Paul Scheerbart
Der Kaiser von Utopia
Paul Scheerbart

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21. Der verzweifelte Staatsrat

Die Rechtszentrale in den sieben Türmen am Schwantufluß hatte sich natürlich sofort der ganzen Kaiser-Angelegenheit bemächtigt, und fast in jeder Tagesstunde liefen ein paar Broschüren beim Staatsrat in Ulaleipu ein. Und in den Broschüren wurde des Kaisers Tat hochherzig und bewunderungswürdig genannt, und nur zwei oder drei Autoren hatten die Tat des Kaisers, der, um die Abtrünnigen in der Stadt Schilda zurückzuführen in den alleinseligmachenden Schoß des Volksgeistes, Oberbürgermeister von Schilda geworden war, für eine nicht ganz der Rechtsauffassung Aller entsprechende Tat befunden.

Dagegen war der Staatsrat überall sehr schlecht weggekommen, indem man in den Broschüren durchweg behauptete, daß auch ein Mitglied des Staatsrates Oberbürgermeister von Schilda hätte werden können.

Daß der Oberbürgermeister Wiedewitt zum Interimskaiser ausgerufen worden war, das wurde durchweg dem Staatsrate in die Schuhe geschoben; der hätte für eine geeignetere Stellvertretung bei Zeiten tätig sein müssen.

Daß der Kaiser den Oberbürgermeister zum Stellvertreter gewählt, das wurde dem Kaiser garnicht übelgenommen; er sei durch den Staatsrat schwer gereizt worden.

Kurzum: der Staatsrat hatte Alles auszubaden. Und es war nur natürlich, daß er sich in gradezu grenzenloser Verzweiflungsstimmung befand.

In vierzehn Tagen waren sieben und achtzig Broschüren über den merkwürdigen Vorfall erschienen.

Es gab nur einen Trost für den Staatsrat: in keiner Broschüre wurde zugegeben, daß das neue Regiment eine einschneidende Veränderung im Staatshaushalte zur Folge haben könnte – es gingen sogar einige Autoren am Schwantuflusse so weit, die ganze Angelegenheit als nicht sehr wichtig hinzustellen – das beweise schon, sagten sie, die kleine Anzahl der Broschüren (blos 87), während doch im letzten Jahre 43 andere Rechtsfälle mehr als 150 Broschüren zur Folge gehabt hätten.

Aber der Staatsrat war in Verzweiflungsstimmung.


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