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2. Kapitel.

§ 34. Das Benehmen der ältesten Gattin gegenüber den Nebenfrauen.

Wenn sie nun von Nebenfrauen umgeben ist, wie muß sie sich dann benehmen? – So wird jetzt gehandelt von dem »Benehmen der ältesten Gattin gegenüber den Nebenfrauen«. – Hier gibt (der Verfasser) die Gründe für die Vielweiberei an:

Man heiratet eine zweite Frau bei Lebzeiten der ersten, wegen deren Beschränktheit und Boshaftigkeit; wenn man ihre Liebe nicht erwidern kann; wenn sie keine Kinder gebiert; wenn sie in häufiger Wiederholung Mädchen zur Welt bringt oder wenn der Liebhaber unbeständig ist.

»Beschränktheit«, Falschheit. »Boshaftigkeit«, infolge eines Charakterfehlers. – »Wenn sie keine Kinder gebiert«, wegen ihrer Unfruchtbarkeit. – Wenn sie häufig »Mädchen zur Welt bringt«.

Da suche sie von Anfang an das zu vermeiden, indem sie Liebe, Charakter und Gewandtheit zeigt. Wenn sie aber keine Kinder bekommt, dann gebe sie selbst den Anstoß, daß er eine zweite Frau nimmt.

Darum »suche sie von Anfang an« der Reihe nach jene Dreizahl, die Beschränktheit usw. »zu vermeiden, indem sie« ihre eigne »Liebe, Charakter und Gewandtheit zeigt«; die Unbeständigkeit des Liebhabers, durch Entfalten ihrer Gewandtheit. – »Wenn sie aber keine Kinder bekommt, dann gebe sie selbst den Anstoß« – sonst muß er es tun! – »daß er eine zweite Frau nimmt«; mit den Worten: ›Verheirate dich!‹ Wenn sie nur Mädchen gebiert, ist der Gang derselbe, da das Heiraten den Zweck hat, Söhne zu bekommen.

Wenn sie durch eine zweite Frau ersetzt werden soll, verschaffe sie ihr mit Aufbietung aller Kräfte die im Vergleiche zu ihr selbst höhere Stellung.

»Wenn sie durch eine zweite Frau ersetzt werden soll«, eine Nebenfrau zur Gesellschaft bekommen soll, aber noch nicht ersetzt ist, »verschaffe sie ihr mit Aufbietung aller Kräfte«, soweit ihre Kräfte reichen, im Hinblick auf sie, »die höhere Stellung«, d. h., höher auf Seite der Nebenfrau.

Was soll sie nun aber tun, wenn sie ersetzt worden ist? – Darauf sagt (der Verfasser):

Wenn sie kommt, betrachte sie sie wie eine Schwester. Mit Wissen des Liebhabers lasse sie ihr sehr eifrig die abendliche Ausstattung besorgen. Auf Begünstigung seitens des Liebhabers gegründete Feindseligkeiten oder Überhebung ihrerseits beachte sie nicht.

»Mit Wissen des Liebhabers«, damit der Liebhaber merkt, daß sie es getan hat. – »Abendlich«, den am Abend gebräuchlichen Schmuck. »Sehr eifrig«, auch wenn sie es nicht wünscht, lasse sie das durch ihre Dienerin besorgen, um ihr ihre Liebe zu zeigen. – »Auf Begünstigung seitens des Liebhabers gegründete Feindseligkeiten«, wenn sie dünkelhaft auftritt. Ungeduld, »Überhebung«, Änderung der Gesinnung, »beachte sie nicht«, kümmere sich nicht darum, aus Furcht, unterliegen zu müssen.

Wenn jene dem Gatten gegenüber unaufmerksam ist, so beachte sie das nicht. Wenn jene hierbei meint, daß sie ganz von selbst schon ihre Sache führen werde, dann belehre sie jene höflich.

»Wenn jene dem Gatten gegenüber«, mit Bezug auf den Gatten, »unaufmerksam ist«, sich achtlos gehen läßt, »so beachte sie das nicht«. Durch diesen Fehltritt dürfte sie sich die Vernachlässigung seitens des Gatten zuziehen. – »Wenn jene hierbei«, bei solcher Unaufmerksamkeit, »meint, daß sie ganz von selbst schon«, als rechte Nebenfrau, »ihre Sache führen werde« in Gestalt des Genusses des Liebhabers, »dann belehre sie jene höflich«, damit keine Achtlosigkeit vorfällt: ›Tue das nicht wieder!‹ – um ihre Liebe zu offenbaren.

Vor den Ohren des Liebhabers und unter vier Augen zeige sie deren außerordentliche Besonderheiten.

»Vor den Ohren des Liebhabers«, indem es zu den Ohren des Liebhabers dringt; »und unter vier Augen«, damit es kein Fremder hört. »Besonderheiten«, Kenntnis besonderer Künste. – »Außerordentliche«, die der Liebhaber noch nicht gemerkt hat. Wenn das gezeigt wird, sind nämlich beide erfreut.

Gegen ihre Kinder mache sie keinen Unterschied; gegen die Umgebung sei sie außerordentlich mitfühlend; gegen die Freunde liebenswürdig, gegen ihre eignen Verwandten nicht übertrieben höflich; gegen die Verwandten jener außerordentlich rücksichtsvoll.

»Gegen ihre Kinder«: die Kinderlose muß gegenüber der Kinderreichen so handeln. – »Gegen die Umgebung« der Nebenfrau, »sei sie außerordentlich mitfühlend«, wenn sie auch dem Liebhaber nicht angenehm ist. – »Die Freunde«: was jene für besondere Freunde hat, denen gegenüber sei sie »liebenswürdig«, um sie für sich zu gewinnen. – »Gegen ihre eignen Verwandten nicht übertrieben höflich«, um Tadel zu vermeiden.

Wenn sie aber durch mehrere ersetzt worden ist, dann verbinde sie sich mit derjenigen, welche ihr am nächsten steht.

»Wenn sie aber durch mehrere« Nebenfrauen »ersetzt worden ist, dann verbinde sie sich mit derjenigen, welche ihr am nächsten steht«, mit der Jüngern, nachdem sie ihren Charakter erkannt hat.

Diejenige aber, welche der Liebhaber am meisten begünstigt, entzweie sie mit der früheren Favoritin, indem sie sie aufreizt.

»Diejenige aber« unter jenen Frauen, »welche der Liebhaber am meisten begünstigt«, zur Favoritin zu machen wünscht, »entzweie sie mit der früheren Favoritin«, die früher die Freundlichkeit des Liebhabers genossen hat, »indem sie sie aufreizt«, dadurch, daß sie den Samen der Begünstigung seitens des Liebhabers legt.

Darauf zeige sie Mitgefühl.

»Darauf«, in der Folgezeit, »zeige sie Mitgefühl« mit der Entzweiten, tröste sie heimlich, um den Zwist noch zu vergrößern.

Im Bunde mit jenen suche sie, ohne selbst am Streite teilzunehmen, die am meisten Begünstigte zu verkleinern.

»Im Bunde mit jenen« anderen Nebenfrauen; eins mit ihnen; d. h., in dem Verhältnisse der Bundesgenossenschaft. Selbst wenn sie alleinsteht, »suche sie sie zu verkleinern«, vor dem Liebhaber, um den Samen der Begünstigung seitens des Liebhabers säen zu können, damit der Liebhaber den Beschluss faßt, jene nicht mehr zu besuchen. Viele hatten nämlich gesehen, daß er von ihr ganz eingenommen sei. – Auch hier »ohne am Streite teilzunehmen«, unparteiisch, um anzudeuten, daß das nicht ihre Sache ist.

Wenn sie aber mit dem Liebhaber entzweit ist, tröste sie sie, indem sie sie durch Ergreifen ihrer Partei aufrichtet.

»Wenn sie aber mit dem Liebhaber entzweit ist«, durch das Säen des Samens der Vernachlässigung, »tröste sie sie, indem sie sie durch Ergreifen ihrer Partei aufrichtet«, durch ihre Tugenden stärkt, indem sie ihr Rede und Antwort steht.

Sie mehre den Streit.

Mit dem Liebhaber, indem ihre Bemühungen ja gerade darauf gerichtet sind.

Wenn sie aber merkt, daß der Zwist nur unbedeutend ist, fache sie ihn selbst an.

»Wenn sie aber merkt, daß der Zwist« unterbrochen wird, so »fache sie ihn an«, damit er nicht schwach wird.

Wenn sie findet, daß der Liebhaber immer noch zu jener freundlich ist, dann bemühe sie sich selber um den Frieden. Das ist das Benehmen der ältesten Gattin.

»Dann bemühe sie sich selber um den Frieden«: wenn er zu ihr schlechterdings unfreundlich ist, dann rede sie zur Versöhnung zu, indem sie sagt: ›Sie bleibe eine von unseres Gleichen; verachtet diese nicht!‹

*

§ 35. Das Benehmen der jüngsten Gattin.

Wie soll nun die jüngste Gattin handeln? – So wird nun »das Benehmen der jüngsten Gattin« besprochen:

Die jüngste Gattin aber betrachte die Nebenfrau wie eine Mutter.

»Wie eine Mutter«, als wäre es ihre Mutter; die älteste Gattin.

Ohne ihr Wissen gebe sie keine Geschenke, selbst nicht an ihre Angehörigen.

Das ist das Mittel, vollständige Hingabe zu erzielen.

Ihre Angelegenheiten vollbringe sie ganz auf sie gestützt.

»Ihre Angelegenheiten«, ihre Geschäfte, die ihr selber verboten sind, »vollbringe sie ganz auf sie gestützt«.

Mit Erlaubnis schlafe sie bei dem Gatten.

»Mit Erlaubnis« der ältesten Gattin »schlafe sie bei dem Gatten«, indem das Beilager so auf rechtliche Weise erlangt wird.

Ihre Reden hinterbringe sie keiner anderen.

»Ihre Reden«, die Reden der ältesten Gattin, gute oder böse, erzähle sie vor keiner anderen, um Streit zu vermeiden.

Ihre Kinder beachte sie mehr als die eignen.

»Ihre Kinder«, die der ältesten Gattin und die der anderen.

Heimlich bediene sie den Gatten eifrig.

»Heimlich«, während des Beischlafes, »bediene sie den Gatten eifrig«, damit er sich an ihr mehr als an den anderen ergötze.

Sie erzähle nicht von ihrem Kummer, der aus den Feindseligkeiten der Nebenfrauen entsteht.

»Der aus den Feindseligkeiten der Nebenfrauen entsteht«, aus den Kränkungen seitens der Nebenfrauen. »Sie erzähle« das keinem andern aus sich heraus: denn wenn sie selbst davon berichtet, dürfte es der Liebhaber nicht glauben: von jemand anders aber lasse sie es ihm erzählen.

Sie trachte nach der ganz besonderen heimlichen Gunst des Gatten.

»Die ganz besondere Gunst des Gatten«: sie verlange danach, seitens des Gatten eine vor den anderen ausgezeichnete Verehrung, aber nicht offen, zu finden.

Sie spreche: »Durch diese lebe ich, (wie) von der Spende eines Zehrgeldes«;

»Durch diese« besondere Gunst »lebe ich, (wie) von der Spende eines Zehrgeldes«, wie von einer Wegekost.

Davon erzähle sie aber öffentlich nichts aus Großsprecherei oder in der Leidenschaft.

»Davon«, von der Gunst. »Aus Großsprecherei«, aus Prahlerei. »In der Leidenschaft«, aus Zorn gegen die Nebenfrauen, »öffentlich«, vor dem großen Haufen, »erzähle sie nichts.«

(Der Verfasser) beschreibt (diesen) Fehler:

Denn eine Frau, welche Geheimnisse verrät, erfährt Verachtung seitens des Gatten.

»Verachtung«, Vernachlässigung.

Aus Furcht vor der ältesten Gattin trachte sie nach ganz heimlicher Ehrung; sagt Gonardīya.

Sonst dürfte diese, wenn sie die besondere Gunst bemerkt, zürnen oder auf Verderben sinnen. Die Ansicht des Gonardīya ist übernommen worden, weil sie nicht verboten ist.

Wenn die älteste Gattin unfruchtbar ist und keine Kinder hat, habe sie Mitgefühl und lasse auch den Liebhaber Mitgefühl hegen.

»Lasse Mitgefühl hegen«, durch die Aufforderung, sie anzureden: um die eigne Trefflichkeit zu offenbaren.

Wenn sie sie aber besiegt hat, führe sie den Wandel der einzigen Gattin. – Das ist das Benehmen der jüngsten Gattin.

»Sie«, die unfruchtbare und kinderlose älteste Gattin. – Die in der Mitte zwischen der ältesten und jüngsten Gattin stehenden Frauen haben unter Berücksichtigung des Vorranges den Wandel der ältesten bzw. jüngsten Gattin zu führen.

*

§ 36. Das Benehmen der Witwe, die wieder geheiratet hat.

Wie ein Mädchen Gattin wird, so auch eine wiederverheiratete Witwe: so wird denn nun gehandelt von dem »Benehmen der Witwe, die wieder geheiratet hat«. – Eine Wiederverheiratete ist von zweierlei Art: entjungfert oder nicht entjungfert. Die letztere fällt unter den Begriff Mädchen, da sie der feierlichen Zurüstung würdig bleibt. So heißt es: »Die wiederum der Vorschrift gemäß geheiratet wird, da ihre Jungfernschaft noch nicht zerstört worden ist«. Bei der anderen findet keine feierliche Zurüstung statt, sondern nur das Aneignen: sie heißt für gewöhnlich aparuddhikā. Als solche ist sie auch im Lehrbuche geduldet. So sagt Vasiṣṭha: »Eine, die in Gedanken hingegeben ist; eine, die mit Worten hingegeben ist; eine, die unter glückverheißenden Zeremonien erbeten wird (?); eine, die unter Berührung mit Wasser geheiratet wird, und eine, die bei der Hand ergriffen wird; eine, die um das Feuer gegangen ist; eine Wiederverheiratete und eine, die geboren hat«. Hier sind die ersten sechs nicht entjungfert; »eine, die geboren hat«, ist eine solche, die entjungfert worden ist. – Mit Bezug auf diese gibt (der Verfasser) nun das Benehmen an:

Eine Witwe aber, die infolge der Schwachheit des Fleisches bedrückt wieder einen wohllebenden und vorzügebegabten Mann findet, die ist eine Wiederverheiratete.

»Eine Witwe«, eine Frau, deren Gatte gestorben ist. – »Infolge der Schwachheit des Fleisches«, infolge der Unmöglichkeit, die Sinne zu zügeln. »Bedrückt«, von Liebesverlangen gepeinigt. »Wohllebend«, dem Lebensgenüsse ergeben. »Vorzügebegabt«, mit den Vorzügen eines Liebhabers versehen. Die »wieder einen Mann findet«, einen zweiten bekommt, heißt »eine Wiederverheiratete«: da sie wieder in dem Stande der verheirateten Frau auftritt. – »Einen wohllebenden und vorzügebegabten«: das wird die Ansicht des Gonardīya sein.

Wenn sie sich aber nach Belieben wiederum entfernt, weil der Gatte ohne Vorzüge ist, dann kann sie einen anderen aufsuchen, sagen die Anhänger des Bābhravya.

»Wenn sie« aus dem Hause des Gatten »nach Belieben« hinausgegangen ist, »kann sie sich nach Belieben wiederum von hier – dem Gatten – entfernen«. Sein Mangel an Vorzügen ist der Bewerb, sich zu entfernen.

Nach Glück verlangend kann sie wohl wieder einen anderen suchen.

»Nach Glück verlangend«, nach dem Genüsse der Sinnenlust verlangend. – »Wohl«, beim Zweifel.

Bei Vorzügen samt Lebensgenuß wohnt die ganze Fülle des Glückes: darum ist das ein Unterschied gegen jenen, sagt Gonardīya.

»Die ganze Fülle des Glückes«: da das Glück der Vorzüge und das des Genusses der Wollust zusammentrifft. Warum entfernt sie sich also? – Da es sich so verhält, darum unterscheidet sich ein Wohlhabender und Tugendreicher von einem, der keine Vorzüge besitzt und den Genüssen nicht frönt. – Eine Frau aber, die sich immer wieder entfernt, bildet eine besondere Art von Hetären.

Wenn er dem eignen Herzen zusagt, lehrt Vātsyāyana.

Wenn auch der Mann mit Vorzügen geschmückt und dem Lebensgenüsse ergeben ist, so ist doch keine ganze Fülle des Glückes vorhanden, wenn er dem eigenen Herzen nicht zusagt. So ist das wieder eine andere Besonderheit. Damit zeigt (der Verfasser), daß kein anderer zu besuchen ist als der mit den genannten Vorzügen Geschmückte.

Sie suche durch die Verwandten von dem Liebhaber Gelage, Gärten, fromme Spenden, Bedienung der Freunde und andere Sachen zu erreichen, die Aufwand erfordern.

»Sie«, die Witwe. – »Durch die Verwandten«, ihre eignen. »Von dem Liebhaber«, auf dessen Kosten, verlange sie zu erreichen: »Gelage«, Unterhaltung bei berauschenden Getränken; »Gärten«, die Blumen und Früchte hervorbringen; »fromme Spenden«, was aus frommem Glauben gegeben wird; »Bedienung der Freunde usw.« Das Wort ›usw.‹ bedeutet, ihre eignen Angehörigen mit Kleidung usw. zu erfreuen. Bei der Ausführung dieser Handlungen findet eine Tätigkeit statt, die »Aufwand erfordert«. Nicht nur bloß Essen und Kleidung begehrt sie. Das ist ein Verlangen nach der besten Lebensweise.

Oder mit ihrem eignen Vermögen bestreite sie ihren und seinen Schmuck.

»Oder mit ihrem eignen Vermögen«: d. h., als Mittlere oder Gewöhnliche halte sie ihn voller Aufmerksamkeit aus.

Bei Liebesgaben findet keine Beschränkung statt.

»Bei Liebesgaben«, Dingen, die aus Liebe geschenkt worden sind, »findet keine Beschränkung statt« betreffs des Behaltens.

Wenn sie, ihrem eignen Verlangen folgend, aus dem Hause geht, soll sie gegen eine Liebesgabe eine andere, vom Liebhaber empfangene, Gabe eintauschen. Wird sie aber hinausgeworfen, so gebe sie nichts.

»Wenn sie ihrem eignen Verlangen folgend«, nicht aber wegen eines Fehlers des Liebhabers, »aus dem Hause geht, soll sie gegen eine Liebesgabe eine andere, vom Liebhaber empfangene Gabe«, ein eisernes Messer (?) »eintauschen«, herausgeben.

Sie erlange wie eine Gebieterin seine Behausung.

»Sie«, wenn sie den Wunsch hat, sich zu ihm zu begeben, mache das Haus des Liebhabers zu dem ihrigen »wie eine Gebieterin«, gleichsam als Herrin.

Wie soll sie sich während der ganzen Zeit gegen ihre Nebenfrauen benehmen? Darauf antwortet (der Verfasser):

Gegen die Frauen aus edlem Geschlechte sei sie liebenswürdig.

»Gegen die Frauen aus edlem Geschlechte«, die rechtmäßig gefreit worden sind. – »Liebenswürdig«, liebevoll.

Gegen die Dienerschaft allerseits sei sie freundlich, voller Scherze, gegen die Freunde rücksichtsvoll. Sie zeige Gewandtheit in den Künsten und über das gewöhnliche Maß hinausgehende Kenntnisse.

»Gegen die Dienerschaft allerseits«, der rechtmäßigen Frauen und des Liebhabers, handle sie »freundlich«. – »Voller Scherze«, kokett. – »Sie zeige Gewandtheit in den Künsten« und offenbare »über das gewöhnliche Maß hinausgehende Kenntnisse«, die der Liebhaber nicht kennt.

Bei den Gelegenheiten zum Streite tadele sie selbst den Liebhaber.

»Bei den Gelegenheiten zum Streite«: häufig wiederholte Trennung, Umgang mit freien Weibern, über zwei Nächte Ausbleiben, Verlassen des Schlafgemaches sind für sie Gelegenheiten zum Streite. Hierbei »tadele sie selbst«.

Heimlich warte sie ihm mit den vierundsechzig Künsten auf. Den Nebenfrauen sei sie selbst gefällig, deren Kindern schenke sie Schmucksachen; wie ein Gebieter werde sie von diesen bedient; Schmucksachen und Kleider besorge sie sorgfältig; gegenüber der Dienerschaft und den Freunden sei sie außerordentlich freigebig. Ihr Sinn sei gerichtet auf Gesellschaften, Gelage, Belustigungen in den Gärten und bei Prozessionen. – Das ist das Treiben der Wiederverheirateten.

»Heimlich«, dem auf dem Lager ruhenden Liebhaber. – »Mit den Künsten«, von den Umarmungen an bis zu dem Verhalten des Mannes bei dem Koitus. – »Den Nebenfrauen«, den Gattinnen aus edlem Geschlechte, »sei sie gefällig«, sobald sich eine Veranlassung bietet. – »Schmucksachen«, Zierstücke. »Wie ein Gebieter werde sie bedient« von diesen, da sie die Ursache edler Nachkommenschaft ist. – »Schmucksachen«, Blumen, Salben usw. »Gegenüber der Dienerschaft«, der eignen, sei sie »freigebig«, schenke sie. – »Gesellschaften«: ihr Sinn sei gerichtet auf gesellige Vereinigungen, »Gelage«, »Belustigungen in den Gärten«.

*

§ 37. Das Benehmen der zurückgesetzten Frau.

Unter diesen Gattinnen ist vielleicht auch eine, die ihrem Manne nicht gefällt: wie muß die sich benehmen? – So wird nun gehandelt von dem »Benehmen der zurückgesetzten Frau«:

Eine Frau aber, die ihrem Manne nicht gefällt und unter der Rivalität der Nebenfrauen zu leiden hat, schließe sich an diejenige unter ihnen an, die bei dem Gatten gleichsam die oberste Stelle einnimmt. Sie zeige offen ihre Kenntnisse in den Künsten. Infolge der Zurücksetzung hat sie keine Geheimnisse.

»Die unter der Rivalität der Nebenfrauen zu leiden hat«: das ist die Frucht der Zurücksetzung! »Sie schließe sich« besonders fest »an diejenige unter ihnen«, den Nebenfrauen, an »welche gleichsam die oberste Stelle einnimmt«, die von dem Gebieter Liebhaber zur ersten Gattin erhöht worden ist. Nachdem sie sich an diese angeschlossen hat, »zeige sie offen ihre Kenntnisse in den Künsten«, Gewandtheit im Blätterritzen usw. Das Zeigen ihrer Gewandtheit nämlich bewirkt Aufhebung der Zurücksetzung.

Für die Kinder des Liebhabers tue sie Wärterinnendienste.

»Wärterinnendienste«: Salben, Einreiben, Baden usw.

Sie gewinne seine Freunde und lasse durch sie ihre Anhänglichkeit offenbaren.

»Seine Freunde«, die Freunde des Liebhabers. – »Sie gewinne« durch Liebe und Fürsorge. – »Durch sie«, nachdem sie sie gewonnen hat, lasse sie von ihrer Anhänglichkeit berichten, um anzudeuten, daß sie nicht falsch ist.

Bei frommen Handlungen gehe sie voran, ebenso bei Gelübden und Fasten.

»Bei frommen Handlungen«, Totenmahlen usw., »gehe sie voran«, mache sie den Anfang. – »Bei Gelübden und Fasten«, die der Liebhaber abhält, gehe sie ebenfalls voran.

Gegen die Dienerschaft sei sie freundlich. Nicht als etwas Besonderes betrachte sie sich selbst.

»Gegen die Dienerschaft« des Liebhabers »sei sie freundlich«, soll sie Entgegenkommen zeigen. – »Nicht als etwas Besonderes betrachte sie sich selbst«, vor den Nebenfrauen und der Dienerschaft: weil das der Grund der Zurücksetzung ist. – Das ist das äußerliche Benehmen; nun beschreibt (der Verfasser) das innerliche:

Auf dem Lager erwidere sie nach seiner Gepflogenheit seine Leidenschaft.

»Nach seiner Gepflogenheit«, in Willfährigkeit gegen den Liebhaber. Wie der Liebhaber vorgeht, ebenso »erwidere sie«, auch wenn sie kein Verlangen danach hat, »seine Leidenschaft« bis zur Sättigung.

Sie tadele ihn nicht und zeige keine Sprödigkeit.

»Sie tadele ihn nicht«, daß er sie nicht leiden könne »und zeige keine Sprödigkeit«, Abgunst, durch Verhüllen ihrer Glieder.

Mit welcher er entzweit ist, die bringe sie zur Liebe zurück.

»Mit welcher«, Gattin nämlich, »er entzweit ist«, »die bringe sie zurück«, mache sie wieder geneigt, »zur Liebe«, zur Annäherung. ›Auf diese Weise wird er auch mir geneigt werden!‹

Welche er heimlich liebt, die bringe sie mit ihm zusammen und verstecke sie.

»Welche er heimlich liebt«, eine fremde Frau, »die bringe sie mit ihm zusammen«, indem sie die Botin macht, zum Liebesgenusse und »verstecke sie«, spreche zu keinem andern darüber.

Sie arbeite darauf hin, daß der Liebhaber an ihre Gattentreue und Offenheit glaubt. – Das ist das Benehmen der zurückgesetzten Frau.

»Sie arbeite darauf hin«, bemühe sich. Gewöhnlich sind nämlich Beschränktheit und Bosheit die Gründe der Zurücksetzung.

*

§ 38. Das Leben im Harem.

Wie es einen Abschnitt über die verheirateten Frauen gibt, so auch für den Liebhaber gegenüber der Frau; … – Sonst würde die Frau des Liebesgenusses nicht teilhaftig werden, selbst wenn sie mit dem Liebhaber vereint wäre und von ihm verehrt würde. Der Liebhaber nun ist von zweierlei Art: von königlichem Range oder aus dem Bürgerstande. Mit Bezug auf den ersten wird hier »das Leben im Harem« beschrieben. Das Treiben, wie es in dem Frauenhause vor sich geht, heißt das Leben im Harem … – Wie von dem Treiben des Königs, so muß man doch wohl auch von dem der Frauen im Harem sprechen? Darauf antwortet (der Verfasser).

Das Leben im Harem ersehe man aus diesem Paragraphen.

»Das Leben im Harem«, der dort befindlichen Frauen: diese sind gemeint. »Ersehe man aus diesem Paragraphen«: da gibt es ebenso eine einzige Gattin, eine älteste Gattin und so weiter: so wird das nicht besonders behandelt; für den König jedoch wird die Sache besonders dargestellt:

Kränze, Salben und Gewänder sollen ihre Kämmerer oder Zofen dem Könige darbringen als von den Gebieterinnen gesandt. Der König nehme es an und gebe ihnen als Gegengeschenk Opferüberbleibsel. Am Nachmittag besuche er geschmückt alle wohlgeputzten Frauen des Harem auf ein Mal.

»Als von den Gebieterinnen gesandt«: »er nehme es an«: dies usw. geschieht, um seine Zuneigung auszudrücken. – »Geschmückt«, in großer Toilette …

Je nach Zeit und Würde weise er ihnen ihre Plätze an, beobachte achtungsvolle Behandlung und beginne scherzhafte Geschichten.

»Je nach Würde«: was einer jeden mit Rücksicht auf ihre Herkunft und ihr Alter für ein »Platz« zukommt, Stellung; »achtungsvolle Behandlung«, Verehrung: nach diesen beiden Gesichtspunkten behandele er sie. – »Scherzhafte Geschichten«, von jeder Art. Das ist das Benehmen gegen die rechtmäßig verheirateten Frauen.

Darauf besuche er ebenso die Wiederverheirateten.

»Darauf«, nachdem er die rechtmäßigen Frauen gesehen hat, »besuche er ebenso die Wiederverheirateten«, auf ein Mal, denen er ebenso ihre Plätze anweist und die er achtungsvoll begrüßt.

Darauf die Hetären, die darinnen wohnen und die Schauspielerinnen.

»Die darinnen wohnen«, zu dem Harem gehören. – »Schauspielerinnen«, die für das Schauspiel bestellt sind. – Diese besuche er ebenso.

Deren Plätze sind die ihnen zukommenden Galerien.

»Deren«, der Wiederverheirateten usw. »Die ihnen zukommenden Galerien«: in der Mitte sitzen die Königinnen, in der dahinterliegenden Galerie die Wiederverheirateten, dahinter die Hetären, und wiederum dahinter die Schauspielerinnen.

Die Kammerfrauen aber sollen, von ihren Dienerinnen begleitet, dem Könige, wenn er sich am Tage von dem Lager erhebt, melden, welche Frau an der Reihe ist, welche übergangen ist und welche die Regel hat; und sollen das von ihnen gesandte, mit einem Ringabdrucke versehene Geschenk, Salben usw., überbringen und Reihe und Regeln angeben.

»Übergangen«, über Gelagen und Festen vergessen. – »Welche die Regel hat«, deren Regeln eingetreten sind. – »Von ihren Dienerinnen begleitet«, von den Dienerinnen, so viele ihrer die drei Königinnen haben, begleitet. »Die Kammerfrauen«. – »Wenn er sich am Tage von dem Lager erhebt«, wenn er sich von dem Schlafe nach der Mahlzeit erhebt. – »Welche übergangen ist und welche die Regel hat«. – »Mit einem Ringabdrucke versehen«, versiegelt. – »Salben«, um die Zusammengehörigkeit anzudeuten. »Reihe«, die daran ist oder übergangen ist. »Regel«, die eingetretene.

Von welcher der König hierbei etwas annimmt, die bezeichne er als an der Reihe.

»Hierbei«, bei dieser Meldung. – »Was der König hierbei annimmt«, von welcher das versiegelte Geschenk.

Bei Festen finde allseitige, entsprechende Ehrung und Gelage statt; ebenso bei Konzerten und Schaustellungen.

»Entsprechende Ehrung«, der Herkunft und dem Alter entsprechend. – »Gelage«, mit ihnen zusammen.

Die im Harem wohnenden Frauen dürfen nicht hinausgehen, und die draußen befindlichen haben keinen Zutritt, abgesehen von solchen, deren Lauterkeit man kennt. So ist die Ausführung der Handlungen unbeeinträchtigt. – Das ist das Leben im Harem.

»Abgesehen«: da diese nämlich frei von Ränken sind, so tun die keinen Schaden. – »So ist die Ausführung der Handlung unbeeinträchtigt«, die Ausübung des Liebesgenusses dürfte so ungestört sein.

*

§ 39. Des Mannes Umgang mit mehreren Frauen.

Wie der König mehrere Frauen hat, so kann es auch bei einem Manne aus dem Volke sein: darum wird jetzt gehandelt von »des Mannes Umgang mit mehreren Frauen«. – Hier sagt (der Verfasser) im allgemeinen:

Hier gibt es einige Verse:

Ein Mann aber, der viele Frauen zusammenbringt, sei gleichartig gegen sie: er zeige keine Mißachtung und dulde keine Lügen.

»Er sei gleichartig«, richte seine Liebe nicht auf eine einzelne Person. – »Er zeige keine Mißachtung«: selbst Frauen, die der Vorzüge und der Schönheit ermangeln, vernachlässige er nicht; »und dulde keine Lügen«, Vergehen: sonst, wenn ihnen derlei nachgesehen wird, tun sie es wieder.

Das Wollustspiel oder ein körperliches Gebrechen oder eine vertrauliche Zurechtweisung der einen teile er den anderen nicht mit.

Eine andere Lesart hat: »Was der auf dem Lager Ruhenden behagt«. – »Er teile es den anderen nicht mit«, weil das die Veranlassung ist, daß die Frauen Abneigung empfinden.

Er lasse den Frauen nimmermehr freien Lauf, wenn es sich um eine Nebenbuhlerin handelt; und die ihn deshalb so tadelt, die belaste er gerade mit der Schuld.

»Er lasse den Frauen nimmermehr freien Lauf«, um Streitigkeiten zu vermeiden. – »Wenn es sich auch um eine Nebenbuhlerin handelt«: wenn auch ein Grund in Gestalt einer Nebenbuhlerin vorliegt. – Wenn sie ihn »so«, auf diese Weise, wegen seiner Nichtsnutzigkeit »tadelt«, mit Recht, wegen der Vernachlässigung, dann »belaste er sie gerade mit der Schuld«, indem er sagt: ›Du bist der schuldige Teil, nicht sie!‹

Nun beschreibt (der Verfasser) den Umgang im einzelnen:

Er ergötze die Frauen, die eine durch heimliches Vertrauenerwecken; die andere durch offne Verehrung; wieder eine andere durch Ehrerbietung.

»Durch heimliches Vertrauenerwecken« diejenige, welche schamhaft ist; »durch offne Verehrung« diejenige, welche unter den Nebenfrauen eine hohe Stellung erlangen will; »durch Ehrerbietung« diejenige, welche Geist besitzt.

Durch den Besuch der Gärten, Genüsse, Geschenke, Verehrung ihrer Verwandten und durch heimliche Liebesdienste ergötze er jede für sich.

»Durch den Besuch von Gärten« diejenige, die das liebt; »durch Genüsse« diejenige, welche nach Genüssen lüstern ist; »durch Verehrung ihrer Angehörigen« diejenige, die sich in ihrem Herzen nach den Verwandten richtet; »durch heimliche«, im Geheimen geschehende »Liebesdienste«, diejenige, die die Wollust liebt.

Nun gibt (der Verfasser) den Erfolg an, wenn man den Inhalt dieses Abschnittes beherzigt:

Eine junge Frau, die ihren Zorn besiegt und je nach dem Lehrbuche lebt, macht sich den Gatten untertan und steht über den Nebenfrauen.

»Die ihren Zorn besiegt«; das ist das Anzeichen für die Beherzigung des Lehrbuches; »und je nach dem Lehrbuche lebt«, was einer jeden für ein Lehrbuch zukommt: das Benehmen der einzigen Gattin, der ältesten Gattin usw.; »und steht über den Nebenfrauen« …

*


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