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Distichen IV

Weibliches Urtheil.

Männer richten nach Gründen; des Weibes Urtheil ist seine
    Liebe: wo es nicht liebt, hat schon gerichtet das Weib.

Liebe und Begierde.

Recht gesagt, Schlosser! Man liebt, was man hat, man begehrt, was man nicht hat;
    Denn nur das reiche Gemüth liebt, nur das arme begehrt.

Deutscher Genius.

Ringe, Deutscher, nach römischer Kraft, nach griechischer Schönheit!
    Beides gelang dir; doch nie glückte der gallische Sprung.

Erwartung und Erfüllung.

In den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling;
    Still, auf gerettetem Boot, treibt in den Hafen der Greis.

Das gemeinsame Schicksal.

Siehe, wir hassen, wir streiten, es trennet uns Neigung und Meinung;
    Aber es bleichet indeß dir sich die Locke, wie mir.

Güte und Größe.

Nur zwei Tugenden gibt's. O, wären sie immer vereinigt,
    Immer die Güte auch groß, immer die Größe auch gut!

Naturforscher und Transcendental-Philosophen.

Feindschaft sei zwischen euch! Noch kommt das Bündniß zu frühe;
    Wenn ihr im Suchen euch trennt, wird erst die Wahrheit erkannt.

Die Triebfedern.

Immer treibe die Furcht den Sklaven mit eisernem Stabe;
    Freude, führe du mich immer am rosigten Band.

Der Vater.

Wirke, so viel du willst, du stehst doch ewig allein da,
    Bis an das All die Natur dich, die gewaltige, knüpft.

Menschliches Wirken.

An dem Eingang der Bahn liegt die Unendlichkeit offen,
    Doch mit dem engesten Kreis höret der Weiseste auf.

Deutsches Lustspiel.

Thoren hätten wir wohl, wir hätten Fratzen die Menge;
    Leider helfen sie nur selbst zur Komödie nichts.

Das Verbindungsmittel.

Wie verfährt die Natur, um Hohes und Niedres im Menschen
    Zu verbinden? Sie stellt Eitelkeit zwischen hinein.

Buchhändler-Anzeige.

Nichts ist der Menschheit so wichtig, als ihre Bestimmung zu kennen:
    Um zwölf Groschen Courant wird sie bei mir jetzt verkauft.

Der Zeitpunkt.

Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren;
    Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.

Der erhabene Stoff.

Deine Muse besingt, wie Gott sich der Menschen erbarmte,
    Aber ist das Poesie, daß er erbärmlich sie fand?

G. G.

Jeder, sieht man ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig;
    Sind sie in corpore, gleich wird euch ein Dummkopf daraus.

Der moralische Dichter.

Ja, der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß – doch das wollt' ich
    Eben vergessen und kam, ach, wie gereut mich's, zu dir!

Kant und seine Ausleger.

Wie doch ein einziger Reicher so viele Bettler in Nahrung
    Setzt! Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu thun.

Der Kunstgriff.

Wollt ihr zugleich den Kindern der Welt und den Frommen gefallen?
    Malet die Wollust – nur malet den Teufel dazu!

Wissenschaft.

Einem ist sie die hohe, die himmlische Göttin, dem Andern
    Eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.


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