Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

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Fünftes Hauptstück.

Während im Süden kühne Lombarden und standhafte Päpste den großen Kampf für die Freiheit und die Kirchenherrschaft gegen den gewaltigen Kaiser unternahmen, fochten im Norden Deutschlands die Slaven mit nicht geringerem Muthe für ihre Unabhängigkeit und ihren alten Glauben. Ein kleines, zerstreutes, an den Rand der Ostsee gedrängtes, nicht durch Mauern und Städte geschütztes, oder durch staatsrechtliche Verbindungen und tiefe Einsichten gestärktes Volk, überließ sich seinen ursprünglichen natürlichen Gefühlen und widerstand dadurch so viele Jahre einem Manne, der nächst dem Kaiser der größte Fürst seiner Zeit war. Heinrich der LöweVergleiche Radev. II, 38, der Heinrich mit Welf zusammenstellt, aber zu bestimmt Sallusts Schilderung der Charaktere Catos und Cäsars nachahmt. – Acerb. Morena 1117.  Unter neueren Werken ist Böttigers Heinrich der Löwe bei weitem das gründlichste und am besten geschriebene. hatte einen festen, durch ritterliche Übungen aller Art gekräftigten Körper, ein offenes Gesicht, große schwarze Augen, dunkeles Haar und einen starken Bart. Er war ein Feind aller Trägheit und Üppigkeit, tapfer, streng, ausdauernd und in dem allen seinem Vetter und Freunde, dem Kaiser, ähnlich. Doch überleuchtete im Ganzen das blonde Geschlecht der 154 Hohenstaufen das braune der Welfen, und bei aller Trefflichkeit ist keiner von diesen dem ersten Friedrich an Heldensinn und Kriegsmuth, oder dem zweiten an hoher und umfassender Geisteskraft gleichzustellen.

Sachsen und Baiern war dem Herzoge zugesprochen; er fühlte aber sehr richtig, daß, bei des Kaisers entschiedener Übermacht im Süden, nicht dort, sondern nur an den Küsten der Ostsee eine Möglichkeit weiterer Vergrößerung gegeben sey. Indessen bedurfte es zur Ausführung dieses Planes doppelter Tüchtigkeit und Anstrengung, weil nicht allein die Slaven, auf deren Bezwingung es abgesehen war, tapfer widerstanden, sondern auch deutsche Fürsten und Prälaten als Nebenbuhler des Herzogs auftraten.

{1154} So erneute sich, schon während dessen erster Abwesenheit in ItalienHelmold I, 79-82.  Hartwich klagt: der Herzog reputabat archiepiscopum pro capellano.  Albert. Stad. zu 1155. – Bodo chron. Gandersheim. 333.  Langebek IV, 443., der Streit mit dem Erzbischofe Hartwich von Bremen, welcher dem, an Vicelins Stelle zum Bischofe gewählten Kapellan Gerold die Weihe versagte, weil er dabei gar nicht gehört sey und die Herzoginn gesetzwidrig die Wahl geleitet habe. {1155} Gerold eilte unter großen Mühseligkeiten nach Italien, konnte aber, weil Hartwich seine Gründe ebenfalls hatte vortragen lassen, vom Papste die Bestätigung nicht erhalten. Erst als Heinrich der Löwe sich in dem Gefechte mit den Römern so sehr auszeichnete, überwog die Dankbarkeit jene Gründe, und Hadrian bestätigte nicht allein Gerold, sondern ertheilte auch dem Herzoge manche Vorrechte über die Errichtung neuer Bisthümer in den slavischen Ländern.

{1156} Als Gerold nach Artlenburg zurückkam, fand er den Ort großentheils zerstört und litt aus Mangel an Einnahmen fast Hunger; deshalb söhnte er sich zuvörderst, jedoch nicht ohne Mühe, mit dem Erzbischofe aus, und suchte alsdann minder beschränkt auf der Bahn seines Berufes 155 {1156} vorzuschreiten. Anfangs besuchten jedoch nur wenige, und von den angesehenern Slaven nur der Fürst Pribislav den christlichen Gottesdienst. Ja es schien als werde sich die Gemeinschaft zwischen Slaven und Deutschen weniger an kirchliche als an gesellige Feste anknüpfen, und selbst die Geistlichen sahen es in dieser Zeit drückenden Mangels sehr gern, daß sie erst von Pribislav und dann von dem edlen Slaven Thessemar freundlichst eingeladen wurden. Der Weg zu diesem (er wohnte im Innern des Landes) ging vor dem Haine Pronos vorbei, wo uralte Eichen durch zierliches Flechtwerk so verbunden waren, daß nur zwei Eingänge zu der, im ganzen Lande verehrten Stätte offen blieben. Voll Zorn über dies Denkmal des Heidenthumes sprang Bischof Gerold vom Pferde, seine Begleiter folgten, und in gewaltigem Eifer wurde die Umfassung niedergerissen, das Gebälk der Eingänge herabgeworfen, und die heiligen Bäume zu Hauf getragen und angezündet. Man freute sich der That, bis die Flammen hoch emporstiegen und die Furcht gefährlichen Überfalls und schmählichen Todes erweckten; zufällig aber waren alle Slaven entfernt, was für ein Zeugniß unmittelbarer göttlicher Fürsorge galt. Thessemar, wahrscheinlich von jener That nicht unterrichtet oder dem christlichen Glauben heimlich geneigt, empfing den Bischof und die seinen ehrenvoll, schlug ihm aber, da er kein Lösegeld bieten konnte, die Freilassung gefangener Dänen ab.

Am nächsten Sonntag versammelte Gerold bei Lübeck alles Volk dieser Gegenden und sprach: »stürzet die Götzenbilder danieder, ehret den alleinigen Gott im Himmel, empfanget die Taufe, laßt ab von bösen Thaten, Raub und Christenmord!« Von den übrigen Slaven aufgefordert, antwortete Pribislav im Namen aller: »deine Worte sind Worte Gottes und dienen zu unserm Heile! Wie aber können wir freudig einen besseren Weg betreten, umstrickt durch Bande so vieler Übel? Dein ist dies Volk, dein also auch die Pflicht seine Klagen zu vernehmen. Mit Habsucht und 156 {1156} unnennbarer Härte wüthen die Fürsten gegen uns: in einem Jahre mußten wir, die Bewohner dieses kleinen Winkels, dem Herzoge 1000 Mark zahlen, viele hundert dem Grafen, und so lange wir nur das Leben haben, ist der Forderungen noch immer kein EndeLudwig reliq. VI, 230-237 über die Steigerung der slavischen Abgaben. Noch 1167 ließ König Waldemar einen slavischen regulus als Hochverräther blenden, entmannen und dann ins Meer werfen. Hemsfort bei Langebek I, 279 u. s. w.! Wie soll da die neue Lehre Wurzel schlagen? Woher soll der Bau der Gotteshäuser bestritten, womit die Geistlichkeit erhalten werden? Gern möchten wir uns in glücklicheren Gegenden ansiedeln; aber gehn wir über die Trave, siehe so finden wir dieselben Gefahren, gehn wir über die Peene, dasselbe Elend; mithin bleibt uns nichts übrig, als auf dem Meere kümmerlich vom Raube zu leben, oder noch öfter den Tod zu finden.« Hierauf antwortete der Bischof: »wißt ihr nicht, daß die Sachsen und andere Völker der Christenheit ruhig leben? daß die Fürsten dort nicht mehr verlangen, als das Hergebrachte und Bestimmte? Da ihr euch aber halsstarrig von der Gemeinde des Herren sondert, euch dem Heiligen, der die Welt beherrscht, nicht beuget, so seyd ihr ausgeschlossen von dem gemeinsamen Rechte und die Willkür erscheint nicht sträflich gegen Götzendiener.« – »Wenn uns (rief hierauf Pribislav aus) die Rechte der Sachsen an Gütern, Einkünften und Abgaben bewilligt werden, so wollen wir Christen seyn, Kirchen bauen und Zehnten geben.«

Hoch erfreut über diese Erklärung begab sich Gerold zu Heinrich dem Löwen, welcher unterdeß aus Italien zurückgekehrt war und den Erzbischof Hartwich, zur Strafe für das Wegbleiben vom Römerzuge, im Namen des Kaisers hart bedrängt hatte. Gern veranlaßte Heinrich unter Gerolds Mitwirkung eine neue Zusammenkunft in ArtlenburgAm linken Elbufer Lauenburg gegenüber., wo alle slavische Große erschienen und der Herzog selbst 157 {1156} den Ungläubigen vieles über Gott, Christus und Christenthum nach seiner besten Kenntniß und Überzeugung ans Herz legte. Niklot aber, der Obotritenfürst, antwortete: »der Gott im Himmel mag dein Gott seyn, sey du unser Gott, verehre du jenen, wir verehren dich; das ist für uns alle hinreichend.« Über diese Lästerung war Heinrich zwar erzürnt, zeigte sich aber doch in Beziehung auf die Annahme des Christenthumes sehr nachsichtig, um nur durch neue Steuern seinen auf dem italienischen Zuge geleerten Schatz wieder anzufüllen. Ihm lag überhaupt mehr am Bezahlen als am Bekehren; nicht durch milde Lehre, so schien es, wollte man die Gemüther für das Christenthum gewinnen, sondern durch Druck mittelbar dazu zwingen.

Über dies Fehlschlagen seiner geistlichen Erwartungen war Bischof Gerold äußerst betrübt; konnte er doch für seine Kirche vom Herzoge nicht einmal eine weltliche Ausstattung erhaltenÜber die Stiftung der slavischen Bisthümer.  Orig. guelf. III, praef. 41.: und als endlich diese Pflicht dem Grafen Adolf von Holstein zugewiesen ward, so erneuten sich deshalb frühere Streitigkeiten zwischen ihm und Heinrich dem Löwen, wobei Gewalt und Macht mehr entschied, als das unsichere Verhältniß der Rechte eines Herzoges gegen einen Grafen.

Lübecks Handel hatte sich nämlich so sehr gehoben, daß die Kaufleute von Bardewik darunter litten, und die Salzwerke in Oldesloe gaben so viele Ausbeute, daß die in Lüneburg weniger Absatz fanden.Helmold I, 85.  Lerbecke 504.  Wolter 51.  Der Zeitpunkt dieser Streitigkeiten steht nicht genau fest; doch fallen sie gewiß vor dem Brande in Lübeck, und dieser nebst der Aussöhnung Heinrichs und Adolfs, höchst wahrscheinlich vor dem Zuge nach Dänemark. Vergl. Henric. de primord. urbis Lubicanae c. 2-3, und Böttiger zu diesen Jahren. Als sich nun Graf Adolf weigerte dem Herzoge die Hälfte von Lübeck und Oldesloe abzutreten, verbot dieser schon vor dem ersten 158 {1156} italienischen Zuge allen Handel nach jener Stadt (den mit den nöthigsten Lebensmitteln allein ausgenommen), ließ die Salzquellen verschütten, und zwang itzt wie gesagt, den Grafen zur Ausstattung des Bisthums Artlenburg das meiste herzugeben. {1157} Bald darauf brannte Lübeck zufällig nieder und Abgeordnete der Kaufleute sprachen zum Herzoge: »durch sein Gebiet gehe der meiste Handel, es verlohne sich also nicht, die durch seine Sperre ohnehin nahrungslos gewordene Stadt wieder aufzubauen; er möge ihnen einen anderen Wohnsitz anweisen.« Diese Veranlassung ergreifend, verlangte Heinrich der Löwe die Abtretung Lübecks und des dazu gehörigen Hafens, und legte, als Graf Adolf sich dessen beharrlich weigerte, im Ratzeburgischen an der Wackenitz die Stadt Löwenburg an. Bald aber ergab sich, daß diese Gegend den Anfällen der Slaven zu sehr ausgesetzt war und große Schiffe nicht bis dahin segeln konnten; weshalb der Herzog dem Grafen nunmehr von neuem mit Versprechungen und Drohungen dergestalt zusetzte, daß er endlich in sein Begehren willigte. {1158} Lübeck ward wieder aufgebaut, erhielt große Ländereien, Hutungen und Holzungen und alle damals gewöhnliche Stadtrechte. Auch sein Handel mehrte sich von jetzt an außerordentlich: denn Heinrich der Löwe hob nicht bloß die frühere Sperrung auf, sondern ließ auch in den nordischen Reichen verkünden: friedlich, sicher und zollfrei könne jeder hieher handeln und sich unter mancherlei Begünstigungen anbauen.

Seit der Aussöhnung zwischen Heinrich, Adolf und Gerold hatten des letzten fortgesetzte Versuche der Heidenbekehrung einigen, und als er nicht mehr deutsch oder lateinisch, sondern slavisch predigen ließ, noch größern Erfolg; Heinrich aber und Adolf fanden Muße ihre Kräfte gegen Dänemark zu wenden, dessen Geschichte hier eingeschaltet werden muß.

Nachdem Kaiser Friedrich auf dem ReichstageSeite 8. von Merseburg im Jahre 1152 die Streitigkeiten zwischen 159 {1152} Kanut und Sueno vermittelt und Waldemar neue Ausbrüche geschickt beseitigt hatte, würde Suenos Herrschaft ohne seine eigene Schuld, schwerlich von neuem beunruhigt worden seyn. Aber unter dem Vorwande die gebildetern deutschen Sitten an die Stelle der rohern dänischen einzuführen, überließ er sich gemeinen Ausschweifungen, unter welchen die, in Bezug auf Essen, Trinken und Kleidung, noch als die geringsten erschienenSaxo Grammat. XIV, 211.. Mit solcher Lebensweise war die Erhebung schlechter, von ihm unbedingt abhängiger Personen nothwendig verbunden, und die Großen sahen sich nicht bloß vernachlässigt, sondern auch in ihrem Eigenthume bedroht: weil Sueno vertheilte Güter wieder einzuziehen suchte und, als ein ungerechter Vormund, das Vermögen minderjähriger Lehnsmannen zu schmälern trachtete. Eben so übereilt beleidigte er die Geistlichkeit in dem Erzbischofe, und entfremdete das Volk durch ungewöhnlich strenge Beitreibung der Abgaben. Nicht mehr zufrieden, als der Erste unter Gleichen in den Versammlungen des Volkes nach alter Sitte Recht zu sprechen, ließ Sueno einen Thron errichten und urtelte gesondert von der Menge: er verkannte, daß sein Ansehn dadurch nicht sowohl vermehrt, als die Liebe zu ihm verringert wurde. – In so unsichern Verhältnissen begann er einen Krieg gegen Schweden, weil Johann, der Sohn König Swerkers, die Frau des Statthalters von Halland entführt und ihr Gewalt angethan hatte. Vergebens erbot sich der Kardinal Nikolaus (der nachmalige Papst Hadrian IV) zum Vermittler in dieser bloß persönlichen Angelegenheit, vergebens suchte Swerker den Frieden, vergebens stellte man dem Könige vor: der Frevler Johann sey aller irdischen Strafe ledig, da er schon seinen Tod gefunden habe. Sueno hoffte, weil zwischen dem Könige und dem Volke Streit war, Schweden leicht zu erobern, und vertheilte mit übermüthigem Vertrauen schon die Landschaften an seine Anhänger. Allein die Schweden 160 vermieden jede Schlacht, zogen sich in die entfernten Berge und lockten Sueno vorwärts, bis heftige Kälte und Mangel an Lebensmitteln ihn unter großem Verluste zum Rückzuge zwangen.

{1153} Durch so große Unfälle des Königs ermuthigt, wurden die auf manche neue Weise bedrückten Einwohner Schonens unruhig, und dieser (der ihnen itzt wohl keine Macht entgegenstellen konnte) trat unbewaffnet in ihre Versammlung um Zutrauen zu erwecken, oder doch allen Argwohn zu zerstreuen. Allein unerwartet schnell nahm das Geschrei überhand, Sueno konnte kein Wort mit Erfolg sprechen und schon wurden von den Entfernteren Steine nach ihm geworfen. Da sprang Toko, ein edler, beredter, dem Könige hoch befreundeter Mann unter die Landleute, brachte sie zunächst nicht ohne Mühe zum Schweigen, und wußte sie dann, – in geschickter Abwechslung bald tadelnd, bald Recht gebend –, allmählich so zu beruhigen, daß alle in ihre Wohnungen heimkehrten. Der König aber war aufs höchste erzürnt über solchen Ungehorsam und solche Schmach: er strafte die Reichen mit großer Strenge am Gute, die Ärmern am Leben, und selbst sein Erretter Toko ging nicht unbedingt frei aus: denn es wurde behauptet, er habe durch geheime Anreizungen das Volk erst zu der Empörung verleiten helfen, welche er nachher bald zu stillen im Stande war. Diese Behandlung, welche Feind und Freund fast gleichstellte, mußte Suenos Partei schwächen, und zu den mannigfachen Vorwürfen, die ihm gemacht wurden, gesellte sich bald nachher ein neuer: er habe, um die verwüstenden Anfälle der Slaven abzuhalten, Heinrich dem Löwen große Summen, jedoch schlechthin ohne allen Erfolg gezahlt, mithin das Vermögen des Volkes vergeudet, anstatt dessen Kräfte unmittelbar zu benutzen.

Während dessen stärkte Kanut, diese Umstände aufmerksam beobachtend, seinen Anhang, indem er Swerkers von Schweden Tochter heirathete und seine eigene schöne Stiefschwester an Waldemar verlobte. Gern hätte Sueno 161 {1153} Gewalt gegen die Gefährlichen gebraucht, aber die Soldaten wollten ihm nicht gehorchen und nothgedrungen erneute er also den Frieden. Ja er brachte durch vertrauliches Benehmen Waldemar dahin, daß er ihn auf einer Reise zu seinem Schwiegervater, dem Markgrafen Konrad von Meißen begleiten wollte; als dieser aber hörte, welche geheime Pläne er wider den Gast unterstützen sollte, gab er zur Antwort: »bis in sein hohes Alter habe er sich von Schandthaten frei gehalten, und wolle lieber Tochter, Enkel und Schwiegersohn am Kreuze hangend erblicken, als die Hand bieten zu Frevel, Hinterlist und Verrath. Nur in offener Fehde werde er Sueno gegen seine Feinde beistehen.« So mußte dieser beschämt sein Vorhaben für jetzt aufgeben, begann aber bald neue Nachstellungen, welche Kanut und Waldemar nicht verborgen blieben: weshalb sie endlich beschlossen sich offen gegen Sueno zu erklären und den königlichen Titel anzunehmen. Kaum war dies kund geworden, so traten viele Soldaten zu ihnen über und Sueno floh, den Muth verlierend, mit Weib und Kind zu seinem SchwiegervaterAdalbert. Stadens. Chron. mont. sereni.. {1155} Nach dessen Tode begab er sich zu Heinrich dem Löwen, und vermochte ihn (der sich damals mit den Slaven und allen seinen übrigen Gegnern ausgesöhnt hatte) durch große Versprechungen zu einem Hülfszuge wider Dänemark.

Der Augenblick schien günstig: denn Kanut war nach Swerkers Ermordung in Schweden, Waldemar in Seeland abwesend, den schützenden dänischen Wall eröffnete ein Verräther den Sachsen, Schleswig und Ripen wurden eingenommen; aber niemand aus dem Volke erklärte sich für Sueno, vielmehr drängte man sich von allen Seiten zu den Fahnen des herbeieilenden Waldemar: wodurch dieser, den seine Feinde spöttisch ein Königlein genannt hatten, bald so mächtig ward, {1157} daß es Heinrich dem Löwen rathsam erschien, unter dem Vorwande des Mangels an 162 Lebensmitteln zurückzugehn. Nur die vom Herzoge abhängigen Slaven unterstützten Sueno noch ferner und führten ihn nach Fühnen hinüber, dessen Bewohner unerwartet auf seine Seite traten, weil sie es für ehrenvoll hielten, einen vertriebenen König aus eigener Macht wiederum einzusetzen. Bald stellten sich ihm Kanut und Waldemar hier gegenüber; weil aber der letzte den Krieg gegen seine Mitbürger verabscheute, und überdies der Ausgang allen zweifelhaft erschien, so kam es zwischen den drei Kronbewerbern zu einem Gespräch in Odensee. Sueno führte an: »mein Vater Erich rächte den Mord, welchen Kanuts Vater am Vater Waldemars verübte, schützte diesen gegen alle Nachstellungen und sorgte für seine Erziehung: und in gleichem Sinne handelte ich. Dennoch einigst du, Waldemar, dich mit dem Sohne des Mörders deines Vaters, und vergissest, daß er dich nur ehrt, so lange er mich als den dritten fürchten muß, daß er dich stürzen wird, sobald er von mir nichts mehr zu besorgen hat. Indessen will ich, dein Wohlthäter, deinem Ausspruche Folge leisten, und mich nach so vielem Umherirren in der Fremde lieber in der Heimath mit Geringerem begnügen, als fruchtlos mein Recht auf das Ganze geltend machen.« Waldemar entgegnete: »Kanut hatte keinen Theil an der Schuld seines Vaters; du aber darfst Erichs Thaten nicht für dich anführen, da du mir so vielfach selbst zu der Zeit nach dem Leben trachtetest, wo ich noch keine höheren Ansprüche machte, sondern nur dein getreuer Lehnsmann war. Du ertrugst uns nicht als Niedere; wie viel weniger können wir glauben, daß du friedlich seyn werdest gegen die Gleichgestellten. Nicht bethört von deinen Worten, bloß aus Milde und Mitleid wollen wir dir jedoch Billiges zugestehn.« Sueno betheuerte wiederholt die Unschuld und Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen und fügte fragend hinzu: »was ihn wohl zur Hinterlist bewegen solle? er sey kränklich und habe ja keine Kinder, denen er ein Reich hinterlassen könneSo erzählt Saxo, obgleich anderwärts Söhne von ihm erwähnt werden. Siehe Pegav. chron. Chronogr. Saxo. Chron. Daniae No. 1 bei Ludwig IX, 26.  Auctor incert. No. 6. ibid. IX, 151. – Nach Vergleichung von manchen widersprechenden Nachrichten, scheint die angenommene Zeitrechnung die richtigste..« – So unbefangen 163 {1157} und ehrlich lauteten seine Worte, während er innerlich schon auf neuen Trug sann. Zu einem zweiten Gespräche auf Laland brachte er nämlich eine zahlreiche Bedeckung mit und befahl: sie solle Wortwechsel und Streit erheben, und dabei seine Gegner gefangen nehmen oder tödten; allein Kanut, argwöhnischer als Waldemar, erschien nicht in Person, und Sueno widerrief nunmehr jenen Befehl, weil er meinte, es sey kein Gewinn, wenn er nicht beide Gegner gleichzeitig vernichte.

Bald nachher theilte Waldemar, vermöge Auftrags der beiden andern, das Reich in drei Theile: er selbst erhielt Jütland, Sueno Schonen, Kanut Seeland, Fühnen und die kleinern zunächst gelegenen Inseln. Der hierüber errichtete Vertrag ward feierlich beschworen, jede Verletzung desselben mit Fluch und Bann belegt, und außerdem noch bedungen: man werde sich Verleumder gegenseitig ausliefern, damit kein Verdacht, keine neue Feindschaft entstehe. Die Könige kamen nach Seeland und ein großes Fest in Roschild sollte die Freude über den lang ersehnten Frieden darlegen und die neue Eintracht bekräftigen. Zwei Tage lang ergötzte man sich auf mannigfache Weise; da ergrimmte der finstere Sueno von neuem, weil er die Nebenkönige so heiter und unbesorgt sah. Als er am dritten Tage (es war der zehnte August 1157)Gebhardi Geschichte von Dänemark I, 488.  Helmold I, 84.  Saxo Grammat. XIV, 430.  Pegav. chron. contin. zu 1157. – Die Annal. Esrom. bei Langebek I, 241, setzen den Mord Kanuts auf den 10ten August 1158. zwischen beiden saß, erhob ein deutscher Sänger vorlaut ein Spottlied über des Königs Flucht und früheres Umherirren; dennoch beherrschte Sueno seinen Zorn und sagte, nachdem Kanut und Waldemar 164 {1157} den Sänger hart zurecht gewiesen hatten: »im Glücke erinnere ich mich gern der frühern bösen Zeit.« Das Mahl wurde fortgesetzt als sey nichts geschehen, und unter Trinken und Gesprächen kam der Abend heran. Schon hatte man Licht gebracht als Thetlev, ein Manne Suenos, in die Thür trat und ihm winkte. Sogleich stand er auf, versammelte getrennt von den übrigen seine Anhänger in einem Winkel des Saales, sprach heimlich mit ihnen, nahm ein Licht und ging hinweg. Da fuhr eine finstere Ahnung durch Kanuts Seele, er umhalsete Waldemar gegen seine Gewohnheit und küßte ihn aufs heftigste; aber ehe er noch Zeit hatte den Grund dieser außerordentlichen Bewegung anzugeben, brachen Suenos Leute mit gezogenen Schwertern auf beide ein. Zuerst wurde Waldemar in der Hüfte verwundet, warf aber dennoch, sich in seinen Mantel hüllend, Thetlev zu Boden, sprang durch die Thür, riß sich von einem zweiten los der ihn ergriff, und entfloh. Kanut dagegen ward durch Thetlev, der sich vom Boden aufgerafft hatte, getroffen; in demselben Augenblicke waren auch alle Lichter ausgelöscht und die Frevler entwichen. Absalon, Waldemars Freund und Milchbruder, wähnte in der Finsterniß, er halte diesen in seinen Armen; es war Kanut, welcher verschied. Unterdeß irrte Waldemar in der Nacht umher, bis er das Meeresufer und endlich ein kleines Schifflein fand, auf welchem er jedoch erst nach der neuen Lebensgefahr eines fürchterlichen Sturmes Jütland erreichte. Sueno, wüthend daß ihm die Hälfte seines Mordplanes fehlgeschlagen war, wollte nachsetzen; weil er aber selbst in rachsüchtiger Vorsicht alle naheliegenden Schiffe hatte durchbohren lassen, so mußte er diesen Plan aufgeben. List sollte nunmehr verdecken was der Gewalt mißlungen war: allein niemand glaubte dem Tyrannen, daß der Verrath gegen ihn sey angezettelt worden, jeder sah in Kanuts Tode und Waldemars Verwundung die Beweise ihrer Unschuld. Deshalb gewann der letzte in dem Maaße Anhänger als Sueno sie verlor, und siegte am 23sten Oktober 165 1157 vollständig auf der Grathahaide unweit Wiborg. Sueno entfloh anfangs zu Pferde, bis dies im morastigen Boden versank, dann zu Fuße, bis ihm auch die Rüstung zu schwer ward; endlich konnte der Entwaffnete, selbst mit Hülfe einiger Diener, aus Schwäche nicht weiter kommen. Er setzte sich unter einem Baume nieder, wurde gefunden und gab sich für einen königlichen Schreiber aus; bald darauf erkannt, flehte er, – den Tod fürchtend und Lebenshoffnungen keineswegs aufgebend –, daß man ihn zu Waldemar bringe: aber ein Landmann der ihn haßte, achtete nicht auf seine Bitte, sondern erschlug ihn mit seinem Beile. Auch Thetlev, der Königsmörder fiel in die Hände der Sieger, und so frech er sich früher bei der Unthat gezeigt hatte, so weibisch jetzt als ihn die verdiente Todesstrafe erreichte. Einige andere Theilnehmer an der Roschilder Verschwörung wurden auf Bitten der Freunde Kanuts von Waldemar verwiesen; jedoch mit dem Zusatze daß ihnen die Rückkehr erlaubt sey, sobald jene dazu ihre Beistimmung gäben. Waldemar wollte keinen dauernden Haß nähren und dadurch das Reich schwächen; auch neigt sich das menschliche Gemüth zur Versöhnung hin, sobald nur die Möglichkeit vorhanden gewesen ist, eine Unthat vollständig zu strafen und der strengen Gerechtigkeit zu genügen. Dem Sohne Erich des Lamms, Magnus, einem eifrigen Vertheidiger Suenos verzieh der König und gab ihm sogar Ehrenstellen und Güter, damit sich nicht aus Haß der entsetzliche Frevel des Verwandtenmordes erneuen möge.

So kam Dänemark nach langer Gesetzlosigkeit, unter Waldemar I zur Ruhe und allmählich zur MachtBaron. annal. zu 1161, Acta Sanctor. sechster April S. 630., und dem, in vieler Hinsicht sehr tüchtigen Könige stand Bischof Absalon von Roschild zur Seite; ein Mann in Krieg und Frieden, in weltlichen und geistlichen Angelegenheiten gleich geschickt und ausgezeichnet. Zu großem Verstande und 166 {1158} unwandelbarer Festigkeit des Willens gesellte sich Mäßigung gegen Untergebene und Milde gegen Hülfsbedürftige; nur den heidnischen Slaven, welche alle Küsten verwüsteten, war er immerdar Feind und rieth schon jetzt zu einem Kriege: denn der Sieg sey so rühmlich als nützlich, und eine Niederlage könne nur die Feigen vertilgen, mithin keinen großen Schaden bringen. Als aber die zum Reden in der Volksversammlung berechtigten Alten antworteten: »die Feinde hätten von diesen Absichten Nachricht bekommen, wodurch der Ausgang zweifelhaft und eine friedliche Unterhandlung räthlicher werde;« so wandte sich der König, diesen würdigen Stimmen weise nachgebend, an Heinrich den Löwen, der nach Empfang einer ansehnlichen Summe Geldes Niklot und die Slaven eidlich verpflichtete: den Frieden überall zu halten, keine Einfälle in Dänemark zu wagen, und ihre Raubschiffe in Lübeck abzuliefern. Allein von des Herzogs bevorstehendem Zuge nach Italien wohl unterrichtet, brachten die Slaven nur Wracke, {1159}und begannen bald darauf mit den zurückbehaltenen tauglichen Schiffen ihre alte Lebensweise. Hiezu drängte sie die Noth, die wachsende Macht der Deutschen und die Ansiedelungen derselben in ihrem Lande; hiezu reizte sie die Hoffnung auf Gewinn, Sieg und neue Begründung ihrer Unabhängigkeit.

Über diese unerwartet und vertragswidrig erneuten Fehden zürnte Waldemar natürlich sehr, und war im Begriff die slavischen und herzoglichen Besitzungen gleichmäßig zu verwüsten, als ihm Bischof Gerold mit Erfolge vorstellte: er möge, damit der Unschuldige nicht gleich dem Schuldigen leide, die Rückkehr Heinrichs des Löwen abwarten, der gewiß Maaßregeln zu seiner Genugthuung ergreifen werde. {1160} Auch beschied dieser sogleich nach seiner Ankunft die Slaven zu einer Versammlung nach BerenforthChronogr. Saxo und Bosov. annal. zu 1160.; welche aber, theils im Bewußtseyn ihrer Schuld, theils um deswillen nicht erschienen, weil alles Verhandeln und Aussöhnen zuletzt doch 167 {1160} nur den Verlust ihrer Unabhängigkeit und Religion bezwecke. Sie bereiteten sich zur Gegenwehr und kaum war die Acht, – wie sie erwarten konnten –, über sie ausgesprochen, so versuchte Niklot Lübeck zu überrumpeln und war schon bis zur Brücke über die Wakenitz gedrungen, als ein nahe wohnender Priester Athelo, durch den Lärm aufgeschreckt herzueilte, schnell jene Brücke in die Höhe zog und so die Stadt errettete. Auf dem Rückwege verbrannte Niklot seine Schlösser Ilow, Meklenburg, Schwerin und Dobin, weil er sie unmöglich alle besetzen und schützen konnte, und begnügte sich aus dem, stärker befestigten Wurle an der Warnow, dem Heere des Herzogs so viel Abbruch zu thun, wie irgend möglich. Als sich hiebei seine Söhne Pribislav und Wertislav eines Tages zu weit gewagt und vor der aus dem deutschen Lager herbeieilenden Übermacht die Flucht ergriffen hatten, rief er zornig: »nicht Helden zeugte ich, sondern Weiber,« und legte sich mit Auserlesenen in einen Hinterhalt zu Rache und Sieg. Noch listiger verbargen die Deutschen ihre Waffen und Rüstung unter gemeinem Anzuge und täuschten Niklot durch den Schein geringer Macht, bis ihm die Lanze unerwartet an einem feindlichen Harnisch zersprang: er ward umringt, erschlagen und sein Kopf in das Lager des Herzogs gebracht. Pribislav und Wertislav verbrannten hierauf Wurle und retteten sich mit den ihrigen in die Wälder oder auf die Schiffe; ein anderer Sohn Niklots, der aus Vorliebe für das Christenthum zu den Dänen geflohen war, erfuhr die Nachricht vom Tode seines Vaters bei Tische, zog die Hand von den Speisen zurück und senkte das Haupt; aber nach kurzem Nachdenken sagte er: »der Verächter des wahren Gottes muß untergehn,« und kehrte zur vorigen Heiterkeit zurück.

{1161} So dachte keineswegs die Masse des Volkes, und es würde zu der äußersten Widersetzlichkeit, ja zu einer völligen Auswanderung gekommen seyn, wenn nicht der Herzog den Söhnen Niklots Wurle nebst der umliegenden Gegend als Lehn überlassen hätte. Hiedurch waren diese aber 168 {1162} um so weniger ganz zufrieden gestellt, als die alten Hauptorte, Kuscin, Meklenburg, Malchow und Schwerin in den Händen von deutschen Rittern blieben, und mit der festeren Gründung des Christenthums auch regelmäßigere AbgabenDe aratro tres modios siliginis et duodecim nummos monetae publicae, also keinen eigentlichen Zehnten.  Helmold I, 87.  Corner 697 und 720.  Chronogr. Saxo zu 1160.  Chron. mont. sereni zu 1159–1163. verbunden wurden. Einen Plan, in Verbindung mit den pommerschen Fürsten deshalb neue Fehden zu beginnen, {1163} entdeckte aber Graf Günzel von Schwerin, des Herzogs Statthalter, und umlagerte bald nachher, vom diesem verstärkt, die Festung Wurle. Theils der Mangel an Lebensmitteln, theils die Wirkung der Kriegswerkzeuge, welche Heinrich der Löwe auf dem italienischen Zuge kennen gelernt hatte, zwangen den eingeschlossenen Wertislav sich zu ergeben; und mit dem in die Wälder entkommenen, durch Streifzüge noch furchtbaren Pribislav wurden Verhandlungen angeknüpft, die dem Lande vom März 1163 bis zum Februar 1164 Ruhe verschafften.

{1164} Um diese Zeit empfing Pribislav, welchen die Furcht seinem gefangenen Bruder zu schaden von kühnen Unternehmungen abgehalten hatte, aus Braunschweig eine Botschaft des Inhalts: »als Niklot unser Vater in Lüneburg gefangen saß, wagte niemand Krieg gegen die Deutschen um nur ihn zu retten: allein dadurch wurde seine Haft verewigt und erst als Empörung gewaltig überhand nahm, ließ man ihn los. Wie aber auch der Erfolg sey, mich vergiß gleich einem Todten: wache und handle.« Pribislav versammelte hierauf ein Heer, erschien plötzlich vor Meklenburg und ließ, – bei der zufälligen Abwesenheit des Befehlshabers Heinrich von Skathen –, der Besatzung und den Bewohnern sagen: »mit Unrecht wäre er aus dem angestammten Gute vertrieben worden; wenn sie ihm freiwillig die Feste übergäben, sollte ihnen weder an Leib 169 {1164} noch Gut Gewalt geschehen, im Fall des Widerstandes aber jeder getödtet werden.« Ungeschreckt durch diese Drohung wagten die Tapfern den Kampf, erlagen aber den gleich muthigen und weit zahlreicheren Slaven: alle Männer wurden in der erstürmten Stadt niedergehauenStederburg. chron. zu 1164. Vergleiche Böttigers Erzählung., Weiber und Kinder hinweggeführt, die Häuser verbrannt und die Befestigungen zerstört. Graf Günzel der, vom Aufruhre hörend, mit nur geringer Mannschaft nach Ilow geeilt war, wollte die von dem Blutbade entkräfteten Sieger unverzüglich angreifen, wogegen andere warnend vorstellten: wenn die Slaven in Ilow ihnen bei der Rückkehr die Thore versperrten, geriethen sie zwischen zwei Feinde und ihr Untergang sey unvermeidlich. Und in der That, ehe noch ein Beschluß gefaßt war, erblickte man Pribislavs Heer schon in der Ferne, und seine heimlich in die Stadt eingedrungenen Boten ermunterten die Slaven aufs lebhafteste zum Abfalle, vorstellend: »wie aus längerer Unterwerfung unabwendbare Noth und ewige Schande hervorgehe; von welchem unschätzbaren Werthe dagegen die Freiheit selbst sey, ja, wie belohnend schon der Ruhm des Todes für die Freiheit! Seinen Vater Niklot habe ungerechte Übermacht erdrückt, sein Bruder liege in Fesseln, aus den Trümmern des Volkes stehe er allein noch übrig aus dem alten Fürstenstamme. An ihn, als an seinen letzten Führer, solle das Volk sich anschließen; er wolle nur leben, wenn das Volk bestehe!«

So kräftige und rührende Vorstellungen setzten die Gemüther in schmerzlich heftige Bewegung; doch verlor Graf Günzel die Fassung nicht, sondern versammelte die Deutschen und sprach zu ihnen so laut, daß es auch die umherstehenden Slaven hörten: »bei dem ersten Zeichen eines innern Verrathes zündet die Stadt an allen Ecken an und macht jeden Lebendigen nieder, damit wenigstens der 170 {1164} Untergang beide Völker gleichzeitig treffe.« Die Slaven in Ilow, jetzo mehr durch diese nahe Gefahr geschreckt als durch die entferntere Hoffnung angefeuert, blieben ruhig und Pribislav, der seine Kräfte nicht durch einen zweiten Sturm schwächen wollte, zog nach Kuscin und Malchow, deren deutsche Bewohner seinen Anerbietungen, in Erinnerung an das Schicksal Meklenburgs, Gehör gaben und nach Räumung der Festen ohne Gewaltthat bis zur Elbe geleitet wurden.

Diese Ereignisse führten zu einer Verbindung zwischen Heinrich dem Löwen, König Waldemar von Dänemark und Markgraf Albrecht. Der letzte hatte, seitdem ihm die Hoffnung fehlgeschlagen war das Herzogthum Sachsen zu erhalten, seine Thätigkeit nach der entgegengesetzten slavischen Seite gewandt und theils durch die Waffen, theils durch das Vermächtniß eines SlavenfürstenSo glauben wir die Sache zufolge Loebells comment. de origine Marchiae Brandenburgicae, selbst nach Prüfung der Einwendungen des Recensenten in den heidelberger Jahrbüchern (1821, März) fassen zu müssen., der ihm befreundet und Christ war, seine Besitzungen erweitert und insbesondere Brandenburg gewonnen, von welcher Stadt die Markgrafschaft nunmehr den Namen erhielt. Durch jene erneuten und siegreichen Bewegungen der Slaven wurden diese Erwerbungen allerdings bedroht, auch konnte sich Albrecht unmöglich für die heidnischen Feinde der Christen erklären: andererseits erschien es ihm aber bedenklich den Einfluß Heinrichs, seines alten mächtigen Gegners, in diesen Landschaften zu befördern. Daher mag sein Antheil an dem bevorstehenden Kriege minder eifrig gewesen seyn, als König Waldemars, den verwüstende Plünderungen seiner Küstenländer gegen die seefahrenden Slaven aufreizten, und der nicht minder auf Eroberungen bedacht warHelmold II, 3-5.  Lerbecke 506, Corner 725, Saxo Grammat. XIV, 483., als Herzog Heinrich. Dessen Heeresabtheilungen stießen unter 171 {1164} Anführung der Grafen Adolf von Holstein, Rainold von Ditmarsen, Günzel von Schwerin und Christian von Oldenburg bei Verchen, zwei Meilen von Demmin zusammen; er selbst war mit den Lebensmitteln, dem Gepäck und einer zahlreichen Begleitung noch in Malchow zurückgeblieben, und hatte hier Wertislav, zum Schrecken seiner Freunde und zur Strafe für die obenerzählten Rathschläge, an einem Baume aufknüpfen lassen. Die Slaven, welche durch ihre unter den Deutschen befindlichen Landsleute von allem genau benachrichtigt wurden, und unter Pribislav und den pommerschen Fürsten Kasimir und Boleslav bei Demmin versammelt standen, geriethen über dies grausame Verfahren in den höchsten Zorn, boten aber, obgleich vergebens, dem Herzog mehre tausend Mark für die Bewilligung des Friedens. Sie erreichten hiedurch einen doppelten Zweck: ihre eigenen Schaaren überzeugten sich nämlich, daß keine Aussöhnung möglich und nur in tapferem Widerstande Rettung sey; und umgekehrt wurden die Deutschen (den so oft geschlagenen, jetzt furchtsam Frieden Suchenden gegenüber gestellt) anmaaßlich, unvorsichtig und nachlässig. Daher gelang es jenen, diese in einer Nacht unbemerkt zu umringen. Als nun mit Anbruche des Tages eine deutsche Abtheilung zur Aufsuchung von Lebensmitteln aus dem Lager hervorging, erschienen plötzlich die Slaven auf allen Höhen, warfen sie zurück, drangen nach, eroberten das Lager und erschlugen die Grafen Adolf und Rainold. An dieser Stelle war der Sieg vollkommen und nur die Grafen Christian und Günzel, welche mit etwa 300 Streitern abgesondert standen und gleichzeitig von dem Angriffe und der Niederlage hörten, waren in Zweifel, was sie gegen die Übermacht beginnen sollten. Da riefen Knappen, welche den voreilig plündernden Slaven noch zu widerstehen wagten, ihre Herren und Ritter zu Hülfe; jede scheinbar vorsichtige Zögerung ward Feigheit gescholten. Dies entschied: die Grafen Christian und Günzel griffen an, während sich die auseinander gesprengten Sachsen von neuem sammelten: 172 {1164} gemeinsam eroberten sie itzt das Lager wieder, erschlugen an drittehalbtausend Slaven und verfolgten die übrigen unter Anführung des eben anlangenden Herzogs bis in die Gegend von Stolpe. Hier fand sich auch König Waldemar ein, nachdem er Rügen bekriegt und Wolgast von den Einwohnern verlassen gefunden hatte.

Die Slaven, durch einen so raschen Wechsel des Glücks niedergebeugt, suchten den Frieden und der Herzog ging um so lieber darauf ein, als Mangel an Lebensmitteln entstand, andere Geschäfte seiner warteten und wahrscheinlich Mißverständnisse mit dem Könige von Dänemark eintraten. Vielleicht im Vertrauen auf die letzten, drang Pribislav nochmals vor, sobald Heinrich in seine deutschen Länder zurückgekehrt war, baute Demmin wieder auf und wagte Streifereien gegen Schwerin und Ratzeburg. Erst als die Grafen Günzel und Bernhard ihn mehre Male zurückschlugen, und die pommerschen Fürsten ihres Schutzes verlustig erklärten, wenn er ihnen durch seine Unternehmungen neue Gefahr bereite, als Waldemar und Heinrich der Löwe sich nochmals zu gemeinsamem Schutz und zur Theilung des Zinses von eroberten Ländern verbanden, mußte er, ein Einzelner, an der Spitze eines schwachen Stammes gegen so viele Fürsten und Völker gestellt, sich der Macht der Verhältnisse unterwerfen. Ihrerseits sorgten die Sieger dafür daß die Einwohner der gewonnenen Landschaften friedlichen Gewerben wiederum ungestört nachgehen konnten und Ansiedler, gutentheils aus Holland, Seeland und Flandern berufenSiehe hierüber Wersebes gründliches Werk, brachten neues Leben in herrenlose oder verwüstete Gegenden.

Auf diese wichtigen Veränderungen an den nördlichen Gränzen Deutschlands, wirkte der Kaiser unmittelbar weder fördernd noch hemmend; doch mußte ihm die Verbreitung des Christenthums und deutscher Macht durch Heinrich, seinen nahen und getreuen Verwandten, willkommen seyn, und auch das Verhältniß Dänemarks zu Deutschland, war 173 {1162} von neuem seinen Wünschen gemäß festgestellt. König Waldemar hatte sich nämlich um die Zeit der Zusammenkunft von Launes ebenfalls im kaiserlichen Lager eingefundenDie Nachrichten bei Saxo (XIV, 470) von der Reise Waldemars nach Metz und Besançon, weichen sehr von denen der übrigen Schriftsteller ab; (siehe Bünau 155, Gebhardi Gesch. von Dänemark I, 492, Münters Beiträge I, 27, Albert. Stadens. zu 1163) und wir dürfen ihm hier schwerlich vollen Glauben schenken. Er sagt z. B., der Kaiser habe jenen von der Verpflichtung Mannen zu stellen frei gesprochen, und dem Nachfolger des Königs erlaubt alle Bedingungen einseitig aufzuheben; was den ganzen Verband ja auf nichts hinabbringt. Er habe ferner die deutschen Fürsten schwören lassen, ganz Slavien für Waldemar zu gewinnen; welche große Vergünstigung gewiß nicht ohne entgegenstehende Pflichten, oder vielmehr gar nicht bewilligt wurde, weil der Kaiser hiedurch sogleich mit Heinrich dem Löwen zerfallen wäre. Endlich sollen sich Waldemar und Absalon entfernt haben, als Viktor Alexandern bannen wollte; was glaublich ist, sofern es ohne Aufsehn geschah, was aber der Kaiser in Besançon schwerlich geduldet hätte, wenn es irgend als eine offene Erklärung gegen seinen Papst erschienen wäre. und die dänische Krone aus den Händen Friedrichs empfangen; allein den Sinn dieser Feierlichkeit und die Pflichten der Wechselverbindung deutete wohl damals schon der Geber und der Empfänger verschiedenZu den leeren, breitgetretenen geschichtlichen Fragen gehört auch die: ob Dänemark dem deutschen Reiche lehnbar gewesen sey; und eine Partei hat die Unabhängigkeit für immer so behauptet, wie die andere für immer geleugnet, während die Thatsachen zeigen: daß die Deutschen bisweilen sehr großen Einfluß in Dänemark hatten, bisweilen aber nicht im Stande waren auch nur den kleinsten Anspruch geltend zu machen., und nach Maaßgabe der Kräfte und der Umstände galt bald die eine bald die andere Auslegung. Für jetzt that Waldemar gewiß gut, daß er sich dem Kaiser weder in Hinsicht auf weltliche, noch in Hinsicht auf kirchliche Angelegenheiten als Feind gegenüberstellte; obgleich er in der Stille mehr für Alexander als für Viktor wirken mochte.

Um dieselbe Zeit wo deutscher Einfluß durch die 174 {1162} Krönung Waldemars in Norden gesichert zu seyn schien, ward er gegen Abend dadurch erneut und bestätigt, daß der Erzbischof von Lyon sich in den Schutz des Kaisers begab und Graf Raimund die Provence als einen Theil des arelatischen Reiches von ihm als Lehn empfingEinige Grafen hatten den Erzbischof von Lyon vertrieben; der Kaiser setzte ihn wieder in den Besitz der Stadt. Trivet zu 1162. Über Raimund siehe: Moriondus II, Urk. 22, S. 531.  Ferreras III, 522. Bünau 155. Vom burgundischen oder arelatischen Reiche wird in den Alterthümern noch mit mehrem die Rede seyn. S. Buch I, S. 22.; was bei den eingetretenen unangenehmen Verhältnissen zu Frankreich doppelt erwünscht seyn mußte. – Bald nach dieser Belehnung, im Herbste des Jahres 1162 eilte Friedrich von Besançon nach Deutschland, wo seine Gegenwart aus vielen Gründen, und insbesondere wegen der mainzer Unruhen dringend nöthig war.

Erzbischof Adalbert, der Gegner Kaiser Heinrichs V, hatte den Bürgern von Mainz für die ihm bewiesene Treue große Vorrechte eingeräumt und hiedurch ihren Muth und ihr Selbstvertrauen dergestalt erhöht, daß beides oft in Übermuth und Anmaaßung ausartete. So erschien einem Theile der Bürgerschaft die Absetzung des Erzbischofes Heinrich durch die Abgeordneten des Papstes Eugenius III, wohl nicht ohne allen Grund als widerrechtlichBuch IV, S. 15., und sein Nachfolger Arnold als mitschuldig. Einerseits war dieser mäßig und streng in seinem Wandel, sorgsam für die Herstellung der Kirchen, scharf gegen weltliche Eingriffe und so mildthätig gegen Arme, daß er in theuren Zeiten deren mehre hundert speisete; andererseits war er jähzornig und glaubte, der widerspenstige Sinn seiner Unterthanen sey nur durch Strenge zu beugen. Doch konnte er von ihnen keinen Beitrag zum italienischen Zuge erhalten, und fand nach seiner Rückkunft, daß der Prior Burkard nebst seinem Neffen, dem Ritter Mangot, in der Hoffnung Arnolds Nachfolger zu werden, die Unzufriedenheit der Mainzer noch 175 {1158} vermehrt hatte. Anstatt nun als ein bejahrter und sonst kluger Mann milde auf eine Aussöhnung hinzuwirken, ergriff Arnold heftige Maaßregeln; wodurch er zuletzt Vornehme wie Geringe, Geistliche wie Bürger größtentheils von sich abwandte und nur einen geringen Theil der letzten, besonders die Fleischer, auf seiner Seite behielt. Als er nun gar eine nach Mainz berufene Kirchenversammlung mit bewaffneter Hand auseinander zu jagen suchte, ward er selbst vertrieben und eilte nach der Lombardei zum Kaiser; {1159} der aber um so weniger aus der Ferne unbedingt für ihn entscheiden wollte, da seine Gegner ihre Gründe ebenfalls durch Abgeordnete vortragen ließen. Doch gebot er Frieden, Gehorsam und Entschädigung des Erzbischofes für die doppelte Reise. Über diese Forderungen entbrannte der Zorn der Mainzer dergestalt, daß sie den erzbischöflichen Palast und die Martinskirche plünderten und hiebei mehre Geistliche prügelten und verwundeten. Laut klagte Arnold in dem um diese Zeit erlassenen Schreiben: »ich bin in solchen Abgrund von Unruhe und Verwirrung gerathen, daß ich nicht weiß was ich thun und was ich hoffen soll, und nur Gott anflehen kann, seinen Zorn in Milde zu verwandeln.« {1160} Doch wandte er sich zur Zeit der Kirchenversammlung von Pavia zum zweiten Male an den Kaiser, welchem die mainzer Bevollmächtigten eidlich versprechen mußten: aller Schaden solle ersetzt, alles Zerstörte hergestellt, die Schuldigsten verwiesen und Kirchenbuße gethan werden. Graf Simon von Saarbrück sorgte als kaiserlicher Bevollmächtigter für die Vollziehung dieses Spruchs; ehe indeß alle sonstigen Streitpunkte beseitigt waren, kehrten einzelne Verbannte heimlich zurück und reizten das Volk nochmals zu den heftigsten Beschlüssen. Demungeachtet zog Arnold im Vertrauen auf die Zahl seiner Anhänger gen Mainz, ohne die Ankunft neu geworbener Söldner abzuwarten, und antwortete den vorsichtig Warnenden: »die mainzer Hunde bellen zwar, können aber nicht beißen; nur ein Feiger fürchtet sich vor ihnen.

176 {1160} Sobald der Erzbischof im Kloster des heiligen Jakob vor den Thoren von Mainz angekommen warChronogr. Saxo.  Chron. mont. sereni.  Anonym. de caede Arnoldi in Joannis script. I, 78 und 807.  Conradi chron. Mogunt. 767.  Harzheim concil. III, 383, 387.  Dodechin zu 1158–1162.  Append. ad Radev. 558.  Erfurt. chron. S. Petrin.  Gudeni cod. diplom. I, 233.  Latomus 504., fanden sich am Johannistage 1160 einige Bürger bei ihm ein, angeblich in friedlicher, der Wahrheit nach in der feindlichen Absicht, die Zahl seiner Begleiter zu erforschen. Wahrscheinlich auf die Anzeige jener, weigerte man sich itzt die Geißeln zu stellen, welche Arnold früher verlangt, und die man ihm versprochen hatte. Dies erregte allerdings einige Besorgniß: doch ahnete der Erzbischof nicht, daß offene Feinde und ungetreue Freunde (unter ihnen vielleicht der Abt des Jakobsklosters) die ohnehin aufgebrachte Menge mit täuschenden Reden zu offenem Frevel anfeuerten. Jetzt, so sprach man, sey Arnold in ihrer Gewalt; mit einem Male könnten sie sich von Strafen, Fehden und Verfolgungen befreien. Kaum war die Nacht angebrochen, so umringten die Verschwornen in aller Stille das Kloster und suchten dann plötzlich die Thore einzusprengen. Dudo von Dedenhofen hörte zuerst den Lärm und forderte seinen, aus dem ersten Schlaf aufgeschreckten Bruder, den Erzbischof zur Flucht auf. Allein dieser antwortete: »nie werde ich vor Aufrührern fliehen, und was sie auch bezwecken, zum Morde sind sie nicht entschlossen, nicht frech genug. Auch können wir äußersten Falls das Kloster mehre Tage, bis Hülfe kommt, vertheidigen.« Unterdeß sprengten jene aber schon die Thore und kaum blieb dem Erzbischofe Zeit sich auf den Thurm zu retten und dessen Thüre zu versperren. Vorstellungen des hinabgeschickten Abtes blieben ohne Wirkung: das Geschrei wurde mit jedem Augenblicke fürchterlicher und die Flammen loderten bereits an den Mauern in die Höhe, wodurch man die Eingeschlossenen zwingen wollte hervorzugehn. Ritter Dudo wagte sich zuerst hinab, 177 {1160} ward aber, ehe er sprechen konnte, von Mangot niedergestoßen. Endlich erschien auch der Erzbischof, schon halb verbrannt, in der Thurmthür und sogleich erhub sich allgemeines Hohngeschrei und Geschimpfe: Verräther, Ungeheuer, Pest des Vaterlandes u. s. w. Ein Mann Namens Helinger traf ihn zuerst, jedoch nicht tödtlich mit dem Schwerte, dann drangen viele hinzu um mit Hieben, Stichen und Steinwürfen ihre Wuth zu befriedigen. Hiedurch noch nicht zur Besinnung gekommen, frevelte man weiter an seinem Leichname, zog ihn nackt aus, riß ihm die Ringe von den Fingern, steckte ihm brennendes Gestrüpp in den Mund, schlug ihm die Zähne mit Steinen aus, schleppte ihn bei den Füßen umher und erlaubte, daß selbst Hökerweiber und Huren den Mißhandlungen ekelhaft unwürdigen Spott zugesellten. Die Armen, welche Arnold in seinen glücklichen Tagen genährt und gepflegt hatte, wollten ihn jetzt begraben, wurden aber von den Aufrührern daran gehindert und erst nach dreien Tagen wagten es die Stiftsherren der heiligen Maria, den unkenntlich gewordenen Leichnam aus einer Mistgrube, wohin man ihn geworfen hatte, heimlich aufzuheben und zu beerdigen.

Um einen mächtigen Fürsprecher wegen der begangenen Frevel zu gewinnen, wählte man in Mainz Rudolf, den Bruder des Herzogs von Zäringen zum Erzbischof, wogegen Pfalzgraf Konrad, Landgraf Ludwig und mehre andere mächtige Laien, in Gegenwart der Sprengelbischöfe und des Erzbischofs von Trier (welcher zugleich päpstlicher Bevollmächtigter war) den Vorsteher des merseburger Stifts, Christian, an Arnolds Stelle setzten. {1161} Beide Bewerber suchten itzt höhere Bestätigung, ja Rudolf veräußerte sogar zu diesem Zwecke den Überrest eines goldenen Kreuzbildes, wovon seine Vorgänger schon beide Füße verkauft hatten: allein Friedrich und Viktor verschmähten diese Gaben, verwarfen seine und Christians Wahl als gleich ungesetzlich und erhoben Konrad, den Bruder des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, zum Erzbischofe. Vergebens zürnte Bertold von 178 {1163} Zäringen hierüber und schrieb, wahrscheinlich um die Zeit der Versammlung zu Launes an Ludwig VII von Frankreich: »er möge den Kaiser nicht fürchten und sich auf seinen und anderer Fürsten Beistand verlassen;« – Rudolf blieb vom erzbischöflichen Stuhle ausgeschlossen und erlangte erst nach mehren Jahren das Bisthum LüttichVergl. Alberic. 349, 353.  Lamberti addit. zu 1160.  Epist. ad Ludov. VII, 377. – 1168 wurde Rudolf Bischof von Lüttich.  Erfurt. chr. S. Petrin.. Über die Verbrecher selbst sollte ein, im Frühlinge des Jahres 1163 berufener Reichstag in Mainz entscheiden. Gottfried, der Abt des Jakobsklosters, welcher sich nicht vollständig rechtfertigen konnte, verlor seine Würde und mußte das Reich meiden; mehre von den ebenfalls zur Untersuchung eingeschlossenen Mönchen sprangen in der Angst zum Fenster hinaus und ihr Kloster wurde niedergebrannt. Die meisten der frevelnden Einwohner hatten, jetzt so furchtsam als früher tollkühn, vor des strengen Kaisers feierlichem Einzuge Mainz verlassen: diejenigen aber welche man noch ergriff, verloren Gut und Leben; endlich der Stadt selbst nahm der Kaiser alle Vorrechte, ließ ihre Mauern niederreißen und die Gräben ausfüllenGünther I, 395.  Reichersberg. chron.  Chron. mont. sereni.  Dodechin.  Bosov. annal.  Chronogr. Saxo..

Dies Beispiel strenger Gerechtigkeit mochte die Beseitigung mancher anderen Unbilden in Deutschland erleichtern, und selbst die Polen überließen auf des Kaisers mächtige Vermittelung Schlesien den drei Söhnen des, wahrscheinlich an Gift gestorbenen, UladislavPoloni filios ducis sui expulsi receperunt, curia eis ab imperatore indicta.  Chron. mont. sereni zu 1163.. Allein Friedrich konnte leider nicht lange in den nördlichen Gegenden wirksam seyn: denn die Umstände riefen ihn im Herbste des Jahres 1163 schon wieder nach Italien. 179

 


 


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