Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Achtes Hauptstück.

{1177} Als Heinrich der Löwe, welcher bei Demmin gegen die Slaven focht, von der Aussöhnung des Kaisers mit dem Papste und den Lombarden hörte, erschrak er sehr: denn nur in der Hoffnung daß Friedrich dauernd in Italien beschäftigt bliebe, hatte er gewagt sich ihm entgegen zu stellen. Baiern, Sachsen und die von den Slaven gewonnenen Länder bildeten zwar eine große Macht: aber das Haus Oesterreich und die Pfalzgrafen am Rhein waren den Hohenstaufen nahe verwandt und auch befreundet; Schwaben, Elsaß und einen Theil von Franken besaßen sie selbst; die kleineren Fürsten hingen mehr und lieber von dem Kaiser, als von dem Herzoge ab; die Erzbischöfe und Bischöfe standen seit dem Frieden von Venedig durchaus auf der Seite des ersten, und der Papst endlich konnte oder wollte um des Herzogs willen, keineswegs die eben erst hergestellte Einigkeit wiederum stören. All dieser nachtheiligen Umstände ungeachtet, verlor indeß Heinrich der Löwe den Muth nicht, sondern rüstete, und suchte Verbündete. Lange in zweideutigen Verhältnissen zum Könige von Dänemark, bat er jetzt aufrichtiger und gefälliger um dessen Beistand; aber Waldemar antwortete: »es ist immer schwer gegen den Kaiser kämpfen, es wird unmöglich, wenn auch der Himmel zürnt; deshalb gieb erst den Bischöfen Genugthuung und söhne dich mit ihnen aus, dann will ich mich mit dir verbinden.« Hierauf entgegnete der 258 {1177} Herzog: »sollte ich den Bischöfen das wieder herausgeben, worauf sie Anspruch machen, so würde ich in die größte Armuth gerathen. Mir sind die geschornen Kahlköpfe nicht so wichtig, daß ich ihrentwegen auf alles irdische Gut verzichten will, noch kümmert mich ihr Zorn mehr als meine EhreCorrosae attonsaeque cervicis homines tanti a se aestimari negabat, ut ultro opibus carere, plusque eorum irae quam gloriae suae tribuere velit. Saxo Gramm. XV, 565..« Bei so verschiedenen Ansichten versprach Waldemar, den Ausgang erwartend, nur dies: »er wolle keinem eröffnen, daß er ihm Hülfe versagt habe;« Heinrich dagegen, dieses Schweigens gewiß, ermuthigte seine Mannen durch die Aussicht auf dänischen Beistand.

Auch kam es schnell zu offener FehdeWir übergehn manches einzelne und prüfen um so weniger kleine Widersprüche, da über die Hauptsachen kein Zweifel obwaltet.  Otto S. Blas. 24.  Chron. Saxo.  Bosov. annal.  Arnold. Lubec. II, 16.  Monach. Weingart. 793; Herm. Altah zu 1180.  Corner 753.: denn der neue Bischof Ulrich von Halberstadt fiel von einer, der Erzbischof von Köln von der zweiten, der Bischof von Münster von der dritten Seite in Heinrichs Lande ein, und weder ihnen noch den weltlichen Fürsten fehlte es an Vorwänden zu diesem Verfahren. Doch glaubte Heinrich das größere Recht oder den größeren Einfluß auf seiner Seite zu haben, und verklagte seine Feinde gleich nach des Kaisers Rückkehr aus Italien {1178} auf dem Reichstage in Speier. Diese blieben jedoch mit Gegenbeschuldigungen nicht zurück und Friedrich, eingedenk der ihm angethanen Schmach und wohl unterrichtet, daß der Herzog mit Hülfe der Grafen von Zollern, von Veringen u. s. w. Unruhen in Schwaben anzuzetteln versucht hatte, war keineswegs wie ehemals ein freundlicher Vermittler, sondern ein strenger Richter, ja ein mächtiger Ankläger: »Heinrich habe die Gesetze übertreten, weder Befehle, noch bis zur Erniedrigung demüthige Bitten geachtet, das Reich und den Kaiser in der 259 {1179} größten Noth verlassen und seinen Untergang gewünscht.« Kühner sprachen nun auch die Fürsten und Bischöfe wider den Herzog, von Beleidigungen, Beeinträchtigungen, Einziehen geistlicher Güter u. dergl. Über alle diese PunkteLünig Reichsarch. pars. spec. Th. I, S. 434, Urk. 167.  Miraei op. dipl. II, S. 1165, Urk. 74.  Friedrich soll im einzelnen auch noch angeführt haben: daß Heinrich bei seinem Kreuzzuge in Konstantinopel gegen ihn gewirkt, und sich der Erhebung Heinrichs VI zum König widersetzt habe.  Bened. Petrob. I, 329. sollte sich Heinrich der Löwe in Worms rechtfertigen, aber er blieb aus; worauf Friedrich, obgleich fast allgemeiner Unterstützung gewiß, doch besonnen und gemäßigt vorschritt. Er lud ihn zum zweiten Male nach Magdeburg; und sein zweites Ausbleiben gab Veranlassung, daß sich die Zahl und die Heftigkeit der Ankläger mehrte: ja Markgraf Dietrich von Landsberg, welcher dem Herzoge vor allen feindlich gesinnt war, weil auf dessen Veranlassung die Slaven ihm die Lausitz verwüstet hatten, erbot sich die Wahrheit aller Beschwerden durch Zweikampf zu erhärten.

Jetzt hielt es Heinrich der Löwe für gerathen, des Kaisers altfreundschaftliche Gesinnungen in Anspruch zu nehmen: er bat um ein mündliches Gespräch und es ward insgeheim in Haldensleben abgehalten. Weil aber Friedrich mehr als bloße Worte und Versprechungen, weil er für erlittenen Schaden und verweigerte Dienste 5000 Mark verlangte und sich, wie es dem Kaiser gebührte, die Entscheidung der Streitigkeiten des Herzogs mit seinen Feinden vorbehielt: so wollte dieser lieber das Äußerste wagen, als sich so schweren und ungewissen Bedingungen unterwerfen. Auch die dritte Vorladung nach Goslar blieb ohne Erfolg; und nun legte der Kaiser den versammelten Fürsten die Frage vor: »was das Recht gegen den festsetze, der, in gehöriger Form dreimal geladen, zu erscheinen verweigere und das Gericht verachte?« Das Urtheil fiel dahin aus: »er sey geächtet, aller Lehne verlustig und seine Würde 260 {1179} anderen zu ertheilen.« – Gegen diesen Spruch beschwerte sich der Herzog und ließ von einigen, ihm günstig Gesinnten anführen: »er sey aus Schwaben gebürtig, und könne nur auf schwäbischem Boden gerichtet werden; so wie es überhaupt dem Kaiser nicht erlaubt sey, einen Fürsten außerhalb der Besitzungen desselben zu verurtheilen.« Hierauf ward aber entgegnet: »dieser Grundsatz widerspreche der gesunden Vernunft, der Einheit des Reiches, den Grundbegriffen von kaiserlicher Macht, dem Herkommen und dem Rechte.«Reichersb. chron.  Pegav. chron. contin.Non dubium est hoc auctoritate et ratione firmari.  Burchardi vita 78. Überdies trat ein Ritter auf und erbot sich, durch Zweikampf das an sich schon Unleugbare und Sonnenklare zu beweisen: »daß der Kaiser jeden Fürsten nach jedem Orte innerhalb seines ganzen Reiches laden und mit Zuziehung der übrigen Fürsten richten könne.« Niemand stellte sich zum Kampfe; weil aber außer den genannten Rechtstagen {1180} noch andere in Ulm, Nürnberg und Regensburg genannt werden, so scheint es als habe man, dem strengen Recht entsagend, wegen aller außerhalb Sachsens gelegenen Besitzungen Heinrichs, nach seinem Verlangen, dieselben Formen noch einmal beobachtetGemeiner Geschichte von Baiern 343.. Er stellte sich aber weder auf sächsischem, noch schwäbischem Boden. Demungeachtet zögerte der Kaiser noch immer mit Bestätigung des Urtheils: denn nach derselben war jeder milde Ausweg verschlossen, ein schwerer Krieg blieb unvermeidlich und dieser galt dem alten Freunde und Kampfgenossen. Aus diesen Gründen forderte Friedrich, gegen die Gewohnheit und wahrscheinlich unter Mißbilligung der heftigern Feinde des Herzogs, diesen zum vierten Male auf: er möge sich, wo nicht in Person, doch durch Stellvertreter verantworten. Erst als auch diese vierte Ladung ohne Erfolg blieb, wurde der Herzog mit des Kaisers Beistimmung geächtet. Verwendungen des Papstes 261 {1180} und der Könige von Frankreich und England kamen zu spät, und wurden mit triftigen Gründen abgelehnt.

Daß überhaupt zu einer Ächtung Heinrichs des Löwen hinreichende Gründe vorhanden waren, scheint außer Zweifel. Was erstens sein Verhältniß zu Friedrich anbetrifft, so durfte sich der Herzog (wenn wir ihn auch von allen Pflichten als Freund und Blutsverwandten entbinden) nicht dem Kaiser gleich stellen, sondern mußte ihn als seinen Herrn anerkennen und ehren. Dies geschah keineswegs in Chiavenna: auch wurde der unerwartete Abfall nicht entschuldigt durch eine Berufung auf die Unzweckmäßigkeit der italienischen Feldzüge, oder dadurch gerechtfertigt daß Friedrich seine Rechte überschritten habe; sondern die Weigerung von Seiten Heinrichs, ohne Bezugnahme auf Gründe der Klugheit und des Rechtes, so hingestellt wie sie seinem Gutdünken nach wohl ein unabhängiger Fürst, nicht aber ein Reichsstand aussprechen durfte. – Wenn Heinrich den Kaiser willkürlich behandelte, wie viel mehr zweitens seine schwächeren Nachbarn. So hatte er, – um aus vielen Klagen doch eine auszuheben, – VeringenAventin. annal. VI, 6, 13., eine Stadt des Bischofs von Freisingen, des Nachts überfallen, Brücken und Häuser verbrannt, die großen Salzvorräthe und alle Arbeiter nach München geschleppt, und den ganzen Salzhandel mit Gewalt dahin verlegt. – Indem der Herzog drittens den Rechtsgang verschmähte, so schied er von selber aus dem Rechts- und Reichs-Verbande aus und ward ein Reichsfeind. Der einzige, oben erzählte Einwand, welchen Heinrich gegen die Form machte, war um so irriger und des Kaisers Recht um so unbestreitbarer, da selbst das schwäbische RechtSchwäbisches Lehnrecht c. 116. vorschreibt: jeder, der ein Reichslehn besitze, müsse sich auf jedem andern Reichslehn oder der Reichsstraße zu Gericht stellen. Auch ergiebt eine Vergleichung des 262 {1180} Verfahrens gegen Heinrich den Löwen mit früheren und späteren Fällen (z. B. die Ächtung der hohenstaufischen Brüder durch Lothar, Heinrichs des Stolzen durch Konrad III, Friedrichs von Oesterreich durch Friedrich II, Ottokars durch Rudolph I u. s. w.), daß diesmal die Formen genauer als je beobachtet wurden. – Mithin bleibt viertens nur die Behauptung übrig: Heinrich der Löwe habe von dem, mit seinen Feinden besetzten, Gerichte keine Gerechtigkeit erwarten können. Allein wie sollte ein Reichsgericht anders, als mit Reichsständen besetzt werden?Wenn er dem Könige von Frankreich schrieb: rogo de nobis existimare, quod de intimo et fidelissimo amico vestro, so hätten dies die deutschen Fürsten noch eher übel auslegen können.  Cod. epist. Reg. Christinae No. 179, S. 202–210. Und wenn Heinrich in ihnen nicht mehr wie sonst Freunde, sondern Gegner erblickte, so entstand diese Veränderung gewiß nicht ohne seine eigene Schuld. Hätte er sich (was keine Gefahr brachte) wenigstens durch Stellvertreter vertheidigen lassen, so würde man auf die Klagen selbst eingegangen seyn, während er jetzt, ohne Bezug auf dieselben, schon wegen seines Ungehorsams verurtheilt werden mußte. Darum, weil er selbst von seinem Rechte nicht überzeugt war, wartete er keinen Rechtsspruch ab, sondern setzte von Anfang an seine alleinige Hoffnung auf die Macht. In seiner Seele faßte kein Vertrauen wieder Wurzel, sein Stolz verschmähte die Stellung eines Reichsstandes, und seine in Starrsinn übergehende BeharrlichkeitHenricus miro fastu contra imperatorem et totum romanum imperium sentiens, insperata velocitate et facilitate, de summo culmine honorum et temporalium bonorum cecidit.  Neuburg. chron. zu 1180. zeigte ihm die Gefahren entfernter oder unbedeutender, als sie waren.

Auch die Frist, binnen welcher sich der Herzog hätte aus der Acht ziehen können, ging unbenutzt vorüber und die wichtige Frage trat hervor: was nun mit den, ihm 263 abgesprochenen Besitzungen werden solle. Jede Acht (das können wir selbst für den gelindesten Fall annehmen) zog den Verlust aller Reichslehen nach sich; mußte sie aber durch förmlichen Krieg vollzogen werden, so gab es für den Erobernden keine andere Gränze, als die der Kraft oder der Gnade. Mithin hätte der Kaiser, sofern ihm hiezu die Kraft nicht fehlte, auch Heinrichs Allode vertheilen können. Daß er dies nicht that, beweiset wie entfernt er davon war, aus persönlichem Hasse die Erniedrigung des Herzogs weiter zu treiben, als es sein kaiserlicher Beruf erforderte. – Die richtige Ansicht, daß niemand zwei Herzogthümer besitzen solle, ließ Friedrich am Anfange seiner Regierung aus Freundschaft für Heinrich den Löwen ganz fallen. Jetzt kehrte er, durch schwere Erfahrungen belehrt, nicht bloß zu jener ersten Ansicht zurück; sondern war auch überzeugt, daß schon der Besitz eines übergroßen Herzogthumes der Reichsordnung leicht nachtheilig werde. Wenn der Kaiser, um seine höhere Stellung frei von aller Vorliebe und Parteilichkeit behaupten zu können, kein Herzogthum selbst besitzen sollte: so beruhte seine äußere Macht auf dem eigenen Gute und dem zerstreuten Reichsgute. Beides aber war selten hinreichend, sobald ein HerzogVergleiche Buch II. Seite 392. vergaß, daß er nur das Glied eines größeren Vereines sey; sobald er das große Band, welches alle Deutschen umschlang und sie dadurch zum ersten und mächtigsten Volke Europas erhob, für beschränkend und drückend hielt, und durch Vereinzelung ein höheres Daseyn zu gewinnen wähnte! – Nirgends findet sich ein Beispiel, daß Friedrich I die Rechte der Stände gekränkt hätte und ohne ihren Rath vorgeschritten wäre (wie dies zur Zeit Heinrichs III, IV und V öfter geschah); sehr natürlich aber hielt er daran fest: daß, wenn innere Überzeugung die Reichsglieder nicht zur Ehrfurcht gegen das Reichsverband antreibe, er hinreichende Macht besitzen müsse, 264 {1180} sie zu ihrer Pflicht anhalten zu können.. Hätte er jetzt, bei Gelegenheit der Ächtung Heinrichs des Löwen, seine Hausmacht in so starkem Maaße unmittelbar vermehrt, wie später die Habsburger und Luxemburger, so würde er vielleicht mancher übeln Folge vorgebeugt, damals aber den Schein des Eigennutzes erweckt, und selbst gezeigt haben: daß er an die höchste und wesentlichste Bedeutung des Kaiserthumes nicht mehr glaube, und statt geistiger Ehrfurcht und gesetzlicher Anhänglichkeit, bloße Gewalt für wirksam und entscheidend halte. – Eben so wenig gab Friedrich einem aus Vorliebe oder Furcht (wie einst Lothar Heinrich dem Stolzen) alles Heimgefallene, sondern er zerlegte, damit die Wiederkehr ähnlicher Uebel verhütet werde, die Landschaften nach Maaßgabe der Verdienste und Ansprüche in kleinere Theile. Daß jeder Empfangende die höhere Ansicht des Kaisers gefaßt oder getheilt hätte, läßt sich nicht verlangen, und noch viel weniger behaupten; in ihnen mochte Eigennutz, Neid und Haß nicht fehlen, und der nächste Gewinn, – ohne Hinsicht auf größere Folgen und Zwecke –, ihre Wünsche und ihre Thätigkeit bestimmen.

Was von Heinrichs Besitzungen unter dem Erzbisthume Köln und dem Bisthume Paderborn lag, erhielt Erzbischof Philipp mit allen herzoglichen Rechten; die Erzbischöfe und Bischöfe von Magdeburg, Bremen, Minden, Halberstadt, Hildesheim, Verden u. s. w. nahmen die dem Herzoge überlassenen Kirchenlehne zurück, und erhielten einzelnes als Zugabe; der Rest des so verkleinerten Herzogthums Sachsen wurde dem Grafen Bernhard von Anhalt (dem Sohne des Markgrafen Albrecht) gegebenAndreae et Kraft chron.  Widemann zu 1180.  Lünig Spic. eccl. von Freisingen Urk. 39.  Olenschlager Erläut. der goldenen Bulle Urk. 24.  Orig. guelf. III, 101.  Die Verleihung an Philipp von Köln und Graf Bernhard geschah in Würzburg am 13ten April 1180. Manches von den Erbgütern Welfs in Schwaben, behielt wohl der Kaiser für sich, oder seine Söhne (Patje 129.). So, nach Gemeiner Gesch. von Baiern, nach Welfs Tode den Lechrain und einen Theil von Sulzbach.. – 265 {1180} Auf ähnliche Weise verfuhr man in Baiern. Otto von Wittelsbach, welcher dem Kaiser viele Jahre sehr treu gedient hatte, erhielt das HerzogthumDaß Friedrich Baiern nicht mit Oesterreich verband, oder dem wichtigen Hause Andechs überließ, oder unter Prälaten vertheilte, erscheint sehr natürlich., jedoch nicht in dem bisherigen Umfange: denn einiges gewannen die Bischöfe und Städte, anderes schlug Friedrich zu dem von Welf erhaltenen Erbe, noch anderes kam an die Grafen von Andechs, welche sich Herzoge von Meran nanntenSchultes coburgsche Geschichte 16.  Sprenger Geschichte von Banz 215.  Meichelb. Hist. Frising. I, 1, 369. Westenrieder Beiträge VI, 69–86.  Feßmaier 335.; endlich mochte die unsichere Abhängigkeit Steiermarks von Baiern itzt ganz ein Ende nehmenWestenrieder Beiträge I, 31 leugnet die größere Zerstückelung Baierns: denn 1) die Verhältnisse der Bischöfe zu den Herzögen hätten sich allmählich geändert. 2) Das Herzogthum Kärnthen sey älter und Istrien wahrscheinlich eine kärnthische Markgrafschaft gewesen. 3) Auch in Hinsicht Steiermarks betreffe die Veränderung mehr den Namen, als die Sache. 4) Liege das Herzogthum Meran in partibus infidelium u. s. w. Wir können diese Behauptungen hier nicht im einzelnen prüfen; doch lassen sie sich bis auf einen gewissen Punkt mit den entgegenstehenden Gemeiners (Chronik 271) vereinigen, wonach Steiermark, Histerreich die im Sundgau und Nordgau gelegenen Besitzungen der Grafen von Andechs, die Markgrafschaft Vohburg und die Stadt Eger, von Baiern unabhängig wurden. Nach den scharfsinnigen Untersuchungen von Hormayrs (Werke Band III), ist Baiern keineswegs so sehr zerstückelt worden, als man gewöhnlich annimmt: denn Tirol, Istrien, Trident, Chur und Brixen gehörten nicht dazu; Steiermark war nie fortdauernd davon abhängig und der Herzogstitel in Steiermark schon vor der Ächtung Heinrichs des Löwen Gebrauch. Eben so wenig ward ein eigentliches Herzogthum Meran errichtet, und dieser Name stammt von keiner Stadt, sondern man nannte so einen Theil der dalmatischen Seeküste. (Meer-an, am Meere?).

266 {1180} So waren im wesentlichen die bezweckten und ausgesprochenen Veränderungen; aber freilich blieb das Schwerste noch übrig, – die Vollziehung des Spruches. Denn kaum hatte Heinrich von demselben Kunde erhalten, als er mit dem größten Nachdrucke den Krieg begann, Goslar die kaiserliche Stadt umlagerteHievon handeln alle oben genannte Quellen. Wir haben aber die Erzählung der einzelnen Kriegsbegebenheiten möglichst zusammengedrängt., alle Schmelzhütten in der Gegend zerstörte und verwüstend bis Nordhausen vordrang. Hierauf wandte er sich gegen das zuchtlos nahende Heer des Erzbischofs von Köln, schlug es zurück und stand, ehe Bischof Ulrich es erwartete, vor Halberstadt. Im Sturm eroberten Heinrichs Mannen diese StadtHeinrich selbst war nicht bei der Eroberung von Halberstadt. Orig. guelf. III, 95. und obgleich die Bürger ängstlich alles Feuer ausgelöscht hatten, fand doch ein Soldat noch glimmende Reste und veranlaßte einen Brand, welcher mit solcher ungeheuern Schnelligkeit um sich griff, daß man weder Häuser noch Kirchen retten konnte, über 1000 Menschen ums Leben kamen und der Bischof zwar mit Mühe den Flammen entrann, aber gefangen wurde. Der Herzog schwur, er sey an dem Unheile nicht schuld, und bewegte Ulrich durch ehrenvolle Aufnahme und vielleicht auch durch härtere Mittel zu einem Vergleiche, welchen aber sowohl der Kaiser als der Papst verwarfen.

Unterdeß war Philipp von Köln wieder herbeigezogen und belagerte Haldensleben mit den übrigen sächsischen Fürsten; aber der Graf von der Lippe vertheidigte die Stadt aufs hartnäckigste und ließ heimlich das dürre Gras und den im Moorgrunde verborgen liegenden Torf 267 {1180} anzünden. Die Flamme schlich bis zu der Gegend wo die Belagerungswerkzeuge standen, und brannte den Boden dergestalt aus, daß jene niederstürzten und selbst Feuer fingen. Theils dieses Unfalls, theils des Zwistes wegen der unter den Fürsten selbst entstand, mußte die Belagerung aufgehoben werden. Hiedurch erhielt Heinrich der Löwe freie Hände: er drang nach Thüringen vor, verbrannte NordhausenGodofr. Monach., Stederburg. chr., Erfurt. chron. S. Petrin., Histor. Langraf. Thür, Eccard. 388 erzählen dies noch zu 1180; Waldec. chron. zu 1181., besiegte den Herzog Bernhard und die Grafen Ludwig und Bernhard von Thüringen, und nahm die beiden letzten sogar gefangen. Mithin hatten seine Feinde auf keiner Seite etwas gegen ihn ausgerichtet und er kehrte ruhmbedeckt nach Braunschweig zurück. Allein dies Glück erhöhte seine trotzige Zuversicht und unter seinen Freunden entstanden Mißhelligkeiten. Graf Adolf von Holstein bat nämlich um diese Zeit: der Herzog möge ihm erlauben nach so langen beschwerlichen Feldzügen in seine Heimath zurückzukehren. Unerwartet trat aber Graf Günzel von Schwerin gegen ihn auf und behauptete: Adolf suche heimlich Gelegenheit an dem Herzoge, hasse dessen Freunde und zeige schon offenbare Widersetzlichkeit, indem er die Auslieferung der Gefangenen verweigere. Der Graf von Holstein gab zur Antwort: »meine Treue mag der Herzog selbst bezeugen und Sorge tragen, daß ich, um freudiger jede Pflicht erfüllen zu können, in seiner Gegenwart mit gebührender Achtung behandelt werde; unbewiesene Beschuldigungen achte ich gleich Lügen.« Hierauf sprach Heinrich der Löwe: »Graf Adolf hat mir zeither mit allen Kräften gedient; damit aber böses Beispiel vermieden werde, tilge er den einzigen Vorwurf und übergebe mir die Gefangenen, welche ihm in der Schlacht zu Theil wurden.« Dessen weigerte sich aber Adolf beharrlich: denn er habe viele Edle, viele Knechte und Pferde, ja fast alle 268 {1180} Güter aufgewandt und eingebüßt; verliere er nun auch die Gefangenen, so müsse er zu Fuße allein nach Hause wandern und ihm bleibe keine Hoffnung irgend eines Ersatzes. – Heinrich der Löwe nahm auf diese billigen Vorstellungen keine Rücksicht, was zu einer offenen Fehde führte, in welcher Adolf aus Holstein vertrieben und dessen Stadt Siegberg erobert wurde. Den gerechten Vorwurf, daß er undankbar gehandelt und Siegberg nur durch listigen Wortbruch eingenommen habePace falsa pollicita, dolo eam obtinuit, et quibus pacem jurari fecerat, eos captivos detinuit. Bosov. annal.  Chron. mont. sereni.  Heinrich habe seine Vasallen sehr beschwert: he leth van sinem homode und wrevel nicht.  Lüneb. chron.  Leibn. 173.  Henricus subjectas tyrannidi suae cervices inusitata dominationis saevitia atque intolerabili morum acerbitate versabat, nec hosti quam civi importunior existere consueverat.  Saxo Gramm. XV, 575.  Lüneb. chron. Eccard. 1304., hielt der Herzog bei der Größe jenes Landgewinnes für unbedeutend, und beschuldigte bald nachher auch den Grafen von Ratzeburg: er habe ihn bei Gelegenheit festlicher Lustbarkeiten ermorden wollen; und als dieser im Bewußtseyn der Schuld oder bestürzt über die ungerechte Anklage, wenig zu seiner Rechtfertigung vorbrachte, setzte er ihn mit Verletzung aller Formen gefangen und nahm seine Landschaften ebenfalls in Besitz. Bald aber sollte Heinrich erfahren, daß wer Argwohn hegt, ihn erzeugt, und daß Anhänglichkeit, welche sich auf bloße Furcht gründet, ein Ende nimmt, sobald ihr noch Furchtbareres entgegentritt.

{1181} Der Kaiser, welcher bis jetzt im Süden des Reiches besonders mit Anordnung der baierschen Angelegenheiten beschäftigt gewesen war, brach endlich im Sommer 1181 mit zahlreicher Mannschaft nach Sachsen auf und setzte allen Anhängern Heinrichs Fristen, binnen welchen sie den Reichsfeind verlassen sollten. Hiedurch wurde die Rede, als wenn ihn nur unruhige und eigennützige Nachbarn bekriegt hätten, von neuem widerlegt; und so groß war damals 269 {1181} noch die Ehrfurcht vor den Gesetzen und Friedrichs persönlicher Größe, daß Pommern und Slavien sogleich gehorchte, daß die Mannen, welche Heinrich dem Löwen von der Wiege an treu gewesen, es für ihre Pflicht hielten von ihm abzufallen, und binnen kurzer Frist viele der festesten Schlösser und Städte sich freiwillig ergaben. Haldensleben ward erobert, Braunschweig umlagertNach dem Laudun. chron. 703 lag Heinrichs Gemahlinn daselbst in Wochen und bat den Kaiser um Wein, woran sie Mangel litt. Dieser schickte ihr nicht allein das Verlangte, sondern hob auch (vielleicht weil die Burg sehr fest war) die Belagerung auf und ließ der Herzoginn sagen: quod hoc castrum ei in eleemosyna dimittebat. und schon bewegte sich das, von allen Seiten verstärkte kaiserliche Heer gegen die Elbe. Nur eine Hoffnung blieb dem Herzoge: mit Hülfe der ihm noch zu Gebote stehenden Macht das rechte Ufer dieses Stromes zu behaupten. Sobald er aber mit dem größten Theile der Besatzung von Ratzeburg hinweggezogen war, bemächtigten sich die Freunde des vertriebenen Grafen dieses Orts; sobald er sich mit Hülfsmannschaft aus Plön und Siegberg zur Wiedereroberung umwandte, traf die Nachricht ein, Bardewik sey erobertBardew.  Meibom. 52. und der Kaiser bereits über die Elbe gegangen; als er endlich mit Mühe Ertheneburg erreicht hatte und in Sicherheit zu seyn wähnte, umringten ihn plötzlich die Feinde dergestalt, daß er den Ort anzünden und auf einem Fischerkahne nach Stade entfliehen mußte. – Nur die dänische Macht hätte den Kaiser in seiner Siegesbahn aufhalten können: allein in Schonen waren über die Erhebung von Abgaben und die Besetzung von Ämtern Unruhen ausgebrochen, Waldemar hoffte im Sturze eines so nahen und mächtigen Nachbarn vielleicht Gewinn zu finden, und Friedrichs Antrag zwei seiner Söhne mit dänischen Prinzessinnen zu vermählen, wirkte auf den KönigFriedrich verlangte so großes Heirathsgut, daß nur eine Verlobung zu Stande kam.  Saxo XV, 579.  Auct. danic. No. VI in Ludwig. reliq. IX, 152.  Anon. Saxo 112.  Hemsfort bei Langebek I, 280. und noch mehr auf die, 270 {1181} eine so hohe Verwandtschaft sehr wünschende Königinn Sophie. Vor Lübeck, wo der Kaiser mittlerweile angelangt war, fand sich König Waldemar ein und nach Beseitigung einiger Schwierigkeiten kam ein Vertrag über jene Heirathen zu Stande, und die Herzoge von Pommern wurden mit dänischer Zustimmung als Reichsfürsten belehnt.

Um diese Zeit ließen die Bürger des umlagerten Lübeck dem Kaiser durch ihren Bischof vorstellen: »Heinrich dem Löwen verdanken wir das Daseyn unserer Stadt und die größten Rechte; durch ihn ist in diesen Gegenden das Christenthum begründet und das Heidenthum vertilgt worden. Deshalb müssen und wollen wir uns aufs äußerste vertheidigen, wenn er nicht in die Übergabe der Stadt willigt. Erlaube also, daß wir seine Befehle einholen.« Der Bischof, wegen seiner persönlichen Eigenschaften sonst vom Kaiser hochgehalten, fügte den Wunsch hinzu: daß sich dieser der früheren Dienste Heinrichs und seiner Verwandschaft eingedenk, milde bezeigen möge. Friedrich antwortete: »der Herzog besaß einst Lübeck durch kaiserliche Verleihung; nachdem aber alle Fürsten die Acht über ihn ausgesprochen haben, wurden seine Besitzungen mir erledigt und die Bischöfe und Fürsten erhielten das ihnen Gebührende bereits zurück. Daher ist es Unrecht und Anmaaßung, wenn die Bürger von Lübeck mir die Herrschaft vorenthalten; doch will ich, um nicht Rache statt Geduld zu üben, ihr Gesuch bewilligen. Sollten sie aber nach der Rückkehr ihrer Gesandten längern Widerstand beschließen, so wird auch die Strafe um desto härter seyn. Der Fall des Herzogs ist übrigens weder durch meine Weisheit, noch durch meine Abneigung herbeigeführt; sondern sein Hochmuth, der jeden milden Ausweg zurückwies, hat ihn gestürzt und jeder erkennt in dem Gange der Begebenheiten den Finger 271 {1180} Gottes.« – Nach kurzer Frist kehrten die Abgeordneten zurück und Lübeck, welches der Herzog unmöglich entsetzen konnte, ergab sich dem Kaiser. Daß dieser die Bürgerrechte bestätigte, ja vermehrte, machte diesen Wechsel den meisten erträglich und manchem sogar angenehmHenric. de primord. urb. Lubic. c. 7-8.  Corner 732..

Der Plan Heinrichs, sich in dem stark befestigten Stade hartnäckig zu vertheidigen, verlor seine Bedeutung, als der Kaiser gen Lüneburg zog, wo sich die Herzoginn nebst ihren Söhnen bisher behauptet hatte. In Gefahr auch diesen letzten Rest seiner Erblande zu verlieren, ließ der Herzog die Landgrafen von Thüringen frei, um ihm beim Kaiser einen günstigen Empfang auszuwirken. Wie bitter war es für Heinrich, daß er in dem, sonst allgewaltig beherrschten Lande, erst nach Bewilligung sicheren Geleites reisen durfte; daß er sich der, so lang verschmähten Entscheidung der Fürsten dennoch endlich unterwerfen mußte! Im November 1181 erschien Heinrich auf dem Reichstage zu Erfurt, warf sich vor dem Kaiser, den er in Chiavenna zu seinen Füßen gesehen hatte, demüthig nieder, umfaßte dessen Knie und erflehte seine Gnade. Solch ein Wechsel des Schicksals ergriff Friedrichs Gemüth aufs tiefste, Thränen entstürzten seinen Augen und er rief aus: »dennoch bist du das eigene Werkzeug deines Unglücks!« Einige erwarteten, mehre fürchteten daß der Erniedrigte schnell wieder zu den alten Ehren erhoben werde: allein bei aller Macht durfte der Kaiser ohne Beistimmung der dem Herzoge abgeneigten Fürsten nicht entscheiden; er durfte, bei aller Theilnahme an dessen Schicksale, einer augenblicklichen Empfindung nicht die umfassenderen Entwürfe für die Wohlfahrt und Einigkeit des Reiches aufopfern. Deshalb ging der Spruch dahin: das väterliche Erbe, Braunschweig und Lüneburg (obgleich es nach Reichs- und Kriegs-Recht auch verwirkt sey), solle dem Herzoge verbleiben; hingegen müsse er, um der sichern Erhaltung von Ordnung und Ruhe willen, sieben Jahre 272 {1181} lang das Reich meiden. Auf Bitten des Papstes, der Könige von Frankreich und EnglandDer Graf von Troyes brachte den König von Frankreich von dem Gedanken zurück, Heinrich beizustehn; auch hatte der König von England, als dessen Verwandter, weit mehr Gründe zu einer Verwendung.  Aquic. Auctar.  Godofr. mon.  Arnold. Lub. II, 36.  Gobelin 273.  Roger Hoved. 595.  Auch Slavien habe Heinrich behalten, sagt Alberic. 400. Das Heirathsgut der Herzoginn blieb unangetastet.  Bened. Petrob. I, 376. und des Grafen von Flandern setzte der Kaiser diese Verbannungsfrist auf drei Jahre herab, mußte aber den hierüber besorgten Fürsten und Prälaten nunmehr eidlich versprechen: seine Milde ohne ihre Beistimmung nicht weiter auszudehnen.

Im Frühlinge 1182 wanderte der, einst Königen gleich stehende Heinrich der Löwe mit Frau und Kindern hülflos aus; und da, wo er sonst geherrscht hatte, zeigte man ihm nicht einmal überall Mitleiden. Als er z. B. in seiner ehemaligen Stadt Bardewik Nachtlager halten wollte, verschloß man ihm die Thore und verhöhnte ihn auf höchst unwürdige Weise von den Mauern herabSie zeigten ihm den Hintern . Bardev. chron. fragm. 217.. Da schwur Heinrich: wenn ihm das Glück einst wieder günstig werde, so wolle er die Bürger von Bardewik außer Stand setzen, wieder einen Fürsten beleidigen zu können.

Bei dem Vater seiner milden und frommen Gemahlinn Mathilde, bei dem Könige von England fand er mit den seinen eine ehrenvolle AufnahmeRobert. de Monte.  Radulph. a Diceto imag. 614.  Helm. III, 2. 10. Chron. mont. ser. zu 1163. Bodo 506.. – Selbst die mächtigsten unter den neuen Inhabern seiner Länder hielten sich nun erst für gesichert, und ertheilten denjenigen Afterlehne, welche ihnen im Kriege treuen Beistand geleistet hatten.So gab Philipp von Köln dem Grafen von Waldeck Pyrmont nebst Zubehör.  Waldec. chron. 810.  Orig. guelf. III, 456.

Nach so großen entscheidenden Begebenheiten in Deutschland richteten sich die Blicke natürlich wieder auf Italien. – 273 {1177} Zwischen dem Kaiser und dem Papste (welcher sich von Venedig über Siponto und Benevent nach Anagni begeben hatte) waren einige Punkte, z. B. über die mathildischen Güter und die Grafschaft Bertinoro, zwar unentschieden gebliebenDrei Fürsten und drei Prälaten hatten sie entscheiden sollen. Alex. vita 474.Bosov. ann.  Chron. mont. sereni.  Chron. Saxo.  Saviolio II, 2, Urk. 260. Graf Hugo von Bertinoro setzte die Kirche zum Erben ein, der Kaiser verlangte aber das Land als eröffnetes Lehn.   Savioli zu 1178.  Mittarelli annal. III, 330.: allein Friedrich konnte, bei seinem damals beginnenden Kampfe mit Heinrich dem Löwen, keine Erneuung der Fehde wünschen, und noch weniger wollte der bejahrte Papst den Kirchenfrieden stören. Überdies waren die Lombarden mit diesem unzufrieden, weil er nur an seine Vortheile gedacht und für sie zu wenig erstritten habe; auch bedurfte er kaiserlichen Beistandes wider die ungehorsamen Römer und den Afterpapst Kalixtus. Durch Hülfe des vom Kaiser dazu angewiesenen Erzbischofes Christian von Mainz wurden, im Laufe des Jahres 1178, die ersten gezwungen allen Hoheitsrechten zu entsagen, und der letzte, sich vor seinem Gegner zu stellen. Des Vertrages mit dem Kaiser und nicht minder seiner eigenen Würde eingedenk, verfuhr Alexander nicht, wie einst in ähnlichem Falle Papst Kalixtus IICassin. monach. zu 1173–1180.  Romuald. Der Versuch noch einen neuen Gegenpapst aufzustellen, schlug gänzlich fehl.  Chron. fossae novae 875.  Martin Fuld. 1694. Buch II, S. 315., sondern nahm den Reuigen gnädig auf, zog ihn zu Tische und verlieh ihm eine einträgliche geistliche Stelle in Benevent.

{1179} Nunmehr berief der Papst, als anerkanntes Haupt der ganzen Christenheit, eine allgemeine Kirchenversammlung. Drei Patriarchen und an 300 ErzbischöfeMath. Paris. 95.  Alberic. 360.  Chronogr. Saxo.  Auct. incert. ap. Urstis.  Concil XIII, 412. Das Verzeichniß der Bischöfe in Martene coll. ampl. VII, 77., Bischöfe und Äbte versammelten sich im März des Jahres 1179 zu Rom, 274 {1179} und bestätigten viele heilsame Beschlüsse über die Kirchenverfassung und die Kirchenzucht, aus denen wir nur folgendes, als hieher gehörig, ausheben. Christian von Mainz und Philipp von Köln bekamen neue Pallien, und alle in Deutschland während der Spaltung erhobene Bischöfe entsagten eidlich ihren Irrthümern. Die Verfügungen der Gegenpäpste wurden aufgehoben, oder erhielten durch neuen Beitritt erst allgemeine Gültigkeit. Einzelne Bischöfe, welche ihre Stellen auf ungebührliche Weise erworben hattenWolter 54.  Arnold. Lüb. II, 22.  Corner 756., mußten darauf Verzicht leisten. Um für die Zukunft das Unheil einer zwistigen Papstwahl zu vermeiden, setzte man unter Androhung der härtesten Kirchenstrafen, fest: jeder von zwei Dritteln der Kardinäle Erhobene, ist rechtmäßiger PapstDumont I, S. 104, Urk. 185.; weniger als zwei Drittel dürfen nicht wählen, ein Drittel darf nicht widersprechen.

Zwei Jahre nach dieser Kirchenversammlung, am 30sten August 1181Also um dieselbe Zeit, wo des Kaisers zweiter Hauptgegner, Heinrich der Löwe, besiegt ward.  Chron. fossae novae 875.  Alberic. 362.  Dandolo 309.  Vitae Pontif. 475.  Memor. Regiens. 1076.  Robert. de Monte.  Baronius c. 15.  Pagi c. 2.  Bullar. roman. I, 47-49., starb Alexander III. Er war ohne Zweifel einer der größten Päpste. Seine Standhaftigkeit riß ihn nie zu leidenschaftlichen, übereilten Schritten fort, seine Demuth ließ ihn nie die Würde eines Hauptes der Christenheit vergessen, sein Stolz auf diese Würde ward im Glücke nicht zum Übermuthe, seine Feindschaft gegen den Kaiser erschien nie als gemeiner persönlicher Haß, sondern als eine Pflicht, die ihm sein erhabener Beruf auflege. Es war sehr schwierig eines solchen Papstes Nachfolger zu seyn; und der sonst tüchtige, aber bejahrte Humbald von Ostia, welchen die Kardinäle als Lucius III erhoben, gerieth bald in so schweren Streit mit den Römern, daß er nach Anagni entweichen mußte. Jene blendeten in wilder Grausamkeit 275 {1183} sechsundzwanzig Gefangene aus Tuskulum, und setzten jedem von ihnen eine pergamentne Spottkrone aufChron. fossae novae.  Guil. Nang.  Alb. Stadens.  Belg. chr. magn. 219., welche mit dem in Schmähreden eingefaßten Namen eines Kardinals bezeichnet war. Alle wurden von einem Einäugigen geführt, der die päpstliche Krone mit der Inschrift trug: »Lucius der Nichtswürdige, der Betrüger.« Alle mußten eidlich versprechen, sich dem Papste in diesem Aufzuge vorzustellen. – Gegen so arge Frevel suchte dieser zunächst Hülfe bei dem Erzbischofe Christian von Mainz, welcher des Kaisers Rechte im mittlern Italien wahrnehmen und den Frieden erhalten sollte. Dies war ihm indeß zeither keineswegs vollständig gelungen, woran theils seine Strenge und die Größe seiner Forderungen, theils der unruhige Sinn der italienischen Bürger Schuld war. Bologna und Imola, Florenz und Siena erhoben Fehde und eine Zeit lang gerieth der Erzbischof sogar selbst in GefangenschaftBonon. hist. misc. zu 1180.  Griffo zu 1179.  Malespini 80.  Markgraf Konrad von Montferrat nahm ihn gefangen.  Bened. Petrob. 322.. Nachdem er sich für eine beträchtliche Summe gelöset, und mit großer Thätigkeit ein neues Heer gesammelt hatte, besiegte er die Römer in mehren Gefechten, starb aber bald nachher, am 25sten August 1183, an einem FieberAquic. auctar.  Godofr. mon.  Trivet.  Erfurt. chron. S. Petrin.  Cassin. monarch.  Chron. Udalr. August.  Roger Hover. 622.  Gudeni cod. I, 280.  Camici zu 1180., Urk. 17, S. 96; Urk. 20, S. 99.  Die Nachrichten, daß er vergiftet worden, sind unerwiesen. Bened. Petrob. 402..

Während der Papst hiedurch von neuem der römischen Willkür ausgesetzt wurde, lag im obern Italien die wichtige Frage vor: ob man den zu Ende gehenden sechsjährigen Waffenstillstand in einen dauernden Frieden verwandeln, oder den Krieg wiederum beginnen solle. Hierüber fanden natürlich verschiedene Ansichten statt. Die Kriegslustigen 276 {1183} unter den Lombarden sprachen: »wir besiegten den Kaiser zu einer Zeit, wo er mächtig war und jede Stadt vereinzelt für sich stand; wie viel leichter werden wir ihm itzt widerstehn, wo er geschwächt, unsere Kraft aber durch einen großen Bund mehr als verdoppelt ist. Mithin wäre es thöricht, um des Friedens willen, irgend eine unserer Forderungen aufzugeben; ja wenn wir nicht hinter dem zurückbleiben wollen, was das Schicksal uns auflegt, so müssen wir den deutschen Einfluß diesseit der Alpen ein für allemal vernichten.« – Umgekehrt behaupteten die kriegerischen Anhänger des Kaisers: »er habe itzt mehr Aussicht als je, seine Forderungen durchzusetzen; denn der Papst sey versöhnt, die griechische Macht seit Emanuels Tode gesunken, der Waffenstillstand mit Wilhelm von Sicilien noch nicht abgelaufen, und die deutschen Fürsten außer Stande seinen Befehlen so zu widerstreben, wie einst Heinrich der Löwe. Vor dem Bunde der Lombarden brauche man sich endlich nicht zu fürchten, denn ihm mangele aller ächte Zusammenhang, und die Freunde des Kaisers würden sich bei der ersten Gelegenheit wiederum mächtig erheben.« – Glücklicher und nothwendiger Weise mußte jeder Kriegsgrund der einen Partei, für die andere als Friedensgrund erscheinen, wodurch sich alles zu besonnenerm Gleichgewicht hinneigte; auch traten noch andere Ursachen hinzu, welche die friedliche Ansicht verstärkten.

Erstens söhnte sich, aus Besorgniß vor der Macht des Kaisers, nicht allein Tortona, sondern selbst Alexandria mit ihm ausDer Vertrag mit Alexandrien gehört ohne Zweifel ins Jahr 1183, denn im Frieden von Konstanz steht die Stadt schon auf kaiserlicher Seite.  Murat. annal.  Nach Heinrichs VI Tode nannte sich die Stadt nicht mehr Cäsarea.  Ghilini 17.  Moriondus I, Urk. 64, 65.  Carlini 56.  Dertonense 28-30.  Die siegende kaiserliche Partei vertrieb mehre aus Alexandrien, denen der Kaiser, nach abgeschlossenem Frieden, die Rückkehr erlaubte.  Savioli zu 1183.. Alle Bürger verließen diese Stadt, und wurden dann von einem kaiserlichen Bevollmächtigten zurückgeführt, 277 {1183} und gleichsam erst in Besitz gesetzt. Sogar der Name Alexandria wurde bedeutend in Cäsarea verwandelt. Erscheinungen solcher Art zeigten freilich die gegenwärtige Schwäche des Bundes; doch sah Friedrich gewiß ein, daß Noth und Gefahr ihn am ersten wieder verstärken und erneuen dürften. – Zweitens brachte das friedliche Verhältniß zum Papste dem Kaiser für den Augenblick großen Vortheil, aber er konnte nicht darauf rechnen, daß jener eine völlige Unterjochung der Lombarden ruhig mit ansehen werde. – Drittens wagte es zwar in Deutschland kein einzelner Fürst, sich dem Kaiser zu widersetzen; allein die allgemeine Abneigung gegen italienische Feldzüge hatte auf eine, dem Kaiser sehr bemerkbare Weise zugenommen. – Viertens fürchtete König Heinrich VI, daß ihn (sofern sein schon bejahrter Vater sterben sollte) neue Fehden in eine übele Lage bringen möchten, und wurde deshalb ein beredter Vertheidiger der friedlichen Ansicht. – Fünftens endlich theilte der Kaiser, nach so vielen bittern Erfahrungen, die Überzeugung daß er, bei der Gefahr alles zu verlieren, nicht das äußerste wagen dürfe; sondern durch milde Mittel und eine veränderte Behandlung der Lombarden für seine Zwecke mehr als bisher gewinnen könne.

Aus diesen Gründen schickte Friedrich im März 1183 Bevollmächtigte nach PiacenzaCarlini 77.  Am 30sten April 1183 überreichten Bischof Wilhelm von Asti, Markgraf Heinrich Guercius, dessen Bruder und der Kämmerer Rudolf den Rektoren die unbedingte Vollmacht des Kaisers, mit ihnen zu verhandeln und abzuschließen.  Savioli II, 2, 270.  Murat. antiq. Ital. IV, 289., wo die Lombarden in Bundesangelegenheiten versammelt waren; und auch in ihnen überwog die Erinnerung an große Leiden und die Besorgniß vor der deutschen Macht, alle zu kühnen Hoffnungen. Bei so ernstlichem Wunsche nach Frieden setzten beide Theile bald jede unbillige Forderung zur Seite, und vereinigten sich vorläufig über die wesentlichen Punkte. Auf einem 278 {1183} großen Reichstage in Konstanz ward jeder Punkt von neuem geprüft, und nach manchem glücklich gehobenen Einwande am 25sten Junius 1183 der merkwürdige Friede von Konstanz abgeschlossen. Er setzte festDumont. Vol. I, S. 98, Urk. 170.  Murat. antiq. Ital. IV, 307, 478.  Galvan. Flamma 209.  Sismondi II, 237.: »alles Vergangene wird gegenseitig vergeben und vergessen. Den Städten bleiben diejenigen Rechte und Einnahmen, welche sie von Alters her besitzen. Entsteht Zwist über Gränzen und Umfang dieser bewilligten und der vom Kaiser nicht abgetretenen Rechte, so führt der Bischof nebst unparteiischen Männern hierüber die nöthige Untersuchung, doch kann sich jede Gemeine von derselben befreien, wenn sie eine jährliche Zahlung von 2000 PfundDoch zahlte Piacenza dem Kaiser 15,000 Pfund und seinen Nuntien 1000. Dieser Geldgewinn war wohl eine Hauptsache.  Savioli zu 1183. Aber freilich entstand über die Vertheilung der schuldigen Summen auf Adel, Bürger und Schutzverwandte in manchen Städten hartnäckiger Streit.  Tonduzzi 221. an die kaiserliche Kammer übernimmt. Sofern sich ergiebt daß diese Summe zu groß sey, ist der Kaiser bereit sie zu ermäßigen. Alles was den Städten, Bischöfen, Kirchen u. s. w. schon früher gegen Übernahme besonderer Lasten bewilligt ward, kommt bei dem Ermitteln des künftigen Zinses nicht noch einmal zum Ansatz; alle während des Krieges zum Nachtheil der Städte, Bischöfe u. s. w. ergangene Befehle und Verleihungen werden aufgehoben. Wo der Bischof bisher den Konsul einsetzte oder bestätigte, bleibt es auch künftig bei dieser Einrichtung; in jeder andern Stadt übt der Kaiser dies Recht selbst, oder durch Bevollmächtigte aus. Die Belehnungen geschehen unentgeltlich, und der Lehnseid wird von den Bürgermeistern und Lehnsmannen, der Bürgereid von allen Einwohnern, welche zwischen siebzehn und siebenzig Jahre alt sind, geleistet und nach zehn Jahren erneuert. Niemand verliert sein Lehn, weil er während des Krieges die 279 {1183} Belehnung nicht suchte, oder Dienste nicht leistete. Alles im Kriege mit Gewalt Entrissene wird zurückgegeben, sofern es die Schiedsrichter nicht für königliches Gut erklären. Sprüche, die sich auf bürgerliches Recht und Gewohnheit gründen, bleiben in Kraft; Entscheidungen, welche mit Rücksicht auf den Krieg erfolgten, fallen dahin. Ist der Gegenstand eines Streites zwischen einzelnen über fünfundzwanzig Pfund werth, so geht die Berufung an den, vom Kaiser innerhalb Italiens anzusetzenden Richter, und der Ausspruch soll in der Regel binnen zwei Monaten nach den städtischen Gesetzen erfolgen. Streitigkeiten zwischen dem Kaiser und einem Bundesgliede über Lehn und Gerechtsame, werden ebenfalls nach dem Gesetze und Herkommen jeder Stadt, oder jedes Bisthums, und nur wenn der Kaiser gegenwärtig ist, in seinem Gerichte entschieden. Zu den italienischen Feldzügen stellen die Lombarden Wege und Brücken her, und liefern unbetrüglich hinreichende Lebensmittel für Menschen und Thiere. Um jedoch die Last gleichmäßiger zu vertheilen, wird sich der Kaiser nicht übermäßig lange in einer Stadt aufhalten. Die Lombarden dürfen ungehindert Bündnisse schließen und ihre Städte befestigen; aber sie schwören, die itzt festgesetzten kaiserlichen Besitzungen und Rechte überall zu schützen und zu erhalten.« Auf ähnliche Weise wurden die toskanischen Städte hehandeltFioravanti 17., ob sie gleich am Frieden keinen unmittelbaren Theil hatten.

Sobald der wirkliche Abschluß des konstanzer Friedens in Italien bekannt ward, entstand die allgemeinste Freude: das größte aller Übel, innerer und äußerer Krieg, sey dadurch auf immer vertilgt, die Freiheit in der Heimath unwandelbar gesichert und eine willkürliche Behandlung für immer beseitigt. Andererseits war auch der Kaiser zufrieden: denn mäßige Bewilligungen brachten größern Gewinn, als unbedingte Ansprüche; ihm, als dem Mächtigsten, verblieb ein überwiegender Einfluß; der gefährliche Gedanke von 280 {1183} Bildung eines ganz unabhängigen lombardischen Staates fiel unerwähnt dahin, und nach Beendigung der störenden italienischen Fehden konnte er seine Thätigkeit auf manches andere dringende Geschäft verwenden.

{1182} So weigerte sich z. B. König Kanut VI von Dänemark (welcher im Mai des Jahres 1182Saxo Grammat. Buch XVI.  Arnold. Lübec. III, 1.  Corner 764.  Gebhardi I. 507. seinem Vater Waldemar I auf dem Throne gefolgt war), unter mancherlei Vorwänden, dem Kaiser persönlich einen Lehnseid zu schwören. Graf Siegfried von Orlamünde, Kanuts Schwager, erinnerte ihn hierauf in Friedrichs Namen an die Gefahr eines Krieges und bewies, wie ruhmvoll es sey, als Glied des kaiserlichen Reichshofes aufgeführt zu werden. {1183} Aber Kanut antwortete: »Dänemark läßt sich keineswegs so leicht erobern, wie Thüringen; und Unabhängigkeit aus eigener Macht ist mehr werth, als Ruhm und Ehre durch fremde Übertragung.« Der Kaiser vermied in diesem Augenblick eine offene Fehde, erweckte dem Könige aber in dem Herzoge von Pommern einen Gegner, der ihn wenigstens in so weit beschäftigte daß er nicht für seinen Schwiegervater, Heinrich den Löwen, auftreten konnte und zum Zeichen freundlicher Gesinnung dem Kaiser seine, an dessen Sohn verlobte, Schwester übersandte.

Streitigkeiten anderer Art waren zwischen dem neuen Herzoge Bernhard von Sachsen, und den Grafen von Holstein, Schwerin, Ratzeburg und der Stadt Lübeck ausgebrochen. Jener wollte nach Weise Heinrichs des Löwen streng herrschen; diese hingegen, nach dem Sturze ihres übermächtigen Feindes, unabhängig leben und nicht einmal die mildeste Oberleitung dulden. Als daher Bernhard verlangte, daß die Lübecker ihre Waaren mit Umwegen und größern Kosten bei Lauenburg über die Elbe führen sollten, und sich in ihrer Stadt Rechte anmaaßte, welche sie nur dem Kaiser einräumten; als er die, den genannten Grafen 281 {1183} bei der Theilung des Herzogthums zugefallenen Güter beschränkte: so verbanden sich alle gegen ihn, der in seinen Ansprüchen bald zu heftig und übertrieben, bald lässig und ohne Ausdauer war. Sie belagerten, eroberten und zerstörten Lauenburg. Sobald hierüber Beschwerden an den Kaiser kamen, legte er den Grafen für die Selbsthülfe eine ansehnliche Buße und die Verpflichtung auf, den Ort wieder herzustellen; dem Herzoge aber befahl er, seine Gegner nicht mehr in ihren Rechten und Besitzungen zu kränken.

Nach Beseitigung auch dieser Streitigkeiten war nunmehr Friede im Reiche, mit der Kirche und in Italien; ungestört übte Friedrich den Einfluß, welcher dem Oberhaupte eines so reich gegliederten Kaiserthumes gebührte; seine Söhne wuchsen heran, und waren mit Lehn und EigenthumAuch 1179 auf dem Reichstage in Worms hatten sie viel Lehn und Eigenthum erhalten.  Pegav. chron. cont.  Bosov. annal. bereits ohne Widerspruch reichlich versorgt, nur die Ritterwürde sollte ihnen noch ertheilt werden. Diese Veranlassung und jene glücklichen Umstände bewogen den Kaiser, nach so vielen Reichsfeldzügen und Reichstagen, nunmehr ein Reichsfest zu geben, wie es Deutschland seit Menschengedenken nicht gesehn hatte. Seiner Aufforderung gemäß versammelten sich zu Pfingsten 1184 in MainzOtto S. Blas. 26.  Arnold. Lübec. III, 9.  Anon. Saxo 112.  Wolter 54.  Chron. mont. sereni.  Bosov. annal.  Dodechin.  Chron. Udalr. August.  Notices V, 282. Prälaten und Fürsten, Äbte und Priester, Grafen und Edle. Nicht minder erschienen, höflich eingeladen oder angelockt durch den Ruf, Fremde aus Slavien, Illyrien, Frankreich, England, Italien, ja selbst aus Spanien; es wurden endlich alle Gesandte, welche damals am Hofe Friedrichs zusammentrafen, hieher geführt um seine Größe und seinen Reichthum zu bewundern. Man zählte an 40,000 RitterNach Gisleb, Mont. chr. 372, waren 70,000 Ritter gegenwärtig und manche Fürsten brachten an die tausende mit sich. Der Kaiser nahm Theil am Turniere.; 282 {1184} unzählbar dagegen war das in Schaaren herbeiströmende Volk. Weil die Stadt, wie man vorausgesehn hatte, eine solche Menge nicht fassen konnte, ward auf einer anmuthigen großen Ebene am schönen Rheine für den Kaiser schnell ein Lustschloß und daneben eine zierliche Kapelle erbaut; rings umher standen zunächst die Wohnungen der Fürsten, an Größe und Zierde wetteifernd; dann folgten in verschiedenen Farben und Gestalten weit verbreitet die Zelte der Niederen: binnen wenigen Tagen schien eine Stadt hervorgezaubert, bunter, lebendiger, als man je eine gesehen. Nicht minder hatte Friedrich dafür gesorgt, daß den Rhein aufwärts und abwärts Lebensmittel in unglaublicher Menge zusammengebracht waren; zwei große Gebäude hatte man allein mit Hühnern angefüllt. Alle Edlen, ja alles Volk ward auf Kosten des freigebigen, gesellig fröhlichen Kaisers bewirthet; und Könige, Herzöge und Markgrafen leisteten ihm Dienste als Truchsesse, Kämmerer, Marschälle und Mundschenken. Die Hoheit des Kaisers, die Herablassung der Kaiserinn, die Schönheit der Frauen, die Herrlichkeit der Ritter, die Pracht der Kleidungen, der Schmuck der Pferde, die Mannigfaltigkeit der Spiele und Gesänge, der Überfluß an Lebensmitteln und Wein, alles vereinte sich, von leiblichen Genüssen aufwärts bis zu den geistigsten Anregungen, um Lust, Freude und Bewunderung zu erzeugen. Und noch itzt müssen wir diese Bewunderung theilen: denn welch ein Herrscher ließ sich damals dem großen Kaiser, welch ein Reich dem deutschen gleichstellen? Mit der Macht vereinte sich Tugend und Sitte, und zu den Kriegshelden hatten sich Künstler und Dichter gesellt, deren heilige Bauwerke und wundervolle LiederLeicht könnte der Dichter der Nibelungen dem mainzer Festen beigewohnt haben. nach Jahrhunderten noch unübertroffen sind und einen Reichthum des gesammten Lebens, eine Höhe der Entwickelung für jene Zeiten erweisen, welche man, die Verhältnisse aus einseitigem 283 {1184} Standpunkte betrachtend, so oft geleugnet, ja unmöglich genannt hat.

Einen Augenblick lang wurde das Fest in Mainz zwar gestört, als ein furchtbarer Sturmwind die Kapelle neben der kaiserlichen Wohnung danieder warf, was einigen überdies für ein böses Anzeichen galt; aber die lustige Menge sagteDiabolus iratus, quod seditio principum per ipsum mota, in finem deteriorem non pervenisset.  Corner 772.: der Teufel will seinen ohnmächtigen Zorn auslassen, weil die Empörungen im Reiche ein so gutes Ende genommen haben.

Bedenklicher erschien ein Ereigniß ganz anderer Art. Als sich der Kaiser am ersten Pfingsttage in der Kirche niedergesetzt hatte, und alle Fürsten um ihn herum Platz nahmen, trat der Abt von Fulda hervor und verlangte nach altem Brauch den Platz zur Linken des Kaisers, dessen sich der Erzbischof Philipp von Köln mit Unrecht anmaaße. Friedrich bat: der Erzbischof möge das Verlangen bewilligen; worauf dieser antworteteThomassin. Pars III, lib. 1, c. 30, §. 19.: er wolle nachgeben, fordere aber die Erlaubniß, mit dem Platze auch die Versammlung verlassen zu dürfen. Schon ging er hinweg, und seine Lehnsmannen und Freunde, der Herzog von Brabant, der Graf von Nassau, der Pfalzgraf am Rhein und viele andere folgten ihm nach; schon fürchtete man, daß, wie in einem ähnlichen Falle zur Zeit Kaiser Heinrichs IV, großes Blutvergießen entstehen werde, – denn Philipp hatte über 4000 Begleiter mit nach Mainz gebracht –, da sprang König Heinrich auf, fiel den Erzbischof um den Hals und bat ihn inständig, die Freude dieses Tages nicht in Trauer zu verwandeln. Auch der Kaiser versicherte: er habe keine Kränkung oder Beeinträchtigung aussprechen wollen, sondern vorausgesetzt, daß der Abt zu seinem Verlangen Grund habe. Erzbischof Philipp aber entgegnete: »wahrlich, ich 284 {1184} hätte nicht geglaubt, daß ihr mir in Gegenwart der Fürsten ein so großes Unrecht anthun würdet! Seht mein Haupt an, in eurem Dienst ist es ergraut! Ich habe Noth und Gefahr, Leib und Gut nicht geschont, ja ich habe leider Seelenangst und Gewissenszweifel nicht geachtet, wo es eure und des Reiches Ehre galt. Und nun setzt ihr mich, den ersten treuesten Reichsstand, einem Abte, den Erzbischof einem Mönche nach, welcher ohne eures höhern Schutzes sicher zu seyn, schwerlich bis zu solcher Anmaaßung gekommen wäre.« – Lebhaft über diese Rede bewegt, stand der Kaiser auf und hob die Hand in die Höhe, um mit einem leiblichen Eide seine Unschuld zu beschwören: da rief aber der Erzbischof: »des Kaisers Wort gelte ihm als Eid.« Hiemit war, denn der Abt mußte zurücktreten, die Ruhe glücklich wieder hergestellt. Am folgenden Tage zeigten König Heinrich und Herzog Friedrich ihre Tüchtigkeit in allen ritterlichen Übungen, und wurden dann unter Beobachtung jeder Feierlichkeit zu Rittern geschlagenAustriac. chron.  Nach Herm. Altah. wäre auch Otto, des Kaisers Sohn, zum Ritter geschlagen worden.. – Zufriedener hatten Fürsten und Volk nie einen Reichstag verlassen, Kindern und Kindeskindern erzählte man von den unvergleichlichen Festen in Mainz, und selbst bis auf unsere Zeiten sind Lieder gekommen welche diese Zaubertage verherrlichenHeinrichs v. Veldeck Aeneis V. 8323 ff. in Müllers Sammlung Bd. 1.!

Keineswegs in so glücklichen Verhältnissen befand sich der Papst. Durch die Römer nochmals vertrieben, kam er als ein Flüchtiger nach Verona und hoffte bei dem Kaiser, welcher sich im Herbste 1184 ebenfalls dahin begab, nachdrücklichen Beistand zu finden. Auch billigte dieser die Bannung der aufrührerischen Römer, allein schon über die nächste Frage entstand ZwistArnold. Lübec. III, 10.  Cassin. monach.  Cereta zu 1183.  Belg. chron. magn. 220.  Alberic. 353.  Godofr. monach.  Griffo.  Bonon. hist. miscella.  Aquic. auctar.  Corner 772.  Concil. XIII, 647.  Pagi zu 1185, c. 1-5.. Der Kaiser verlangte nämlich, 285 {1184} daß alle, während der Kirchenspaltung von den Gegenpäpsten geweihte Geistliche ihre Würden behalten sollten; und Lucius gab seine Zustimmung, sobald in den einzelnen Fällen die Umstände gehörig aufgeklärt, und keine besondern Gegengründe vorhanden wären. Am folgenden Tage behauptete er dagegen, Sinn und Worte ändernd: »bei der Zusammenkunft in Venedig sey bestimmt worden, daß außer den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Mantua, kein auf jene Art Geweihter seine Würde behalten dürfe, und dieser Beschluß könne nur auf einer Kirchenversammlung mit Genehmigung der Kardinäle und Bischöfe abgeändert werden.« – Wahrscheinlich erhob Lucius dies Hinderniß, um die Abtretung der mathildischen Güter zu erzwingen; allein der Kaiser ward über diese Verhandlungsweise mißvergnügt, ließ die Beweise des Papstes urkundlich widerlegen, und wollte itzt um so weniger jenen einträglichen Besitz aufgeben, da er auch bei einem dritten Streitpunkte mehr Hindernisse fand, als er erwartet hatte.

Im Jahre 1183 waren, nach dem Tode des Erzbischofs Arnold von Trier, Folmar und Rudolf zwiespaltig erwählt, vom Kaiser und den Fürsten aber entschieden worden, es müsse eine neue Wahl statt finden. Zu diesem Ausspruche hielten sie sich nach den wormser Verträgen von 1122 für berechtigt und auch für verpflichtet, weil Folmar durch schlechte Künste die kleinere Partei gewonnen und mit Gewalt den Besitz ergriffen hatte. Dieser sah vorher, daß die angeordnete zweite Wahl nicht günstig ausfallen könne, und berief sich deshalb auf den Papst, welcher die Sache vor seinem Gerichte untersuchen ließ und nur die Entscheidung, nach dem Verlangen Friedrichs, bis zu dessen Ankunft verschob. Mittlerweile liefen Nachrichten aus Deutschland ein, welche den Papst noch abgeneigter machten wider Folmar 286 {1184} zu sprechen. König Heinrich der Jüngere hatte nämlich dessen Anhänger gefangen oder verjagt und ihre Güter eingezogenChron. mont. ser.  Filius imperatoris insolenter agere et res alienas diripere coepit.  Godofr. mon. zu 1135.; er war mit Philipp von Köln in heftigen Streit gerathen, weil dieser augsburgischen Kaufleuten abgenommene Waaren nicht zurückgeben wollte. Zweimal nahm der Erzbischof keine Kenntniß von der hierauf an ihm ergangenen Ladung und äußerte: »es könnten im Reiche nicht zwei Kaiser zugleich regieren und befehlen;« – und als er endlich auf die dritte Ladung in Mainz erschien, brachte er eine so zahlreiche Begleitung mit, daß er den König zu schrecken hoffte. Durch große Geschicklichkeit gewann aber Heinrich dessen Mannen, ließ sich von ihnen in der Nacht huldigen, verurtheilte nun den getäuschten Erzbischof in eine Geldstrafe und zwang ihn zu beschwören, daß er mit jenen Worten den König nicht habe beleidigen wollen.

Über diese Ereignisse hatte Philipp beschwerend an den Papst geschrieben, welcher nunmehr verlangte: daß den Geistlichen und Stiftern aller durch König Heinrich erlittene Verlust ersetzt werde, worauf aber der Kaiser erklärte: »wenn die Geistlichen von Trier des Reiches Vorrechte nicht achten, so gelten auch ihre kirchlichen Vorrechte nichts und sie sind vom Könige mit Recht gestraft worden. Da dies jedoch, was wir nicht billigenNon commendamus, et ut in pristinum statum restituantur volumus.  Gesta Trevir. bei Martene 213.  Chron. Episc. Metens. in Dachery spicil. II, 231., ohne unsere und der Fürsten Beistimmung geschehen ist, so mag die Herstellung in den vorigen Stand erfolgen.« – Als der Papst, ungeachtet dieser Erklärung, Folmarn auf dem erzbischöflichen Stuhle von Trier erhalten wollte, sagte ihm Friedrich gerade heraus: daß für diesen Fall alle Freundschaft zwischen ihnen beiden ein Ende habe. Um einen völligen Bruch zu 287 {1184} vermeiden, zögerte Lucius zwar mit dem Spruche über Trier, kränkte aber den Kaiser noch empfindlicher, indem er gegen die ihm schon erregten Hoffnungen behauptete: »er könne dem Herkommen zufolge, Heinrich den Jüngern nicht eher krönenNon esse conveniens duos imperatores praeesse Romano imperio.  Godofr. mon., als bis Friedrich die Krone niedergelegt habe.« Hiezu war dieser nicht im mindesten geneigt und sah überhaupt ein, daß der Papst seine Zwecke auf keine Weise befördern wolle; deshalb brach er die Verhandlungen in Verona ab und beschloß, die alten Verbündeten des römischen Stuhles, die Lombarden für sich zu gewinnen. Unter diesen waren, – das hatten nur zu bittere Erfahrungen gelehrt –, die Mailänder ohne Zweifel am mächtigsten und tapfersten: nach Mailand begab sich also der Kaiser und wurde bei ganz veränderten Ansichten und Zwecken ehrenvoll empfangen. Durch einen am 11ten Februar 1185 abgeschlossenen VertragGiulini 16. überließ er ihnen für einen jährlichen Zins von 300 Lire die Hoheitsrechte in größerem Umfange als bisher, versprach keinen Bund wider ihre Stadt einzugehen, und erlaubte die Herstellung von Crema. Ihrerseits gelobten die Mailänder: sie wollten ebenfalls keine Verbindung gegen den Kaiser schließen, alle ihm in Konstanz zugesprochenen Rechte erhalten helfen, und mitwirken daß er wieder in den Besitz der etwa verlornen mathildischen Güter komme. Dieser Bund mit Mailand, und die durch einen milden Lehnbrief gewonnene Freundschaft des Markgrafen von Este, setzte den Kaiser in den Stand seine Rechte anderwärts nach dem Inhalte des konstanzer Friedens geltend zu machen, Widerstand zu bestrafen, die Feinde des Papstes im Kirchenstaate zu unterstützen, und einigen ihm abgeneigten Städten TusciensPisa und Pistoja waren kaiserlich gesinnt.  Malespini 82.  Die Frage, ob Friedrich Lukka und Florenz der Gerichtsbarkeit beraubt habe, prüfen die Memor. Lucch. 197, Camici zu 1185, p. 4, Lami lezioni I, CVI. alle Herrschaft außerhalb ihrer 288 {1185} Ringmauer zu entziehen. Entscheidender jedoch als alle diese Einzelheiten, war die neue Verbindung in welche die Hohenstaufen um diese Zeit mit Neapel und Sicilien traten; weshalb die Geschichte dieses Reiches hier im Zusammenhange nachgeholt werden muß. 289

 


 


 << zurück weiter >>