Thekla Schneider
Schloß Meersburg am Bodensee
Thekla Schneider

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Vorwort

»Ich bin sicher überzeugt, daß die Macht, die Frauen ausüben, unendlich größer ist, als die, welche von Männern ausgeht. Ohne es zu wollen, prägen Frauen die Gemüter nach sich um.«
Wilhelm von Humboldt.

Annette von Droste-Hülshoff hat mich durchs Leben begleitet. Ich war noch jung, als mir eines Tages ihre Gedichte in die Hände fielen und ich mich in sie vertiefte. Von der Stunde an lag das Buch auf meinem Tisch und war mein Gefährte auf einsamen Gängen durch Wald und Flur.

Eigenartige Fügungen und Führungen waren es, welche mich mit dem Freunde der Dichterin, Professor Bernhard Christoph Schlüter, bekannt und befreundet werden ließen. In seiner Studierstube erhielt ich, während eines längeren Aufenthaltes in Münster in Westfalen, Anregung zu poetischem Schaffen, wobei auch häufig die Rede auf Annette kam.

Von hier spannen sich die Fäden weiter nach Meersburg, zu den Nichten der Dichterin, und bald nach meiner Rückkehr aus Norddeutschland lud mich Freiin Hildegard von Laßberg ein, sie zu besuchen. Seit der Zeit zählte ich alljährlich zu den Gästen auf der alten Felsenburg am Bodensee. So war es mir vergönnt, an Ort und Stelle den Spuren Annettens nachzugehen und aus dem Munde der Nichten von ihr erzählen zu hören.

Die so gesammelten Eindrücke und Stimmungen zu einem Bilde zu verweben, ward mir ein Herzensbedürfnis, aus dem heraus vorliegendes Werkchen entstanden ist. Es soll keine erschöpfende Biographie sein, sondern Annette uns nur in dem engen Rahmen von Meersburg zeigen und den Leser auch mit den andern Bewohnern des Schlosses näher bekannt machen.

Endlich möchte das Büchlein, hauptsächlich in Süddeutschland, ein größeres Interesse für das Leben und die Werke der Dichterin wecken. Annette von Droste gehört dem gesamten deutschen Vaterland an. Im Norden ist sie geboren, im Süden ist sie gestorben. Am Ufer des Schwäbischen Meeres ruhen ihre irdischen Überreste.

Fürwahr, in keinem gebildeten Hause sollten ihre Poesien fehlen, welche, wie nicht leicht andere, Ewigkeitsgehalt haben und in der Seele Ewigkeitswerte flüssig zu machen vermögen.

Es sei an dieser Stelle Freiin Hildegard von Laßberg der allerherzlichste Dank ausgesprochen für das liebenswürdige Entgegenkommen, womit sie zu dem Werkchen noch ungedrucktes Material zur Verfügung gestellt hat.

Das Titelbild ist nach einem Jugendbildnis der Dichterin von Frau Dr. Wöhler in Münster i. W., einer Enkeltochter Geheimrat Sprickmanns, gezeichnet, welcher Annettens Talent zuerst erkannt und gefördert hat.

Stuttgart, im August 1912.

Thekla Schneider.

Vorwort zur zweiten Auflage

Elf Jahre sind es her, seit das Büchlein zaghaft und schüchtern sich auf die Wanderschaft gemacht hat. Seitdem ist ein Sturm durch die Welt gefahren, wie sie noch kaum einen gesehen. Millionen haben das Leben verloren. Eine Katastrophe folgte auf die andere. Ströme von Blut und Tränen sind geflossen. Reiche wurden zertrümmert, Throne vom Erdboden weggefegt.

Das Büchlein hat durch alles hindurch still seinen Weg gemacht; bis in den hohen Norden hinauf ist es gekommen. C. Viktor E. Björkman, Lektor an der Universität Rostock i. Meckl., schrieb mir bei einer Gelegenheit: »Das einzige Ihrer Werke, das ich kenne, und das in meiner Familie hoch geschätzt wird, ist Ihre feinsinnige Meersburg-Monographie.«

Als im Frühjahr 1921 das Büchlein vergriffen war, mußte wegen den damals so schwierigen Verhältnissen auf dem Geldmarkt von einer zweiten Auflage abgesehen werden.

Um so größer war meine Freude, als nach dreijähriger Ruhepause mir von der Firma A. Lincke in Friedrichshafen a. B. die Herstellung einer Neuauflage angeboten wurde und der Muth'sche Verlag in Stuttgart sich bereit erklärte, das Verlagsrecht an die Firma A. Lincke zu übertragen.

So möge denn das Büchlein zum zweitenmal in die Welt hinausziehn; wir wünschen ihm glückliche Fahrt! Möchte es ein Stück Friedensarbeit bedeuten und ein, wenn auch noch so kleiner, bescheidener Baustein sein und werden, am Aufbau deutschen Geisteslebens. Das walte Gott!

Das Lichtlein, das vom Turme der Meersburg geleuchtet, ist zur Fackel geworden, die uns den Weg zeigt!

Friedrichshafen, Ostern im Heiligen Jahr 1925.
Thekla Schneider.


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