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Vorbemerkung.

Das dänische Schrifttum der neueren Zeit, das eine so große und für das kleine, aber so tüchtige und sympathische Inselvolk höchst ehrenvolle Bedeutung auch für Deutschland gewonnen hat, scheidet sich, soweit die Prosadichtung in Betracht kommt, ziemlich scharf in zwei Richtungen, die fast unvermittelt nebeneinanderstehen und sich fast nie in einer und derselben Persönlichkeit vereinigt finden. Es ist dies die ältere gemütvolle Schilderung kleiner Verhältnisse voll ganz eigenartigen Reizes und andererseits der ausgeprägte Naturalismus und Pessimismus, der uns ja eigentlich erst von den Nordländern gebracht worden ist. Gemeinsam ist beiden Richtungen die scharfe Beobachtungsgabe, die naturgetreue Schilderung einzelner fast unscheinbarer Züge, die aber dennoch ein so scharfes, klares Licht über das Erzählte werfen, daß man darin eine sehr fortgeschrittene Kunst anzuerkennen hat. Das Herbe, Klare, Durchsichtige der nordischen Wintertage, das Helle, fast Gespenstische der Winternächte spielt bei beiden Richtungen eine große Rolle, nur daß es verschieden verwertet wird, hier zur Erhöhung der Lebensfreude, dort beinahe zum Gegenteil bis zur Lebensnegierung. Es ist nicht nur Zufall, daß die Mehrzahl dieser dichterischen Prosa-Erzeugnisse des modernen Dänemark im Winter sich abspielen, es zeugt dies eben von der wieder beiden Richtungen gemeinsamen intimen Beobachtung der Natur und einer liebevollen Vertiefung in ihre Reize, die sich dort oben gerade im Winter am meisten offenbaren. Von den dänischen Schriftstellern, die sich der gemütvolleren, harmloseren Richtung zugewandt haben, ist namentlich der Professor der Theologie Scharling hervorzuheben, der seine anheimelnden Schilderungen aus dem dänischen Familienleben anfänglich unter dem Namen Nicolai veröffentlichte. Am bekanntesten sind hiervon geworden »Zur Neujahrszeit im Pfarrhof von Nöddebo« und das sich daran als Fortsetzung anschließende spätere Werk aus seiner Feder »Meine Frau und ich«. Weiter wären noch zu nennen: »Sverre der Priester« und »Uffe Hjälms und Palle Töwes Taten«. Scharling bevorzugt bei aller Realistik der Darstellung das Gute und Heitere und weiß namentlich mit geradezu packender Naturwahrheit das Zwiespältige in Charakter und Gesinnung der heranreifenden Jünglinge darzustellen, die wohl aus Unerfahrenheit und Unbeholfenheit zu mancherlei törichten und unbedachten Handlungen hingerissen werden, in denen aber doch das goldene Gemüt, die wahre Religiosität und die unverdorbene Natur den Sieg behalten und zur heiteren Lebensbejahung und harmloser Lebensfreudigkeit auch in engen Verhältnissen führen. Über allen den intimen Schilderungen liegt verklärend und erwärmend ein goldener Humor, und so ist es erklärlich, daß namentlich die beiden zuerst erwähnten Schöpfungen auch bei uns in Deutschland zu großer Beliebtheit gelangt sind.

M. S.


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