Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

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Zweites Hauptstück.

Die Ansicht, daß in kräftiger Selbsthülfe größere Würdigkeit liege, als in gehorsamer Unterwerfung unter ein allgemeines Gesetz, hatte in Deutschland seit uralter Zeit fast unaustilgbare Wurzeln geschlagen, und die Schwächeren, welche derselben nicht beistimmten, verzweifelten an der Möglichkeit einer Besserung dieser Verhältnisse. Denn selbst nach Friedrichs Thronbesteigung kaufte sich mancher ungerecht Bedrohte mit Geld von den bevorstehenden Gefahren losWibaldi epist. 368., weil er die Hülfe des Kaisers noch immer für zu unsicher und entfernt hielt. Ein solcher Ausweg schien aber diesem so unwürdig und aller Ordnung widersprechend, daß er ihn sogleich verbot. Er war jetzt, nachdem sich sein Ruhm und seine Macht durch den italienischen Zug noch erhöht hatte, fest entschlossen keinen Eingriff in seine Rechte zu dulden und allen Fehden, Unordnungen und Friedensbrüchen, worüber in Deutschland laute Klage geführt ward, mit Nachdruck und Strenge ein Ende zu machen. Und damit es nicht heiße: er verfolge bloß die Geringeren, schone oder fürchte aber die nach Willkür handelnden Großen, so richtete er seine Maaßregeln zunächst gegen diese. Der neu erwählte Bischof Hartwich von Regensburg hatte schon vor Empfang der kaiserlichen BelehnungIm Oktober 1155. Otton. Fris. II, 29., im Widerspruche mit 53 {1155} den Gesetzen, Afterlehne ausgethan, wofür er nebst den Empfängern starke Bußen bezahlen mußte. – Erzbischof Arnold von Mainz und Pfalzgraf Herrmann von Stahlek, waren über das Bisthum Worms in eine so heftige Fehde gerathen, daß sie sich untereinander, ohne Rücksicht auf Friedrichs Mahnung, bannten, verfolgten und das Land entsetzlich verwüsteten. Erst nach der Rückkehr des Kaisers aus Italien stellten sie die Feindseligkeiten ein und wollten wechselseitig ihre Ansprüche vor ihm erweisen. Er aber behielt, ohne Rücksicht auf den ersten Grund des ganzen Streites, nur jene eigenmächtige und frevelhafte Art im Auge, mit welcher sie sich selbst hatten Recht verschaffen wollen; und die, auf dem Reichstage in Worms um Neujahr 1156 versammelten Fürsten, theilten seine Ansichten oder fürchteten seine Überlegenheit. Deshalb wurden nach einer alten, bei der Schwäche der vollziehenden Gewalt aber seit undenklichen Zeiten nicht zur Anwendung gekommenen Sitte, sowohl der Pfalzgraf als auch der Erzbischof mit allen ihnen verbündeten Grafen, zum Hundetragen verurtheiltVergl. Latomus 502.  Wenk hessische Geschichte I, 241.; und diese Strafe auch an allen, nur nicht an dem Erzbischofe vollzogen, der wegen seines Alters und Standes Gnade fand. Pfalzgraf Herrmann, welcher den Hund eine Meile weit hatte tragen müssen, fand sich hiedurch so beschämt, daß er in das Kloster Ebrach ging und bald nachher starbSprenger Geschichte von Banz 48.  Ussermanni episcop. Würzburg. I, 350..

Nachdem es dem Kaiser gelungen so das Recht wider die Mächtigsten geltend zu machen, wollte er noch weniger dulden, daß Geringere fernerhin ungestört frevelten      - timor altus in omnes
      Irruit, ut nullus procerum praesumeret ultra
      Armata restare manu, sed pace sequestra
      Judicis arbitrio sua quisque reposceret aequi.

Günther V, 190-219.Wibaldi epist. 438.
. Er 54 {1156} zog deshalb den Rhein hinab, brach alle Raubschlösser und ließ die Übelthäter mit der größten Strenge bestrafen, ja hinrichten; so daß sich im ganzen Reiche Schrecken verbreitete, aber auch Friede und Ordnung wirklich zurückkehrten. Auch den Mißbräuchen des Zollwesens trat er entgegen, und hob manche, ohne kaiserliche Genehmigung eingeführte, den Handel beschwerende Stromzölle auf.

So löblich und erfreulich dies alles nun auch war, so blieb doch ein Punkt, und zwar der wichtigste, noch immer unerledigt: nämlich der Streit über das Herzogthum Baiern.

Herzog Welfs ungenügende Erbansprüche wurden in Goslar wahrscheinlich gar nicht berücksichtigt, oder Friedrich beruhigte ihn durch das Versprechen, er solle dereinst die mathildischen Güter erhalten. Wenigstens nannte sich Welf, bald nachdem Baiern Heinrich dem Löwen zugesprochen war, Herzog von Spoleto, Markgraf von Tuscien und Fürst von Sardinien und KorsikaUrsperg. chron. 296.  Tiraboschi Modena I, 153.  Murat. antiq. Estens. I, 295, 341.  Böttiger Heinrich der Löwe 147. – 1154 führt Welf außer obigen Titeln noch den: dominus totius domus Comitissae Mathildis.  Affó Guast 339.. Aber freilich kam von dem allen, ungeachtet des im Ganzen glücklichen Zuges nach Italien, fast nichts in seine Gewalt; worüber er so unzufrieden seyn mochte als Heinrich der Löwe darüber: daß ihm Heinrich von Österreich, ungeachtet der königlichen Belehnung, Baiern schlechterdings nicht einräumen wollte. Der Kaiser erkannte sehr wohl den hier fortlebenden Keim arger Unruhen, und hielt die Aussöhnung der beiden Heinriche für höchst wichtig und nothwendig. Deshalb wandte er sich nach seiner Rückkehr aus Italien sogleich an den Österreicher: aber mündliche Verhandlungen brachten diesen keineswegs zur Nachgiebigkeit, und die im Oktober 1155 wiederholte Belehnung setzte seinen Gegner nicht in den Besitz. Auch mißbilligte mancher Fürst, daß die, von König Konrad so bestimmt ausgesprochene und mit so großer 55 {1156} Anstrengung verfochtene Trennung der Herzogthümer Baiern und Sachsen, wofür die inneren Gründe noch fortdauerten, aus persönlichen Rücksichten solle aufgehoben werden. Andererseits, das ließ sich nicht leugnen, führte die unbedingte Trennung so gut in Fehde als die unbedingte Vereinigung; weshalb alles darauf ankam, einen dritten mittleren Ausweg zur Zufriedenheit aller Theile aufzufinden. Dies gelang im Herbste 1156 auf dem Reichstage zu Regensburg: Heinrich der Babenberger übergab nämlich Baiern und Österreich in die Hände des Kaisers, welcher jenes Herzogthum an Heinrich den Löwen zu Lehn übertrug, diese Markgrafschaft aber mit Inbegriff des Landes ob der Ens bis PassauOtton. Fris. II, 29.  Otto S. Blasio 6. Günther V, 560.  Andreae et Craftii chron. zu 1154.  Udalrici chron. Aug. zu 1152.  Bosov. annal. und Mellic. chron. zu 1156.  Bavaric. chron. 339.  Die nähere Untersuchung über die alten und neuen Gränzen, gehört nicht hieher, vergleiche z. B. Westenrieders Beiträge III, 1 u. IV, 1.  Zschokke Gesch. von Baiern I, 389. Hormayr in den Wien. Jahrb.  Rauchs österr. Gesch., in ein unabhängiges Herzogthum verwandelte und mit sehr großen Vorrechten begabte. Es ward, gegen die damalige Regel, vererblich in männlicher und weiblicher Linie; ja nach dem Abgange aller Leibeserben sollte der letzte Besitzer darüber verfügen dürfen. Nur auf den, vom Kaiser selbst berufenen Versammlungen brauchte der Herzog zu erscheinen, und nahm an allen, nicht gegen die Ungern gerichteten, Reichszügen nur freiwillig Theil. Ohne seine Zustimmung galt keine fremde Rechtspflege in Österreich; – anderer Punkte, die minder wichtig oder in Zweifel gezogen sindLünig cod. diplom. II, 477.  Allerdings sind später Zusätze gemacht worden, z. B. über die Kurfürsten; siehe den längeren Abdruck in Miraeus opera diplom. I, 539. Urk. 52. – Rauch Geschichte von Österreich II, 1 hat eine nähere Prüfung., nicht zu gedenken. – Diese, von allen Fürsten gebilligte Beendigung des großen Streites erregte die allgemeinste Freude in ganz Deutschland; auch 56 {1156} Friedrich rechnete diesen Tag der Aussöhnung seiner nahen und geliebten Verwandten unter die glücklichsten seines Lebens: und während manche der schwächeren Nachbarn die Macht Heinrichs des Löwen, ungeachtet der Beschränkung Baierns viel zu groß und gefährlich nanntenHenricus Leo vicinis principibus non tantum formidabilis, verum etiam suspectus esse coepit.  Marienthal. chron. 256., vertraute er auf dessen Dankbarkeit, glaubte, er habe als Haupt des Ganzen genügenden Einfluß auf die Glieder, und erweiterte überdies seine eigenen Besitzungen um diese Zeit durch die Verheirathung mit Beatrix, der Erbtochter des Grafen Reinold III von Burgund.

Friedrichs erste Gemahlinn Adelheid, geborne Markgräfinn von Vohburg war unfruchtbar, und in Hinsicht ihres Wandels vielleicht nicht über allen Tadel erhaben. Beides würde zu einer Trennung von Tisch und Bette genügt, keineswegs aber eine zweite Ehe erlaubt haben; um deswillen findet sich Verwandtschaftsnähe als Hauptgrund der Scheidung angegebenEinige Schriftsteller beschuldigen, obgleich ohne hinreichende Beweise, Adelheid des Ehebruchs (Chron. mont. sereni zu 1153); andere reden bloß von der Verwandtschaft. Siehe: Alberic. 328.  Afflig. auctar.  Ursperg. chron. 297.  Albert. Stadens.  Monach. Weingart.  Otto S. Blas. c. 10.  Wibaldi epist. 387.  Günther I, 751; V, 290.  Otton. Fris. II, 11 und 30. Friedrich und Adelheid waren nur im sechsten Grade verwandt. Westenrieders Beiträge VI, 19–40. Abhandlungen der baierschen Akademie II, 65.Senckenberg de orig famil. Staufens.  Comment. Götting. 1753, S. 200.  Origin. guelf. III, praef. 52., welche Kardinal Johann Orsini und mehre Prälaten im Frühjahre 1153 in Kostnitz aussprachenCardella I, 129.. Wenn Friedrich die, ihm als Heirathsgut zugebrachte Stadt Eger behielt, und Adelheid, die Kaiserinn, nachmals einen bloßen Dienstmann, Dietho von Ravensburg heirathete: so erregt dies allerhand an obige Beschuldigung erinnernde Bedenken. Seinerseits dachte der Kaiser 57 {1156} daran sich mit demjenigen Hofe zu verbinden, welcher damals noch immer für den ersten der Welt galt, mit dem griechischen. Er ließ bald nach jener Scheidung von seiner ersten Gemahlinn bei dem Kaiser Emanuel um Maria, die Tochter des Sebastokrator Isaak anhalten und zugleich versprechen: er wolle den, mit seinem Oheime Konrad getroffenen Verabredungen, in Hinsicht auf Italien und die Normannen, Genüge leisten. Emanuel schickte auch sogleich Bevollmächtigte nach Deutschland um das Weitere einzuleiten, machte aber dabei wahrscheinlich so übertriebene Forderungen, daß Friedrich sie zurückwies; und als die Gesandten mit neuen billigern Vorschlägen wiederkehrten, waren die Unterhandlungen wegen einer Verheirathung mit Beatrix, der Erbinn von Burgund bereits in vollem GangeCinnamus 61 klagt über Friedrich: μηδεν ὑγιες τον ἀνδρα βεβουλησϑαι..

König Konrad II hatte das Königreich Burgund im Jahre 1032 nach dem Tode Rudolfs III in Besitz genommen; während der unruhigen Zeiten unter den folgenden Kaisern gelang es aber manchem der dasigen Herren und Prälaten, sich unabhängig zu machen und den deutschen Einfluß fast ganz zu vernichten. Außerdem meinten nicht wenige Burgunder: mit dem Aussterben der männlichen Linie der fränkischen Kaiser wären alle, durch den Vergleich mit Rudolf III entstandenen Verhältnisse gelöset; wogegen die Deutschen ihre Anrechte auf die allgemeine unvertilgbare Oberherrschaft der Kaiser gründeten. Dieser gemäß belehnte Lothar den Herzog Konrad von Zäringen mit den Besitzungen seines erschlagenen Neffen, des Grafen Wilhelm III von BurgundMüller Gesch. der Schweiz I, 344.  Schöpflin hist. Zaringo - Badensis I, 127, 187.  Alberic. 315, 392 hat Stammtafeln, vergl. Bünaus Tafel.; doch war jener nicht im Stande, seinen Nebenbuhler Reinold III, den Vetter Wilhelms zu 58 {1156} verdrängen. Nach Reinolds Tode bestätigte Kaiser Friedrich die Ansprüche des neuen Herzogs Bertold von Zäringen für das Versprechen ansehnlicher Hülfe zum italienischen ZugeOrig. guelf. IV, 183.; ihm widersetzte sich aber die Erbtochter Reinolds Beatrix, bis sie an ihrem Oheime Wilhelm einen gefährlichen Gegner fand. Dieser nämlich sperrte sie in einen Thurm ein, auf daß sie umkommen und ihm das ganze Erbe seines Bruders verbleiben möge. Selbst wenn Beatrix nicht beim Kaiser Hülfe suchte, hatte dieser die Pflicht sich der unschuldig Verfolgten anzunehmen; auch beschloß er nicht bloß sie zu befreien, sondern wie einst Otto I die schöne Adelheid, so die schöne Erbinn von Burgund zu heirathen. Sie war mittlerer Größe, fein gebaut und blond, hatte helle Augen, schöne Zähne und HändeRadev. II, 38.  Acerbus Morena 1117.  Siehe das Bild am Kirchenportale von Freisingen., und zeigte sich überall züchtig, würdig und doch herablassend.

Als Graf Wilhelm von jener Absicht des Kaisers hörte, erschrak er sehr, ließ Beatrix frei und begnügte sich mit einigen Herrschaften an der Saone. Bertold von Zäringen, welcher aus eigener Macht wahrscheinlich nichts gewonnen hätte, war froh, daß er die Schutzvogtei über die drei Hochstifter Sitten, Genf und Lausanne nebst der Statthalterschaft diesseit des Jura und im arelatischen Reiche, erhielt. Um Pfingsten 1156 feierte der Kaiser in Würzburg sein Beilager mit Beatrix, von welcher die Geschichtschreiber, vielleicht mit einem Seitenblicke auf Adelheid, sagen: sie habe ihren Gemahl immerdar geehrt und zärtlich geliebt.

Auf diesem Reichstage in Würzburg suchte der vertriebene Herzog Uladislav von Polen nochmals Hülfe gegen seine BrüderSiehe Buch II, Seite 400. und fand Gehör, nicht allein weil Herzog Wladislav von Böhmen für ihn sprach und der Kaiser mit 59 ihm verwandt war, sondern auch, weil dieser die Oberherrschaft des deutschen Reiches über Polen von neuem feststellen wollte. Boleslav aber verweigerte jedes Anerkenntniß einer Abhängigkeit, jede Zinszahlung: denn er hoffte, Friedrich werde nicht Muße haben nach Polen zu ziehen, und selbst für diesen Fall dürften die Kräfte des Landes, die Tapferkeit des Volkes und der Beistand nördlicher und östlicher Bundesgenossen mehr als hinreichen, um ihn mit Verlust zurückzuschlagen. – Im Widerspruche mit dieser rühmenden Schilderung, äußerten viele Deutsche      Natio,
      Prompta manu, rationis inops, adsueta rapinae,
      Mobilis, inconstans, acerrima, lubrica, fallax,
      Nec dominis servare fidem, nec amare propinquos
      Sueta.
Günther VI, 25, 55, 111. - Radev. I, 1-5.  Otto. S. Blas. 7.  Chron mont. sereni
zu 1157.  Wibaldi ep. 434.
: »es mangele den Polen zwar nicht an Muth, wohl aber an Vernunft. Sie wären raubsüchtig, beweglich, unbeständig, heftig, betrügerisch, weder ihren Herrschern getreu, noch gute Nachbarn.«

Weil nun die Verhandlungen aus diesen Gründen und Ansichten zu keinem Ziele geführt hatten, zog Friedrich, von sächsischen Führern geleitet, mit Heeresmacht bis an die Oder, setzte trotz aller Gegenbemühungen am 20sten August 1157 über diesen Strom, zerstörte die Verhaue der Polen, ließ sich durch keine Verwüstung der GegendenDie Polen verbrannten Glogau, damit die Deutschen es nicht besetzen und sich darin halten möchten, und überhaupt verwüsteten beide Theile das Land mit vieler Grausamkeit. aufhalten und drang bis in die Nähe von Posen. Da suchte Boleslav den Frieden, dem Kaiser nicht unwillkommen, weil sich Krankheiten und Mangel in seinem Heere zeigten, und andere wichtige Angelegenheiten ihn zurückriefen.

Unter Vermittelung mehrer Fürsten, insbesondere des Herzogs Wladislav von Böhmen, ward man über folgende 60 {1157} Bedingungen einig: »Boleslav erscheint in bloßen Füßen und das bloße Schwert am Halse hangendVincent. Prag. zu 1158., vor dem Kaiser und thut einen Fußfall. Er leistet den Lehnseid, schwört, daß er seinen Bruder nicht zum Schimpfe des römischen Reiches vertrieben habe, giebt ihm sein Erbtheil zurück, findet sich auf dem nächsten Reichstage in Magdeburg behufs der Entscheidung aller übrigen Streitigkeiten ein, stellt 300 Reisige zum nächsten italienischen Zuge und zahlt dem Kaiser 2000, den Fürsten 1000, dem Lehnhofe (für das Außenbleiben) 200 Mark Silber, der Kaiserinn aber vierzig Mark Goldes; zur Sicherheit dieses Vertrages übergiebt er endlich seinen Bruder als Geißel.« – Wegen der letzten Bedingung (wenn sie anders erfüllt ward) konnten sich die Polen nach Friedrichs Abzuge nicht ganz über die eingegangenen Verpflichtungen hinwegsetzen; allein noch weniger sind sie ohne Ausnahme pünktlich erfüllt worden.

Demungeachtet trug dieser polnische Feldzug dazu bei, die Achtung vor Kaiser und Kaiserthum bei den benachbarten Völkern zu erhöhen. {1158} König Waldemar von Dänemark z. B. ließ um Bestätigung der auf ihn gefallenen Wahl und um Belehnung nachsuchenGünther VII, 196.  Im Sommer 1158., mußte aber außerdem eidlich angeloben, daß er sich in Person vor Friedrich stellen werde. – Stephan von Ungern suchte Hülfe gegen seinen Bruder, den König GeisaRadev. I. 12.  Günther VI, 420., und dieser ließ sein Benehmen durch eigene Gesandte umständlich rechtfertigen. –

Herzog Wladislav von Böhmen, ein Mann tüchtig zu Rath und That, welcher schon viele treue Dienste geleistet und noch größere versprochen hatte, empfing mit Beistimmung der Fürsten aus den Händen Friedrichs die KönigskroneGünther VI, 455.  Radev. I, 13.  Chron mont. sereni.  Bohem. chron. 64.  Schedel chron. Bavariae 654.  Contin. Cosmae 1805.  Lünig Reichsarch.  Von kaiserl. Erblanden Urk. 1.. »Wer hat dich (so sprachen nach seiner Rückkehr die 61 {1158} böhmischen Großen) genöthigt, auf diese Weise Macht und Ehre zu erwerben? Haben wir nicht, indem wir Kaiser Lothar besiegten, die Krone mit unserem Leibe gewonnen? Konntest du sie nicht hier empfangen, ohne den Kaiser? Willst du ein König der Deutschen seyn, so bist du kein König der Böhmen!« Wladislav aber antwortete: »der Kaiser hat mich freiwillig geehrt, und freiwillig leiste ich ihm Gegendienste. Mit meiner Ehre wird auch die eure erhöht; und wer mir bei jenen Diensten Hülfe leistet, soll außer der Ehre auch anderen Lohn erhalten. Will aber jemand lieber lässig und müßig seyn, und statt zu kämpfen daheim mit Weibern spielen, der mag meinetwegen aus den Reihen tapferer Krieger wegbleibenVincent. Prag. zu 1157–1158.  Hofmann chron. Bohem. 49.

{1156 bis 1158} Noch größer als auf fremde Staaten war natürlich des Kaisers Einwirkung im Innern des Reiches. Wenn Unruhige oder Übelgesinnte ihn weit entfernt glaubten, war er plötzlich gegenwärtig und ordnete mit beispielloser Thätigkeit und großem Erfolge in jedem Theile von Deutschland alles an, was zur Vervollkommnung der bürgerlichen und geistlichen Angelegenheiten nöthig zu seyn schien. Seit undenklichen Zeiten waren die Reichs- und Fürstentage nicht so zahlreich besucht und so glänzend gefeiert worden. Im September 1157 erschienen zu WürzburgRadev. I, 7-8.  Günther VI, 230., außer den deutschen Fürsten und Prälaten, Gesandte aus Italien, Frankreich, Burgund, Dänemark, Spanien, England und Griechenland; im Oktober unterwarfen sich zu Besançon alle burgundische GroßeGünther VI, 387.  Radev. I, 8-11.  Chron. mont. sereni zu 1156., es huldigten die Erzbischöfe und Bischöfe von Lyon, Vienne, Valence, Arles und Avignon; des Kaisers Einfluß erstreckte sich wieder über das lang 62 {1157} vernachlässigte arelatische Reich, ja hinab bis zur ProvenceNon solum Burgundiam, sed et Provinviam coepit familiariter possidere.  Leobiense chron. 787..

Jeder Deutsche freute sich über die Höhe, zu welcher sein Vaterland sich so schnell gehoben hätte; während König Ludwig VII von Frankreich, wegen des übermächtigen Kaisers in Sorge gerieth, und König Heinrich II von England ihm, bei Überreichung kostbarer Geschenke, folgendes schrieb: »eurer Vortrefflichkeit, bester der Fürsten, sagen wir den größten Dank, daß ihr uns Gesandten schicktet, in Briefen begrüßtet, durch Geschenke zuvorkamt und Bündniß des Friedens und der Liebe anbotet. Darüber hoch erfreut und gleichsam erweiterten Gemüthes, machten uns eure Versprechen regsamer und schneller zu jedem Geschäft, und wir melden euch mit aufrichtiger Zuneigung unseres Herzens: daß wir bereit sind, alles was zu eurer Ehre gereicht, nach Kräften in Ausübung zu bringen. England, und was sonst zu unserer Herrschaft gehört, bieten wir euch dar und vertrauen es eurer Gewalt an, damit alles nach eurem Winke eingerichtet werde und in jeglichem der Wille eures Reiches geschehe. Es sey also zwischen unseren Völkern Einigkeit und sicherer Verkehr, doch so, daß euch als dem Größeren der Befehl verbleibe, wogegen uns der Wille zum Gehorsam nicht fehlen wird. Bei den euch übersandten Geschenken betrachtet nicht sowohl das Gegebene, als die Zuneigung des Gebers, und nehmt sie mit dem Sinne auf, mit welchem wir sie darbieten.«

Während Friedrichs Ruhm so nach allen Seiten wuchs, und selbst unabhängige Reiche sich in zuvorkommenden Höflichkeiten gegen ihn überboten, mangelte allein in Italien, welches er zu seinem Reiche im engeren Sinne zählte, nicht bloß Gehorsam und Ordnung, sondern auch Achtung und Anstand. Deshalb muß jetzt von den, bisher vorsätzlich unberührten Verhältnissen zu den Normannen, dem 63 Papste und den Lombarden im Zusammenhange gesprochen werden.

{1146 bis 1154} Nach den siegreichen Unternehmungen gegen Konstantinopel und Afrika herrschte König Roger von Sicilien in FriedenRomualdi chron. 194.  Giannone XI, 7.  Pagi critica zu 1147. c. 27.  Band I, S. 556., und benutzte seine große Macht für ernste wie für heitere Zwecke. So wurden einerseits die bürgerlichen und peinlichen Gesetze verbessert, die Verwaltung geordnet, die Wissenschaften begünstigt und geehrt; andererseits entstanden prachtvolle Paläste, schöne Thiergärten und kostbare Fischbehälter. Aber all dies äußere Glück ward sehr getrübt, als dem Könige die vier tüchtigeren seiner Söhne schnell nach einander starben, und nur der fünfte unfähigere, Wilhelm übrig blieb.

Sehr bitter mußte es für einen König wie Roger seyn, das Reich, welches er mit so großem Muthe gegründet und mit noch größerer Besonnenheit und Standhaftigkeit erhalten hatte, in die Hände eines solchen Nachfolgers zu übergeben. Auch schien Wilhelm I, welcher am 26sten Februar 1154 seinem VaterRoger ward in Palermo begraben (Daniele 14.); er war 58 Jahr alt.  Grimaldi istor. delle leggi I, 324. in dem mächtigen, ruhigen, von allen Nachbarn geehrten Königreiche folgte, nach Weise mittelmäßiger Regenten, nur dadurch einen Beweis von Kraft und Eigenthümlichkeit geben zu wollen: daß er viele Einrichtungen Rogers umstieß, dessen Räthe großentheils entfernte und sich ganz der Leitung Majos hingab, der, obgleich von geringen Ältern in Bari geboren, allmählich bis zu den höchsten Reichswürden emporstieg. Majo war ein Mann von durchdringendem Verstande, großer Beredsamkeit, königlicher Freigebigkeit und einer so unbedingten Herrschaft über seine Worte und Mienen, daß er äußerlich den Schein der Mäßigung und Ruhe zu behaupten wußte, während ihn die höchste Leidenschaft und der unbegränzteste, 64 {1154} kein schändliches Mittel verschmähende Ehrgeiz innerlich verzehrte. Nur sein wollüstiger Sinn durchbrach zuweilen alle künstliche Schranken, und ward um so gefährlicher und verderblicher, weil Majo nur den Edelsten und Keuschesten nachtrachtete.

Die Barone, welche früher die unbeschränkte Herrschaft eines Königes wie Roger nicht einmal gern duldeten, zürnten doppelt über die neue Tyrannei eines solchen Emporkömmlings; während sich Majo bei Wilhelm als wachsamer Beschützer seiner Rechte geltend machte und in ihm Argwohn gegen seine nächsten Verwandten erregte. Zu diesen gehörten: Graf Simon von Policastro, der uneheliche Sohn König Rogers; Graf Hugo von Molisi, der Gemahl seiner unehelichen Tochter Klementia; Graf Robert II von LoritelliGünstiger vom Könige und ungünstiger vom Grafen von Loritelli spricht das Chron. Casaur. in Dachery spicil. II, 960. Vergleiche Meo annal.  Amato memor. 32.  Inveges annal. 273.  Tarsia 72.  Grimaldi istor. d. leggi I, 324., der Sohn einer Tante Wilhelms, welchen König Roger angeblich in seinem Testamente für den Fall zum Nachfolger ernannt hatte, daß Wilhelm ohne Kinder sterbe, oder sich ganz unfähig zur Regierung zeige.

Diese Männer, deren Entschlossenheit, Rechtschaffenheit und Ehrgefühl gerühmt wird, konnte Majo, – das sah er leicht ein –, nicht für sich gewinnen: wohl aber hoffte er unter so vielen Gleichgestellten, nach völliger Unabhängigkeit Trachtenden, mit Hülfe des Königes, ja selbst trotz dem Könige die erste Stelle zu behaupten. Deshalb wandte er sich zuvörderst an den, ihm in Hinsicht auf Anlagen und Gesinnung ähnlichen Erzbischof Hugo von Palermo und klagte, – seine letzten, das Äußerste nicht scheuenden Absichten klüglich verheimlichend –, über des Königes Trägheit, Unfähigkeit und Bosheit. Wie, wenn man ihn dafür absetzte, die Regierung an seinen Sohn brächte, sich in die Leitung der Vormundschaft freundlich und billig theilte?

65 {1154} Auf den Grund dieser und ähnlicher Vorstellungen ward zwischen beiden ein Bund zu gemeinschaftlicher Vertheidigung und Unterstützung geschlossen, mit einem furchtbaren Eide bekräftigt, und die Königinn Margarethe von den Gegnern dadurch abgezogen, daß Majo sich stellte als sey er in sie verliebt. Weil aber den König seit dieser Zeit niemand als Majo und der Erzbischof sah, so entstand das Gerücht, er sey natürlichen Todes gestorben, oder durch die Nachstellungen der Verschwornen umgekommen, woran sich Unruhen mancherlei Art anreihten: denn während die einen riefen, man müsse den König rächen, behaupteten andere, man müsse den unschuldigen Majo vertheidigen. Alle hatten überdies ihre Lust an Verwirrung und Wechsel, und am lautesten waren wiederum die Apulier, immerdar unruhig im Frieden, untauglich im Kriege und stets unter dem Vorwande der Freiheit zur Zügellosigkeit geneigt.

Majo, seitdem zum Großadmiral ernannt, verkannte keineswegs die ihn bedrohende Gefahr, und wenn auch der Graf von Loritelli seinen Nachstellungen entging, so ward doch Graf Simon von Policastro überlistet und gefangen. Indeß schien es nicht minder nöthig, Freunde zu gewinnen als Feinde zu beseitigen. Daher wandte sich der Admiral an den Grafen Gaufredo von MontecaveosoMontecaveoso liegt in Lukanien, sechs Miglien von Matera. Tansius 5., welchen Reichthum, Tapferkeit, Verstand und ein den Veränderungen geneigtes Gemüth, für seine Plane als höchst brauchbar bezeichneten.

Nachdem Majo den König beredet hatte, dem Grafen das liebste seiner Schlösser mit dem Bedeuten zu nehmen: »man könne es ohne Gefahr nicht länger in seinen Händen lassen;« berief er ihn zu sich und schwur: »der König habe jenen Beschluß gefaßt trotz seinem Widerstreben und verfahre, nimmer Rath verlangend oder annehmend, tyrannisch in allem. Bei längerer Herrschaft werde er ohne 66 {1154} Zweifel alle Edeln erniedrigen und zu Grunde richten; auch verdiene oder erwerbe weibische Duldung und thierische Gleichgültigkeit kein Mitleid und keine Rettung.« – Graf Gaufredo, den Sinn und die geheime Absicht dieser Worte wohl erkennend, antwortete dem Admiral: »ihm allein habe man bisher jede Unthat zugeschrieben; sobald er aber seiner Pflicht gemäß den wahren Urheber bezeichne, werde jeder sehr gern zur Hebung so großer Übel Beistand leisten.«

Als Majo dies hörte, pries er den Verstand und den Muth des Grafen und erzählte: »der Erzbischof von Palermo und viele andere hätten bereits dafür gestimmt, daß ihm, dem Admiral, nach Ermordung des KönigsHugo Falcandus 266.  Giannone XII, 242.  Wären die Schriftsteller nicht so einstimmig über die Absichten Majos gegen das Leben des Königs, so möchte man daran zweifeln, weil er bei einiger Besonnenheit einsehen mußte, daß er zuletzt dadurch verlieren werde. die Herrschaft übertragen würde, wogegen er aber der Ansicht getreu bleibe: es sey besser, den Kindern des Königs ihr Anrecht zu erhalten.« Der Graf erwiederte: »nie könne er diesen Vorschlag billigen, weil die Lasterhaftigkeit des tyrannischen Vaters sich auf die Kinder fortpflanzen und daraus neues Unglück hervorgehen werde: nur ihm, dem Admiral, verspreche und schwöre er eifrige Hülfe zur Erwerbung des Thrones.«

Hoch erfreut und im Vertrauen auf den Beistand des Grafen suchte Majo nunmehr eine Gelegenheit zum baldigen Morde des Königs; Gaufredo hegte dagegen bei scheinbarem Einverständnisse im Inneren ganz andere Plane. Denn obgleich ihm und manchem Edlen die Ermordung des unfähigen Königes nicht ungelegen seyn mochte, so war doch allen der Gedanke unerträglich, daß Majo, dessen Vater man Oelkrämer schalt, sie beherrschen solle: nach dem Tode des Königes müsse der Admiral als Mörder desselben wieder getödtet werden, das war ihr Beschluß. Als dieser jedoch, 67 {1154} man weiß nicht warum, mit der Unthat zögerte, so wurde dem Grafen und den Verschworenen bange, daß er ihr Vorhaben ahne, und sie wollten deshalb der drohenden Gefahr zuvorkommen. Schon drangen Bewaffnete in den Palast, als die Nachricht einlief: so eben wären Schiffe aus Apulien angelangt; und bei der Ungewißheit, auf wessen Befehl und in welcher Absicht jene kämen, entstand Unruhe und Zögerung, wodurch der Admiral gerettet ward. Graf Gaufredo versicherte ihm mit großer Kühnheit: dem Könige habe die Nachstellung gegolten, weil man über den langen Aufschub ungeduldig sey; und Majo schien diese Erzählung nicht allein zu glauben, sondern versprach auch baldigst die Vollführung des verabredeten Mordes.

Mittlerweile hatte sich aber Bartholomäus von Garsiliato nebst mehren Großen des festen königlichen Schlosses Butera bemächtigt, und Majo glaubte diesen allgemeiner werdenden Aufstand, mit Zurücksetzung aller früheren Plane nur durch des Königes Hülfe, oder wenigstens nur unter seinem Namen dämpfen zu können. Wilhelm blieb bei all den bedenklichen Nachrichten nach seiner Weise lange unbekümmert, und sandte erst auf wiederholte Vorstellungen den Grafen Ebrard an die Mißvergnügten, um ihre Absichten und die Gründe ihres Aufstandes zu erforschen. Ihnen schwur Graf Ebrard freiwillig oder gezwungen: »er werde dem Könige selbst verkünden, daß sie keineswegs feindlich gegen ihn gesinnt, vielmehr nur gesonnen wären des Admirals und Erzbischofes offenbare Verrätherei zu verhindern. Sobald die verdiente Strafe an diesen vollzogen sey, würden sie sich demüthig ihrem Beherrscher zu Füßen werfen.«

Wilhelm erstaunte über diese Botschaft, zweifelte aber so sehr an Majos scheuslichem Undanke, daß er ihm das Gehörte unter der Versicherung mittheilte: »nie werde er solchen Verleumdungen Glauben beimessen.« Der Admiral beschwur seine Unschuld und verbarg seinen Haß gegen den Grafen Ebrard. Graf Gaufredo floh zu den Verbündeten nach Butera, und das Volk von Palermo forderte 68 {1154} im heftigsten Aufstande die Freilassung des Grafen Simon von Policastro. Nach Majos Rathe willigte der König in das Verlangen, wodurch die Ruhe sogleich zurückkehrte. Nunmehr zog man gen Butera, und durch Vermittelung des Grafen Simon ward, nach vergeblichem Bemühen den Ort zu erobern, ein Vergleich dahin geschlossen und gegenseitig beschworen: daß Gaufredo mit den seinen ungehindert das Reich verlassen dürfe. Als aber der König mit dem Heere nach Apulien übersetzte, deutete man dem Grafen an: er müsse sich bis zur Rückkehr ruhig verhalten und einer genaueren Aufsicht unterwerfen.

Während nämlich auf diese Weise die Ruhe in Sicilien wieder hergestellt wurde, mehrten sich die Gefahren für den König auf dem festen Lande, indem der Papst, die Griechen und die mißvergnügten Barone gleichmäßig gegen ihn wirkten. Hadrian nahm es sehr übel, daß Wilhelm sich ohne seine Zustimmung krönen ließ, nannte ihn nur Herrn, nicht König Siciliens und schickte seine Gesandten zurück. Kaiser Emanuel verwarf nicht bloß den Antrag, durch Rückgabe ehemaliger normannischer Eroberungen Wilhelms Freundschaft zu erkaufenCinnamus 53.  Otton. Fris. II, 24.  Robert. de Monte.  Dandolo 287.  Chron. fossae novae 871.; sondern beschloß sogar den Krieg, vertrauend auf die Unzufriedenheit des Papstes, die Verbindung mit Friedrich I und die Lässigkeit des neuen Königs. Der Graf von Loritelli, Robert von Kapua, Alexander von Gravina und viele andere mißvergnügte Barone waren endlich überall zur Hand, wo gegen den König gewirkt werden sollte.

In der Hoffnung, den Papst vor Friedrich I Ankunft zu einem Frieden zu zwingen, ließ Wilhelm den Kirchenstaat im Mai 1155Grossi lettere II, 27.  Borgia Benev. II, 133.   Am 21sten Mai 1155 war Hadrian in Sora, vielleicht um mit Wilhelm zu unterhandeln.  Tuzii memor. 79. durch seinen Kanzler Asklentino 69 {1155} feindlich angreifen: Hadrian aber gab nicht nach, anfangs im Vertrauen auf Kaiser Friedrich und dann, als dieser den Feldzug gegen Apulien aussetzen mußte, im Vertrauen auf die Griechen und den, nicht ohne Wirkung über den König ausgesprochenen Kirchenbann. Michael Paläologus, ein Mann von großen Fähigkeiten und in Führung kriegerischer und bürgerlicher Angelegenheiten gleich geschickt, befehligte das in Apulien eingefallene griechische Heer und wußte die Einwohner durch Mittel aller Art zu gewinnen: einigen gab er Geld, anderen zeigte er falsche Schreiben, wonach Friedrich I die ganze Küste Apuliens an Emanuel abtrat, noch andere ließen sich gern überreden, daß die ehemalige Herrschaft der Griechen bei weitem den Vorzug verdiene vor der gegenwärtigen Tyrannei der Normannen. So kamen jene allmählich in den Besitz von Bari, Trani, Giovenazzo und MonopolisCinnamus 65-70., und machten auf ihren glücklichen Zügen so viel Beute, daß sie 10 Ochsen oder 130 Schafe für ein Goldstück verkauften.

Dieser Unfälle wegen bot König Wilhelm dem Papste Rückgabe alles dem Kirchenstaate EntzogenenVitae Pontif. 445.  Giannone XII, 245., Abtretung mehrer Schlösser, Beistand gegen die Römer, Leistung des Lehnseides und eben so viel Geld, als ihm die Griechen versprochen hätten. Auch wollte ihn Hadrian, gegen diese sehr annehmlichen Bedingungen, vom Banne lossprechen und als König anerkennen: aber einige Kardinäle (welche von der Macht der Griechen und dem Hasse der Barone, die Auflösung der ganzen normannischen Macht erwarteten und dem Kaiser Friedrich einen Dienst zu thun glaubten) mißbilligten jede Aussöhnung so laut, daß man alles bereits Verabredete wieder zurücknahm. Ein solches Benehmen war an sich weder gemäßigt noch besonnen, und um diese Zeit doppelt zweckwidrig, weil zwischen den Griechen und ihren apulischen Verbündeten bereits mancherlei 70 Mißverständnisse ausbrachen, und Michael Dukas, der Nachfolger des verstorbenen Paläologus, an Emanuel schrieb: »wie groß auch bisher der Erfolg gewesen sey, der härteste Kampf stehe mit König Wilhelm noch bevor, und um das ruhmvolle Werk nicht unglücklich zu beschließen, möge er bald ansehnliche Unterstützung senden.«

Diese verlangte Unterstützung kam auch um Ostern 1156 vor Brundusium an und gewann die Stadt; während die normannische Besatzung sich in die Burg zurückzog und dieselbe aufs hartnäckigste vertheidigte. Erst als die, zum Entsatze herbeisegelnde sicilische Flotte hinweggedrängt, und die äußere Mauer durch Untergraben niedergestürzt war, schien die baldige Übergabe so unvermeidlich, daß man Unterhandlungen anknüpfte. Aber gerade in diesem Augenblicke traf die Nachricht ein: König Wilhelm nahe mit einem mächtigen Heere; worauf die ermuthigten Normannen alle Verhandlungen sogleich abbrachen und, der Griechen spottend, in ihre Burg zurückkehrten. Auch befanden sich diese itzt allerdings in einer übelen Lage: denn viele Söldner waren aus Mangel an Bezahlung davon oder zu Wilhelm übergegangen, und der Graf von Loritelli hatte sich unter dem Vorwande entfernt, seine Mannschaft zu verstärken. Während nun die Griechen noch überlegten, ob sie nach Bari ziehn, ob sie zu Lande oder zu Wasser kämpfen, oder ob sie endlich die Ankunft neuer Mannschaft abwarten sollten; wurden ihre Vorposten schon auf das Heer zurückgeworfen, und eine Hauptschlacht war unvermeidlich. Sie ging ganz verloren, Michael Dukas ward gefangen, Brundusium bald nachher erobertBrundusium ward eingenommen den 28sten Mai 1156 (Cassin. monach.) und hart behandelt.  Andria 364) und Bari umlagert. Die Einwohner der letzten Stadt zogen dem Könige unbewaffnet und flehend entgegen; als dieser aber die Trümmer der von ihnen eingerissenen Burg erblickte, sprach er: »da ihr meiner Wohnung nicht schontet, so will ich auch der euren 71 {1156} nicht schonen.« Nur zwei Tage wurden zur Wegschaffung der Güter bewilligt, und dann die Stadt zerstört. Diese Strenge erschreckte, und so schnell Wilhelm fast das ganze Reich verloren hatte, so schnell eroberte er es wieder.

Über so unerwarteten Wechsel der Dinge zürnte der Kaiser Emanuel heftig und suchte die Hülfe der Venetianer; aber diese waren bei dem Kriege gegen Korfu von den Griechen wie Unterthanen behandelt wordenCinnamus 77.  le Bret Gesch. von Venedig I, 319. und hatten, darüber verdrießlich, mit den Normannen gegen Bewilligung mancher Freiheiten Frieden geschlossen. Zwar erneuten sich Emanuels Hoffnungen, als seine geschickten Unterhändler das, durch Lage und Größe wichtige Ankona vermochten, griechische Besatzung einzunehmen und ihm Treue zu schwören; allein diese Hoffnungen wurden von einer anderen Seite her mehr als getrübtDoch wollten die Bürger nicht gegen Friedrich fechten. Ebend.  Chron. Udalr. August.. König Wilhelm zog nämlich, sobald er die griechische Macht gebrochen hatte, rasch gen Benevent, schloß hier den Papst nebst den meisten Kardinälen ein und erzwang im Junius 1156 einen Frieden, dessen Bedingungen freilich die unbeschränkten Ansprüche des römischen Hofes im einzelnen ermäßigten, im ganzen aber ihm noch sehr ansehnliche Rechte ließenBaronius klagt mit Unrecht zu sehr über die Bedingungen des Friedens.  Robert. de Monte zu 1157.  Chron. fossae novae.  Chron. Pisan. 171.  Concil. XIII, 21.  Sismondi II, 81.  Giannone XII, 251.  Rocchi chron. 29.. Die mißvergnügten Barone wurden dagegen so völlig preis gegeben, daß sie in der Flucht noch einen großen Gewinn sehen mußten: denn Robert von Kapua z. B., welcher den Siegern in die Hände fiel, ward geblendet und starb nach sehr mannigfachem Glückswechsel im GefängnisseMeo appar. 310.  Rinaldo II, 126, 139.. König Wilhelm erhielt vom Papste, gegen Zahlung eines jährlichen Zinses, die Belehnung über Apulien, Sicilien, 72 {1156} Kapua, Neapel, Salerno, Amalfi, die Mark und über alles was ihm sonst jenseit Marsika gebühre; mithin in einer, die früheren Verleihungen sehr übersteigenden Ausdehnung. Der Papst verbot ferner den Griechen bei Strafe des Bannes den Durchzug durch seine Staaten. – Dieses Verbot und manche erfolglose Versuche an andern Punkten obzusiegen, brachten endlich den Kaiser Emanuel dahin, daß er allen Eroberungsplanen entsagte und gegen Freilassung der griechischen Gefangenen, mit dem nun auch als König anerkannten Wilhelm Frieden schloßMurat. annal. setzt den Frieden mit den Griechen auf 1158 oder 1159..

Alle diese süditalischen Ereignisse konnte Kaiser Friedrich I nicht mit gleichgültigem Blicke betrachten. Anfangs war ihm die einstweilige Demüthigung der Normannen gewiß willkommen: sobald aber die Griechen sich jener falschen Briefe bedienten um auf seine Kosten Fortschritte zu machen, zürnte er sehr und würde ihnen den Krieg erklärt haben, wenn nicht bald nachher die Nachricht von ihrer gänzlichen Niederlage eingelaufen wäre. Desto unangenehmer mußte ihm die fast gleichzeitige Botschaft seyn: daß sich der Papst, ohne Rücksicht auf die zwischen ihnen getroffene Abrede, einseitig mit dem Könige Wilhelm ausgesöhnt und dadurch eine Stellung angenommen hatte, welche Feindschaft gegen die Deutschen vermuthen ließ. In dieser Ansicht wurde Friedrich noch mehr bestärkt, als die zu ihm fliehenden Grafen Robert von LoritelliBaronius z. d.  Günther V, 370, 432.  Graf Robert imperatori Romano subdidit juramenta.  Alexand. Pennens. 34-38. und Andreas von Rupecanina nebst den, mit dem Vertrage unzufriedenen Kardinälen, nicht bloß in seine Vermuthungen eingingen, sondern auch ihre Gegner laut beschuldigten: daß sie bestochen wären und die Bannung des Kaisers durchzusetzen suchten. Ferner hatte der Papst Gelegenheit genommen, dem Kaiser über die Scheidung von seiner ersten Gemahlinn 73 {1156} heftige Vorwürfe zu machenFridericum pro uxoris suae primae divortium vehementer arguitur.  Afflig. auctar. zu 1156.  Dodechin zu 1156 und 1159.. Auf der anderen Seite fürchtete Hadrian allerdings des Kaisers wachsendes Ansehn, und daß die gesammte Geistlichkeit von ihm abhängig würde, sobald man die Wahlen, – wie er dem Gesetze gemäß verlangte und durchsetzte –, in seiner wirksamen Gegenwart vornähme, und sobald er, ohne Rücksicht auf Lothars Entsagung, die Erzbischöfe und Bischöfe (wie dies bei Köln geschehen war) vor der päpstlichen Bestätigung belieheColon. chron. 936.  Im Sommer 1156..

{1157} In solcher Stimmung beider Theile mußten schon geringe Veranlassungen größere Folgen nach sich ziehen, und eine solche Veranlassung fand sich zuerst darin, daß der Erzbischof Eskyl von Lund, auf der Rückreise von Rom nach Schweden, in Burgund von einigen Edeln gefangen und geplündert ward, ohne daß Friedrich gegen die Übelthäter mit so viel Schnelligkeit und Nachdruck vorschritt, als Hadrian verlangte. Deshalb erschienen zwei Kardinäle, Roland und Bernhard, im Oktober 1157 auf dem glänzenden Reichstage in Besançon und überbrachten dem Kaiser päpstliche Briefe folgendes InhaltsRadevic. I, 8-10.  Otto S. Blas. 8.  Günther VI, 300.  Concil. XIII, 15.  Pagi zu 1157, c. 3.: »schon einmal schrieb ich deiner kaiserlichen Majestät über jene schreckliche, fluchwürdige, in Deutschland bisher unerhörte Schandthat, und ich muß sie dir nochmals ins Gedächtniß zurückrufen, weil du das Schwert, welches dir durch Gottes Gnade zum Schutze der Guten und zur Bestrafung der Bösen anvertraut ist, keineswegs gehörig gebraucht, ja den Frevlern nicht einmal Veranlassung gegeben hast, ihre Unthat auch nur im geringsten zu bereuen. Ganz unbekannt und unbegreiflich ist mir der Grund dieses Verzuges, dieser Nachlässigkeit; denn mein Gewissen zeihet mich keines Fehls, womit ich deiner Ehre zu nahe getreten wäre: vielmehr 74 {1157} liebte ich dich stets als meinen theuersten Sohn und als den christlichsten, zum Schutze des apostolischen Stuhles berufenen Fürsten. Deinerseits, ruhmwürdigster Sohn, mußt du aber vor die Augen deines Geistes zurückrufen, wie gern und wie freudig im vorigen Jahre deine Mutter, die heilige römische Kirche, dich aufnahm, mit welcher herzlichen Zuneigung sie dich behandelte, welche Fülle der Macht und Ehre sie dir übergab, wie sie nichts unternahm, was deinem Willen zuwider seyn konnte, und endlich durch willige Ertheilung der Kaiserkrone deine Größe zum Gipfel erhob. Auch gereut es mich nicht, deine Wünsche überall erfüllt zu haben; sondern wenn du, – was freilich unmöglich ist –, noch größere Wohlthaten (beneficia) aus meiner Hand erhalten hättest, so würde es mich freuen, bedenkend, welcher Vortheil und Zuwachs der Kirche Gottes und mir durch dich entstehen kann. Jetzt aber da du jene Unthat, die zur Schmach der ganzen Kirche und des Reiches begangen ist, vernachlässigst und verdeckst, so ahne und besorge ich, daß dein Gemüth durch Einflüsterung verwerflicher Menschen, die nur übeln Saamen säen, hiezu verführt und gegen deine gütige Mutter, die heilige römische Kirche und gegen mich selbst mit Argwohn oder Zorn erfüllt sey. Um dieser und anderer Gründe willen habe ich zwei der besten und liebsten meiner Brüder, welche durch Religion, Klugheit und Ehrbarkeit gleich ausgezeichnet sind, an dich abgesandt und bitte dich dringend, daß du sie milde und ehrenvoll empfangest und alles, was sie dir zu Ehren Gottes und der Kirche, so wie zur Erhöhung des Reiches in meinem Namen vortragen, ohne Bedenken anhören und berücksichtigen mögest.« Nachdem dies Schreiben lateinisch vorgelesen und dann durch den Kanzler Rainald treulich verdeutscht worden war, mißbilligten die Fürsten, – weniger um den Inhalt bekümmert –, zunächst im allgemeinen die Fassung; vor allem aber nahmen sie an der Stelle den größten Anstoß, wo das Kaiserthum als eine Wohlthat, ein beneficium des Papstes bezeichnet war. Denn in dem amtlichen Latein des 75 {1157} Mittelalters hieß beneficium auch ein Lehn, und man glaubte: der Papst habe behaupten wollen, das deutsche Reich sey ihm lehnspflichtig. Anstatt nun den lauter werdenden Streit zu beruhigen, oder die unschuldigere Bedeutung des Wortes beneficium als eine Wohlthat herauszuheben, fragte Kardinal Roland, der nachmalige Papst Alexander III, trotzig: »von wem hat denn der Kaiser das ReichImperium, Reich oder Kaiserthum; auch in dem Worte mochte man eine Zweideutigkeit finden. – Nach Innoc. IV registr. imper. 29 soll der Kaiser zu Roland gesagt haben: wären wir nicht in der Kirche, ihr solltet erfahren, wie scharf die deutschen Schwerter schneiden. Auch habe er daran gedacht Hadrian abzusetzen, weil er eines Priesters Sohn sey. Die übrigen Quellen schweigen hievon., wenn nicht vom Papste?« Da sprang Pfalzgraf Otto von Wittelsbach im höchsten Zorne auf, zog sein Schwert und würde den Kardinal getödtet haben, wenn der Kaiser ihn nicht eiligst zurückgehalten und die Ruhe wieder hergestellt hätte. Die Kardinäle aber, welche noch andere bedenkliche Schreiben an die deutschen Prälaten mit sich führten, erhielten die Weisung, am nächsten Morgen ihre Rückreise nach Rom anzutreten, und zwar ohne links oder rechts vom Wege abzuweichen, oder bei Bischöfen und Äbten zu verweilen.

Von dem Vorfalle selbst gab Friedrich sogleich allen deutschen Fürsten und Prälaten umständliche und belehrende Nachricht, und fügte anklagend hinzu: »Hadrian habe seines Versprechens ungeachtet ein Gemälde noch nicht vertilgen lassen, worauf Lothar knieend den Papst Innocenz II um die Krone bitte, und dessen Inschrift dahin laute:

Der König harrte vor dem Thor,
Bis er das Recht der Stadt beschwor;
Des Papstes Lehnsmann ward er drauf,
Wofür ihm der die Kron' setzt auf      Rex venit ante fores, jurans primum urbis honores,
      Post homo fit Papae, sumit quo dante coronam.
.

76 {1157} Diese unerhörte und ganz sinnlose Behauptung wäre in dem Schreiben des Papstes erneut, und dadurch Veranlassung gegeben zu Spaltung und Ärgerniß; wehe aber denen, durch welche Ärgerniß komme! Wer das kaiserliche Ansehn beeinträchtige, breche auch den Frieden der Kirche, weil diese vor allem durch die, von Gott gegründete Macht des Kaisers beschützt werde. Rom, bestimmt der Sitz der Tugend und der Frömmigkeit zu seyn, habe sich, wie so viele Bischöfe selbst bezeugten, in eine Räuberhöhle verwandelt und sey zum Sitze der Gottlosigkeit und Habsucht geworden. Anstatt demüthig Christi Kreuz zu tragen      Jam non ferre crucem domini, sed tradere regna
      Gaudet, et Augustus mavult quam Praesul haberi.

Günther l. c.  Afflig. auctar.  Hontheim. Hist. Trevir. I, 581.
, wolle der Papst gar gern Kronen vertheilen und den Kaiser spielen. Aber vor der Macht dessen, den in Italien, ja in Rom jeder verlache und verachte, werde sich der Kaiser nie fürchten; vor dem päpstlichen Hofe, welcher nur von den dummen zum Gehorsam bestimmten Deutschen rede, werde sich keiner aus diesem herrlichen, unwiderstehlichen Volke demüthigen.«

Diese und ähnliche Schreiben und nicht minder vielfache Begünstigungen, welche Friedrich zu rechter Zeit den Bischöfen zu Theil werden ließ, erzeugten die größte Einigkeit unter den Ständen; {1158} während die Kardinäle in Rom nach der Zurückkunft Rolands und Bernhards uneinig waren: ob Friedrich in schwerer Schuld und mit der höchsten Strenge gegen ihn zu verfahren, oder ob jenen Abgesandten alles Übel beizumessen sey. Hadrian wählte einen Mittelweg und schrieb an die deutschen Bischöfe: »so oft in der Kirche etwas gegen die Ehre Gottes und das Heil der Gläubigen versucht wird, ist es die erste Sorge unserer Brüder und Mitbischöfe, besonders aller derjenigen die sich vom heiligen Geist getrieben fühlen, daß übel Vollbrachtes auf eine Gott wohlgefällige Weise gebessert werde. Wie nun aber in 77 {1158} dieser Zeit, wir sagen es nicht ohne den tiefsten Schmerz, der Kaiser unsere Gesandten behandelt, auf uns geschmäht, wie er unsere Wohlthaten geleugnet und alle Verbindung mit dem römischen Stuhle verhindert hatGünther VI, 500.  Radevic I, 15., ist euch bekannt; und nur darin finden wir Trost, daß dies alles ohne eure und der Fürsten Zustimmung geschah, mithin euer Rath und eure Überredung jene Heftigkeit und Irrthümer leicht beseitigen wird. – Keineswegs betrifft die vorliegende Sache bloß uns, sondern auch euch, ja die ganze Kirche: deshalb werdet ihr euch, unserer Ermahnung und Forderung gemäß, wie eine Mauer vor das Haus Gottes hinstellen und dafür sorgen, daß Kanzler Rainald und Pfalzgraf Otto, welche die ärgsten Schmähungen gegen unsere Gesandten und die heilige römische Kirche auszusprechen wagten, die vollste Genugthuung geben. Vor allem aber führt den Kaiser auf den rechten Weg zurück, wodurch ihr nicht allein dem Apostel Petrus den gebührenden Gehorsam erweiset, sondern auch eure und eurer Kirchen Freiheit erhaltet. Sonst möge jener aus euren Warnungen und eurem Evangelium erkennen: daß die heilige römische Kirche auf unwandelbarem Felsen gegründet ist, und unter dem Schutze Gottes durch alle Jahrhunderte unverletzt fortdauern wird.«

Hierauf antworteten die deutschen BischöfeGünther VI, 656, 498.  Lünig Reichsarch. XX, 11, Urk. 12. Selbst die Bischöfe vom strengsten Wandel, wie Hermann von Brixen, stimmten für Friedrich.: »ob wir gleich wissen und überzeugt sind, daß weder Stürme noch Fluthen die, auf Felsen gegründete Kirche Gottes herabstürzen können, erschrecken wir Schwächeren dennoch, sobald irgend eine Gefahr zu drohen scheint; und große Bangigkeit ergriff uns, als wir erfuhren, welch arger Streit zwischen eurer Heiligkeit und eurem Sohne, unserem Kaiser, wenn Gott es nicht verhütet, entstehen könnte. Denn durch die Worte eures ersten Schreibens ist das ganze Reich in 78 {1158} Bewegung gerathen, weder das Ohr des Kaisers noch das Ohr der Fürsten vermochten sie zu ertragen, und auch wir, – nicht übel deute es eure Heiligkeit –, können oder dürfen jene Fassung auf keine Weise billigen, weil sie ungewöhnlich, ja unerhört und von schädlicher Zweideutigkeit ist. Euer späteres an uns gerichtetes Schreiben haben wir mit schuldiger Ehrfurcht empfangen und dem Befehle nach den Kaiser, euren Sohn und unseren Herrn, ermahnt; allein er hat uns, Gott sey Dank! geantwortet, wie es einem katholischen Fürsten gebührt, nämlich: »»das Reich müsse beherrscht werden nach den heiligen Gesetzen und dem löblichen Brauche der Vorfahren. Frei sey die deutsche Krone von Gottes Gnade, und werde übertragen durch freie Wahl; wobei der Erzbischof von Mainz zuerst, dann jeder Fürst in seiner Ordnung stimme, der Erzbischof von Köln die königliche, und der Papst die kaiserliche Krönung verrichte. Was drüber sey, sey vom Übel und kein Grund vorhanden die Rechte der Kirche zu vermehren, oder zu beschränken. Durch die Zurücksendung der Kardinäle habe man nicht den Papst beschimpfen, sondern die Verbreitung von Schriften hindern wollen, welche die Schmach und Verkleinerung des Reiches bezweckten. Der Eingang zu Italien sey weder den Reisenden noch denen versperrt, die mit Erlaubniß ihrer Bischöfe und geistlichen Obern nach Rom gehen; sondern nur Mißbräuchen gesteuert, wodurch bisher jede Kirche beschwert und ausgesogen, und alle Kirchenzucht zerstört worden. Das Kaiserthum habe mit Gottes Hülfe die Kirche gehoben; jetzt wolle diese, wie es scheine, ohne Gott das Kaiserthum zerstören. Mit Gemälden habe man angefangen, Schreiben seyen gefolgt, und schon suche man diesen Gesetzeskraft beizulegen. Die Gemälde müßten vertilgt, die Schriften zurückgenommen werden; damit kein Grund und Denkmal ewigen Haders zwischen Reich und Kirche übrig bleibe. Denn wahrlich er, der Kaiser, werde solche Eingriffe nie dulden, nie ertragen, sondern lieber die Krone niederlegen, als sie jemals unter 79 {1158} seiner Regierung erniedrigen lassen.«« – Dies und anderes nochRadev. II, 31., über den mit König Wilhelm einseitig geschlossenen Frieden, über die in Italien eingegangenen bedenklichen Verträge u. s. w. hat uns der Kaiser mitgetheilt; doch wollen wir es jetzt bescheiden übergehn und nur noch bemerken: daß Pfalzgraf Otto bereits auf dem Zuge nach Italien begriffen, der gegenwärtige Kanzler Rainald aber uns als ein rechtlicher und friedlicher Mann bekannt ist, dem eure Gesandten die Rettung aus der Lebensgefahr zu danken haben, in welche sie der Zorn des Volkes brachte. Deshalb bitten und beschwören wir eure Heiligkeit, uns Schwache zu verschonen und als ein guter Hirte euren großherzigen Sohn, unseren Kaiser, durch mildere Worte und genügende Maaßregeln zu versöhnen; damit Gottes Kirche sich in ruhiger Andacht freue und das Reich in seiner herrlichen Größe prange durch Hülfe dessen, welcher ist Mittler zwischen Gott und Menschen, durch Jesum Christum.«

Da dem Papste die Hoffnung, an den deutschen Prälaten Verbündete gegen Friedrich zu finden, hiemit nicht allein fehlschlug, sondern der Bischof von Bamberg im Namen jener sogar in Rom erschien und übereinstimmend mit Heinrich dem Löwen zur Nachgiebigkeit ermahnte; da man endlich den Kaiser zum zweiten Male mit großer Heeresmacht in Italien erwartete, so entschloß sich Hadrian zwei KardinäleEs waren die Kardinäle Hyacinth und Heinrich Moricotti aus Pisa.  Memorie d'illustri Pisani II, 120. an ihn abzusenden, welche auf dem Reichstage zu Augsburg im Junius 1158 Schreiben billigeres Inhaltes vorlegten: »der Papst habe das Wort beneficium nur in dem, auch von der Schrift bestätigten SprachgebraucheBeneficium est bonum factum, non feudum. - Ex beneficio dei, non tanquam ex feudo, sed velut ex benedictione et bone facto ipsius gubernari dicimus et nutrici.  Lünig spicil. eccl. Urk. 70; ej. Codex diplom. I, 355.  Günther VII, 80.  Otto S. Blas. 9. genommen, wonach es eine Wohlthat und kein Lehen 80 {1158} bedeute; er habe sich gegen Friedrich stets günstig bezeigt und seinetwegen in Rom und anderwärts manches Ungemach erduldet; mithin verfahre der Kaiser nicht billig, wenn er im Zorne sogleich das Böseste voraussetze, den Zugang nach Rom hemme u. s. w.« Hiegegen erhob Friedrich zwar noch mancherlei Bedenken: aber die Abgesandten antworteten so höflich und genügend, versprachen so bestimmt die Beachtung aller Rechte des Reiches und die Freundschaft des Papstes, der Kardinäle und der gesammten Geistlichkeit, daß der Friede endlich wieder hergestellt, und gegenseitig alle beschränkende Verfügungen aufgehoben wurden.

Diese Aussöhnung war aber dem Kaiser gewiß nicht minder willkommen als dem Papste: denn seit seiner Entfernung aus Italien hatten die Lombarden viel mit dem kaiserlichen Ansehn Unverträgliches unternommen, und nur Verona ließ durch seinen Bischof Tebaldo und zwei Ritter erklären: »die Stadt sey an dem räuberischen Anfalle Alberichs und seiner Genossen auf Friedrichs Heer unschuldig, und sehe getrost der strengsten Untersuchung entgegen. Kund Gewordenes, Offenbares sey allerdings ein Gegenstand allgemeiner Berathung, ein Gegenstand des Lobes oder Tadels: aber jenes verborgene Vorhaben einzelner Bürger habe man weder entdecken noch verhindern können. Nicht gegen die Schwachen, sondern gegen das stolze Rom und gegen Mailand möge sich also des Kaisers Zorn wenden.« Nach dieser für hinreichend gehaltenen ErklärungOtton. Fris. II, 29.  Günther V, 40, 120.  Carli II, 531.  Dies geschah im Herbste 1155. nahm der Kaiser Verona mit Beistimmung der Fürsten zu Gnaden auf; doch mußte die Stadt eine ansehnliche Summe zahlen und Beistand gegen Mailand versprechen.

81 {1156} Gleich nach der oben erzählten Eroberung von Tortona war Friedrich mit seinem Heere hinweggezogen; die Mannschaft aus Pavia hingegen hatte noch acht Tage verweilt und alles zerstört, was von Gebäuden, Mauern und Thürmen übrig geblieben. Dies Übermaaß der Rache erhöhte aber den Haß und den Wunsch, Tortona wieder herzustellen. Kaum war Friedrich nach Deutschland zurückgekehrt, so schickten die Mailänder den Vertriebenen drei Geschenke: eine Posaune von Erz, zur Berufung des wieder freien Volkes; eine weiße Fahne mit rothem Kreuze, zum Zeichen der Erlösung von blutigen Feinden und der Rückkehr einer ruhigen und friedlichen Lebensweise; eine Fahne mit Sonne und Mond, denn so wie der Mond von der Sonne, so empfange Tortona von Mailand Licht und Leben.

Unter dem Schutze und dem Beistande der Mailänder ward Tortona itzt rasch wieder hergestellt und ein Wappen, worauf beide Städte abgebildet waren, bezeugte die gegenwärtige und künftige Einigkeit derselben. Vergeblich erhub Pavia Fehde gegen die Verbündeten, es mußte in Folge mehrer Niederlagen hundert Edele und zweihundert Bürger als Geißeln stellen, einen Stadtvorsteher von Mailand annehmen und durfte keinen Stadtrath mehr ernennenOtto Morena 984-994.  Cremon. chron. 634.  Radulph. Mediol. 1179.  Ughelli Ital. sacra IV, 635.  Bottazzi antich. di Tortona 289.. Gleich vergeblich trat hierauf der Markgraf von Montferrat Mailands wachsender Macht entgegen: auch er wurde geschlagen, die Brücken über die Adda und den Ticino hergestellt, mehre Schlösser erobert und Brescia und Piacenza für den Bund gewonnen.

So verlor die ganze Lombardei zunächst das Ansehn einer ruhigen, ihrem Beherrscher gehorsamen Landschaft; dann stellte sich in Mailand mit der Macht auch Anmaaßung und Härte ein. Es verbot aus altem Hasse den 82 {1157} Einwohnern von LodiLodi ward 1111 schon einmal zerstört.  Discorsi historici 352., bei Strafe der Einziehung aller Güter, weder etwas von ihrem Grundvermögen ohne Beistimmung der mailändischen Obrigkeit zu veräußern, noch die Stadt zu verlassen. Manche gehorsamten, andere verloren lieber ihre Besitzthümer als ihre persönliche Bedeutung.

Von diesen Maaßregeln gingen die Mailänder zu neuen Beschränkungen und Steuergesetzen über, ja zuletzt forderten sie kurz und unbedingt: »Lodi solle ihnen huldigen und alle getroffenen Einrichtungen für immer als gültig anerkennen.« Im Gefühl ihrer Schwäche willigten die Lodenser ein und verlangten nur, daß man dem Eide beifüge: »unbeschadet der, dem Kaiser geschworenen Treue.« Dies Verlangen ward zurückgewiesen. Hierauf eilten der Bischof, die Bürgermeister und die angesehensten Einwohner nach Mailand, warfen sich dem Erzbischofe, den Bürgermeistern und dem Rathe zu Füßen und wiederholten jene Bitte, – aber ohne Erfolg. Jetzt traten zwei gegenwärtige, den Mailändern übrigens sehr zugethane Kardinäle auf und stellten ihnen im Namen der Kirche und des Papstes vor: daß ihre Forderung, selbst in einer gemilderten Gestalt, sich nur auf Übermacht gründe, und es grausam sey die Lodenser zum Meineide zu zwingen. Man beharrte, ungeachtet dieser ernsten und wichtigen Gründe auf dem Beschlusse: »die Lodenser sollen, bei Strafe der Verweisung, jenen unbedingten Eid schwören.« Als nun aber die meisten, ihr Gewissen mehr fürchtend als äußeres Unglück, die Huldigung nach wie vor verweigerten, {1158} so brachen die Mailänder mit Heeresmacht gen Lodi auf, verjagten die Einwohner, raubten alles bewegliche Gut, zerstörten Saaten, Äcker und Weinberge, verbrannten die Gebäude und rissen die Mauern der Stadt nieder. Viele die, nicht einmal gegen Blöße geschützt, nach Pizzighetone und Cremona flüchteten, starben schon unterwegs, andere später aus Mangel und Noth. Wer um Krankheit oder um sonstiger Gründe 83 willen, oder im Vertrauen auf mailändische Großmuth länger in Lodi verweilte, ward ins Gefängniß geworfen und alle Versuche, Bitten oder Drohungen um die Sieger zu milderen Maaßregeln zu vermögen, hatten nicht den geringsten Erfolg. Welche andere Hoffnung blieb also den Unterdrückten: als daß der mächtige, der gerechte Kaiser dieser, im Namen der Freiheit geübten, Tyrannei bald ein Ende machen werde! 84

 


 


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