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Radowessiers Todtenlied.

Seht, da sitzt er auf der Matte,
    Aufrecht sitzt er da,
Mit dem Anstand, den er hatte,
    Als er 's Licht noch sah.

Doch, wo ist die Kraft der Fäuste,
    Wo des Athems Hauch,
Der noch jüngst zum großen Geiste
    Blies der Pfeife Rauch?

Wo die Augen, falkenhelle,
    Die des Rennthiers Spur
Zählten auf des Grases Welle,
    Auf dem Thau der Flur?

Diese Schenkel, die behender
    Flohen durch den Schnee,
Als der Hirsch, der Zwanzigender,
    Als des Berges Reh.

Diese Arme, die den Bogen
    Spannten streng und straff!
Seht, das Leben ist entflogen!
    Seht sie hängen schlaff!

Wohl ihm, er ist hingegangen,
    Wo kein Schnee mehr ist,
Wo mit Mais die Felder prangen,
    Der von selber sprießt;

Wo mit Vögeln alle Sträuche,
    Wo der Wald mit Wild,
Wo mit Fischen alle Teiche
    Lustig sind gefüllt.

Mit den Geistern speist es droben,
    Ließ uns hier allein,
Daß wir seine Thaten loben
    Und ihn scharren ein.

Bringet her die letzten Gaben,
    Stimmt die Todtenklag'!
Alles sei mit ihm begraben,
    Was ihn freuen mag.

Legt ihm unters Haupt die Beile,
    Die er tapfer schwang,
Auch des Bären fette Keule,
    Denn der Weg ist lang;

Auch das Messer, scharf geschliffen,
    Das vom Feindeskopf
Rasch mit drei geschickten Griffen
    Schälte Haut und Schopf.

Farben auch, den Leib zu malen,
    Steckt ihm in die Hand,
Daß er röthlich möge strahlen
    In der Seelen Land.


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