Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

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Siebentes Hauptstück.

Während Friedrich der Erste den Papst und die lombardischen Städte auf eine Weise bekriegte, welche seine Bewunderer als heldenmüthige Standhaftigkeit erhoben, minder Geneigte hingegen als kurzsichtigen Starrsinn bezeichneten, gerieth, an dem entgegengesetzten Ende des deutschen Reiches, Heinrich der Löwe nicht ohne eigene Schuld in böse Fehden. Seine Macht war einem Königreiche vergleichbar: Sachsen, Baiern, die reiche Erbschaft Kaiser Lothars, Hermanns von Winzenburg und einiger anderen, die Eroberungen in Friesland und Slavien, viele den Bischöfen abgenommene oder zur Lehn erhaltene geistliche Güter u. s. w. bildeten eine Masse von Ländern, größer als sie der Kaiser selbst unmittelbar besaß. Mit Verstand, Ordnung und Strenge stand Heinrich dem allen vor: wenn aber die Überzeugung von seiner Pflicht die alte Hoheit des Kaiserthumes ungetrübt zu erhalten, den Kaiser nicht gegen allen Tadel über die Wahl der Mittel schützen kann; so läßt sich Heinrich der Löwe noch weniger ganz rechtfertigen, daß er, um seine schnell entstandene Macht immer mehr und mehr zu verstärken, keine habsüchtigen Mittel verschmähte und alle seine Nachbarn (die sich in ihrer Stellung als Fürsten und Prälaten ursprünglich nicht geringer dünkten) bloß nach dem 214 {1166} Rechte des Stärkern behandelteGenerositatem suam et famae gloriam nimia foedavit avaritia et infidelitate: erat enim tenax sui boni, cupidus alieni, superbus, elatus nimium, et quod maxime principem dedecet, vix alicui servans fidem illaesam.  Gervasius Dorob. bei Twysden col. 1466.  Schlosser Weltgeschichte III, 1, 320.  Noch stärker drückt sich der, freilich gegen die Deutschen oft parteiische Saxo Grammat. XIV, 538 aus: Pervicaci ingenio Henrici nulla boni stabilitas serviebat. Mentiri virtutem ducebat, bonarum artium loco fallaciam amplectebatur, fidem simulatione colebat, honesto utile anteferendo.. »Er wendet (so klagten viele) seinen Verstand oft nur an, ungerechte Ansprüche hervorzusuchen, seine neuen Ordnungen stehen im Widerspruche mit dem alten Herkommen, und unbillige Strenge übt er selbst gegen die, welche ein Recht haben ihre eigenen Gesetzgeber zu seyn. Ein in Braunschweig aufgestellter, den Rachen weit aufsperrender, Löwe deutet sinnbildlich des Herzogs wilde Natur und seine räuberischen Vorsätze anBöttiger 245..« – So vereinten sich gerechte Beschwerden über Geschehenes, mit der Furcht vor dem Künftigen und dem Neide über Unbestreitbares, und führten zu einem großen Bunde wider Heinrich den Löwen. Die Verbündeten, zu denen der Erzbischof von Magdeburg und die Bischöfe von Lübeck und Hildesheim, der Landgraf Ludwig von Thüringen und der Markgraf Albert von Brandenburg, nebst mehren Grafen und Edeln gehörten, hielten sich ruhig, so lange der gefürchtete Kaiser in Deutschland gegenwärtig war; kaum aber hatte sich dieser im Herbste 1166 nach Italien begeben, da begannen sie offene Fehde und fanden an dem mächtigen Rainald von Köln einen Fürsprecher bei dem KaiserChronogr. Saxo.  Chron. mont. sereni.  Bosov. annal. Godofred. monach.  Stederburg. chron.  Albert. Stad. 193.  Lerbecke 507.  Helmold II, 7-10; III, 2.  Arnold. Lubec. III, 2.. Von einer Seite brach der Landgraf Ludwig von Thüringen in des Herzogs Besitzungen ein und 215 {1166} eroberte Haldensleben; auf der andern ward Graf Christian von Oldenburg freudig in Bremen empfangen, weil Heinrichs neue Herrschaft weniger mild erschien, als die frühere des Erzbischofs.

Sobald der Herzog sah, welche Gefahr ihm von allen Seiten drohe, ergriff er die kräftigsten Maaßregeln. Dem Slaven Pribislav gab er, um sich gegen Norden zu decken, klüglich das Land der Obotriten zurück und verwandelte hiedurch diesen gefährlichen Feind in einen ausharrend treuen Freund; dem tapferen Grafen Heinrich von Orlamünde übertrug er die Vertheidigung der holsteinischen, stormarischen und wagrischen Länder; er selbst wandte sich zuerst morgenwärts und drang, da alle vor ihm wichen, bis in die Gegend von Magdeburg, dann eilte er mit gleicher Schnelligkeit gen Bremen. Hier wartete Graf Christian seine Ankunft nicht ab, sondern ging nach Friesland zurückEr starb bald nachher. und die Stadt mußte froh seyn, daß sich der Herzog auf des Erzbischofs Hartwich Vermittelung mit einer Strafe von 1000 Mark Silber begnügte.

Bis jetzt hatte sich Hartwich, die Unbeständigkeit der Verbündeten und die Macht Heinrichs scheuend, nicht gegen ihn erklärt, sondern lebte ruhig in Hamburg; weil er aber um diese Zeit anfing Waffen und Lebensmittel zu sammeln und seine Schlösser zu befestigen, so zwang ihn Heinrich, die Fehde beginnend, nach Magdeburg zu entfliehen. Gleicherweise verjagte er den Bischof Konrad von Lübeck, welcher sich, wo nicht feindlich, doch zweideutig gezeigt und beharrlich die Huldigung verweigert hatte.

So lagen die Verhältnisse im Frühlinge 1168, wo der Kaiser aus Italien zurückkehrte und, als habe ihn kein Unglück betroffen, mit seiner früheren Thätigkeit und Überlegenheit die Lenkung aller Reichsgeschäfte übernahm. Zuerst verwies er es den, auf den Reichstagen in Bamberg und Würzburg vor ihm erscheinenden Parteien mit großem 216 {1168} Nachdrucke: daß sie eigenmächtig Krieg erhoben, seine Friedensmahnungen nicht befolgt und mittelbar die Macht der Lombarden zur Schmach der Deutschen erhöht hätten; dann befahl er (denn so verlange es das Recht) den Besitzstand so wieder herzustellen, wie er vor dem Ausbruche der ungebührlichen Fehde gewesen sey: was einerseits dem Herzoge Heinrich Gewinn brachte, andererseits ihn aber auch zur Wiedereinsetzung des Erzbischofs von Bremen und des Erzbischofs von Lübeck zwang.

Hiedurch war indeß der Friede noch nicht im ganzen Norden Deutschlands hergestellt: denn um dieselbe Zeit unternahm der König Waldemar IZu 1174 erwähnt Hamsfort bei Langebek I, 279, bereits den neunzehnten Zug Waldemars gegen die Slaven in Pommern und Mecklenburg. einen Feldzug gegen die heidnischen Rügier. Ehe es diese erwarteten, standen die Dänen, von den pommerschen Fürsten nach Heinrichs des Löwen Geheiß unterstützt, vor Arkona. Gegen Morgen, Mitternacht und Mittag bespült das Meer die Kreidefelsen Arkonas; kein in der Tiefe abgeschossener Pfeil erreicht deren Gipfel, und die schroffen Wände sind unersteiglich. Nur die Abendseite steht mit dem festen Lande in Verbindung, ward aber damals von einem, funfzig Fuß hohen Walle geschützt. Zum Angriffe desselben ließ Waldemar unverzüglich Belagerungszeug fertigen, äußerte aber: »Arkona werde noch vor Beendigung dieser Arbeit fallen.« Befragt, worauf sich diese kühne Hoffnung gründe, gab er zur Antwort: »der heilige Veit, an dessen Stelle Suantevit getreten, sey unzufrieden, daß er zu Götzendienst Veranlassung gegeben habe, und werde an seinem NamenstageDer Namenstag ist der 14te Junius. Über die ganze Belagerung, Saxo im 14ten Buche. die Mauern Arkonas einstürzen.« Während diese Behauptung den Muth und die Anstrengungen der Christen erhöhte, vertrauten die Belagerten zu viel dem unmittelbaren Beistande 217 {1168} Suantevits, und besetzten und bewachten ihre hölzernen Thürme und Thore keineswegs wie es sich gebührte. Unbemerkt schlich daher ein Däne in den Raum, welcher durch Zusammentrocknen der Erde zwischen dem Walle und einem Thurme entstanden war, und zündete diesen an. Bald bedrängten die überhand nehmenden Flammen und die herbeieilenden Dänen dergestalt die Arkoner, daß sie sich ungeachtet des tapfersten Widerstandes auf folgende Bedingungen ergeben mußten: »das Bildniß Suantevits wird mit allen ihm gehörigen Schätzen ausgeliefert und christlicher Gottesdienst eingeführt; alle christlichen Gefangenen erhalten die Freiheit; die Grundbesitzungen, welche dem Suantevit oder dessen Priestern gehören, werden zur Unterhaltung der christlichen Geistlichen verwandt; die Rügier folgen den Dänen auf ihren Kriegszügen, zahlen jährlich eine bestimmte Steuer und stellen Geißeln für die genaue Erfüllung dieser Bedingungen.«

Sogleich nach der Einnahme der Stadt wurde Suantevits Bildsäule vorsichtig umgeworfen, damit nicht durch Zufall hiebei ein Unglück entstände, das vom Volke als Werk des zürnenden Gottes gedeutet werden könnte. Mit Schrecken sahen die Rügier ihren Gott niederstürzen und zur Stadt hinausschleifen: viele erwarteten ein WunderBroderus 585.  Compil. chronol. 66.Hamsfort bei Langebek I, 277 setzt dies alles auf 1169., manche weinten in tiefem Schmerze, minder Gläubige lachten über die hin und her geschleppte unförmliche Gestalt, die Dänen endlich kochten ihre Speisen beim Feuer der zerhauenen Bildsäule, brannten den Tempel nieder und führten dagegen von dem, zu Belagerungswerkzeugen bestimmten Holze, eine Kirche auf. – Nach dem Falle der Hauptstadt ergaben sich auch die übrigen Städte, unter andern Garz, wo man die Götzenbilder des Porewit, Poremut und Rugiavit zerstörte. Der letzte war durch Vorhänge ungeweihten Augen verborgen; aber die Schwalben hatten doch 218 {1168} einen Zugang gefunden, an seinen sieben Gesichtern ihre Nester befestigt und ihm die Brust mit Unrath beschmutzt: welches alles den Christen Anlaß zu mannigfachem Spotte gab.

Nachdem für Erbauung der Kirchen, Anstellung der Geistlichen, Weihe der Gottesäcker, Zahlung der Steuern und Übernahme der Geißeln gesorgt und der Fürsten Tatislav und Jaromir Lehnsbarkeit angeordnet war, kehrten die Dänen freudig in ihre Heimath zurück; die Herzoge von Pommern dagegen, welche erwartet hatten, daß man jene rügischen Fürsten vertreiben und ihnen für die geleistete Hülfe das Land überlassen würde, fanden sich getäuscht und außer Stande ihren Forderungen Eingang zu verschaffen. Selbst Heinrich dem Löwen schlug Waldemar die Theilung der Beute, der Steuern, des Landes und der geistlichen Anrechte ab, bis jener seinen Slaven die Seeräuberei erlaubte, welche dann auf den Inseln und dem Meere so viel verwüsteten und erbeuteten und so viel Gefangene machten, daß an einem Markttage in Mecklenburg 700 Dänen zum Verkaufe ausgestellt wurden. Hiedurch sah sich König Waldemar zur Nachgiebigkeit gezwungen: er überließ Heinrich dem Löwen um Johannis 1169 die Hälfte der Geißeln und Steuern, und vermählte seinen Sohn Kanut mit dessen Tochter Gertrud, der Wittwe Friedrichs von Rothenburg. Die Slaven mußten nun wieder Friede halten.

Während Heinrich der Löwe seine Macht so herstellte und erweiterte, trafen mancherlei Umstände zusammen, welche auch die Macht des Kaisers auf eine, für das Wohl des Ganzen vortheilhafte Weise erhöhten: denn sonst möchte der einzelnen Fürsten und Prälaten Neigung sich ganz unabhängig zu machen, schnell die Auflösung des vereinigenden Bandes herbeigeführt und die höhere Leitung ganz vernichtet haben, deren man in jenem Jahrhunderte noch gar sehr bedurfte. Doch genügte Friedrich der damaligen Zeitansicht in so weit, daß er die Erwerbungen nicht in seiner 219 {1169} übermächtigen Hand festhielt, sondern unter seine Söhne vertheilteGervas.  Tilber. 942.  Pegav. chron. Godofr. monach.  Aquic. auct.  Northof 385.  Bosov. annal. Über die Schwierigkeiten das Alter der Söhne Friedrichs zu bestimmen, siehe Bünau 211.. Heinrich der älteste ward, nach dem Antrage des Erzbischofs Christian von Mainz, auf dem Reichstage von Bamberg zum römischen König erwählt, und am 16ten August 1169 in Achen vom Erzbischofe Philipp von Köln gekrönt. Friedrich, der zweite Sohn, bekam das Herzogthum SchwabenFriedrich kam wohl erst später zum Besitz des Herzogthumes, wenigstens sagt er im Jahre 1185 anno ducatus nostri primo, auch mag alles auf dem Reichstage in Mainz nochmals bestätigt worden seyn. Pfister Gesch. von Schwaben II, zu 1184., die Länder Welfs des älteren und des Grafen Rudolf von Pfullendorf. Nach dem Tode seines einzigen Sohnes hatte nämlich Welf allen Erwerbungsplanen und allen heimlich eingeleiteten Verbindungen mit Alexander dem Dritten entsagt, und sich in Memmingen niedergelassen, wo er alle lustige und geldarme Ritter bei sich aufnahm und große Summen verschwendete für Essen und Trinken, prachtvolle Feste und Kleider, große Jagden und schöne MädchenAventini annal. VI, 5, 5.. Daher gerieth er in Schulden, zu deren Tilgung Heinrich der Löwe, seines Bruders Sohn, aus kurzsichtiger Sparsamkeit nichts hergeben wollte; während ihm der Kaiser, seiner Schwester Sohn, mit freigebiger Unterstützung entgegenkam. Vor dem Tode ward jedoch Welf der Sinnenlust überdrüssig, rief Uta, seine verwiesene Frau wieder zurück, machte den Armen, Geistlichen und Klöstern reichliche Schenkungen, und setzte in dankbarer Erinnerung genossener Wohlthaten, den Kaiser zum Erben ein. – Dasselbe that der söhnelose Graf Rudolf von Pfullendorf auf Antrieb seiner Gemahlinn, welche die Schwester der Mutter Friedrichs war; und seinem Beispiele folgten viele Grafen und Edle, die sich in ähnlicher Lage befanden. An 220 {1169} anderen Orten benutzte der KaiserFridericus coepit in partibus Alemanniae multa praedia nunc emptione, nunc procerum donatione, seu quacunque seccessione fiscali vel haereditaria conquirere.  Ursperg. chron. 308.  Bosov. annal. zu 1171.  Otto S. Bas. 20.  Thammii chron. zu 1152.  Suppl. chron. Weingart. bei Leibnitz III, 658.  Günther I, 79, 95.  Pfister Gesch. von Schwaben II, 223. günstige Gelegenheiten zum Ankaufe, oder lieh heimgefallene Reichsgüter nicht wieder aus, oder machte vernachlässigte Ansprüche von neuem geltend. Hiedurch mehrten sich auch die, seinem dritten Sohne Konrad zugewiesenen Güter, obgleich die Besitzungen des, in Italien kinderlos verstorbenen Herzogs Friedrich von Rothenburg den Hauptbestandtheil derselben ausmachten. Der vierte Sohn Otto empfing die Statthalterschaft von Burgund und Arles, nachdem Graf Rainald, des Kaisers Schwiegervater, gestorben und Herzog Bertold von Zäringen wegen seiner Ansprüche abgefunden war. Dem jüngsten Sohne Friedrichs, Philipp, überwies man vorläufig mehre eingezogene Krongüter und als Lehn übernommene kirchliche Besitzungen; obgleich damals noch die Rede ging, er sey dem geistlichen Stande bestimmtLandun. chr. 707 sagt, Philipp sey primo clericus gewesen, doch ohne Weihe., damit durch ihn auch die päpstliche Würde dereinst an das Kaiserhaus komme.

So ungemein groß waren in dieser Zeit die Besitzungen, so rasch die Erwerbungen, so kühn die Hoffnungen des herrlich emporblühenden Geschlechtes der Hohenstaufen; und genau hundert Jahre später, – ein warnendes Beispiel der Trüglichkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen –, fiel, seines Hauses Größe und Schuld unschuldig büßend, der Jüngling Konradin unter dem Beile des Henkers!

Fast sieben JahreWir durften die einzelnen Ereignisse nicht in aller Breite erzählen und das Denkwürdigere dadurch auseinander reißen und in Schatten stellen. verweilte Friedrich in 221 Deutschland und diese Zeit ununterbrochener Thätigkeit genügte, nicht allein Ordnung im Inneren zu erhalten, sondern auch den deutschen Einfluß auf Polen und Böhmen wiederholt geltend zu machenNeplach. chron. zu 1172.  Siloens. chron. 82.. Vor allem bildete sich die Verfassung und Verwaltung der Wahrheit nach immer mehr zu dem tüchtigen Wechselverhältnisse, welches der Ausdruck »Kaiser und Reich« im besten Sinne andeutet. Nur von der kirchlichen Seite her hörten die Störungen und Übelstände nicht auf. Der Bischof von Passau ward als Anhänger Alexanders verjagt und der von Regensburg angewiesen sich, bei gleicher Strafe, durch den Erzbischof von Mainz weihen zu lassenHenric. Berchtolsgad. 207.. Das Erzbisthum Salzburg erlitt, wegen Konrads fortdauernder Widersprüche, neue schreckliche Verwüstungen, und viele Cistertienser wurden um ähnlicher Gründe willen aus ihren Klöstern vertrieben.

Die Hoffnung, daß mit dem Tode des zweiten Gegenpapstes (Paschalis starb am 20sten September 1168) die Kirchenspaltung endlich werde beseitigt werden, schlug nochmals fehl: denn die, auf keine Versöhnung rechnenden Gegner Alexanders erwählten sogleich den Abt Johannes von Struma, welcher den Namen Kalixtus III annahmAppend. ad Radev. zu 1168.  Roger Hoved. 512.  Romualdi chron. 209.  Alberic. 354.  Martin. Fuld. 1694.  Pagi c. 13. und gewiß mit Unrecht von parteiischen Schriftstellern gar arger Laster beschuldigt wird, ob er gleich unleugbar Alexandern in Hinsicht auf Anlagen und Charakterstärke weit nachstand. Ohne des Kaisers Beistimmung wäre indeß diese Wahl ganz bedeutungslos geblieben und manche glaubten, er werde sie, durch Schaden belehrt, nimmer ertheilen. Dennoch geschah es in dem Glauben, daß dies folgerecht und der König von EnglandMath. Paris. 75.  Philipp von Köln war als kaiserlicher Gesandter nach England gegangen. zu gleichem Schritte bereit sey; oder daß man äußersten Falles, für 222 {1170} Preisgebung des Gegenpapstes, wohl desto vortheilhaftere Bedingungen von Alexander erhalten könne. Auch galt es für eine erfreuliche Annäherung, als Friedrich diesem durch den Bischof von Bamberg und die Äbte von Citeaux und Clairvaux sagen ließRadev. append. l. c.  Godofr. monach.  Austriac. chron.  Baronius § 57.  Epist. Johann. Sarisb.  Bouquet XVI, 605.: »er wolle seine Verordnungen und Besetzungen von Stellen anerkennen und nichts Feindliches gegen ihn unternehmen.« Weil aber die Verhandlungen keineswegs auf die Lombarden ausgedehnt werden sollten, der Kaiser die Anerkenntniß aller von ihm eingesetzten Prälaten verlangte und vor der Hand die ausdrückliche Erklärung noch vermied, daß Alexander rechtmäßiger Papst sey; so vermuthete dieser, der ganze Antrag bezwecke nur ihn mit seinen Verbündeten zu veruneinigen.. Deshalb unterrichtete er deren Gesandte vollständig von der Lage der Dinge und antwortete den kaiserlichen Abgeordneten: »die christliche Welt habe entschieden, daß er rechtmäßiger Papst sey; dem möge Friedrich beitreten, dann wolle er ihn über alle Fürsten der Welt ehren, lieben und ihm sein volles Recht widerfahren lassen.«

In diesem scheinbar günstigen Augenblick erneute Emanuel sein Gesuch um die römische KaiserwürdeAlexandri vita 462.  Chron. fossae novae 874.; aber der kluge Alexander wollte die Aussöhnung mit Friedrich nicht ganz unmöglich machen und antwortete: »das Unternehmen sey zu gefährlich und stürze in neue Fehden; seinem Berufe gemäß müsse er den Frieden und die Ruhe begründen und erhalten.« Auch die feierliche Verheirathung einer Verwandtinn Emanuels an den mächtigen Otto Frangipani förderte keineswegs jene umfassenderen Absichten.

Im übrigen war für Alexander um so weniger Veranlassung vorhanden, von seinen ursprünglichen Forderungen etwas nachzulassen, als der König von England durch die Ermordung Thomas Beckets um diese Zeit in eine so 223 {1168} mißliche Lage kam, daß er sich nachgiebiger zeigen mußte; und die Lombarden ihre Macht während der Abwesenheit Friedrichs in Deutschland, sehr erweitert und vermehrt hatten. Mailand nämlich war von ihnen befestigt, Blandrate erobert, die kaiserlichen Befehlshaber aus vielen Orten vertrieben, Lodi gewonnen, ihr Bund mit Novara, Vercelli, Tortona, Como, Asti u. s. w. verstärkt, und sogar der Markgraf von Montferrat und der Graf Malaspina gezwungen worden vom Kaiser abzufallen. Ferner erbauten die Verbündeten, zu ihrem Schutze und als Hinderniß gegen das Eindringen der Deutschen, an kluggewählter Stelle eine Stadt, welche sie nach ihrem hochverehrten Bundesgenossen Alexandria nanntenVita Alex. 460.  Cremens. chron. 634.  Jeder Bürger der Gespann hielt, zahlte dem Papste jährlich drei, jeder andere zwei Denare.  Ghilini.  Den ersten Bischof setzte Alexander, bewilligte aber nachher die Wahlfreiheit. Nach Innoc. III, ep. VIII, 53, 54, starb der zuerst ernannte Bischof vor der Weihe und der zweite trat schon 1173 ein. – Der Ort wo Alexandria im Jahre 1168 angelegt wurde, hieß vorher RoboretumMoriondus II, praef. 4 und Urk. 24 S. 532. Auch Asti und andere benachbarte Orte schickten Mannschaft.  Cod. Bibl. Taurin. II, 313. und ihm feierlich durch Abgeordnete zu Recht, Zins und Eigenthum übergaben; wogegen er daselbst ein Bisthum errichtete und freie Wahl der Obrigkeiten verstattete. So viele Bewohner strömten von allen Seiten in die neu errichtete und sehr begünstigte Stadt, daß sie nach zweien Jahren schon an 15000 Streiter zählte. Noch wichtiger war es endlich, daß die Lombarden ihren Bund nicht bloß erneuten, sondern dessen Grundzüge auch erweiterten. Keine Stadt, dies wurde z. B. dem oben Aufgezählten noch hinzugefügt, darf Geächteten Schutz verleihen; keine darf Zölle oder andere Abgaben welche nicht bloß die eigenen Bürger treffen, ohne wechselseitige Beistimmung auflegen. Bei gemeinsamen Berathungen hat jede Stadt eine Stimme und sendet zur Ablegung derselben einen oder mehre Rektoren. Ohne Einwilligung 224 der meisten Bundesglieder findet keine Berufung an den Kaiser stattUrkunden von 1167 und 1168 bei Savioli I, 2,, Urk. 188; II, 2, Urk. 191.  Murat. antiq. Ital. IV, 261..

{1169} So viel aber auch, wie aus dem Erzählten hervorgeht, in der Lombardei während der Abwesenheit Friedrichs geschah, so wurde demungeachtet diese nicht wiederkehrende Zeit glücklicher Muße keineswegs genügend benutzt: denn über die wichtigsten Dinge, über die Stellung, Verpflegung und Ablösung von Kriegern, über die Bundesbeiträge und die Geldverwaltung, über die Rechtspflege und Vollziehung der Rechtssprüche u. s. w. fehlte es fast an allen Bestimmungen, und aus dem, durch die Gefahr herbeigeführten Vertheidigungsbündniß erwuchs keine ächte Verfassung, kein Bundesstaat oder fester Staatenbund. Die große Zahl der theilnehmenden Städte und die tadelnswerthe Neigung, sich der neu gewonnenen Unabhängigkeit ganz schrankenlos zu erfreuen, erschwerten an sich alle gemeinsamen Maaßregeln, und überdies verließ man sich zu viel auf die Kraft der Begeisterung, welche zwar in einzelnen Augenblicken zum Siege führen, auf die Dauer aber feste Einrichtungen nicht ersetzen kann, ja ohne dieselben oft unerwartet in die größten Irrthümer und ärgsten Frevel hineinführt. Aus diesen Gründen verschwand die Aussicht auf allgemeine Einigkeit in Italien nur zu bald: Pisa und GenuaGriffo und Bonon. Histor. misc. zu 1168–1170.  Ghirard. I, 3, 89.  Sigonius hist. Ital., Rom und Albano, Florenz und Arezzo, Bologna und Faenza u. m. a. geriethen von neuem in verwüstende Fehden, und manche Städte litten noch mehr durch inneren Streit.

So war z. B. in Genua das Ansehn der Obrigkeit dergestalt gesunken, daß jeder, statt den Gesetzen gemäß zu handelnObertus 320-325., nur darauf dachte ihnen zum Hohn und 225 {1169} durch Verschwörungen gesichert, willkürlich zu leben. Mit der inneren Ordnung verschwand aber auch der Einfluß Genuas auf seine Nachbarn: ja diese hofften schon, ein Theil des zerfallenen Staates werde in ihre Gewalt kommen, als durch ein günstiges Geschick Männer zu Konsuln gewählt wurden, welche die Übel gründlich kannten und Kraft und Entschlossenheit genug besaßen, sie zu vertilgen. Weil sie aber auf die, der einen oder andern Partei geneigten Bürger keineswegs mit Sicherheit rechnen konnten, und jeder ausgesprochene, wegen Mangel an Gewalt aber nicht zur Vollziehung gebrachte Beschluß die Kühnheit nur erhöht und die Auflösung beschleunigt hätte: so ließen die Konsuln insgeheim sichere, gehorsame Landleute in die Stadt kommen und zweckmäßig vertheilen. Dieser Hülfsmacht vertrauend befahlen sie itzt: alle Bürger sollten schwören, nach den nähern Bestimmungen der Obrigkeit, Frieden zu halten und jeden zu bekämpfen, welcher die Ruhe nochmals stören würde. Dessen weigerten sich anfangs die Häupter des Zwiespalts, verlangten eine schriftliche Darlegung der Thatsachen und Gründe, Ersatz des Schadens und ein Ausgleichen der Beleidigungen; aber es ward entschieden: bei so vielfacher allseitiger Schuld wirke eine strenge und umständliche Anwendung des Gesetzes nur zerstörend, und verwickele das einfach und schnell zu Entscheidende. Mithin hörten die Konsuln alle Parteien nur mündlich ab, und hielten zur Vermehrung der Scheu das Erkundete und ihre eigenen Ansichten gleich geheim. Endlich erging ihr Spruch dahin: »durch sechs öffentliche Zweikämpfe unter den Häuptern der Stadt, wolle man mit Gottes Hülfe das Recht entdecken und nächstdem behaupten.« Schon wurde der Kampfplatz abgezeichnet, gesäubert und jede nöthige Vorbereitung getroffen, als in allen Häuptern die Furcht entstand, man werde sie zu den Zweikämpfen auserwählen. Deshalb eilten ihre Weiber und Kinder zu den Konsuln und baten: sie möchten die Sache doch nicht auf eine so grausame und gefährliche Weise entscheiden lassen. Diese gaben 226 {1169} um so lieber nach, da jener Vorschlag nie ernstlich gemeint war, sondern bloß den Zweck gehabt hatte die hartnäckigen Gemüther zu schrecken und zu beugen. Einstimmig mit dem Erzbischofe Hugo beriefen sie, die günstige Stimmung des Augenblickes benutzend, durch das Geläute aller Glocken die Bürger noch vor dem Anbruche des Tages zu einer allgemeinen Versammlung. Erstaunt fanden diese alle Konsuln und Geistlichen bereits in Feierkleidern: das heilige Kreuz erhob sich, zur Ruhe mahnend, in ihrer Mitte, und der Erzbischof sprach mit Würde und Nachdruck von dem Heile der Einigkeit, von der auflösenden Kraft alles Zwistes und von der Pflicht die Stadt zu retten aus dem nahen Verderben. Hierauf forderte man zuerst von Roland dem Advokaten, daß er den Eid des Friedens leiste zur Ehre Gottes, zum Wohle der Stadt und zum eigenen Heile. Allein dieser, eingedenk der vielfach erlittenen Schmach und der umgebrachten Verwandten, warf sich zur Erde nieder, zerriß sein Kleid und rief jene Todten an, welche er zu rächen gelobt hatte; er wollte durchaus nicht schwören, und alle Bitten angesehener Bürger blieben ohne Erfolg. Da nahten ihm die Konsuln, der Erzbischof und die Geistlichen mit den Reliquien und dem Evangelienbuche; Worte der Milde und des Ernstes erweichten und reinigten endlich sein Gemüth und an Christus erinnert, welcher allen den Frieden gab, wagte er nicht länger auf Krieg zu bestehen. Der zweite Berufene, Fulko de Castro, welcher nicht in der Versammlung gegenwärtig war, ließ antworten: er sey bereit zum Eide, doch wage er nicht hervorzugehn ohne die Erlaubniß seines Schwiegervaters Ingo de Volta. Um keiner Zögerung, keinem Vorwande Raum zu geben, eilten die Konsuln zugleich zu ihnen und führten beide in die Versammlung. Nachdem sie, obgleich ungern, geschworen hatten, gehorsamten alle übrigen ohne Weigerung.

{1170} Die hiedurch gewonnene und streng gehandhabte Ordnung wollten die Genueser um keinen Preis neuen Gefahren aussetzen. Sie wiesen den Antrag der Lombarden, in 227 ihren Bund zu treten, von der Hand und nahmen des Kaisers Gesandten, den Erzbischof Christian von Mainz ehrenvoll auf, welcher im Herbste 1171 mit schnellen Pferden durch eine Fuhrt des Tanaro setzte und trotz der lombardischen Nachstellungen Genua erreichte. – Über dieses Benehmen zürnte der Bund und sperrte lange Zeit die Zufuhr der Lebensmittel nach Genua; was aber die Bürger in der Hoffnung erduldeten, Christians Hülfe werde ihnen in der erneuten Fehde mit den Pisanern den Sieg verschaffen. Sie behaupteten: »nicht aufgefordert, sondern auffordernd habe sich Pisa den Lombarden zugesellt; wogegen sie die Anerbietungen des griechischen Kaisers und des Königs von Sicilien mit eigenem großen Verluste abgelehnt hätten, um ihrer Freundschaft und ihren Pflichten gegen Kaiser Friedrich gewissenhaft treu zu bleiben.« Christian versprach: »er wolle ihre Forderungen und Wünsche berücksichtigen, sofern es ohne Krieg und Acht möglich erscheine; denn nicht zum Kriege, sondern zur Herstellung des Friedens sey er nach Italien gekommen.«

Im März 1172 hielt er einen großen Landtag in Siena, wo sich unter andern einfanden: der Präfekt von Rom, die Markgrafen von Ankona und MontferratObertus 343 sq.  Camici zu 1172 p. 47 und 88.  Simondi II, 188., die Grafen Guido und Aldobrandini und die Abgeordneten der meisten Städte aus Tuscien, der Mark und Romagna. Obgleich der Erzbischof hier einen feierlichen Eid schwur, daß er alle Streitigkeiten unparteiisch entscheiden wolle, hielten ihn dennoch die Pisaner wegen seines früheren Aufenthaltes in Genua für befangen, und die vorgeschlagenen Bedingungen für unbilligRistretto cronolog. IV, 11.; sie wurden aber, als sie jeden Antrag verwarfen und ungeachtet wiederholter Ladungen nicht erschienen, auf Genuas erneute Bitten geächtet und ein Kriegszug gegen sie angesagt. Diese strenge Maaßregel führte 228 endlich zur Nachgiebigkeit und zum Abschlusse eines Friedens zwischen Genua und Pisa.

{1173} Dennoch konnte Erzbischof Christian die Rolle eines Unparteiischen, zu Handhabung allgemeiner Gerechtigkeit Berufenen und höher Gestellten keineswegs auf die Dauer mit Erfolge durchführen: denn die, meist unter einander zerfallenen Städte verlangten keine Gerechtigkeit, sondern Begünstigung und Vorliebe; sie betrachteten ihn als bloßen Verbündeten, an dem die Unparteilichkeit, welche einem Herrscher zum höchsten Ruhme gereichen möge, nur Thorheit oder Unrecht sey. Christian mußte daher seinen Plan, beide Parteien zu schrecken oder vermittelnd im Zaume zu halten, aufgeben, und um so mehr aufgeben, weil Pisa und Florenz einen offenen Angriff wider das kaiserliche Schloß S. Miniato wagten. Indem er aber Genua, Lukka, Pistoja, Siena und den Grafen Guido Guerra durch Begünstigungen für sich gewann, und einige obrigkeitliche Personen aus Pisa und Florenz als Geißeln festhielt, trieb er diese Städte zu einer engern Vereinigung mit den Lombarden und dem Kaiser Emanuel. Theils in der eitlen Hoffnung daß Italien wieder byzantinisch werden könne, theils in der gerechteren Furcht vor Kreuzzügen und Angriffen aus GriechenlandNicetas Manuel VI, 130.  Chron. pisan. 188., hatte sich Emanuel fast in allen italienischen Städten durch Geschenke Anhänger verschafft und Ankona bereits völlig gewonnen. Diese Stadt beschloß Erzbischof Christian deshalb im Frühjahre 1174 anzugreifen, und fand durch des griechischen Kaisers Schuld einen mächtigen Verbündeten an Venedig.

Lange Zeiten hindurch hatte dieser Freistaat die engsten Verbindungen mit den Griechen unterhalten und ihnen insbesondere gegen die Normannen treuen Beistand geleistet. Sobald aber deren Regierung im untern Italien eine regelmäßige Gestalt gewann, trat Venedig mit ihnen in vortheilhafte Handelsverbindungen und weigerte sich dieselben 229 auf den Grund einer gebieterischen Weisung Emanuels abzubrechen. Noch mehr als hierüber zürnte dieser, weil die Venetianer, stolz auf die ihnen in Konstantinopel bewilligten Vorrechte und Steuerfreiheiten, auf ihren Reichthum und ihre Verbindungen, manche Griechen willkürlich behandelten und die kaiserlichen Befehle ohne Hehl übertraten. Emanuels Anreizungen folgend, erhoben hierauf die Ungern und Ankonitaner Krieg wider Venedig, wogegen eine von diesem Freistaate angeordnete Handelssperre für Konstantinopel sehr nachtheilig wirkte. Aus diesen Gründen wünschten und schlossen beide Theile Frieden, wobei Emanuel zur Widerlegung eines verbreiteten Gerüchtes schwur: »nie sey es ihm eingefallen, die Güter der Venetianer innerhalb seiner Staaten in Beschlag zu nehmen.« Sobald sich aber viele Kaufleute, dem Frieden und dem Schwure vertrauend, wieder eingefunden hattenDandolo 291-299.  Nicetas V, 111.  Cinnamus 128.  Sanuto vite 501. Le Bret Gesch. von Venedig I, 330.  Marin. III, 119–162., ließ er am zwölften März 1171 wortbrüchig alle Venetianer verhaften, ihre Schiffe besetzen und ihre Güter wegnehmen. Weil nun Klagen und Bitten, Beschwerden und Drohungen über diesen Frevel, gleich vergeblich blieben, rüsteten die Venetianer binnen hundert Tagen hundert Schiffe aus und thaten in Dalmatien, Euböa und Chios den Griechen so großen Schaden, daß Emanuel schon zur Nachgiebigkeit bereit war, als auf der letzten Insel eine Pest ausbrach, welche sich bis nach Venedig verbreitete und Veranlassung zu Unruhen gab, in denen der Doge Michael ums Leben kam. Sein bejahrter Nachfolger Ziani stellte jedoch die Ordnung wieder her, verband sich mit dem Könige von Sicilien, und beschloß itzt dem Erzbischofe von Mainz bei der Belagerung Ankonas beizustehn: denn die Gefahr, daß der Alleinhandel und die Seeherrschaft im adriatischen Meere durch eine mächtige Nebenbuhlerinn verloren ginge, erschien ihm größer, 230 als die, welche dem Freistaate von Seiten der Deutschen drohte.

{1174} Die venetianische Flotte sperrte also den Hafen, das deutsch-italienische Heer die Landseite von Ankona, und man rechnete um so mehr auf eine baldige Übergabe, da der Oberbefehlshaber, Erzbischof Christian von Mainz, zur Kriegführung nicht minder geschickt war, als zu geistlichen Geschäften und staatsrechtlichen Verhandlungen. Mit großer Würde las er die Messe und in sechs Sprachen wußte er sich beredt auszudrückenGodofr. monach. zu 1171.  Arnold. Lubec. II, 16.  Würdtwein subsid. I, 369. Er sprach deutsch, latein, französisch, brabantisch, griechisch, lombardisch; Wolter 53 hat noch chaldäisch.; wo aber Worte, wo die größte Freigebigkeit nicht zum Ziele führten, scheute er keine Mittel der Gewalt. Er tummelte sein Roß gleich dem tüchtigsten Ritter, trug unter dem hyazinthfarbenen Oberkleide einen eisernen Harnisch, auf dem Haupte einen vergoldeten Helm und in der Hand eine dreiseitige Keule. Man sagte ihm nach: er habe neun Feinde in Schlachten getödtet und, als ein gar strenger Richter, mehren Übertretern der Gesetze selbst die Zähne eingeschlagen; man behauptete, die zur Kriegsarbeit eingeübten Geistlichen und FrauenClerici et foeminae exercitus ejus duo castra munitissima ceperunt. - Meretrices et asini habuerunt in curia sua majores expensas, quam tota curia regia.  Albert. Stadens. zu 1172, 1173. Er habe auch Regalien veräußert um seinen Aufwand bestreiten zu können.  Camici zu 1179, p. 61. seines Heeres hätten einst zwei feste Schlösser erobert, und Mädchen und Pferde kosteten ihm mehr als dem Kaiser sein ganzer Hofstaat.

Mit seiner gewöhnlichen Kühnheit befahl der Erzbischof Ankona zu bestürmenBuoncompagno de obsid. Anconae.  Sicardus.  Romualdi chron.  Chron. Pisana 190.  In Hinsicht der Zeitrechnung treten wir der Ansicht Muratoris in den Annalen bei.: allein die Bürger schlugen alle Angriffe zurück, und einzelne zeichneten sich hiebei so 231 {1174} aus, daß ihre Namen mit Recht auf die Nachwelt gekommen sind. Ein Priester Johannes stürzte sich zur Zeit des hochgehenden Meeres in die Fluthen, schwamm, unzählige Geschosse nicht achtend, zum venetianischen Hauptschiffe, schnitt dessen Anker ab und brachte es dadurch in solche Gefahr, daß die Besatzung den größten Theil der Ladung ins Wasser werfen mußte. Samura, eine Wittwe, drang die Schwäche ihres Geschlechts vergessend, mit Schwert und Fackel bewaffnet, bis zu den feindlichen Belagerungswerkzeugen und steckte sie in BrandSaracini notizie d'Ancona.  Antonio Costanzo di Fano Mscr. nelle Bibl. Vatic. No. 3630.

Nach diesen Erfahrungen zog sich der Erzbischof etwas zurück, überzeugt, es müsse, weil so viele Einwohner der Umgegend in die Stadt geflüchtet waren, bald Mangel an Lebensmitteln entstehen. Und in der That schickte man aus diesem Grunde Bevollmächtigte an ihn ab, welche zugleich seine Geldliebe und seine Milde in Anspruch nehmen und die Aufhebung der Belagerung auswirken sollten. Er gab ihnen zur Antwort: »eine Löwinn, welche in einem großen Walde von Jägern und Hunden verfolgt ward, that ihnen großen Schaden und brachte mehre ums Leben. Endlich gelang es, sie in einer Höhle einzusperren, und sie bot, vom Hunger aufs äußerste geschwächt, für ihre Freiheit, – die Klaue des einen Fußes! Rathet ihr, daß der Jäger dies Erbieten annehme?« – Die Gesandten erwiederten: »Herr Erzbischof, wir rathen dazu, wenn sie auch noch den Ohrzipfel geben will: denn der, welcher so an beiden Enden festgreift, gewinnt leicht die Herrschaft über den ganzen Körper. Erlaubt uns aber, euch noch ein anderes Gleichniß vorzulegen: ein Vogelfänger stellte sein Netz auf und konnte sieben Tauben fangen, welche herzuflogen. Demungeachtet wollte er das Netz erst zuziehen, wenn auch alle andere Vögel, die auf den Bäumen umhersaßen, herbeigekommen seyn würden. Da flogen plötzlich einige Falken {1174}vorüber, verscheuchten die Tauben wie die anderen Vögel, und der Vogelsteller, – fing nichts.« – Dem Erzbischofe mißfiel diese Fortsetzung seines Gleichnisses und er beharrte darauf, Ankona müsse sich auf Gnade und Ungnade ergeben. Spoleto und Mailand erinnerten aber noch so lebhaft an die Folgen einer solchen Übergabe, daß man sich hartnäckig vertheidigte, bis eine genaue Untersuchung ergab: die Lebensmittel würden nur noch für wenige Tage reichen. Schweigend und rathlos vernahmen die Bürger dies traurige Ergebniß; da stand endlich ein fast hundertjähriger Greis auf und sprach: »wundert euch nicht, daß ich, dem Rande des Grabes so nahe, vor allen andern reden will. Ich suche weder Ämter, die am Schlusse des Lebens nur lästig sind, ohne neue Würde zu geben; noch buhle ich um eure Gunst, deren ich nicht mehr bedarf; noch treibt mich, dessen Gedanken auf eine andere Welt gerichtet sind, die Eitelkeit bewundert zu werden. Wohl aber schmerzt und betrübt es mich innigst, daß ich, aus diesem Leben scheidend, mein Vaterland in so unglücklicher und hoffnungsloser Lage zurücklassen soll. Hört also, was ich zu eurem Besten vortragen will. Vor siebenunddreißig Jahren belagerte Kaiser Lothar diese Stadt mit großer Macht; aber der Rath, dessen Mitglied auch ich war, widerstand weisen Rathschlägen folgend aufs äußerste und der Kaiser, welcher sich schon der sichern Eroberung freute, mußte beschämt abziehn. Vor und nach ihm haben andere dasselbe, immerdar vergeblich unternommen. Sollte nun das was Kaisern und Königen mißlang, einem, seines Amtes nicht einmal würdigen Erzbischofe gelingen? Gebt keinen falschen Hoffnungen Raum: denn ich weiß, daß zwischen Deutschen und Italienern liebreiche Einigkeit unmöglich ist. Vertraut keinen Verträgen, sondern gedenket der Mailänder, welche sieben Jahre unüberwunden aller Gewalt widerstanden und dann an einem Tage, durch einen Vertrag, um Vaterland, Güter und Freiheit betrogen wurden. Eßt lieber Gras und Kräuter, als daß ihr euch in solche Sklaverei begebet; versucht auf jede 233 {1174} Weise, sowohl Lebensmittel als Kriegsbeistand von außen zu erhalten: mißlingt aber beides, dann werft all eure Besitzthümer ins Meer, stärkt euch durch die letzte Nahrung und sterbt tapfer kämpfend als Männer.«

Diese Rede erneute den Muth, und das Versprechen des griechischen GesandtenVita Alex. 457.  Nicetas Manuel VI, 131.: daß sein Heer dereinst alle außerordentlichen Ausgaben ersetzen werde, erleichterte die Anleihen. Mit vielem Gelde und großen Sicherheiten versehen, entkamen drei angesehene Männer auf einem Kahne durch die venetianische Flotte und bewogen die mächtige Gräfinn Aldruda von BertinoroSie war aus dem Hause Frangipani.  Mitarelli III, 330., daß sie die Bewaffnung aller kriegsfähigen Mannschaft in ihrem Gebiete erlaubte, während Wilhelm Marcheselli, ein Edler aus Ferrara, zu ähnlichen Zwecken dienstwillig nach der Lombardei eilte. Schon hatte dieser mit den Angeworbenen auf der Rückkehr die Gegend von Ravenna erreicht, als ihm sein eigener Verwandter, Peter Traversario, den Weg versperrte und erklärte: »ich bin ein treuer Lehnsmann des Reiches und ein Freund Kanzler Christians; also werde ich nie verstatten, daß du Söldner gegen ihn nach Ankona führest.« Nach langem Verhandeln kamen endlich beide Theile überein: sie wollten ihre Mannschaft entlassen und die Stadt wo möglich durch Vermittelung erretten. Dieser Abrede gemäß zerstreuten sich die Begleiter Traversarios; Wilhelm Marcheselli hingegen sagte den seinen bei der Entlassung: »sie möchten als kluge Männer selbst überlegen, ob er sie von ihrem früheren Eide entbinden könnte und was in diesem Augenblicke für sie schicklich wäre.« Kaum hatte er sich hierauf entfernt, als sein Bruder Adelard, diese Worte nach Wunsch deutend, fortfuhr: »mein Bruder ist weder Papst noch Bischof, und kann keine Eide lösen. Wir haben geschworen Ankona zu befreien, wenn kein offenbares Hinderniß einträte, und wir wollen es daher versuchen, im Vertrauen auf unser Glück 234 {1174} und Gottes Beistand.« Zu spät sah Traversario ein, daß ihn Wilhelm getäuscht hatte; er konnte die Vereinigung dieser Heeresabtheilung mit der Mannschaft der Gräfinn von Bertinoro nicht mehr hintertreiben.

Unterdeß war aber die Hungersnoth in Ankona aufs höchste gestiegen: ein Eselskopf kostete drei Goldstücke und manche mußten sich viele Tage lang bloß von Mäusen, Seegras und gekochtem Leder ernähren; Mütter öffneten ihre Adern, um mit dem Blute Speisen für ihre Kinder zu bereiten, und Säuglinge starben in den Armen der abgezehrten Mütter! Da traten endlich die meisten Weiber zusammen und sprachen zu den Bürgern: »ist denn das Fleisch der Esel eine schmackhaftere Speise, als unser Fleisch? Eßt uns, oder werft uns ins Meer! Denn wir wollen lieber sterben, als in die Gewalt derjenigen kommen, welche kein Recht kennen und kein Mitleid!« Fast gleichzeitig liefen Briefe der drei abgeschickten Männer ein, welche zur Übergabe riethen, weil die Lombarden keine Mannschaft zu stellen wagten und die Gräfinn von Bertinoro ihrem Versprechen untreu geworden sey. Trotz dieser gränzenlosen Noth beschloß man noch den nächsten Tag auszuharren, und diese Standhaftigkeit trug großen Lohn: denn statt jener vom Erzbischofe listig untergeschobenen Briefe kamen ächte Trostbriefe an, und in der Nacht zündeten die, zum Entsatze Herbeieilenden ringsum auf allen Höhen eine solche Menge von Lichtern und Fackeln an, daß der, hiedurch über die Zahl der Feinde getäuschte Erzbischof seine Mannschaft eng zusammenzog, und jenen dadurch die Möglichkeit eröffnete, sich mit vielen Lebensmitteln in die Stadt zu werfen. Dies Ereigniß, die ungesunde Witterung und die Schwierigkeit mit den venetianischen Schiffen so spät im Jahre länger den Hafen zu sperrenEin Theil des Heeres war während der Belagerung von Ankona, beim Papste Guido in Lukka.  Cod. Bibl. Taurin. II, 313., brachten den Erzbischof dahin, daß er im Oktober 1174 die Belagerung aufhob. In wie weit zu 235 {1174} diesem Beschlusse große Geschenke der Ankonitaner mitwirkten, ist zweifelhaft; gewiß dagegen, daß ihre Freude überschwänglich und ihr Ruhm denen ein Sporn wurde, welche im obern Italien durch ähnliche Gefahren bedrängt wurden.

Der Kaiser, welchem der Widerstand und Ungehorsam Italiens in dem Maaße unerträglicher und strafbarer erscheinen mußte, als ihm in Deutschland so viel zur Aufrechthaltung der Ordnung und des Gehorsams gelang, zog im Herbste des Jahres 1174, nach den größten und umfassendsten Vorbereitungen zum vierten Male über die Alpen. Als er mit seinem Heere den Berg Cenis hinabstieg, erklärten sich Turin und mehre andere freiwillig für ihn; Asti wurde nach kurzem Widerstande genommen, Susa hingegen niedergebranntSusa niedergebrannt den 28sten September 1174.  Radulph. Mediol. 1192.  Romuald. 212.  Memor. Regiens 1075.  Chronogr. Saxo.  Aquic. auctar., weil es (uneingedenk daß des Kaisers Person im Unglücke nicht minder heilig ist, als im Glück) vor sieben Jahren verrätherische Mordplane gegen ihn entworfen hatte.

Von Susa wandte sich Friedrich, um den Ausgang des Monats Oktober, gen Alexandrien und hoffte die, ihm zum Trotz erbaute StadtZum Spott Alessandria della paglia genannt.  Guil. Neubrig. II, 17.  Alberic. 357.  Der Markgraf von Montferrat hatte die Eroberung als leicht dargestellt.  Godofr. monach.  Chron. mont. sereni.  Dodechin.  Weingart. monach. 793.  Ferrero II, 50.  Siloense chron. 86.  Johann. de Mussis. um so leichter zu erobern, da ihre Befestigung noch neu und unvollkommen war, und manche Herren und Städte (so z. B. Pavia und der Markgraf von Montferrat) sich ihm wieder anschlossen und baldige Stellung von Hülfsmannschaft versprachenGiulini 391, 454.. Allein herbstliche Regengüsse verderbten die Wege so sehr, daß sie nicht zur rechten Zeit eintreffen konnte, Überschwemmungen der Flüsse schützten die Stadt und an die Stelle der Furcht, 236 {1174} welche anfangs von Übergabe sprechen ließ, trat itzt unter Anführung des Podesta Rudolf Concesi ein solcher Muth und eine solche Entschlossenheit, daß weder Schrecken, noch Versprechungen, noch Schmeicheleien auf die Einwohner wirkten. – Nicht mindere Ausdauer bewies der Kaiser, indem er ungeachtet der Winterkälte, des Mangels an Lebensmitteln und des Entweichens von vielen Soldaten, die Belagerung nicht aufhob. Alle Mittel der Kunst, der List und der Tapferkeit wurden gegenseitig angewandt um den Sieg herbeizuführen. Ein Bürger Galiaudo OllaraGhilini 4, 5. gab z. B. seiner Kuh so viel als sie irgend fressen konnte, und trieb sie dann vor das Thor, damit sie den Kaiserlichen in die Hände fiele. Sie wurde geschlachtet und das viele Getreide das man in ihrem Leibe fand, veranlaßte den irrigen Glauben, als seyen noch sehr große Vorräthe von Lebensmitteln in der Stadt vorhanden. In dankbarer Erinnerung dieser nützlichen List errichtete man später dem Ollara eine Bildsäule. – Selten waren jedoch die angewandten Mittel so heiterer Art; öfter steigerte man sie wechselseitig bis zu solcher Grausamkeit, daß nicht einmal die Gefangenen ihr Leben retteten. Zwei derselben ließ der Kaiser eines Tages als Verräther und Aufrührer blendenAlex. vita 466.. Den dritten jüngern befragte er vorher über den Grund seiner Empörung und dieser antwortete: »ich kämpfte nicht gegen dich und das Reich, sondern gehorchte den Befehlen meines Herrn in der Stadt, so wie ich ihm gehorcht haben würde, wenn er in deinem Lager gewesen wäre. Auch geblendet will ich ihm noch treu bleiben.« Friedrich achtete diesen edlen Sinn, und ließ den Jüngling ungestraft zurückkehren.

Während dieser Ereignisse blieben die Lombarden nicht unthätig: sie bewilligten Geld zur Unterstützung von Alexandrien und sammelten ein Heer. Die Anführer dieses, zur Erhaltung der Unabhängigkeit bestimmten Heeres waren 237 {1175} Ezelin der Mönch und Anselm von DovaraVerci Eccl. I, 228, 236, 241., zwei Männer deren Söhne (ein denkwürdiger Beweis des Wechsels aller irdischen Dinge) den lombardischen Städten mehr Übles zufügten und sie grausamer behandelten, als alle deutsche Kaiser zusammen genommen.

Sobald Friedrich, dem es nicht gelang Alexandrien im Laufe des Winters einzunehmen, von der Annäherung neuer Feinde Nachricht bekam, erkannte er die Gefahr eingeschlossen zu werden und ordnete sogleichDaß der Kaiser einen feierlichen Waffenstillstand geschlossen und dann gebrochen habe, wie Ottobonus 352 behauptet, verwirft selbst Sigonius z. d. J., am letzten Donnerstag vor Ostern, einen allgemeinen Sturm auf die Stadt. An diesem heiligen Tage hatten die Bürger durchaus keinen Angriff erwartet und wurden deshalb überrascht; doch wandten sie sich mit großem Eifer zur Vertheidigung der Mauern und Thürme. In diesem Augenblicke hörte man aber neues Angstgeschrei: denn der Boden auf dem Markte öffnete sich und aus gegrabenen Hohlwegen stiegen kaiserliche Krieger hervor. So kühn dies Unternehmen, so unerwartet diese zweite Gefahr auch erschien, die Bürger verloren Muth und Gegenwart des Geistes nicht, sondern kämpften nach beiden Seiten mit preiswürdiger Beharrlichkeit. Da stürzte, ihnen zum Glück, der Hohlweg zusammen, die Eingedrungenen wurden übermannt und der Sturm auf die Mauern abgeschlagen.

Dem Kaiser blieb itzt nichts übrig als sein Lager in Brand zu stecken und dem lombardischen Heere entgegen zu ziehenInschrift zum Andenken des Abzuges von Friedrich I in der Hauptkirche von Alexandrien.  Stolbergs Reise I, 295.; beide Theile vermieden aber aus wichtigen Gründen die Gefahr einer entscheidenden Schlacht, während unverdächtige, friedlich gesinnte Männer allen nachdrücklich vorstellten: »welcher Wahnsinn könne größer, welches Unheil 238 {1175} schrecklicher seyn, als wenn der Herr den Untergebenen, der Untergebene den Herrn seines Rechtes mit Gewalt zu berauben suche.« Der Kaiser gab, von derselben Überzeugung durchdrungen, zur Antwort: »er sey bereit, unbeschadet der Rechte des Reiches, das schiedsrichterliche Urtheil guter Männer anzunehmen;« und die Lombarden erklärten hierauf dasselbe, mit Vorbehalt ihrer Freiheit und des Rechtes der römischen Kirche. Auf den Grund dieser Äußerungen veranstaltete man eine Zusammenkunft, wo sich die Lombarden demüthig und der Kaiser herablassend zeigte, und schloß endlich am 15ten April 1175 im Lager von Montebello folgenden Vertrag: »es soll Waffenstillstand seyn zwischen dem Kaiser und allen Lombarden. Jede Partei erwählt drei Schiedsrichter, zu welchen, sofern sie sich in gewissen Fällen nicht einigen können, die Bürgermeister von Cremona als Obmänner hinzutreten.« – Die Schiedsrichter wurden sogleich erwählt und man hoffte mit solcher Zuversicht auf den Frieden, daß die Lombarden in ihre Städte zurückkehrten und der Kaiser einen Theil seines Heeres entließ.

Noch allgemeiner war die Freude des Volkes, als in Pavia auch die Unterhandlungen zwischen Friedrich und Alexander wieder angeknüpft wurden. Denn obgleich dieser vor den unruhigen Einwohnern wieder aus Rom hatte entweichen müssen, gehorchte ihm doch der größte Theil der christlichen Welt, und er stand in so engen Verbindungen mit den Lombarden, daß diese ohne seine Zustimmung keinen Frieden abschließen wollten. Um deswillen, und weil er des Kirchenstreites nicht minder überdrüssig war, als der städtischen Fehde, empfing Friedrich die päpstlichen Gesandten aufs ehrenvollste, begrüßte sie den Hut abnehmend aufs freundlichste, und gab seinen eifrigen Wunsch einer Aussöhnung zu erkennen. Allein Humbald AllucingoloDer nachmalige Papst Lucius III.  Maroni 82., Kardinalbischof von Ostia und Velletri, nahm hierauf keine Rücksicht, sondern rechnete ihm, ungeschickt und unzeitig, alle 239 {1175} seine Vergehen seit dem Anfange der Kirchenspaltung vor und versicherte: er und die übrigen Gesandten könnten ihn, seiner Sünden wegen, nicht wieder begrüßen. Der Kaiser ließ sich hiedurch keineswegs in Zorn oder aus der Fassung bringen, vielmehr begannen umständliche Verhandlungen zwischen dem Reichskanzler Philipp von Köln und den Abgeordneten Alexanders. Gleichzeitig legten die Lombarden ihre Forderungen darSavioli zu 1175.  Giulini 461.Murat. antiq. IV, 271 setzt irrig diese Forderungen erst auf 1177.: »Aussöhnung mit den Städten und der Kirche, Rückgabe der Gefangenen, Verzeihung alles Geschehenen, freie Wahl ihrer Obrigkeiten, Bestätigung aller konsularischen Rechtssprüche, Herstellung der Weltlichen und Geistlichen in ihre verlornen Besitzungen, Erlaubniß Städte zu befestigen, Burgen anzulegen und gemeinsam zu widerstehen, sobald der Kaiser die Friedensbedingungen nicht halte. Überhaupt müsse er sich mit dem begnügen, was man beim Tode Heinrichs IV gezahlt und geleistet habe, und alle widersprechende Gesetze und Beleihungen vernichten. Ihm stehe also nur zu: Unterhalt und ausreichender Markt auf dem friedlichen Römerzuge, und Stellung von Hülfsmannen durch diejenigen, welche wirklich Lehne besäßen.« – Während die Lombarden hiemit eigentlich eine völlige Aufhebung der ronkalischen Gesetze verlangten, ging der Kaiser von dem Gesichtspunkte aus: daß man sie in allem wesentlichen erhalten und nur Maaßregeln treffen müsse die, bei ihrer Anwendung etwa eingeschlichenen Mißbräuche hinwegzuschaffen. Der Papst endlich behielt nicht bloß die lombardischen Angelegenheiten im Auge; sondern stellte, zum Mißvergnügen beider Theile, natürlich die Anordnung der kirchlichen Verhältnisse als das Wichtigste in den Vordergrund. Kein Wunder also, daß die vermittelnden Cremoneser für ihre Bemühungen keinen Dank ärnteten und wechselseitige Beschuldigungen hervortraten: jede Partei habe mehr verlangt, als je früher von einem Kaiser, oder einem Papste, 240 {1175} oder von Städten bewilligt sey. Die Überzeugung von der Wahrheit dieser Behauptung und der Rechtmäßigkeit aller Ansprüche, beruhte theils auf den verschiedenen Grundsätzen über die Gränze der weltlichen und geistlichen Gewalt; theils darauf, daß jeder seine geschichtlichen Beweise von einem andern Zeitraume hernahm. Kein Theil wollte etwas aufgeben, ehe er alles gewagt habe; und überdies hielten die Lombarden den Kaiser nach Entlassung seines Heeres für ohnmächtig, während diesem neue Hoffnung entstandOttobonus. Bonon. Hist. miscella., weil Pisa, Genua und Lukka ihre Streitigkeiten itzt willig seinem Spruche unterwarfen und Christian von Mainz, trotz manchem Glückswechsel, im mittlern Italien die Oberhand behielt. Immer beruhte jedoch Friedrichs Vertrauen hauptsächlich auf deutscher Hülfe, wegen deren schneller Herbeiführung itzt Schreiben in das Reich erlassen wurden; aber wie erstaunte er über die Nachricht: der mächtigste Fürst Deutschlands, Heinrich der Löwe, sey ihm untreu und verweigere allen BeistandOtto S. Blas. c. 23.  Ursperg. chr. 310.  Burchardi vita 76.  Gobelin. 60.  Lerbeke 505.  Albert. Stad.  Luneb. chron. Leibnitz. 174.  Luneb. chr. rhythm. 55.  Bodo 505.  Anonym. Saxo 110.  Arnold. Lubec. III, 15.  Patje 107–113.  Im Ganzen stimme ich durchaus mit Böttigers Entwickelung überein und beziehe mich auf dessen Beweise; daß sich die Darstellung, nach Einsicht so verschiedenartiger Quellen, dennoch im einzelnen verschieden gestaltet, ist aber natürlich und nicht unbedingt zu tadeln.!

Zur Erklärung dieses Bruches wird, geringerer Ursachen nicht zu gedenken, hauptsächlich zweifaches angeführt: erstens, daß der Kaiser die Erbschaft Welfs für sich gewonnen; zweitens, daß er während einer Pilgerung Heinrichs nach Palästina gezeigt habeHeinrich pilgerte mit zahlreicher Begleitung im Jahre 1172 über Ungern, Konstantinopel und Akkon nach Jerusalem, ward ehrenvoll empfangen und machte den Geistlichen und Kirchen reiche Geschenke. Zurück ging er über Tarsus, Ikonium (wo ihn der Sultan sehr auszeichnete), Konstantinopel und Ungern. Das einzelne des Zuges erzählt Böttiger 279–294 umständlich und nach den Quellen., er werde, im Fall dieser sterbe, 241 {1175} gewiß manchen Theil seines Erbes als Reichsgut in Anspruch nehmen. Allerdings schmerzte jener erste Verlust den Herzog, allein er mußte ihn sich selbst beimessen und konnte, da er so sehr viel anderes Gut durch Friedrich erhielt, wohl dulden daß der Schwestersohn hier einmal dem Bruderssohne vorging. Im Falle Heinrich ferner auf der Wallfahrt, das heißt zu einer Zeit gestorben wäre wo er noch keine Söhne hatte, so übertrat der Kaiser weder Gesetz noch Herkommen, wenn er manche Besitzung als eröffnetes Reichslehn betrachtete.

Wie viel nun auch diese beiden Umstände im Stillen mögen gewirkt haben, öffentlich führte sie der Herzog nicht als Grund seiner Weigerung an: dasjenige aber was er laut aussprach, konnte dem Kaiser noch weit weniger genügen. Heinrich behauptete sein Alter mache ihn unfähig zu Feldzügen, allein er zählte erst sechsundvierzig Jahre und Friedrich war noch älter; er sprach von seiner Scheu vor dem Gebannten, und hatte ihm doch sechszehn Jahre lang, ohne irgend eine Rücksicht auf den Spruch der Kirche, beigestanden; er stellte sich besorgt vor einheimischen Feinden, obgleich seine schwächeren Nachbarn am wenigsten einen Angriff gewagt haben würden, wenn er des Kaisers Freund geblieben wäre. In Wahrheit entschieden diese zur Schau gelegten äußeren Einzelheiten weniger, als die Gesammtheit der inneren Verhältnisse. So hoch standen jetzt die Welfen, daß sie den Hohenstaufen fast das Gleichgewicht hielten; und aus der Gleichheit der Kräfte entspringt der Wunsch nach Herrschaft; aus dem Wunsche, der Kampf um die Oberherrschaft. Daher wollte Heinrich der Löwe keineswegs länger, als ein gehorsamer Reichsstand, seine Kräfte für des Kaisers Zwecke verwenden, sondern im Gefühle großer Macht ein eigenthümliches, unabhängiges Leben beginnen und seine Bahnen sich selbst vorzeichnen. Der italienischen Züge war 242 {1175} er überdrüssig; und wenn auch die Beschuldigung nicht erwiesen ist, daß er für den Abfall vom Kaiser lombardisches Geld genommen habeCorruptus pecunia suasu Jordani Truchses ab imperatore defecit. Avent. annal. VI, 6, 10., so sah er doch dessen Schwächung in diesem Augenblicke gern, um ungehindert für seine eigene Größe wirken zu können.

All diese Mißverständnisse, das hoffte der Kaiser, würden leicht durch ein mündliches Gespräch ausgeglichen werden, zu welchem Heinrich der Löwe in ChiavennaAndere setzen die Zusammenkunft nach Partenkirch, nordwestlich von Inspruck. am Comer See eintraf. Nachdem Friedrich dessen Entschuldigungen angehört und nach Kräften widerlegt hatte, fuhr er fort: »unter allen Fürsten Deutschlands hat dich Gott durch Reichthum und Macht erhöht; deshalb mußt du allen übrigen ein Vorbild seyn, damit das wankend gewordene Reich wiederum durch dich genese, so wie du es, was ich gern anerkenne, zeither vorzüglich erhalten hast. Gedenke daß ich dir nie etwas verweigerte, immerdar deine Macht und Ehre beförderte und keinen Feind gegen dich aufkommen ließ. Und du könntest jetzt zurücktreten, wo der Deutschen Ehre, des Kaisers Ruhm, der Preis meines ganzen Lebens auf dem Spiele steht? Ich will nicht von jenem Eide sprechen, den du dem Reiche geschworen hast; ich will dich nur an die heiligen Bande des Blutes erinnern, welche doch da festhalten und entscheiden sollten, wo alles andere sich gesetzlos und willkürlich löset. Itzt nur, in dieser Noth unterstütze mich, deinen Herren, Vetter und Freund, noch einmal aus allen Kräften und sey überzeugt, daß du mich künftig zu jeglichem was du verlangst, bereit und willig finden wirst.« – So sprach der Kaiser; aber der Herzog beharrte (uneingedenk all des Guten, was ihm jener in so vielen Jahren aus freier Zuneigung erwiesen hatte) bei seiner Weigerung und bot endlich für große Abtretungen in 243 {1175} Deutschland, ärmliche Geldhülfe! Dem Kaiser erschien dies Benehmen unwürdig und eigennützig: denn er verlangte, als Reichsoberhaupt, daß Heinrich den Dienst leiste als des Reiches Herzog, nicht aber mit ihm markte und feilsche wie ein, seinen Vortheil berechnender, jede Noth herzlos benutzender Kaufmann. So groß war jedoch diese Noth, so viel stand auf dem Spiele daß Friedrich, kein Mittel verschmähend, von seinem Sitze hinabstieg und flehend die Knie Heinrichs umfaßte. Dieser erschrak zwar und suchte den Kaiser aufzuheben, beharrte aber dennoch auf jener Weigerung und einer seiner Mannen, Jordanus Truchseß, hatte sogar die Kühnheit ihm zuzurufen: »Herr, die Krone die ihr zu euren Füßen gesehen habt, wird bald euer Haupt schmücken!« Ein anderer dagegen setzte ängstlich hinzu: »Herr, ich fürchte sie wird über euer Haupt emporwachsen!« Alle schwiegen itzt, unbeschreiblich bewegt über diesen beispiellosen Auftritt; da nahte die Kaiserinn würdevoll ihrem Gemahle und sprach: »lieber Herr, stehe auf, Gott wird dir Hülfe leisten, wenn du einst dieses Tages und dieses Hochmuths gedenkest.« Der Kaiser stand auf; der Herzog bestieg sein Pferd und ritt davon.

Kaum hörten die Lombarden von dieser Spaltung als sich mit ihrem Muthe auch ihre Forderungen erhöhten; Friedrich hingegen wollte, ob er gleich die Gefahr seiner Lage sehr wohl einsah, keineswegs verzagt nachgeben. Die Erzbischöfe von Köln, Trier und Magdeburg, die Bischöfe von Münster und Worms, der Graf von Flandern und viele treu gebliebene Stände nahten beim Eintritte des Frühjahrs 1176 mit vieler Mannschaft; welche abzuhalten zwar die Lombarden den Eingang Italiens bei Verona versperrt, den über Graubünden und Chiavenna zu besetzen aber versäumt hatten. Ehe sie es erwarteten, erscholl daher die KundeQuadrio Valtel. I, 213.: das deutsche Heer sey auf diesem Wege in Como angelangt 244 {1176} und der Kaiser habe sich, den Ticino aufwärts ziehend, bereits mit demselben vereinigt. Nach diesem großen Fehler seiner Gegner durfte Friedrich hoffen, daß ihm auch die zweite Hälfte seines Planes, nämlich die Vereinigung mit den zurückgebliebenen Paviensern, dem Markgrafen von Montferrat und dem Erzbischofe Christian von Mainz gelingen werdeSavioli zu 1173–1176.  Ghirardacci I, 3, 93.  Contelori Memor. 21.  Compagnoni II, 20.  Vedriani II zu 1175. Catalanus 147.. Der letzte hatte mittlerweile Spoleto, Assisi, Terni und Fermo gewonnen, S. Cassiano mit Hülfe der getreuen Imoleser zerstört und ein apulisches Heer zurückgeschlagen. Mit Recht also behaupteten die Mailänder: man müsse die Deutschen schlechterdings angreifen, ehe sie sich von ihrem mühseligen Zuge über die Alpen erholt und noch mehr in Italien verstärkt hätten. Ob nun gleich das lombardische Heer, aus Mangel an schneller und kräftiger Führung, noch nicht ganz beisammen war, so zogen doch die Bürger von Piacenza, Verona, Brescia, Novara und Vercelli dem Kaiser entgegen und schlugen ihr Lager zwischen Legnano und dem Ticino auf. Als Friedrich hievon durch Kundschafter Nachricht bekam, riethen ihm viele, er möge keine Schlacht liefern, sondern vorher durch kriegskünstlerische Bewegungen die Vereinigung mit den Paviensern und Christian von Mainz herbeiführen. Andere hingegen nannten diese Vorsicht unnöthig, unmöglich oder unwürdigUnsere Erzählung hält die Mitte zwischen den deutschen und italienischen Berichten.  Radulph. Mediol. 1192.  Otto S. Blas. 23, der die Zahl der Lombarden auf 100,000 angiebt.  Chron. mont. sereni.  Roger Hoved. 354.  Pegav. chr. contin.  Godofr. monach.  Bromton 1116.  Radulph. a Diceto imag.  Ottobonus.  Robert. de Monte etc.; ehe man aber einen letzten Beschluß gefaßt hatte, geriethen 700 zum Kundschaften ausgesandte Lombarden zwischen Busta Arsizio und Borzano schon in ein Gefecht mit 300 vorauseilenden Deutschen. Schneller als man irgend erwartete, kam das ganze kaiserliche Heer diesen zu 245 {1176} Hülfe, warf alles vor sich nieder und drang auf der Seite wo Friedrich anführte, bis zu dem feindlichen Hauptbanner. Für so völlig verloren hielten viele Lombarden die Schlacht, daß sie unaufhaltsam bis Mailand zurückflohen. In diesem Augenblicke der allerhöchsten Noth beruhte die einzige Hoffnung auf zwei mailändischen Heeresabtheilungen, welche bedeutsam die Schaaren des Hauptbanners und des Todes hießen und bis jetzt ein unbewegliches Hintertreffen gebildet hatten. Laut flehten sie zu ihren Schutzheiligen Petrus und Ambrosius, und drangen hierauf (angeführt von Albert Giussano, den man wegen seiner Größe und Stärke den Riesen nannte) mit so unwiderstehlicher Gewalt auf die Deutschen ein, daß des Kaisers Fahnenträger getödtet wardJohann. de Mussis.  Davorio 27.  Bened. Petrob. I, 154., und er selber im heldenmüthigen Kampfe mit dem Pferde zu Boden stürzte. Vergebens riefen itzt die übrigen Heerführer alle Nachsetzenden von übereiltem Verfolgen zurück, vergebens suchten sie die Weichenden aufzuhalten und zu ordnen: denn gleichzeitig brach ein, von den Brescianern gelegter Hinterhalt unerwartet hervor und die Nachricht verbreitete sich, der Kaiser sey erschlagen! Niemand dachte itzt mehr an Widerstand, jeder nur an die eigene Rettung. Aber viele wurden auf der Flucht niedergehauen, andere ertranken im Ticino, noch andere (unter ihnen Herzog Bertold von Zäringen)Savioli zu 1176.  Giulini 475. geriethen in Gefangenschaft. Das ganze Lager mit vielen Vorräthen und Geldern, des Kaisers Fahne und Schild fiel in die Hände der Sieger. Nur Friedrichs Leichnam suchte man vergeblich, obgleich niemand an seinem Tode zweifelte und selbst die Kaiserinn Wittwentrauer anlegte. Da erschien er zur höchsten Freude der seinen in Pavia, und manche Lombarden konnten selbst in diesem Augenblicke den Zweifel nicht unterdrückenIpsum, quam adepti fuerant victoriam, pro nihilo ducentes.  Chronogr. SaxoRomuald. 214.: ob wohl etwas Dauerndes gewonnen sey, da er noch lebe!

246 {1176} Friedrich war indeß besonnen genug um einzusehn, daß diese Schlacht von Legnano, gefochten am 29sten MaiDieser Tag ist der richtige.  Murat. annal.  Calendar. in Murat. script. II, 2, 1037. 1176, seine Lage sehr verändere. Denn ob er gleich alle ihm gebliebenen Freunde geschickt um sich versammelte, während die Lombarden ihren Sieg wenig verfolgten und zu Dank- und Freuden-Festen nach Hause eilten; so konnten doch nach solch einer Niederlage und Heinrichs des Löwen Abfall, die alten Plane nicht mehr im ganzen Umfange verfolgt werden: vielmehr kam es darauf an, welcher Ausweg jetzt der würdevollste und am wenigsten nachtheilige sey. Diese Überlegung führte zu dem Beschlusse: die Unterhandlungen nicht mit den aufrührerischen Lombarden, sondern zunächst mit dem Haupte der Christenheit wiederum anzuknüpfen. Der Kanzler ChristianDaß Christian der wichtigste und geschickteste unter den Abgesandten war, darf man wohl annehmen; obgleich der Gang der Ereignisse und die Erzählung sich nirgends allein auf seine Person bezieht., der Erzbischof Wichmann von Magdeburg und der Bischof Konrad von Worms eilten mit Aufträgen Friedrichs nach Anagni zum Papste: und so aufrichtig wünschten jetzt beide Theile den Frieden, daß man sich bereits nach vierzehntägiger ernster Berathung am 12ten November über alle Hauptpunkte geeinigt hatte, welche das Reich und die Kirche betrafen; während die Angelegenheiten der Lombarden und des Königs von Sicilien in Gegenwart ihrer Bevollmächtigten verhandelt, {1177} und der endliche Friede nicht ohne Beistimmung aller Theile abgeschlossen werden sollte. Obgleich dem einwilligenden Kaiser hiemit die Hoffnung genommen schien, seine Gegner durchaus zu trennen, so erschraken doch mehre StädteFür Friedrich waren noch: Cremona, Pavia, Genua, Tortona, Asti, Alba, Aqui, Turin, Ivrea, Vintimiglia, Savona, Albenga, Imola, Faenza, Ravenna, Forli, Cesena, Rimini, der Markgraf von Montferrat, der Graf von Blandrate, Lomello, Guasto, Bosco u. s. w. Im lombardischen Bunde waren: Venedig, Treviso, Padua, Vicenza, Verona, Brescia, Ferrara, Mantua, Bergamo, Lodi, Mailand, Novara, Vercelli, Alexandria, Piacenza, Parma, Reggio, Modena, Bologna, der Markgraf Malaspina u. s. w.  Dumont, Urk. 166, 171–174. über 247 {1177}diese Wendung der Sachen so sehr, daß sie, um den günstigen Augenblick nicht zu versäumen, sich auf eine vortheilhafte Weise mit Friedrich aussöhnten. Damit nun einerseits die Verhandlungen erleichtert und beschleunigt, andererseits die anscheinend wankende Standhaftigkeit der Lombarden erhöht werde, eilte Alexander mit achtzehn Kardinälen unter kaiserlichem Geleite über Venedig nach Ferrara.

Hier wurde zunächst vor den Gesandten aller Theile die Frage aufgeworfenHauptquelle ist für das Folgende Romualdi chron..  Vergleiche Otto S. Blas. c. 23.  Guil. Neubr. III, 2.  Math. Paris 92.  Godofr. mon.  Chron. fossae novae 874.  Cassin. monach.  Alberic. 359.  Robert. de Monte.  Aquic auctar.  Roger Hoved. 568.  Arnold. Lubec. III, 16.  Ursperg. chr.  Bromton 1130.  Harzheim III, 411.: an welchem Orte die Friedensversammlung ihren Sitz nehmen solle? Dem Kaiser war nämlich das früher vorgeschlagene Bologna zuwider, weil Kanzler Christian dasselbe gar lange befehdet hatte; den Lombarden hingegen war Venedig verdächtig, weil es sich oft ohne Rücksicht auf ihren Bund dem Kaiser angeschlossen hatte. Endlich erklärten sich der Papst und die sicilische GesandtschaftErzbischof Romuald von Salerno und der Großrichter Graf Roger von Andria, waren die sicilischen Gesandten.  Testa 235. ebenfalls für diese Stadt; doch mußte der Doge Ziani, ein würdiger und gemäßigter Greis, nebst zwölf Edeln feierlich beschwörenTentori saggio III, 16.: daß der Freistaat die Sicherheit aller verbürgen, und den Kaiser nicht ohne Wissen und Genehmigung des Papstes aufnehmen werde. – Nach Beseitigung dieser Vorfrage hielt Alexander eine feierliche Anrede an die lombardischen Gesandten: »durch des Kaisers Schuld sey in die, gleich Christi Mantel untheilbare Kirche, Unglück, Zwiespalt und Frevel gekommen. Endlich habe 248 {1177} er, ein alter Priester, mit Gottes wunderbarer Hülfe, dennoch die Wuth der Deutschen gebändigt und ohne Waffen des Kaisers Macht erniedrigt. Unbekümmert wegen Gefahren komme er hieher, um nach unzähligen Anstrengungen mit dem Kaiser Frieden zu schließen; doch nicht ohne die Lombarden, die Genossen seiner Sorgen und Leiden, nicht ohne Wilhelm von Sicilien, den Vertheidiger der Kirche.« Die Lombarden erwiederten: »wir freuen uns eurer Anwesenheit und daß ihr nur einen gemeinsamen Abschluß des Friedens billigt. Denn wahrlich, wir dienten zur Vormauer Italiens und kämpften nicht bloß mit Worten, sondern mit Aufopferung unserer Güter und unseres Lebens. Jeden Antrag einer einseitigen Unterhandlung lehnten wir beharrlich ab, und büßten und litten mehr für solche Treue, als ihr und die euren. Doch ist uns eine Aussöhnung mit dem Kaiser willkommen, und es soll ihm an seinen alten Rechten nichts gekränkt werden, sofern er unsere alten Freiheiten bestätigt, welche wir höher achten als das Leben!«

In VenedigDie Vermählung mit dem adriatischen Meere, entstand nicht um diese Zeit durch die Verleihung Alexanders, sondern wahrscheinlich ums Ende des zehnten Jahrhunderts unter Peter Orseolo II.  Foscarini 216., wohin sich alle nunmehr begaben, wurde dieser schwierigste Punkt, die Rechte und Pflichten der Lombarden, zuerst in Berathung gezogen und Christian von Mainz übergab ihnen, als Kanzler des Reiches, drei Vorschläge zu freier Wahl: »entweder ihre Ansprüche auf die, dem Kaiser gebührenden, aber widerrechtlich vorenthaltenen Reichseinnahmen und Gerechtsame zu erweisen; oder sich den, von bolognesischen Rechtsgelehrten in Ronkalia gethanen Aussprüchen zu unterwerfen; oder dem Kaiser das zu bewilligen, was Heinrich IV von ihnen empfangen habe.« Hierauf antwortete Gerardus Pesta, der mailändische Abgesandte, im Namen der übrigen: »ohne eine genaue und ins einzelne gehende Untersuchung läßt sich nicht entscheiden, ob und welche Städte Eingriffe in die Gerechtsame 249 {1177} des Kaisers gethan haben; doch würde es wohl keiner schwer fallen, an gehörigem Orte und zur gehörigen Zeit, vor unparteiischen Schiedsrichtern die verlangten Beweise zu führen. Was die Festsetzungen der bolognesischen Richter betrifft, so kann man sie nur als einseitige Befehle des Kaisers betrachten, und die, keineswegs aus Hartnäckigkeit in den ronkalischen Feldern Ausgebliebenen, wurden damals ungehört verdammt. Die Vorschriften Heinrichs IV endlich sind theils außer Gebrauch und unbekannt; theils kann das was von einem so tyrannischen und berüchtigten Herrscher herrührt, nicht zum Vorbilde für künftige Zeiten dienen. Hingegen erklären wir uns bereit: dem Kaiser entweder das zu leisten, was Heinrich V, Lothar und Konrad III von uns verlangten und empfingen; oder aber die, durch die Cremoneser vermittelten Bedingungen als neue Grundlage des Friedens anzuerkennen.«

Der letzte Friedensentwurf wurde herbeigebracht, von den Deutschen und Lombarden aber mehre Tage lang, heftig und ohne Erfolg, über seinen Inhalt und seine Auslegung gestritten, und endlich dem Papste eine vermittelnde Entscheidung übertragen. Dieser sah jedoch ein, daß man so verwickelte Verhältnisse nicht leicht und eilig entwirren, und das ganze Friedenswerk an einem durchgreifenden Entscheidungsversuche wohl scheitern könne; deshalb schlug er vor: es solle ein Waffenstillstand eintreten, für die Lombarden auf sechs Jahre und für das sicilische Reich auf funfzehn Jahre: binnen dieser Zeit lasse sich alles aufklären und anordnen.

Der hievon benachrichtigte Kaiser antwortete: »er dürfe halben Maaßregeln, welche so viel Unsicherheit und Stoff zu Streit übrig ließen, seinen Beifall nicht geben.« Während sich die Lombarden über diese öffentliche Weigerung freuten, schickte er Boten an den Papst, welche erklärten: »unser Herr ist nicht abgeneigt jene Vorschläge einzugehen, wenn ihr einwilligt daß eine geheime Bedingung zwei von euch ernannten Kardinälen vorgelegt werde und deren bejahender oder verneinender 250 {1177} Ausspruch für euch verbindlich sey.« Obgleich nun diese Kardinäle gewählt wurden und ihr Ausspruch für den Kaiser günstig lautete, so verweigerte Alexander dennoch seine Beistimmung, weil er selbst wissen müsse, ob dabei nicht gegen die Ehre Gottes und der Kirche gefehlt werde. Hierauf theilte man endlich dem Papste jenen geheimen Vorschlag mit: »daß Friedrich die Einkünfte der mathildischen Länder auf funfzehn Jahre (als die Zeit des sicilischen Waffenstillstandes) behalte, und auch nach Ablauf dieser Frist so lange im Besitz bleibe, als die Kirche nicht ihre Ansprüche vollständig erwiesen habe.« Alexander bewilligte dem Kaiser den Nießbrauch auf jene funfzehn Jahre; nach deren Ablauf müsse aber die Kirche sogleich in den Besitz gesetzt und der Beweis etwaniger Ansprüche dem Kaiser aufgelegt werden.

Bei solcher Verschiedenheit der Ansichten zerschlug sich dieser Plan, ja die Friedensunterhandlungen rückten überhaupt, wegen der innern Schwierigkeiten und der Entfernung Friedrichs, so langsam vorwärts, daß der Papst endlich einräumte: jener möge sich mit wenigen Begleitern nach Chioggia, funfzehn Miglien von Venedig, begeben, jedoch beschwören lassen, er werde nicht weiter vordringen. Dies geschah und päpstliche Gesandten bewillkommten ihn nicht allein in Chioggia, sondern boten ihm auch sicheren Eingang in Venedig, sobald er den Frieden mit der Kirche und den Waffenstillstand mit Sicilien und den Lombarden annehme. Friedrich aber zögerte, vielleicht weil sich seine Partei unter den Städten sehr verstärkt hatte, oder weil er den Planen seiner Freunde in Venedig vertraute. Diese stellten nämlich dem Doge mit Heftigkeit vor: »es sey unwürdig und gefährlich den Kaiser von Venedig auszuschließen und ihm einen so ungesunden, elenden und widrigen Aufenthalt, wie Chioggia, anzuweisen.« Hierauf antwortete der Doge: »er habe mit zwölf Männern geschworen den Kaiser nicht ohne des Papstes Beistimmung in Venedigs Gebiet aufzunehmen. Jene aber erwiederten: »dieser Eid erscheine als gelöset, nachdem Alexander selbst den Kaiser nach Chioggia entboten 251 {1177} habe, das zum Gebiete des Staates gehöre.« Vom Doge, welcher auf seiner Weigerung beharrte, eilten alle Unzufriedene zum Papste und weckten ihn lärmend aus dem Schlafe; allein er verlor seine Besonnenheit nicht und antwortete auf ihre stürmischen Anträge: »er werde das Weitere erst erlassen, sobald die an Friedrich gesandten Kardinäle zurückkehrten.« Durch dies feste und würdige Benehmen, durch Vorstellungen und Bitten wurden die Unzufriedenen endlich entfernt; doch fürchteten die lombardischen Gesandten so sehr einen übeln Ausgang daß sie sich zu Schiffe begaben, und bei allem äußeren Scheine der Ruhe, traf auch der Papst Vorkehrungen, nöthigen Falles auf den sicilischen Galeeren entfliehen zu können. Und wahrscheinlich wäre ihm nur dies Rettungsmittel übrig geblieben, wenn nicht die Gesandten König Wilhelms ihre Mißbilligung laut erklärt, mit strengen Maaßregeln gegen die in Apulien anwesenden Venetianer gedroht, und im Hintergrunde den Verlust des einträglichen Handels nach den normannischen Staaten gezeigt hätten. Da traten die Reichen und nicht minder die, von lebhaftem Verkehre sich nährenden Armen den Freunden des Kaisers entgegen, und man konnte ohne Widerspruch befehlen: es solle von dessen Einholung ohne Zustimmung des Papstes bei schwerer Strafe nicht mehr geredet werden.

Diese Wendung der Dinge und der lebhafte Wunsch aller ihn begleitenden Fürsten und Prälaten brachten den Kaiser dahin, daß er die vorläufig entworfenen Friedensbedingungen durch Bevollmächtigte beschwören ließDarunter ein Graf von Dietz.  Schannat Worms. Urk. 126.; worauf ihn der Papst sogleich durch einige Kardinäle nach Venedig einlud und nebst seinen Freunden vom Banne lösete. Am 24sten Junius 1177 segelte der Kaiser mit allen Prälaten, Fürsten und Edeln auf reichgeschmückten Schiffen durch die vorliegenden Inseln nach der Wunderstadt Venedig. Zur Rechten bekränzte die schöne Straße der Slavonier das in langem Bogen sich hinziehende Ufer, zur Linken erschien 252 {1177} der große Kanal, auf beiden Seiten mit Kirchen und Palästen prangend. Gerade vor sich erblickte man die Piazetta mit ihren Riesensäulen und dem Palaste des Dogen; weiterhin die prachtvolle Markuskirche, den Markusplatz und den himmelhohen Glockenthurm. Der Doge und alle Edele Venedigs empfingen den Kaiser, sofern sie ihm nicht bereits entgegengesegelt waren, an dem Ufer und führten ihn über die Piazzetta zur Markuskirche. Hier warteten seiner der Papst, die Kardinäle, die Geistlichkeit und unzähliges Volk. Sobald er den Papst erblickte, dankte er Gott mit lauter Stimme daß die heillose Spaltung nunmehr verschwinde, beugte sich dann zur Erde und erwies seinem alten Gegner alle nur herkömmliche und gebührende Ehrfurcht. Seinerseits gab ihm dieser den Kuß des FriedensDie falschen Nachrichten über Alexanders Hochmuth bei der Aussöhnung, über die Gefangenschaft des Sohnes Friedrichs, die Seeschlacht u. s. w. verdienen keine neue Widerlegung. In Hinsicht des ersten Punktes, sind die päpstlichen Schreiben die beste Quelle. Es heißt darinn: Imperator, alta voce reddente gratias et laudes altissimo, nobis, sicut summo pontifici, obedientiam et reverentiam exhibuit, et recepto a nobis pacis osculo, nos devote dextravit, et cum reverentia qua decuit et devotione usque ad altare in ecclesiam introduxit.  Dumont I, 100, Urk. 172 und Concil. XIII, 116, 186, 387 findet sich ähnliches. Vergl. Romuald. Gervas. Tilber. 942. – Olmos Schrift ist von Contelori hinreichend widerlegt, und es erscheint nur sonderbar daß zur Zeit Pius IV, im Widerspruch mit der wahren und von den kirchlichen Schriftstellern vertheidigten Ansicht, jene Irrthümer durch Gemälde im Vatikan dargestellt wurden.  Sandini vitae 385.  Selbst alle kritischen Venetianer lassen jene Behauptungen fallen, und was Daru dafür in seiner Geschichte von Venedig I, 205–208 beibringt, dürfte sich ebenfalls leicht widerlegen lassen, wenn hier der Raum dazu wäre. und ging mit ihm in die Kirche hinein. Nie sind Lob- und Dank-Gesänge mit größerer Aufrichtigkeit und Theilnahme angestimmt worden, als in diesem Augenblicke, wo sich nach so langem großartigem Kampfe die beiden ersten Männer ihrer Zeit versöhnten. Am folgenden Tage fanden noch größere 253 {1177} kirchliche Feierlichkeiten statt und der Papst selbst las die Messe. Als er nach Beendigung des Gottesdienstes hinwegreiten wollte, hielt ihm der Kaiser den Steigbügel; wogegen sich Alexander höflichst die Begleitung bis in seine entfernte Wohnung verbat. Beide sahen sich seitdem mehre Male ohne äußerliche Förmlichkeiten, wobei ernste und wichtige Gespräche zwar vorwalteten; sehr häufig aber auch munterer ScherzAlex. vita 471.  Bromton 1130. dazwischen trat, die Erinnerungen milderte und die günstigen Hoffnungen erhöhte.

Am ersten August hielt man im Palaste des Patriarchen die feierliche Schlußversammlung. Der Papst saß auf einem erhöhten Throne, zur Rechten der Kaiser, zur Linken der Erzbischof von Salerno als Stellvertreter König Wilhelms. Nachdem Alexander seine Freude über die Herstellung des Kirchenfriedens ausgesprochen, und Friedrich die Gründe seines bisherigen wohlgemeinten Widerstandes entwickelt hatte, wurde die Friedens-Urkunde vorgelesen, beschworen, und jeder etwanige Uebertreter des Vertrages gebanntViele Bischöfe, Fürsten, Obrigkeiten der Lombarden u. s. w. beschwuren den Frieden. Der Kaiser sagt bei der Bestätigung: cum imperatoria et regia majestas ad hoc in terris ordinata sit, ut per ejus operam totus orbis pacis gaudeat incremento, nos etc.  Dumont I, Urk. 165, 177.  Leibnitz prodr. Urk. 3.  Murat. antiq. Ital. IV, 285.. Das folgende ist dessen wesentlicher Inhalt: »Der Kaiser erkennt Alexandern als rechtmäßigen Papst an, leistet ihm, was seine Vorgänger den Päpsten leisteten, und hält getreuen Frieden mit der Kirche. Deren Besitzungen giebt er zurück und sorgt daß den Geistlichen ersetzt werde, was ihnen seit der Kirchenspaltung, oder um derselben willen, oder ohne ordentlichen Rechtsspruch genommen ist. Ihm verbleibt der Nießbrauch der mathildischen Güter auf funfzehn Jahre, und die hiebei gebliebenen Zweifel sollen im gütlichen Wege beseitigt werden. Es tritt eine 254 {1177} allgemeine Vergessenheit und Verzeihung für die wechselseitigen Anhänger ein, und etwa noch vorhandene alte Streitigkeiten werden durch Schiedsrichter unter Vorbehalt der Genehmigung beider Theile verglichen. Der Papst bestätigt Christian von Mainz und Philipp von Köln, und überhaupt alle, nicht durch offenbare Gewalt gegen rechtmäßige Besitzer eingedrungene Bischöfe. Konrad, der frühere Erzbischof von Mainz, erhält das Erzbisthum SalzburgKonrad ward erst später durch Kaiser und Papst dahin gebracht das Erzbisthum Salzburg anzunehmen; wobei man freilich auf die zur Wahl Berechtigten und den, bereits erwählten Albert keine Rücksicht nahm.  Lünig spicil. eccl. von Salzburg Urk. 22–23.  Reichersb. chr. zu 1167.  Gobelinus 60.. Der Gegenpapst Kalixtus entsagt seiner Würde und empfängt eine Abtei; seine Kardinäle kehren in ihre frühern Verhältnisse zurück, sofern sie dieselben nicht freiwillig aufgegeben oder durch Rechtsspruch verloren haben. Zur Erhaltung der Kirchen- und Reichs-Rechte leisten sich Kaiser und Papst wechselseitigen Beistand. Für die Lombarden tritt ein Waffenstillstand auf sechs Jahre, für das sicilische Reich auf funfzehn Jahre ein. Während dieser Zeit verlangt Friedrich von den Lombarden keinen Eid der Treue, verhängt keine Strafe wegen unterlassener Lehnsmuthung, und hält kein Gericht über vergangene Dinge. Etwa neu entstehende Streitigkeiten sollen nie durch Gewalt, sondern nur durch schiedsrichterliche Urtheile beseitigt werden. Die Kaiserinn, König Heinrich, alle Kardinäle, die römischen Edeln, die Hauptleute Kampaniens, die deutschen Fürsten, die lombardischen Obrigkeiten beschwören diesen, auch alle Nachfolger verpflichtenden Vertrag.«

In alle Welt gingen nunmehr EilbotenEpist. ad Ludov. VII, 9, 96, 97.  Dumont I, Urk. 179. den Kirchenfrieden zu verkünden, und die gesammte Christenheit dankte Gott daß man nach der Unruhe, den Fehden, den Verwüstungen so vieler Jahre sich endlich des Friedens 255 {1177} erfreuen könne und die innerlichen Zweifel ein Ende nähmen, welche, schwerer als alles andere, die Gewissen gedrückt und die Gemüther geängstigt hatten. In Zeiten wo selbst Kaiser und Papst wechselseitig hatten in der Flucht Rettung suchen müssen, welche Bürgschaft war da dem Niederen für sein beschränktes Daseyn geblieben! – Jetzt schienen bei unbefangener Betrachtung alle zu gewinnen. Wilhelm von Sicilien fand sich befriedigt, daß sein Besitz nicht geschmälert und ihm der Ruhm eines glücklichen Beschützers der Kirche zu Theil ward. Die Lombarden sahen ihre Ansprüche zwar noch nicht in urkundliches Recht verwandelt, waren aber ihren Zwecken doch näher gekommen, als je in früherer Zeit. Alexander hatte durch Klugheit, Mäßigung und standhaften Muth die Unabhängigkeit des römischen Stuhles von jeder weltlichen Macht erstritten, und vereinte die gesammte christliche Welt unter seiner Leitung. Der Kaiser gab in Kalixtus nur ein ganz unbedeutendes Werkzeug preis, während er alle seine wichtigern Freunde auf den bischöflichen und erzbischöflichen Stühlen erhielt. Er durfte hoffen bei einer neuen, ganz veränderten, Handlungsweise in Italien zuletzt nichts zu verlieren und erhielt freie Hände um in Deutschland, dem Mittelpunkte seiner Macht, nicht mehr von der Kirche gestört, sondern von ihr unterstützt seine Zwecke zu verfolgen.

Im September verließ der Kaiser VenedigRomuald.  Ottobonus 354.  Jacobi a Vorag. Chron. Ianuense 41.  Stella 986. In Pisa wurde der Kaiser mit seiner Gemahlinn feierlichst eingeholt. Die ihm dargebotenen Schlüssel der Stadt gab er mit verbindlichen Worten den Konsuln zurück.  Tronci. und kam nebst seiner Gemahlinn Beatrix und seinem Sohne Heinrich über Ravenna und Spoleto nach Tuscien, dann im Januar 1178 nach Genua; überall ward er mit den größten Ehrenbezeugungen empfangen. Von Genua eilte er über die Alpen, ließ sich und seine Gemahlinn am 256 {1178} 30sten Julius 1178 in Arles krönenRadulph. a Diceto imag. 602.  Pegav. chron. contin.  Vitae Pontif. 447.  Bosov. Annal.  Saxii Pontif.  Arelat. 263.  Murat. annali.  Ricard. monach. 44.  Schöpfl. Hist. Zaring. Bad. I, 144., ordnete auf einer Versammlung in Besançon die burgundischen Angelegenheiten, und erreichte hierauf Deutschland schneller und mächtiger, als seine Feinde erwartet hatten. 257

 


 


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