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Pulver und Blei

Erstes Kapitel.

Seit den Ereignissen, welche wir im vorhergehenden Buche erzählten, sind drei Jahre verflossen. Diese Jahre haben eine reiche Geschichte voll großartiger Wechsel, voll welterschütternder Begebenheiten. Die französische Revolution hat während derselben den bekannten Verlauf genommen, der gegen die junge Republik die Herrscher Europas zu den Waffen rief und die blutigen Coalitionskriege zur Folge hatte. Der erste dieser Kriege verwüstet den Schauplatz unserer Erzählung, den wir im ersten Buche geschildert haben. Die fruchtbaren Fluren und gesegneten Aecker der Baronin Schwalborn sind niedergetreten vom Hufschlag französischer Rosse. Die republikanische Sambre- und Maasarmee ist bis über den Rhein vorgedrungen, geführt von den Feldherren Jourdan und Kleber. Die französischen Krieger verkündigen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, aber ihre Thaten strafen ihre Proclamationen Lügen, denn Bedrückung, Plünderung, Uebermuth folgen ihnen, und die Bevölkerung zittert, wenn sie am Horizonte die dreifarbigen Fahnen auftauchen sieht. Lüttich, Trier sind unbarmherzig geplündert worden; der Bildsäule Karl's des Großen im Dom zu Aachen ist die französische Jacobinermütze aufgesetzt, in Köln und Bonn prangen Freiheitsbäume, in den Lagern der Revolutionstruppen tanzen trunkene Sansculotten des Nachts vor Gefäßen mit entzündetem Branntwein, um den Cultus der blauen Flamme zu begehen, welche das Symbol ihres être suprême ist.

Es war im Herbst des Jahres 1795, in den letzten Tagen des Septembers. Ein duftiger Nebel lag auf den abgeernteten Aeckern und Wiesen der weiten Ebene, welche sich zwischen Sieg und Wupper ausdehnt, westlich vom Rheine, östlich von den bergischen Höhenzügen eingefaßt. An der Stelle, wo in diese Ebene das freundliche waldreiche Aggerthal einmündet, schritten zwei Gestalten rüstig den Fahrweg entlang, der in das Thal hinaufführt. Es war Abend, die ersten Sterne begannen sichtbar zu werden, die offenen Bauerhäuser zeigten im dunkeln Hintergrunde die rothen Herdflammen für das abendliche Mahl, auf den Bauerhöfen sah man ländliche Gruppen und idyllische Bilder, die melkende Magd und den galanten Knecht, der ihr die ungeduldige Kuh bei den Hörnern hält, junge Bauerburschen, die auf den Kämpen zusammenstehen, alte Leute, die vor den Häusern sitzen und plaudern. Der tiefe Friede ländlicher Stille liegt über die abendliche Landschaft ausgegossen, und doch sind die Gedanken aller dieser Menschen mit nichts Anderem beschäftigt, als mit Krieg, Schlachten, Blutvergießen. Auf allen Gesichtern ist die Spannung ausgedrückt, welche das Bewußtsein, sich wichtigen Ereignissen nahe zu befinden, hervorruft. Auch unsere beiden Wanderer reden von Krieg, von feindlichen Heerscharen, vom Ausgange bevorstehender Schlachten.

Wir wollen sie näher ins Auge fassen. Der Eine von ihnen ist ein alter Mann mit steifer, aufrechter Haltung, stelzendem Gange und stattlichem Zopf, in der Kleidung eines wohlhabenden Bürgers; die andere Gestalt ist eine Frau, ein curioses Exemplar von alter Jungfer, der Kleidung nach eine Haushälterin oder ähnlichen ehrsamen Berufs im Leben. Sie ist groß und dürr, und da nach der Sitte jener Tage die Taille ihres grünen Sergekleides unmittelbar unter den Armen angebracht ist, so bildet ihr Unterkörper geradlinig, nach dem Lineal gezeichnet, wie er ist, die auffallende Erscheinung eines vollständigen wandelnden Cylinders. Dem Gesicht läßt sich höchstens das nachrühmen, daß es mit der Gestalt in Harmonie steht: kleine funkelnde Augen, eine sehr rothe Nase sind seine hervorstechendsten Bestandtheile, dazu ein stark hervortretendes Kinn, welches die Idee erweckt und durchaus nicht wieder zurückdrängen läßt, es müßte ein stattlicher Bart an diesem Kinn vortrefflich Platz finden.

Ich meine, ich höre Hufschläge, sagte diese Person, indem sie stehen blieb und die Hand auf den Arm ihres Begleiters legte.

Sie waren an der Stelle des Weges angekommen, wo dieser mit einer scharfen Wendung in das Thal einbog.

Nur muthig voran, versetzte der Andere, ohne sich aufhalten zu lassen; wenn uns auch das Gros der französischen Armee begegnete – die Franzosen sind ja galante Leute und ich schwöre Ihnen, Sie tragen Ihren Strohhut mit den blaßrosaseidenen Bändern mit einer Anmuth, daß ein französisches Herz Ihnen nicht widerstehen könnte!

Die Dame schien durch diese Schmeichelei nicht besonders beruhigt, aber sie schritt weiter und machte dabei so lange energische Schritte, wie eine sechsfußhohe Engländerin.

Erzählen Sie weiter! sagte der Mann mit dem stelzenden Gange. Wie sieht denn solch ein Freiheitsbaum eigentlich aus?

Es ist eine unermeßlich hohe Stange, dreifarbig angestrichen und oben über einem dichten Büschel grüner Zweige und Bänder und Wimpel eine Jacobinermütze. In Mannshöhe ist eine Tafel mit der Inschrift: »Paix aux peuples, guerre aux tyrans« befestigt. Rechts und links steht – eine Pike, in die Erde gerammt, daneben. Also ein Baum ohne Wurzeln und ohne Saft!

Ja wohl, ohne Wurzeln! und schlechtes Holz dazu! Es ist Pappelholz, weil die Pappel peuplier heißt; jacobinische Philologie interpretirt das: Baum des Volks!

Närrische Kerle! Und was machten sie weiter in Köln?

Nachdem sie in der Jesuitenkirche, die jetzt Temple de la raison heißt, eine Hymne gesungen, ordnete sich der Zug aufs neue, die Commissaire des Convents, der Ordonnateur général, die Clubs, die Municipalität mit dem Maire, die Offiziere, Kinder und weißgekleidete Jungfrauen mit grünen Zweigen, das Alles hüpfte, stelzte einher, ließ Würde und Grazie spielen, wahrhaftig, seit David vor der Bundeslade tanzte, ist solch ein lustiger Zug nicht mehr gesehen worden. Als sie auf dem Neumarkt angekommen waren, ordneten sie sich auf Estraden, welche den Freiheitsbaum umgaben. Ein Subject, das sich ehemals mit Stundengeben ernährte und das jetzt sein bischen Französisch aufs Allervortheilhafteste anzubringen gewußt hat, trat als Präsident von irgend einer Behörde von Narren auf und hielt eine Rede, von der ich kein Wort verstanden habe, so pathetisch und schön war sie; Ströme von Tyrannenblut und von Milch und Honig für die Völker flossen darin umher, dicht neben einander.

Sie hatte also Fluß, die Rede! unterbrach der Andere.

Dann kam, fuhr das Wesen im grünen Sergecylinder fort, ein junger Advocat, der sich Modérateur du Cercle cconstitutionnel schimpfen läßt, und redete in deutscher Sprache. Wenn man ihn hörte, war das goldene Zeitalter angebrochen, alles Gebrechen und Elend dieses irdischen Jammerthals ist abgeschafft, und ich muß sagen, ich würde es diesen Leuten auch sehr übel nehmen, wenn es nicht geschehen wäre! Es kostet sie ja nur einen Tagesbefehl, ein Bulletin, einen Federzug! An allen Straßenecken sah man's. Da waren Ordonnanzen, Proclamationen, Decrete, eins über das andere. Etwas Papier, etwas Druckerschwärze darauf, Liberté, Égalité, Fraternité, und ein französischer Soldatenname mit dem Generalstitel darunter – damit ist's abgethan. Was wir Dummköpfe für unumstößlich fest und ewig gehalten, wie den Lauf der Sonne – fort ist's! Schlecht ist gut und gut ist abgeschmackt, Treue Verrath und Verrath Bürgertugend u. s. w. – ja, lieber Herr, wir waren unser Leben lang Esel, das ist sicher!

Und womit schlossen sie ihr Fest?

Sie hatten während der letzten Rede einen großen Scheiterhaufen entzündet. Als der »Modérateur« geschlossen, traten die Schulknaben an die Flamme, jeder trug irgend ein Symbol, eine Krone, eine Inful, einen Bischofstab, ein Kreuz, einen Reichsapfel, das warfen die Jungen in das Feuer, die andern riefen Hurrah und ließen die Freiheit leben und umarmten sich in der Freude ihres Herzens. Darauf wurde ein mit bunten Bändern und Blumen geschmückter Pflug von Ochsen herangezogen, welche mit Zierathen bedeckt waren und deren Hörner man mit Schaumgold überklebt hatte. Damit wurde dann mit großem Aufwande von Ernst und Würde der Boden des freien Platzes umgepflügt, auf welchem das Fest stattfand. Was das bedeuten sollte, ist mir nicht klar geworden. Daß die Republik Vieles umkehrt, wissen wir; kehrt sie aber auch noch die Schollen der Wege und Straßen um, so scheint sie mir für einen Menschen, der zu Fuß geht, eine sehr unbequeme Staatsform! Endlich kehrten sie heim, um ein »Banquet civique« zu halten, wobei dann in später Nacht unter dem Tisch das große Freiheitsfest ein stilles Ende fand.

Daß der alte Fritz nicht mehr lebt! Dem hätte ein solcher Scandal nicht passiren dürfen zwischen einem Ende von Europa und dem andern! sagte der steife Alte kopfschüttelnd. Es ist aber sonderbar. Nimmt man die Menschen einzeln, so sind sie so vernünftig; treibt man sie aber in eine Heerde zusammen, so ist es gleich, als ob der Teufel in die Säue von Genezareth führe! Uebrigens ist mir jetzt auch, als ob ich Hufschläge hörte!

Und Pferdegewieher, meiner Seele! stieß die Person in grüner Serge aus.

Beide standen eine Weile und hielten lauschend den Athem an. Ein leichter Nachtwind wehte ihnen aus dem Thale entgegen und trug deutlich den Schall einer nahenden Reiterschar an ihr Ohr.

Nur voran – nur keine Furcht gezeigt, Meister Tafelmacher!

Meister Tafelmacher – denn der war es, Herr Benedict Tafelmacher, der Verwalter von Schwalborn, der sich in Weiberkleider gesteckt hatte und in so auffallendem Costume des Weges wanderte – Meister Tafelmacher schien anderer Meinung. Er sah sich nach einem Versteck um, und als er einen dichten Busch Krüppelholz am Abhange der nächsten Höhe entdeckte, deutete er darauf hin und sagte:

Ich möchte unmaßgeblich rathen, von dort aus das Schauspiel ihres Vorüberzugs zu genießen. Kommen Sie, Hauptmann Zerrwitz.

Unser alter Bekannter, der Hauptmann, nahm diesen Vorschlag äußerst übel auf.

Kreuzschockschwerenoth, Sie werden doch nicht glauben, daß ich mich aus Angst verkriechen werde, Herr!

Das dumpfe Traben einer Schar Pferde kam schnell näher.

Der Verwalter nahm sein Sergekleid bis zur furchtbarsten Unanständigkeit hoch in die Höhe und setzte mit einer komischen Behendigkeit den Bergabhang hinauf, um sich hinter den Strauch zu ducken, den er ausfindig gemacht. Der Hauptmann fluchte und wetterte grimmig ihm nach; im Grunde jedoch war er von der Furcht seines Begleiters angesteckt, und er würde sich vielleicht eben so gern unsichtbar gemacht haben, hätte er sich nicht geschämt. In der That war mit einem französischen Streifcorps nicht zu scherzen. Diese patriotischen Krieger waren oft von einem unbändigen Uebermuth beseelt, und wenn sie dem Hauptmann auch keine Mishandlungen zufügten, so konnten sie ihn doch als Wegweiser requiriren, oder mit ihm ein summarisches Verhör über politische Grundsätze anstellen, und Zerrwitz wußte nicht, was ihm unangenehmer gewesen wäre. Unschlüssig und schwankend stand er da: schon wurden die vordersten der herankommenden Reiter sichtbar – Zerrwitz schwankte nun nicht länger, er folgte seinem flüchtigen Gefährten nach und kletterte die Anhöhe so eilig hinan, daß er nach wenig Augenblicken neben dem Herrn Tafelmacher hinter dem Strauche saß!

Grundgütiger Jesus, sagte dieser, indem er sich gegen den Seitendruck des Hauptmanns hinter der dichtesten Stelle des Gestrüpps zu behaupten suchte – jetzt hat man Sie gesehen und nun sind wir Beide verloren! Weßhalb sind Sie mir nicht gleich gefolgt?

Weil diese Ohnehosen nicht die Ehre haben sollen, daß ein echter Soldat des alten Fritz vor ihnen flieht, versetzte der Hauptmann, indem er eifrig seinen Gefährten aus seiner vertheilhaftern Position wegzuschieben suchte.

Sie sind aber doch gelaufen, so gut wie ich auch, keuchte Herr Tafelmacher, dem der Athem ausging bei der Bemühung, gegen die kräftige Schulter des alten Preußen Stand zu halten.

Zum Teufel, Herr – gelaufen, Herr? Ich habe mich zurückgezogen, wenn Sie erlauben, und das nur deßhalb, weil mir einfiel, daß ich kein Französisch verstehe! Wählen Sie Ihre Ausdrücke besser, Herr Tafelmacher!

Der Hauptmann begleitete diesen Ausbruch seines beleidigten Ehrgefühls mit einer höchst energischen Schulterbewegung, die seinen Nachbar aus dem Gleichgewicht brachte. Er fuhr mit der Hand um sich, wie um einen Haltpunkt zu ergreifen und faßte den Zopf des Hauptmanns.

Kreuzbataillon! schrie dieser auf.

Still, still, um Gottes willen – da sind sie!

In der That war in diesem Augenblick der Reitertrupp unter dem Gestrüpp angelangt, welches die beiden Versteckten barg. Sie hielten.

Da haben wir's – sie haben Sie gesehen, stöhnte Herr Tafelmacher – welche Dummheit haben Sie gemacht! Das kostet uns das Leben!

Schweigen Sie doch, flüsterte der Hauptmann – Sie sind es, der auf den vermaledeiten Einfall gekommen, sich zu verkriechen. Wären wir ruhig vorübergegangen, so hätten sie sich nicht um uns bekümmert. Jetzt werden sie uns für österreichische Spione halten. Ihre Weiberkleider machen uns noch verdächtiger!

Herr Jesu Christ! fuhr im nächsten Augenblick der Verwalter auf. Eine Carabinerkugel pfiff an ihren Köpfen vorüber und schlug über ihnen in den Sand. Dann folgte ein gebieterischer Ruf von unten: A bas! Venez-ici!

Es blieb nichts übrig als zu gehorchen.

Als die beiden Flüchtlinge unten angelangt waren, wurden sie von den Reitern in die Mitte genommen. Es waren französische Chasseurs, deren Zahl durch immer mehr Neuherankommende vergrößert wurde. Sie stießen Fragen und Flüche aus, die auf Herrn Tafelmacher einen um so fürchterlichern Eindruck machten, als er keine Sylbe davon verstand. Dagegen muß dem Hauptmann Zerrwitz das rühmliche Zeugniß ausgestellt werden, daß er, einmal in der Falle, seinen Muth und seine Kaltblütigkeit wiederfand. Als einer der Chasseurs mit der Scheide seines Säbels seinen Zopf aufhob und ihn seinen Kameraden lachend mit den Worten zeigte:

Le merveilleux butin, que nous faisons là – cela vaut dix ous chez un antiquaire!

Da ergrimmte Zerrwitz, streckte gebieterisch gegen den frechen Franzosen die Hand aus und rief, indem er all sein Französisch zusammennahm:

Monsieur, respectez la queue prussienne, la queue du grand Frédéric!

Ein wieherndes Gelächter folgte diesem pathetischen Ausdrucke gerechten Unwillens.

Ist das die echt' Zopf von dem groß Frederik? Es scheint, daß sein unsterblich die Zopf in Deutsland, schrie einer der nächsten Reiter.

Ein anderer hatte sich unterdeß mit Herrn Benedict Tafelmacher beschäftigt.

Quelle beauté teutonique – cette jeune fille là a une grace vraiment austrogothique!

Je me trompe diablement ou cette charmante jeune fille là, c'est un bougre d'homme!

Ah – c'est un éspion!

Il faut le pendre!

Herr Benedict Tafelmacher hörte diese Reden an, wie ein Scheintodter sein Begräbniß anordnen hört. Er verstand jedes Wort und vermochte nicht ein einziges zu antworten. In diesem kritischen Augenblick öffneten sich die Reihen der Reiter und ein Stabsoffizier ritt in den Kreis. Es war ein noch junger Mann; sein dunkles, stechendes Auge haftete auf den beiden Gefangenen. Dann machte er eine Bewegung mit der Hand und rief:

Laissez ces hommes libres! En avant, citoyens!

Die Schar setzte sich ohne Weiteres in Bewegung. Nur der Offizier und zwei Ordonnanzen, die sich hinter ihm hielten, blieben zurück. Tafelmacher athmete tief auf. Aber seine Angst sollte verdoppelt zurückkehren.

Weßhalb steckt Er in dem Plunder? fuhr ihn der Offizier in deutscher Sprache an – mit einer Stimme, die der Verwalter kannte und die nicht minder den zornbleichen Hauptmann elektrisirte.

Herr Jesu Christ! stammelte Jener. Ja, ja, ich bin's –

Seh' ich recht – rief der Hauptmann aus – Lambert!

Niemand anders, sagte der französische Stabsoffizier. Das hätte dies alte Weib nicht erwartet, damals, als es mit der Brutalität eines Sklavenhüters über meine Schwelle trat, daß es noch so vor mir stehen würde! Geh' heim, Jammerbild – marsch – sag' deinen Gebietern, daß du mich gesehen hast an der Spitze von dreihundert französischen Reitern, und daß ich ihnen das Dach über dem Kopfe anzünden würde, sobald ich Zeit hätte, einen Besuch bei ihnen zu machen.

Herr Benedict Tafelmacher machte sich unverweilt auf den Weg, als ob er eine so angenehme Botschaft auf der Stelle ausrichten wolle. Lächeln auf den Lippen, Angst und Schrecken im Herzen, schritt er aus, und je weiter er von dem Reiter sich entfernte, desto mehr von der innern Herzensangst stieg in seine Züge, bis das stereotype Lächeln endlich nichts mehr war, als ein verzerrter Ausdruck von Todesschrecken; es war zuletzt, als ob den Alten ein Gespenst jage, während er in heftigem Laufe über Wiesenpfade und Waldstege, immer weiter in das Thal hinein Haus Schwalborn zueilte.

Was soll die Maskerade? fragte Lambert unterdeß den Hauptmann.

Der alte Narr wollte durchaus ein republikanisches Fest sehen, das heute in Köln gefeiert wurde. Aber in seiner Angst vor den Franzosen, unter denen sich die Leute wahre Teufel denken, fürchtete er, man werde den Aristokratenknecht in ihm wittern und darum trieb ihn seine Neugier in einen Weiberrock. Ich hatte ihm versprochen, bis zu einem bestimmten Punkte ihm entgegenzukommen, wenn er Abends zurückkehre. Seitdem Sie nicht mehr hier waren, Lambert –

Ich bin Major im dritten Chasseurregiment der französischen Republik.

Seitdem Sie nicht mehr hier waren, Herr Major, verbesserte sich Zerrwitz, habe ich nämlich Freundschaft mit dem Herrn Tafelmacher geschlossen. Man erfährt doch so, was vorgeht.

Begleiten Sie mich, versetzte Lambert in gebieterischem Tone. Ich will meinen Vater sehen.

Er setzte sein Pferd in Bewegung. Die Ordonnanzen folgten ihm, der Hauptmann Zerrwitz schritt neben ihm her. Sie schlugen den Weg ein, den Lambert mit seiner Reiterschar vorhin gekommen, wandten sich aber bald rechts, überschritten eine Brücke und auf wenig befahrenen Ackerwegen nahten sie sich dem Hofe, den Lambert's Vater bewohnte.

*


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