Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Sechstes Hauptstück.

{1162 bis 1163} Seit der Einnahme Mailands schwieg Italien und war ruhig: aber das Schweigen entstand mehr aus Furcht als aus Zufriedenheit, und die Ruhe mehr, weil die Kräfte erschöpft als weil die Leidenschaften beschwichtigt waren. Auch hielt es um so schwerer die entgegengesetzten Ansichten des Kaisers und der Lombarden zu versöhnen, da ihre innere Verschiedenheit durch so viel äußere und neue Gründe der Entfremdung erhöht ward. Für seine Person und seiner eigensten Natur gemäß, wollte Friedrich allerdings die Gerechtigkeit; jedoch immer nur die welche ein Herrscher seinen Unterthanen zukommen läßt, keineswegs die welche zwischen Unabhängigen oder Gleichgestellten hervortritt. Und die Strenge dieser monarchischen Ansicht artete bei seinen Beamten oft in finstere Härte aus. Statt die aller Lasten Ungewohnten mit mäßigen Abgaben zu belegenJeder Freigeborne aus Mailand zahlte drei solidi imperiales, von jedem Joche Ochsen 12, von jeder Ölkelter 12 denarii.  Galvan Flamma 192.  Griffo zu 1162. Außerdem Spann- und Hand-Dienste um kaiserliche Paläste zu bauen. Giulini 317., wurden diese auf eine fast unerschwingliche Höhe gesteigert und außerdem noch dadurch doppelt unleidlich, daß man hiebei gar oft an den Verlust der Unabhängigkeit erinnerte, und wohl gar Hohn dem Verluste zugesellte. Wenn ferner Raimund von Köln die Körper der heiligen drei KönigeWie die Körper der heiligen drei Könige nach Mailand kamen: Antich. Longob. Milan. IV, Diss. 35.  Vicende 218.Alberic.  Afflig. auctar.  Acerb. Morena 1113.  Iperius 650. – Sie wurden über den Gotthard nach Lucern, Zürich u. s. w. gebracht; Lucerner Chronik 126. Justinger 2. – Nach Anton. Astes. III, 1039 wurden auch viele Handschriften nach Deutschland mitgenommen; aber er ist eine spätere Quelle. – Über die Leuchter s. Bohem. chron. Ludwig. 279.  Fiorillo Geschichte I, 115. Büschings wöch. Nachrichten., wenn der 180 {1162 bis 1163} König von Böhmen die jerusalemischen Tempelleuchter aus Mailand mitnahm: so erschien dies, – gleich den heutigen Entführungen von Kunstwerken –, als eine sich täglich erneuende, nie zu verschmerzende Einbuße. Bei solch einem Benehmen der siegenden Fürsten mochten die niederen Statthalter sich fast für berechtigt halten, ihren gemeineren Leidenschaften freien Lauf zu lassen, und die Italiener verfuhren hiebei nicht billiger als die Deutschen; wenigstens ist keiner unter jenen, der gleich den Bischöfen von Lüttich und VerdenAffò Parma II, 374. selbst den Beifall lombardischer Schriftsteller erworben hätte. Einzelne der ärgsten wurden allerdings zur Strafe fortgejagt: allein dieser Wechsel brachte zuweilen mehr Nachtheil als VortheilGiulini 337., weil die neuen sich in dem Maaße habsüchtiger zeigten, als sie noch ärmer waren.

Die, dem Kaiser von Anfang an treu gebliebenen Städte, welche er milde behandelte und denen er viel bewilligte, begnügten sich hiemit fast nie und führten, indem sie ihre Verdienste übermäßig erhoben, selbst zu der Gegenbemerkung, daß sie zuletzt nur ihre unleugbare Schuldigkeit erfüllt hätten; auch hielt mancher von den ausführenden Beamten eine verschiedene Weise der Behandlung (bei den, für alle gleich aufgestellten Gesetzen) sogar für gesetzwidrig. Auf jeden Fall erscheint es tadelnswerth, wenn die siegenden Städte, anstatt die Mäßigung zu befördern, (welche nach beendigtem Kriege bei dem Kaiser, als einem höher Gestellten hervortrat) ihn mehre Male fast zur Strenge zwangen und nach dem Gute ihrer ehemaligen Feinde mit unversöhnlicher Habgier trachteten. So ließ sich, um 181 {1162 bis 1163} wenigstens ein Beispiel anzuführen, Cremona versprechen: Friedrich werde Crema nie wieder zu Gnaden aufnehmen, nie die eingezogenen und vertheilten Güter den früheren Besitzern zurückgeben. Rainald von Köln, welchen der Kaiser mit großen Vollmachten nach Italien vorausschickte, besserte zwar im einzelnen dies und jenes, hielt sich aber im ganzen an das von den Gesetzen Vorgeschriebene und nahm, weder hier noch dort, viel höfliche, dankbare oder milde Rücksichten. Mithin blieb sowohl die siegende, als die besiegte Partei unzufrieden und insbesondere zeigte sich, selbst in den Gemäßigtern, die Theilnahme für die aus ihrer Vaterstadt vertriebenen Mailänder täglich größer und lebhafter. – So war die Lage der Dinge, so die Stimmung, als Friedrich im Herbste des Jahres 1163 ohne Heeresmacht nach Italien kam.

Unverzüglich ließ er den Mißvergnügten durch Abgeordnete aus den ihm noch anhangenden Städten verkündigen: »es wäre seine aufrichtige Absicht, alle Beschwerden vor einem mit Lombarden besetzten Gerichte zu untersuchen und abzustellen; weshalb sie sich dazu einfinden, und nicht unheilbringende Maaßregeln ergreifen möchten.« Mehre erschienen hierauf mit großen Hoffnungen: aber selten wurde man, von verschiedenen Grundsätzen ausgehend, darüber einig, was eine gerechte Beschwerde sey. Die Beamten wußten nur zu oft ihrer einseitigen Rechtfertigung das größere Gewicht zu verschaffen, und selbst in dem günstigsten Falle einer Abstellung und Bestrafung aller Ungebühr, blieben die verhaßten ronkalischen Beschlüsse, als unantastbare und anerkannte Gesetze, in ihrer vollen Kraft. Milde wie Strenge, Bewilligen wie Versagen unterlag nur zu leicht vielfachen Deutungen und Mißdeutungen. Als, um aus vielem nur einiges auszuheben, der Kaiser z. B. {1164} die Geißeln der Mailänder frei ließ, so entstand doch neuer Groll wegen der Art, wie sie vorher auf ihren Knien darum baten, oder bitten mußten; als er den Pisanern Vorrechte bewilligte, wurden die Genueser neidisch; als er Lodi 182 {1164} Gefälligkeiten erzeigte, fanden sich Cremona und Pavia zurückgesetzt; als die Bürger der letzten Stadt nicht bloß die neu erbauten Thürme und Mauern TortonasBottazzi antichità di Tortona 291.  Die Zerstörung den 16ten November 1163.  Montemerlo 28. – Der Kaiser nennt Verona, Vicenza, Padua und Venedig als seine Feinde.  Verci Eccl. III, Urk. 28., sondern (über des Kaisers Erlaubniß hinaus) auch die Häuser niederrissen, traf ihn der Vorwurf, diese Ausbrüche des Hasses aus Parteilichkeit nicht gehindert zu haben; als er die Befestigungen von Bologna zerstörte, weil die Einwohner seinen Statthalter erschlagen hatten, behauptete man: diese Strafe sey für die an einem Ungerechten vollzogene Selbstrache unangemessen und zu hart. Es war in der That ganz unmöglich alle zufrieden zu stellen, ja selbst die unbedingteste Freiheit, wenn sie der Kaiser den Lombarden bewilligt hätte, würde sich oft in arge Willkür verwandelt haben; so wie umgekehrt von den angestellten Beamten, statt des Gehorsams gegen Friedrich, nur zu oft unwürdige Knechtschaft verlangt wurde.

{1163} Wie viel günstiger war hingegen die Stellung des Papstes! Sein Joch schien leicht, weil niemand daran zweifelte, daß das Oberhaupt der Christenheit ein Recht, wo nicht auf allgemeine Herrschaft, doch auf allgemeine Einwirkung habe; die kirchlichen Abgaben betrachtete man, wenigstens oft, als einen Gewinn für die Seele, die Staatsabgaben immer als einen Verlust für das irdische Wohlleben; die Geistlichen endlich, obgleich nicht selten in Zwist mit ihren Gemeinen, hatten doch einen unauslöschlichen Charakter von Heiligkeit und Würde, welchen der Kaiser bei aller Machtvollkommenheit seinen Beamten nie aufdrücken konnte: mithin führte der natürliche Gang der Dinge die deutschen Herrscher in dem fremden Italien zu strengen, die Päpste in dem heimathlichen zu milden Maaßregeln. So lange Friedrich Viktors Einfluß aufrecht erhalten konnte, theilte er allerdings bis auf einen gewissen Punkt die Vortheile der 183 {1163} päpstlichen Stellung: allein Alexanders Ansehn wuchs, seitdem er die Könige von Frankreich und England durch einzelne Begünstigungen und durch aufrichtigen Dank so ganz gewonnen hatte, daß bei einer Zusammenkunft in ToucyRoger Hoveden 492.  Chron. Norm. 998.  Romuald. chron. 204.  Afflig. auctar.  Reichersberg. chr.  Robert. de Monte.  Epist. ad Ludov. VII, 150.  Vita Alexandri 454.  Guil. Neubrig. II, 14.  Pagi zu 1164, c. 7. Heinrich auf der einen, und Ludwig auf der anderen Seite die Zügel seines Pferdes ergriffen und es zu dem für ihn errichteten prachtvollen Zelte führten. Alle Geistlichen schlossen sich an die Könige an, und auf der Kirchenversammlung von Tours im Mai 1163 erschienen Prälaten aus England, Schottland, Irland, Spanien und Frankreich, welche den, von Alexander über Friedrich, Viktor, die Erzbischöfe von Mainz, Köln u. s. w. ausgesprochenen Bann als gültig anerkannten, und manche Zweifel in die Gemüther der entgegenstehenden Partei warfen.

So lagen die Dinge, als Viktor unerwartet am 20sten April 1164 in Lukka starbAls die Kardinäle Alexanders sich über Viktors Tod freuten, wies sie jener zurecht und sagte: Jactura animae irreparabilis est.  Bouquet XVI, 210.; – ein würdiger Mann, aber kein großer Papst –, und es erforderte die ernsteste Überlegung von Seiten Friedrichs: ob er sich jetzt mit Alexander aussöhnen, oder eine neue Wahl veranlassen solle. Jene Meinung, unbedenklich die heilsamere, unterstützte der Erzbischof Konrad von Mainz und sagte: »Gott habe den Kaiser durch Viktors Tod aus einer großen Gefahr errettet, in welche er sich nicht übereilt wieder hinein begeben möge.« Auch schickte Friedrich, hierauf eingehend, Eilboten an Rainald von Köln mit dem Befehle: nichts ohne sein Wissen in dieser höchst wichtigen Sache zu thun; aber dieser und die wenigen Kardinäle, welche fürchteten, daß Alexander sie nie wieder zu Gnaden aufnehmen werde, hatten schon zwei 184 {1164} Tage nach Viktors Tode Guido von Crema erwähltÜber Guidos Familie.  Fine I, 6., welcher den Namen Paschalis III annahm, und mit Vernachlässigung mancher herkömmlichen Gebräuche durch den Bischof von Lüttich geweiht wurde. Viele, Geistliche und Laien, die Viktor für den rechtmäßigen Papst gehalten hatten, fanden die Eile, Unregelmäßigkeit und Einseitigkeit dieser neuen Wahl sehr verwerflich, und traten, wenigstens im Stillen auf Alexanders Seite; der Kaiser hingegen (durch Krankheit und häusliches Unglück in seiner sonstigen Thätigkeit gestört) war mit dem Hergange zwar unzufriedenDer Kaiser war krank am fünftägigen Fieber und die Kaiserinn kam zu früh in Wochen. Daß jener den Kirchenfrieden herstellen wollte und Rainald es hauptsächlich verhinderte, bezeugt Johann. Sarisber.  Bouquet XVI, 210, 218, 549.  Vergl. Martin. Fuldeus. 1694.  Cassin. monach.  Godofr. monach.  Chronogr. Saxo.  Bosov. annal.  Acerbus Morena 1125.  Dandolo 289.  Nach Alberic. zu 1164 schlug der Bischof von Lüttich die päpstliche Würde aus, erhielt aber das Pallium. Er weihte Guido ohne Kardinäle und mit Vernachlässigung anderer Gebräuche.  Chron. ap. Canis. III, 261., glaubte aber, er könne, nachdem die Sache einmal so weit gediehen sey, nicht kurzweg umkehren, ohne damit sein früheres Benehmen selbst zu verwerfen. Wenn sich ferner auch nicht erwarten ließ, daß er die Anerkennung des neu Gewählten in den übrigen Reichen durchsetzen werde; so hoffte er, dem bis jetzt alles in seinen Reichen gelungen war, doch mit Zuversicht, daß er Paschalis hier aufrecht erhalten, und durch dessen nachgiebige Beistimmung zugleich weltlicher und geistlicher Herrscher seyn könne.

Mehr als alles andere entschied wahrscheinlich diese schmeichelhafte, aber täuschende Hoffnung: denn ein gleichzeitiger Kampf gegen die kirchlichen und die Freiheitsansichten eines Jahrhunderts ist auch dem Talentvollsten und Mächtigsten nie gelungen, und diesen doppelten Kampf zu kämpfen übernahm der Kaiser auf das feierlichste.

Sobald die Lombarden sahen, daß die persönliche 185 {1164} Anwesenheit Friedrichs ihren Beschwerden keineswegs ein Ende machte, ergriffen sie ungescheut hier edle, dort verwerfliche Mittel der Selbsthülfe. – In Mailand wurde Roland de Rubeis, einer der angesehensten Beamten Friedrichs, während der Mittagsruhe ermordetChron. anonym. mscr. 1707 zu 1158.  Savioli zu 1164.  Ghirardacci I, 3, 85.  Sigon. de reb. Bonon. 64.  Vicende 92.  Antich. Longob. Milan. II, 77. Wir müssen, um der Kürze willen, vieles einzelne übergehn.; in Bologna dessen Statthalter Bozzo erschlagen und sein Leichnam zum Fenster hinaus auf die Straße geworfen. Graf Paganus, der Statthalter von Padua, raubte Speronella, die Frau von Giakobino da Carrara, worüber das Volk (obgleich die Keuschheit der Geraubten kein Lob verdiente) so in Zorn gerieth, daß es den Grafen gefangen nahm und dann zwang die Stadt zu meiden. Eine ähnliche Behandlung fürchtend, verließ Arnold Barbavera das seinen Befehlen untergebene PiacenzaJohann. de Mussis.  Patavin. chron. 1119.  Gennari zu 1165., nahm aber alle Freiheitsbriefe der Stadt und den Schatz der Kirche des heiligen Antonius mit sich nach Deutschland.

Venedig, welches zwar Mailands Erniedrigung, allein keineswegs dessen Untergang gewünscht hatte und itzt Friedrichs Übermacht fürchtete, erklärte sich, aufgereizt durch den Kaiser EmanuelEmanuel war durch Ludwig VII für Alexander gestimmt worden, und des Kaisers Bemühen sich mit jenem wider die Normannen zu verbinden, hatte keinen Erfolg.  Frider I, epist. 2.  Radevic. II, 74., für Alexander III und trat in ein Vertheidigungsbündniß mit Verona, Padua, Vicenza und Treviso. Zur Auflösung desselben zog der Kaiser, da Unterhandlungen nicht zum Ziele führten, gen VeronaDie Veroneser hingen 11 Bürger auf, welche man beschuldigte, sie hätten die Stadt an Friedrich übergeben wollen.  Cereta zu 1164.  Append. ad Radev. 558.  Carli II, 553.; weil er aber die Verbündeten wider Erwarten wohl gerüstet fand und die meisten seiner, aus italienischen Städten 186 {1164} gesammelten Söldner in der Stille mehr ihren Landsleuten als ihm anhingen, so durfte er keinen entscheidenden Kampf wagen, sondern mußte zufrieden seyn, wenn er, bis zur Ankunft eines neuen deutschen Heeres, den gänzlichen Abfall Italiens durch die ihm zu Gebote stehenden Mittel hintertreiben konnte. Deshalb befestigte er mehre Schlösser, vertheilte geschickt die ihm noch treue Mannschaft, ernannte sichere Befehlshaber und obrigkeitliche Personen, und suchte an dem mächtigen Genua einen neuen Stützpunkt zu gewinnen.

Nach langen Kriegen hatten Pisa und Genua, unter Kaiser Friedrichs mächtiger Vermittelung, im Jahre 1162 Friede geschlossen und nur Sardinien, worauf beide Theile Anspruch machten, in der Art ausgenommen, daß es den Genuesern frei stehe hier zu jeder Zeit neue Fehde zu erheben. Bald aber entstand auch in anderen Ländern, wo sich pisanische und genuesische Kaufleute trafen, aus altem Grolle zuerst mancherlei Spott und Streit, hieraus in Konstantinopel eine blutige Verfolgung. Etwa tausend Pisaner unternahmen es, die geringere Zahl ihrer Gegner mit Gewalt aus der Stadt zu vertreiben: allein diese vertheidigten sich einen ganzen Tag lang mit solchem Muthe, daß am Abend ein Vergleich geschlossen ward, wonach beide Theile versprachen künftig Frieden zu halten. Dennoch erneuten die Pisaner, unterstützt von Venetianern und Griechen, am anderen Morgen den Kampf, stürmten die Waarenniederlage der Genueser, tödteten mehre und bedrängten die übrigen so sehr, daß sie all ihr Gut, darunter an 30,000 Goldstücke, preis gaben um nur das Leben zu retten. Sobald diese unglücklichen Ereignisse in Genua verkündet wurden, sandten die Konsuln einen wohlbegründeten Absagebrief nach Pisa und begannen, weil diese Stadt alle Genugthuung verweigerte, mit höchster Anstrengung und großem Erfolge den Krieg. Pisa hingegen wandte sich an Kanzler Rainald, der auch seinen Kapellan Richard, einen Mann von großer Geschicklichkeit, nach Genua sandte und 187 {1162} durch ihn die Rückgabe der Schiffe, der Gefangenen und die Einstellung aller Feindseligkeiten, bis zum Spruche des Kaisers bewirkte. Als aber die, auf gleiche Weise zur Ruhe gewiesenen Pisaner dennoch Gewalt übten, beschloß die Volksversammlung in Genua nach dem Antrage der Konsuln zum zweiten Male den Krieg, und wurde nur mit Mühe durch Kanzler Rainald beruhigt und vermocht, noch einmal dem rechtlichen Urtheile mehr zu vertrauen, als der Selbsthülfe. Die Untersuchung ward jedoch, weil Friedrich damals nach Besançon eilte, nicht vollständig beendet und nur ein Waffenstillstand bis zu seiner Wiederkunft beschworen.

Als nun jetzt, im Jahre 1164, die Prüfung erneut werden sollte, hatten sich die Umstände in mancher Hinsicht verändert. Sardinien nämlich war seit langer Zeit in vier Fürstenthümer oder GerichtsbezirkeJudicatus.  Murat. annali. eingetheilt, deren Fürsten oder Richter bald von den italienischen Freistaaten abhängig, bald unabhängig, bald in Frieden, bald im Kriege lebten. Einer derselben, Bariso von Arborea, kam zum Kaiser und bot ihm 4000 Mark Silber für die Belehnung mit der ganzen Insel. Friedrich, dessen Macht daselbst zeither unwirksam und dem die ansehnliche Geldsumme willkommen war, ersuchte zunächst die Pisaner, – an ihre zeitherige Treue und Willigkeit erinnernd –: sie möchten Bariso zum Reichshofe geleiten, dann aber mit ihren Schiffen nach Sardinien bringen und unterstützen. Jene antworteten: »Bariso ist unser alter Feind, seine Erhebung würde unsere Rechte verletzen und uns Schande bringen.« Hierauf fragte der Kaiser die genuesischen Gesandten in Gegenwart der Pisaner: »wollt und könnt ihr, gegen den Willen der Pisaner, meine Befehle ausführen?« und sie sprachen: »wir wollen und können deine Befehle gegen den Willen Pisas vollziehen.« Die Abgeordneten dieser Stadt, obgleich erschreckt über eine so unerwartete Frage und Antwort, huben itzt an: »Herr Kaiser! ihr solltet, – unbeschadet eurer 188 {1164} Ehre sey dies gesagt –, unserm unedlen DienerRusticus.  Oberti annal. 290. nicht Reich und Krone geben. Er ist unwerth so großer Würde, und wie könnt ihr fremdes Eigenthum (denn Sardinien gehört uns schon seit Innocenz II Verleihung1133 hatte Innocenz II den Pisanern die Hälfte Sardiniens für den jährlichen Zins von einem Pfunde Goldes überlassen; aber Lucius schenkte ihnen diesen Zins.  Jacob. a Voragine chron. Jan. 22.Matthaei p. 9, 255.  Mittarelli annal. III, 300.  Gattula I, 342, 343.) einem andern überlassen?« Hierauf antworteten die Genueser: »Bariso ist keineswegs geringer, sondern edler Herkunft und viele Pisaner sind seine Dienstmannen; auch hat Genua und nicht Pisa, gegründete Ansprüche auf Sardinien.« Nachdem mit eifrigen Worten hierüber noch vieles von beiden Seiten war vorgebracht worden, sprach der Kaiser zu den Pisanern: »ich erkenne euer Recht auf Sardinien nicht an, und derjenige kann nicht euer Lehnsmann seyn, den ich mit Rath des Reichshofes zum Könige erhebe.« – Dieser Entscheidung gemäß ward Bariso in Pavia von Friedrich gekröntAlberic.  Acerb. Morena 1125.  Umständlicheres bei Folieta zu 1164.  Gazano I, 406, 467., vom Bischofe von Lüttich gesalbt, und sollte nunmehr die versprochenen 4000 Mark Silber zahlen; aber er suchte mancherlei Ausflüchte und behauptete: vor der Rückkehr nach Sardinien könne er das Geld nicht zusammenbringen. Hierüber zürnte der Kaiser sehr und würde den neuen König wohl als Geißel mit sich nach Deutschland geführt haben, wenn Genua nicht, in der Hoffnung durch ihn größere Vortheile zu erhalten, jene Summe vorgeschossen hätte.

Als Friedrich nunmehr im Herbste des Jahres 1164 nach Deutschland eilte um schleunigst ein Heer zur Unterjochung Italiens zu sammeln, fand er sich in seinen Hoffnungen sehr getäuscht: denn Fehden mannigfacher Art waren in Sachsen, Westphalen, den Niederlanden, am Rhein und in Schwaben ausgebrochen; welche, bis Kriegesglück oder kaiserliches Ansehn sie beseitigte, keine Kräfte zu 189 {1164} auswärtiger Wirksamkeit übrig ließen. Herzog Heinrich von Sachsen befand sich noch in vollem Kriege gegen die Slaven. Die Bischöfe von Münster, Minden und PaderbornGobelin 60.  Martin. Minorita zu 1165. Laurish. chr. 146. bedrängten den Grafen Heinrich von Arensberg, weil er seinen Bruder in widerrechtlicher Haft hatte umkommen lassen. Der Bischof Gottfried von Utrecht behauptete, daß die Vogtei Groeningen, womit der vorige Bischof seinen Bruder beliehen hatte, als ein eröffnetes Lehn zurückfalle, weil der letzte nur eine Tochter hinterlasse: wogegen deren Mann Gottschalk, von dem Grafen von Geldern und den groeninger Bürgern unterstützt, sich mit Gewalt im Besitze erhielt. Pfalzgraf Konrad befehdete und verwüstete in Kanzler Rainalds Abwesenheit die Lande des Erzstiftes Köln und belagerte die Burg Rineck, bis treffliche Gegenanstalten ihn und den Landgrafen von Thüringen zum einstweiligen Rückzuge zwangen. Hugo, Pfalzgraf von Tübingen, ergriff drei Ritter beim Straßenraube und ließ zwei, welche seine eigenen Mannen waren, entwischen, den dritten, einen Lehnsmann Herzog Welfs, aber aufhängenWeingart. monach. 791.  Aventini annal. VI, 5, 25.  Schöpfl. Hist. Zaring. Bad. I, 140.. Hierüber entstand, weil der Pfalzgraf dem Herzoge Genugthuung verweigerte, eine Fehde, in welche allmählich die meisten Fürsten und Prälaten des südlichen Deutschlands verwickelt wurden, bis Welf am sechsten September 1164 in der Gegend von Tübingen eine große Schlacht und 900 Gefangene verlor.

Mit Schnelligkeit und großem Nachdrucke verfuhr der Kaiser, um all diesen argen Verwirrungen ein Ende zu machen. Der strafbare Graf von Arensberg mußte seine Lande von Köln zu Lehn nehmen; Gottschalk blieb erst gegen Zahlung von 300 Pfunden Silbers im Besitze der Vogtei Groeningen; Pfalzgraf Konrad und Rainald von Köln versöhnten sich, nachdem ihnen der Kaiser auf dem Reichstage in Bamberg sehr ernstlich vorgehalten hatte: »es sey die erste 190 {1164} Pflicht seines Bruders und seines Kanzlers, mit gutem Beispiel allen voranzugehen und Friede zu halten.« Pfalzgraf Hugo endlich, mußte sich vergleichen und die gemachten Gefangenen an Welf zurückgeben.

Dieser Erfolg erhöhte Friedrichs Macht und seine Hoffnung über die Lombarden obzusiegen; wogegen er vielleicht mit Alexander in Unterhandlungen getreten wäre, wenn nicht die Streitigkeiten König Heinrichs mit dem Erzbischofe Thomas Becket von Canterbury, um diese Zeit die erwünschte Aussicht eröffnet hätten, auch England für Paschalis zu gewinnen. Der König nämlich hatte Alexander zwar als Papst anerkannt, wollte aber um deswillen keineswegs allen Forderungen und Anmaaßungen der geistlichen Gewalt ruhig nachgeben, und glaubte in dem hierüber bevorstehenden Kampfe die beste Stütze zu bekommen, {1162} wenn er seinem Kanzler Thomas BecketAlle Geschichtbücher reden von Thomas Becket und dessen Streit mit dem Könige; auch ist darüber ein sehr vollständiger Briefwechsel vorhanden. das erledigte Erzbisthum Canterbury verleihe. Dieser, welcher sich zeither als einen Freund ritterlicher Übungen gezeigt, an den Feldzügen und den Vergnügungen Heinrichs Theil genommen und für dessen herzlichsten Freund gegolten hatte, war aber kaum Erzbischof und nächst dem Könige der erste Mann im Reiche geworden; so wandte er sich, seinem neuen Berufe gemäß, zu einer strengen Lebensweise, entsagte der Kanzlerwürde, aß nur Brot und geringe Speisen, trank nur Wasser und wusch täglich auf seinen Knien dreizehn Bettlern die Füße. Sich selbst dagegen wusch er sogar dann nicht, wenn Schmutz und Ungeziefer in die Sackleinewand kam, die er auf bloßem Leibe trug. Diese äußerliche Verwandlung stand mit tiefen innern Plänen in Verbindung und Becket verlangte zunächst, daß alle in weltliche Hände gekommenen Kirchengüter zurückgegeben würden. Anstatt auf diese Forderungen einzugehn, klagte der König seinerseits: daß die Kirche für Sündenbußen jetzt 191 {1162} mehr Geld von den Unterthanen erhöbe, als der Staat, und daß viele Priester und Mönche sich die ärgsten Frevel (seit dem Antritte seiner Regierung über hundert Mordthaten!) zu Schulden kommen ließen, ohne daß die geistlichen Gerichte irgend etwas Genügendes zur Abstellung und Bestrafung thäten. {1163} Deshalb legte Heinrich der hohen Geistlichkeit auf einer Versammlung die kurze und bestimmte Frage vor: »ob sie die Gesetze und Gewohnheiten des Reiches befolgen wolle, oder nicht?« worauf sie erklärte: »ja, jedoch mit Vorbehalt ihrer eigenen Rechte.« Der König aber verwarfBulaeus II, 365., weil er nichts neues verlange, jeden Vorbehalt oder Rückhalt, und der völlige Bruch schien bereits unvermeidlich, als der päpstliche Gesandte selbst den Erzbischof zur Nachgiebigkeit ermahnte, weil der Papst damals König Heinrichs Freundschaft um jeden Preis erhalten wollte. Sobald sich indeß Alexander für hinreichend befestigt hielt, trat er unverhohlen mit so vielen Ansprüchen hervor, daß Heinrich im Jahre 1164 eine Reichsversammlung der Barone und Prälaten berief und mit ihrer Beistimmung Schlüsse faßte, welche unter dem Namen der Constitutionen von Clarendon berühmt geworden sindLünig cod. diplom. II, 1895, Urk. 7.  Planek Geschichte der kirchl. Gesellschaft Band IV Abth. 1, Kap. 18.. Sie betrafen den Umfang der geistlichen Gerichtsbarkeit, die Wirksamkeit des Bannes, die Berufungen nach Rom, die Lehnspflichten der Geistlichen, die Benutzung erledigter Pfründen u. s. w., und beschränkten die damaligen Ansprüche der Kirche so sehr, daß der König für die Unabhängigkeit seines Reiches einen vollständigen Sieg davongetragen zu haben schien, als auch Thomas Becket, nach fruchtlosem Weigern, jene Beschlüsse unterschrieb. Allein der Papst genehmigte nur sechs unbedeutende Punkte, verwarf alles übrige und entband den Erzbischof erst von der verdienten Strafe, als dieser sich in Demuth für schuldig erklärte. Über dessen Wortbrüchigkeit und Undankbarkeit 192 {1164} zürnte Heinrich noch mehr, als über den Papst, zog unter leicht gefundenen Vorwänden des Ungehorsams, der Lehnsuntreue, der schlechten Amtsführung u. s. w. seine Güter ein, ängstete ihn mit mancherlei Willkür so lange, bis er heimlich das Land verließ, und zwang an 400 Verwandte und Freunde des Entflohenen ebenfalls das Reich zu meiden.

{1165} Sobald König Ludwig VII von Frankreich (auf den die Eifersucht gegen Heinrich mehr wirkte, als die Furcht vor der geistlichen Gewalt) hievon Kunde erhielt, nahm er die Verfolgten in Schutz, und Papst Alexander erhob Becket von neuem zum Erzbischof von Canterbury, nachdem dieser den Empfang einer solchen Würde aus weltlichen Händen selbst als nichtig anerkannt hatte. Von der Gerechtigkeit seiner Sache überzeugt, sagte Becket dem Könige nunmehr harte Dinge und bedrohte ihn mit dem Banne; Papst Alexander hingegen vermied noch die härtesten Maaßregeln um eine künftige Aussöhnung zu erleichtern. Demungeachtet schrieb Heinrich dem Papste: »es ist unerhört und ich habe es nicht um euch verdient, daß die welche mich verrathen, an eurem Hofe Schutz finden. Es muß mich in den höchsten Zorn versetzenMajori agitor furore.  Bouquet XVI, 256., wenn man mir Gerechtigkeit verweigert, welche dem geringsten Priester nicht versagt wird.« Um dieselbe Zeit bat er den Kanzler Rainald von Köln um sicheres Geleit für seinen Gesandten an Alexander, und fügte hinzu: er wolle von diesem ganz abfallen, sofern er sich länger feindlich zeige. Kaum hatte der Kaiser diese Lage der Dinge erfahren, als er Rainald nach England schickte um über die Verheirathung seines Sohnes und Heinrichs des Löwen mit zweien Töchtern des Königs zu unterhandelnBouquet XVI, 255.  Der Papst suchte die Wechselheirathen auf alle Weise zu hintertreiben. Ebendas. 321, 339., vor allem aber, um einen Bund wider den Papst abzuschließen. Hiezu ließ sich der König um so eher bereitwillig 193 {1165} finden, da er alle Verbindung mit Rom bereits abgebrochen hatteBouquet XVI, 524.  Matth. Paris 73.  Chron. Norm. 1000.  Chronogr. Saxo u. Trivet.  Godofr. monach.  Aquic. auctar.  Epist. ad Ludov. VII, 454, 455, 459., und Friedrichs Freundschaft sowohl im Fall längeren Streites, als im Fall einer erneuten Verhandlung mit Alexander, vortheilhaft einwirken mußte.

Deshalb erschienen auch englische Gesandte auf dem, zu Pfingsten 1165 in Würzburg eröffneten Reichstage. Den versammelten Fürsten und Prälaten ließ der Kaiser vorstellen: »er habe in Pavia, Lodi, Mailand, Launes u. a. O. alles mögliche gethan, um die Ansprüche der Päpste unparteiisch prüfen und entscheiden zu lassen, und jeder der nicht lässig oder sträflich ausgeblieben sey, wäre von Viktors Rechten überzeugt worden. Nach dessen Tode habe man Paschalis in Gegenwart der Bischöfe von Tuscien und der Lombardei, des Präfekten von Rom und vieler Edeln gesetzlich erwählt; selbst das mächtige England erkläre sich jetzo für ihn, und nur Frankreich beharre im Irrthume. Einstimmige und feste Beschlüsse würden das schon sinkende Ansehn des Eindringlings Roland völlig vernichten, und diese Beschlüsse mit reiflicher Überlegung zu fassen, sey der Zweck des berufenen Reichstages.« Nachdem hierauf dieses und jenes beigebracht und berathen worden, erklärte Rainald von Köln: »alle bisherigen Maaßregeln gegen Roland waren unzureichend. Auch hofft er und seine öffentlichen und heimlichen Anhänger noch immer auf eine günstige Wendung der Dinge, auf Nachgiebigkeit und Schwäche. Mithin kann Paschalis nur mit Sicherheit erhoben werden, wenn mein Herr, der Kaiser und die Bischöfe und die Fürsten, Roland und jeden künftig von seiner Partei zu ernennenden Papst eidlich verwerfen; wenn die Deutschen schwören künftig keinen Kaiser zu erwählen, der nicht die deutschen Ansichten über das Papstthum aufrecht zu erhalten verspricht; wenn jeden meineidigen Laien Verlust des Lehens und 194 {1165} Eigenthumes, jeden meineidigen Geistlichen Verlust der weltlichen Güter und seiner Würde trifft; wenn man die Fürsten und Bischöfe verantwortlich macht, daß alle ihre Untergebenen hienach verfahren und das Gleiche beschwören.« – Dem Kaiser gefiel dieser durchgreifende Vorschlag: aber einigen erschien der Inhalt des verlangten Eides doch zu kühn, zu gewaltsam und ihrer innersten Überzeugung widersprechend. Daher hub der Erzbischof von Magdeburg an: »so möge der, bis jetzt nur erwählte Erzbischof von Köln mit dem Eide vorangehn und sich von Paschalis weihen lassen.« – Rainald entgegnete: »nicht die bloß Erwählten, sondern die schon Geweihten schwören zuerst;« aber der Kaiser fiel zornig ein: »willst du mit deiner Kühnheit auf halbem Wege stehn bleiben, oder den Schein eines Rückhalts erwecken? Wenn du rasch, und selbst ohne meine Befehle abzuwarten, die Wahl von Paschalis einleiten konntest, weil sie dir heilsam erschien: so magst du nun auch in dem vorangehn, was nach deiner eigenen Ansicht zu seiner Erhaltung nothwendig ist.« – Rainald, dessen Worte wahrscheinlich nur den verdeckten Vorwurf des Erzbischofs von Magdeburg zurückgeben, keineswegs aber eine Weigerung enthalten solltenDaß Rainald im Ernst sollte die Vorschläge gethan und im Ernst den Eid verweigert haben, ist unglaublich, aber dennoch der Streit mit dem Erzbischofe und dem Kaiser nicht ganz unwahrscheinlich.  Chron. Lobiense.  Radulph. a Diceto zu 1168.  Baronius zu 1166, c. 8.  Reichersb. chron.  Epist. ad Ludov. VII, No. 453., schwur ohne alles Bedenken auf das Evangelienbuch; dann der Kaiser, die Gesandten des Königs von England, die Fürsten und Prälaten. Die meisten leisteten den Eid willigDer heilige Geist, schreibt der Kaiser, habe alle eines Willens gemacht.  Lünig Reichsarch. Spic. eccl. XV, Urk. 72.  Orig. guelf. III, 482., einige aus Furcht ihre weltlichen Güter zu verlieren; aber zwei der angesehensten Prälaten Deutschlands, Konrad von Mainz und Konrad von SalzburgAuch Hartmann von Brixen blieb Alexandern treu.  Vita Hartmanni 514.  Daß noch andere Bischöfe und Fürsten nicht schwuren: Concil. XIII, 328.  Meichelb. Histor. Frising. I, 1, 361.  Gebhardi vita 545.  Bonelli notizie I, 50. 195 {1165} beharrten, – geringen Widerstand niederer Geistlichen nicht zu erwähnen –, ohne Rücksicht auf Drohungen und Gefahren bei dem, was sie als recht anerkannten.

Jener, der nach Viktors Tode den Kaiser vor einer zweiten Papstwahl gewarnt hatte, sah Alexander III bei Gelegenheit einer Wallfahrt nach Spanien und trat, durch dessen Gründe bewogen, erst heimlich, und jetzt durch Verweigerung des Eides öffentlich zu ihm über; worauf der Kaiser um so strenger die Acht gegen ihn aussprechen und vollziehen ließ, da er in seinem Benehmen mehr den Undank als die Berufstreue erblickteErfurt. chron. S. Petrin.  Romualdi chron.  Gudeni cod. dipl. V, 1105.  Austriac. chron. zu 1166.. Alexander hingegen belohnte diese Treue mit dem KardinalshuteKonrad erhielt 1167 das Bisthum Sora.  Ughelli Ital. sacra I, 1245.  Sperandio 220., während Christian, Graf von Buch, bisheriger Stiftsvorsteher von Merseburg und kaiserlicher Statthalter von Italien, den erzbischöflichen Stuhl bestieg; ein Mann an dem selbst Feinde nur das Ungesetzliche seiner Wahl tadelten.

Fast noch empfindlicher, als das Benehmen Konrads von Mainz, war dem Kaiser der Abfall seines Stiefoheims, Konrads von SalzburgSchon Eberhard, Konrads Vorgänger, schloß sich an Alexander an.  Reichersb. chron.  Godolfr. mon. und Chron. Udalric. August. zu 1163–1165.  Eberhardi vita 302.  Chron. ap. Canis. 262. – Herzog Welf verhandelte heimlich auch mit Alexander. Cod. epist. Reg. Christ. No. 179, 201.  Camici IX, 47.  Orig. guelf. IV, 599.. Erst nach mehren Vorladungen erschien er im Februar 1166 auf dem Reichstage in Nürnberg, und erwies durch den Mund des Herzogs von Baiern, daß er die Lehen vorschriftsmäßig gemuthet habe; hingegen könne er Paschalis, aus innern zureichenden Gründen, durchaus nicht anerkennen. Als vier Wochen später in Laufen ein nochmaliger Versuch der Sühne fehlschlug, wurden dem Erzbischofe durch Urtheil der Fürsten alle Lehen abgesprochen 196 {1165} und der Widerstand mit Verwüstung des Landes bestraft; wobei sich, – ein Zeichen, wie die Ansichten selbst der nächsten Verwandten unter einander abwichen –, Otto von Wittelsbach, der Bruder des Erzbischofes Konrad von Mainz, besonders feindlich erwies.

Gleichzeitig brachte der Kaiser mit unermüdlicher Thätigkeit die würzburger Beschlüsse in allen Theilen des Reiches zur Vollziehung, schlichtete mehre FehdenZ. B. die Fehde zwischen dem Bischofe von Utrecht und dem Grafen Florenz von Holland.  Lünig Reichsarch.  Cont. III, Abtheil. 4, Absatz 24 von Ostfriesland Urk. 2. – Über Friedrichs Verbindung mit Emanuel gegen die Ungern: Cinnamus 107.Append. ad Radev. 558.  Bebenhus. annal. – Über Pfalzgraf Hugo: Weingart. mon. 791.  Gassarus 1427.  Ursperg. chron. zu 1165., zwang die Ungern zu neuer Zinszahlung und gab den Pfalzgrafen Hugo (weil er den Frieden nochmals gebrochen und die Böhmen zu arger Verwüstung Süddeutschlands herbeigerufen hatte) achtzehn Monate lang in die Haft seines Gegners Welf. Über diese kriegerischen und richterlichen Beschäftigungen vergaß jedoch Friedrich keineswegs manche andere für das Innere wohlthätige Einrichtung (z. B. in Hinsicht der Rheinzölle und Rheindeiche) zu treffen. Er begab sich endlich nach Achen und ließ am 29sten December 1165Miraei opera diplom. III, 346,, Urk. 62.  Pagi zu 1166, c. 23.  Aquincinct. auctar. zu 1165.  Acta Sanct. 28sten Januar, S. 888. aus löblicher Begeisterung seinen erhabenen Vorgänger, Kaiser Karl den Großen, durch Paschalis mit den größten Feierlichkeiten unter die Zahl der Heiligen aufnehmen. Dem widersprach Papst Alexander: theils weil die Erhebung von seinem Gegner ausging, theils weil ihm vielleicht die Art wie der neue Heilige das Christenthum verbreitet hatte, nicht christlich erschien; aber allmählich überwältigte Karls, nach soviel Jahrhunderten noch Ehrfurcht gebietende Gestalt alle 197 {1165} Einreden, und selbst die Päpste konnten sich nicht dauernd gegen den erklären, dem sie so viel zu verdanken hatten.

Während sich der Kaiser auf die erzählte Weise mittelbar zu einem italienischen Zuge vorbereitete und für Paschalis wirkte, hatte Alexander mit nicht geringerer Klugheit und Thätigkeit Fortschritte gemacht. Nach dem Tode des Kardinals Julius von Präneste sandte er den Kardinal Johannes nach Rom, welcher die Stadt, weil sie den Gegenpapst nicht anerkennen wollte, vom Kanzler Christian äußerst bedrängt und in dem Glauben fand, die völlige Unterwerfung unter des Kaisers Willen sey unabwendbar. Aber JohannesChron. Norm. 1000.  Ricardus monach. 43,b.  Cassin. mon.  Romuald. chr. 205.  Dandolo 289.  Borgia istor. 180.  Alexandri vita 456.  Pagi zu 1165, c. 9., ein Mann von der höchsten Gewandtheit und sehr einnehmendem Wesen, benutzte die, den Deutschen nachtheilige, Stimmung der Römer so geschickt und verwendete große Geldsummen so zweckmäßig, daß die Mehrzahl, ungeachtet alles Widerspruches, den Rath nach seinen Wünschen besetzte, Alexandern huldigte und ihn durch eine feierliche Gesandtschaft zur Rückkehr einlud. Dieser verkannte keineswegs die Gefahren, welche seiner warteten, entschloß sich aber, um nicht hinter seinem Glücke zurückzubleiben, nach reiflichem Überlegen zur Annahme jener Einladung. Von Sens an der Yonne, wo er fast zwei Jahre gelebt hatte, ging Alexander um die Zeit des würzburger Reichstages nach Montpellier, und schiffte sich im August 1165 mit mehren Kardinälen ein um nach Sicilien zu segeln. Kaum aber hatten sie das hohe Meer erreicht, als sich eine pisanische Flotte zeigte, deren Absicht dahin ging den Papst gefangen zu nehmen. Nur mit Mühe entkam er dieser Gefahr und erreichte Messina, wo ihn König Wilhelm ehrenvoll empfing und dann durch fünf Galeeren zum Ausfluß der Tiber bringen ließ. Sobald in Rom die Nachricht von seiner Landung bekannt ward, eilten die Rathsherren, der Adel, die 198 {1165} Abgeordneten der Geistlichkeit und vieles Volk, mit Ölzweigen geschmückt, nach Ostia, und führten ihn am 23sten November 1165 zum lateranischen ThoreReverentiam, honorem et devotionem praedicti Senatores, nobiles civitatis, clerus populusque Romanus exhibuerunt, qua nulla major alicui antecessorum nostrorum, sicut omnia ora testantur, aliquando exhibita fuisse probatur. Schreiben Alexanders.  Concil. XIII, 234., wo die gesammte Geistlichkeit, die Behörden, die Söldner, die Bürger und selbst die Juden seiner warteten. Unter Gesang und Musik ging der feierliche Zug nach dem lateranischen Palaste, ohne daß des Kaisers Anhänger ihn zu stören wagten. Zwar setzte sich Kanzler Christian in den Besitz des römischen Kampaniens, und gewann auch Viterbo für Paschalis; kaum aber hatte er sich nach Deutschland begeben um den erzbischöflichen Stuhl von Mainz zu besteigen, so nahmen die Krieger König Wilhelms das Verlorne größtentheils wieder ein, während auch die lombardischen Städte im Vertrauen auf den Beistand des Papstes täglich kühner wurden, und mehre kaiserliche Burgen mit Gewalt eroberten und zerstörten.

Erst im November des Jahres 1166 konnte Friedrich den vorausgesandten Erzbischöfen Rainald und Christian mit der Hauptmacht folgen, und zog durch das camonische Thal über Brescia nach Lodi. Einzelne der schuldigsten Orte entgingen zwar nicht aller Strafe und mußten Geißeln stellen: im allgemeinen aber wollte er sie als Unterthanen gewinnen und nur den Papst als offenen Feind bekriegen. Deshalb zeigte er sich so freundlich und herablassend gegen jedermann, daß Edle und Bürger in Schaaren zu ihm eilten, ihre Ehrfurcht bezeigten und die gewisse Hoffnung faßten, er werde die Ungerechtigkeiten seiner Diener strafen und selbst die Gesetze mildern. Auch ward er sehr zornig, als ihm die Lombarden in Lodi Beweise vieler Frevel vorlegten und versprach eine genaue Untersuchung, 199 {1166} welche indeß, aus den schon oben dargelegten Gründen, unmöglich allen Erwartungen entsprechen konnte.

Um diese Zeit erneuten auch Pisa und Genua ihre wechselseitigen Beschwerden. Der König Bariso von Sardinien, welcher die ihm von Genua gemachten Vorschüsse, während seines erzwungenen Aufenthaltes in dieser Stadt nicht zu ersetzen im Stande war und viele harte Bedingungen eingehen mußteEr sollte große Summen bezahlen, einen Palast in Genua bauen, wenigstens alle drei Jahre dahin kommen, dem Primate des Bischofes nichts in den Weg legen u. s. w.  Ughelli Ital. sacra IV, 870.  Dasselbe versprach 1189 Petrus, Barisos Sohn.  Opera della Primaziale di Pisa., faßte insgeheim den Entschluß sich durch pisanische Hülfe aus seiner ängstlichen Lage zu befreien. Hierüber brach zwischen beiden Städten ein neuer, im ganzen für Pisa unglücklicher Krieg aus. Daher eilten pisanische Abgeordnete zum Kaiser und sprachen: »wir haben dem Erzbischofe von Mainz 13,000 Pfund gezahlt; dafür belehnte er uns in eurem Namen mit SardinienIm Ristretto cronolog. IV, 11 findet sich eine Urkunde vom 17ten April 1165, vermöge welcher Friedrich den Konsul Uguccione von Pisa mit Sardinien, gegen Aufhebung anderer Verleihungen belehnt. und versprach, daß den Genuesern öffentlich untersagt werden solle, sich ferner ein Recht auf jene Insel anzumaaßen.« Der Erzbischof von Mainz antwortete: »Herr Kaiser! was diese erzählen, ist nach eurem Willen geschehn, und ich bitte euch den gegenwärtigen Genuesern das Nöthige kund zu thun.« Friedrich stand auf, lobte das Verfahren des Erzbischofes und verlangte von den Genuesern die Räumung Sardiniens. Obertus Spinola, ihr Gesandter, hub aber an: »für eine gerechte und gute Sache darf man frei und ohne Bangigkeit mit euch reden; nur derjenige fürchte sich, welcher Ungerechtes und Unbilliges verlangt. Die Pisaner wollen euch listig und freventlich vermögen, sie auf Kosten anderer zu bereichern und zu erheben: denn meine Vaterstadt, das 200 {1166} behaupte ich öffentlich in ihrem Namen, ist im Besitze von Sardinien und ihr gehört es von Rechts wegen. Nicht auf einseitiges Ansuchen unserer Feinde, sondern nur durch einen, auf genaue Untersuchung gegründeten Spruch des gesammten höchsten Gerichtshofes, könnte uns etwas entzogen werden. Ist nicht den Genuesern durch eure eigenen Freibriefe ein ruhiger Besitz alles dessen zugesichert, was sie auf dem festen Lande und jenseit des Meeres inne haben? Und bei diesen Rechten müßt ihr und die Fürsten uns schützen, damit wir nicht in die Nothwendigkeit gerathen, ungerechte Angriffe ohne Rücksicht auf einseitige Entscheidungen mit dem Schwerte zurückzuweisen.« Manche glaubten, diese kühnen Worte würden nicht ungestraft bleiben; allein der Kaiser stand zum zweiten Male auf und sprach: »Obertus Spinola hat recht geredet und ich sage euch allen, wie ich weder will, noch gewollt habe, daß man den Genuesern widerrechtlich etwas entziehe. Die Ansprüche beider Städte sollen von mir untersucht werden, und dem Könige Bariso habe ich nur meine Rechte übertragen, ohne Beeinträchtigung eines Dritten.«

Durch diesen Ausspruch ermuthigt, wandte sich der Genueser Simon Auria zu Christian von Mainz und sagteOberti Annal. genuens. 298-319.: »Herr Erzbischof! ihr habt eurem Herrn, dem Kaiser, schlecht gerathen;« worauf aber der Erzbischof ruhig erwiederte: »Herr Simon! ihr seyd ein Manne des Kaisers gleich mir, und wenn ihr ihm nach eurer Überzeugung rathet, so verfahrt ihr eben so wie ich.« Mehr Eingang, glaubten die Pisaner, würden ihre an Christian gerichteten Worte finden: »warum duldet ihr, Herr Erzbischof, so anmaaßliche und leere Reden der Genueser? Es gereicht dem Kaiser und dem Reichshofe nicht zum Ruhme, wenn euer Verfahren getadelt, geschmälert, oder gar aufgehoben wird.« Wegen dieser Äußerungen vom Kaiser zurechtgewiesen, legten sie, bei der Sache stehen bleibend, ihr Recht an 201 {1166}Sardinien bestmöglichst dar; worauf indeß die Genueser nochmals antworteten: »nicht nach Worten wird der Kaiser urtheilen, sondern nach Beweisen und die werdet ihr schuldig bleiben. Wir haben zuerst den Bezirk von Cagliari mit den Waffen erobert und den saracenischen König Musaitus gefangen genommen; wir erhalten Zinsen und Zeichen der Unterwerfung von den Einwohnern, Zeichen der Anerkenntniß unserer Oberherrlichkeit von den fremden Kaufleuten: und so alte Rechte bedürfen weder einer anderweitigen Begründung, noch können sie durch Neuerungen umgestürzt werden.« Die Pisaner, vielleicht bange, daß sie auf diesem Wege der Beweisführung unterliegen möchten, suchten itzt den Kaiser durch Erinnerung an ihre Treue und an ihre Macht zu gewinnen; dennoch entschied er unparteiisch dahin: die Erzbischöfe von Mainz und Köln sollten die Untersuchung leiten, und einstweilen die Gefangenen gegenseitig freigelassen werden. Als dies von Seiten Pisas nicht geschah, erklärte sich Genua zwar bereit dem Kaiser Mannschaft zu stellen, drang jedoch zu gleicher Zeit auf die Vollziehung jenes Ausspruchs. Die Pisaner entgegneten: »nur aus Besorgniß über das Schicksal ihrer zahlreichen Gefangenen würden die Genueser einen vortheilhaften Frieden bewilligen; mit der Rückgabe jener verschwinde diese Aussicht, und alsdann könne Pisa den Kaiser keineswegs unterstützen. Überhaupt erscheine es unmöglich aus so verschiedenen Bestandtheilen, aus so feindselig Gesinnten ein einiges, für gleiche Zwecke wirksames Heer zu bilden; deshalb wären sie bereit die doppelte Zahl der von Genua versprochenen Soldaten zu stellen, sobald man diese gänzlich zurückwiese.« Der Kaiser antwortete den Genuesern nicht bestimmt auf ihre Beschwerden, und erwartete die verdoppelte pisanische Hülfsmannschaft, deren er in diesem Augenblicke mehr als je bedurfte.

Es war nämlich unterdeß in Lodi der Beschluß gefaßt worden, mit gesammter Macht nach Rom zu ziehen, Alexander zu vertreiben und Paschalis einzusetzen; und während 202 {1167} nun eine Heeresabtheilung unter den Erzbischöfen von Mainz und Köln durch Tuscien vorrückte und sich in Lukka mit Paschalis vereinte, führte der Kaiser im Frühjahre 1167 die zweite Abtheilung über Bologna, Imola, Faenza und Forli nach Ankona: binnen wenig Tagen konnte er Rom erreichen. In dem Maaße aber, als die Gefahr für Alexander stieg, erhöhte sich auch seine Thätigkeit. Zuvörderst bannte er Paschalis und Friedrich und entband ihre Unterthanen von allen Pflichten; dann trat er in Verhandlungen mit dem Kaiser Emanuel und mit den Lombarden. Jener, dem Friedrichs Macht gefährlich erschien und der itzt Ankona mit Beistimmung der Einwohner besetzt hielt, bot dem Papste für die römische Kaiserkrone große Unterstützungen an Geld und Mannschaft und die Vereinigung der griechischen und lateinischen KircheCinnamus 104.  Alex. vita 458.: allein Alexander, welcher einsah, daß die Erfüllung dieses Versprechens, bei der wankenden Macht des griechischen Reiches und dem hartnäckigen Sinne der griechischen Geistlichkeit, unwahrscheinlich sey, und eine anderweite Verleihung der Kaiserkrone ihn in große Weitläufigkeiten verwickeln müsse, führte die Unterhandlung nur als Schreckmittel gegen Friedrich fort, und bewirkte von Emanuel Geldhülfe für die Lombarden.

Deren Klagen und Besorgnisse stiegen von Tage zu TageRadulph. Mediol. 1188-1190.  Acerb. Morena 1138.. »Die so oft versprochene Untersuchung über das Betragen der kaiserlichen Beamten ist,« so sprach man, »um minder wichtiger Beschäftigungen willen nochmals ausgesetzt worden: und kömmt sie auch zu Stande, sie wird den Lombarden nichts helfen, da der Kaiser unaustilgliche Vorurtheile gegen sie hegt, und jene ungerechten Haushalter einstimmig alle Schuld auf die Unschuldigen wälzen. Und was läßt sich überhaupt bei dem Grundsatze hoffen: Italien sey ein erobertes Land und jede Berufung auf Recht sey Empörung? Wenn Grundstücke, Gebäude, Viehstand, kurz 203 {1167} jedes Besitzthum verzeichnet, und nach diesem Buche der Schmerzen die Abgaben erhoben werden, so sollen sich die Lombarden über dies gesetzliche, gleichmäßige und genaue Verfahren noch freuen und vergessen: daß die Last gewöhnlich auf das Dreifache gesteigert, ja den Cremensern ein Drittheil ihres Landes genommen und den Mailändern kaum ein Neuntel ihrer Ärnte gelassen ist! Alles Eigenthum erklärt man für Reichsgut und verleiht es an andere, alle Einheimischen schließt man ganz von Jagd und Fischerei aus, und nie fehlt es an Vorwänden zu Geld- ja zu Leibes-Strafen. Zwar hat sich sonst eine Stadt auch wohl über die andere emporgeschwungen: allein den Unterdrückten verschwand die Hoffnung ähnliches Steigens nie ganz, und überhaupt erscheint seit dem Erproben fremder Herrschaft, die Beherrschung von Männern desselben Landes und Stammes nicht mehr als das Schrecklichste. Ehemals betrachtete man in Italien die Heereszüge der Deutschen wie vorübergehende Stürme, denen man nachgeben müsse um nicht entwurzelt zu werden, und von denen man sich bei ruhigern Lüften leicht erheben könne: jetzt aber ist es auf eine bleibende Unterjochung abgesehn und freie Männer sollen Zwangsburgen mit eigenen Händen erbauen. Daher ist es unleugbares Recht und heilige Pflicht den jetzigen Augenblick zu benutzen: denn wenn auch die Kirche, wenn Papst Alexander bezwungen worden, bleibt keine Rettung aus der weltlichen Tyrannei der Deutschen und des Kaisers mehr möglich.«

Bei diesen und ähnlichen, nach des Kaisers Abzuge immer lauter werdenden Äußerungen, hielt es der Graf von Diez, kaiserlicher Statthalter in der Lombardei, für gerathen Geißeln aus den verdächtigen Städten auszuheben; allein diese Strenge vermehrte nur den Zorn, die Aufforderungen des Papstes erhöhten den Muth und Emanuels Geldvorschüsse verstärkten die Kraft. So traten denn Cremona, Bergamo, Brescia, Mantua, Ferrara und einige andere Städte, am siebenten April 1167 heimlich durch Gesandte zusammen 204 {1167} und schlossen in dem, zwischen Bergamo und Mailand gelegenen Kloster Puntido einen BundEinige Städte traten etwas später bei.  Murat. Annal.  Le Bret Geschichte von Venedig I, 325. des Inhalts: »da es besser ist rühmlich zu sterben, als in Schande und Unterdrückung zu leben, so versprechen wir eidlich, daß jede Bundesstadt der anderen Hülfe leisten soll, sobald ihnen der Kaiser, oder seine Befehlshaber, oder sonst jemand in seinem Namen, von itzt an irgend neues Unrecht zufügt: alles dies jedoch unbeschadet der dem Kaiser geschwornen Treue.«

Aber diese letzte, um des äußeren Scheines willen hinzugesetzte Bedingung konnte keine Wirkung erhalten, da allmählich immer mehr Städte dem Bunde beitraten, an einem verabredeten Tage alle Befehlshaber Friedrichs verjagten und nächstdem die Herstellung Mailands beschlossenMemor. Regiens. 1075.  Griffo.  Bonon.  Histor. miscella.  Alexandri vita 457.  Galvan. Flamma 201.  Cremon. chron.  Erfurt. chron. S. Petrin. zu 1166.  Obertus wirkte hauptsächlich zur Herstellung Mailands, wie eine Inschrift an der Porta Romana bewies.  Tiraboschi Lett. III, 408.  Über die, darauf Bezug habenden Bildwerke, siehe Hagens Briefe I, 294.. Anfangs erschraken fast die zerstreuten Mailänder über die Kühnheit dieses Beschlusses; als aber von allen Seiten die versprochene Hülfsmannschaft pünktlich zusammentraf, als sie am 27sten April 1167Saxii archiep. II, 559.  Pagi zu 1167, c. 5. wirklich ungestört, ja mit überlegener Macht in ihre alte Vaterstadt einzogen: so stieg ihre Dankbarkeit und Begeisterung aufs höchste. Rastlos arbeitete man an der Herstellung der Gräben, Mauern und Thürme, von Grund aus wurde der erzbischöfliche Palast neu gebaut, und die Weiber gaben ihr Geschmeide her um die Kirchen wiederum zu schmücken. Auch nach Tortona kehrten die Einwohner freudig zurück, auch Blandrate kam in die Gewalt der Verbündeten.

Vor allem wichtig erschien es jedoch Lodi zu gewinnen, welches dem Kaiser in der Nähe Mailands einen sicheren 205 {1167} und gefährlichen Angriffspunkt darbot und die Zufuhr nach dieser Stadt äußerst erschweren konnte. Aber die Lodenser, – eingedenk der großen Wohlthaten, welche sie von Friedrich empfingen und seinem mächtigen Schutze vertrauend –, gaben den Gesandten zur Antwort: »ihr Bund sey Aufruhr und Verrath gegen den großen Kaiser, und die leere Bedingung von fortdauernder Treue könne das Unrecht nicht verhehlen oder verdecken.« Zum zweiten Male erschienen hierauf Gesandte aus Cremona, die Lodenser kniefällig und um Gottes willen anzustehen: »daß sie einem Bunde beitreten möchten, welcher die Erhaltung aller, die Lösung von fremder Knechtschaft, die Ehre und das Glück der ganzen Lombardei zum Zwecke habe. Wenn sie dennoch auf ihrer Weigerung beharrten, so bleibe nichts übrig als Gewalt und kein Haus werde der Zerstörung, kein Einwohner dem Tode entgehen.« Mit unerschütterlicher Treue gegen Friedrich antwortete man den Cremonesern: »ihr habt Lodi erbauen helfen, ihr habt uns gegen Mailands Tyrannei in Schutz genommen und wie Brüder vertheidigt: wie könnt ihr nun euren Sinn so plötzlich ändern und uns zu unnatürlichem Frevel auffordern?« – Sobald den Verbündeten diese neue Weigerung hinterbracht wurde, verwüsteten sie das Gebiet von Lodi und schlossen die Stadt ein. Nach tapferem Widerstande erzeugte sich hier, durch die Überzahl der zusammengedrängten Menschen, Mangel an Lebensmitteln; vom Kaiser, das sah man deutlich ein, konnte itzt keine Unterstützung eintreffen, wohl aber obige Drohung der Lombarden buchstäblich in Erfüllung gehn. Bei diesen Umständen trat Lodi zu ihnen über und der Zusatz des Bundesvertrags: »unbeschadet der Treue gegen den Kaiser,« war in ihren Herzen keine leere bedeutungslose Formel. Bald nachher bestürmten und eroberten die Lombarden auch die Burg Trezzo: welcher Gewinn dadurch noch sehr erhöht wurde, daß des Kaisers, aus dem obern Italien zusammengebrachte Schätze, hier verwahrt wurden und den Siegern in die Hände fielen.

206 {1167} Als der Kaiser von den neuen Verbindungen der Lombarden hörte, zürnte er sehr; glaubte aber um so weniger deshalb seinen Plan gegen das mittlere Italien und den Papst aufgeben zu müssen, da er in ganz Tuscien und bis Fano keinen Widerstand gefunden hatte. Alle Städte dieser Gegend, Bologna, Faenza, Imola u. s. w. schwuren ihm den Eid der Treue und entrichteten Steuern oder Bußgelder. Selbst manche Theile des Kirchenstaates kamen in die Gewalt der Deutschen, und viele Römer versprachen für empfangenes Geld öffentlich gegen Alexander aufzutreten. Bei dieser Lage der Dinge hätte der Kaiser rasch vorwärts gegen Rom, oder auf die Kunde von den großen Fortschritten der Lombarden, rasch zurück gen Mailand ziehen sollen. Statt dessen verlor er so viel Zeit bei der Belagerung von Ankona, daß die Verbündeten ungestört ihre Macht ausbreiten und Alexander ebenfalls mit Bitten, Ermahnungen, Drohungen und mit Geld auf die Römer wirken konnte. Beide, der Kaiser und der Papst, waren übrigens größer als diese, welche aller edlen Gesinnung so ermangelten, daß nicht wenige sich von beiden Theilen bezahlen ließenVita Alex. III, 457.  Tonduzzi 199., bis der scheinbar doppelte Gewinn bald die gerechte Strafe nach sich zog.

Dem alten Hasse gegen die Tuskulaner nachgebend, – welche sich auch jetzt an die Deutschen anschlossen und den Römern keine Steuer bezahlen wollten –, überfielen diese, gegen den Willen Alexanders, deren Besitzungen und zerstörten mit wilder Grausamkeit selbst Saaten, Bäume und Weinstöcke. Raino, der Graf von Tuskulum, suchte und fand zunächst eine Unterstützung bei dem Erzbischofe Rainald von Köln, welcher in diesen Gegenden eine kleine deutsche Macht befehligte; aber sie konnten selbst nach ihrer Vereinigung das freie Feld nicht behaupten, und suchten Hülfe bei dem Kaiser. Es schien diesem und den Fürsten nicht rathsam, deshalb die, schon weit vorgerückte Belagerung von 207 {1167} Ankona aufzuheben; wohl aber eilte Christian von Mainz mit einer Heeresabtheilung seinem geistlichen und Waffenbruder zu Hülfe. Ihm zogen die Römer am 30sten MaiDie Einnahme von Lodi fällt auf den 22sten Mai, also nur eine Woche früher. 1167 mit 30,000 Mann entgegen und vertrauten ihrer Überzahl: denn auf einen Deutschen kamen wohl zwanzig Römer. Daher versuchte Erzbischof Christian zuerst den Weg der Unterhandlung; aber die Römer antworteten: »der Kaiser wäre sehr gütig, daß er seine Priester sende um ihnen Messe zu lesen, sie wollten ihnen aber aus anderem Tone etwas vorsingenAliter eis ad cantandum transponemus ordinem.  Vinc. Prag. 78.. Bald solle der Erzbischof und sein ganzes Heer den Vögeln des Himmels und den Thieren des Feldes zur Speise daniedergestreckt werden.« Sobald Christian diese höhnende Antwort vernahm, erhob er die Fahne und begann den heiligen Gesang: »Christus, der du geboren bist;« in welchen alle einstimmten und den Römern kühn und freudig entgegengingen, während ihnen Rainald von Köln in den Rücken kam. Da geriethen die Großsprecher vor der geringen Zahl der Deutschen in unglaubliche Angst, zuerst floh ihre Reiterei, dann das Fußvolk; aber so geschickt war der Angriff, so rasch die Verfolgung angeordnet, daß die Römer, trotz aller Eil der Flucht, nach den geringsten AngabenWir haben aus den sehr abweichenden Nachrichten das Wahrscheinlichste herauszufinden versucht. Nach einigen waren es 40,000 Römer (Chronogr. Saxo) und die Zahl der Gebliebenen steigt nach den verschiedenen Angaben von 1500 bis 12,000, und in gleichem Verhältniß die Zahl der Gefangenen.  Chron Pisan. 180.  Chron. fossae novae 873.  Pegav. chron. contin.  Helmold II, 10.  Bosov. annal.  Nunquam ex Romanis tot millia sund caesi.  Sicard. 600.  Auch der Bischof von Lüttich war in der Schlacht.  Aquic. auctar. zu 1166., bei dieser gänzlichen Niederlage 2000 Todte und 3000 Gefangene einbüßten.

208 {1167} Vereint mit den Bewohnern von Alba, Tivoli u. a. zerstörten die Sieger alle Burgen und Saaten bis zur Tiber, und kamen sogar bis an die Thore von Rom. Dennoch verlor Alexander den Muth nicht, sondern bewirkte die Herstellung und strenge Bewachung der Mauern, und trat in engere Verbindung mit dem neuen Könige Wilhelm II von Sicilien, welcher, nach des Papstes Bezwingung, einen Angriff Friedrichs erwarten mußte. Um diese Gefahr abzuwenden übersandte er große Summen, mit denen Alexander seine Freunde belohnte und dringende Ausgaben bestritt; es nahte ein apulisches Heer zum Entsatze Roms und zwei Schiffe ankerten am Ausflusse der Tiber, damit der Papst und die Kardinäle im höchsten Nothfalle nach Neapel schiffen könnten.

Unterdeß hatte aber Friedrich einen Vertrag geschlossen, wonach Ankona Geld zahlte und Geißeln stellte, und zog nunmehr so rasch südlich bis TrontoOtto S. Blas. c. 20.  Oberti annal. 318.  Alex. vita 458.  Acerb. Morena 1150.  Le Bret Gesch. von Venedig I, 325., daß die Apulier, aus Furcht ganz abgeschnitten zu werden, in ihre Heimath zurückeilten. Gleichzeitig eroberten die Pisaner unter Anführung Rainalds von Köln Civitavecchia und besetzten mit acht Schiffen den Ausfluß der Tiber; endlich traf alle Kriegsmannschaft vor Rom zusammen. Dennoch widerstanden die Römer und die Söldner des Papstes so nachdrücklich, daß Friedrich binnen acht Tagen die befestigte Peterskirche nicht einnehmen konnte. Da legte man Feuer an die, ihr nahe stehende Kirche der heiligen Maria; von hier sprang die Flamme über auf die Vorhalle der Peterskirche und die, durch Rauch und Hitze aufs äußerste gebrachte, Mannschaft mußte sich ergeben. Nur jenseits der Tiber, in den festen Häusern der Frangipani und dem Kolosseum hielt sich der Papst noch immer mit seinen Anhängern. Er sah es indeß nicht ungern, daß der Erzbischof Konrad von Mainz um Unterhandlungen anzuknüpfen, zu Friedrich ging. 209 {1167} Dieser ließ den Kardinälen, den Bischöfen und dem Volke sagen: sie möchten Alexander zur Niederlegung seiner Würde bewegen; das gleiche verspreche er für Paschalis, und dann solle ein Dritter durch freie ungestörte Wahl auf den päpstlichen Stuhl erhoben werden. Einstimmig drangen die Römer darauf, daß Alexander diese Bedingungen annehme, ja sie behaupteten: er sey, um seine Schafe vom Untergange zu erlösen, verpflichtet, sich noch härteren zu unterwerfen. Aber ungeachtet dieser Bedrängniß antworteten die Bischöfe und Kardinäle dem Kaiser: »nur Gott könne den Papst richten, über alle menschlichen Gerichte sey er erhaben.« Hiemit waren jedoch die Römer um so weniger einverstanden, da ihnen Friedrich, wenn sein Vorschlag durchgehe, bestimmte Hoffnung zur Rückgabe aller Beute und aller Gefangenen machte. Täglich traten mehre zu ihm über und der Papst, der so lange als irgend möglich ausgeharrt hatte, verließ endlich in aller Stille Rom und rettete sich zum Verdrusse des Kaisers über Terracina und Gaeta nach BeneventRomuald. chron.  Gobelin. 60.  Lobiense et Reichersberg. chron.  Alexander blieb zwei Jahre in Benevent.  Tiraboschi Modena III, Urk. 434.  Wilhelm I hatte ihm bedeutende Summen Geld geschickt.  Testa 32..

Nunmehr wurde Paschalis von Viterbo im Prachtzuge herbeigeholt und förmlich auf den päpstlichen Stuhl gesetzt. Er ließ die Altäre, als wären sie von Alexander befleckt, reinigen oder neu bauen, vernichtete dessen Weihungen der Bischöfe und Äbte und krönte am ersten August 1167 den Kaiser nebst seiner GemahlinnDumont I, 87, Urk. 147  Cassin. monach.  Erfurt. chron. S. Petrin.  Godofr. monach.. Die Römer schwuren diesem Gehorsam und Beistand gegen jedermann und stellten ihm frei ihre Verfassung zu ordnen; wogegen er die Rechte und guten Gewohnheiten des Raths und des Volkes anerkannte und bestätigte. Endlich 210 {1167} schwuren sich auch Paschalis und Friedrich wechselseitige Treue und daß keiner jemals von diesem Eide Lösung verlangen oder annehmen solleAppend. ad Radev. 559..

So war des Kaisers Macht unerwartet höher gestiegen als je zuvor, und die Besiegung Siciliens wie der Lombardei schien, mit Hülfe eines so zahlreichen und kriegslustigen Heeres, nicht mehr über seine Kräfte hinauszugehen. – Da folgte noch im Laufe des Monats August plötzlich nach stechendem Sonnenscheine gewaltiger Regen, auf diesen von neuem glühende Hitze und nun entwickelten sich DünsteLa fièvre maremmane.  Sismondi II, 169.  Corner 742.  Aquic. auctar.  Monach. Weingart. 792.  Hochwart 196.  Henric. Berchtolsgad. 211., welche zwar alljährig um diese Jahreszeit manchen in Rom dahinraffen, diesmal aber mit ungewöhnlicher pestartiger Kraft die Deutschen ergriffen. So furchtbar und entsetzlich wirkte das Gift, daß diejenigen welche eben noch zu Pferde steigen wollten, todt niederfielen und die welche andere begruben, plötzlich mit in die Grube stürzten. Ehe man sich besinnen, entschließen, Rath schaffen konnte, war binnen acht Tagen der größte Theil des schönen Heeres vertilgt! Es starben die Grafen Berengar von Sulzbach und Heinrich von Tübingen, Herzog Welf der jüngere und Herzog Friedrich von Schwaben; es starben die Bischöfe von Prag, Regensburg, Augsburg, Speier, Verden, Lüttich, Zeiz; es starb der einflußreiche Erzbischof Rainald von KölnRainald soll in Hildesheim einst als Schulknabe gesagt haben: ego sum; und als der Lehrer fragte: wer bist du? ego sum, ruina mundi.  Chron. mont. sereni zu 1168.. Das alles sey, so sprachen viele, die Strafe für die Verfolgung des ächten Papstes und das Niederbrennen gottgeheiligter Kirchen.

Der Kaiser ließ, dem von Gott gesandten Unglücke weichend, Paschalis mit einer Besatzung in Rom und die römischen Geißeln in Viterbo zurück: er selbst eilte mit dem 211 {1167} Überreste des Heeres nach Lukka, verlor aber auf dem Wege noch an 2000 Menschen. Die Engpässe bei Pontremoli fand er so stark mit Italienern besetzt, daß er sich, einen gefährlichen Kampf vermeidend, links wandte und mit Hülfe des Markgrafen Obizo Malaspina durch Seitenwege, Thäler und Berge, nicht ohne Verlust und nur mit geringer Macht, im September Pavia erreichte. Hier ächtete er, den Fehdehandschuh in die Luft werfendGiulini 348., am 21sten September 1167 alle lombardischen Städte, nur Cremona und Lodi ausgenommen. Als die Lombarden sahen, daß er nach so bittern Erfahrungen und bei so verringerter Macht unwandelbar auf seinen alten Ansichten und Vorsätzen beharrte, erstaunten sie zwar über seine Standhaftigkeit, wurden aber dadurch nicht geschreckt, sondern ebenfalls zu größerer Ausdauer angefeuert. Am ersten December 1167 erneuten den Bund: Venedig, Verona, Vicenza, Padua, Treviso, Ferrara, Brescia, Bergamo, Cremona, Mailand, Piacenza, Parma, Modena und Bologna. Alle zwischen vierzehn und sechzig Jahr alte Einwohner dieser Städte beschwuren: niemand soll mehr zahlen und leisten, als seit der Zeit Heinrichs IV bis auf die Thronbesteigung Friedrichs gezahlt und geleistet worden ist. Keine Stadt beschließt einseitig Krieg oder Frieden, alle leisten sich wechselseitig Beistand und Entschädigung. Innere Streitigkeiten beseitigt man im Wege der Güte und des Rechtes. Anhänger des Kaisers werden verjagt, gestraft und ihr Gut eingezogen. Erwählte Vorsteher, Rektoren, leiten die gemeinsamen Angelegenheiten des gesammten Lombardenbundes.

Streifzüge, welche Friedrich im Winter von Pavia aus unternahm, brachten seinen Gegnern allerdings noch immer vielen Nachtheil; aber bald ergab sich, daß man ohne größere Heeresmacht die Lombarden nicht bezwingen könne und Gefahr laufe in Pavia eingeschlossen zu werden. Daher veranlaßte Friedrich den Schein, als wolle er sich mit der 212 {1167} Kirche aussöhnen, was die Lombarden lässig machte; während ihm der Markgraf von Montferrat, für große Versprechungen, einen freien Rückzug durch das Gebiet des Grafen Humbert von Maurienne auswirkte. Sobald die Verbündeten (welche von allen Alpenpässen nur diesen nicht besetzt hatten) von des Kaisers unerwartetem Aufbruche hörten, setzten sie ihm nach, bis er, rastlos forteilend, einige ihrer Geißeln am Wege aufknüpfen und verkünden ließ, daß bei weiterem Verfolgen allen dasselbe Schicksal bevorstehe. Unter solchen Umständen kam Friedrich im März 1168 mit geringer Begleitung nach SusaImperator contra imperialem dignitatem, de Italia occulte cum paucis rediit.  Godofr. monach.Vix clam egressus est.  Dodechin zu 1167.  Acerba Morena 1155.  Obert. 319.  Pagi c. 13.  Johann. Sarisber. epist. 234., und befahl auch hier einen Edeln aus Brescia, Zilio de Prando, als Verräther hinzurichten. Darüber erzürnt, rotteten sich die Bürger zusammen und äußerten: »den Kaiser und seine Begleiter wollten sie frei nach Deutschland ziehen lassen; dagegen müßten alle italienischen Geißeln diesseit der Alpen zurückbleiben.« Nachdem Friedrich diesen Vorschlag verworfen hatte, beschloß man ihn selbst in der Nacht zu fangen oder zu tödten; der Mordplan ward jedoch verrathen, und Hermann von Siebeneichen, ein treuer Ritter legte sich in des Kaisers Bett, während dieser verkleidet und von der Dunkelheit begünstigt, mit nur fünf Begleitern entfloh. Als die Bürger diese Täuschung entdeckten, vergriffen sie sich zwar nicht an jenem Ritter, doch übergab man später der Wittwe des hingerichteten Brescianers zehn gefangene Deutsche um mit ihnen nach Willkür zu verfahren.

So war Italien verloren, Alexanders Sieg unabwendbar, und wie viel hatte Friedrich in Deutschland zu befürchten, an dessen Gränzen er nicht wie ein mächtiger Kaiser anlangte, sondern wie ein Flüchtling! 213

 


 


 << zurück weiter >>