Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

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Sechstes Hauptstück.

{1187} Nach der Einnahme von Jerusalem war Saladin keineswegs unthätig gewesen, sondern hatte einige Städte und Schlösser erobert, die Einwohner von Tripolis geschreckt, endlich Tyrus umlagert. Auch wegen der freiwilligen Übergabe dieser Stadt wurde schon ein Vertrag abgeschlossen, schon wollten die Christen Geißeln stellen, schon wehten zwei türkische Fahnen von der Burg, als Konrad von Montferrat auftrat und laut versprach: »er wolle die Stadt vertheidigen und von der Eroberung retten, wenn man sie ihm dafür eigenthümlich überlasseVitriac. hist. hier. 1119..« Diese Vorschläge wurden freudig angenommen, und Saladins Hoffnung einer leichten, unblutigen Einnahme von Tyrus schlug fehl.

Konrads älterer Bruder, Wilhelm, war Sibyllens erster Gemahl gewesen, und sein Vater Bonifaz befand sich seit der Schlacht bei Hittin in türkischer Gefangenschaft. Er selbst zeichnete sich zuerst während der Streitigkeiten Friedrichs IEr nahm Christian von Mainz hauptsächlich auf Antrieb Kaiser Emanuels gefangen.  Bened. Petrob. I, 322. und Alexanders III in Italien aus, ging 440 {1187} dann nach Konstantinopel, schützte hier Kaiser Isaak IIReinhard Geschichte von Cypern I, 121.  Joh. de Mussis in Murat. script. XVI, 590.  Nicet. Chon. 244.  Roger Hov. 635. gegen einen Empörer, heirathete die griechische Prinzessinn Theodora, erschlug hierauf im Streite einen angesehenen Mann und segelte endlich, der Frau und jeder ruhigen oder abhängigen Lebensweise überdrüssig, gen Akkon. Schon nahte das Fahrzeug dem Hafen, aber man hörte weder das gewöhnliche Geläute der bewillkommenden GlockenGuil. Neubrig. III, 119.  Arnold. Lubec. III, 35.  Bernard. Thesaur. 793.  Vinisauf I, c. 7.  Vergl. Fundgruben III, 82., noch sah man Kreuze auf den Kirchen: denn die Stadt war seit drei Tagen in türkischen Händen, und ehe die Erschreckten entfliehen konnten, hatten sich forschende Saracenen bereits eingefunden. Konrad aber trat kühn auf das Verdeck und sagte: »er sey Herr des Schiffes, Freund des Sultans und von allen Vorfällen wohl unterrichtet; am andern Morgen werde er seine Waaren ausladen.« Durch diese List entkam das Schiff in der Nacht und erreichte ungefährdet Tyrus.

Kaum hatte Konrad hier als erster Anführer die Befestigungen mit großer Thätigkeit herstellen lassen, als ihm Saladin für die Übergabe große Summen und die Freilassung seines Vaters anbot, zugleich aber drohte, dieser solle im Falle längeren Widerstandes getödtet werdenWilh. Tyr. 611. Die Umlagerung von Tyrus im November 1187.  Bernard. Thesaur. 803.  Ibn Alatsyr 467.. Konrad antwortete: »wenn man selbst seinen Vater als Ziel an das Belagerungszeug bände, so würde er dennoch schießen lassen; denn jener sey ein schon bejahrter Mann und die Rettung der Stadt wichtiger, als jede andere Rücksicht.« Zu dieser Antwort bewegte ihn sein tüchtiger, ja bisweilen harter Sinn; noch mehr aber wohl das Vertrauen aus Saladins Großmuth.

Mittlerweile nahmen die Lebensmittel in Tyrus sehr 441 {1187} ab, widrige Winde verhinderten die Zufuhr und eine ägyptische Flotte bedrohte die Herbeisegelnden. Konrad schrieb also nach dem Abendlande um HülfeWilh. Tyr. 622.  Radulph. a Diceto imag. 643.  Ottobonus 359., ermunterte die ihm günstigen Johanniter und schalt die widerspenstigen Templer; doch half dies alles nicht so viel als die angekommene sicilische Hülfsflotte und eine wohl ersonnene List50 Schiffe und 500 Soldaten waren die erste abendländische Hülfe.  Vinisauf. I, 13.  Vergl. Dandolo 312.  Histoire des Templiers I, 162.. Der Sohn eines türkischen Befehlshabers war nämlich mit seinem Vater zerfallen und nach Tyrus gekommen, um sich taufen zu lassen. In dessen Namen schrieb Konrad einen Brief an Saladin folgendes Inhalts: »die Christen seyen gesonnen während der Nacht über das Meer zu entfliehen; deshalb möge der Sultan den Hafen bewachen lassen.« Um einen Pfeil gewunden wurde dieser Brief ins türkische Lager geschossen und der Zweck erreicht: denn die Türken eilten zum Hafen und drangen, da sie die Sperrkette gelöset fanden, kühn vorwärts, wurden aber von der christlichen Land- und See-Macht besiegtRoger Hoveden 646.  Seesieg am 21sten December 1187.  Hemingf. II, 34.  Abulfeda zu 1187.. Damit hatten die Belagerten das Meer zwar wiedergewonnen; allein die gleichzeitige Bestürmung von der Landseite brachte sie unerwartet in die größte Gefahr, und nur durch die allerhöchste Tapferkeit konnte man die Türken von den, bereits zum Theil erstiegenen Mauern wieder hinabstürzenSanutus 194.  Bohadin 76.. Unter diesen Umständen ließ Saladin gegen Ende des Jahres 1187 das Belagerungszeug verbrennen, gönnte seinem Heere einige Erholung und ordnete mittlerweile die Verwaltung der neugewonnenen Länder. Mit dem Frühjahre wandte er sich 442 {1188} nicht nach dem wohlvertheidigten TyrusGodofr. zu 1188.  Bohadin 85.  Guil. Neubrig. III, 26.  Bromton 1146.  Ablufeda zu 1188.  Abulfar. 274.  Hemingf. II, 34., sondern eroberte allmählich Anthartusa, Maraklea, Gabala, Laodicea, überzog alles Land rings um Antiochien und schloß mit Boemund einen Vertrag: wonach alle moslemischen Gefangenen freigelassen, die Stadt aber (so wie auch wohl das vom Fürsten abhängige Tripolis) übergeben werden sollte, wenn binnen einer gewissen Frist kein Entsatz aus dem Abendlande ankäme. Erst im Oktober kehrte der Sultan nach Damaskus zurück, entließ aber nur wenig zins- und kriegspflichtige Fürsten, und forderte sogar diese zur baldigen Rückkehr auf: denn das Leben sey zu kurz, als daß man einen Augenblick unthätig verlieren dürfe.

Unterdeß war König GuidoMath. Paris 103, 109.  Arnold. Lubec. III, 35.  Histor. hier. 1163.  Bohadin 90.  Bernard. Thesaur. 806.  Vinisauf I, 10, 11: Guido sey im Mai 1188 frei gelassen. nebst dem Markgrafen Bonifaz von Montferrat, dem Großmeister der Templer und mehren andern Gefangenen aus der türkischen Haft entlassen worden, hatte aber vorher dem Reiche entsagt und versprochen: er werde nicht gegen Saladin fechten und sich nur als dessen Freigelassenen betrachten. Die Geistlichen hingegen entschieden: »ein Vertrag welcher die Macht und die Religion der Christen ganz vernichte, sey keineswegs zu halten;« und nun trat Guido wiederum als König auf und verlangte, daß Markgraf Konrad von Montferrat Tyrus zurückgebe, weil er diese Stadt nur für ihn und seinen Nachfolger habe bewahren sollenVinisauf I, 26.. Konrad leugnete aber diese Beschränkung, nahm den König nicht in Tyrus auf, und verfuhr selbst feindlich gegen die Pisaner, welche für denselben Bewegungen wagten. Einige Zeit lang lagerte Guido hierauf vor den Thoren, vergebens eine günstige Wendung der Verhältnisse erwartend, hielt sich 443 {1189} dann abwechselnd in Tripolis und Antiochien auf, und sammelte endlich eine unbedeutende Anzahl von Rittern und Soldaten, mit welchen er im AugustAm 28sten August Vinisauf I, 27. Anfang September Bromton 1163. Konrad schlug ihm Beistand ab. Ludwigs von Thüringen Thaten Handschr. 800–830. 1189, ungeachtet der Warnung Konrads, gen Akkon zog und den nordöstlich von der Stadt liegenden Berg Toronum besetzte, während die Pisaner von Tyrus hieher segelten und den Hafen zu sperren hofften. Die Einwohner aber verlachten das Häuflein der Christen und gingen ungestört inner- und außerhalb der Stadt ihren Geschäften nach; nur Saladin vernachlässigte diese erwachsende Gefahr keineswegs, sondern schickte Verstärkungen in die Stadt und führte ein Heer herbei. Allein in dem Augenblicke, wo die von beiden Seiten eingeschlossenen Christen ihrem Untergange entgegensehen mußten, landeten Gottfried von Lusignan des Königs Bruder, Jakob von AvesnesNicht alle kamen gleichzeitig. Die meisten Pilger waren Dänen und Friesen, welche unterwegs Silvia in Spanien zerstört hatten. Bei der Einnahme von Akkon lebten nur etwa noch hundert von ihnen.  Vitriac. histor. hieros. 1120.  Histor. hieros. 1164.  Münters Beiträge I, 31.  Langebeck V, 341.  Einige hatte Heinrich VI seinem Vater zu Wasser nachgesandt.  Corner zu 1189.  Ursperg chron. 312.  1188 gingen über 2000 aus der Gegend von Bologna nach Syrien, von denen fast niemand wiederkehrte.  Bonon. hist. misc. Auch Genueser zogen dahin.  Ottobonus 362., die Erzbischöfe von Besançon und Pisa, der Bischof von Beauvais, der Landgraf von Thüringen, die Grafen von Brienne, Cabillon und Oldenburg, viele andere Edle, und auf funfzig Schiffen an 10,000 Pilger. Sie waren, ungeduldig über die Zögerungen des Kaisers und der Könige von England und FrankreichAlberic. 392., vorausgeeilt, und nunmehr konnte man Akkon wenigstens einigermaaßen einschließen.

444 {1189} Diese Stadt lag auf einer, in das Meer laufenden Landspitze und bildete ein Dreieck, dessen breitere Seite morgenwärts zum festen Lande gewendet warHistor. hieros. 1166.. Zwei Seiten umspülte das Meer; der seichte Hafen gewährte indeß keine SicherheitDoch bleibt er wichtig für die Zufuhr der Lebensmittel nach Syrien.  Clarke travels II, 1, 366.. Südlich nahte der kleine Fluß Belus den Mauern, und gegen Morgen erhob sich der Berg Toronum, an dessen Fuße die Christen lagerten; während Saladin noch immer in ihrem Rücken auf der Höhe des Berges stand und eine zahlreiche Besatzung die trefflich befestigte Stadt vertheidigte.

Der Sultan hielt sich ruhig: denn bald entstand, wie er vorausgesehn hatte, eine Hungersnoth unter den Kreuzfahrern, welche durch die, vom Markgrafen Konrad von Montferrat erbetenen und bewilligten Lebensmittel nur auf kurze Zeit gehoben wurde; so daß die Pilger, weil auch Soldaten aus Tyrus anlangten, eine Schlacht wünschten. Saladin versagte sie nicht, lockte aber die Christen durch eine verstellte Flucht in sein Lager, wo sie vorzeitig plünderten und über ein erbeutetes Maulthier in unnützen Streit geriethen. In diesem Augenblicke wendete sich der Sultan zu neuem Kampfe und aus der Stadt brachen die Türken in starker Zahl hervor, so daß unter den Christen die größte Verwirrung entstand. Weil aber Gottfried von Lusignan heldenmüthig das christliche Lager vertheidigte, Jakob von Avesnes unverzagt vorkämpfte und der Großmeister der Templer, Gerhard von RiderfortHistoire des Templiers I, 166..  Andere schreiben Biddesford und Ridessor. Bromton l. c.  Ein Flügel Saladins war wirklich geschlagen.  Bohadin 106, welcher auch noch viele andere einzelne Gefechte erzählt. Die Schlacht am 4ten Oktober 1189.  Radulph. a Diceto imag. 649.  Die sicilische Flotte soll im Laufe dieses Jahres mehre Küstenstädte erobert haben.  ibid. 641. mit Andreas von 445 {1190} Brienne sich dem Tode weihten, so gelang es endlich den Christen, die Türken zurückzudrängen. Zwar vermißten jene eine sehr große Zahl der ihrigen: aber auch ein Sohn Saladins ward erschlagen, sein Bruder verwundet, und überhaupt erschien den Türken ihr Verlust so groß, daß sie das Lager weiter zurücklegten und des Winters und Mangels wegen die Feindseligkeiten einigermaaßen ruhten.

Während dieser Zeit befestigten die Christen ihr Lager mit Wall und Graben, sowohl gegen äußere Feinde als gegen die Anfälle der Belagerten, und lehnten den Vorschlag der letzten, »die Stadt unter Freilassung der Personen und Güter zu übergeben,« in der Hoffnung ab, daß Mangel an Lebensmitteln bald eine unbedingte Übergabe erzwingen werde. Allein um Weihnachten 1189 erschien unerwartet eine Flotte von funfzig Schiffen, welche die Christen irrig für europäische hielten: sie kam aus Ägypten, drang alles Widerstandes ungeachtet in den Hafen von Akkon und versorgte die Belagerten mit LebensmittelnVinisauf I, 33.  Nach Bohadin 119 fanden gleichzeitig Landgefechte statt..

Nunmehr konnte die Stadt nur durch Gewalt eingenommen werden, weshalb die Pilger mit großer Anstrengung und vielen Kosten drei hölzerne, sechszig Ellen hohe Belagerungsthürme von mehren Stockwerken erbauten, mit Häuten überzogen und mit Thon überwarfen, der in Essig eingeweicht war. Jeder Thurm faßte an 500 Krieger und war mit dem stärksten Geschütze besetzt. Alle Versuche der Belagerten, sie in Brand zu stecken, schlugen fehl; da behauptete endlich ein Schmied Ali aus Damaskus: es werde ihm gewiß gelingen, wenn man ihn nur sicher aus dem türkischen Lager in die Stadt schaffen und ihm die nöthigen Zuthaten darreichen wolleAli schlug des Sultans Geschenke aus und sagte: ich that es um Gottes willen und erwarte Belohnung nur von ihm.. Beides geschah, und kaum traf das erste, mit Naphtha und einigen andern Brennstoffen 446 {1190} angefüllte Gefäß den ersten Thurm, so stand er auf allen Seiten in hellen Flammen, und bald darauf auch der zweite, der dritteDer Brand am 5ten Mai 1190.  Radulph. a Diceto imag. 649.  Math. Paris 111.  Histor. hieros. 1167.  Coggesh. 574.  Bohadin 116.  Fundgruben III, 220.. Groß waren die Klagen der Pilger und es entstand der ungegründete Verdacht: Saladin habe wohl einige christliche Anführer bestochen, daß sie den Brand nicht gebührend löschen möchten; ja man nannte die Schuldigen und berechnete den Geldwerth der Geschenke. Hieran reihte sich Unzufriedenheit und Ungeduld, besonders unter den niederen Pilgern. Sie tadelten die Saumseligkeit der Fürsten, und erst als Saladin, – welcher schon seit dem Februar 1190 seine erste umlagernde Stellung wieder angenommen hatte –, die, ohne Rücksicht auf Warnungen der Fürsten und Bann der Geistlichen übereilt angreifenden Kreuzfahrer, am 25sten Julius mit sehr großem Verluste zurückschlugAbulfeda zu 1190.  Alberic. 397.  Bohadin 118.  Das Umständliche bei Vinisauf I, 38-40., wurde man vorsichtiger, wenn auch nicht menschlicher oder einiger. Geistliche und Mönche in Trauerkleidern trugen Bilder umher, wo Muhamed Christum blutig geißelt oder ihm den Kopf spaltet; welches nicht minder als die lange Fehde allmählich den Haß so erhöhte, daß selbst Christenweiber einige gefangene Türken bei den Haaren fortrissen und ihnen mit stumpfen Messern die Hälse abschnittenAbulfeda zu 1189.  Viniisauf I, 34.  Auch an Verrath fehlte es nicht: so wollte ein, zu Saladin wegen des Mordes seines Lehnsherren entflohener, von jenem mit Wohlthaten überhäufter Edler, dessen Neffen bei einem Spaziergange den Christen in die Hände spielen.  Wilh. Tyr. 628.  Einige Christenweiber fochten zu Pferde gegen die Saracenen.  Ibn Alastyr 502.. Auch unter sich blieben die Pilger in Zwist und eine Aussöhnung zwischen Guido und Konrad, wonach dieser Tyrus, Sidon und Byblus erhalten sollte, hatte keinen Bestand, indem der Markgraf behauptete: »Tyrus gehöre ihm bereits 447 {1190} von Rechts wegen, Sidon und Byblus müsse man ja aber erst erobern.«

Beide Theile hofften, daß Kaiser Friedrich den Streit nach ihren Wünschen entscheiden werde: da traf aber die traurige Nachricht seines Todes ein und es fragte sich nur, wie man den, durch Herzog Friedrich von Schwaben nach Antiochien geführten Überrest des deutschen Heeres am besten benutzen könne. Konrad ward endlich mit dem Ersuchen an ihn abgeschickt: er möchte einen Einfall in die Staaten Saladins unternehmen, damit die Christen vor Akkon endlich von den steten Angriffen der Türken befreit würden. Der Markgraf stellte aber dies dem Herzoge so dar, daß dieser glaubte, man wolle ihn aus Eigennutz oder Nebengründen von Akkon abhaltenHistor. hier. 1170.  Vitriac. hist. hier. 1121.  Vinisauf I, 44.; zu welchem Verfahren Konrad schwerlich, wie seine Feinde behaupteten, durch große Geschenke Saladins, sondern vielmehr durch die Hoffnung bewogen wurde, Friedrich für seine Zwecke zu gewinnen. Aus diesem Grunde wirkte er auch wohl dahin, daß diesem der Oberbefehl im Lager übertragen ward.

Mittlerweile war die Königinn Sibylle mit ihren vier Töchtern vor Akkon gestorbenArnold. Lubec. III, 36.  Guil. Nang. zu 1189., und wenn gleich der arge Verdacht, welchen einige deshalb auf Guido werfen wollten, aus inneren Gründen und der herrschenden Krankheiten wegen für falsch und thöricht gehalten werden muß, so benutzte doch Konrad von Montferrat diesen Wechsel der Dinge und behauptete: »Guidos Anrecht auf die Herrschaft sey mit dem Tode seiner Gemahlinn gänzlich erloschen und um so mehr auf Isabelle, ihre jüngere Schwester, übergegangen, weil Guidos Persönlichkeit bekanntlich den Mangel des Rechtes nicht ersetzen könne.« Diese Ansicht fand allmählich bei mehren Eingang, diente aber nur als Vorbereitung zu Konrads größerem Plane: Isabellen ihrem Manne Humfried von Torono zu entreißen, sie zu heirathen und 448 {1190} hiedurch die Krone zu erwerben. Ohne Widerrede bot Isabelle hiezu die Hand, und führte bei der von ihr angestellten Scheidungsklage das, allerdings nicht zu Leugnende an: »sie habe Humfried vor ihrem mannbaren Alter wider ihren Willen geheirathet, und er sey an Gestalt, Sinn und Sitten eher ein Weib, als ein MannVir foeminae quam viro propior.  Vinisauf I, 63-67.  Alberic. 393.  Belgic. chron. magn. 195.  Bromton 1188. Der Patriarch Heraklius stimmte auch für die Scheidung..« Ohne jedoch den Ausspruch des ernannten geistlichen Gerichtes abzuwarten, ging Konrad zu Isabellen und führte sie davon; worauf Humfried herbeieilte und ihr sagte: »dies ist nicht der Weg zu unserem Hause, kehre mit mir zurück;« aber Isabelle ging schweigend weiter. Nun ließ Humfried durch Rainald von Tabaria die Barone auffordern, sie möchten ihm sein Weib wieder verschaffen; allein diese antworteten: »wollt ihr, daß das ganze Heer allein euretwegen vor Hunger umkomme? Besser ist es, daß Isabelle Konraden heirathe, der uns allein mit Lebensmitteln versorgen kann und ein Heer anzuführen versteht, wozu ihr unfähig seyd.« Diese Gründe, durch Versprechungen, Schmeicheleien, Geschenke und kriegerische Tüchtigkeit unterstützt, gewannen nach und nach die meisten Stimmen der Fürsten, der Geistlichen und des Volkes; selbst Humfrieden war zuletzt Geld lieber als sein Weib, und der Bischof von Beauvais traute Konrad und Isabelle. Vergebens widersprachen die, über des Markgrafen Ansehn mißvergnügten Templer, vergebens nannte der Erzbischof von Canterbury nebst einigen strenger GesinntenAppend. ad Innoc. III, epist. XVI, p. 842.  Wilh. Tyr. 831.  Bern. Thesaur. 806.  Der Landgraf von Thüringen, welcher eine Zeit lang befehligte, war gestorben; desgleichen starben der Erzbischof von Canterbury, der Bischof von Cambray, der Graf von Blois u. s. w.  Bromton 1191.  Aquic. auctar. zu 1191.  Hist. des Templ. I, 164., das ganze Verfahren gewaltsam und frevelhaft: weil Konrad eine Frau in Italien und eine in 449 {1190} Griechenland gelassen habeNach Beneven. S. Georg. 355 war Konrads griechische Frau schon todt, und er nennt diese: prima sua Donna., mithin einen dreifachen Ehebruch begehe. – Guido verlor immer mehr an Einfluß, Herzog Friedrich trat zu seinen Gegnern über, und nach dessen baldigem Tode war unleugbar Konrad der tauglichste Anführer.

Aber ungeachtet viele neue Pilger landeten und der, vom Herzoge Friedrich gestiftete deutsche Orden großen Eifer zeigte, ungeachtet Saladins Mannschaft mit Ungeduld nach der Heimath verlangte, kam man doch dem erwünschten Ziele nicht näher: denn der Sultan vermied jede Schlacht, wider einige in den Bergen versteckte leichte Krieger war nichts auszurichten, und die Streifzüge der Christen aus Tripolis und Antiochien hatten keinen Erfolg. Während des Winters konnte Saladin sogar einen Theil seiner Kriegsleute entlassen: denn ansteckende Seuchen und Hunger brachen über die Christen so furchtbar herein, daß sie aus Holzmangel selbst die Schiffe verbrannten, Pferdefleisch, Gras, ja das Ekelhafteste genossen und unzählige dahinstarben. Zwei Männer hatten für ein Goldstück dreizehn Bohnen gekauft, gingen aber, als sie zu Hause eine davon wurmstichig fanden, den sehr weiten Weg zurück und zwangen den Verkäufer ihnen eine andere zu gebenRoger Hoved. 660, 679.  Vitae Pontif. 478.  Vinisauf I, 75.. Alle preiswürdige Sorgfalt, besonders von Seiten der Bischöfe, reichte nicht aus die Armen zu ernähren; worauf einige von diesen verzweifelnd zu den Türken übertraten, und selbst Vornehme, welche den Forderungen wucherlicher Aufkäufer nicht genügen konnten, sich keineswegs schämten Brot zu stehlen. Der Untergang aller erschien unabwendbarBromton 1189.  In solcher Noth blieb Saladins Geld nicht immer unwirksam.  Guil. Neubr. IV, 19.: da langten zuerst im Februar 1191 Schiffe mit Lebensmitteln an, und die Hoffnung auf die baldige Ankunft der Könige Philipp 450 {1191} August und Richard, ermuthigte von neuem zu heldenmüthiger Ausdauer.

Nach dem unglücklichen Ausgange des zweiten Kreuzzuges sorgte König Ludwig VII von Frankreich hauptsächlich für die inneren Angelegenheiten seines Reiches; indem sich aber der still und mild Gesinnte von seiner lebhaften und stolzen Frau Eleonore, der Erbinn von Guienne und Poitou, aus Gründen scheiden ließ, welche für seine Person von bedeutendem Gewicht erscheinen mochten, that er Frankreich einen großen Schaden. Denn Eleonore heirathete zu seinem Verdrusse den Grafen Heinrich Plantagenet von Anjou und Maine, welcher im Jahre 1154 als nächster Erbe König Heinrichs I den englischen Thron bestiegSiehe Buch III, S. 548. Die Scheidung geschah mit Zustimmung Papst Eugens und Bernhards von Clairvaux.  Francor. gesta msc. 238.. Jetzt besaßen die Britten auf dem festen Lande fast mehr Landschaften als der König von Frankreich; wie ließ sich also eine Reihe gefährlicher Kriege zwischen dem besorglichen Lehnsherrn und dem mächtigern Lehnsträger vermeiden? Außerdem zeigte sich Heinrich II als ein Mann voll Muth, Verstand und Thätigkeit, der gewiß den Franzosen noch gefährlicher geworden wäre, wenn ihn nicht die Angelegenheiten von Irland und Schottland, vor allem aber die Verhältnisse zur Kirche anhaltend beschäftigt hätten. Sein Streit mit Thomas Becket für die Unabhängigkeit Englands von geistlichem Einflusse, hemmte lange seine Wirksamkeit nach außen; während Ludwig VII in seiner Nachgiebigkeit gegen Papst Alexander III, zwar nicht das ruhmvollere, aber ruhigere und sichere Theil erwählte. Als Buße für Beckets Mord übernahm Heinrich II einen Kreuzzug und schloß im September 1777 einen Vertrag mit dem Könige von FrankreichDandolo 300.  Rad. a Diceto imag. 599, 637.  Rog. Hoved. 664.  Dumont I, 103, 112.  Rymer I, 1, 16.  Flassan I, 104.  Bened. Petrob. I, 34, 246., wonach beide sich 451 {1177 bis 1188} wechselseitig Friede und Beistand versprachen und festsetzten: daß im Fall der eine stürbe, dessen Mannen dem andern während des Zuges gehorsamen, im Fall aber beide stürben, neue Heerführer erwählt und ihnen alle Streit- und Geld-Mittel zur Vollführung des großen Vorhabens sollten übergeben werden. Schon hatte der griechische Kaiser freien Durchzug und hinreichende Lebensmittel versprochen, als sich der Plan dennoch zerschlug: gutentheils, weil der junge König von Frankreich Philipp August, welcher 1180 den Thron bestieg, mehr in der Nähe und gerade gegen England wirken wollte. Bei solchen Gesinnungen blieb es auch ohne Erfolg, daß man den Königen im Jahre 1184 durch den Patriarchen und den Prior der Hospitäler die Schlüssel der Stadt Jerusalem überbringen ließ, bis deren Eroberung durch SaladinSanutus 190.  Bern. Thesaur. 804. von neuem erschreckte und befeuerte.

Heinrichs Sohn, Richard, nahm im November 1187 zuerst das Kreuz. »Du hättest,« sagte ihm jenerBromton 1148.  Girald. Cambr. 144., »ohne mein Wissen einen so großen Entschluß nicht fassen sollen; doch billige ich ihn und werde dich unterstützen.« Bald darauf kam der Erzbischof von Tyrus an und schilderte die Noth der morgenländischen Christen so lebhaft, daß Heinrich und Philipp August durch den Vertrag von Gisors im Januar 1188 ihre alten Fehden beendeten und den heiligen Zug gelobten. Dasselbe thaten die Erzbischöfe von Rouen und Canterbury, der Bischof von Chartres, der Herzog von BurgundAlberic. 374, 393.  Rigord. 24., die Grafen von Flandern, Champagne, Perche, Bar, Clairmont, S. Paul u. a. m. Manche folgten hiebei dem Triebe ihres Herzens, andere fürchteten den Zorn der KönigeGuil. Neubrig. III, 34., andere gehorchten bestimmten Befehlen.

452 {1188} Nicht lange aber hielt jener Friedensschluß von Gisors: denn Richard, von Ehrgeiz, Heftigkeit und Neid gegen seinen begünstigten Bruder Johann aufgeregt, empörte sich wider seinen Vater, verlangte die Abtretung aller Besitzungen auf dem festen Lande, und wurde von Philipp August offenbar in der Absicht unterstützt, die große Macht Englands zu theilen. {1189} Heinrich schalt laut über den Frevel Richards und den Friedensbruch des Königs von Frankreich, widerstand ihnen aber mannhaft, bis er vernahm: Johann, sein jüngerer geliebterer Sohn, habe ihn, schwach undankbar und schändlich zugleich, ebenfalls verlassen. Da übermannte ihn der Zorn und der Schmerz, er fluchte seinen Kindern und starb am siebenten Julius 1189Brito Phil. 134.  Rigord. 27.  Guil. Armor. 74.  Bromton 1149.  Bened. Petrob. 547.  Alberic. 379.. Heinrich war ein größerer Mann als seine beiden Söhne, und diese erlitten später die Strafen des Vaterfluches nach Maaßgabe ihrer Vergehen. Zuerst eilte Richard auf die Nachricht von dem Tode seines Vaters herbei, kühn und der neuen Herrschaft froh; als er aber dessen Leiche erblickte, und ihr (was für ein Zeichen galt, daß der Mörder nahe) Blut aus Mund und Nase floß, da entsetzte er sich, nannte sich laut aufschreiend einen Mörder, zeigte tiefe Reue und versprach Besserung. Auch verfuhr er itzt gegen seine eigentliche Natur überall milde, erließ Strafen, befreite Gefangene und gewann die Herzen durch Beibehaltung würdiger Diener. Feierlich und prachtvoll war seine Krönung; aber der fröhlich begonnene Tag nahm ein schmachvolles EndeBromton 1155.  Vinisauf II, 5.  Guil. Neubrig. III, 26., weil sich verschuldete Barone und habsüchtiger Pöbel zu Plünderung und Ermordung der Juden vereinigten.

Um Geld für den Kreuzzug herbeizuschaffen, war dem Könige itzt jedes Mittel willkommen. Unter der 453 {1189} Benennung von milden Gaben erzwang er große BeiträgeExactio violenta sub eleemosynae titulo vitium rapacitatis includens. Rad. a Diceto imag. 650.  Guil. Neubrig. IV, 8., und wer ihm nicht genug zu zahlen schien, wurde willkürlich verhaftet. Dem Könige von Schottland verkaufte er die von Heinrich II eroberten Schlösser; Grafschaften, Städte, Burgen, Ämter, Würden, Freiheiten: – alles war ihm feil. Als man ihn deshalb tadelte, rief er aus: »ich würde London verkaufen, wenn ich einen Käufer fände!« – Manche äußerten in dieser Beziehung theilnehmend, der heldenmüthige König werde von dem glorreichen Kreuzzuge nicht zurückkehren; andere hingegen argwohnten, der verschlagene König gedenke nach seiner Rückkehr wenig von dem Versprochenen zu halten und wenig von dem Vergabten den Empfängern zu lassen. Gleich unzufrieden bezeigte man sich, als er dem Bischof von Ely, einem Franzosen von niederer Herkunft, die höchste Gewalt in England während seiner Abwesenheit anvertrauteBromton 1161.  Hemingford II, 48..

Um dieselbe Zeit traf Philipp August Maaßregeln für Frankreich. An die Spitze der Verwaltung stellte er seine Mutter Adele und seinen Oheim, den Erzbischof Wilhelm von Rheims; welche beide aber in bestimmten Zeiträumen große Versammlungen zur Abstellung von Mißbräuchen halten, und wenigstens dreimal des Jahres einen allgemeinen Bericht an den König erstatten sollten. Ohne Rückfrage bei diesem durften sie keinen der großen Statthalter absetzen, es sey denn um Raub, Todschlag, Mord oder Verrath; und nur aus ähnlichen Gründen konnte der Oberstatthalter niedere Beamte entfernen. Diesen stellte man in allen Städten vier, in Paris sechs unbescholtene Männer zur Seite, um sich ihres Rathes in den Geschäften zu bedienen. Erledigte Bisthümer und Abteien sollten, wenn der König nicht das Ernennungsrecht habe, durch freie Wahl besetzt, und nach erfolgter Weihe von Wilhelm 454 {1189} und Adele das weltliche Gut verliehen werden, sofern kein Aufschub bis zur Rückkehr des Königs möglich sey. Weder Laien noch Geistliche durften in der Abwesenheit desselben neue Abgaben erheben. Nicht minder umständlich waren die Vorschriften über die Staatseinnahmen; und obgleich Philipp August auch für den Fall seines Todes Bestimmungen hinzufügte, so geht doch aus dem Ganzen hervor, daß er bei allem Eifer für den Kreuzzug ihn doch nicht, wie Richard, allein im Auge behielt, sondern sein Erbreich, als das Wichtigste, mit der größten Sorgfalt behandelteRigordus 30..

Immer aber würden die Maaßregeln beider Könige nicht hingereicht haben um das, zu dem Kreuzzuge schlechterdings nothwendige Geld herbeizuschaffen, wenn man nicht mit Genehmigung der Kirche den so genannten Zehnten SaladinsNach Radulph. a Diceto imagines war schon um 1167 in jeder englischen Kirche eine Truhe, um für Palästina zu sammeln, und praestitum sacramentum quatuor denarios a singulis marcis emungens. Auch in Polen ward itzt die Zahlung des Zehnten durch den päpstlichen Gesandten befohlen. Concil. XIII, 686. – Klagen bei Bulaeus II, 473, sowohl über die Steuer, als über die gemachten Ausnahmen. von Weltlichen und Geistlichen erhoben hätte. Zwar widersprachen die letzten aufs lebhafteste, aber es gelang nur den Mönchen von Chartres, Fontevrault, Citeaux und den Pflegern der AussätzigenLeprosi., eine Befreiung zu erhalten; den übrigen gab man die Antwort: »ihr Gut wäre nicht Kirchengut, sie möchten mit löblichem Beispiele vorangehn und sich daran begnügen, daß ihre Abgabe nicht von Weltlichen, sondern von den höhern Geistlichen gesammelt werde, und Werkzeuge zum täglichen Gebrauch, Bücher, Pferde, Kleider und Geschirr, vor allem aber das eigentliche Kirchengut unbesteuert bleibe.« Der Vasall verzehntete das Lehn seinem Lehnsherren, wobei 455 {1189} Waffen, Pferde, Geschirr und Kleidung ebenfalls nicht zum Ansatze kamen. Es sollte aber zahlen: der Geistliche und Laie welcher nicht über hundert Schillinge besaß, von jeder Feuerstelle auf drei Jahre, jährlich zwei Pfennige. Wer mehr als 100 Schillinge an beweglichem Gute besaß, vom Pfunde zwei Pfennige. Für Grundvermögen und Renten von zwanzig Pfunden vier Schillinge, von vierzig Pfunden acht Schillinge, und so steigend bis zu zwanzig Schillingen von hundert Pfunden. In jedem Bisthum erhielt ein Templer und ein Johanniter den Auftrag, mit Zuziehung der Priester in den einzelnen Pfarreien die Hebung zu besorgen. Doch nahmen auch die Schreiber des Königes und der Barone Theil und ließen, sobald sie fanden daß jemand nicht genug gebe, vier oder sechs Ortsbewohner einschwören und eine neue Abschätzung vornehmen. Die Weigernden und Säumigen traf Bann und Verhaftung. Wer das Kreuz selbst nahm, zahlte natürlich nichts; aber die Burgleute und Bauern welche das Gelübde ohne Erlaubniß ihrer Herren ablegten, blieben zur Steuer verpflichtet. Wer unterwegs starb, durfte Waffen, Pferde, Kleider und die eine Hälfte seines übrigen Gutes an andere Pilger vermachen, aber nichts nach Hause senden; die zweite Hälfte seiner Habe fiel in die, für den Kreuzzug errichtete Hauptkasse. Geistliche und Weltliche mochten zur Erleichterung von Geldanleihen ihre Güter verpfänden und erhielten, im Fall sie selbst am Kreuzzuge Theil nahmen und hinreichende Sicherheit stellten, wegen aller Schulden an Christen und Juden eine Fristung auf zwei bis drei JahreRigordus 25 hat zwei, Roger Hoveden 641 drei Jahre.. Auch sprach man sie vom Zinszahlen frei; oder die Einnahme, welche der Gläubiger etwa aus der verpfändeten Sache bezog, wurde wenigstens an dem Hauptstuhle selbst abgerechnetDumont I, 109. Urk. von 1184.  Concil. XIII, 647. wie lange der Zehnte wirklich gezahlt ward, ist nicht klar, schwerlich von Johannis 1184 an, auf zehn volle Jahre. Siehe Math. Paris 102, 110.  Sanut. 197.. Nur auf Handelsgeschäfte und künftige Verträge hatten diese Bestimmungen keinen Einfluß.

456 {1190} Nach allen diesen Anordnungen zog Philipp August, am Johannisfeste 1190, feierlich zur Kirche des heiligen Dionysius, warf sich betend vor dem Altare nieder und empfing aus den Händen seines Oheims, des Kardinal-Erzbischofs Wilhelm von Rheims, den Pilgerstab, die Pilgertasche und endlich, nach altem Gebrauche, die Fahne des heiligen Dionysius. Schon vier Tage nachher trafen die Könige bei Vezelay zusammen. Beide waren jung und schön, (RichardTrivet zu 1189.  Guil. Neubr. IV, 5.  Velly III, 403.  Richardus statura paulo mediocritatem excedens.  Girald. Cambr. 138.  Er zählte itzt 33, Philipp August 25 Jahre.  Rigord. 1. mittlerer Größe, wohlgewachsen, hochblond und blaß) beide waren prachtliebend, gewandt und vom Ehrgeize beherrscht; aber größer noch als diese Ähnlichkeiten erscheint die Verschiedenheit ihrer Charaktere. Richarden gebührte der Vorrang in ritterlichen Tugenden; sein Muth ging indeß oft in Stolz und wilde Kühnheit über; er liebte das Geld mehr als es dem Ritter ziemte, und ächte Minne vertrug sich nicht mit dem häufigen Wechseln, ja selbst frevelhaften Behandeln seiner BeischläferinnenMalae Veneris gaudia sano praefert consilio.  Brit. Phil. 156.  Mulieres namque, et filias et cognatas liberorum hominum vi rapiebat, et concubinas illas faciebat, et postquam in eis libidinis suae ardorem extinxerat, tradebat eas militibus suis ad meretricandum. His et multis aliis injuriis polulum suum afficiebat.  Bened. Petrob. II, 383.. Die Mäßigung und Besonnenheit welche dagegen den König von Frankreich auszeichnete, verlor nicht allein bisweilen ihren edlen Charakter, indem sich ihr List und Verstecktheit beigesellte; sondern er ließ sich auch sogar um äußerer Vortheile willen noch schwerere Vergehen zu Schulden kommen. Wie konnte man erwarten, daß die, in den ersten Augenblicken 457 {1190} sich zeigende Einigkeit und Freundschaft, selbst abgesehn von äußern Störungen, immer dauern werde?

Ihre Macht hingegen schien zu der Unternehmung vollkommen hinreichend. Eine unermeßliche Zahl von Pilgern lagerte in den mannigfaltigsten Abtheilungen und GruppenVinisauf II, 8. auf den Bergen und in den Thälern rings um Vezelay. Die schnell errichteten bunten Zelte aller Art stellten eine, wie durch plötzlichen Zauber errichtete Stadt dar, und in dem lebhaften Verkehre der Menge würde sich der einzelne leicht ganz verirrt haben, wenn sich nicht wenigstens die Völker durch bestimmte Abzeichen unterschieden hätten: die Franzosen trugen rothe, die Engländer weiße, die Flanderer grüne KreuzeTrivet zu 1188.. Überall sprach sich laut und lebhaft die Freude aus. Da man aber bald sah, daß ein so zahlreiches und mannigfach zusammengesetztes Heer ohne strenge Zucht nicht in Ordnung gehalten werden könne, so entwarf man Gesetze folgendes Inhalts: »alle Pilger, welche sich ungeachtet des Gelübdes nicht zur bestimmten Zeit eingefunden haben, oder ohne Erlaubniß zurückkehren, werden gebannt und verlieren ihre LehenRadulph. a Diceto 650.. Niemand darf prachtvolle Kleider tragen oder ein Weib mitnehmen; man duldet im Heere bloß einige unverdächtige Wäscherinnen. Das Spiel um Geld oder Geldeswerth ist den Königen unbedingt, ihrer Dienerschaft, den Rittern und Geistlichen aber nur unter der Bedingung erlaubt, daß sie 100 Schillinge in die Hauptkasse bezahlen, sobald sie binnen vierundzwanzig Stunden über zwanzig Schillinge verlieren. Jeder Geringere welcher spielt, muß sich entweder mit einer festgesetzten Summe lösen, oder wird auf dem Lande dreimal nackt vor dem Heere geschlagen, oder auf dem Meere in dreien Tagen dreimal vom Schiffsverdecke in die See getaucht. Dieselbe Strafe findet für thätliche Beleidigungen statt; wörtliche büßt man mit einer Unze Silber. Wer 458 {1190} dagegen mit einem gefährlichen Werkzeuge Blutwunden schlägt, verliert die Faust; wer einen Pilger aus dem Lande umbringt, wird vergraben, auf der See mit dem Leichname des Getödteten zusammengebunden und ins Meer geworfen. Dieben und Räubern schiert man das Haupt, begießt es mit heißem Pech und streut Sand und Federn darüber. Innerhalb einer Meile um das Heerlager dürfen keine Lebensmittel aufgekauft werden, es müßte denn ein Fremder sie hingebracht haben. Niemand soll Fleisch von gestorbenen Thieren verkaufen, kein Handelsmann mehr als zehn vom Hundert Gewinn nehmen, und alles Brot gleich schwer zu dem Preise eines Pfennigs ausgebacken seyn. Das französische und englische Geld wird nach Verhältniß des inneren Werthes überall angenommenRymer foedera I, 1, 21.  Dumont I, 112. Urk. 202  Bromton 1182.

Gemeinsam zogen Richard und Philipp August nunmehr die Rhone hinabIn Lyon brach ein Brückenbogen unter der Last der Hinüberziehenden und viele ertranken.  Roman des guerres 3-4.; dann trennten sich die Heere aus Mangel an Lebensmitteln und die Franzosen wandten sich nach Genua, die Engländer nach Marseille. In dieser Stadt war aber die, um Spanien herumsegelnde, englische Flotte noch nicht angelangt, weshalb man viel neue Schiffe bauen mußte. Mehren Pilgern ging durch diese Zögerungen das Geld vor der Abfahrt aus. Endlich, am zehnten August 1190, schiffte sich Richard ein, fand den König von Frankreich, welchen ein Fieber befallen hatteLaudun. chron. 709., noch in Genua und erreichte, nach einem kurzen Aufenthalte, über Pisa den Hafen von Ostia. Höflich lud ihn Klemens III ein, von hier nach Rom zu kommen; allein der heftige König schalt über die Bestechlichkeit und Habsucht des römischen Hofes und erklärte: er werde sich nie zur Quelle so vieler Übel begeben. Der Papst fand es unzeitig, in diesem 459 {1190} Augenblicke Beleidigungen eines, zum heiligen Kriege aufbrechenden Fürsten zu rügen.

Unterdeß war auch der König von Frankreich am 24sten August mit seinem Heere von Genua abgesegelt; aber unfern der sicilischen Meerenge überfiel ihn ein furchtbarer Sturm. Die Dunkelheit der Nacht, die feurigen Blitze, das Rollen der Donner, das Brechen der Mastbäume erhöhte die Angst, und Pferde, Kriegswerkzeuge, Lebensmittel wurden eiligst ins Meer geworfenBrit. Phil. 136.: denn der einzige Wunsch, das Leben zu retten, überwog itzt alle andern Rücksichten. Dennoch scheiterten manche Schiffe und erst nach einer dreiwöchentlichen Fahrt erreichten die Franzosen Messina, am 16ten September. Auf einem kleinen Schiffe lief PhilippDer Graf von Flandern, welcher im August aufgebrochen war, blieb den Winter über in Italien.  Aquic. auctar. zu 1190.  Stella 987. in den Hafen ein und täuschte die auf ihn wartenden; wogegen Richard Löwenherz, welcher sechs Tage später ankam, sich allen feierlichst zeigte. Manche nannten dieses königlich, jenes unköniglich; obgleich Wind und Wetter wohl der Hauptgrund des verschiedenen Benehmens war. Richard hatte seine Flotte schon vorausgeschickt, und einen Theil des Weges zu Lande über Kapua, Neapel, Salerno und Kalabrien zurückgelegt. Als er in der letztgenannten Landschaft durch ein Dorf gingRadulph. a Diceto imagines 656.  Bromton 1179.  Vinisauf II, 12., nahm er einen Jagdvogel weg, der ihm gefiel; worauf ihn aber die Bauern, weil er dessen Rückgabe verweigerte, mit Knitteln und Steinen so heftig anfielen, daß er, nach einer gewaltigen Vertheidigung, nur mit Mühe in ein Kloster entkamRoger Hoveden 673..

Die Einwohner von Messina, welche itzt einem zweiten Könige und einem zweiten Heere Wohnungen einräumen sollten, fanden dies zu lästig und wurden von den Franzosen, die sich nicht wollten beschränken lassen, in dem 460 {1190} Verlangen unterstützt: daß Richard sein Lager außerhalb der Stadt aufschlagen solle. Er gab nach und beide Könige besuchten sich freundschaftlichGuil. Neubrig. IV, 12.; aber Richard verschmerzte diese Beleidigung nicht, und bald fanden sich mehrfache Veranlassungen zu neuen Zwistigkeiten.

König Wilhelm II von Apulien und Sicilien war nämlich am 16ten November 1189 gestorben, und hiedurch die Hoffnung der Kreuzfahrer auf süditalienische Hülfe ganz vereitelt wordenGuil. Neubrig. III, 27.  Martene coll. ampl. I, 902.. Denn es entstand die, nicht in Güte zu beseitigende Frage: ob Kaiser Heinrich VI, der Gemahl von Wilhelms Tante Konstanze, oder ob der natürliche Sohn von dessen Oheim Roger, Tankred Graf von Lecce, den Thron besteigen solle. Gern hätte der letzte, welcher itzt den größten Theil des Reiches inne hatte, die Könige von Frankreich und England für sich gewonnen: aber Philipp August lehnte, aus Freundschaft für Heinrich VI, den Antrag ab des Grafen Tochter zu heirathen oder seinem Sohne Ludwig zu vermählen; und mit dem Könige von England war bereits Zwist entstanden über die Rückgabe des Heirathsgutes seiner Schwester Johanna, der Wittwe Wilhelms II. Außerdem verlangte Richard, auf den Grund eines angeblichen Vermächtnisses, einen goldenen Tisch zwölf Fuß lang und anderthalb Fuß breit, zwei goldene Dreifüße vor diesem Tische, vierundzwanzig silberne Becher, ebensoviel silberne Teller, gewaltige Vorräthe an Getreide und Wein, ein seidenes Zelt, so groß daß 200 Ritter darin speisen könnten, hundert bewaffnete und auf zwei Jahre mit Lebensmitteln versorgte Galeeren; – ja er gab deutlich zu verstehen, daß Johanna, von ihm unterstützt, wohl die gewichtigsten Ansprüche auf das ganze Reich machen könneRoger Hoved. 676.  Bromton 1185.  Vinisauf II, 11.  Bened. Petroburg. 216, 613..

461 {1190} Tankred hatte nun zwar unverzüglich Richards Schwester der früheren Haft entlassenVielleicht betrachtete Richard diese Forderungen zum Theil als Buße für die Verhaftung Johannens, welche aber wahrscheinlich erst aus Besorgniß über ihre Plane eingetreten war., aber er zögerte natürlich mit Bewilligung jener großen oder vielmehr unerschwinglichen Forderungen und behauptete: Johanna sey für das ihr zugesicherte Witthum längst durch Zahlung einer sehr ansehnlichen Summe abgefunden. Darüber erzürnte Richard, setzte sich in den Besitz mehrer Burgen, vertrieb Mönche aus ihren Klöstern und erweckte die Besorgniß, er wolle sich der ganzen Insel bemächtigen. Gleichzeitig stiegen die Preise der Lebensmittel auf eine unerschwingliche Höhe, und, aus Furcht selbst Mangel zu leiden, wollten weder die Einwohner von Messina, noch die gleich ängstlichen oder neidischen Franzosen, den Engländern etwas aus der Stadt zukommen lassenPhilippo propter invidiam venalia prohibente.  Chron. S. Steph. Cafom. 1120.; ja man suchte ihnen sogar den Markt in den übrigen Theilen Siciliens zu verderben. Aber einige welche die Liebe des Gewinnes lockte, verkauften nach wie vor den Engländern das Getreide zu hohen Preisen; andere fürchteten, noch andere litten Gewalt. Dies Verfahren blieb indeß nicht ohne übele Folgen, vielmehr entstand, als ein Engländer in der Nähe von Messina einer Frau ihr Brot nahm, ohne es zu bezahlen, eine so arge Schlägerei, daß ein paar Engländer getödtet, alle aus der Stadt vertrieben und die Thore verschlossen wurdenVinisauf II, 14-15.. Richard, welcher während des Streites hinzukam, bemühte sich, obwohl vergebens, die Ordnung herzustellen. Mit mehr Erfolg wirkten die Obrigkeiten Messinas für den gleichen Zweck, und gingen am anderen Morgen, begleitet vom Könige von Frankreich, zu Richard um einen Vergleich abzuschließen und Genugthuung zu geben. Beide Theile beschuldigten sich wechselsweise des Friedensbruches, und die Messineser rügten 462 {1190} noch außerdem, daß ungeziemendes Betragen der Engländer gegen die Frauen, manchem Ehemanne gerechten Grund zu Beschwerden gebe. Dennoch war man einem Vergleiche nahe, als die Botschaft anlangte: daß zwischen den Engländern und dem, auf einer Anhöhe des Ausganges harrenden Volke, neuer Streit ausgebrochen seyBromton 1131 giebt Richard die Schuld, daß die Verhandlungen abgebrochen wurden, und spricht Philipp von aller Theilnahme an der Fehde frei; nach Vinisauf II, 16 ging dagegen der Streit von der Menge aus. Ich habe hier, so wie in der Erzählung des ganzen Kreuzzuges, bei den außerordentlichen Abweichungen der Schriftsteller, möglichst die natürliche Mitte zu halten gesucht. Die Gründe konnte ich indeß nicht entwickeln, ohne die Noten länger als den Text zu machen.. Alle suchten Richard zu beruhigen, aber auf eine wiederholte Anzeige brach er die Verhandlungen ab, stieg auf sein Pferd und sprengte hinaus um den Streit zu schlichten. Statt dessen ward er selbst sogleich in den Kampf verwickelt: von Augenblick zu Augenblick stieg die Verwirrung, und die Engländer waren im Begriff die umlagerte Stadt zu erstürmen. In solcher Noth trugen alle Einwohner dem Könige von Frankreich die höchste Gewalt an, und dieser wollte zwischen beiden Theilen vermitteln; aber Richard nannte dies Bemühen parteiisch und wortbrüchig, und sprengte mit den seinen ein kleines vernachlässigtes Stadtthor. Noch heftiger ward itzt der Kampf der Erbitterten in den Straßen und von den Dächern herab: durch Mord, Brand, Plünderung und Gewaltthaten aller Art gerieth Messina an den Rand völliges Unterganges. Da trat der König von Frankreich mit Nachdruck hemmend auf und beruhigte beide Theile; ohne jedoch verhindern zu können, daß von jetzt an neben der französischen auch englische Besatzung in der Stadt blieb, und die Feldzeichen beider Völker auf Thürmen und Mauern aufgepflanzt wurden, bis man mit dem Könige von Sicilien über alle Angelegenheiten einen Vergleich getroffen habe.

Richard wiederholte hiebei nicht allein die schon 463 {1190} erwähnten Forderungen, sondern verlangte auch eine reichliche Genugthuung wegen aller Unbilden der Einwohner von Messina. Tankred aber entgegnete: er werde, nach Rath seiner Barone, zur gehörigen Zeit und am gehörigen Orte die billig gefundene Genugthuung geben. Diese ausweichende Antwort verdroß den König von England um so mehr, weil er vermuthete, Philipp August habe gegen seine Wünsche gesprochen, und aus diesem Grunde wären dessen, und nicht seine Gesandten von Tankred beschenkt wordenVinisauf II, 18, 19.. Umsonst suchten alle Friedliebende die beiden Könige auszusöhnen: Philipp August wollte sich, als Oberlehnsherr Richards, keinem schiedsrichterlichen Ausspruche unterwerfen, und Richard wiederum als König eines unabhängigen Reiches, keinem nachstehn. Aber die Besorgniß, daß Messina vielleicht nochmals feindlich behandelt werde, und beide Könige sich dennoch zuletzt auf Tankreds Kosten aussöhnen, oder wenigstens noch sehr lange zum Verderben seines Reiches verweilen könnten, brachte diesen dahin, einen Vergleich mit Richard einzugehn, des Inhalts: »der König von England erhält 20,000 Unzen Goldes, entsagt aber für sich und seine Schwester Johanna allen Ansprüchen auf das sicilische Reich. Er steht Tankred gegen alle Feinde bei, und vermählt seinen Neffen Arthur mit dessen Tochter, welche ebenfalls ein Heirathsgut von 20,000 Unzen Goldes erhält. Sollte aber der Papst nicht in diese Ehe willigen, oder ein anderes Hinderniß ihre Vollziehung unmöglich machen, so wird dieses Heirathsgut zurückgezahltRichard. S. Germ. 971.  Math. Paris 112.  Rymer foed. I, 1, 21. Bened. Petrob. 617.  Dumont I, 113. Urk. 203, 205.  Das Benachrichtigungsschreiben an den Papst vom 11ten November 1190. Siehe auch Lünig cod. Ital. diplom. II, 859. Tankred lieh das Geld von Kaufleuten.  Gianett. I, 322.

Die Einwohner von Messina kamen itzt wieder in den Besitz des ihnen Geraubten, und die frühere Handelssperre hörte aufVinisauf II, 22.. Tankred und Richard sahen sich 464 {1190} zwischen Messina und Palermo, und vor ihrem engeren Bunde besorgt, neigte sich auch Philipp, der im Zorne schon allein absegeln wollte, zu einer, für das gemeinsame Unternehmen so nothwendigen Versöhnung.

Selbst den König von England ergriff tiefe Reue über seine Sünden, er that Buße vor allen Bischöfen und versprach ein neues Leben zu beginnen. Bald trat jedoch seine ursprüngliche Natur wieder heraus. So verwies er z. B. den Ritter Wilhelm von Barres aus dem Heere, weil er diesen nicht aus dem Sattel heben konnte, und wurde nur mit Mühe durch die vereinten Bitten der Edlen und Geistlichen zur Billigkeit zurückgebrachtRoger Hoveden 687.  Bened. Petrob. 630.. Ein ander Mal als ein französischer Ritter ein Rohr zerbrach und dem Könige zufällig ein Stückchen an den Hut flog, bestand er darauf, daß Philipp August jenen Ritter verjage. Solch Benehmen erregte Verdruß; noch mehr aber hielt sich der König von Frankreich für beleidigt, als Richard nach langem Zögern endlich erklärte: »er werde, ob es gleich verabredet sey, dessen Schwester Alise nicht heirathen.« Schon früher hatten die Verlobten keine Neigung für einander gefühlt, und ein neues Ereigniß brachte die Sache zum völligen Bruche. Eleonore nämlich, Richards Mutter, welche dieser Verbindung abgeneigt war, langte ungeachtet ihres hohen Alters mit der schönen und klugen Prinzessinn Berengaria von NavarraHemingf. II, 52.  Pipinus c. 25.  Guil. Neubr. IV, 19.  Trivet zu 1191. in Sicilien an, und ermahnte ihren Sohn von seiner wilden Lebensweise abzulassen und mit einer Frau in gottgefälliger Ehe Thronerben zu zeugen. Auch verliebte sich Richard sogleich in Berengaria und behauptete nunmehr: »er habe bei dem Könige von Sicilien Briefe des Herzogs von Burgund gesehen, welche vor Richard warnten und Beistand gegen ihn zusicherten.« Philipp August leugnete alle Theilnahme an diesen Briefen 465 {1190} und entgegnete: »der König von England möge dies alles wohl erfunden haben, weil es ihm an Vorwänden fehle, Alisen nicht zu heirathen, und dennoch ihr Heirathsgut zu behaltenBrit. Phil. 140..« Beide Theile wußten sich wohl keineswegs ganz frei von Schuld, und so gelang es dem Grafen von Flandern eine Aussöhnung zu Stande zu bringen, wonach Richard von jenem Eheversprechen für die Zahlung von 10,000 MarkRymer foed. I, 1, 22.  Radulph. a Diceto 657.  Nach Roger Hoverd. 688 zahlte Richard jetzt nur 2000 Mark und versprach 8000 binnen vier Jahren abzuführen. entbunden und festgesetzt wurde: daß im Fall er zwei Söhne zeuge, die englischen Besitzungen auf dem festen Lande unter beide vertheilt werden sollten.

Kaum hatten sich die Könige auf diese Weise geeinigt, so murrten die Edeln: theils über die erwähnte Herausgabe früherer Beute, theils über die mit dem Gelübde unverträglichen und kostspieligen ZögerungenAuch warteten viele Pilger in Dalmatien, Istrien, Venetien auf die Abfahrt der Könige.  Guil. Neubr. IV, 12.  Vinisauf II, 23-24.. Große Geschenke stellten indeß die Zufriedenheit wieder her, und das Weihnachtsfest beging man so einig als feierlich. {1191} Über die Zeit des Aufbruchs entstanden jedoch nochmals Zwistigkeiten, weil Philipp August, dem der Aufenthalt in Sicilien durchaus keinen Vortheil brachte, auf Beschleunigung drang; während Richard aus entgegengesetzten Gründen, vielleicht aber auch darum zögerte, weil seine Schiffe sehr durch Holzwürmer gelitten hatten und ausgebessert werden mußten. Der König von FrankreichRoger Hoved. 680.  Alberic. 388. verlangte hierauf, daß ihn, wie es das Gelübde erheische, jeder begleite; wozu sich auch mehre von Richards Mannen willig zeigten, und diesen dadurch zwangen wenige Tage nach Philipp August, obwohl ungern, von Messina abzusegeln. Der, wegen 466 {1191} seiner Weissagungen damals berühmte Abt Joachim verkündete demungeachtet beiden Theilen: »noch sey die Zeit nicht gekommen, des Herren Haus zu erbauenDandolo 313.;« und zu dieser Überzeugung konnte er, gleich manchem anderen, gewiß ohne Sehergeist gekommen seyn.

Am 30sten März 1191 segelte Philipp August, jedoch nur mit wenigen Schiffen, von Messina ab und erreichte Akkon am 14ten April nach glücklicher FahrtRadulph. a Diceto l. c.  Bohadin 159.  Nach Schahabeddin 642 landete er nur mit sechs Schiffen bei Akkon.. Richard dagegen, welcher am 10ten April aufbrach, erlitt einen großen Sturm, mußte erst in Kreta, dann wegen Krankheit in Rhodos anlegen, und wandte sich endlich gen Cypern.

Diese Insel gehörte eigentlich zum griechischen Reiche, jetzt aber beherrschte sie Isaak, ein Mann aus dem Hause der Komnenen, welcher sich gegen die Kaiser Andronikus und Isaak Angelus empört und ihre Angriffe zurückgeschlagen hatte. Um sich zu stärken, trat er in engere Verbindungen mit Saladin, und behandelte weder die abendländischen PilgerArge Frevel erzählt von ihm Bened. Petrob. I, 343. noch seine eigenen Unterthanen so, wie es einem christlichen Herrscher gebührte. Auch jetzt empfing er Richards Schwester und die Prinzessinn von NavarraRichards Mutter war von Sicilien zurückgekehrt.  Vinisauf II, 26.  Nach Oliv. Schol. hist. reg. 1392 ließ Isaak die Prinzessinnen einladen und sie schlugen es ab, worauf er befahl die Besatzung von drei verschlagenen Schiffen hinzurichten, welches aber durch einen seiner Diener gehindert ward. Siehe noch Alberic. 389.  Brit. Phil. 140.  Nicetas Andron. I, 87.  Isaak Angelus 237.  Sicardi chron. 613.  Hemingf. II, 53.  Vinisauf II, 29-41.  Coggesh. chr. 217.  Bernard. Thesaur. 309.  Dandolo 313.  Reinhards Geschichte v. Cypern I, 102., welche zuerst anlangten, keineswegs freundschaftlich und zuvorkommend, sondern schien sie vielmehr als Geißeln für 467 {1191} das Betragen der Kreuzfahrer zu betrachten: er untersagte den Ankauf von Lebensmitteln, verweigerte alle Genugthuung wegen dieses Betragens und wollte mehre, durch Sturm hieher verschlagene und gefangene, Pilger nicht freigeben. Da erzwang Richard trotz allem Widerstande die Landung, schlug das weit zahlreichere griechische Heer, machte große Beute an Menschen, Lebensmitteln und Gütern und schloß seinen Gegner in Nikosia ein. – Um dieselbe Zeit langten aus Syrien an: Guido und Gottfried von Lusignan, Raimund von Antiochien, Boemund von Tripolis und mehre andere. Alle suchten Hülfe bei dem ritterlichen Könige, erklärten sich für seine Mannen und erhielten große Geschenke. In so ehrenvoller Umgebung heirathete Richard am 12ten Mai BerengarienBromton 1197., und Isaak, von der größern Macht des Königs überzeugt, entschloß sich zum Frieden. Laut desselben sollte er 3500 Mark Goldes zahlen, alle Gefangenen entlassen, seine Burgen öffnen, mit einer ansehnlichen Hülfsmacht persönlich den Krieg in Syrien führen und sein Reich von Richard zu Lehn nehmen. Als sich Isaak nunmehr in dessen Lager einfand, mißfiel ihm aber die stolze Aufnahme; er bereute das übereilte Eingehen so lästiger Bedingungen und gewahrte, daß Richard ihn auf eine beleidigende Weise bewachen ließ. Leicht glaubte er in dieser Stimmung dem, vielleicht nicht ganz unwahren Berichte eines seiner Diener, daß ihm noch härteres bevorstehe und entfloh deshalb, während seine Wächter schliefen, unbemerkt aus dem Lager nach den waldigen Berggegenden im Innern des Landes.

Nunmehr entstand Zwist unter den Kreuzfahrern, welche Maaßregel zu ergreifen sey. Viele unter ihnen, besonders die Geistlichen, an deren Spitze der Bischof von Beauvais stand, behaupteten aufs nachdrücklichste: »es sey schlechthin verwerflich, wenn man das heilige Gelübde noch länger aus den Augen setze, unschuldige Christen statt der 468 {1191} Saracenen bekriege, und aus Eitelkeit oder Habsucht die Errettung Akkons versäume.« Richard aber entgegnete: »die Geistlichen sollten sich nicht um das bekümmern, was weder ein Gegenstand ihres Amtes noch ihrer Einsicht sey; die Eroberung Cyperns befördere auch die Angelegenheiten der Christen in Palästina, und um ein Königreich zu gewinnen und Beleidigungen zu strafen, dürfe man wohl einige Wochen Zeit verwenden.« So begann der Krieg von neuem nicht ohne Spott und Grausamkeit: denn Richard ließ den Gefangenen die Bärte abschneiden, und Isaak manchen im Zorne verstümmeln. Endlich wurde Nikosia genommen und Isaaks Tochter, welche er außerordentlich liebte, gefangen. Das bewog ihn zur Unterwerfung und schon glaubte er sich einer großmüthigen Behandlung erfreuen zu können, weil ihn Richard neben sich sitzen und seine verlorne Tochter herbeirufen ließ; als er mit Erstaunen vernahm, diese werde ihm nicht zurückgegeben, sondern der Königinn Berengaria überantwortet, – um sie in guten Sitten zu unterrichtenMoribus instruendam.  Vinisauf II, 41.! Seine eigene Freilassung schien jedoch außer Zweifel, denn auf seine Bitte hatte Richard das Wort gegeben, ihn nicht zu fesseln; allein mit listiger Deutung erklärte dieser jetzt: er habe nur versprochen, Isaak nicht in eiserne Fesseln legen zu lassen! Man schmiedete den Getäuschten in silberne FesselnBromton 1199.  Roger Hoveden 690-694.  Aquic. auctar. zu 1192. und gab ihn an Guido von Lusignan zur Verwahrung. Ein Verwandter Isaaks wollte, von den erzürnten Einwohnern unterstützt, diese Hinterlist rächen; er ward aber besiegt, gefangen und ohne weiteres aufgehenkt.

Nunmehr, mit dem Anfange des Junius 1191, gedachte Richard endlich der Abfahrt und segelte mit fünfundzwanzig Schiffen gen Tyrus, ward aber vom Markgrafen Konrad, als ein Beschützer seines Gegners Guido, 469 {1191} nicht eingelassen. Auf der weiteren Fahrt nach Akkon entdeckte man ein Schiff von ungeheurer Größe, welches französische Flagge trug und behauptete: es führe aus Antiochien den Christen Hülfe zu. Man glaubte diesem Vorgeben und schon entfernte sich das Schiff, als ein Galeerenhauptmann seinen Kopf zum Pfande setzte, es sey ein saracenisches Fahrzeug, und eine zweite Rückfrage ergab auch die Richtigkeit seiner Behauptung. Sogleich begann der Kampf; aber mit griechischem Feuer thaten die Saracenen den Christen schon aus der Entfernung großen Schaden, und wenn endlich einer mühsam hinzudrang, den hohen Bord hinanklimmte und die Hände an dessen Rand ansetzte, so wurden sie ihm abgehauen. Mehre Male wichen die Angreifenden, nur Richard befeuerte und bedrohte sie unablässig, und bei der Windstille konnte das große, minder bewegliche Schiff den kleineren nicht entfliehen. Als nun die Saracenen sahen, daß sie der tapfersten Vertheidigung ungeachtet erliegen müßten und von ihren Gegnern keine Milde erwarten durften, so bohrten sie das Schiff selbst an, damit es diesen nicht in die Hände falleSo Ibn Alatsyr 517, Bohadin 166.  Nach andern bohrten die Christen das Schiff an, und Richard ließ vorsätzlich den größten Theil der Besatzung ersäufen.  Roger Hoved. 692.  Wilh. Tyr. 630.  Roman des guerres 17.. Der größte Theil der Besatzung ertrank, manche wurden auch vorsätzlich in die Fluthen gestürzt, und nur wenige Anführer und einzelne Kriegsbauverständige ließ man am Leben, damit jene sich für große Summen lösen, diese aber Rath ertheilen möchten.

Zwei Tage nachher, am achten Junius 1191, landete Richard vor Akkon mit 25 Schiffen und wurde mit den größten Freuden empfangenSchahabeddin 643.. Desto mehr erschraken die Belagerten, als sie diese Feste, Erleuchtungen und Freudenfeuer sahen und von dem Untergange jenes großen 470 {1191} Schiffes hörten, welches ihnen Lebensmittel und Kriegsbedürfnisse aller Art zuführen gesollt. Ferner hatte Philipp August die Belagerung schon aufs thätigste betrieben, den Einwohnern durch Abgraben des Stromes das frische Wasser entzogen und sogar einen Theil der Mauer beschädigt; gleich nach Richards Ankunft sollte gestürmt werden. Auch erklärte sich dieser dazu bereit. Am andern Morgen aber nahm er und die mit ihm verbündeten Pisaner dies Versprechen (entweder aus sachlichen oder aus persönlichen Gründen) zurück, und nun mißglückte nicht allein der Angriff der Franzosen durch das Ausbleiben ihrer Verbündeten, sondern die Türken kamen ihnen auch in den Rücken und verbrannten das Belagerungszeug. Beide Könige wegen dieses selbstverschuldeten Unfalls streng an ihren, bei der Kreuzesannahme geleisteten Eid erinnert, kamen nunmehr überein: von jeder Seite kluge und rechtschaffene Männer zu erwählen, und im Fall eintretenden Streites deren Ausspruche sich zu unterwerfen. Als aber Richard erkrankte und gegen die Vorschrift dieser Männer unthätig blieb, hielt sich auch der König von Frankreich von seinem Eide für entbunden.

So schwer hienach beide zu einer gemeinsamen Wirksamkeit zu bewegen waren, so sehr suchten sie sich einzeln in Anstrengungen zu überbieten. Philipp August ließ neues Belagerungszeug erbauen; es wurde zum zweiten Male von den Saracenen verbrannt. Er ließ einen Theil der Mauer untergraben, und dieser stürzte zwar noch nicht danieder, neigte sich aber doch dergestalt, daß ihn Ritter Alberich mit freudiger Kühnheit zuerst erklimmen konnte. Allein zu viele folgten schnell seinem Beispiele, die Mauer brach ein und nach der tapfersten Gegenwehr fand Alberich mit nicht wenigen seiner Begleiter den Tod.

Noch größere GeschenkeVinisauf III, 1-15.  Godofr. monach. zu 1191. als Philipp August, vertheilte der König von England unter die Pilger und wurde darum noch mehr gepriesen: er zahlte ein Gewisses für 471 {1191} jeden aus den Mauern herausgezogenen Stein, was einerseits ungemein befeuerte, andererseits aber auch manchem Kühneren den Untergang zuzog. Selbst während seiner Krankheit ließ sich Richard an den Mauern umhertragen, und erlegte mit seiner Armbrust zwei Saracenen: den ersten, als er sich auf den Mauern in Alberichs Rüstung brüstete, den zweiten in dem Augenblicke, wo er frevelhaft ein Kreuz verunreinigen wollte.

Überhaupt stieg die wechselseitige Anstrengung aufs höchste. In Minen und Gegenminen trafen Belagerer und Belagerte auf einander, selbst Weiber und Kinder kämpften, und Türken suchten, durch den Hafen schwimmend, griechisches in Otterfelle gefülltes Feuer in die Stadt zu bringen. Allein sie wurden in Netzen gefangenOhne vollen Beweis führt Michaud II, 401 an, daß die Franzosen und Saracenen sich gegenseitig zu Festen luden, jene nach türkischer Musik und diese nach Liedern der Minstrels tanzten. Die Anwesenheit von vielen liederlichen Dirnen vor Akkon ist weniger zu bezweifeln. (S. 402): ja die Franken ließen sich, der Angabe nach, von den Inseln und den benachbarten Gegenden 300 Weiber ins Lager kommen, was den Moslemern so gefiel, daß sie es nachahmten. Fundgruben III. 218. und, so wie alle Gefangene, mit großer Härte behandelt.

Gleichzeitig wuchs die Anzahl der Kranken und Verwundeten in Akkon, und die Befestigungen litten von Tage zu Tage mehr. Aber jene Anstrengungen und diese Unfälle entschieden keineswegs, und noch länger hätte sich die Stadt vertheidigt, wenn nicht Mangel an Lebensmitteln eingebrochen wäre, seitdem die Christen das Meer beherrschtenAbulf. zu 1191  Bohadin 174., Laufgräben rings um die Landseite führten und heimliche Zufuhr fast unmöglich machten. In solcher Bedrängniß baten die Belagerten um einen kurzen Waffenstillstand und versprachen die Stadt zu übergeben, wenn Saladin ihren Gesandten keine schnelle Hülfe bewillige, und wenn man ihnen mit ihren Waffen und Eigenthum freien Abzug 472 {1191} gestatte. Dem Sultan war trotz aller Bemühungen der Entsatz unmöglich, und Philipp August wollte, gleich den meisten Franzosen, den letzten milderen Vorschlag eingehn, als Richard bestimmt widersprach: »es sey Unrecht, nach so langen und großen Anstrengungen nur eine leere güterlose Stadt zu gewinnen.« Der Emir Seifeddin Ali, welcher mit den Christen unterhandelte, mußte daher folgende Bedingungen annehmenÜber die Zahl der freizulassenden Christen, die Größe der Geldsumme und den Tag der Einnahme finden sich viele Abweichungen. Wir wählten die wahrscheinlichsten Angaben. Siehe Sicardi chron. 614-615.  Aquic. auct.  Coggesh. chron. angl. 817.  Alberic. 391.  Vitae Pontif. 479.  Sanut. 197.  Radulph. a Diceto imagines 660.  Vinisauf III, 17.: »die Personen erhalten freien Abzug, aber die Waffen und Güter bleiben zurück. Saladin läßt 2500 Christen frei, zahlt für die Lösung der türkischen Gefangenen binnen zwei Monaten 200,000 Byzantiner und übergiebt das heilige Kreuz. Zur Festhaltung des Vertrages werden Geißeln gestellt.« – Itzt verließen die Türken ihre heldenmüthig vertheidigte Stadt, und trotz allem Hasse sagt ein christlicher AugenzeugeVinisauf III, 15 u. 18.: »so bewundernswerth zeigten sich diese Männer in Hinsicht auf kriegerischen Muth und jede andere Tugend, daß sie niemand auf Erden übertroffen hätte, wenn nur ihr Glaube der rechte gewesen wäre.« Jeder erstaunte über die herrliche Gesichtsbildung der Abziehenden, über ihre durch so vieles Unglück, durch die äußerste Noth, durch den Verlust aller Güter ungebeugte Haltung; ja nach der Standhaftigkeit und Kühnheit ihres ganzen Wesens schienen sie nicht Besiegten, sondern Siegern gleich.

Am 12ten Julius 1191 zogen die Pilger in Akkon ein, weihten aufs neue Kirchen und Altäre und dankten einstimmig Gott für den verliehenen Sieg. Aber bei der gleichzeitig beeilten Besitznahme des irdischen Gutes 473 {1191} verschwand diese Einigkeit nur zu bald. Philipp August nämlich und Richard pflanzten allein ihre Fahnen auf, und theilten die Stadt, die Güter und die Gefangenen. Herzog Leopold VI von ÖsterreichGodofr. mon. zu 1191.  Hemingf. III, 55.  Bromton 1212.  Otto S. Blas. 36., welcher sich überall thätig gezeigt, zweifelte aber nicht daß er ähnliche Anrechte besitze, und ließ durch seine Diener eine Wohnung in Beschlag nehmen und seine Fahne auf einem Thurme befestigen. Hierüber erhob sich Streit mit Richards Leuten, und dieser, ohne weitere Untersuchung Partei nehmend, ließ herrisch Leopold herbeirufen und fragte: »unter wessen Vollmacht und Oberhoheit die Fahne aufgerichtet sey, und wie er, ein bloßer Herzog, sich hierin Königen gleich stellen könne?« »Ich kämpfe, antwortete Leopold, aus eigener Macht und Hoheit, und erkenne nächst Gott nur den heiligen Petrus als Obern.« Zornig entgegnete hierauf Richard: »wenn du von keinem Fürsten Land trägst, wirst du bald ohne Land seyn.« Er befahl Leopolds Banner abzureißen und in den Koth zu werfen. Der Herzog konnte jetzt nicht widerstehen, sondern verließ die Stadt und lagerte vor den Thoren; aber je mehr er seinen Groll verbergen mußte, desto fester ward in ihm der Vorsatz, sich bei der ersten Gelegenheit wegen dieser großen Beschimpfung zu rächen.

Nicht weniger mißvergnügt waren alle englische und französische Barone, und wollten, sofern ihnen nicht ein gebührender Theil der Beute zugestanden werde, ihre eigenen Könige verlassen. Hierauf ward ihnen zwar allerhand versprochen, später jedoch so wenig gehalten, daß manche in die äußerste Armuth geriethen. Ferner klagten, obwohl vergebens, die Pilger aller übrigen Völker, daß sie von den Franzosen und Engländern ganz zurückgesetzt und übermüthig behandelt würden; es klagten am lautesten die alten christlichen Bewohner von Akkon und baten 474 {1191} flehentlich: daß man ihnen doch ihr ehemaliges Eigenthum zurückgeben möchte. Aber die Sieger antworteten: das Eigenthum gebührt denen, die es durch ihre Tapferkeit gewannen, und außerdem ist es unmöglich die frühern, unbekannten Besitzer auszufinden. Doch ward endlich, durch Philipp Augusts BetriebWilh. Tyr. 634., denen welche den Beweis ihrer Berechtigung führten, wenigstens ein Theil ihrer Güter wieder eingeräumt. Nachdrücklicher als diese einzelnen konnten die Venetianer, welche eine Hülfsflotte gesandt hatten, ihre Ansprüche geltend machenDandolo 614.: sie erhielten alle frühere Besitzungen und Vorrechte zurück.

Ungeachtet dieser Zwistigkeiten unter seinen Feinden war Saladin itzt in großer Gefahr: denn nachdem er die Befestigungen von Cäsarea, Joppe, Gaza u. s. w. zerstört hatte, lag das Land offen bis Jerusalem, und er konnte in diesem Augenblicke den Christen weder in offenem Felde entgegentreten, noch durfte er seine unzulängliche Macht in Besatzungen zersplittern. Da retteten ihn neue Streitigkeiten, welche aus mehren Veranlassungen zwischen den Königen ausbrachen. Philipp August nämlich verlangte zuvörderst die Hälfte von Cypern, weil ein früherer Vertrag festsetze, daß alle Eroberungen getheilt werden sollten, und er in Richards Abwesenheit die Last des Krieges vor Akkon allein getragen habe. Dieser antwortete aber: jene Bestimmung gehe nur auf gemeinschaftliche Erwerbungen von den Türken, wogegen ihm dasjenige ausschließend verbleibe, was er allein den Christen abgenommen habe; oder Philipp August müsse seinerseits auch die Erbschaft des, vor Akkon gestorbenen reichen Grafen von Flandern herausgebenBromton 1202-1212.  Roger Hoved. 692.  Guil. Neubr. IV, 19.  Der Graf von Flandern starb am ersten Junius 1191 vor Akkon.  Alberic. 394.  Geneal. comit. Flandriae 393. – Kaum war hierüber ein Vergleich dahin abgeschlossen 475 {1191} worden, daß nur Erwerbungen in Syrien und Palästina getheilt werden sollten, so entstand ein neuer Zwist über alle morgenländische Besitzungen der Christen, welche sowohl Konrad von Montferrat als Guido von Lusignan in Anspruch nahmen. In einer feierlichen Sitzung, am 27sten Julius 1191, wollte man diese wichtige Frage entscheiden; aber vor aller förmlichen Anhörung der Gründe, hatten die meisten, zum Theil aus ganz fremdartigen Ursachen, schon Partei genommenRadulph. a Diceto imag. 634.  Ursperg. 313.  Le Bret Geschichte von Venedig I. 290.  Nach Reinhards Gesch. von Cypern I, 122 standen die Johanniter auf Guidos, und die Templer auf Konrads Seite, aber noch zu 1189 führt Godofr. mon. viele Beschwerden des letzten über die Templer an.: Richard nämlich für Guido (welcher aus Poitou, seinem Lande, stammte) und ihm schlossen sich die Pisaner und Venetianer an, weil sie von Guido mehr als von dem klügeren Konrad zu gewinnen hofften. Dieser hingegen suchte und fand Unterstützung bei dem Könige von Frankreich, seinem Verwandten, und bei den GenuesernLadun. chron. 709.. Zur rechtlichen Begründung seiner Ansprüche behauptete der Markgraf: seine Gemahlinn sey unzweifelhaft Königinn von Jerusalem, und ihm gebühre die Theilnahme an der Herrschaft, weil er das Reich, welches sein Nebenbuhler durch Unfähigkeit und Verrath verloren, durch seine Anstrengungen erhalten und wiedergewonnen habe. Entrüstet antwortete hierauf GuidoGuil. Neubr. IV, 21.  Hemingf. II, 54.  Vinisauf III, 20.: »ich verlor das Reich, nicht weil ich ein Verräther war, sondern weil ich verrathen ward, und solch Unglück verdient keine Entsetzung. Du aber bist ein Eidbrüchiger, das will ich beweisen und für die Verfolgung dieser Anklage Pfand stellen.« Konrad würdigte ihn keiner Antwort, sondern ging schweigend hinweg und niemand wagte, aus Furcht vor dem Volke, Hand an ihn zu legen. Richard setzte jedoch, zu großem Mißvergnügen Konrads und 476 {1191} des Königs von Frankreich, folgende Entscheidung durch: Guido bleibt König, und erst nach dessen Tode geht die Würde auf Konrad und seine Nachkommen über. Stirbt auch dieser kinderlos, so ernennt Richard, im Fall er noch gegenwärtig ist, den Thronerben. Konrad behält itzt, als Lehnsmann des jerusalemischen Reiches, die Städte Tyrus, Sidon und Berytus.

Bei diesen Umständen kam es nicht einmal zum Entwurfe, viel weniger zur Ausführung eines gemeinsamen Planes, und während der König von Frankreich eine benachbarte Burg umlagerte, zog Richard, um Lebensmittel zu erbeuten, weit im Lande umher. Zuletzt ergriff ihn jedoch die Besorgniß, Saladin möge einen von beiden vereinzelt angreifen, und er beschloß also Philipp August zu unterstützen. Dieser aber, fürchtend daß dem ritterlichen Könige von England alsdann der Ruhm der Eroberung allein zu Theil werde, beschuldigte ihn: er suche durch ungebührliche Mittel die Treue seiner Mannschaft wankend zu machen, und kehrte nach Akkon zurück. Ohne französischen Beistand setzte Richard nunmehr die Belagerung fort, flehte zum Heiland, daß er ihm das Mißgönnte möge gelingen lassen, und nahm jene Burg nach großer Anstrengung und Gefahr.

Auch bei den Unterhandlungen mit den Türken zeigten sich die verschiedenen Ansichten beider Könige. Vor der Einnahme Akkons verlangte und versprach ein Verwandter Nureddins Hülfe gegen Saladin; und dieser bot wiederum seinerseits große Vortheile, wenn die Könige ihn gegen alle übrigen, nicht unbedeutenden Feinde unterstützen wollten. Aber weder mit jenem, noch mit dem Sultan kam man damals zum Abschlusse. Jetzt wollte dieser einen Waffenstillstand auf sieben Jahre eingehenBromton l. c.  Histor. brev. 1352.  Bened. Petrob. 660. und machte Hoffnung, er werde, nach erlangter gründlicher Kenntniß von der christlichen Lehre, wohl noch zu ihr übertreten. Da sprach Philipp August: »der Friede ist vor der Thür, laßt uns ihn 477 {1191} ergreifen, denn wer das Billige zurückweiset, betrügt sich selbst.« Richard hingegen rief aus: »wie kann ein Christ und ein König so trügerischen Worten vertrauen! Wir haben das Kreuz genommen, um das heilige Land aus den Händen der Ungläubigen zu erretten, und wenn diese es nicht gutwillig herausgeben, so laßt uns für Christus sterben, gleichwie dieser für uns gestorben ist; laßt uns zur Abschreckung unserer Feinde schwören, daß wir noch drei Jahre in Syrien bleiben und Jerusalem um jeden Preis erobern wollen!« – Dieser Vorschlag stimmte aber um so weniger mit den Planen Philipp Augusts, als er seinen Nebenbuhler, wegen des Empfanges großer Geschenke, in Verdacht eines Einverständnisses mit Saladin hatteVielleicht wirkten auch Nachrichten von Verschwörungen gegen sein Leben.  Iperius 676. und durch eine schwere Krankheit so angegriffen war, daß ihm die Haare ausfielen und die Nägel an Händen und Füßen, ja die ganze Haut sich ablöseteGuil. Armor. 76.  Rigord. 34.  Sanut. 198.  Guil. Neubr. IV, 22.  Brito Phil. 140.. Deshalb nannte er den Kreuzzug beendet, und erklärte seinen Entschluß nach Frankreich zurückzukehren. Außer allen schon erwähnten Gründen, wirkte die Überzeugung von der Nothwendigkeit seinem Reiche persönlich vorzustehen, und die Hoffnung, er werde in Richards längerer Abwesenheit wo nicht dessen Länder, doch die des verstorbenen Grafen Philipp von Flandern gewinnenGraf Balduin, Philipps Erbe, mußte dem Könige von Frankreich einen Theil des östlichen Flanderns abtreten.  Geneal. comit. Flandriae 393.. Als der König von England jenen Beschluß vernahm, zürnte er aufs äußerste und rief: »wenn Philipp wirklich glaubt, daß ein längerer Aufenthalt in Syrien ihm tödtlich sey, so mag er gehen und sein Reich mit Schande bedecken!« Unbekümmert um diesen Widerspruch bezog sich dieser auf den Rath seiner Ärzte und Barone, legte dar, wie viel er schon für das heilige Land gethan habe, und 478 {1191} meinte seiner übernommenen Pflicht hinreichend nachzukommen, wenn er 500 Reiter und 1000 Fußgänger, nebst den zu ihrer Erhaltung nöthigen Summen, unter Anführung des Herzogs Hugo III von Burgund zurückließe. Endlich beschwur er zur Beruhigung Richards: »er wolle weder dessen Besitzungen noch die eines andern in Syrien zurückbleibenden Fürsten angreifen, ja sie vielmehr gegen die Angriffe jedes Dritten beschützen.« – Mit dem Anfange des Augusts verließ der König von Frankreich SyrienRoger Hoved. 712.  Andegav. chron. zu 1192.  Hemingford II, 56., kam über Apulien nach Rom, wurde durch den Papst Cölestin II vom Gelübde losgesprochen, und traf mit dem Ende des Jahres 1191 wieder in seiner Hauptstadt ein.

Unterdeß nahte der Tag, wo Saladin die ersten Geldsummen für die Lösung der türkischen Gefangenen zahlen sollte; weshalb Richard vom Markgrafen Konrad von Montferrat verlangte: er solle ihm den französischen Antheil dieser Gefangenen vorführen, welchen Philipp August bei seiner Abfahrt in Tyrus zurückgelassen. Konrad aber antwortete: »zu dem Zwecke habe ihm der König von Frankreich die Türken nicht anvertraut, und er sey keineswegs verpflichtet Richarden aufzuwarten.« Hierüber zürnte dieser so sehr, daß er schon einen Kriegszug gegen Tyrus unternehmen wollte, als endlich Konrad durch die Vermittelung des ihm befreundeten Herzogs von Burgund, zur Auslieferung bewogen wurde.

Jetzt ließ Richard den Sultan nachdrücklich an seine Verpflichtungen erinnern, worauf dieser verlangteBohadin 183.  Schahabeddin 651 beschuldigt die Christen, daß sie statt der bedungenen Fristzahlung, die ganze Summe auf einmal verlangt hätten.: daß die türkischen Gefangenen entweder Zug um Zug gelöset, oder doch von der Partei Geißeln gestellt würden, welche ihrerseits die Bedingung des Zahlens oder Befreiens zuletzt 479 {1191} erfüllen wollte. Richard entgegnete, das Wort eines Königes müsse dem Sultane genügen, und drohte mit den härtesten Maaßregeln, wenn längere Zögerungen einträten. Vergebens erinnerte Saladin hierauf, wie viele Christen sich auch in seiner Gewalt befänden, vergebens schickte er große Geschenke und bat, da er das Geld noch nicht beisammen habe, um Verlängerung der Fristen: – am 15ten August, am Tage der Himmelfahrt der hochverehrten Maria, ließ Richard 2500 von jenen, wegen ihres Heldenmuthes so laut gepriesenen Gefangenen, auf eine Wiese vor Akkon hinausführen und sämmtlich niedermetzeln! Nur einzelne hatte man ihres, zu schwerer Arbeit tauglichen Körpers, oder ihres Reichthumes wegen vorher ausgesondert. Ob nun bloß des Königs leidenschaftlicher Sinn, oder der allgemeine Haß gegen die Türken zu diesem Frevel führte, oder ob die Furcht vor der großen Zahl der Gefangenen bei dem bevorstehenden Ausbruche mitwirkte, ist unentschieden. Doch erzählt Richard den Vorgang selbst auf obige Weise dem Abte von Clairvaux und fügt hinzuSicut decuit, 2500 fecimus exspirare.  Roger Hoved. 699.: »er habe gethan was sich gebühre!« Ja wenn wir der Angabe eines andern Erzählers trauen dürfen, so fand sich auch nicht einer im christlichen Heere, welcher dieser schändlichen Maaßregel widersprachDe assensu omnium.  Trivet zu 1191. Sonst finden sich auch hier in den Nachrichten die größten Abweichungen. Gewiß verwarf Saladin die Bedingungen nicht geradehin, wie Math. Paris 615 erzählt; eben so wenig fehlte das heilige Kreuz, wie Arnold. Lub. III, 37 und die Histor. hier. 1122 meinen, da dies von den Türken vorgezeigt, und laut Bohadin 182 von den Christen als das ächte anerkannt wurde. – Philipp August kann an der Hinrichtung der Gefangenen weder Theil genommen haben, wie Wilh. Tyr. 635 will, noch konnte er ihr widersprechen, wie Bohadin erzählt. Die Hauptschuld fällt, nach seinem eigenen Bekenntniß auf Richard, und damit stimmen Coggesh. chron. angl. 819, Abulfar. 275, Radulph. a Diceto l. c., Vinisauf IV, 2-4, Guil. Neubr. IV, 23, Rigord. 35, Hemingf. II, 49; so daß Bromtons 1213 ganz vereinzelt hingeworfene Nachricht, Saladin habe zuerst Gefangene hinrichten lassen, gar keine Erwähnung verdient, und außerdem mit den sachlichen und persönlichen Verhältnissen in Widerspruch steht. Daß Richard auch die französischen Gefangenen ohne Beistimmung des Herzogs von Burgund hinrichten ließ, ist wahrscheinlich, weil dieser ihm später deshalb Vorwürfe macht. Auch über die Zahl der Ermordeten finden sich große Abweichungen. Coggeshale hat 1750, Vinisauf u. Roman des guerres 2700, Bohadin 3000, Roger Hov. 5000 u. Godofr. mon. gar 8000. Roger Hoveden 695 erzählt allein: wenn Saladin seinen Verbindlichkeiten nicht genügte, hätten die Gefangenen seyn sollen in misericordia regum de vita et de membris. Wenn dies aber auch richtig wäre, so erscheint die misericordia hier doch in der ärgsten Deutung und Bohadins Nachricht ist gewiß ächter, daß alsdann die Gefangenen vertragsmäßig gefangen bleiben sollten. Ein gefangener Ritter sagte: (Bohad. 188) Richard sey allein Urheber der Hinrichtung.! 480 {1191} Gleichzeitig suchten die Mörder in den Eingeweiden der Ermordeten nach Goldstücken, und in abergläubischer Wuth schnitten sie den Leichnamen die Gallenblase auf, um davon wirksame Arznei zu bereitenMortuis et evisceratis, felleque eorum resecato et usui medicinali reservato, byzantia multa auri Christiani in eorum corporibus invenere. Bromton 1213.. Die Türken rächten sich nicht durch ähnliche FrevelDas heißt. Saladin war zu edel, als daß er seinerseits eine ähnliche Metzelei anbefohlen hätte; aber im einzelnen wurden seitdem viele christliche Gefangene von den Siegern getödtet., aber die Strafe des Himmels erging bald über die Christen.

Zuvörderst dauerte die große Sterblichkeit in Akkon noch fort, und nie sind wohl überhaupt so viele Menschen bei einer Belagerung ums Leben gekommen: 6 Erzbischöfe und Patriarchen, 12 Bischöfe, 40 Grafen, 500 Hochadeliche500 proceres potentes.  Vinisauf IV, 6.  Es starben die Grafen von Perche, Blois &c.  Alberic. 390.  Brito Phil. 140.  Guil. Neubr. IV, 19.  Rog. Hov. 685., ja von 300,000 Pilgern, welche zunächst um der Eroberung Akkons willen das Kreuz nahmen, sollen 481 {1191} zuletzt etwa 6000 ihre Heimath wieder erreicht haben. Die jetzt noch Gegenwärtigen klagten: daß sie, beim Mangel an Nahrung, Kleidung, Waffen und Pferden, fortdauernd fechten sollten und drangen auf die Rückkehr; einzelne Begüterte ergaben sich dagegen der Schwelgerei mit Wein und Mädchen. Richard suchte beiden Übeln dadurch abzuhelfen, daß er die Armen mit Geld unterstützte, die Üppigen aber zur Ordnung zwang und alle Weiber, mit Ausnahme der nöthigsten Wäscherinnen, entfernteVinisauf IV, 9.  Hemingford II, 59..

Endlich am 24sten AugustDiesen Tag hat Vinisauf IV, 12.  Coggesh. chr. angl. 819 dagegen schon den 15ten August. 1191 brach das Heer auf; aber noch war es keine Tagereise von Akkon entfernt, als die Türken sich schon von allen Seiten zeigten und die größte Vorsicht nöthig machten. Man zog vorwärts in geschlossenen Reihen, lagerte Abends an sicherer Stelle und ließ dreimal vom Herolde laut rufen: »Herr hilf dem heiligen Grabe!« worauf die versammelten Pilger dreimal dieselben Worte wiederholten. Alle diese Vorkehrungen blieben jedoch unzulänglich: die Angriffe wurden immer lebhafter und anhaltender, Pferde und Reiter stürzten von Pfeilen getroffen zu Boden, und wenn der Zug still hielt, so entwichen die Türken mit großer Schnelligkeit, wenn er sich in Bewegung setzte, waren sie sogleich wieder beunruhigend zur Hand: – man kam mithin nicht von der Stelle. Dazu gesellte sich ungeheure Hitze und Mangel an Lebensmitteln; so daß die Schwächeren verzweifelten, die Furchtsamen sich vor den NegernGens larvalis, colore nigerrimo, vocantur nigreduli.  Vinisauf IV, 18., welche in Saladins Heere fochten, entsetzten und die, selbst von den Feinden laut gepriesene Tapferkeit der übrigen, durchaus nichts entschied. Richard hielt es itzt wegen der wachsenden Gefahr für rathsam, die geschlossenen Glieder durchaus nicht mehr zu öffnen; aber 482 {1191} nun trafen die Türken nicht bloß mit Pfeilen aus der Ferne, sondern drangen kühner herzu und erstachen die Pilger mit Lanzen, oder erschlugen sie mit Keulen; dabei an die frevelhafte Ermordung ihrer Brüder und Freunde unter den Gefangenen vor Akkon erinnernd. Endlich zwischen Cäsarea und Joppe, in der Nähe von Arsur, sahen sich die Christen am siebenten SeptemberBohadin 184.  Abulf. zu 1191. Auch Rad. a Diceto imag. 662 setzt die Schlacht auf den 7ten September, Hemingf. II, 59 auf den 6ten, Aquic. auct. auf den 8ten September. 1191 so eingeschlossen, so von allen Lebensmitteln und Wasserquellen abgeschnitten, daß sie ein entscheidendes Gefecht suchen mußten, welches die ermuthigten Türken jetzt auch annahmen. Jakob von Avesnes führte die erste Schaar, er wurde tapfer fechtend erschlagen und dem Herzoge von Burgund stand dasselbe Schicksal bevor, als Richard, überall mit beispielloser Tapferkeit vorkämpfend, zu Hülfe eilte, die Saracenen schreckte und den Sieg für die Christen errang.

Joppe fand man leer und überlegte nun, ob es besser sey die Stadt zu befestigen, oder bis Askalon vorzudringen. Richard unterstützte diesen Plan als den kühneren und entscheidendern; die Franzosen erklärten sich für jenen, weil er ausführbarer und der gerade Weg von Joppe bis Jerusalem der kürzere sey. Allein auch die Ausführung des leichteren Planes fand Schwierigkeit, weil sich ergab, daß viele Pilger nicht weiter ziehen, sondern in Joppe mancher Bequemlichkeit und Lust nachhängen wollten; andere hatten sich eilig mit zurückgehenden Fahrzeugen schon wieder nach Akkon eingeschifft, und noch andere waren aus dieser Stadt gar nicht aufgebrochen, sondern trieben sich in den Wirthshäusern umherIbi morantibus in tabernis.  Bromton 1240.. Richard schickte sogleich Guido von Lusignan dahin ab, um alle zu ihrer Pflicht anzuhalten; aber dessen Worte thaten so wenig Wirkung, daß der König gegen Ende des Septembers selbst nach Akkon eilte, 483 {1191} und mit Bitten, Ermahnungen, Drohungen und Strafen wohl an 20,000 Christen zusammenbrachte. Das Heer bei Joppe wurde hiedurch zahlreicher als je vorher, und man wollte daher nicht allein den Krieg fortführen, sondern auch die gewonnenen Städte neu befestigen und mit Einwohnern besetzen. Während dies nun zuvörderst in Joppe geschah, ergötzte sich Richard bisweilen nebst wenigen Begleitern mit der Falkenjagd, und schlief dabei eines Tages ermüdet ein. Da überfielen ihn die Türken, und er wäre trotz der tapfersten Vertheidigung gefangen worden, wenn sich nicht Ritter Wilhelm von PratelleVinisauf IV, 28.  Des Preaux schreibt Sismondi hist. de la litter. I, 145. edelmüthig für ihn ausgegeben und ihm dadurch Zeit zur Flucht verschafft hätte. Doch mußte Richard ernsthafte Warnungen der seinen anhören, sich nicht wieder solcher Gefahr auszusetzen, und wir dürfen annehmen, daß er die Befreiung Wilhelms aus der Gefangenschaft bewirkte.

Um dieselbe Zeit wuchsen Saladins Besorgnisse über den endlichen Ausgang um so mehr, als es ihm am Gelde fehlte, die meisten Söldner nach der Heimath verlangten und das Benehmen seines Neffen Malek el Mansur, welcher am Euphrat unter des Sultans Leitung herrschteAbulf. zu 1191.  Bohadin 193.  Ibn Alatsyr 523., seine Aufmerksamkeit und seine Kräfte theilte. Aus diesen Gründen knüpfte er Friedensunterhandlungen an, welche sich aber bald zerschlugen, weil Richard das ganze jerusalemische Reich und den, ehemals für Ägypten an die Christen gezahlten Zins verlangte. – Damit nun Askalon, die schöne und feste Stadt, nicht beim Mangel hinreichender Vertheidigungsmittel in die Hände der Christen falle und für sie ein trefflicher Haltungspunkt werde, ließ Saladin, obwohl sehr ungern, ihre Mauern niederreißen und alle Vorräthe zerstören. Die Einwohner flohen mit dem wenigen was sie in der Eil fortbringen konnten, verkauften 484 {1191} kostbares für geringe Summen und erlagen fast dem Schmerze, als sie die ausgeleerte Stadt in Flammen aufgehen sahenBohadin 200..

Weil Askalons Besitz seitdem unwichtig erschien, wandten sich die Franken gen Ramla, dessen Burg ebenfalls zerstört war, und hofften den Weg bis Jerusalem offen zu finden. Saladin betrieb aber die Befestigung dieser wichtigsten Stadt mit dem größten Eifer, und ließ zu gleicher Zeit durch seinen Bruder Adel dem Könige Richard große Geschenke überreichen und ihm das ganze Land westlich vom Jordan anbietenNur Askalon und Königsberg sollten unbefestigt bleiben.  Vinisauf IV, 31, 36. Fundgruben IV, 228.. Auch diese Anerbietungen genügten dem Könige nicht, und manche eifriger gesinnte Pilger tadelten ihn obenein, daß er von Ungläubigen Geschenke nehme und mit ihnen umgehe.

Zwar trieb die Hoffnung bald nach Jerusalem zu kommen, noch immer viele Christen ins Lager: allein es befanden sich unter ihnen so wenige taugliche Krieger, daß sie nur die Lebensmittel verringerten und nicht die Macht erhöhten. Hieraus entstanden neue Zögerungen, die erwartete Zufuhr blieb aus, bei der höchst ungünstigen Jahreszeit (es war um Neujahr 1192) und den gewaltigen Regengüssen weichte das Brot und faulte das Fleisch, die Kleidungen zerrissen, die Harnische rosteten, und eine ernste Berathung führte zu dem Beschlusse nicht bis Jerusalem vorzugehn: erstens, weil man leicht zwischen den Belagerten und einem äußeren Heere eingeschlossen und von aller Zufuhr könne abgeschnitten werden; zweitens, weil man selbst im Fall einer schnellen und glücklichen Eroberung der Stadt außer Stande sey, eine hinlängliche Besatzung zurückzulassen. – Sobald dieser Beschluß der Fürsten und Ritter kund wurde, verbreitete sich die höchste Niedergeschlagenheit unter den geringern Pilgern: bittere Vorwürfe und 485 {1192} sehnsüchtige Klagen wechselten ab, und keineswegs gehorchten alle dem Befehle nach Askalon zu ziehen, sondern manche, besonders Franzosen, wandten sich eigenmächtig nach Akkon und Tyrus. Doch erhielt Richard von den meisten das Versprechen bis Ostern bei Askalon auszuharren, wohin man auf schrecklichen Wegen am 20sten Januar 1192 gelangte.

Mit der allergrößten Thätigkeit arbeiteten Vornehme und Geringe, Geistliche und Laien an Herstellung der Thürme und Mauern dieser Stadt; zuletzt hemmte jedoch mancherlei Streit auch hier den Erfolg. Auf stolze Mahnung des Königs, rascher mitzuwirken, erwiederte z. B. Herzog Leopold von Österreich: »sein Vater sey kein Maurer oder Zimmermann gewesen,« und hieran reihte sich der heftigste, für den Herzog äußerst beleidigende WortwechselBromton 1242 erzählt sogar: rex ducem pede percussit.. Den niedern Pilgern, vor allen den Franzosen, ging das Geld aus; weshalb der Herzog von Burgund verlangte, daß ihm Richard zur Auszahlung des rückständigen Soldes eine beträchtliche Summe leihen möge. Diesen Antrag wies aber der König mit dem Bemerken zurück: »er habe in Akkon schon genug gegeben, was noch nicht wieder bezahlt sey.« Zornig entgegnete hierauf der Herzog: »weit größere Summen habe er aus dem Lösegelde der saracenischen GefangenenVinisauf V, 9. erhalten können und erhalten sollen, aber durch Richards frevelhafte Grausamkeit wären die Christen um diesen Vortheil gebracht worden.« Unbekümmert um den weitern Erfolg bei Askalon, zog der von seinen Kriegern bedrängte Herzog jetzo nach Akkon, wo er die Pisaner und Genueser in offener Fehde fandTrivet zu 1192. und nebst dem Markgrafen Konrad von Montferrat jenen beistand, bis sie siegten.

In dieser übelen Lage hielt es Richard für gerathen, seinerseits Friedensunterhandlungen mit Saladin 486 {1192} anzuknüpfen, und schrieb ihm daher: »Franken und Muselmänner kommen um, das Land wird verwüstet, und gleich den irdischen Gütern leiden die Seelen. Dem heiligen Kriege ist sein genügend Recht geschehen; und es bleibt nur übrig sich in Hinsicht auf Jerusalem, die Landschaften und das heilige Kreuz zu vergleichenBohadin 207.. Was jene Stadt anbetrifft, so ist sie der Sitz unserer Religion und wir können von ihr nicht ablassen, wenn auch kein Einziger von uns am Leben bleiben sollte; von den Landschaften hingegen verlangen wir nur die, welche diesseit des Jordans liegen. Das heilige Kreuz, – welches für uns vom größten Werthe, für euch aber nur ein gemeines Holz ist –, gebt ihr wohl gern zurück; und nach diesem billigen Frieden laßt uns von den schweren Anstrengungen ausruhn.« Sobald sich Saladin hierüber mit seinen Großen berathen hatte, gab er zur Antwort: »Jerusalem ist den Muselmännern so heilig als den Christen, ja noch würdiger und heiliger, weil unser Prophet von hier aus seine nächtliche Reise zum Himmel antrat und die Engel sich hier versammeln. Bildet euch daher nicht ein, daß wir sie jemals preis geben werden. Die Landschaften ferner gehören uns von uralter Zeit, und wenn ihr sie auch einnahmet, als die Muselmänner schwach waren, so seyd ihr doch mit Recht wieder daraus vertrieben. Das Kreuz endlich ist für uns ein Gegenstand des Ärgernisses, und wir können die, durch dessen abergläubiges Verehren entstehende Beschimpfung des wahren Gottes weder gleichgültig ansehen noch dulden; es müßte denn durch die Rückgabe ein äußerst großer Vortheil für den Islam bewirkt werden.«

Saladin konnte aber itzt um so eher eine strenge Antwort ertheilen, als er die Zwistigkeiten Richards mit den Franzosen kannte, und Konrad von Montferrat sogar türkische Hülfe gesucht hatte. Dieser fürchtete nämlich, im Angedenken an die Natur und das frühere Benehmen des Königs von 487 {1192} England, daß er seine Ehe mit Isabellen trennen und ihm Tyrus entreißen werde, und versprach deshalb insgeheim: er wolle dem Sultane beistehn und ihm Akkon erobern helfen, wenn dieser ihm Sidon und Berytus übergebeBohadin 204, 214.. Indem Saladin sich einerseits auf diese Unterhandlungen einließ und andererseits verlangte, Konrad solle den ersten öffentlichen Schritt thun, gewann er eine vortheilhafte, beliebig so oder anders zu benutzende Stellung. – Als Richard, um diese ihm kund gewordene Gefahr zu hintertreiben, in Akkon anlangte, hatte sich Konrad bereits vorsichtig nach seinem Tyrus zurückgezogen und man konnte nicht über die Bedingungen einig werden, unter welchen er den König mit Mannschaft unterstützen solleBromton 1240, 1242.. Hierauf erklärte ihn dieser mit Rath seiner Ritter und Barone aller Länder und Einkünfte für verlustig, war aber nicht im Stande diesen Beschluß zu vollziehen.

Mehr Vortheil versprach er sich wahrscheinlich von einer neuen Unterhandlung. Malek el Adel der Bruder Saladins, ein sehr gewandter und ehrgeiziger Mann, war dem Könige von England persönlich bekannt geworden und dieser machte ihm jetzo den Vorschlag: »er solle seine Schwester, die Wittwe Wilhelms von Sicilien, heirathen, ganz Palästina und noch andere vom Sultan abzutretende Länder mit ihr als König beherrschenDie Königinn sollte Geistliche mit nach Jerusalem bringen dürfen, und die fränkischen Ritter zwar Grundstücke, aber keine festen Schlösser erhalten. – Adel that zuletzt wohl, als habe er geglaubt, die Prinzessinn werde den muhamedanischen Glauben annehmen; und Richard stellte sich, als habe er geglaubt, Adel wolle ein Christ werden.  Fundgrube IV, 226.  Schahabeddin 656., das heilige Kreuz herausgeben und die wechselseitige Lösung der Gefangenen genehmigen.« Seiner Natur gemäß ging Adel auf diesen Vorschlag ein, und es schien als müsse der Sultan entweder große Aufopferungen machen, oder durch eine abschlägige Antwort seinen Bruder schwer beleidigen. 488 {1192} Saladin aber, den ganzen Plan nur als eine ungeschickte List betrachtend, erklärte gegen die Erwartung der meisten aufs feierlichste: »er nehme jene Bedingungen gern und willig an.« Ob Richard je im Ernste an die Vollziehung dieser Ehe dachte, bleibt ungewiß; in seinen Hoffnungen sah er sich indeß ohne Zweifel getäuscht, denn er mußte, so wie es Saladin vorausgesehn hatte, jetzt erklären: »seine Schwester wolle um keinen Preis einen Muselmann heirathen, und ohne päpstliche Zustimmung dürfe sie ihn nicht heirathen.« Damit jedoch der ganze Plan nicht allzuplötzlich dahinfalle, hieß es: eine andere Prinzessinn werde sich williger finden, oder Adel sich wohl noch taufen lassen. Auch kamen Richard und Adel wirklich zusammen und beschenkten und besprachen sich wiederholt: jedoch blieb der Sultan so sehr die Hauptperson, daß der König wünschte diesen selbst zu sehn und zu sprechen. Saladins Räthe untersuchten noch, was man bei diesem Antrage thun müsse, als er selbst, ihnen unerwartet, zur Antwort gab: »sobald Könige persönlich zusammengekommen sind, ist weiterer Krieg zwischen ihnen schändlich, und erst nach geendetem Streit erscheint ein Gespräch würdig und schön. Mögen unsere Bevollmächtigten sich über die Hauptpunkte des Friedens einigen; dann wird die unmittelbare Bekanntschaft das Ganze befestigen, und Liebe und Freundschaft aus derselben folgen.« Richard fühlte den großen Sinn, welcher in dieser Antwort lag, und that etwas billigere Friedensvorschläge, wogegen Saladin durch Zögerungen zu gewinnen hoffte. Denn die Franzosen kehrten, als Richard ihre Aufnahme in Akkon verbot, nicht nach Askalon zurück, sondern gingen größten theils nach TyrusVinisauf V, 10-20., wo sie des Krieges nicht weiter gedachten, sondern lustig und übermüthig lebten. Ferner dauerten Konrads Unterhandlungen mit den Türken fort, und nur die Besorgniß, daß Franken und Muselmänner schwerlich für einen Zweck einträchtig wirken könnten, hielt 489 {1192} den Sultan vom völligen Abschlusse zurück. Auch widersprach Adel jedem Vertrage, an welchem König Richard nicht Theil habe: denn unter allen Franken sey er bei weitem der erste und größte.

So ungünstig und schwankend lagen die Verhältnisse, als im Anfange des Aprils 1192 durch den Prior von Hereford traurige Nachrichten aus England ankamen: von der Vertreibung des Kanzlers Wilhelm, den Anmaaßungen des Prinzen Johann, von Unruhen und Meutereien. Nothgedrungen erklärte Richard hierauf den seinen: »er müsse nach England zurückkehren, wolle jedoch 500 Ritter und 2000 Fußgänger in Syrien lassen und jedem freistellen, ihn zu begleiten oder länger gegen die Türken zu fechten.« Bei der hierauf folgenden Berathung äußerten sämmtliche Edle: »es sey schlechterdings nothwendig, daß vor Richards Abgange alle Macht in die Hände eines neuen Königes gelegt werde, und da nun Konrad von Montferrat sich überall tüchtiger gezeigt habe, als Guido von Lusignan, – dessen Ansprüche überdies mit dem Tode seiner Gemahlinn Sibylle ihres eigentlichen Grundes beraubt wären –, so trügen alle einstimmig darauf an, daß jener die Krone erhalte.« Der König von England konnte nicht umhin zu erinnern, wie wenig Beistand Konrad in der letzten Zeit den Pilgern geleistet habe, und in wie engen Verbindungen er mit Saladin stehe; ferner tadelte Richard den Wankelmuth derer, welche früher so laut gegen den Markgrafen gesprochen hatten und itzt als seine Vertheidiger auftratenVinisauf V, 22-24.  Sicardi chron. 616.  Dandolo 316.: doch gab er endlich dem allgemeinen Wunsche nach, und es gingen Gesandte nach Tyrus, um Konrad die Krone anzubieten. – Als dieser hörte, daß man seine Erhebung so einstimmig gewünscht und daß Richard eingewilligt habe, war er äußerst erfreut und dankte Gott mit aufgehobenen Händen; ja alle Christen freuten sich über die Beendigung des langen, unheilbringenden Haders, und jeder wollte den 490 {1192} andern übertreffen in den Veranstaltungen zur bevorstehenden Krönung, in Waffen, Kleidern und anderm köstlichen Schmucke.

Graf Heinrich von Champagne und die übrigen Gesandten Richards reisten eilig zurück, um vom Erfolge Bericht zu erstatten, und Konrad ging zu einem Feste, welches der Bischof von Beauvais außerhalb der Stadt für ihn veranstaltet hatte. Schon war er auf der Rückkehr fröhlich bis in die Gegend des Schlagbaumes am Thore gekommen, als zwei Jünglinge zu ihm traten und eine Bittschrift überreichten. Während er nun mit dem Lesen beschäftigt, seine Aufmerksamkeit also abgelenkt war, trafen jene ihn tödtlich mit ihren Dolchen und riefen aus: »du wirst weder Markgraf seyn, noch König.« Einer von den Frevlern wurde sogleich niedergehauen, der zweite rettete sich in eine Kirche und bekannte, als man ihn ohne Rücksicht auf die Heiligkeit der Stätte hervorzog: »der Alte vom Berge habe sie zum Morde abgesandt.« Konrad, so rechtfertigte sich später der Assassinenfürst, habe einen seiner Diener fangen und hinrichten lassen, manches geraubt und jede Genugthuung verweigert; dafür sey er billigerweise gestraft worden. Diese Erzählung fand jedoch nicht allgemeinen Glauben und einige äußerten, Humfried von Torono habe, um den alten Schimpf des Weiberraubes zu rächen, diesen Frevel veranlaßt; noch mehre, besonders Franzosen, verbreiteten das Gerücht, König RichardNach Bohadin 225 und andern morgenländischen Quellen sagten die Mörder aus: Richard habe sie gedungen, – aber sie sagten es auf der Folter aus.  Consilio Richardi Conradus dolo interficitur.  Godofr. mon. zu 1192.  Richardus ab Hassassinis interfici persuasit vel permisit, sagt Alberic. z. d. J. Ähnliches sagt Ursperg. 314 und Aquic. auctar. Aber alle diese Zeugnisse sind entfernt oder parteiisch, und wenn gleich das Schreiben des Alten vom Berge, bei Rymer I, 123, welches Richarden frei spricht, in der Gestalt gewiß nicht ächt ist, so zeugen doch für die richtigere Ansicht: Sanutus 200, Bern. Thesaur. 813, Coggesh. chron. angl. 819, Vinisauf V, 25-27, Guil. Neubrig. V, 16, Wilh. Tyr. 639. Richard war keineswegs überall mild und liebenswürdig, und ich habe seine Fehler, um der herkömmlichen entgegenstehenden Meinung willen, keineswegs verhehlt: aber ich glaube nicht, daß er ein besonnener Meuchelmörder gewesen sey. Herr v. Hammer Gesch. der Assassinen S. 205 ist, auf den Grund morgenländischer Zeugnisse, anderer Meinung; indeß fehlt noch immer ein hinreichender Beweis; auch widerspricht Quatremère in den Fundgruben III, 357, und nach Ibn Alatsyr 527 würde man gar Saladin für den Urheber der Ermordung halten können! Mit Recht bemerkt hiegegen Schahabeddin 660: der Tod Konrads, als eines Gegners von Richard, sey Saladin sehr unlieb gewesen. Ämilius Paulus endlich läßt Humfried von Torono die Mörder dingen.  Michaud VII, 659. habe die Mörder 491 {1192} gedungen! Ob nun gleich diese Beschuldigung weder erwiesen ist, noch innere Glaubwürdigkeit hat, so zeigt sie doch, was man dem gewaltsam heftigen Könige wohl nachsagen konnte, und es läßt sich nicht läugnen, daß die frühern und spätern Ereignisse, dieser Behauptung der Abgeneigten einige Wahrscheinlichkeit gaben.

Vor dem Hinscheiden hatte Konrad seiner Gemahlinn noch befehlen können: sie solle Tyrus möglichst schützen und nur dem Könige von England oder dem künftigen Könige von Jerusalem übergeben. Mithin lehnte Isabelle das Verlangen der Franzosen, die Stadt zu besetzen, ab, bis Graf Heinrich von Champagne aus Richards Lager in Tyrus ankam. Laut klagte hier das Volk über den Verlust seines Herrn, über die Gefahren neues Zwistes und schwächlicher Obern; bald aber vereinten sich alle Stimmen dahin: »Graf Heinrich II von ChampagneHeinrichs II Mutter war eine Tochter Ludwigs VII und Eleonorens von Aquitanien, also eine Stiefschwester von Philipp August und Richard Löwenherz. Die Mutter Philipp Augusts, war die Vatersschwester Heinrichs II., der Neffe 492 {1192} Richards und Philipp Augusts, könne allein alle Parteien versöhnen und bessere Zeiten herbeiführen; ihm gebühre die Krone und die Hand Isabellens.« Bescheiden erwiederte der Graf, er werde überall dem Rathe und der Entscheidung Richards folgen, und dieser antwortete hierauf: »er sey zufrieden mit dem Vorschlage der Erhebung Heinrichs zum Könige, wogegen er sich um so weniger anmaaße, einen Rath über die Heirath zu geben, da Konrad Isabellen ihrem ersten Gemahle entführt habeSo erzählt Vinisauf V, 28. Abgeneigte hingegen lassen die Heirath durch Richard bewirken..« Heinrich aber, entweder der heimlichen Beistimmung seines Oheims gewiß, oder den Rathschlägen der Franzosen, oder seiner eigenen Neigung folgend, heirathete die willenlose Isabelle acht Tage nach der Ermordung ihres Gemahls, den fünften MaiDiesen Tag hat Radulph. a Diceto l. c. und den 28sten April als Todestag Konrads. Sicard. und Abulf. haben den 24sten April als Todestag; Bromton 1242 setzt die Hochzeit gar schon drei Tage nach dem Tode Konrads, und Ibn Alatsyr 527 behauptet, Isabelle sey schwanger gewesen! 1192. An diese unanständige, ja frevelhafte Eil reihte sich die Meinung an: Mord und Heirath sey aus einem Stück und schon früher bezweckt und verabredet. Laut klagten von neuem Guidos Freunde, daß ein gerechter, aber einfacher Mann dem arglistigen und schaamlosen nachstehen müsse; aber diese wiederholte Zurücksetzung brachte zuletzt ihm und seinem Hause größeren Vortheil. Denn aus alter Freundschaft und um den weiteren Vorwürfen einer mächtigen, ehemals unterstützten Partei zu entgehn, überließ ihm Richard Cypern als Lehn. Diese Insel hatten die Tempelherren, bald nach der Ankunft des Königs von England in Syrien, für 25,000 Mark Silber zur einstweiligen Verwaltung empfangen, geriethen aber in einen Krieg mit den, durch die Griechen aufgereizten Einwohnern und entsagten, wie es scheint nicht ungern, ihren Ansprüchen 493 {1192} gegen Empfang der ausgelegten SummenVinisauf V, 37.  Rigord. 35.  Bernard. Thesaur. 809.  Guil. chr. zu 1192.  Wilh. Tyr. 633, 637.  Sanutus 198.  Iperius 679.  Reinhard Gesch. v. Cypern I, 109, 126.  Allerdings waren die Einwohner unruhiger Art, sie wurden aber auch hart behandelt und ihr Zeugniß galt z. B. nicht gegen Ritter, ja nicht einmal gegen die neuen syrischen und lateinischen Anbauer.  Diomedes 9.. Wenigstens ist es wahrscheinlich, daß Richard sie von der Lehnwaare befriedigte, welche Guido einzahlte.

Diese neue Einigung und der Umstand, daß Saladin seine kriegsmüden Söldner einstweilen entlassen hatte, machten es den Franken möglich, nochmals angriffsweise zu verfahren und bis Darun vorzugehn. Hier bekam Richard die Nachricht: von Ägypten ziehe eine überaus große und reiche Karavane sorglos herbei. Man überfiel die Unbedachtsamen, und 3000 Kameele mit ihrer Ladung und 500 Gefangene waren der große Lohn eines, nicht einmal sehr mühevollen TagesBohadin 231 den 25sten Junius.. Den Sultan schmerzte dieser Verlust außerordentlich und ein anderer, obgleich vortheilhafter, Handel konnte ihn nicht ganz ersetzen. Bei der Eroberung Jerusalems hatten nämlich die Türken mehre Kisten mit heiligen Reliquien erbeutet, so groß und schwer, daß vier Männer sie kaum zu tragen vermochten: und diese Kisten versprach der Sultan versiegelt zurückzugeben, wie er sie empfangen habe, wenn binnen einer bestimmten Frist 52.000 GoldstückeMath. Paris 112-119.  Die Summe ist gewiß übertrieben. dafür erlegt würden. Schon lief diese Frist zu Ende und alle Christen waren ob ihres Geldmangels rathlos und in tiefer Betrübniß: da zahlte Richard die verlangte Summe, und sehr gern wurden ihm Heiligthümer, welche für Muhamedaner keinen Werth hatten, von Saladin überantwortet.

Diesen ängstigten itzt Sorgen anderer Art: sein Heer hatte sich noch nicht wieder vollzählig gesammelt, Jerusalem war, aller Anstrengungen ungeachtet, noch nicht vollständig 494 {1192} befestigt und mit Lebensmitteln versorgt; das Heer der Kreuzfahrer stand endlich kaum drei Tagemärsche von der Stadt, und man mußte ihre Einverständnisse mit den christlichen Einwohnern fürchten. Da wandte sich Saladin, den Verheißungen seiner Religion vollen Glauben beimessend, zu Almosen und feierlichen Gebeten. Aber der Himmel schien ihn noch härter prüfen zu wollenBohadin 235., denn an demselben Tage, am fünften Julius, traf ein Eilbote von den Vorposten ein und überbrachte die Nachricht: »das ganze Lager der Franken sey in Bewegung, und binnen vierundzwanzig Stunden würden alle vor Jerusalem anlangen.« Bereits stieg die Angst und die Rathlosigkeit aufs höchste, als ein zweiter Eilbote, unglaublich und doch der Wahrheit gemäß, berichtete: »nicht gen Jerusalem zögen die Christen, sondern rückwärts gen Ramla!«

König Richard hegte den größten Eifer Jerusalem zu erobern, aber ungünstige Nachrichten, welche wiederholt aus England einliefen, und sein unsicheres Verhältniß zu den Franzosen machten ihn bedenklich; bis er, durch den wachsenden Muth der Pilger und die Ermahnungen einiger Geistlichen angefeuert, zu allgemeiner Freude öffentlich ausrufen ließ: »er werde vor Ostern des nächsten Jahres die Rückfahrt nicht antreten.« Ob nun aber Jerusalem anzugreifen sey, wollte er keineswegs allein entscheiden, weil er besorgte hiedurch Widersprüche herbeizuführen: denn er verachtete die Franzosen, ob sie gleich zahlreicher waren, und setzte sie überall zurückRichardus militiam Francorum, quorum virtute victor exstiterat, contemtui dedit, contumeliose tractavit et injuriose.  Alberic. 396.  Iperius 678.  Guil. Neubrig. IV, 23.  Sicardi chr. 615.  Wilh. Tyr. 636.  Coggesh. chron. angl. 821.; und diese fürchteten wiederum, daß der Ruhm einer Befreiung Jerusalems den Engländern allein zu Theil werden möchte. Die Pilger von beiden Völkern verspotteten sich wechselseitig in Liedern, deren einige von Richard gemacht, andere wider ihn gerichtet waren, bis Lust 495 {1192} und Scherz nicht selten in arge Schmähungen und Gewalt ausarteteVinisauf VI, 1..

Unter diesen Umständen äußerte Richard: »ob er gleich den Zug nach Jerusalem wegen seiner bekannten Schwierigkeiten anzubefehlen Bedenken trage, so wolle er doch gern daran Theil nehmen, sobald man ihn gemeinsam beschließeBromton 1245.. Hiezu wurden fünf Templer, fünf Johanniter, fünf Eingeborne und fünf Pilger bevollmächtigt, welche nach ernster Berathung erklärten: man solle nicht nach Jerusalem ziehen; denn es fehle an einem haltbaren Orte zwischen Joppe und Jerusalem, und die Hitze, der Mangel des Wassers, die Unsicherheit der Zufuhr, die Berge, die engen PässeZwischen Ramla und Jerusalem liegen noch Gebirge und enge Pässe. Ali Beys Reise, Band 8 der Bertuch. Samml. 390, 391. und die Übermacht Saladins an leichter Reiterei, erzeuge für eine längere Belagerung der Stadt die größten Gefahren. Auf eine schnelle Eroberung dürfe man aber nicht rechnen, da die Nachrichten über die Schwäche und Muthlosigkeit der Türken in Jerusalem ungegründet seyen; und selbst durch eine rasche Einnahme werde zuletzt für die Sicherheit nicht einmal etwas gewonnen, sobald man nicht eine starke Besatzung in Jerusalem zurücklassen könneSanut. 199.  Trivet zu 1192.  Nach Bohadius 237 abweichender Erzählung, waren die Franzosen für, Richard, des Wassermangels wegen, gegen den Angriff Jerusalems gewesen..

Hierauf kam es in Vorschlag, nach Kairo in Ägypten zu ziehen; allein die Franzosen behaupteten aufs lebhafteste, dieser Plan sey noch unausführbarer als jener erste, und darin hatten sie vollkommen Recht, wenn auch vielleicht bei der Berathung über den Angriff Jerusalems neben den erheblichen innern Gründen, einseitige und tadelnswerthe Ansichten mitwirkten. – Wenigstens glaubte Richard dafür hinreichende Beweise erhalten zu haben, als einige gefangene Türken auf der Folter bekannten: daß der Herzog 496 {1192} von Burgund mit Saladin unterhandele, und daß die bei ihnen gefundenen reichen Geschenke für jenen bestimmt wären. Richard berief deshalb den Patriarchen und den Herzog zu einer geheimen Berathung und beschwur auf heilige Reliquien: er sey bereit mit dem Heere aufzubrechen und zufolge seines frühern Versprechens, Jerusalem zu erobern. Denselben Eid verlangte er vom Herzoge; aber dieser verweigerte den Schwur mit Bezug auf die schon dargelegten Gründe und UmständeRoger Hoveden 716.. Da nannte ihn Richard einen Verräther, warf ihm seine Verhandlungen mit dem Sultan vor und ließ die Gefangenen herbeiführen, welche, laut einigen Berichten, ihre Aussage wiederholtenNur Math. Paris l. c. hat diese Behauptung. Bohadin erzählt keine zweideutigen Unterhandlungen des Herzogs, während er umständlich von denen des Markgrafen Konrad spricht.. Demungeachtet behauptete der Herzog: »ein erzwungenes Bekenntniß gebe keinen Beweis, und wenn Saladin ihm Geschenke sende, wie sie auch Richard schon empfangen habe, so folge daraus nicht, daß er in verrätherischen Unterhandlungen mit demselben stehe.« Anstatt nun die unvollständige Untersuchung öffentlich weiter zu führen, ließ Richard jene Gefangenen erschießen, ehe das Heer nur erfuhr, was sie verbrochen hatten; mithin blieb es zweifelhaft, ob sein Zorn diese traf, weil er den schuldigen Herzog nicht zu strafen wagte, oder ob ihm ihr schneller Tod nöthig schien, damit kein Widerruf des Bekenntnisses erfolge. Die Franzosen benutzten diesen Umstand und beschuldigten nun ihrerseits den König: daß er, noch mehr als sie, zum Frieden und zur Rückkehr geneigt sey, und daß die ihm bekanntlich von Saladin übersandten Geschenke nicht ohne Wirkung geblieben wärenAlberic. 396.. Mittlerweile zog der aufs höchste beleidigte Herzog von Burgund hinweg, mußte aber, weil Richard verbot, daß er in christlichen Städten aufgenommen werde, mit seinen Begleitern im Freien unter Zelten lagern.

497 {1192} Mochte nun Neid, oder Stolz, oder Ehrgeiz, oder Sehnsucht nach der Heimath, oder dies alles zusammengenommen unter den Christen wirken; auf jeden Fall waren sie geschwächt, und ohne Gabe der Weissagung konnte ein Einsiedler dem Könige voraussagen: er werde Jerusalem nicht erobern. Bei den, mit Saladin nochmals angeknüpften Unterhandlungen sollte Graf Heinrich von Champagne gewissermaaßen als Vermittler auftreten, oder für sich abschließen, als sey von einem Kriege mit Richard nicht weiter die Rede. Aber Saladin bot jenem nur den sichern Besitz von Tyrus und Akkon, und verachtete Richards stolze BotschaftBohadin 239.: »er möge auf die Zurücklegung des Lagers keine falschen Hoffnungen gründen, denn der Widder gehe nur zurück, um desto kräftiger zu stoßen.« Eben so wenig wirkten höfliche, ja mit Bitten verbundene Darstellungen über die Nachtheile des Krieges und die Billigkeit der christlichen Anträge.

Während dieser Unterhandlungen zog ein Theil der Christen mit dem Könige gen Akkon, ein zweiter hingegen nach Joppe. Diese Trennung benutzte Saladin ohne Verzug und umlagerte, nachdem er seine Macht verstärkt hatte, die letzte Stadt mit dem größten Nachdrucke. Eilboten verkündeten diese Noth dem Könige von England, welcher bereits dem Grafen von Champagne alle Macht übergeben hatte und im Begriff war sich nach Europa einzuschiffenBromton 1248.  Vinisauf VI, 12.  Doch bleibt es zweifelhaft, ob Richard vor einem Friedensschlusse nach Europa absegeln wollte; vielleicht nur nach Cypern, wie andere andeuten.. Sogleich änderte er seinen Beschluß und bat: der Herzog von Burgund möge bei dieser neuen Bedrängniß des alten Streites vergessen und zum Entsatze Joppes einträchtig mitwirken; aber dieser zog unbekümmert weiter gen Tyrus, wo ihn eine schwere Krankheit ergriff, seiner Geisteskräfte 498 {1192} beraubte und endlich tödteteMath. Paris 112-119.  Bernard. Thesaur. 811.  Des Herzogs Leichnam wurde nach Citeaux gebracht.  Hist. de Bourg. I, 364.  Nach Joinville 104 war er tapfer, aber ne fut onques tenu a saiges, ne à Dieu, ne au monde.. Das Volk sah in diesem Unfall eine verdiente Strafe des Himmels.

Unterdeß vertheidigten sich die Einwohner und die Besatzung Joppes mit einer Beharrlichkeit und Tapferkeit, welche selbst von ihren Feinden aufs höchste gerühmt wird; endlich aber mußten sie, der Überzahl weichend, die Stadt preis geben und sich in die auf einem BergeJoppe ist terrassenartig gebaut und die Burg liegt am höchsten. Mariti Reise I, 71. Hammer topographische Ansichten 118., hart am Meeresufer gelegene Burg zurückziehn. Sehnlichst hofften sie auf Entsatz, aber vergebens: denn Richard, welcher sich in Akkon einschiffte, wurde durch widrige Winde, und die Johanniter, Templer und andere Pilger, welche den Landweg gen Joppe eingeschlagen hatten, wurden durch Saladins Mannschaft aufgehalten. Noch mehr wuchs die Angst der Belagerten, als sich die Meinung verbreitete: der Sultan wolle, um Richards Frevel bei Akkon zu rächen, alle gefangene Christen hinrichten lassen. So weit war jedoch Saladin von dieser Rachsucht entfernt, daß er jenen viel mehr das Leben und alle die milden Bedingungen zusicherte, welche er bei der Eroberung Jerusalems bewilligt hatte; nur solle man ihm, wenn bis zu einem gewissen Tage kein Entsatz komme, die Burg übergeben und ein bestimmtes Lösegeld zahlen. Hiefür stellten sich, im Vertrauen auf König Richards und der übrigen Christen Thätigkeit, der Patriarch und viele Edle als GeißelnVinisauf VI, 14.. Aber der letzte Tag der gesetzten Frist, der erste August 1192, brach an, ohne daß sich auf dem Lande oder dem Meere Hülfe zeigte. Also begann die Zahlung der Summen und die bedungene Übergabe. Jetzt aber wurde des Sultans Bestreben, alle eingegangenen Bedingungen aufs pünktlichste 499 {1192} zu erfüllen, die Ursache, daß er seinen Zweck verfehlte. Die Stadt Joppe nämlich war angefüllt von den noch siegestrunknen Türken, und Saladin besorgte mit Recht, daß, wenn man die Christen aus der Burg durch diese hindurch führte, Plünderungen und Gewaltthaten nicht zu verhindern seyn dürften. Deshalb suchte der Emir Ezzeddin Sjordich die Türken selbst mit Schlägen zu entfernenBohadin 240.; allein wenn er glaubte, es sey auf diese Weise an einer Stelle freie Bahn gewonnen, so drangen die Ungeordneten, Beutelustigen an der anderen wieder hinzu. In diesem Augenblicke brachte Bohadin, der Geschichtschreiber Saladins, jenem Emir in größter Eile die Botschaft: »daß die Räumung der Burg äußerst zu beschleunigen sey, weil sich eine ansehnliche Hülfsflotte im Meere zeige.« Dem gemäß wurden auch sogleich einundfunfzig Männer mit ihren Frauen, Pferden und sonstigen Gütern heraus- und hinweggeführt; nun aber erblickten auch die Christen jene Hülfsflotte und verweigerten nicht allein die Übergabe, sondern griffen sogar mit Erfolg die Sieger an. Durch deren überlegene Macht endlich zurückgedrängt, geriethen sie in neue weit größere Noth: denn noch immer blieb die sehnlichst erwartete christliche Hülfe aus, weil König Richard von der Lage der Burg nicht unterrichtet war und es ihm an sich keineswegs rathsam schien, an einer Stelle zu landen, wo die Türken das Ufer bereits in großer Überzahl besetzt hatten. Da wagte ein Priester sein Leben für die übrigenVinisauf VI, 15.  Bohadin 251.: er sprang von einem der hohen Burgthürme kühn hinab, litt in dem weichen sandigen Boden keinen Schaden, eilte zum Meere und berichtete dem Könige die verzweifelte Lage der Dinge. Nun zögerte dieser keinen Augenblick mehr, sondern sprang zuerst ins Meer und erreichte das Ufer. Heftig war hier anfangs der Kampf, dann aber verbreitete sich plötzlich ein panischer Schrecken unter den Türken: sie glaubten, es 500 {1192} sey irgendwo eine stärkere Macht im Hinterhalte aufgestellt, und flohen, selbst mit Zurücklassung aller Beute. Richard besetzte ohne weiteres Hinderniß die Stadt und bezog das frühere Lager der Türken.

Sein Erstaunen über diesen unerwarteten Erfolg war übrigens so groß, daß er unverzüglich die türkischen Abgeordneten, welche noch zur Hand waren, herbeirief und mit übergroßer Offenheit sagte: »warum hat Saladin, der größte Fürst des Morgenlandes, er, der Joppe in wenigen Tagen nahm, wozu mir mehre Monate nicht hinreichend schienen, warum hat er bei meiner Ankunft dies Lager verlassen? Bei Gott, ich war nicht zum Kriege gerüstet, und konnte mit einem Haufen schlechten Schiffsvolkes nicht kämpfen. Sagt aber dem Sultan, er solle mit mir Frieden schließen und endlich den Fehden ein Ende machen; sonst gehen meine Länder zu Grunde und die seinen haben wahrlich auch keinen Vortheil davon. Wenn er uns Joppe und Askalon überläßt, sind wir zufrieden, und wollen ihm davon nach Lehnrecht Dienste leisten.« Saladin bot aber nur Joppe und bemerkte: »nach Richards baldiger Entfernung sey nichts leichter, als das Ganze wieder zu erobern, und nur der Überdruß an allen irdischen Fehden, welcher in seinem Alter täglich zunehme, bringe ihn zu jenem billigen Anerbieten.«

Bei Gelegenheit dieser Unterhandlung hatten die Türken gehört, vor welcher kleinen Zahl sie so schmählich geflohen waren, und daß die stärkere Macht der Christen erst von Cäsarea her anrücke. Vor deren Ankunft wünschte der Sultan Richarden noch einmal anzugreifen, und hiezu bot ihm dieser die erwünschteste Gelegenheit, weil er unvorsichtig und mit schwacher Begleitung außerhalb Joppe lagerte. Noch an demselben Abend zogen die Türken unter Saladins Führung aus, um die Christen zu überfallen. Beim Anbruche des Tages sah ein Genueser zuerst am Rande des Gesichtskreises Helme schimmern und erhob Lärm; ein anderer stürzte zu Richard ins Zelt und rief überlaut: »o mein König, wir sind alle ohne Rettung des Todes!« – 501 {1192} »Du stirbst von meiner Hand, wenn du nicht schweigst,« – gab dieser zornig zur Antwort; aber kaum hatte er das Panzerhemd umgeworfen, kaum hatten manche sich nur halb bekleidet, als die Türken schon zur Hand und fest überzeugt waren, das geringe Häuflein der Christen werde sich ohne Kampf ergeben, oder wenigstens zu entfliehen suchen. Aber König Richard beschloß mit siebzehn Rittern und 1000 Soldaten nach der höchsten, mit neun Rittern und 300 Soldaten nach der geringsten Angabe, einer ungeheuren Übermacht kühn zu widerstehnVinisauf VI, 21-24.. Er ließ die Fußgänger niederknien, ihre Schilde vor sich stellen und ihre Lanzen zum Angriff strecken. Zwischen zweien auf diese Weise Gedeckten stand ein Schütze, und hinter diesem ein anderer, um Schuß und Wurf vorzubereiten. Sechsmal griffen die Türken diese Phalanx an, sechsmal wurden sie zurückgeworfen. Da rief Saladin, welcher überall ordnete und befeuerte, unwillig aus: »wo sind die, welche mir König Richard gefangen bringen wollten?« aber einer antwortete ihm trotzig: »halt dich an deine Knechte, welche deine Männer in Joppe schlugen und ihnen die verdiente christliche Beute entzogen;« – und ein zweiter sagte: »Herr, dieser König ist nicht wie ein anderer Mensch, seiner Gewalt, seinen Streichen kann niemand widerstehn!« – Solche Tapferkeit bewundernd, schickte ihm Adel während des Kampfes ein treffliches Pferd, dessen er zu bedürfen schien; als sich aber ein Diener des Königes darauf setzte, sprengte es, Zügel und Sporn nicht achtend, zu den Türken zurück und erregte den Schein einer Hinterlist, bis der Diener mit dem Rosse zurückgeleitet und ein zweites noch schöneres hinzugefügt wurdeDies schien mir bei sehr abweichenden Nachrichten das Wahrscheinlichste; daß Richard selbst vom Pferde ins türkische Lager getragen ward, ist dagegen unglaublich.  Iperius 678.  Vinisauf l. c.  Ob die Sendung vor oder nach dem Gefechte statt fand, will ich nicht entscheiden; wie denn überhaupt die ganze Erzählung eine etwas poetische Farbe trägt.. 502 {1192} Diese ritterlichen Ehrenbezeigungen unterbrachen übrigens das Gefecht nicht, vielmehr war Richards Hand durch die angestrengte Führung des Schwertes schon wund geworden, als er noch verwegener aus den Reihen hervorbrach und mit einem Streiche dem Führer einer türkischen Schaar, Kopf, Schulter und rechten Arm abhiebDieselbe That wird Gottfried von Bouillon und König Konrad III zugeschrieben. Buch I, S. 142, und Buch III, S. 551.. Da wichen alle von allen Seiten und wagten ihn nur aus der Ferne anzugreifen; aber die Pfeile verwundeten ihn nicht gefährlich, und Saladin befahl selbst den Rückzug, um eine völlige Zerstreuung seiner entmuthigten Krieger zu verhindern. Mehr noch, als alle frühere Kämpfe, erhöhte dieser den Ruhm des löwenherzigen KönigsAm ersten August 1192.  Radulph. a Diceto imag. 667., und noch lange Zeit nachher schreckten saracenische Mütter ihre weinenden Kinder mit der Drohung: »König Richard kommt!« und Reiter fragten ihre scheuen Pferde: »seht ihr König RichardBernard. Thes. 312.  Wilh. Tyr. 636.  Joinville 16, 104.

Dieser glückliche Erfolg und die unverkennbare Abneigung der Türken noch länger zu fechten, erweckte in vielen Christen die Hoffnung größerer Fortschritte; aber Saladin erhielt Verstärkung, die Franzosen beharrten auf ihren Beschlüssen, Geldmangel nahm unter allen Pilgern überhand und von den bösartigen Krankheiten wurde zuletzt auch Richard ergriffenVinisauf VI, 25.  Histor. hieros. 1123. und mehre Wochen außer Stand gesetzt, irgend auf Krieg oder Frieden einzuwirken. Der Sultan schickte ihm itzt auf Verlangen das schönste Obst, und mit der Herstellung des Königes erneuten sich dessen Bemühungen für den Frieden um so dringender, da ihm in der Heimath nicht bloß der König von Frankreich, sondern auch sein eigener Bruder Johann die größten Gefahren bereitete. So kam endlich im September 1192 ein Waffenstillstand auf drei Jahre zu StandeSowohl über den Tag des Abschlusses, als über die Dauer des Waffenstillstandes finden sich Abweichungen. Drei Jahre hat Abulfeda 125; 3 Jahre, 3 Monate, 3 Tage, 3 Stunden Bromton 1249, Radulph. a Diceto imag. 668, Hemingford II, 6; 3 Jahre und 8 Monate Abulfar. 276, Schahabeddin 662, der den 21sten Schaban als Tag des Abschlusses nennt.. Ihm zufolge herrschten die 503 {1192} Christen von Joppe bis Akkon, jedoch nur über eine schmale Küste dem Meere entlang, und Nazareth und Sephorim gehörten nicht mehr zu ihren Besitzungen. Lydda und Ramla wurden getheilt, Askalon, Gaza und Darun aber geschleift. Von Seiten Saladins schloß man die Ismaeliter, von Seiten der Christen Tripolis und Antiochien in den Frieden ein. Wechselseitiger Handel fand wieder statt und die Pilgerung nach Jerusalem wurde den Christen erlaubt. Von dieser Erlaubniß machten jedoch so viele Gebrauch, daß Richard die Zerstreuung mißbilligte und verlangte: Saladin solle alle diejenigen abweisen, welche nicht von ihm selbst oder von dem Grafen von Champagne ausdrückliche Erlaubniß erhalten hätten; und diese Erlaubniß verweigerte wenigstens der König aus altem Hasse jedem Franzosen. Hierüber wäre es vielleicht zu den heftigsten Auftritten gekommen, wenn nicht Saladin erklärt hätte: seine Religion verstatte ihm nicht einen Pilger, um äußerer Gründe willen, von den heiligen Stätten abzuhalten; und nun eilten diese unbewaffnet in noch größeren Schaaren nach Jerusalem, wo der Sultan sie freundlich aufnahm, bewirthete und herablassend mit ihnen Gespräche führteBohadin 263 u. s. w.. – Nicht allen hatte indeß Gott solche Milde ins Herz gelegt, und viele Ältern, Brüder und Verwandte derer, welche Richard vor Akkon hatte hinrichten lassen, verlangten vom Sultan, er möge ihnen erlauben, jetzt an den Christen Rache zu nehmen: aber einstimmig mit seinen Großen erklärte Saladin, daß wegen jenes argen Vorganges das gegebene Wort nicht dürfe gebrochen werden.

Bei diesen Umständen konnte keineswegs ungebührliche 504 {1192} Besorgniß, sondern nur Krankheit Richarden von der Pilgerung nach Jerusalem abhalten, und dem, sonst so wilden Manne entstürzten bittere Thränen, daß er nicht gewürdigt sey, die heiligen Stätten zu sehn und zu verehrenMichaud II, 428.  Guil. Neubr. IV, 29.! Der Bischof Hugo von Salisbury führte eine große Zahl Engländer dahin, und erhielt von Saladin Geschenke und die Erlaubniß sich eine Gnade auszubitten. Er bat, daß in Jerusalem, Bethlehem und Nazareth auch nach lateinischer Weise Gottesdienst gehalten werden dürfeBromton 1248 sq., und dies Gesuch wurde sogleich bewilligt. In einem andern Gespräche, welches der Sultan mit dem Bischofe führte, sagte dieser: »wenn Saladins und Richards Eigenschaften (die Sünde des Unglaubens bei dem ersten abgerechnet) vereinigt würden, so gäbe dies den vollkommensten Fürsten auf Erden;« – worauf Saladin dem Muthe Richards Gerechtigkeit wiederfahren ließ, aber doch bemerkte, daß er bisweilen in Tollkühnheit ausarte. Ihm erscheine es wünschenswerther sich durch Weisheit und Besonnenheit auszuzeichnen, als durch Eigenschaften anderer Art, welche nur zu leicht über alles mittlere Maaß hinaus, zu einem wilden Äußersten führtenVinisauf VI, 33.. In der That sprach dieses Urtheil den Charakter beider Fürsten selbst aus: Saladin zeigte sich überall würdig, gehalten, planmäßig, selbst im Zorne besonnen und gab, mit sehr wenigen, durch den Muhamedanismus herbeigeführten, Ausnahmen überall den Ergüssen seines großmüthigen Herzens rücksichtslos nach. Richard hingegen erscheint nur beständig in der Kriegslust und unübertroffen im Kriegsmuthe; in allem übrigen gar oft wechselndRex Richardus nemini unquam fidem vel pactum servavit.  Gislebert. 415., unbedachtsam, gewaltthätig, ja unsittlich. Saladin ist, nach einstimmigen Zeugnissen aller Parteien, unläugbar 505 {1192} der größte unter allen damaligen Herrschern des ganzen Morgenlandes; Richard hingegen steht vielen abendländischen Königen und Kaisern jener Zeiten so weit nach, daß ihn der Geschichtschreiber nicht den Helden, im größeren Sinne des Wortes, beigesellen darf, der Dichter aber zum Helden eines Rittergedichtes veredeln mag. Doch verdankte man es der Natur beider Fürsten, daß, ungeachtet der erzählten Frevel, bei diesem Kreuzzuge der Religionshaß nicht ausschließend wirkte, sondern auch eine größere und ritterliche Gemeinschaft und Betrachtungsweise hervortrat.

Mit dem geschlossenen Frieden waren übrigens viele Christen unzufrieden und klagten Richard, welcher itzt seine Schulden bezahlte, laut an: »er habe Askalon, die wichtigste christliche Stadt, den Türken für große Summen preis gegebenRichardus rex cupidus et avarus et omni Christianitati invisus, a Saladino magno pretio auri accepto, Ascalonem nominatissimam civitatem Christianorum subvertit.  Aquic. auct. zu 1192.  Rigord. 35..« Viele Ritter und Söldner, Weiber und Mädchen zogen nach Cypern, um nicht unter türkischer Herrschaft zu wohnen. Wie wenig indeß dem Könige selbst das Erstrittene genügte, zeigt seine laut ausgesprochene Bitte: »Gott möge ihm ein längeres Leben verleihen, damit er bei einem zweiten Zuge nach Palästina sein Gelübde vollständig erfüllen könneVinisauf am Schlusse.!« Aber selbst wenn Richard nur ein halbes Jahr länger im Morgenlande verweilt hätte, würde sich vielleicht sehr vieles ganz anders gestaltet haben: denn am neunten Oktober 1192 segelte er von Syrien ab, und am vierten März 1193 starb Saladin im siebenundfunfzigsten Jahre seines Alters an einem heftigen Fieber. »Nimm dies Kleid,« sprach er auf dem Krankenlager zu seinem FahnenträgerBohadin 5 u. 270.  Bernard. Thesaur. 815.  Coggesh. chr. angl. 835.  Dandolo 315.  Marai 393., »zeige es als Todtenfahne und verkünde, daß der Beherrscher des ganzen Morgenlandes nichts 506 {1193} mit sich zu nehmen vermag; nur ein einziges Kleid begleitet ihn in das Grab!« Auch hinterließ Saladin weder Haus, noch Garten, noch Landgut, und überhaupt kein Eigenthum; ausgenommen siebenundvierzig nagaritische Silberlinge und ein tyrisches Goldstück. Zu seinem Sohne Asdai sagte Saladin beim AbschiedeBohadin 266.  Fundgruben IV, 236.: »verehre das höchste Wesen und befolge seine Gebote, denn es ist die Wurzel alles Guten und in ihm ruht alles Heil. Vergieße kein Blut, denn es schläft nicht, sondern kommt auf dein Haupt. Erhalte dir die Herzen deiner Unterthanen durch Liebe und Sorgsamkeit, denn sie sind dir von Gott durch mich übergeben. Begünstige die Edeln, denn nur durch Milde bin ich zu irdischer Größe gelangt. Beleidige niemand, denn erst nach geübter Rache pflegen sich die Menschen wieder zu versöhnen. Hasse niemand, denn allen steht der gleiche Tod bevorNach Alberic. 404 vermachte Saladin den christlichen, jüdischen und muhamedanischen Armen, jedem ein Drittel seiner beweglichen Güter, damit, wenn ihm die Begünstigung einer Partei nicht Heil bringe, es doch die der anderen thue. Als Legende merkwürdig.. Hast du gegen Gott gefehlt, so sey reuig: er ist barmherzig.« 507

 


 


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