Fritz Reuter
De Urgeschicht von Meckelnborg
Fritz Reuter

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»Entfahmten Strukröwers«, säd hei endlich, »wat makt ji mi för Elend in'n Lan'n? Känt ji nich ruhig as de Ridderschaft un de Börgerschaft achter'n Aben liggen?« – »Ja, wi hewwen man keinen«, repen sei alltausamen. – »Holt dat Mul!« rep Japhet der Erste. »Ein nah'n annern! Wat is di weg?« frog hei Bur Möllern. – »Min Hofstäd un mine ganze Hauw is mi weg, Dörchläuchten, sei hewwen mi 'rute smeten un mi leggt, un nu sall ick as Daglöhner tau Haw gahn, un dat tweite Landsgesetz is doch: Wat einer hett, dat hett 'e.« – »Ei wat Gesetz!« säd Dörchläuchten, »wat weit de Bur von Gurkensalat? – Wat gescheihn is, is gescheihn. – Worüm hest du di nich tau rechter Tid beswert?« – »Herr Jesus, Dörchläuchten, ick heww so velen Larm makt, as ick jichtens kunn.« – »Haben Wir nichts davon vernommen; die Sache bleibt in statu quo; aber zu deinem Troste wollen Wir dir sagen: von nun an soll kein Bauer mehr gelegt werden.« – »Je, äwer ick, Dörchläuchten...« – »Ruhig! Folgende weiter!« – Un Bäudner Meier tred vör un säd: »Gnedigste Herr Landroß, ick heww 'ne Bäudneri in't Fürstlich hatt, un dat was taum Lewen nich naug un taum Dodhungern tau vel, un vör allen was't slimm mit de Füerung; un dor bün ick denn männigmal en beten tau Holt gahn un heww mi denn hir un dor 'ne Bäuk afstemmt – äwer man 'ne ganz lütte -, un dor hewwen sei mi denn ümmer bi kregen un hewwen mi in dat Voßgericht ümmer den Puckel blag slagen, un denn de velen Gerichtskosten, un so bün ick bi de velen Kinner ganz in't Achtergeleg kamen, un nu hewwen sei mi 'rut smeten, un nu ligg ick dor.« – »För en Spitzbauben hürt sick dat ok nich anners«, säd Dörchläuchten. »Wecke orndlich Minsch stehlt? Hest du mi all meindag' tau Holt gahn seihn?« – »Dat glöw ick sacht, gnedigste Herr, Sei hewwen 'ne warme Kalmuck-Mäntel an«, säd Meier un böhrte den Bein in de Höcht, »äwer seihn S' hir: dörch so'n olle linne Büx pust de Wind hellschen dörch.« – »Gotts ein Dunner!« säd Dörchläuchten, »nu sall ick mi am En'n noch üm de Büxen von min Unnerdahnen bekümmern. – Folgende weiter!« – »Ja, dat is mi denn nu ok ganz egal«, säd Jochen Schröder, »ob ick in't Backhus ligg oder in Keden.« – »Na, wat is dat denn mit dat Backhus?« – »Je, dor ligg wi in, Jochen Smidt mit sin vir Gören un Jehann Westphal ok mit sin fiw; un 's Morrens wunnern wi uns, wo ein jeder sin Arm un Bein mang de annern wedder 'rute finnt.« – »Je, worüm liggt ji denn alltausamen in dat Backhus?« – »Worüm? – Dorüm!« – »Dummer Kirl«, säd Dörchläuchten falsch, »Sin Herr ward doch woll en Grund hewwen, dat hei Em dorinne smeten hett.« – »Ih ja, den ward hei woll hewwen«, säd Jochen Schröder, »un't is en ganzen nüdlichen Grund. – Min öllste Dirn is de Grund.« – »Denn ward sei gewiß nich dahn hewwen, wat ehr heiten is.« – »Ne, dat hett sei nich dahn, un dat sall sei ok nich dauhn. – Meinen Sei, Dörchläuchten, dat ick minen Eddelmann sin Gören ok noch fäuden sall?« – »Dat's en tau delekaten Punkt«, säd Dörchläuchten, »de sick hir nich in de Öffentlichkeit bespreken lett. – Folgende weiter!«

Nu tred de oll Mann von den Helpter-Barg wedder vör un säd: »Dörchläuchten, dat is man, dat ick dorvon red; äwer ick bün ein von de Rehnschen, un wi hewwen man knapp Land kregen, un dor hewwen s' nu all wedder taulangt, un ick heww wedder nicks kregen. – Ick bliw dorbi, de Buplätz in de Stadt un de Feldmark hadden utkawelt warden müßt:« – »Haha!« rep Dörchläuchten, »dor is Hei jo all wedder! Oh«, rep hei de Schandoren tau, »desen holt mi hir mal en beten wiß!« Un de oll Mann von den Helpter-Barg wir säker nah de Dreibargen kamen, wenn Krischan Schult nich west wir. Krischan Schult wir en Kirl up den Platz un wüßt, wat hei tau dauhn hadd: »Dörchläuchten«, säd hei, as an em de Reih was, »Sei känen lang' reden, ihre mi en Wurd dorvon gefällt.« – »Verdammter Kerl«, röp Dörchläuchten, »Er ist ja wohl gar ein Demokrat?« – »Un dat mit Recht!« säd Krischan Schult, »un dat sünd wi all, as wi hir gebacken un geburen sünd; blot de verfluchten Hun'n hewwen nich de Kurasch', dat gradut tau seggen.« – »Fort mit ihm!« rep Dörchläuchten, »werft das Scheusal in die Wolfsschlucht.« – »Holt!« rep Krischan Schult un grawwelte achter sick un kreg so'n twölfjährigen Jungen tau faten, de sick an sin Rockslipp anfat't hadd, un böhrte em in de Höcht un säd: »Ick seih blot, dat dat en dickköppigen, rotznäsigen Slüngel is«, rep Dörchläuchten wütend. – »Ja«, säd Krischan Schult un wischte den Jungen de Näs' af, »'t is min Sähn, Dörchläuchten, un drei von so'ne Ort heww ick Sei nu all tau de Soldaten gewen, un dat hett en Demokrat dahn; un de Sähns von de Herrn Eddellüd', de warden sick bedanken un warden mit Peik un mit Schapschinken vör de Schillerhüser up un dal gahn, de warden leiwerst Offezierers, un de ollen slus'uhrigen Börgers köpen ehr Jungs in den Stellvertreder-Verein, un wat wi sünd, wi möten dat Volk stellen. – De Eddelmann plückt sick von den Militörbom de ripen säuten Plummen af, de Börger giwwt sine lusigen Gröschen, wi gewen uns' eigen Fleisch un Blaud; sünd wi dorüm slichter as dei? – Nu reden S', Dörchläuchten.« – Je, wat süll Dörchläuchten tau so'n dummen Snack seggen; Krischan Schult hadd ok woll wat anners fragen künnt. – Dörchläuchten Japhet kratzte sick also en beten achter de Uhren un säd: »Dat verstah ji nich!« – »Ne«, säd Krischan Schult, worüm dat so sin sall, Dörchläuchten, dat verstah wi ok nich.« – »Merk Er sich«, säd Dörchläuchten falsch, »Demokraten will ich nicht in meinen Landen haben.« – »Herreje, Dörchläuchten, wi willen jo all girn Aristokraten warden, uns fehlt blot dat Riddergaud dortau un de Kutsch mit de vir Mähren.« – »Ich kann nicht alle glücklich machen«, säd Japhet verdreitlich, »einige müssen befehlen, und einige müssen gehorchen.« – »Richtig, Dörchläuchten!« säd Krischan Schult, »ganz in de Ordnung! De Dummen möten gehorken un de Klauken befehlen; äwer fri Bahn möt sin!« – »Ja«, repen nu all tausamen, »fri Bahn möt sin!« – Dörchläuchten wull hir wat seggen; äwer Krischan Schult fot em vörtau un säd: »Hüren Sei 't, Dörchläuchten? – Wi willen gor keine Vörrechte hewwen; äwer de annern sälen ok kein hewwen. Seihn S'« – un hir böhrte hei wedder sinen Jungen in de Höcht un putzte em de Snut af -, »dit is hei. – Worüm sall des' Jung' – ick segg von dissen –, worüm sall de nich ebensogaud General warden as den Eddelmann sin?« – Dat hadd Krischan Schult nich seggen müßt, Dörchläuchten wull ok all wedder falsch warden; äwer as hei lütt Hinning Schulten so up en taukünftigen General ansach, dunn kreg hei dat mit Lachen un lachte, dat em de Kron up den Kopp wackelte: »Na, Lüd' un Kinner!« rep hei, »dese rotznäsige Slüngel sall General warden!« – »Hoho!« rep Krischan Schult, denn hei was en hellsch lüftigen Kirl un wüßt glik, wo't fuchten wir, un sach't all an de Weig', wenn't Kind kacken wull: »Hoho! Dörchläuchten, ut Kinner warden Lüd', un as de Kirl is, möt em de Wust brad't warden. Min Jung' – ick red hir blot von minen -, de hett en gesunnen Kopp, denn wi Schulten-Ort sünd äwerall nich up den Kopp fallen, un wat för en Soldaten de Hauptsak is, hei is ok richtig in de Mag', un wenn ick Brod hollen kann, dat ick dat fäuden kann, un ick heww Hüsung, dat mi dat nich verklamt, un ick verdein so vel, dat ick dat wat lihren laten kann, denn so sälen Sei seihn, Dörchläuchten, ward ut den rotznäsigen Jungen en dägten Kirl, un wider will ick ok nicks: mag hei nu nahsten General warden oder Kapperal – mi is 't egal; äwer fri Bahn möt hei hewwen!« – »Ja«, repen nu all tausamen, »fri Bahn möt wi hewwen! Un Brot möt wi hewwen! Un Hüsung möt wi hewwen! Un lihren möten uns' Gören wat! »

Japhet der Erste was en ollen braven Mann, de 't äwerall gaud meinen ded, Krischan Schult hadd em mit de drei Jungs, de hei an't Militör afliwert hadd, de weike Sid afgewunnen, un wenn hei't mit sinen lütten Hinne-General ok binah wedder verdorben hadd – denn Krischan Schult gung jo ok ogenschinlich tau wid -, Dörchläuchten Japhet hadd so vel Insichten, dat hei dat insach, wenn hei äwerall Soldaten hollen wull, denn müßt grad' dese Ort Brod un Hüsung hewwen. – Hei gung also en por Mal up un dal, üm sick de Fäut en beten warm tau pedden un de Gedanken klor tau maken, un as hei dormit prat was, säd hei: »Kinnings, mit de fri Bahn, dat 's dummes Tüg; mit allens, wat sick mit 'fri' anfängt, dormit bliwt mi von 'n Liw'! Dat hewwen ji ok gor nich ut jug sülwen, dat hewwen jug blot anner Schapsköpper in den Kopp set't. Privilegen möten sin, de sünd all vör min sel Vader Noah's Tiden in unsen Gelobten Lan'n begäng' west; äwer Friheit? Ne! – Dat Wurd sall von nu an nich mihr äwer de Grenz laten warden. Vörrechten möten ok sin, wodörch süllen sick sünst de einzelnen Stän'n von enanner unnerscheiden? Äwer mit de gliken Rechten, dor bliwt mi ebenso mit von den Liw' as mit de fri Bahn. Brot un Hüsung möt ji hewwen, dat seih ick in, un wenn mi Gott dat Lewen lett, besorg' ick jug dat ok. Und damit ihr seht, daß Wir euch ein gnädiger Herr sünd: Schandoren, nemt mal de Kirls de Keden wedder af!« – De deden dat denn nu, äwer as sei an den ollen Mann von den Helpter-Barg kemen, frogen sei: »Herr, desen ok?« »Ja«, säd Dörchläuchten un winkte mit den Zepter: »Unsere Gnade kennet keine Grenzen! Lat't den ollen Schapskopp lopen.« – »Herr', säd nu Bur Möller, »krig ick min Hauw denn nu wedder?« – Is gor nich an tau denken!« säd Japhet. »Dat is en Kram, dor weit Wi Uns sülwst nich in tau raden. Hei möt so denken, sei is in de Krümp gahn.« – »Gnedigste Herr Landroß, un min Bäudneri?« frog Meier. – »Hei's en Spitzbauw, hett mi min Holt stahlen un verlangt nu noch 'ne Bäudneri; Hei ward Daglöhner in't Domanium, un ick ward mine Beamten den Befehl gewen, dat sei up Em en sonderbares Og smiten sälen.« – »Ja, Herr«, drängte sick nu Jochen Schröder wedder vör, »mi is dat nu äwerst nu allens ganz egal! Wo ward dat nu äwerst mit min Backhus un min Dirn?« – »Hei kann jo up Arbeit gahn un Sin Brod verdeinen, un unner Dack un Fack is Hei jo in't Backhus ok, un Sin Dirn... Dat is mi hir tau schanierlich, dorvon tau reden. Äwer ick will dat de Preisters inremsen, dat sei nich ümmer von de Unsittlichkeit von de gemeinen Lüd' reden sälen, sei sälen ok af un an – minentwegen jeden tweiten Festdag – mal von de Unsittlichkeit von de Herrn predigen!« – »Hurrah! Dörchläuchten Japhet sall lewen!« repen all ut de Ridderschaft un ut dat Domanium, »denn sünd wi ok taufreden!« – »Ja, Vadder«, rep Jochen Schröder, »minentwegen noch teihn Johr in't Backhus, wenn 'ck de Dirn man ihrlich beholl.« – »Ja, Vadder«, rep Jehann Smidt, »un den tweiten Festdag gahn wi all in de Kirch.« – Un somit treckten de Ridderschaftlichen un de ut dat Domanium af un säden: »Unsen ollen Dörchläuchten, den lat't man taufreden, dat's doch en ollen hellschen Knebel!«

Un as nu Bur Möller von sin Hauw un Bäudner Meier von sin Bäudneri anfangen wull, säden de Daglöhners: »Wat, ji? – Sünd ji beter as wi? – Gaht ji ok man up Arbeit.« De was Japhet nu los un hadd nu man blot noch mit de Städer tau dauhn, de kein Hus un keinen Acker kregen hadden. »Kinnings«, säd hei, »mit jug is dat en fitalen Fall, äwer – Gott sei Dank! – de Rat is mi nich knapp, un den gew ick jug girn: wardt Snider un Schauster un treckt bi den Börger up den Bähn.« – »Ja, Herr«, säd de ein, »äwer denn sünd wi doch ok rein gor nicks.« – »Ih worüm dat nich!« säd Dörchläuchten, »wenn ji jug Stüern un Afgawen gewt, denn känt ji ok Börger warden, un denn sitt ji so gaud as jeder anner mit de Herrn an'n Disch.« – »Ja, Dörchläuchten, dat wir woll so; äwer mit de Kauh! Wi hewwen keinen Placken Land un Wisch, wo sälen wi de Kauh dörchfaudert krigen?« – »Ih wat!« säd Dörchläuchten, »wat Kauh! Schafft jug en lütt Swin an un makt jug dat fett.« – »Je, Dörchläuchten, mit en Swin! – Wi hewwen jo nich so vel eigen Land as de Hand grot – wo sälen wi uns en Swinkaben bugen?« – Das was denn nu wedder 'ne dämliche Frag', un Japhet würd ok falsch doräwer, äwer hei was in't Regieren hellschen perfekt un kamm seindag' nich in Verlegenheit: »Minent-wegen«, rep hei, »set't jug dat Swin up den bäwelsten Bähn un makt jug dat in'n Reis'kuffert fett.« – »Dörchläuchten Japhet«, säd de oll Mann von den Helpter-Barg, »dat is man, dat ick dorvon red, äwer dat verstahn Sei nich! Dat ward 'ne Sägeri, un meinen Sei, dat ick min Fru dat ansinnen sin sall, dat sei mit den Swinkram dagdäglich de Trepp dal dragen sall?« – Wo de verfluchte Kirl woll all de Fragen her hadd! – Dörchläuchten was denn nu ok wedder hellschen falsch un lep hen un her, wüßt äwer doch bald wedder Rat un säd: »Kinnings, mit de Geschicht lat't mi nu taufreden, Käuh un Swin kann ick jug nich garantieren, ick will jug staats dessen Stadtrepresentanten gewen, de ok für den lütten Börger sorgen sälen.« – »Wat's dat för 'ne Ort?« frog Krischan Schult. – »Ji känt sei nu nennen, as ji willt«, säd Japhet, »ji känt sei minentwegen Virtelslüd' oder Utschottbörger oder Representanten oder minentwegen ok Corpus nennen; äwer sei sälen jug Stütt un jug Stolz sin.« – »Je, Dörchläuchten«, säd Krischan Schult, »wenn dat man blot nich just so kümmt as mit de Ratsherrn, an de hewwen wi ok noch nich vele Freud' erlewt.« – »Krischan«, säd Dörchläuchten, »ick segg di jo utdrücklich, des' Lüd' hewwen Gott in der Welt gor nicks wider tau dauhn, as jug glücklich tau maken.« – »Hurah!« repen sei nu alltausamen, »nu will wi ok all nah Hus gahn! Wat will wi mihr? Dörchläuchten Japhet sall lewen! Hurah hoch!« Un somit tröcken sei af.


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