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Vorbemerkungen des Herausgebers

Der Mord, den Carsten Hinrich Hinz (geb. am 28.8.1815 in Witzwort) in der Nacht zum 25.10.1841 in Oldenswort verübt hatte, schlug damals hohe Wellen: Selbst der dänische König besuchte Hinz, der bereits kurz nach der Tat in Verdacht geraten und ins Gefängnis nach Tönning gebracht worden war. Seelsorgerisch betreut wurde Hinz von dem dortigen Pastor Gustav Schumacher (geb. am 20.1.1802 in Husum) und zeitweilig auch von Pastor Havenstein aus Cating. Schumacher gelang es erst am Buß und Bettag (12. Mai) 1843, Hinz nicht nur zum Glauben an Gott zu bekehren, sondern ihn auch zu bewegen, ein Geständnis abzulegen. Danach verschaffte Schumacher dem geständigen Mörder Papier und Stift, um seine Lebensgeschichte, seine Tat und seine Bekehrung zu Gott zu Papier zu bringen. Im Oktober 1843 fand im »landschaftlichen Hause«, dem Gerichtsgebäude in Tönning, der öffentliche Prozess statt. Das Urteil blieb jedoch geheim, bis es an das »Ober-Criminalgericht«, dann an das »Ober-Appellationsgericht« und schließlich an den König weitergeleitet wurde, der erst nach fünf Monaten seine Entscheidung traf. Am 3. April 1844 fand die Urteilsverkündung statt. Das Gericht hatte Hinz zum Tod durch Rädern verurteilt, der König milderte das Urteil allerdings ab in Enthauptung durch das Beil. Am 16. April wurde das Todesurteil auf dem Robbenberge in Tönning vor mehr als tausend Schaulustigen vollstreckt. Bald darauf veröffentliche der Geistliche das von Hinz in der ›Todeszelle‹ verfasste Buch unter dem Titel »Das Leben, das Verbrechen und die Bekehrung des Mörders Carsten Hinz, von ihm selber aufrichtig erzählt, mit einigen Zusätzen herausgegeben von Gustav Schumacher, Pastor in Tönning«. Das jetzt neu aufgelegte und überarbeitete Buch erlebte seinerzeit mehrere Auflagen, ist im Original aber sehr selten. Es beschreibt die letzte Hinrichtung auf Eiderstedt und nach Eiderstedter Recht und enthält zum Teil scharfe Gesellschaftskritik: Gefängnisse sollten laut Schumacher eigentlich Besserungsanstalten seien, doch erst dort wurde aus einem ›Taugenichts‹ ein Mörder.

M.-G.-Schmitz-Verlag / Nordstrand

Zu dieser Neuauflage

»Gedruckt bei P. S. Schönfeldt« in Itzehoe, erschien 1844 ein in vielfacher Hinsicht bemerkenswertes Buch: Autor – Carsten Hinrich Hinz – war ein wegen Mordes in Tönning zum Tode verurteilter Strafgefangener; Thema neben einer Art ›Autobiographie‹ des Täters dessen grauenhafter Mord; und Herausgeber jener Tönninger Pastor Gustav H. L. Schumacher, der Hinz im Gefängnis zum Verfassen dieses Buches ermuntert, ihn dabei unterstützt und von der »Untersuchungshaft« an bis zur Enthauptung auf dem Robbenberg Hinz als Seelsorger begleitet hatte.

Zudem prangerte ein Pastor die Missstände im Strafvollzug an und übte scharfe Gesellschaftskritik: Der Mörder Hinz war keineswegs ›als Verbrecher geboren worden‹; zunächst hatte nur schlechte Erziehung ihn zu einem ›Taugenichts‹ werden lassen, doch zum Mörder wurde er erst durch die Strafanstalten, »welche Verbesserungsanstalten sein sollten«.

Detailliert beschrieben wurde auch, wie 1844 die letzte Hinrichtung auf Eiderstedt und nach Eiderstedter Recht stattfand – und wie es dem evangelischen Pastor Schumacher (unterstützt durch Pastor Havenstein in Cating) gelang, einen Mörder zur Bekehrung zu Gott und zum Geständnis seiner Tat zu bewegen.

Obwohl dieses Buch mindestens drei Auflagen erlebte, ist das Original sehr selten, zudem in der inzwischen schwer lesbaren altdeutschen Schrift gedruckt und es enthält eine Reihe heute schwer verständlicher Passagen und Begriffe. In dieser Neuauflage wurden bewusst der damalige Stil und die damalige Rechtschreibung beibehalten, das Schriftbild jedoch den heutigen Erfordernissen angepasst und, wo es sinnvoll erschien, früher gebräuchliche Begriffe und Formulierungen kurz erläutert; der Buchtitel wurde ›aktualisiert‹: Anders als heute waren ›Carsten Hinz‹ und seine Tat seinerzeit weithin bekannt; selbst der dänische König hatte den ›prominenten‹ Häftling im Gefängnis zu Tönning besucht.

Zum Herausgeber sei kurz vermerkt: Vgl. Joachim Conrad: Schumacher, Gustav, Heinrich, Ludwig; in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XXIV (2005), Sp. 1311-1316. Gustav Heinrich Ludwig Schumacher wurde am 20. Januar 1802 in Husum geboren. Nach Theologiestudium und Vikariat trat er am 28. 8. 1838 sein erstes Pfarramt in Tönning an. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er einen zweibändigen historischen Roman aus der Zeit des 10. Jahrhunderts, »Gorm der Grausame, König von Dänemark«, Ein Exemplar findet sich in der Bibliothek der Humboldt-Universität (Berlin), Signatur Ling. 9178. veröffentlicht. Während 1844 Hinz' posthume Veröffentlichung durch Schumacher »lediglich« obrigkeitskritisch war, galt »Gorm der Grausame« sogar als radikale Abrechnung mit der dänischen Herrschaft. 1848, unter König Friedrich VII. von Dänemark, wurde Schumacher drei Tage lang in Friedrichstadt gefangen gesetzt, kehrte zwar 1849 nach Tönning zurück, wurde aber im November 1850 von den Dänen aus dem Dienst entlassen und kam in Arrest nach Odense. Ab März 1851 lebte er dann einige Monate lang unter Polizeiaufsicht bei seinem Bruder in Flensburg. Später bekam er eine Pfarrstelle in Gersweiler/Saar. Ende April 1860 wurde er in den Ruhestand versetzt. Er starb am 26. Januar 1863 in Barmen.

Manfred-Guido Schmitz


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