Maximilian Schmidt
Glasmacherleut'
Maximilian Schmidt

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XIV.

Der Cymbal-Toni war in der That ein guter Prophet gewesen. Nicht umsonst hatte er dortmals den Kindern der reichen Hüttenherren lächelnd mit dem Zeigefinger gedroht und ihnen seine Schnadahüpfeln zugesungen; der alte Toni wußte im voraus, wie die Sache kommen müsse, und als er jetzt, ungefähr zehn Jahre nach jenem Bergfeste, erzählen hörte, der junge Poschinger heirate die Tochter des Herrn Steigerwald, da sagte er bedeutungsvoll: das hätte er schon vor zehn Jahren gewußt. Sofort aber schlug er, das Hackbrett auf dem Rücken, den Weg nach Rabenstein ein.

Dort war Hochzeit. Dort atmete alles Freude und Wonne. Das Haus war voll fröhlicher Gäste, und Küche und Keller dem liebenswürdigen Wirte entsprechend. Neben vielen anderen Herren und Damen waren namentlich die Glashüttenbesitzer der ganzen Umgegend zum Feste geladen und auch zahlreich mit ihren Familien erschienen. Sämtliche Glasfürsten waren heute versammelt und auch Herr von Pladl mit seiner Tochter Rosalie zählte darunter. Aber außer diesen angesehenen Leuten befanden sich heute auch viele weniger vornehme Gäste auf Rabenstein, auf welche jedoch Herr Steigerwald mit demselben Wohlgefallen blickte, wie auf jene – denn diese weniger vornehmen Gäste waren die tüchtigsten Arbeiter der Fabrik, brave, ehrliche Männer, welche die Freude des Hauses, indem sie geachtet 180 waren, aus ganzem Herzen mit teilten. Die beiden Schrenk fehlten dabei natürlich nicht, ehrte sie ja Herr Steigerwald vor allen andern und mit Recht.

Aus dem Parke herauf ertönte die Musik, welche von den Hüttenbuben aufgeführt wurde.

Das reizende Bräutchen, an der Seite ihres Bräutigams, übte teils durch ihre Schönheit, teils durch die liebenswürdige Art ihres Benehmens auf alle Anwesenden, gleichviel ob Herr oder Arbeiter, einen mächtigen Zauber aus. Aus ihren wundervollen Augen strahlte das reinste Glück.

Wie ganz anders saß Rosalie dort, fast traurig inmitten lustiger Nachbarn. Das Glück Josephinens ärgerte sie. Sie fühlte sich verletzt, daß ihre Anwesenheit so ganz unberücksichtigt blieb. Aller Augen ruhten mit Wohlgefallen auf dem schönen Bräutchen, niemand blickte nach ihr; und doch – war das nicht der junge Schrenk, welcher dort am unteren Ende der langen Tafel saß und, wie es schien, aufmerksam seine Augen auf sie geheftet hatte?

In Manieren und Kleidung unterschied sich der junge Mann auffällig von den übrigen Arbeitern; er hatte trotz seiner Jugend etwas Ernstes im Gesichte, das ihm wohl anstand, und das kleine schwarze Schnurrbärtchen zeichnete ihn vor allen andern Arbeitern, die fast alle glattrasierte Gesichter hatten, vorteilhaft aus. Zwei Jahre waren vergangen seit jenem verhängnisvollen Tage, wo er Rosalie über den reißenden Wildbach getragen hatte, und seit dieser Zeit waren sich beide nicht wieder begegnet. Franz hatte auch über jenes Abenteuer selten und höchstens nur flüchtig nachgedacht oder dasselbe erwähnt; aber jetzt, als er nach dem stattlichen, rotlockigen Mädchen mit den blauen Augen 181 und dem auffallend weißen Teint hinblickte, stand jene Szene wieder lebhaft vor seinem Geiste, und als sich in diesem Momente seine und Rosaliens Augen begegneten, konnte er nicht umhin, dem Fräulein einen freundlichen Gruß zuzunicken. Rosalie bildete sich ein, sie sei darüber empört und wandte dem jungen Schrenk, anscheinend verächtlich, den Rücken zu. Franz dachte, sie hätte den Gruß nicht bemerkt. Als die Tafel aufgehoben wurde und die Gäste sich gegenseitig aufsuchten, wollte auch Franz sein vorhin verunglücktes Kompliment nochmals anbringen. Rosalie hatte sich soeben von ihrem Sitze erhoben, als Franz vor ihr stand und sie mit vieler Lebensart begrüßte. Rosalie aber dankte nicht und kehrte dem jungen Manne absichtlich den Rücken. In diesem Augenblick kam die Braut zu dem jungen Schrenk heran, und ihm die Hand reichend, unterhielt sie sich mit ihm auf die freundlichste Weise.

Rosalie, welche in der Nähe stand, vernahm jedes Wort. Sie hörte zu ihrem Erstaunen, welche hervorragende Stellung der junge Mann auf Steigerwalds Hütte einnahm, und kaum glaubte sie ihren Ohren trauen zu dürfen, als Franz von Reisen nach Paris und London erzählte, welche er in Steigerwalds Auftrag zu machen hatte und über deren Ergebnis vom geschäftlichen Standpunkt aus ihm das reizende Bräutchen die schmeichelhaftesten Komplimente machte. Dann reichte ihm Josephine nochmals die Hand und entgegnete seinen wiederholten Glückwunsch mit den Worten:

»Ich danke Ihnen, Herr Schrenk – und möchten auch Sie so glücklich werden, als Sie es verdienen und wie ich es wünsche. Wir bleiben gute Freunde nach wie vor – eingeschlagen!«

182 Josephine suchte dann die übrigen Arbeiter auf und unterhielt sich mit ihnen in der herzlichsten Weise. Franz verlor sich in der Menge.

Rosalie saß still und nachdenkend auf ihrem Platze. Eine tiefe Scham überkam sie. Sie fühlte, wie ungerechtfertigt ihr verletzendes Benehmen gegen den jungen Mann war. Und welchen Grund hatte sie dazu? Welchen Grund kann es geben, den Gruß eines ehrlichen Mannes unerwidert zu lassen. Jetzt, da sie erfahren, daß Franz nicht nur ein braver, sondern auch ein geschäftstüchtiger Mann geworden: jetzt, wenn er sie wieder gegrüßt hätte, wie gern hätte sie ihm gedankt! Ihr Hochmütigen! Der ehrerbietige Gruß des Arbeiters schändet euch nicht; der Gruß des Niedrigen ist oft mehr wert wie der des Hohen; es schändet euch nicht, ebenso freundlich hinab als hinauf zu blicken; unten bleibt stets die Grundlage, und schon mancher, der das vergessen, schwebte zwischen Himmel und Erde! – Der Hochmut war es nicht allein, was Rosalie zu ihrem verletzenden Benehmen veranlaßte. Seit jenem Tage, wo sie von Franz über das Wildwasser getragen wurde, waren eigentümliche Erscheinungen in dem Gemüte des Mädchens aufgetaucht. Die Thränen, welche sie dortmals im stillen weinte, fielen wie heiße Tropfen auf die starre Eisdecke, welche ihr Gemüt umhüllt hatte. Doch was da drinnen erwachte, war ihr niemals völlig klar. Was war es nur, daß Franzens Bild seit jenem Tag nicht mehr von ihr weichen wollte? Sie sah ihn überall; wenn sie allein das Thal entlang wanderte, wenn sie hinausblickte in die dunklen Wälder, welche das Herz mit Traumgestalten erfüllen – immer war es Franz, der vor ihrem geistigen Auge stand, der schöne, stolze Jüngling.

183 Wie haßte sie dieses Bild! Wie suchte sie es zu vertreiben mit zornigen Worten; – wie suchte sie verächtlich hinzublicken auf das Bild des »gemeinen Arbeiters«, der auf seiner Hände Arbeit angewiesen, der ein Bettler ohne diese Hände war? Und doch wieder waren es die schönsten Stunden, wenn sie die sie umgebenden Verhältnisse vergessen und sich bewegen konnte in der inneren Welt, die, wenn auch noch so verworren, ihr doch so vielmals schöner deuchte als die wirkliche. In Franzens Bild sah sie jetzt nicht mehr den jungen Glasmacher – dieser freche Mensch hatte nach ihrer Idee nur die Züge und die Gestalt ihres Traumgebildes entlehnt. Sie liebte dieses und haßte den jungen Mann, und als sie jetzt bei der Hochzeit zum ersten Mal wieder mit ihm zusammentraf, kam sie in eine peinliche Lage. Augen und Herz suchten den, welchen ihre Vernunft, ihre verworrenen, unbestimmten Ansichten verachten zu müssen glaubten. Als sie von Franz gegrüßt wurde, empfand sie wirklich einen Widerwillen gegen die Keckheit des Glasmachers, und als dieser es jetzt gar wagte, zu ihr heranzukommen und sie anzusprechen, mußte sie ihm unwillkürlich den Rücken kehren.

Jetzt aber, nachdem sie die Unterhaltung zwischen Josephine und Franz belauscht, überkam sie eine tiefe Scham, eine tiefe Reue. Sie hätte weinen können, so weh, so unaussprechlich weh wurde ihr zu Mute und – sie weinte wirklich. Schnell stand sie auf und verließ den Saal. Im reizenden Parke suchte sie ein stilles Plätzchen und hier verweilte sie lange allein; die frohen Klänge der Musik drangen an ihr Ohr, aber sie erzeugten keine Lust, sie drangen wie Trauerweisen in ihre Einsamkeit und in ihr zerrissenes Gemüt. –

184 Der Cymbal-Toni schlug sein Hackbrett in der großen Stube des Wirtschaftsgebäudes, wo die Fabrikarbeiter und Dienstboten Steigerwalds sich im »Deutschen« lustig herumdrehten.

Auch Franz fand sich dort ein und der Cymbal-Toni hatte eine große Freude, ihn so schön herangewachsen wieder zu sehen. Aber beim Sunnwendfeste am großen Falkenstein, meinte er, habe ihm sein kleiner Finger außer der heute stattfindenden Hochzeit noch eine andere anvertraut, und da alles eintreffen müsse, was ihm dieser kleine Schlingel prophezeie, so wäre es ihm lieb, wenn er auch noch Zeuge davon sein könnte; denn er sei schon alt und gebrechlich, und bei Franzens Hochzeit möchte er gern noch sein Hackbrett schlagen.

Franz lachte und entgegnete, daß an so was noch gar nicht zu denken wäre; er sei noch zu jung und sie sei zu weit fort.

»Da woaß i scho' B'schoad,« sagte lachend der Alte. »Aelter werd's alle Tag und was dös Furtsei' anbelangt, so laßt si dös in a paar Tag'n ganz anders g'stalt'n.«

»Nun, ich will drüber nachdenken,« sagte Franz errötend und lachend.

Als er sich darauf in den Park begab, dachte er wirklich darüber nach. Er stellte sich vor, wie schön es sein müßte, wenn auch er mit Liese schon Hochzeit feiern könnte und die Trennung von ihr einmal ein Ende hätte, die ihm, wenn auch erst zwei Jahre, doch eine Ewigkeit zu währen schien. Er setzte sich in Gedanken einen Brief zusammen, welchen er gleich morgen an die ferne Geliebte schreiben und absenden, und worin er sie um Rat fragen 185 wollte, in wie weit man dem kleinen Finger des Cymbal-Toni Rechnung tragen dürfe.

Er bog in dem reizenden Parke soeben um eine Ecke, als ihm Rosalie auf dem schmalen Wege entgegentrat. Franz rückte jetzt mit kalter Förmlichkeit seinen Hut und wollte an dem Fräulein schnell vorüber. Da redete ihn das Mädchen an.

»Herr Schrenk, ich habe Euch gekränkt – ich sehe das ein; verzeiht mir, es soll nicht mehr vorkommen.«

Franz war höchlich von dieser Anrede überrascht.

»Fräulein Rosalie,« entgegnete er, »ich hab' Ihnen nichts zu verzeihen. Sie haben mich nicht gekränkt – und wenn auch, was wohl früge ein so hohes Fräulein nach einem niedern Glasmachergesellen, wie ich einer bin?«

»Ihr wolltet mich im Saale anreden und ich wandte Euch den Rücken. Vergeßt das und laßt uns gute Freunde sein.« Sie reichte Franz die Hand und dieser ergriff sie auf einen Moment.

»Fräulein Rosalie«, sagte er lächelnd, »ich hätte nie gedacht, daß Sie mich einmal für würdig fänden, mir die Hand zu reichen. Die Schrenken stehen nicht grün beim Hause Pladl. Es ist nicht unsere Schuld!«

»Ich weiß das und noch besser weiß es mein Vater. Seit ihr uns verlassen, hat das Geschäft abgenommen. Mein Vater macht kein heiteres Gesicht mehr; Sorg' und Kummer nagen an seinem Herzen und – ach, ich weiß nicht, wie das noch enden wird!«

Rosalie hielt das Tuch vor die Augen und trocknete sich Thränen ab.

»Herr Pladl hätte den Prannes nicht fortlassen sollen,« sagte Franz. »Oberzwieselau, wo er jetzt ist, kam durch ihn in Schwung und die Herren von Poschinger wurden reich.«

»Wir aber werden arm!« lispelte Rosalie.

»Das mög' Gott verhüten!« entgegnete Franz. »Ihr Vater kann doch was aushalten; er hat ein großes Vermögen und die Zeiten ändern sich – einige tüchtige Arbeiter, und das alte Ansehen der Pladlhütte ist wieder da.«

»Ja, wenn Ihr und Euer Vater wieder zu uns möchtet; dann glaube ich selbst, daß es wieder anders würde.«

»Mein Vater, glaub' ich, wird kaum mehr mit Herrn Pladl verkehren mögen – verzeihen Sie mir meine Aufrichtigkeit; aber wenn ich wüßte, daß ich imstande wäre, die Hütte wieder in Schwung zu bringen, ich ginge meiner Treu wieder nach Lohberg und wär' es auch nur deshalb, weil Sie mich freundlich angesprochen und mich Ihres Vertrauens gewürdigt haben.«

»O, wie dankbar – wie sehr dankbar wäre ich Euch, Herr Schrenk. Wie muß ich mich schämen, daß ich gegen Euch stets nur hochmütig war, gegen Euch, der so viel höher über mir steht, der vergessen kann die Schmach, die ihm bei uns angethan, und sich erbietet, uns im Unglücke beizustehen. Das ist Großmut!«

»Nicht mehr als christlich,« entgegnete Franz lächelnd. »Nur glaube ich, daß mich Herr Steigerwald nicht sogleich fortlassen wird, und fast möcht ich bezweifeln, ob mich Herr Pladl auch wirklich bei sich anstellen würde.«

»Mit Herrn Steigerwald,« sagte Rosalie, »werde ich heute selbst noch sprechen, und er wird mir eine Bitte am heutigen Festtage nicht verweigern; was meinen Vater 187 anbelangt, so stehe ich für ihn und – da kommt er eben selbst.«

In der That kam Herr Pladl, wie es schien, Rosalie zu suchen, von der Villa her. Sein ohnedies rötliches Gesicht war durch den Genuß des Weines fast blau geworden, und die geröteten Augen standen weit aus ihren Höhlen hervor. Sobald er seiner Tochter ansichtig ward, rief er ihr zu:

»Rosalie, gut, daß ich dich treffe! Wir fahren sogleich ab; es wird uns sonst zu spät. Der Teufel soll den Brennes holen, daß wir nicht darüber fahren können! Wir müssen den weiten Umweg über Kötzting noch einmal machen, also ist's Zeit, wenn's nicht späte Nacht werden soll.«

»Ich bin bereit,« entgegnete Rosalie, »auf mich darfst du nicht warten;« und als sie bemerkte, daß ihr Vater von Franz gar keine Notiz nahm, sagte sie:

»Kennst du diesen Herrn nicht?«

»Was für einen Herrn? Diesen da?« fragte Herr Pladl in wegwerfendem Tone. »Scheint mir fast, als ob es so ein Schrenk wäre. Was will er von mir, der Galiläer?«

»Ich will wahrlich nichts von Euch!« entgegnete Franz lächelnd.

Rosalie warf dem jungen Manne einen bittenden Blick zu und ein schwerer Seufzer löste sich aus ihrer Brust.

»Sei höflich, Vater,« sagte sie dann zu diesem. »Herr Franz ist ein tüchtiger Glasmacher und Geschäftsmann geworden, der es auch verstände, ein heruntergekommenes Geschäft wieder aufzurichten, und wenn du ihn bitten wolltest, daß er zu uns nach Lohberg käme, so wäre das gewiß kein Schaden für uns; denn, Vater, du weißt nur 188 zu gut, daß wir ehrliche und anständige Leute brauchten, wenn es wieder aufwärts gehen soll.«

Pladl blickte mit großen Augen seine Tochter an; dann hielt er sich den Bauch und brach in ein schallendes Gelächter aus.

»Als Geschäftsführer? Ha, ha, ha! So eine Unverschämtheit ist mir noch nicht vorgekommen! Hättest du gebeten,« sagte er dann zu Schrenk, »du wolltest als Eintragbub in meine Hütte kommen, vielleicht hätte ich dich dann aus Barmherzigkeit aufgenommen, aber als Geschäftsführer – das ist zum Totlachen!«

Schrenk war blaß geworden und wollte soeben eine Erwiderung auf Pladls Beleidigung geben, als durch das Erscheinen des Herrn Steigerwald und des Hüttenherrn von Elisenthal, welche zufällig Zeugen dieses Auftrittes waren und Pladls Aeußerung vernommen hatten, die Sache eine andere Wendung nahm.

»Herr Schrenk,« sagte letzterer, auf Franz zutretend, »ich suche Sie soeben. Herr Steigerwald hat Sie mir als einen tüchtigen Mann geschildert, und da ich auf meiner großen Spiegelhütte in Elisenthal eines zuverlässigen Geschäftsführers bedarf, so lade ich Sie ein, diese Stelle bei mir anzunehmen. Herr Steigerwald ist so gütig, Sie mir abzutreten, wenn es anders auch in Ihrem Wunsche gelegen wäre.«

»Es geschieht ungern,« setzte Steigerwald hinzu, »einen so braven Mann aus meinem Dienste zu lassen; übrigens möchte ich einer so günstigen Gelegenheit zur Verbesserung Ihrer Verhältnisse nicht entgegentreten. Mein lieber Schrenk, überlegen Sie die Sache und teilen Sie uns morgen Ihren Entschluß mit.«

189 Herr Pladl hatte zu lachen aufgehört und horchte mit aufgesperrtem Munde auf dieses Engagement.

Franz war sich seines Triumphes wohl bewußt, und mit einem stolzen Blicke sah er nach dem rohen Manne.

»Ich bin in Verlegenheit,« sagte er dann lächelnd, »zwei so ehrenvolle Anträge in einer Minute zu erhalten: hier,« indem er auf Pladl wies, »als Eintragbub' und da,« auf den Hüttenherrn von Elisenthal weisend, »als Geschäftsführer einer so großartigen und schönen Fabrik.«

»Nun,« meinte letzterer, »da wird Ihnen wohl die Wahl nicht schwer werden?«

»Gewiß nicht,« entgegnete Franz, und im Begriffe, zuzusagen, fiel sein Auge auf Rosalie.

Große Thränen flossen aus ihren Augen und über die blassen Wangen. Mit einem unbeschreiblich kummervollen und zugleich bittenden Blicke sah sie nach dem jungen Manne, gerade als würde von seinen Lippen das entscheidende Urteil über ihres Hauses Glück gesprochen.

Franz war einige Minuten im Kampfe mit sich selbst; dann aber sagte er mit Entschlossenheit zu dem Elisenthaler Hüttenherrn:

»Ich danke Ihnen für das mich so ehrende Vertrauen, aber ich habe bereits hier Verpflichtungen eingegangen, die ich als Mann von Ehre nicht brechen kann; – ich gehe zu Herrn Pladl und wär's auch als Eintragbub.«

Rosalie konnte sich bei dieser Erklärung nicht enthalten, auf Franz zuzueilen und ihm herzlich die Hand zu drücken.

»Dank! Dank! edler Mann,« lispelte sie und die vorhin aus Angst unterbrochenen Thränen stürzten nun heftig aus ihren Augen hervor.

190 Pladl glaubte aus einem Traume zu erwachen.

»Ja, was machst du denn da für Dummheiten?« sagte er zu seiner Tochter, sie von Franz reißend und unsanft zurückweisend. »Ich will ja diesen Burschen gar nicht haben, – von mir aus geht er hin, wohin er will; in meiner Hütte ist kein Platz für ihn; solange ich das Leben habe, führt kein Schrenk das Geschäft in Lohberg!«

»Aber möglicherweise nach Ihnen!« sagte Herr Steigerwald mit einem gewissen prophetischen Tone, die Hand erhebend und Pladl mit einem bedauernden Blicke ansehend.

Pladl brach wieder in sein Gelächter aus, nahm Rosalie am Arme und ging unter Verwünschungen ab.

»Nach dieser Richtung hin seid Ihr also frei,« sagte jetzt der fremde Hüttenherr zu Franz, – »entschließt Euch daher für mich!«

Franz blickte den sich Entfernenden eine Weile nach; dann gab er dem auf Antwort harrenden Herrn die Hand und damit war Franz Geschäftsführer in Elisenthal.

Pladl beeilte sich, auf dem bereits angespannten Wagen Platz zu nehmen. Rosalie verabschiedete sich von der liebenswürdigen Braut.

»Du gehst glücklichen Tagen entgegen,« sagte sie bewegt, – »ich gehe den entgegengesetzten Weg.«

»Das wolle Gott verhüten!« entgegnete Josephine.

Rosalie antwortete mit einem Seufzer; dann stieg sie auf den Wagen und unter dem Fluche Pladls: »Der Teufel soll die ganze Sippschaft holen!« fuhren sie von dannen. 191


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