterten mich so sehr, daß ich anfing, zu weinen; es war das erste Mal, daß ich im Beisein des Pastoren geweint habe; denn ich machte mich immer sehr hart, weil ich glaubte, es würden die Thränen leicht als Eingeständniß meiner Schuld angesehen werden. Ich wollte durch äußerliche Ruhe den Pastoren von seiner Ueberzeugung meiner Schuld abbringen. Diese Absicht [Dieses Ziel] hatte Hinz auch fast bei mir erreicht. Von dem, was in seinem Innern vorging, verrieth er nur wenig; und wenn er manchmal auch die Schmerzen der Buße nicht vor mir verbergen konnte, so gab er als Ursache seinen lasterhaften Lebenswandel im Allgemeinen an; aber den Mord leugnete er standhaft. Ich wurde irre an ihm; es konnte wahr sein, daß er der Obrigkeit nichts zu bekennen habe. Ich fürchtete, in der Verweigerung des Abendmahles doch zu weit gegangen zu sein. Seine Thränen, die ersten, die ich aus diesen verhärteten Augen fließen sah, rührten mich. Ich sagte ihm, daß ich auf seine Verantwortung und Gefahr ihm das Abendmahl geben wolle. Dießmal aber konnte ich mich nicht so beherrschen; und als der Prediger mich so weinen sah, gab er nach, daß ich das Abendmahl empfinge. – Ich hatte indeß nicht den Segen von dem Genuß des heil. Abendmahles, den ich erwartet hatte; ich hatte geglaubt, dadurch der Vergebung meiner Sünden gewiß, und in meinem Gewissen beruhigt zu werden; aber ich hatte mich geirrt, und der Pastor hatte Recht.

Ich that mir alle Gewalt an, meiner bösen Gedanken los zu werden: aber vergeblich. Es verging kein Tag, an welchem nicht die Erinnerung an meine Verbrechen mich quälte; und Nachts ward ich von bösen Träumen geängstigt. Daraus erkannte ich, daß ich noch weit davon entfernt war, Vergebung der Sünden zu haben; und war oft nahe daran, ganz wieder an der Gnade Gottes zu verzweifeln. – Der Prediger mußte meine große Niedergeschlagenheit bemerken; und nach einiger Zeit sagte er mir geradezu [ganz direkt], wie es mit mir stünde. »Carsten,« – sagte er – »das Abendmahl hat Dir, obwohl nun schon zwei Wochen darüber vergangen sind, keine Ruhe gebracht; darum bin ich gewiß, daß Dir noch eine geheime Schuld auf dem Herzen lastet; aber Du wirst nie und nimmer Frieden mit Gott erlangen, bis Du Dich entschliessest, eben so aufrichtig, wie vor Gott, auch nun vor der Obrigkeit, Alles zu bekennen, was Du von dem Verbrechen in Hamann's Hause weißt. Du weißt, daß geschrieben steht: die Obrigkeit ist von Gott. Gott hat sie eingesetzt, daß sie Recht und Gerechtigkeit auf Erden in seinem Namen ausrichten soll. Bezwinge die fleischliche Furcht, die Dich abhält, zu bekennen. Es ist wahr: »Wer Blut vergießt, des Blut soll wieder vergossen werden;« und »die Obrigkeit führt das Schwerdt nicht umsonst.« Aber »fürchte Dich nicht vor denen, welche Deinen Leib tödten können; fürchte Dich aber vor Gott, welcher Dir Leib und Seele in die Hölle verderben kann.« Richte Dich selber, damit Du nicht dermaleinst gerichtet werdest. Wenn Gott Dich hier züchtigen will, so widerstrebe ihm nicht, damit Er dermaleinst dort oben Dich loslassen könne.«

Ich habe alle diese Worte, die der Pastor zu mir sprach, recht gut behalten; denn sie machten einen starken Eindruck auf mich; und ich wußte ja auch, daß es eigentlich nicht des Predigers, sondern Gottes Worte waren. Ich nahm mir auch seitdem oft vor, daß ich bekennen wollte; aber im nächsten Augenblick entfiel mit der Muth wieder.

Solche schweren Kämpfe im Gewissen habe ich von dem Tage an, da ich zuerst zu Gott betete, etwas länger als ein Jahr ausgehalten. Es war mir, als ob der gute und der böse Geist um mich stritten, wer mich haben sollte, und mich hierhin oder dorthin rissen. O, wie oft habe ich gebetet und gezittert, wenn der Diener Gottes so vor mir saß, und in mich drang, daß ich der Wahrheit nicht widerstreben, und mich hüten solle vor der Sünde gegen den heil. Geist, welche nicht Vergebung finden könne, weder in diesem, noch in dem andern Leben. Zuletzt, es war am Buß- und Bettage, da der Prediger mich besucht, und mir lange sehr hart zugesetzt hatte, und mich viel gebeten und ermahnt hatte, daß ich doch nicht den Fluch, sondern den Segen erwählen, und doch zusehen solle, meine Seele zu erretten, weil es noch Zeit wäre; – da war ich aus aller Fassung, und ich dachte, wenn ich noch widerstünde, so wäre dies die Sünde gegen den heil. Geist; – und über diesen Gedanken konnte ich nicht wieder zur Ruhe kommen. Am andern Tage verlangte ich nach dem Prediger; aber mir wurde gesagt, daß er krank zu Bett läge, und nicht zu mir kommen könne. Da bekam ich eine fürchterliche Angst über mich; denn ich dachte: das kommt von Gott, daß in dieser meiner Noth kein Diener des Wortes mehr zu mir kommen soll, darum, weil ich gegen sein heiliges Wort so lange mich verhärtet habe.

Vier Tage hielt ich diese entsetzliche Angst aus. Ich sprach in den Tagen viel mit einem andern Gefangenen, und mit dem Gefangenenwärter; aber diese Gespräche trieben meine Angst nur immer höher. Als es am Abend des vierten Tages mit mir auf's Aeußerste gekommen war, warf ich mich platt auf die Erde nieder und flehte zu Gott, daß Er mir zu einem freimüthigen Bekenntniß vor der Obrigkeit Kraft geben wolle. Und der gnadenreiche Gott erhörte mich; – ich weiß nicht, wie lange ich noch lag zu beten; aber als ich aufstand, hatte ich den festen Willen, am nächsten Morgen ein vollständiges Bekenntniß abzulegen. Und Gott gab nicht allein das Wollen, sondern auch das Vollbringen. Es ward spät, ehe ich einschlief; aber ich schlief ruhig; und als ich am andern Morgen erwachte, war mein erster Gedanke: das Bekenntniß. Ich rief den Schließer, und trug ihm auf, daß er sogleich das Gericht bitten solle, zu mir zu kommen; und ich gestand vor demselben Alles, was ich gethan habe.

Als ich wieder allein war, las ich das Gleichniß vom verlornen Sohn wohl vier- oder fünfmal durch, und beim Lesen ward mein Herz ganz ruhig; und ich habe Gott auf meinen Knien gedankt, daß Er mir so beigestanden hatte. – Ich bin nachdem noch mehre Male im Verhör gewesen, weil noch Vieles zu fragen war, und ich habe alle und jede Frage nach der Wahrheit geantwortet. Das Härteste war mir, als sie mich nach dem Beil fragten, und ich sagen mußte, daß meine Eltern es versteckt hätten. Wenn aber Gott will, daß ihnen darum ein Leid widerfahren soll, so will ich bitten, daß es ihren Seelen zum Heile sein werde.

Bald nach dem Bekenntniß kam auch der Prediger wieder zu mir. O, wie ganz anders konnte ich ihm jetzt in die Augen sehen, und er war auch gegen mich nun ganz anders; er gab mir die Hand und wir konnten beide lange Zeit kein Wort sagen. Danach aber wünschte er mir Glück und fragte mich, wie ich es denn nun hätte? »Viel besser«, sagte ich, »ich habe mir frivol manchmal eingebildet, Frieden mit Gott zu haben; aber das war doch nichts. Ich habe erfahren, was das hilft, mit Furcht und Zittern seine Seligkeit schaffen; ich habe viel ausgestanden; aber nun ist es ganz gut.« – Da beteten und dankten wir mit einander und weinten vor Freude. Ich stehe nun auch ganz anders mit dem Prediger. Früher hörte ich bloß zu und sprach wenig; nun spreche ich viel mit ihm und sage ihm Alles, wie ich es von Anfang bis auf diese Stunde gehabt habe; und bekenne ihm Vieles über den frühern Zustand meines Gewissens, was nicht eben Alles hier braucht geschrieben zu werden.

Ich bin nun ganz gewiß, daß ich Vergebung aller meiner Sünden habe; und das sage ich nicht, weil der Prediger es mich versichert, sondern weil ich es selber fühle; und ich zweifle auch nicht, daß Christus, der dem Tode die Macht genommen und Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat, mir armen Menschen Kraft geben wird, wann meine Stunde kommt, mein schuldiges Haupt ruhig unters Beil zu legen. Ich wünsche mir, daß mein Urtheil und meine Erlösung aus diesem Leibe des Todes bald kommen mag; denn ich habe nun Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein, welches mir auch viel besser wäre. Dann wird mein Herz erst völlige Ruhe haben und meine Seele wird eingehen zum ewigen Frieden. Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und daß Er, als Fürsprecher, mich bei Gott vertritt. Wenn Gott, der Anfänger und Vollender meines Glaubens, mich davon nicht gewiß gemacht hätte, so wäre ich der Elendste unter allen Menschen. Aber Gott sei gelobt, durch Jesum Christum hoffe ich nun über ein Kleines [in kurzer Zeit] von allem Uebel erlöst zu sein, und hoffe hin zu gelangen nach dem himmlischen Jerusalem, und zu der Menge vieler tausend Engel, und zu der Gemeinde der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über Alle, und zu den Geistern der vollendet Gerechten. Dazu, dazu hilf mir, mein Erlöser, und laß mich treu beharren, bis ans Ende! Laß mich durch Glauben Dein sein, und Dein bleiben; dann darf ich bald mit jenem Heiligen sprechen: Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!

Es segne uns Gott, unser Gott! Es segne uns Gott immerdar; und alle Welt fürchte ihn! Die Erde müsse voll werden der Erkenntniß des Herrn! Amen!

Geschrieben in der Gefangenschaft, in Tönning, den 16. Juli 1843.

Carsten Hinrich Hinz.


 << zurück weiter >>