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Die Rache der Musen

Eine Anekdote vom Helikon

Weinend kamen einst die Neune
    Zu dem Liedergott.
»Hör, Papachen«, rief die Kleine,
    »Wie man uns bedroht!

Junge Dintenlecker schwärmen
    Um den Helikon,
Raufen sich, hantieren, lärmen
    Bis zu deinem Thron.

Galoppieren auf dem Springer,
    Reiten ihn zur Tränk,
Nennen sich gar hohe Sänger,
    Barden eingedenk!

Wollen uns – wie garstig! – nöten,
    Ei! die Grobian!
Was ich, ohne Schamerröten,
    Nicht erzählen kann;

Einer brüllt heraus vor allen,
    Schreit: Ich führ das Heer!
Schlägt mit beiden Fäust und Ballen
    Um sich wie ein Bär.

Pfeift wohl gar – wie ungeschliffen! –
    Andre Schläfer wach.
Zweimal hat er schon gepfiffen,
    Doch kommt keiner nach.

Droht, er komm noch öfter wieder;
    Da sei Zeus dafür!
Vater, liebst du Sang und Lieder,
    Weis ihm doch die Tür!«

Vater Phöbus hört mit Lachen
    Ihren Klagbericht:
»Wollen's kurz mit ihnen machen,
    Kinder, zittert nicht!

Eine muß ins höllsche Feuer,
    Geh, Melpomene!
Leihe Kleider, Noten, Leier
    Einer Furie.

Sie begegn' in dem Gewande,
    Als wär sie verirrt,
Einem dieser Jaunerbande,
    Wenn es dunkel wird.

Mögen dann in finstern Küssen
    An dem artgen Kind
Ihr wilden Lüste büßen,
    Wie sie würdig sind.«

Red und Tat! – Die Höllengöttin
    War schon aufgeschmückt;
Man erzählt, die Herren hätten
    Kaum den Raub erblickt,

Wären, wie die Gei'r auf Tauben,
    Losgestürzt auf sie –
Etwas will ich daran glauben,
    Alles glaub ich nie.

Waren hübsche Jungens drunter,
    Wie gerieten sie,
Dieses, Brüder, nimmt mich wunder,
    In die Kompanie?

Die Göttin abortiert hernach:
Kam raus ein neuer – Almanach.


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