Fritz Reuter
De Urgeschicht von Meckelnborg
Fritz Reuter

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Wi gungen irst linksch nah de Peen tau en langen Gang entlanke, wi funnen dor äwer nicks, un wohrt nich lang', dunn was de Welt mit Bred' taunagelt, un wi müßten ümkihren – wi gungen also rechtsch un funnen ok nicks; äwer as wi an't En'n kemen, stödden wi up 'ne Dör, de stark mit Isen beslagen was. – »Wenn hir äwerall wat tau finnen is«, segg ick, denn is hir wat tau finnen, denn ick heww dat nich allein von vernünftige Lüd' hürt, ne, ick heww ok in de Romanenbäuker lesen, dat de ollen Mönken sick ümmer so'n Provatkeller hollen hewwen. Dauhn S' mi den Gefallen, hallen S' de Bick.«

Na, dat deit hei denn ok, un wi klemmen de Bick achter dat Slott un wrangen nu los. Mit en Mal breckt dat oll rustige Slott, de Dör flüggt up un stött uns uns' Licht üm, dat wi dor in de stickendüstere Nacht stahn. – »Herr du meines Lebens!« röppt de Herr Entspekter un fött mi an, »ick heww wat seihn!« – »Wat hewwen Sei seihn?« frag' ick. – »Wat't eigentlich is, weit ick ok noch nich; äwer wat Gruglichs was't.« – »Ja«, segg ick, »dorup möten Sei sick bi uns' Geschäft gefaßt maken. Äwer wi sünd uns're twei, un dauhn kann uns dat nicks. Maken S' man wedder Licht an.«

»Ick will dor nicks mihr mit tau dauhn hewwen«, seggt hei. – »Na, denn täuwen S' man', segg ick un grawwel an de Ird rümmer nah dat Licht, un as ick dat funnen heww, treck ick em de Strikhölter ut de Westentasch, un wil ick nicks anners heww, strik ick sei up sinen Puckel an.

Knapp hadd ick dat Licht in't Brennen, dunn fäuhl ick an den Herrn Entspekter sin Hand, dat hei in den ganzen Liw' den Bewer hett, un as ick tau Höchten kek, fung ick ok an tau bewern. Kein von uns sprök en Wurd, denn so wat Gruglichs hadden wi beid' noch meindag' nich seihn. – Dicht vör uns satt en Minschengeriww up en Staul un hadd den Kopp in de Hand leggt, as wenn ein deip in Gedanken sitt, un in de anner Hand hadd dat 'ne Schriwfedder. – Wi stunnen nu dor un grugten uns. – Mitdewil gaww mi äwer de Schriwfedder Maud, un ick segg: »Herr Entspekter«, segg ick, »fürchten S' sick nich vör em, denn as ick seih, ward dat woll en unglücklichen Mitkolleg von mi sin, de sick so bi Lütten dod schrewen hett, un de Ort is tamm, de deiht keinen wat. – Kamen S' mit!« Un dormit gah ick in de Dör herin; hei kek üm de Eck.

Ick stunn nu in 'ne virkantig Kamer, un as ick mi en beten ümkek, sach ick 'ne Ked' von de Wand 'runhängen; in de ein Eck stunn en ollen Waterkraus un in de anner 'ne Ort von steinerne Britsch. »Herr Entspekter«, rep ick, denn ick fäuhlt mi hir glik tau Hus, »kamen S' man drist herin! Denn dit is nicks wider as en richtig Prisong, un mit de Ort Lusthüser weit ick ganz genau Bescheid.«

Na, hei kamm ok 'rin; äwer hei schuddert sick. – Ick för min Part was nu ganz drist worden un set't dat Licht up den Disch un kek dat Späuk äwer de Schuller. Ja, 't was richtig: hei was en Mitkolleg von mi, denn vör em lagg en Bauk mit schrewen Schriwwt, un en Tintfatt stunn vör em up den Disch; de Tint was äwer indrögt. Wil dat ick nu olle Mönkenschriwwt gaud lesen kann, so les' ick denn lud' von dat letzte Bladd, wat hei schrewen hett, as hir folgt:

»Dit is min Letzt. – Wecker Christenminsch dit Bauk find't, de kann't behollen un kann drup nahseggen, denn wohr is allens. Bet up Noah'n kann ick mit Lichtigkeit minen eigen Stammbom nahwisen, denn ick bün von Geburt en meckelnbörsch Eddelmann, un wat vijr minen Öllervader Noah passiert is, hett sick bet up Adam 'ruppe in mine Fomili von Mund tau Mund erhollen. Wegen mine velen Sün'n bün ick in dit Kloster gahn, heww äwer den ollen Adam noch nich ganz afströpt hatt, heww mi ok einmal ganz von den Düwel blennen laten un den Möller sin Dochter küßt. Is dat 'rute kamen un hett mi Pater Abt hir lewig bi Water un Brod inmuren laten, hett äwer Gnad' vör Recht ergahn laten un hett mi Licht un Schriwtüg verstat't, dat ick dit wohrhaftige Bauk taum gauden En'n führen künn. – Nu will't äwer nich länger. Ora pro nobis!«

»Himmlischer Vater!« raup ick, »dit is en Fund...«, un dormit will ick mi an dat Bauk maken, äwer de Herr Entspekter Knitschky föllt mi, blaß as de Dod, in den Arm un röppt: »Will'n Sei uns unglücklich maken? Will'n Sei en Doden in sin Rauh stüren? – Ick bidd Sei üm Gott's willen! Sei sünd in'n Stan'n un stöten den seligen Eddelmann von sinen Staul.« Na, dat föll mi jo nu gor nich in; ick prekademus denn also mit em twei lang, twei breit: ick wull jo blot den Titel von dat Bauk seihn; un as hei mi dorin denn endlich nahgiwwt, slag ick dat irste Bladd üm un les' dor in düdliche Flaktur:

Urgeschicht von Meckelnborg
Von Erschaffung der Welt an bet up Sr. Durchlauchten den Herrn Herzog Niklot

»Herr Entspekter«, segg ick un nem dat Bauk von den Disch un stek dat fast unner minen linken Arm, »Sei känen nu Ehr Hawknechts kamen laten un mi binnen laten; Sei känen ok den Smidt kamen laten un mi hir an de Ked' smeden laten; Sei könen ok Ehren Murergesellen kamen laten un mi hir mit den seligen Eddelmann tausamen inmuren laten; äwer dat Bauk gew ick nich wedder 'rut.« – »Dat wir snurrig!« seggt hei un set't sick ogenschinlich up de Achterbeinen. – »Herr«, segg ick, un dorbi würd ick falsch, un wenn ick falsch ward, red' ick hochdütsch as jeder anner gebildte Meckelnbörger, »Herr, wissen Sie, daß kein Staat, kein Volk der Welt eine solche Urkunde aufzuweisen hat, und Sie wollen unserm Vaterlande in Ihrer dämlichen abergläubigen Gespensterfurcht diesen Ruhm rauben? Herr, wissen Sie, daß die Geschichte des größten Reiches der Welt, Rußlands, erst 900 Jahre nach Christi Geburt anhebt und noch dazu dann erst in höchst schattenhaften Umrissen?« Un dorbi smet ick em einen binah kusakschen Blick in dat Gesicht, un as ick sach, dat de sin Wirkung ded, höll ick Hochdütsch nich mihr för nödig un föll in't Pladdütsch; äwer mit Nahdruck: »Herr, weiten Sei, dat de Geschicht von Belligen irst mit Anno 1833 anfängt?« – »Dat wir der Deuwel!« seggt hei. Nu hadd ick em, un still un ruhig gung ick ut de Dör. Hei folgt mi, stödd mi äwer an un wis't up den seligen Eddelmann: »Wo ward dat äwer mit em?« – »Möt christlich begrawen warden«, segg ick, »denn dat beten Küssen kann em in de Ort nich schaden.« – »Äwer de Gräwniskosten?« fröggt hei. – »Wenn Peiters as Pächter von Stolp sei nich betahlen will«, segg ick, »denn betahl ick sei.«

Dormit klattern wi denn de Ledder wedder tau Höchten un klemmen uns dörch dat Lock, un as wi nu so wedder unner den schönen blagen Hewen stahn un en deipen Drunk frische Luft dauhn, föllt den Herrn Entspekter Mamselling ehr Frühkohl in de Ogen, taum wenigsten dat Flag, wo hei stahn hadd, un hei röppt: »Na, ditmal un nich wedder! Schöne Pött un schöne Oxenhöwt hewwen wi funnen! Un tau verdenken steiht dat Mamsell gor nich, dat sei dull ward upbegähren, wenn sei ehren schönen frischen Kohl rungeniert un dorför dit oll verschimmelte Bauk süht. – Ick holl för't best, Sei maken, dat sei von den Hof kamen. Bet an de Schassee will ick Sei führen laten, un dor känen Sei sick in en Grawen setten un so lang' in Ehr Bauk lesen, bet de Post kümmt. Dat is dat einzigste Middel, mit Mamsell uttaukemen, denn wenn Sei weg sünd, kann ick de Schuld ganz up Sei schuwen.«

Na, dat geschach, un wohrt nich lang', dunn satt ick achter Medow in den Schasseegrawen un las de Urgeschicht von Meckelnborg. Wo lang' ick so seten heww, weit ick nich; mit em Mal kamm mi dat so vör, as wenn achter mi wat rummelt, ick kik tau Höcht: Herrgott, de Post! Äwer up en Raudener vir mi all vörbi un in'n forschen Draww; ick also tau Höcht un ok in'n forschen Draww. So jagen wi denn beid', de Postiljon up acht un ick up twei Beinen, nah den Wegeziner Kraug hendalen. »Gott gew«, segg ick bi mi, »dat de Kirl Döst kriggt, wenn hei dat Kraugschild süht«, denn ick bün wat vüllig, un de Pust was all.

Gott sei Dank! Hei kreg Döst. Ick meld mi bi em un frag, ob noch Platz is. – »En vülligen Platz«, seggt hei, stigen S' man in.« – Ick steg in, fiw Damen seten in den Wagen, un twei dorvon hadden lütte, nüdliche Kinner up den Schot, 'ne Virtelmil was ick en Draww lopen, un de Prometer wis'te an desen schönen Sommerdag einuntwintig Toll. Ick hadd also vörlöpig nicks wider tau dauhn, as mi den Sweit aftaudrögen; doch as de Natur von de Ort nicks mihr hergewen wull un künn, kreg ick min Urgeschicht herut un les'. Ein von de Damen hadd ogenschinlich girn mit mi en Gespräk anfungen, un süs bün ick sihr höflich mit de Damen, weit ok mit ehr ümtaugahn, denn ick bün mal Schriwer west; äwer hüt kihrt ick mi an nicks – ick les'. – Ick les' mi nah Treptow hen, ick les' mi nah Bramborg hen; ick kam tau Hus, segg min Fru verluren Gu'ndag un sett mi dal un les'.

»Mein Gott, wat les't du dor?« fröggt sei. – »De Urgeschicht von Meckelnborg«, segg ick kort un les' wider.

Uns' Rike kümmt 'rinne: »Herr, uns' Torf...« – »Ick heww kein Tid«, segg ick, »ick les' de Urgeschicht.« En jung' Minsch kümmt 'rinne: »Empfehlung von den Herrn Dr. Siemerling...« – »Grüßen S' den Herrn Dokter velmal, ick hadd kein Tid, ick les' de Urgeschicht.«

Stürung Nr. 4, Nr. 5, Nr. 6 kümmt 'rinne un kriggt de sülwige Antwort.

Endlich kloppt dat wedder, un herin kümmt Irnst Boll. Dat was min Mann!

»Irnst«, segg ick, »wo vel von din meckelnbörgschen Geschichtsbäuker hest du woll noch in Vörrat?« – »Oh, unbedüdend«, seggt hei. – »Dat deiht mi üm dinentwillen led«, segg ick. – »Woso?« fröggt hei. – »Wil du allens, wat du afset't hest, a tuh Prih taurügg köpen un denn verbrennen möst.«

»Woans dat?« fröggt hei un ward ganz blaß. – »Irnst«, segg ick, »ick frag' di, kann din meckelnbörgsche Geschicht, de vör söshunnert Johr anfängt, woll den sülwigen Strang trecken as 'ne anner, de vör fiwdusendachthunnertunvirteihn Johr, kort mit Erschaffung der Welt anfängt?«Ein för alle Mal! – In allen wichtigen Dingen, de up de Tidreknung herute kamen, folg' ick den lütten Vier-Schillings-Klenner, de bi Hinstörpen in Rostock 'rute kamen is, wil dit Druckwark mit große Klorheit un astronomische Bereknungen, ok mit Sünnen- un Manfinsternissen, Epakten un güldene Zahl upricht't is. – »Ne«, seggt hei un ward noch blasser. – »Na«, segg ick, »denn köp allens taurügg un verbrenn't, un wenn ick di tau den Reukop mit en fiw- bet söshunnert Dahler unner de Arm gripen kann, nich mihr as girn; denn ick bün sörre hüt morr'n en Mann von wenigstens teigendusend Dahler Kaptal.«

»Dor gratulier ick di von Herzen tau«, seggt hei un drückt mi de Hand, denn hei is kein von de afgünstigen Frün'n. »Äwer wat hett dat all mit min Geschicht tau dauhn?« – »Kik hir!« segg ick un holl em den Titel von min Urgeschicht vör de Ogen. Nu würd hei noch blasser, un ick schuw em en Staul hen un segg: »Sett di dal, dat künn di äwernemen.«

Hei set't sick denn ok dal un frog ganz swack: »Wo kümmst du tau dat Bauk?« – Un ick vertell em dat umständlich.


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