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Der Flüchtling.

Frisch athmet des Morgens lebendiger Hauch;
    Purpurisch zuckt durch düstrer Tannen Ritzen
Das junge Licht und äugelt aus dem Strauch;
        In goldnen Flammen blitzen
        Der Berge Wolkenspitzen.
Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied
    Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne,
    Die schon in lachender Wonne
Jugendlich schön in Auroras Umarmungen glüht.

        Sei, Licht, mir gesegnet!
        Dein Strahlenguß regnet
Erwärmend hernieder auf Anger und Au.
        Wie silberfarb flittern
        Die Wiesen, wie zittern
Tausend Sonnen im perlenden Thau!

        In säuselnder Kühle
        Beginnen die Spiele
            Der jungen Natur.
        Die Zephyre kosen
        Und schmeicheln um Rosen,
Und Düfte beströmen die lachende Flur.

Wie hoch aus den Städten die Rauchwolken dampfen!
Laut wiehern und schnauben und knirschen und strampfen
        Die Rosse, die Farren;
        Die Wagen erknarren
            Ins ächzende Thal.
        Die Waldungen leben,
Und Adler und Falken und Habichte schweben
Und wiegen die Flügel im blendenden Strahl.

        Den Frieden zu finden,
        Wohin soll ich wenden
            Am elenden Stab?
        Die lachende Erde
        Mit Jünglingsgeberde
            Für mich nur ein Grab!

Steig empor, o Morgenroth, und röthe
    Mit purpurnem Kusse Hain und Feld!
Säusle nieder, Abendroth, und flöte
    Sanft in Schlummer die erstorbne Welt;
        Morgen – ach! du röthest
            Eine Todtenflur,
Ach! und du, o Abendroth! umflötest
    Meinen langen Schlummer nur.


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