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Meine Frau und ich.

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An meine Gattin.

Zur Wintersonnenwende 1872.

Der Winter ist da, und die Stürme brausen
Aus dem eisigen Nord ohn' Rast und Ruh.
Der Schnee tanzt in lustigen Flocken draußen
Und deckt leise die kalte Erde zu.
Wir sitzen hinter geschlossenen Türen,
Der Tag schwindet schnell, der Abend ist lang.
Wir sehnen uns herzlich, während wir frieren,
Nach Sommersonne und Nachtigallsang.

Komm, nun, mein Liebchen, komm, lass' uns wandern
Wieder im laubreichen Waldesrevier!
Mein Zauberspruch macht den einen zum andern,
Ich rufe den Sommer, – flugs ist er hier!
Reich' mir den Arm und lass' treten uns wieder
Seite an Seit' in die Waldeinsamkeit.
Leise du summst und ich laut singe Lieder,
Frische Melodien voll Fröhlichkeit.

Kennst du des Gartens gewundene Wege
An des ruhigen Kanales Rand?
Siehst du die langen Alleen und Gehege
Unter des »Südfeldes« Blätterwand?
Siehst du des Öresunds bläuliche Wellen,
Die steilen Ufer der Insel Hven,
Die Segler im Sund, die waldigen Stellen,
Vedbacks und Rungsteds Rosen so schön?

Kennst du ... still! mehr nicht zu sagen ich wage,
Sonst sagt' ich am Ende gar noch zu viel.
Still bist du, mein Weib, doch klug ohne Frage;
Mich zu verstehen ist dir ein Spiel.
Vom Bilderschmucke wirst du schon trennen
Der einfachen Dichtung wirklichen Kern,
Das Neuerfundne wirst du erkennen
Und alte Erinnerung auffrischen gern.

So mag denn mein Büchlein ruhig fortwandern
Und tummeln sich nun in der Welt herum,
Gar fröhlich sich stelln in die Reihe der andern
Und versuchen sein Glück bei dem Publikum.
Sie mögen es lesen, es richtig studieren,
Den Kopf dazu schütteln, es lassen in Ruh,
Darüber schelten und scharf kritisieren:
» Wir beide nur haben den Schlüssel dazu!«

H. S.


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