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Alsuana.

Gegen Abend desselbigen Tages saß Richard einsam und ernst in dem Sale seines Hauses. Einigen Freunden zu gefallen, hatte er in demselben mehrere eben so schöne als wunderbare Götterbilder der Indier, mit Gold und Purpur und himmlischem Blau geschmückt, aufstellen lassen. Einige lehrten; Andere standen in tiefer Anschauung, stille Ehrfurcht gebietend, wie Alles, was einer menschlichen Seele heilig ist. Im Grunde des Sales war der Zwerg Amok in reichem Schmucke aufgestellt. Richard hatte dies gethan, um sich vor dem, durch ihn des Lebens beraubten, armen Geschöpfe seiner aufbrausenden Hitze zu schämen, und sie zu bereuen. Denn eine andere Folge hatte diese That in einem Lande nicht gehabt, wo jeder unbedingt Herr über Leben und Tod seines Sklaven ist; und für einen solchen hatte Amok gegolten. Er war kunstverständig einbalsamirt und dauerhaft mit Arsenik durchstreuten Stoffen ausgestopft. Zu des Zwerges Linken stand, in funkelnde Gewande gekleidet, der gute heilige Arkot, der theils an den Folgen seines Sturzes, theils aus Sehnsucht nach seiner Gebieterin Olivia gestorben war. Denn Olivia hatte ihn auferzogen, abgerichtet, ja gelehrt, als sie noch arm mit ihrer Mutter lebte; er hatte Wasser geholt, im Garten geholfen, graben und pflanzen und ernten, Reis, Obst und andere Früchte der Erde, und im Hause gleich einem treuen, nur der Sprache entbehrenden Diener gedient. Und auch dieser Mangel war dem Vorzug der Verschwiegenheit gleich. – Jetzt nun war er aus Olivia's leerem Zimmer nicht wegzubringen gewesen; er hatte sein Bett sich dahingetragen, welches er sich selbst täglich machte. Er verzehrte sich nach und nach, nahm aber die Mittel gehorsam ein, und reichte Jedem freundlich die Hand, der ihn besuchte und ihn tröstete, wenn er mit verbundenem Kopfe still, ohne Seufzen, ohne Klagestimme, geduldig seine Schmerzen ertrug. Olivia's auf immer entschlafenes Kind, dessen kleiner Körper von dem geschickten Arzte einbalsamirt worden war, stundenlang anzusehen, war seine einzige noch übrige Freude, und wenige Stunden, ehe er starb, mußte man es ihm noch zu seinem Lager bringen, welches er durch wiegende Arme, durch eine Art Pischlaut und stille Thränen rührend zu verstehen gab. So hatte sich die Liebe zu dem Kinde von einem Wesen, dem er treu ergeben war, – von des Kindes Mutter – auf ihn übertragen. So war auch ihm geschehen, was allen Geschwistern wie allen Vätern in aller Welt nur geschieht, aber süß und treu und allgnüglich geschieht.

Nun er todt war, stand das Kind in einem krystallenen durchsichtigen Sarge, auf Blumen gebettet, wiederum in dem Sale an seinem Ort unter den übrigen Göttergestalten wie ein kleiner Engel, wie lebend, und nur sehr blaß und zu lange still, wie von leisem hauchlosen Schlummer befangen. Ueber demselben hing an der Wand das Bild von Richard's Vater, welches, als Rahmen, mit lauter Medaillons eingefaßt war, die verschiedene Gegenden aus Richard's Heimath, Freunde und Scenen aus seiner Kindheit darstellten. Er hatte das Gemälde einst schon aus seinem Vaterlande mitgenommen, stets mit sich geführt, und aufgestellt, wo er verweilt, um sich an der wundersamen Mischung der Zeiten und Oerter, des Todten und Lebendigen, mit Herz und Geist zu erquicken.

Wie Richard jetzt im stillen Abendglanze sein Kind betrachtete, das seinen Ursprung von ihm genommen, und jetzt, indeß Er noch lebte, schon todt war, so schauderte ihm vor seinem eigenen Wesen; daß er mit Todten, ja mit dem Tode selbst so schauerlich-sichtbar verwandt sei.... so unsichtbar-nahe an seiner Grenze wohne, und in einem Augenblicke dem von ihm still und geheimnißvoll, aber so fest und unentreißbar umarmten Gebilde gleich sein könne! vor Allem aber gab es ihm zu bedenken: Wozu die Natur doch erst so viel Einleitungen und Zurüstungen gemacht? Die feinen, schimmernden Härchen, die gefalteten Augenwimpern, die kleinen Zähnchen zu bilden, und den wie ein Moosgeflecht zart und kunstreich gewobenen Leib! Warum sie einen kleinen lieblichen Gast und Geist der Erde gleichsam zum Besten gehabt, indem sie ihn nur wenige Tage Vater und Mutter, einige Blumen des Jahres, ein paar Gewölke, und Mond und Sonne noch kaum vor Glanz recht schauen lassen, und das Alles nur – um dieses ganze schöne Gemälde plötzlich vor ihm wieder hinwegzulöschen. – Ist denn ein Kind mehr als eine Blüthe? fragte er sich; und wie viele Blüthen schüttet die große Mutter gedankenlos an den Boden, und selbst kleine grüne Früchte!

Er wünschte beinahe nicht, wie er nicht mehr hoffte, daß ihm seine arme Olivia je wiedergebracht würde, und sie dieß unaussprechlich Rührende, ihr eigenes sonst über Alles geliebtes Kind, jetzt gedankenlos und gleichgültig anschaue, wie es die Sonne anzuschauen schien, die eben untergehend das stille kleine Gebild mit ihrem Feuer umwob, daß der Krystall funkelte, und die zarten Wangen geröthet schimmerten, schöner als wenn es – nur lebe.

Hallende Tritte vor Richard's Thür weckten ihn aus seinen Gefühlen. Die Mutter kam hastig herein, und rief ihm zu: Olivia ist da! Sie ist wohl und gesund, du hast sie wieder! Ezeleddin, die Mohrin und Salianens Bruder haben sie so eben gebracht, wie sie mir flüchtig sagte. – Und ehe er sich noch von seinem freudigen Schreck erholt, hing Olivia an seinem Halse, und weinte und drückte ihn unbeschreiblich.

Jetzt trat der alte silberbärtige Ezeleddin herein. Die Krankheit deiner Frau, hub er an, welche wir ehrten, hat verhindert, sie dir längst wieder zu bringen. Du bist Walter's Bruder, wie ich zu spät erfahren, und so nahm ich seitdem doppelte Rücksicht. Aber wo ist nun auch meine Saliane? Sie bist du mir dafür schuldig, ich habe sie dir zu danken, und danke dir! Wo ist sie? –

Wo ist meine Schwester? fragte auch der junge schöne Joseph, an dem auch der größte Kenner männlicher Schönheit Nichts hätte tadeln können, als vielleicht sagen: er ist zu mädchenhaft. Lady Esther, die ihn jetzt deutlich ansah, erstaunte vor ihm mit erhobener Hand, und flüsterte zu Richard: Das ist der Engel, den ich gesehen!

Richard war in Verlegenheit, zu antworten; und da Ezeleddin französisch gesprochen, übernahm es die Mutter, ihm jede erwünschte und nicht erwünschte Auskunft zu geben. Der alte Betrogene entbrannte von einem solchen Zorn, wie er den feurigsten Mann in aller seiner Kraft nicht stärker ergreifen konnte. Mit von sich gestreckter Hand, aufgeworfenem Kopfe starrte er stumm mit rollenden Augen auf einen Ort. Dann fragte er nur noch einsylbig? »Walter? – zu Schiff? – heut?« – und auf stumme Bejahung verließ er mit großen Schritten den Sal. Joseph, der betreten verweilte, hätte lieber geweint.

Olivia hatte indeß ihr Kind gefunden, und stand mit gefalteten Händen staunend und überrascht davor. Sie kannte es wieder, wie alles Andere, und beugte sich still, es mit ihren Armen umfangend, darüber hin. Denn jener Schreck der Raubung hatte sie tief erschüttert, und nach der Krankheit, die sie darauf befallen, war ihr die Erinnerung wiedergekommen. Aber nicht allein die Erinnerung, sondern auch Scham, Reue, Gelassenheit und die innigste Liebe zu ihrem schwerverkannten und tiefgekränkten Gemahl. Das von ihr oft verstoßene Kind war todt, und bedurfte nun ihrer nicht mehr; und sie stand allein, voll ihrer Mutterliebe. Selbst ihre Thränen berührten es nicht! Nur das noch zu schauen war ihr vergönnt, was sie sich erkühnt, zu hassen! –

Während alle dem hatte die Mohrin Alsuana ihren prächtig gekleideten Sohn Amok von ferne entdeckt, war auf ihn zugeeilt, und hatte ihn im ersten Augenblicke für lebendig gehalten, umarmt und geküßt; aber die kalte Lippe, sein starres Wesen, sein gläsernes Auge entsetzten sie. Seine Augenbraunen und sein Bart flimmerte bestaubt. Sie war lange ohne Fassung, weinte sich aus, ohne daß sie Jemand tröstete, und fragte jetzt heftig, wie er gestorben?

Er ist todt! das gnüge dir; antworte Richard, es mit ihr wohlmeinend, und strich sich seufzend die Haare aus der Stirn.

Sie betrachtete nun Richard lange und, wie sich besinnend, und die Augen von ihm voll erwachender Gedanken abwendend, erblickte sie auch das Bild, und stieß einen lauten Schrei aus.

Du bist Richard? rief sie jetzt plötzlich verwandelt und froh erstaunt. Dann trat sie ihm näher und fragte ihn wohlbehaglich und vertraut: Kennst du auch mich noch? Nicht oder willst du nicht? Freilich damals war ich jung und schlank und schön, wie Du schlank nanntest! Jetzt ist das Alles anders! Doch auch die schöne, schöne Kioso ist nicht mehr schön! Aber sie ist aufgegangen, wie eine Lilie, und hat sich in zwei Blumen getheilt, in Saliane und diesen Jussuf, den du noch in der Wiege gesehen. Sieh ihn nun an, diesen Jussuf, und wenn er dir gefällt, sei stolz! Der Vater der Kinder ist todt; sie wären wirklich Waisen – ohne dich. O, wie hab' ich mich Jahre lang auf diese Stunde gefreut! Nun ist sie da, gelobt sei der Prophet!

Richard schwieg.

Du weißt es, Jussuff – wandte sie sich an diesen – was ich dir gesagt, als du sterbenskrank darnieder lagst, daß sie den Vater dir fortgetragen! Da wußte ich Rath! Das ist nun der fremde Mann! scheue dich nicht, ihn anzusehen! geh, wirf dich ihm zu Füßen, er kann dich segnen! ein Vater ist der Vater unter allerlei Volk! er kann dich zum Emir machen, denn er ist reicher als die Kabba!

Joseph, bis an die Stirn erröthet, wollte Richard seine Hand reichen – aber dieser, mit einem Blick auf Olivia und die Mutter, die abgewandt gestanden, und ihren Sohn jetzt ernst und gespannt ansah – wich vor ihm zurück. Da wich auch er beschämt zurück und sahe die Mohrin an mit einem stillen Vorwurf, und ging beiseit.

Einen solchen Schatz nicht anzunehmen! sprach sie unwillig: einen Jüngling, der als Sklave fünftausend Zechinen kosten würde, und als Sohn zehntausend werth ist! Ich muß mich recht besinnen, ob ich es noch bin? Weiß ich nicht Alles? Sieh' mich an! Wer war es, der dich das erste Mal geleitet die Treppe hinauf zu Kioso? und dich Zitternden ergriff, daß du nicht Geräusch erregtest? Ha! du wirst blaß! du bist es!

»Du bist es;« wiederholte Richard tonlos.

O der guten Zeit! fuhr Alsuana mit Lächeln fort; damals fiel manches Geschenk, ach, manches Liebe, auch für mich ab von dir, und auch – mein armer Sohn, dein Amok, hier! ein Sklave ohne dich; doch du, sein reicher heimlicher Vater, warst fort über alle Berge! – Du hast ihn wenigstens doch gut gepflegt in seiner letzten Stunde? Dann mag es sein; es ist geschehen – so sollte es denn geschehen. Gelobt sei der Prophet!

Richard erblaßte nun tödtlicher. Es war die ihm einst nur zu wohl bekannte, einst wunderschöne Alsuana.... die Sklavin der ihrem Manne treulosen, aber ihn liebenden treuen Kioso. Daß er den Unhold erschlagen, der seinen Bruder und sein Kind geopfert, ward ihm sogar nur zum Scherze dagegen: daß seine Mutter Alsuana mit Freudenthränen ihn seinen Sohn genannt. Und vor seinen Ohren war ihm, als kehre ein am Morgen vorübergezogenes Gewitter jetzt schwer sich entladend zurück. Die Seinigen schwiegen um ihn, und harrten beschämt auf ein leugnendes, solche Schmach fortstoßendes Wort aus seinem Munde. Aber er sank ohne dieß Wort in seiner Olivia Arme, die ihn auf den Teppich lehnte, mit dem Kopfe in ihren Schoß. Joseph aber kniete zu ihm, berührte ihn nun zum ersten Mal, und drückte seine Füße unter Thränen.

So hatte Richard das engelgleiche Gesicht Joseph's vor seinen Augen. Aber der Welt umher nicht mehr achtend, besprach sich sein Geist mit sich selbst: Ja, die Thaten des Menschen sind nicht in die Luft geschrieben, wie Kinder mit den Fingern an den lauen Himmel schreiben, und Niemand sieht ihre Züge, wie sie! – Jemand webt sie ein in den Teppich des Lebens! Was vom Leben kommt ist lebendig, das lebt in der, jeden Keim wie eine Mutter heilig bewahrenden, fortentwickelnden Natur – sie giebt uns wieder, was wir ihr gegeben. Aber fester noch, als die That bekleibt in der Welt, brennt sich der Gedanke in die Tafel des Gedächtnisses, und ich werde sein wie ich bin, und ich bleibe wie ich war; Thaten stehen einzeln – das Menschen-Leben ist doch ein Ganzes, ein Untheilbares, vom ersten Kindergedanken bis in das verschattete Haupt des Greises. Und vergingen selbst die Werke, verhallten die Gedanken, so vertilgt doch Nichts das Gefühl, den Sinn, den Willen aus meinem Bewußtsein, in welchem ich jemals auch das Geringste gedacht und gethan: unsere Brust wird unsere Todtenglocke, und ihre Stimmung klingt den Himmel an oder die Hölle.

Unter einem langen aus tiefer Brust tönenden »Oh!« sank er zurück, verlor aber die Besinnung und mußte zu Bett gebracht werden. Und die gute arme Alsuana stand ihm bei und trug seinen Kopf in ihren sammtenen Händen – so lange sie durfte. Dann weggescheucht, ja weggestoßen, stand sie da wie zu schwarzem Marmor verwandelt, das zur Erde geneigte Gesicht, die geschlossenen Augen mit ihrer linken Hand noch wie mit einem Schirme bedeckt.

Olivia war untröstlich um ihn. Sie reichte, ohne sie anzublicken, nun selbst Alsuana die Hand zum Abschied, die sich still und verlegen zurückzog, und reichte sie Joseph und zwang ihn, zu bleiben. Olivia, die strenge Olivia, vergab jetzt auch das. Denn großes Unrecht vergiebt ein edles Gemüth am Leichtesten; und ein von großem Unglück niedergestürzter Mensch ist nicht mehr unseres Hasses, nur des Mitleids und der Liebe fähig – wie bedürftig. Sie fühlte sich nun erst rein und leicht.

Und so sprach sie des Abends zur Mutter an Richard's Bett: Mein Mann hat sich in sein Tagebuch da ein Wort eingeschrieben, und ich habe es mir auswendig gelernt, so bleibt es mein stiller Begleiter. Es ist ihm wahr, es ist mir wahr; es ist allen Unglücklichen, schuldigen und unschuldigen, tröstlich; und Allen beruhigend, die auch nur Unglückliche um sich her sehen müssen! Es heißt:

                   

»Das sehen meine Augen deutlich, sehen's
Unwiderleglich an dem Lauf der Welt
Was Unglück sei, und was es soll! Es ist
Das dunkle Labyrinth, worein ein Gott
Den Menschen gnädig führt, damit ein Jeder
Sein Leben prüfe; daß der Böse denn
Sein Böses kennen, und es abthun lerne –
Und daß der Gute seine gute Seele
Erst recht erfahre und genieße. Denn
Wir sehn den Bösen besser aus dem Unglück
Hervorgehn, und den Guten freundlicher.
Wen aber hätt' ein Gott nicht Einmal doch
Geprüft? Denn welches seiner Kinder hätt'
Er nicht geliebt! Das denk', Unglücklicher!«

In einer Stunde auflebender Kraft erkannte Richard vor Zeugen Joseph für seinen Sohn an, und setzte ihn zum Erben seines unermeßlichen Vermögens ein, mit einem Rathe, den er ihm in das Ohr sagte, und nur mit der Pflicht: die auf einem Bogen ausgeschriebenen Summen an die dabei benannten Personen auszuzahlen. An Olivia, daß er sie geheirathet.... an der wunderlichen Tochter Saliane.... an Alsuana, einst seinem »schwarzen Engel«, und an allen Andern wollte er sein Unrecht, das er ihnen angethan, mit Golde gut machen. Er sahe auch diesen Irrthum ein; aber er lächelte unbeschreiblich mild und sprach: wir sind Menschen! Unschuldig leiden, hat seinen Trost – und Menschenstolz; aber das Gefühl: schuldig zu leiden, ist göttlichstark über Alles! es kommt aus dem Göttlichen in uns, es giebt uns den Tod, und zu gleicher Zeit den Himmel! –

Sein Leben schien verloren.

Die Mutter, noch einmal von ihrem einseitigen Wahnsinn ergriffen, sprach wunderlich-gewiß: Richard kann nicht sterben, sonst ist Walter schon todt! Und mit Thränen in den Augen trat sie an das auf einmal hell erleuchtete Fenster, und erblickte sich nun wirklich alt und mit grauen Haaren. Sie machte das Fenster mechanisch jetzt wieder auf und sahe hinaus. Ein niegesehener Anblick setzte sie in Erstaunen, ein Anblick, der sogar schön und groß zu nennen war, so lange ein Menschenauge über ihn erstaunen konnte, und die Seele ihn nicht bedenken mußte. Ein großes Schiff in vollem Brande flog mit flammenden Segeln im heftigsten Winde die Wogen hinab. Das Meer schien zu brennen, wo es lodernd flog, und sein Spiegel glühte und sprühte das furchtbarprächtige Bild verkehrt, wie den feuerspeienden Vesuv; der Flammenstrahl schoß hinab in die Tiefe der Wasser, aber die darüber ergossenen Wellen löschten den Brand nicht aus. So flog es von dannen in sausendem Feuer.

»Das ist Walter's Schiff! Ezeleddin's Rache!« rief die Mutter, und ließ es sich von der herbeigeeilten Olivia nicht ausreden. Sie blickte zum Himmelsgewölbe. Der Mond lächelte herab, und auch das Siebengestirn trat jetzt aus der pechschwarzen Rauchwolke hervor. Sie staunte hinaus in diesen wahren Tempel der Nacht; ihre Phantasie hatte den Kreis durchlaufen, und er stand vor ihr in seiner eigenthümlichen heiligen Majestät, ohne Farbe ihres Geistes. Wunderbar befriedigt und geheilt, wie von einem Gott, sprach sie nun, die wahren Ereignisse bedenkend: auch meine Liebe ist mächtig über Alles, auch über den Tod! – Olivia zupfte sie am Kleide, hinwegzukommen. Da wandte sie sich, und gewahrte in seiner heitern morgenländischen Tracht den schönen Jüngling, sein Antlitz vom Glanze des Feuers wie verklärt; und wie jenen Engel, der ihr verschwand, umschlang sie ihn nun und rief ihn haltend: »Verlaß mich nicht!« Und er umschlang sie, sanft sich hingebend, und sprach: »Mana, ich bleibe bei dir und meinem Vater!«


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