Maximilian Schmidt
Glasmacherleut'
Maximilian Schmidt

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III.

Franz hatte sich die Lehre seines Paten zu Herzen genommen: »Sieh nöd mehr, als d' muaßt, und frag' über nix, was man dir verschweigen will,« so hart es ihm auch ankam; denn gerne hätte er seinem Vater das Begegnen mit Pladl erzählt, und er mußte also jedenfalls die Zeit abwarten, bis von selbst die Rede darauf kommen würde.

Sein Vater, welcher nachgesehen hatte, ob der Gevatter schon zum Kirchgange bereit wäre, trat jetzt mit diesem in die Stube ein.

Herr Prannes ging auf Franz zu und gab ihm zur glücklichen Wiederkehr von der »Studi« einen Ritterthaler, der ihm nützen sollte gegen »Zauberei und Blutung, gegen a gaachs Glück und a schnell's Vermögen«, der Vater aber schenkte seinem Sohne ein schönes, blauseidenes Halstuch. Franz mußte es sogleich anziehen und es stand zu dem schönen weißen Leinenhemde ungemein freundlich und festtäglich. Frau Prannes gab den Kindern »Palmkatzeln« mit, welche in der Kirche geweiht werden sollten, und bald war alles zum Kirchengange nach dem ungefähr eine halbe Stunde entfernten Kirchlein in Lohberg gerichtet und in der heitersten Weise gingen die alten und jungen Befreundeten von dannen.

Prannes führte das kleine Lieserl an der Hand, Schrenk seinen Sohn. Der Himmel war heute nicht so 31 unfreundlich wie gestern: er hatte als Feiertagskleid seinen schönsten blauen Mantel umgehangen und den großen Sonnenorden angeheftet, dessen flimmernde und wärmende Strahlen die frohe Botschaft von der baldigen Ankunft des Frühlings verkündeten.

Mit stillem Vergnügen betrachtete der alte Schrenk die Züge seines Sohnes, und ohne daß es dieser merkte, verweilte sein Blick mit freudiger Rührung darauf. War er ja so ganz das Ebenbild seiner Mutter! Hätte sie doch diese Freude noch erlebt, den Franzl so herangewachsen zu sehen! –

Er wischte sich ein paar Thränen aus den Augen und mit einem liebevollen Lächeln sprach er dann mit seinem Sohne über alles, was sich während dessen Abwesenheit in der Heimat zugetragen, und auch Franz erzählte von seinem Leben und Treiben in der Stadt. Der alte Schrenk war ein schöner Mann, von hoher Gestalt und kräftig, wie keiner unter den Hüttenleuten; er hatte einen äußerst gutmütigen Blick, der aber durch seine dunkle Gesichtsfarbe und die gebogene Nase etwas beeinträchtigt wurde, so daß man, was nicht der Fall war, etwas Strenges und Stolzes in denselben vermutete; sein Gesicht war bis auf einen kleinen Backenbart glatt rasiert. Die Kopfhaare waren nicht mehr in Frühlingsblüte, der Wind strich über die Stoppeln am oberen Kopfe; aber desto üppiger war noch ein Kranz von Haaren am unteren Kopfe geblieben, dessen lange graumelierte Locken unter seinem schwarzen, breitkrämpigen Filzhute jugendlich herausflatterten.

Seine Kleidung bestand außer dem erwähnten Filzhute mit niederem Gupf und Schnallenband aus einem schwarzmanchesternen Janker mit hohen, silbernen Knöpfen, 32 einer buntgestreiften Seidenweste mit ebenfalls silbernen Knöpfen, einem buntfarbigen, unter dem weißen Hemdkragen zierlich geknüpften Schlips, einer langen, ledernen Hose und festen Schnürschuhen.

So ähnlich war auch der Schmelzmeister gekleidet.

In Lohberg sollte vor allem dem Schulmeister ein Besuch gemacht werden, welcher Franz zum Studieren vorbereitet hatte. Der Schulmeister, eine in der ganzen Umgegend sehr beliebte Persönlichkeit, sah in Hemdärmeln zum Fenster heraus und rief den Hüttenleuten schon von weitem einen guten Morgen und wegen des Palmsonntags seine pflichtschuldigste GratulationWeil der Esel an diesem Tage durch den Einzug des Herrn in Jerusalem zu Ehren kam, heißt man den Palmsonntag scherzweise das Namensfest der Palmesel. entgegen.

Nachdem sie in die Wohnstube eingetreten, wurde vor allem Franz bewillkommt und der Lehrer hatte eine große Freude, seinen ehemaligen Zögling so frisch und gesund wiederzusehen. Allerdings machte ihm der Fortgang des kleinen Studenten nicht viel Ehre; doch konnte man von einem Knaben nicht viel Besseres erwarten, dessen Schulkenntnisse ganz vernachlässigt waren, da er in seiner vorigen Heimat, der Fuchshütte, von seinem Vater schon frühzeitig zur Arbeit, namentlich zum BetherlmachenGlasperlen, welche zum Rosenkranz oder zum Spielen verwendet werden. Ein gewisser Pater Heyndl behauptet, daß der heilige Beda der Urheber des Rosenkranzes sei, weil die Leute auf dem Lande noch jetzt »Betha« sprechen. Andere schreiben auch Petterl, leiten es von Paterl – von Paternoster ab. verwendet wurde. Dann steckte das Nisi auch noch wo anders. In dem böhmischen Städtchen, wo Franz studierte, war 33 damals das »Schmierolen«Eigentlich »Schmirben«. Darunter versteht man Geschenke, welche der Lehrer oder irgend ein Vorgesetzter erhält, und wodurch man sich bei diesem in Gunst zu bringen sucht. In der Volkssprache nennt man dies auch: »Einreiben«. üblich; danach richtete sich dort leider der Fortgang, infolgedessen auch in der Regel diejenigen, welche sich ihre Plätze auf diese Weise erkauften, zu den ungeschickteren Schülern gehörten. Franzens Vater hatte die Mittel nicht, zu »schmierolen«, und wäre dieses selbst der Fall gewesen, er hätte sich geschämt, in diese schmutzige Sache seine Hand zu legen.

Mag dem sein, wie ihm wolle, Franzen wurde in Berücksichtigung alles dessen viel zu Gute geschrieben und er hütete sich wohl, »nein« zu sagen und sich in ein schlechteres Licht zu setzen, als er den anderen erschien.

Gleichwohl aber meinte er: »Daß ich nichts taug zum Studieren, lieber Vater, glaub ich hinlänglich bewiesen zu haben; ich kann mit dem Lateinischen nichts machen, mir ist bei dem Lateinischen g'rad zu Mut, als müßt ich eine Speis verzehren, an der ich mir an' Ekel gessen hab', und dann giebt es ja auf der Welt gar kein Volk, das lateinisch spricht, und da seh ich gar nicht ein, warum ich mich so plagen soll für eine tote Sach'.«

»I will dir nöd zured'n, Franzl,« entgegnete der Vater, »daß d' weiter studieren sollst; a tüchtiger Handwerksmann is auch eine Ehrenstell', und du kannst di ja b'sinnen, was d' wer'n willst.«

»Ich werd' ein Glasmacher, wie Ihr seid, da ist die Wahl nicht schwer.«

»Ein Glasmacher?« sagte der Alte. »I hätt' schon just was Besser's aus dir mach'n woll'n.«

34 »Was Besser's, Vater? Wenn ich werd' was Ihr seid, bin ich mir gut genug und hab' ich nöd G'schick zeigt auf der Fuchshütt'n?«

»I red' dir nöd zua und red' dir nöd ab. So lang 's Schrenken giebt auf der Welt, war'n 's Glasmacher. Aus dir hätt' i zwar mehr macha woll'n, aber i woaß, man kann aus der Art nöd 'naus und was oan b'stimmt is, bleibt oan b'stimmt.«

»Bestimmt ist uns,« sagte der Lehrer, »daß man die Talente, die man hat, nicht unter den Scheffel stellen soll, daß man nach vorwärts trachtet, wenn man die Kräfte dazu hat, und da der Franzl, wie ich weiß, die besten Anlagen hat, so soll er nebenbei den Geist ausbilden, und ich bin bei der Hand, ihm was zu lehren.«

»Alles will ich lernen,« sagte Franz, »nur nöd lateinisch, und Sie soll'n g'wiß zufrieden sein mit mir, Herr Lehrer.«

»Wie aber steht's mit der Musik?« fragte dann der Lehrer. »Bist im Singunterricht auch der letzte? – Und 's Flötenblasen hast d' es nicht vernachlässigt, hast noch einen Ansatz, kannst d' noch, was d' von mir g'lernt hast?«

»Mit'n Singen ist's nöd weit her,« antwortete Franz, »aber 's Flötenblasen hab' ich nöd vergessen, ich kann 's jetzt besser als zuerst; gar alle Tag' hab' ich im Zwielicht mich exerziert, und die Noten, die ich mitg'nommen hab', kann ich alle auswendig blasen.«

»Das ist brav. Da will ich dir gleich heut Gelegenheit geben, in der Messe das Solo zu blasen, womit das Lieserl bei seinem Diskantsolo begleitet wird.«

»Was,« rief jetzt der Prannes überrascht und erfreut 35 aus, »mei' Lieserl singt a Solo? Du Wettermädl, und koan Schnaufer hat's tho'.«

»I wollt' Enk überrasch'n, Voda,« erwiderte lachend das kleine Mädchen.

»Ja, kannst d' es denn? Trau'st dir denn in der Kirch' alloa z'sing'n, wo der Herr Kaplan und der Hüttenherr und alle Bekannte d'rin seind?«

»I kann's scho', Voda!« entgegnete mit einem gewissen Selbstbewußtsein die Kleine, »und daß 's ja koa' Angst habt's, so is der Herr Lehrer vielleicht so guat, mir's vorher noch einmal sing'n z'lass'n.«

»Gern, recht gern,« erwiderte der Lehrer, die Noten, welche er bereits zusammengerichtet, hervornehmend und die betreffenden hervorsuchend. »Franzl, dort hängt d' Flöten, nimm's 'runter und probier', ob d' mitkommst. Ich werd' euch auf dem Klavier begleiten.«

Das Lieserl nahm ihre Noten in die Hand, Franz legte die seinen auf ein Pult, und auf das Zeichen des Lehrers begannen sie sodann die Aufführung des Offertoriums. Einige wenige Anstände abgerechnet, wurde von den beiden die Aufgabe recht wacker gelöst und die beiden Väter brachten vor lauter Vergnügen den Mund gar nicht mehr zusammen.

Nicht weniger zufrieden war der Schulmeister, denn er sah in dem Fortschritte der Kinder den Lohn für seine Bemühungen. Der wackere Lehrer hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliche Hüttenkinder nicht nur aufs gründlichste in den verschiedenen Schulgegenständen zu unterrichten, sondern übte sie auch in Gesange und in der Musik. Einzelne Buben hatten es im Spielen der verschiedenen Streich- und Blasinstrumente schon sehr weit 36 gebracht und schufen sich dadurch oft einen sehr ergiebigen Nebenerwerb für die Zukunft. In der kleinen Ortskirche, wo monatlich zweimal durch einen von der Pfarrkirche zu Lam abgeschickten Kaplan das Sonntagsamt abgehalten wurde, mußten die Kleinen dann im Choralgesang und Abspielen von Kirchenkompositionen das Erlernte in Anwendung bringen und gewann dadurch ein solcher Gottesdienst nicht wenig an erhebender Feierlichkeit. Während sich in dieser Weise der Lehrer große Verdienste erwarb, war dessen liebenswürdige Frau bemüht, die Mädchen in den nötigsten weiblichen Handarbeiten zu unterrichten, und so herrschte in jenem stillen, fast vergessenen Winkel des Waldes, wo meist nur arme Glasmacher hausten, unter der Schuljugend ein regerer Sinn für das Schöne und Nützliche, als in manchen Anstalten, die nur von Kindern ans intelligenten Häusern besucht sind.

Der alte Schrenk und der Lehrer waren in das Nebenzimmer gegangen, wo sie eine Weile geheim miteinander sprachen, während sich die Kinder des Lehrers, deren Zahl sechs betrug, mit Lieserl und Franz sogleich in ein sehr vertrauliches Verhältnis setzten, das durch eine von der freundlichen Lehrerin aufgetragene »Brühtsuppe« mit Leberwürsten sehr an Annehmlichkeit gewann.

Franzens Aufmerksamkeit, wenn auch durch dieses willkommene Frühstück etwas abgelenkt, war doch bei der Konferenz des Vaters mit dem Lehrer, und die hitzigen Ausbrüche des ersteren ließen ihn leicht erraten, daß jetzt nicht mehr über ihn, sondern vielmehr über die Verhältnisse mit Pladl gesprochen wurde.

Als der Vater und der Lehrer wieder in die Stube zurückkehrten, sah ersterer sehr aufgeregt und blaß aus. 37 Dann machte man sich auf den Weg zur Kirche, um der Palmweihe und dem Hochamte beizuwohnen.

Die beiden Glasmacher nahmen ihre Plätze in einem Betstuhle ein, die beiden Kinder aber wurden von dem Schulmeister mit auf den Chor genommen, wo sich bereits die andern kleinen Sänger und Musikanten versammelt hatten.

Ach! mit welch glücklichem Gefühle sah Franz in der Kirche herum! Er grüßte in Gedanken alle die bekannten Statuen und Heiligenbilder wieder – den Kirchenpatron in dem Kasten, den heiligen Florian mit dem goldenen Wasserkübel, das mit Rosen geschmückte Bild des heiligen Aloysius, die alten Kreuzwegbilder – und die Fahnen und LabrungenLabra = Passionsbilder auf Stangen getragen., die er bei den verschiedenen Festlichkeiten schon alle getragen hatte. Als aber der als tüchtiger Organist bekannte Lehrer die Tasten der Orgel in Bewegung setzte und ihr schöner voller Ton feierlich durch das Schiff der kleinen Kirche hallte, da überkam es das Herz des Jünglings wie mit einer süßen Wehmut, und ohne daß er es verhindern konnte, fielen große Thränen aus seinen dunklen Augen. Er mußte ja seiner guten Mutter gedenken, mit der er sonst diese Kirche besucht und die so oft sagte: »Wenn in der Kirche das Orgelspiel beginnt, singen die Engel im Himmel dazu!«

Aber er konnte diesen Gedanken nicht lange nachhängen; der Dirigent gab ihm Flöte und Noten und ermahnte ihn, fleißig Takt zu halten und Pausen zu zählen, was Franz auch gewissenhaft zu thun versprach.

Alle Leute auf dem Chore sahen mit Vergnügen zu den beiden Hüttenkindern, und die beiden Väter unten in 38 der Kirche gaben sich alle Mühe, es überall herumzurufen, »daß am Chor oben der Franzl pfeife und die Liesel singe,« ja der Prannes schlug sogar den Takt dazu und drehte sich fast ganz gegen den Chor um, als er einige Fehler während des Gesanges bemerkte. Wer bei diesem Solo mehr Angst gehabt, die Väter oder die Kinder, wäre schwer zu sagen gewesen; soviel ist gewiß, daß alle vier leichter atmeten, als es glücklich vorüber war.

Herr von Pladl hatte seinen Platz zunächst an der Seite des Altares und stand wie der reiche Pharisäer dort, das gemeine übrige Volk nur hie und da mit einem verächtlichen Blicke ansehend. Er spielte mit seiner schweren goldenen Uhrkette und blickte von Zeit zu Zeit mit einer vertrauten Miene zu dem Christusbilde am Altare, gerade als wollte er sagen: »Wir sind zwei alte Bekannte; ich bin der reiche Pladl und stehe hoffentlich in einem besseren Ansehen als das Bettelvolk und die Bauern dahinten!«

Während so der Papa betete, unterhielten sich seine ihm zur Seite stehenden Kinder damit, die Leute nachzuäffen und den Bauern- und Hüttenkindern alle möglichen Grimassen hinzumachen.

Als beim Offertorium die Liese und der Franz ihre Solos vortrugen, blickte auch der Hüttenherr überrascht nach dem Chore; er winkte dem Kirchendiener und fragte leise: »Wer blast denn heute so schön auf der Flöte?«

»Der Schrenkenstudent,« antwortete dieser; »das Bürschl macht sich.«

»Der Schrenkenstudent?« entgegnete Pladl mit erzürnter Miene. »Der Kerl blast ja grundfalsch, das ist ja kaum zum Anhören. – Nicht wahr?«

Der Kirchendiener, als welcher ein schöngeistiger 39 Schneider fungierte, sah Pladl fragend an, und mit einem verbindlichen Lächeln, wobei er sich Mühe gab, mit herabgezogener Oberlippe seine Zahnlücken zu verdecken, sagte er dann: »Miserabel – da hört sich alles auf!«

Und kopfschüttelnd nahm er seinen Platz auf der untern Stufe des Altares wieder ein, überglücklich, von dem Hüttenherrn angesprochen worden zu sein. –

Der Gottesdienst ging zu Ende und alle verließen, ihre Palmzweige vom Altare nehmend, die Kirche. Nachdem Franz alle seine Bekannte der Reihe nach gegrüßt und Prannes sich auf kurze Zeit von den Schrenken getrennt hatte, nahm der Glasmacher seinen Sohn am Arme und ging mit ihm vor das Dörfchen hinaus, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben; er wollte mit Franz eine Viertelstunde allein sein und mit ihm das Nähere besprechen über den in wenigen Tagen erfolgenden Abgang von Lohberg. Es war ihm lieb zu hören, daß Franz schon von allem unterrichtet sei, und er freute sich über dessen Aeußerung: »Ihr werdet nicht lang ohne Arbeit sein, Vater, denn auf jeder Hütte ist der Schrenk geachtet. Ich geh mit Euch, wohin's auch ist, und helf Euch und lern' von Euch, daß Ihr keine Sorge mehr haben dürft um mein Fortkommen auf der Welt.«

Der Alte klopfte ihm auf die Schulter: »Unser Herrgott wird's schon recht mach'n,« sagte er gerührt dazu. »Aber Franzl,« fuhr er dann fort, »noch könnt' sich d' Sach' wend'n; i hab' noch keinen Platz g'sucht, i hab' g'hofft, der Herr von Pladl wird diesel' Dummheit vergess'n und sich wieder aussöhnen mit mir, und hoff's no; i trenn' mi schwer von Prannes, wir san iatzt zammag'wöhnt und Leid und Freud hab'n wir redli mitanander teilt. Der 40 Herr Lehrer hat mir zuag'sagt, mit 'n Pladl die Sach einz'leiten; aber der Hüttenherr is no' so wild auf mi, daß er mi umbringen könnt, wenn er sich trauet. I hab' mir deshalb ein letztes Mittel ausg'sunna und woaßt was? Du, Franzl, gehst ins Herrenhaus und machst 'n Herrn von Pladl und der Frau dein Kompliment. Es schickt sich das voneh, und wenn die Sprach' auf mein' Abschied kommt, so richt'st es ein, daß 's aus dein Dischkurs entnehmen können, i hätt' schon längst koa' Fäserl Gall mehr auf den Herrn und daß, wie heunt der Pfarrer in der Kirch'n predigt hat, die Zeit der Versöhnung kommen is und daß i bleib, wenn das auch 'n Herrn Pladl sein Wunsch sein soll.«

Franz machte ein saures Gesicht bei dem Gedanken, mit dem groben Hüttenherrn noch einmal zusammenzukommen, aber er war gewohnt, keine Einrede zu machen, wenn sein Vater etwas von ihm verlangte. Er zweifelte zwar sehr an einem glücklichen Resultate dieser Sendung, denn Pladls Aeußerungen von gestern waren ihm noch zu lebhaft im Gedächtnis; aber er behielt diese Befürchtungen für sich, um sich ja nicht den Anschein zu geben, als thäte er nicht gerne nach dem Wunsche seines Vaters.

»Kannst auch der Rosalie dein Kompliment mach'n, die alleweil mit dir g'rauft hat; iatzt muaßt du's aber Fräul'n tituliern – kannst auch »gnä Fräul'n« sag'n, wenn's auch jünger is als du.«

Franz seufzte laut auf und sah dann lachend in das freundliche Gesicht seines Vaters. Gerne hörte der Sohn den Vater reden, der Vater wieder lauschte den Augen und 41 den Lippen seines Lieblings ab, was er Liebes und Gutes und Wohlmeinendes sagen wird.

»Vorig's Jahr am heuntigen Tag, weißt du's no', Franzl, hast mit den andern Hüttenbub'n unsern Herrgott 'rumtrag'n und hast das Puerilied mitsingen helfen. Sie wer'n di heuer g'wiß recht irr geh'n; no' schau, heuer kannst du dir was vorsing'n lass'n und i werd' dir extra an' Zwanz'ger geb'n, den du ihnen nachher schenken därfst.«

»Ich hab' mi scho' den ganzen Tag d'rauf g'freut,« entgegnete Franz, »und fast verdrießt's mich, daß ich mit den Pueribuben nimmer 'rumzieh'n kann; muß halt heuer den großen Herrn spiel'n und mir was vorsingen lassen, und wenn ich ihnen den Zwanz'ger geb', werden 's g'wiß vor mir Respekt kriegen! 's ist aber Zeit, daß wir ins Dorf zurückkehren, sonst versäumen wir die ganze Sach'.«

Demnach schlugen beide wieder den Weg zum Dorfe ein. 42


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