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Viertes Capitel.
Feldzug von 1628. Politische Umwandlung in Norddeutschland.

Mit diesen großen Entwürfen sich beschäftigend, welche Occident und Orient, den Norden und den Westen von Europa umfaßten und hauptsächlich die Erhebung des Hauses Oesterreich zu einer dominirenden Stellung in der Welt bezweckten, verlor Wallenstein – er hätte sonst nicht er selbst sein müssen – doch auch die Förderung des eigenen persönlichen Vortheils niemals aus den Augen. Er war von dem ökonomischen Gesichtspunkt eines Gutsherrn, der seine Geldkräfte mit kluger Berechnung verwendet, ausgegangen; durch entschlossene Theilnahme an den Parteikämpfen der Zeit, militärische Dienste und Aufwendungen, vor allem durch die Ansprüche, die sich daran knüpfen ließen, war er zu einer territorialen Magnatenstellung, wie es noch kaum jemals eine umfassendere gegeben hatte, gelangt: er suchte sie zu einer selbständigen fürstlichen auszubilden. Indem er den Kaiser zum mächtigsten Herrn der Welt zu machen trachtete, wollte er doch von dessen Regierung nicht so ganz abhängig bleiben, wie andere Landsassen und Unterthanen.

In Folge der böhmischen Unruhen war er mit dem ausgedehnten Gebiete, das er zu einem Fürstenthum Friedland vereinigte, ausgestattet worden. Daß er nun im Jahre 1626, wie es in dem Diplom heißt, eine ansehnliche Armee auf die Beine gebracht hatte, zur Dämpfung der in dem niedersächsischen Kreise hervorgebrochenen Kriegsbereitschaften Urkunde vom 4. Januar 1627 bei Förster: Wallensteins Prozeß, Urkundenbuch S. 44., ward ihm durch die Erhebung des Fürstenthums in ein erbliches Herzogthum gelohnt, welches zugleich mit Rechten ausgestattet wurde, wie sie kein anderes böhmisches Lehen besaß.

Wallenstein durfte den Adel ertheilen, Münzen schlagen und war soweit Souverän, als es sich mit dem Lehnsnexus vertrug, ungefähr wie ein deutscher Fürst. Er legte mit dem organisatorischen Talente, das ihm eigen war, sogleich Hand an eine Verbesserung der Verwaltung und der Gerichte. Durch die im böhmischen Landrecht vorgenommenen Abänderungen meinte er das Volk wieder »zu gebührendem Respect« gegen die Obrigkeit zu führen. Der Kaiser trug kein Bedenken, die neue Rechtsverfassung zu bestätigen, nur für einige wenige Fälle behielt er sich die Appellation vor.

Sehr auffallend lautet ein Privilegium, das sich Wallenstein damals verschafft hat. Sollte ein Besitzer dieser Herrschaften sich des Hochverraths schuldig machen, so dürfe ein solcher zwar am Leben gestraft werden, aber nicht mit Confiscation. Man hat angenommen, daß er im voraus den Folgen verrätherischer Anschläge, mit denen er sich trug, habe begegnen wollen. Gleich als hätte nicht die leiseste Andeutung dieser Art ihn zu Grunde richten müssen. Nur das liegt darin, daß er für seine Familie ein Besitzthum schaffen wollte, das den Wechselfällen, wie sie in Böhmen oft genug zum Vorschein gekommen waren, nicht ausgesetzt sein sollte.

Sein glücklicher Feldzug in Schlesien, durch welchen er das kaiserliche Ansehen in der Provinz wieder herstellte, trug ihm eine große Erwerbung in derselben ein. Unmittelbar nach den entscheidenden Erfolgen – 1. September 1627 – ist ihm das einst piastische Fürstenthum Sagan übertragen worden. Die Kammer hatte den Werth des Fürstenthums nach Abzug der darauf haftenden Schulden auf 150,850 Gulden taxirt. Dem General war es leicht, eine Rechnung aufzustellen, der gemäß ihm bezeugt wurde, er habe eben diesen Preis erlegt.

Zuerst war es nur ein Kaufbrief, durch den er in den Besitz von Sagan gelangte; nach einigen Monaten knüpfte sich eine umfassende Lehnsertheilung daran. Wallenstein gewann damit zugleich eine Stelle in dem schlesischen Fürstencollegium, auf dessen Versammlungen seine Bevollmächtigten den Vortritt vor den geborenen Fürsten und einen maßgebenden Einfluß in Anspruch nahmen.

Aber noch höher standen seine Gedanken. Durch den dänischen Feldzug waren ihm noch andere großen Aufwendungen – man schätzte sie auf drei Millionen Gulden – erwachsen; überdies aber erschien sein Sieg als ein Verdienst, das ein hochherziger Kaiser glänzend belohnen müsse. Im Bewußtsein seiner Stellung warf Wallenstein sein Augenmerk auf ein großes Reichsfürstenthum: er forderte Mecklenburg von dem Kaiser.

Die Doctrin des kaiserlichen Hofes war es nun einmal, daß es ihm nach alten Kaiserrechten zustehe, über die durch Majestätsbeleidigung verwirkten Regalien und Lehen nach seinem Gutdünken weiter zu verfügen. Durch keine Rücksicht auf Agnaten und keine früher ertheilte Simultanbelehnung achtete er sich für gebunden. Darauf hatte man sich von Anfang an bei der Behandlung der pfälzischen Angelegenheit bezogen. Soeben wurde die Oberpfalz auf diesen Grund, jedoch nicht ohne daß damit eine Art von Kaufgeschäft verbunden gewesen wäre, an den Churfürsten von Baiern übertragen. Man brachte es in den eroberten Ländern allenthalben in Anwendung. In Holstein erklärte der Herzog von Friedland unumwunden, die Renten confiscirter adeliger Güter seien zur Bezahlung der kaiserlichen Officiere bestimmt. Das Verfahren erhellt aus einer Forderung des Herzogs Adolf von Holstein Handelmann, Herzog Adolf von Holstein 36.. Seine Vorschüsse und Auslagen wurden von seinem Feldmarschall beglaubigt und von dem Obergeneral anerkannt. Eine Confiscationscommission, aus Walmerode und einigen anderen Hofkammerräthen bestehend, war im Lande. Dieser überwies der General die Forderung, indem er bemerkte: sie sollte eigentlich aus dem Kriegszahlamt befriedigt werden; da das aber keine Mittel dazu habe, so bleibe nichts übrig, als sie auf die Confiscationsgüter anzuweisen; als ein solches bezeichnte er die Herrschaft des verstorbenen Statthalters, Breitenburg und Pertinentien, und schon stellten sich Kaufleute dar, welche auf eine so ansehnliche Hypothek das Geld vorzustrecken willig waren. So wurde das Amt Hadersleben für Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg bestimmt. Zuweilen war der Gedanke, die Güter zu verkaufen, um die Kriegsobersten im Allgemeinen bezahlen zu können: meistens war die Vergabung ein Gemisch von Gnade und Zahlung. Der Churfürst von Mainz ergriff den günstigen Augenblick, den Hardenberg, dessen Besitzer in die Reichsacht verfallen war, sich selbst zuzueignen; andere Gerechtsame desselben überließ er dem kaiserlichen Rath Questenberg. Die Herrschaften des verstorbenen Administrators von Halberstadt vertheilte man an eine Anzahl namhafter kaiserlicher Kriegsführer. Johann von Merode bekam Blankenburg; Graf Thun Hohenstein; der Vetter des Generals, Graf Maximilian von Wallenstein, die Grafschaft Reinstein. Mit einem der abgesonderten Bezirke des Erzbisthums Magdeburg, Stadt und Schloß Querfurt, ward der Sieger von Heiligenhafen, Graf Schlick, ausgestattet.

Wenn man die Theilnahme der Edelleute an dem Kriege, den ihre Landesfürsten unternommen hatten, wie dort in Holstein geschah, als Majestätsverbrechen ahndete: wie viele Andere waren in demselben Falle! Eine vollkommene Umwandlung des Landbesitzes im nördlichen Deutschland trat in Aussicht.

Ein ähnliches Schicksal schwebte über dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel; doch hatte dieser noch in dem letzten Augenblick der Entscheidung, vier Tage vor der Schlacht am Barenberg, eine Abkunft mit Tilly geschlossen, welche den Reichshofrath in seiner Entscheidung wenigstens zweifelhaft machte Eine Notiz bei Mailath, österreichische Geschichte III, 141.. Die ganze Härte des Verfahrens dagegen ergoß sich über das Herzogthum Mecklenburg.

Die beiden Herzöge von Mecklenburg, Adolf Friedrich zu Schwerin und Hans Albrecht zu Güstrow, konnten keine Transaction dieser Art für sich anführen; man machte ihnen zum Verbrechen, daß sie allezeit halsstarrig an dem König von Dänemark festgehalten, dessen Absichten doch weit über die Kreisdefension hinausgegangen seien: vergebens sei ihnen von ihren Landständen angeboten worden, die Dänen aus den Festungen und Pässen, die sie eingenommen, hinauszuwerfen: man gab ihnen Schuld, die Besetzung des Bisthums Schwerin durch die Dänen genehmigt zu haben, und maß ihnen selbst Theilnahme an jenen Verbindungen mit Bethlen und den Osmanen bei, die für die kaiserlichen Erblande so höchst gefährlich geworden waren. So verhält es sich auch ohne Zweifel. Die beiden Herzöge, der eine feuriger, der andere zurückhaltender, hatten sich doch der protestantischen Partei mit vollem Herzen angeschlossen und die Unternehmungen des Königs von Dänemark gebilligt nicht allein, sondern auch unterstützt Darin möchte das wichtigste Moment liegen. Die Erwähnung ihrer ablehnenden Antwort begleitet David Frank: Altes und Neues Mecklenburg Buch XIII S. 18 mit der Bemerkung: »nun meinte Jedermann völlig überzeugt zu sein, daß die Herzöge es mit den Dänen wider den Kaiser hielten und die Dänen mit gutem Wollen der Herzöge in Mecklenburg wären.« Das war überhaupt ihre vornehmste Differenz mit den Ständen, welche auf jedem Landtage hervortrat.. Wer wollte ihnen noch heute daraus einen Vorwurf machen? Doch hatten sie sich nicht vollkommen bloßgegeben; sie konnten für jede ihrer Handlungen Entschuldigungen, die sich hören ließen, vorbringen: bis zur Evidenz ließ sich ihre Schuld nicht nachweisen. Aber der Kaiser nahm hierauf keine Rücksicht. Durch die offenkundigen Vorgänge hielt er sich für befugt, über ihre Gebiete als heimgefallene Lehen zu verfügen.

Wenn man nun am Hofe dem General, der, wie man sagte, den Kaiser vom adriatischen bis zum deutschen Meere zum Herrn gemacht hatte, eine große Belohnung schuldig zu sein bekannte, so wäre man sogar geneigt gewesen, ihn, in Erinnerung an die alte Oberherrlichkeit des deutschen Reiches über den Norden, zum König von Dänemark zu erheben. Nicht unmöglich schien das in dem ersten Augenblick der Niederlage König Christians, welche von den dänischen Reichsräthen ihm selbst Schuld gegeben und fast zum Verbrechen gemacht wurde, da der Krieg ohne ihren Antheil unternommen und dann so schlecht geführt worden sei, daß er ihnen zum größten Nachtheil an ihren Besitzthümern gereiche. Ihr Unwille und die Besorgniß, die sie wegen einer Fortsetzung des Krieges für sich selber hegten, erweckte am kaiserlichen Hofe die Meinung, sie würden dahin gebracht werden können, ihre Krone, wie es schon hundert Jahre im Werk gewesen war, von dem Hause Oldenburg auf das Haus Oesterreich zu übertragen, unter erneuerter Festsetzung ihrer Freiheiten. Für den Kaiser hätte das Wallenstein in jener Zeit gewünscht; denn damit wäre man auf einmal des Sundes Meister geworden; und an die Verfügung über die Krone hätten sich andere Combinationen knüpfen lassen Bethlen Gabor wollte wissen, daß man noch zweifelhaft sei, ob Dänemark als Königreich oder als Herzogthum fortbestehen sollte. Man hat gesagt, wie Wallenstein für den dänischen, so sei Schlick für den schwedischen Thron bestimmt gewesen.: für sich selbst die Hand nach dieser Krone auszustrecken, lag jedoch nicht in seinem Sinne. Eine der Rede werthe Alternative ist es doch, die dem böhmischen Edelmann vorlag, entweder König von Dänemark oder Herzog von Mecklenburg zu werden. Er sagte, die Krone werde er nicht behaupten können: er wolle mit dem, was sicherer sei, vorlieb nehmen Postscript zu dem Brief an Arnim, 3. Januar 1627. »Man hätte mir's bei Hofe wohl verkunnt (vergönnt), und S. Kais. Majt selbst; aber ich hab' mich gar schön bedankt, denn ich konnte mich nicht damit mainteniren.«.

Seinem Ehrgeiz wurde die hohe Befriedigung zu Theil, daß ihn der Kaiser bei einer Zusammenkunft zu Brandeis aufforderte, sich zu bedecken. Das war das Vorrecht der deutschen Fürsten in Gegenwart des Kaisers.

Bei der Uebertragung unterschied man das Fürstenthum an sich und das Einkommen. Die landesfürstliche Würde, die Jurisdiction und die Regalien wurden unter Betonung des hohen Werthes, der ihnen zukomme, dem Herzog von Friedland zur Belohnung der Dienste, die er geleistet habe, als freie Gabe übertragen: aus römisch-kaiserlicher Machtvollkommenheit. Die Einkünfte sollten abgeschätzt und davon die Schulden des Landes bezahlt, vornehmlich die Ansprüche Wallensteins nach seiner zu justificirenden Liquidation, mit Einrechnung eines Gnadengeschenks von 700,000 Gulden, das ihm der Kaiser verwillige, befriedigt werden; was dann übrig bleibe, wolle man zur Bezahlung des Kriegsheeres verwenden. Hierzu sollte auch die Confiscation der Güter der Rebellen dienen, die sich der Kaiser ausdrücklich vorbehielt In dem Texte der Urkunde vom 26. Januar 1628 bei Förster, Wallensteins Proceß. Urkb. Nr. 15, S. 92 dürfte der Absatz zu beseitigen und, statt Demnach, dennoch zu lesen sein. Die beiden Sätze sind nur ein einziger..

Man hat dem Kaiser vorgestellt, wie viel sich gegen diesen Beschluß einwenden lasse: die Schuld der Herzöge sei nicht eigentlich erwiesen, die Haltung des Generals nicht so ganz ohne Tadel noch Bedenken; man werde eine Aufregung der Reichsfürsten und selbst einiger europäischen Mächte hervorrufen, deren Folgen Niemand absehen könne. Aber das verschwand alles vor dem Eindruck der letzten erfolgreichen Kriegsthaten des Generals und vor der Erwartung der anderweitigen Dienste, die er noch leisten werde und solle.

Wenn man den Schritt in Erinnerung an das Herkommen im Reiche überlegt, so schloß er eine unermeßliche Tragweite in sich. Wem verdankte der Kaiser seine Krone, als den der alten Verfassung gemäß mit der Wahl beauftragten vornehmsten Fürsten? Die Prätension der deutschen Fürsten war, daß das Reich in ihnen beruhe. Der Kaiser, den sie mit der höchsten Macht bekleidet, verlor jetzt nicht allein die Gesetze, die seine Capitulation ihm vorschrieb, aus den Augen: er durchbrach selbst bei der Ersetzung der Verurtheilten den Kreis des erblichen Fürstenthums und griff weit über denselben hinaus. Einen Edelmann seiner Erblande belehnte er mit den Spolien eines alten reichsfürstlichen Hauses, einem großen Herzogthum, und erhob ihn zu einer Territorialmacht, die ihm eine überwiegende Stellung im Reiche verhieß.

Auch trat man nicht sogleich mit dem ganzen Vorhaben hervor. Zunächst wurde dem General das Herzogthum, zwar zugleich mit herrschaftlichen Rechten, doch nur als Unterpfand für seine Geldforderungen übertragen, auf so lange, bis seine Kriegskosten ihm erstattet seien.

Die Landstände, die durch eine kaiserliche Commission gegen Ende März 1628 in Güstrow versammelt wurden, hatten den natürlichen Gedanken, die Summe, welche Wallenstein zu fordern habe, wenn sie geprüft sei, selbst zu übernehmen. Aber sie wurden damit in herben Worten zurückgewiesen. Man sagte ihnen, der Kaiser habe sie ihres Eides an die frühere Herrschaft entlassen und das Land dem Herzog von Friedland angewiesen: würden sie sich weigern, dem zu gehorchen, so würden sie nur beweisen, daß sie an den Verbrechen ihrer Fürsten mitschuldig seien, während man es ihnen hoch anrechnete, daß sie dieselben zur Treue gegen den Kaiser angemahnt hatten. Ausschließlich auf die beiden Fürsten sollte die Strafe fallen. Das Recht der Regierung, so wie es diese besessen, sollte fortan dem Herzog von Friedland zustehen; man sagte ihnen, er werde das Land bei seiner jetzigen Verfassung lassen. Bei Gott und seinem Evangelium schwuren hierauf die Anwesenden mit aufgereckten Fingern, dem Herzog von Friedland – denn noch war Wallenstein nicht zum Herzog von Mecklenburg erklärt – hold, treu und gehorsam zu sein. Den beiden Herzögen ging das Gebot zu, sich aus dem Lande zu entfernen. Sie wünschten wenigstens ihre Gemahlinnen auf ihrem Leibgedinge zurückzulassen; bei schwerer Strafe wurde ihnen auferlegt, sie mit sich zu nehmen.

Der erste Act der neuen Regierung war die Bestimmung der Truppenzahl, welche das Land zum Kriege gegen die Dänen zu unterhalten hatte Frank S. 57. Spalding, Mecklenburgische Landesverhandlungen II, 554.. Man trug Sorge, daß die stärksten Quartiere nach dem Strand hin gelegt wurden, um die Häfen gegen die nordische Macht zu behaupten. Denn nicht allein darauf war es abgesehen, Wallenstein wegen seiner Forderungen zufrieden zu stellen. Der Generaloberst der kaiserlichen Armee sollte zugleich ein ansehnliches deutsches Land zum Behuf der Kriegsleistungen in seinem eigenen Namen einrichten und verwalten. Man verband damit noch eine weitere Absicht.

Im Angesicht der Mißachtung, welche die deutschen Seefahrer von den anderen Nationen erfuhren, und in Erinnerung an die alten Rechte der deutschen Kaiser auf die das Reich umspülenden Meere hatte schon Kaiser Rudolf II. im Anfang seiner Regierung an die Aufstellung eines Reichsadmirals gedacht, zur Behauptung der Gerechtsame des Reiches und zum Schutz der Seefahrt Bünau, de jure imperatoris circa maria § 31.. Darauf kam Ferdinand II. in diesem Augenblick zurück. Wallenstein empfing den Titel eines Generals des baltischen und oceanischen Meeres im geraden Gegensatz zu Dänemark, welches die Herrschaft über die deutschen Meere in Anspruch nahm. Wallenstein sollte über die Leitung des Seekrieges auf beiden Meeren ebenso gut die oberste Entscheidung zu geben haben, wie über die Landarmee. In der That konnte sich Niemand verbergen, daß ihm ein Krieg bevorstand, für den das eine und das andere erforderlich gewesen wäre.

Erneuerung des Krieges. Stralsund.

Nach den ersten Tagen eines verzweifelnden Unmuthes hatten sich die dänischen Reichsräthe doch entschlossen, gemeinschaftlich mit dem Könige, an dem sie festhielten, Anstalten zur Vertheidigung des dänischen Gebietes zu machen. Sie empfanden es als eine Beleidigung, daß es verletzt worden war, da sie sich doch von jedem Antheil an dem Krieg fern gehalten hatten Molbech, Kong Christian den Fierdes, egenhändige Breve, – og Staatsskrivelser tel Rigsraadet; Nr. 247; Tilläg till Nr. 255.. Der Ertrag einer neuen Schatzung und die erhöhte Accise, freiwillige Beiträge des dänischen Adels und der Norweger, verdoppelte Anstrengungen des Königs und seiner Familie machten es möglich, eine wohlüberlegte Küstenvertheidigung zu organisiren und eine kleine Flotte in Stand zu setzen. »Der brave König«, schreibt hierauf der englische Resident von Hamburg im Januar 1628, »hat sich wieder ein Herz gefaßt.«

Was dazu das Meiste beitrug, war ohne Zweifel der Rückhalt, den er an der Bundesgenossenschaft fand, die ihm Gustav Adolf von Schweden antrug.

In dem Augenblick des großen Umsturzes in Norddeutschland hatte Gustav Adolf die Anwandlung, auf alle Einmischung in die deutschen Angelegenheiten Verzicht zu leisten. Aber das Emportauchen der maritimen Pläne weckte ihn auf. Er hörte, das Haus Oesterreich habe dem König von Dänemark, wenn er den Sund aufgebe, die Admiralität des römischen Reiches versprochen: ihm selbst machte man Hoffnung auf Belehnung mit der dänischen Krone, wenn er sich anschließe; er hätte dann Liefland und Preußen, um das er so lange gekämpft, im Einverständniß mit Polen zu behaupten sich schmeicheln können. Ist aber nicht zugleich verlautet, man denke Dänemark an Wallenstein und die Krone von Schweden dem Grafen Schlick einzuräumen? Dem kaiserlichen General würde es doch noch lieber gewesen sein, wenn die schwedische Flotte in ihren Häfen verbrannt worden wäre Die schief, wo sie seind müssen ins Feuer gesetzt werden. An Arnim. Förster, Wallensteins Briefe I, 150., denn dann hätte er vom Norden her nichts mehr zu fürchten gehabt, die Hansestädte hätten sich fügen müssen; die großen Entwürfe der katholischen Welt, in denen Liga und Kaiser noch vereinigt waren, hätten sich höchstwahrscheinlich ausführen lassen. Das Gefühl der allgemeinen großen Sache, der es galt, hatte auf der andern Seite wohl Niemand mehr, als der König von Schweden. Ihm schwebte jeden Augenblick der universale Zusammenhang der Angelegenheiten vor Augen. Er behauptete, den Krieg gegen die Polen hauptsächlich deshalb zu führen, um die Theilnahme derselben an den Kriegen des Kaisers und der Liga unmöglich zu machen. Statt auf die Anträge Wallensteins einzugehen, bot er seinem alten Gegner, dem König von Dänemark, in der äußersten Bedrängniß desselben die Hand zum Bunde Schreiben Gustav Adolfs vom 21. Oct. 1627, bei Geijer, schwedische Geschichte III, 143; aus dem folgenden ersieht man die zwischen September und October vorgekommenen Schwankungen.. Die Streitigkeiten der protestantischen Staaten unter einander erschienen ihm als Privatangelegenheiten: alle Rathschläge müsse man dahin richten, das gemeine Wesen zu retten. Er erklärte sich bei der ersten Annäherung Christians IV. Sie ist vom 15. October: Schreiben an den Kanzler Chr. Friiß Molbech 233. bereit, nicht allein zur Vertheidigung des Königreichs, sondern auch der Ostsee gemeinschaftliche Sache mit Dänemark zu machen.

Der Gedanke war, daß Holländer und Engländer zugleich mit den Dänen die Nordsee und den Sund, die Schweden und die Dänen die Ostsee gegen das Eindringen der kaiserlich-spanischen Seemacht zu beschützen haben sollten. Denn auf der Herrschaft auf der Ostsee beruhte großentheils die Conservation der beiden Reiche Instruction vom 2. December 1627 bei Molbech No. 255..

Indem nun hierüber mit sicherer Voraussicht des Gelingens verhandelt wurde – schon die Annäherung erschien dem König als ein Bund –, trug ein spanisch-niederländischer Bevollmächtigter den versammelten Seestädten seinen Antrag auf eine Verbindung mit Spanien vor. Welchen Erfolg konnte er damit haben? Wenn zugleich der König von Dänemark den Städten drohte, im Bunde mit Schweden, England und den Generalstaaten, ihren Handel zu zerstören, wofern sie auf den Antrag eingingen, wie hätten sie nur einen Augenblick zweifeln können, denselben zurückzuweisen Erklärungen des dänischen Gesandten Kraz bei Reichard, Politik der Habsburger S. 136.! Man muthete ihnen an, sich einer Macht anzuschließen, die ihnen keine Hülfe leisten konnte und doch die ihre zu Zwecken benutzen wollte, die ihrer Religion zuwiderliefen. So erblickten die entfernten Städte, wie Danzig, in der beabsichtigten Verbindung zwischen Polen und Spanien vor allem ihre eigene Gefahr: denn nur auf eine Verstärkung der katholischen Gewaltsamkeiten gegen die evangelische Religion, der sie sämmtlich anhingen, sei es dabei abgesehen. Der Entwurf einer Allianz mit den Seestädten war ein Schloß in Spanien, wie die Franzosen sagen; Wallenstein ließ ihn baldigst fallen und forderte die Abberufung des Bevollmächtigten.

Was von der Hansa durch Unterhandlung unter spanischer Dazwischenkunft nicht zu erreichen war, suchte er – denn einen Genossen der Herrschaft wollte er niemals dulden – auf eigene Hand in den Küstenstädten, die direct oder indirect in seine Gewalt gekommen waren, durchzusetzen. Noch unter einer gewissen Theilnahme der Herzöge von Mecklenburg war Wismar mit einer kaiserlichen Besatzung belegt worden: im März 1628 erschien ein des Seewesens kundiger niederländischer Kriegsmann, Graf Philipp von Mansfeld, daselbst, um an die Armatur der Schiffe Hand anzulegen; auch die Halbinsel Pöl war in Besitz genommen. Rostock hatte eine förmliche Einquartierung durch die Zahlung einer ansehnlichen Geldsumme zunächst abgekauft, ohne jedoch mehr als eine mündliche Versicherung, daß es von derselben befreit sein solle, erlangt zu haben; aber der Hafen wurde durch versenkte Schiffe gesperrt; am Ausfluß der Warne wurde ein Fort angelegt. Schon längst war auch der Herzog von Pommern – es war Boguslav XIV., der letzte seines Stammes – zu wachsamer Vertheidigung seiner Seehäfen aufgefordert, dann aber, indem er dazu Anstalt traf, genöthigt worden, eine ansehnliche kaiserliche Einquartierung in sein Land aufzunehmen, die vor allem bestimmt war, sich der pommerschen Küsten und Häfen allenthalben zu versichern. Der Herzog, der für seine Autorität im Lande der Unterstützung des Kaisers bedurfte, zeigte sich bereitwillig, dazu mitzuwirken.

Hiergegen trat nun aber in Stralsund – der Stadt, an der das Meiste gelegen war, und die sich, obwohl erbunterthänig, doch solcher Privilegien erfreute, die ihr einen hohen Grad von Autonomie sicherten – ein Widerstand hervor, der von Tag zu Tag weitaussehender wurde und so wichtige Folgen gehabt hat, daß wir seinen Ursprung und Fortgang näher erörtern müssen.

Eigentlich dort an dem kleinen niedrigen Eiland zwischen der Stadt und der Insel Rügen, dem Dänholm, ist das Glück der kaiserlichen Waffen rückgängig geworden.

Gegen Uebernahme einer Rate der dem Lande durch die Einquartierung erwachsenden Kosten hatte die Stadt von dem Herzog die Versicherung bekommen, daß sie mit einer kaiserlichen Besatzung verschont bleiben solle. Die Worte derselben zeigen, daß der Herzog seiner eigenen Macht dabei nicht recht traute: er verspricht eigentlich seine guten Dienste »Daß I. F. Gn. unterthänige Stadt Stralsund wider Einquartierung der kaiserlichen Armee verbitten wolle, welches Stralsundische mit unterthänigem Danke angenommen.« Neubur: Beitrag zur Geschichte des dreißigjährigen Krieges, 1772, S. 21. Ein gutes Specimen der Localhistoriographie des achtzehnten Jahrhunderts..

Wenn nun dennoch die heranrückenden kaiserlichen Feldobersten auch ihrerseits eine bedeutende Summe Geldes – eben so viel wie Rostock zahlte – für die Befreiung von der Einquartierung forderten, so sträubte sich die Stadt dagegen, weil sie dann doppelt beschwert sein würde. Die Verhandlungen reizten die Gemüther, doch ist ein offener Streit darüber nicht ausgebrochen; die Stralsunder haben sich zuletzt verstanden, wenigstens einen Theil der geforderten Summe zu erlegen. Auch wenn die Kaiserlichen die Insel Rügen einnahmen, so konnte die Stadt nicht viel dagegen einwenden, da es der Herzog bewilligte.

Nun aber hatten die kaiserlichen Obersten, Arnim, Sparre und Götze, es rathsam gefunden, jenes kleine Eiland zu besetzen, ein unbestrittenes Eigenthum der Stadt, durch welches ihre Rhede beherrscht werden konnte: um keinen Preis wollten die Bürger die Nachtheile und die Gefahr ertragen, welche sie von dort bedrohe; es gelang ihnen im Anfang des März 1628, die kleine Besatzung, der man die Zufuhr abgeschnitten hatte, zum Abzug unter Kapitulation zu nöthigen.

Was sie vermochte, ohne Weile noch Rücksicht zur Besitznahme zu schreiten, war vor allem die Kunde, die ihnen zukam, daß von den kaiserlichen Obersten alles zu einer förmlichen Belagerung von Stralsund vorbereitet werde. »Habt den Hafen in Acht«, schrieb man ihnen, »nach wie vor, daß kein frisches Volk mit Geschütz darauf komme« Bei Neubur 85. Gegen Ende März..

Ohne die dabei mitgetheilten Umstände zu verbürgen, kann man doch nicht bezweifeln, daß die Absicht des kaiserlichen Generals auf eine gewaltsame Unterwerfung Stralsunds gerichtet war. Sein Befehl an Arnim, der jetzt zum Feldmarschall befördert wurde, lautet, daß er die Stralsundischen angreifen und nicht wegziehen solle, bis sie eine starke Garnison aufgenommen hätten: denn würden sie etwas gegen den Kaiser erhalten, so würden alle Andern Muth fassen und Ungebührlichkeiten begehen 27. Februar. Bei Förster, Wallensteins Briefe I, 309.. Von seinen den Norden umfassenden Plänen und seinen monarchischen Principien einen Schritt zurückweichend, hegte Friedland damals den dringenden Wunsch, mit Dänemark Frieden zu schließen 20. März. Ebenda 321., und selbst die Hoffnung, mit den Holländern eine erträgliche Abkunft zu treffen: eben in dieser Zeit trug er sich mit jenem Entwurf gegen die Osmanen. Aber dazu war es Bedingung, der vornehmsten Städte und ihrer Häfen mächtig zu bleiben; sich Stralsunds zu versichern schien unerläßlich. Noch meinte Arnim die Stadt wenigstens dahin zu bringen, daß sie eine Garnison des Herzogs von Pommern aufnähme. Wallenstein hielt eine kaiserliche Besatzung für besser, wenigstens müßte die herzogliche mit kaiserlichen Offizieren versehen werden: wolle sie sich nicht dazu verstehen – so fügte er später, durch fernere Weigerungen aufgebracht, hinzu –, so möge Arnim nur zu der Belagerung schreiten.

War nun dergestalt die Unterwerfung von Stralsund, mit welcher der dänische Krieg beschlossen und gleichsam besiegelt werden sollte, der Schlußstein des ganzen Systems, so sammelte sich, wie durch einen Zug der Natur, auch die ganze Widerstandskraft der Gegner dort am Orte. Unter den Truppen, welche die Stadt in Sold genommen, fanden sich viele, die im dänischen Kriege gedient hatten: sie waren von der kaiserlichen Acht betroffen und sahen ihr Heil einzig in der Abwehr der kaiserlichen Garnison. Eine Menge von Flüchtlingen hatte in der Stadt ihre Rettung vor den Gewaltthaten der Soldateska gesucht und gab einen abschreckenden Bericht davon, was Jedermann von derselben zu erwarten habe. Seit der Besetzung des Dänholms durch die Kaiserlichen war in der Stadt ein Kriegsrath errichtet worden. Die Bürger, die an demselben Theil nahmen und bei wichtigen Fragen nach ihren vier Quartieren versammelt und mit ihrem Gutachten gehört werden mußten, verwarfen alle weiteren Nachgiebigkeiten; wiewohl widerstrebend folgte der Rath doch zuletzt in der Regel ihrem Begehren. Sie waren damals durch ihren Handel zu einem gewissen Wohlstand und durch ihre auswärtigen Beziehungen zu einem nicht geringen Selbstgefühl gelangt: die Aufnahme einer Besatzung erschien ihnen überdies als eine Gefährdung ihrer Religion. Welch ein Geist unter ihnen herrschte, sieht man aus ihrer Drohung, sich mit Hab und Gut auf die Schiffe zurückzuziehen und das Beispiel der Meergeusen nachzuahmen.

Die Wiedereinnahme des Dänholms war hauptsächlich das Werk der erregten Bürger. Sie verbargen sich nicht, daß sie dadurch die Feindseligkeit der Kaiserlichen verdoppeln würden; aber sie wagten es darauf. Wenige Tage nachher, im April 1628, vereinigten sich Rath, Bestallte der Stadt, Capitäne und Aldermannen, und die ganze Gemeinde auf das feierlichste unter einander, die wahre Religion augsburgischer Confession und der Stadt Freiheit bis auf den letzten Blutstropfen zu vertheidigen und keine Besatzung, von wem sie ihnen auch angemuthet werde, innerhalb ihrer Ringmauern und Schlagbäume aufzunehmen Kapitulation und Artikelsbrief vom 12. April, bei Neubur 240..

War es aber nicht die höchste Gewalt im Reich und ihr eigner Landesfürst, von denen sie sich damit losrissen?

Noch im Februar hatten sie bei der ersten Annäherung des Königs von Dänemark geantwortet: sie seien der Zuversicht, daß der Kaiser den hochbetheuerten Religionsfrieden beobachten und seine Armee ihnen nicht beschwerlich fallen werde; nunmehr aber waren sie von dem Gegentheil überzeugt. Und das war nun einmal das Schicksal des deutschen Reiches, das Schicksal der Welt, daß der religiöse Gedanke die politische Gemeinschaft, die auf ewig geschlossen schien, wenn nicht zerstörte, aber doch lockerte und in Zweifel setzte. Des Kaisers erwähnen die Bürger bei ihrer Verbindung nicht, nur des Reiches gedenken sie; sie wollen ihm getreu bleiben, sich auf keine Weise von ihm absondern lassen: jedoch auch das nur, insoweit es vor Gott und der Nachkommenschaft zu verantworten ist; ähnlich wie einst die ersten Vorfechter der kirchlichen Reformation. Die Gemüther wurden durch die Prediger, die man einen Tag um den anderen zu hören pflegte, in religiöser Stimmung gehalten.

Was aber den Landesfürsten anbetrifft, so hielt die Stadt auf den Grund eines alten Privilegiums der Herzoge für erlaubt, mit den nordischen Fürsten in Beziehung zu treten, obwohl deren antikaiserliche Tendenz alle Tage hervortrat.

Im Mai erschien eine dänische Gesandtschaft, welche der Stadt nicht allein dänische, sondern auch schwedische Hülfe verhieß, wenn sie festhalte, und ihr zugleich eine Anzahl Schiffe mit Munition und Kriegsgeräthschaft zur Verfügung stellte. Die Stadt erklärte, die Kaiserlichen standhaft von ihren Wällen und dem Dänholm abwehren zu wollen. Ein förmliches Bündniß ging sie nicht ein; doch war es nicht weit davon entfernt, wenn sie versprach, keinen Frieden zum Nachtheil von Dänemark zu schließen.

Bald darauf schickte der König von Schweden unaufgefordert eine Last Pulvers und leitete Verhandlungen ein, die nach einiger Zeit zu einer engen Verbindung führten.

Die beiden Könige säumten nicht, als es nun zu ernstlichen Angriffen Arnims auf die Stadt kam – im Mai und Juni –, ihre Hülfstruppen zuzuschicken, die sich bei der Gegenwehr sehr nützlich erwiesen.

Wie sehr aber änderte sich hierdurch die Lage der Dinge! Wallenstein hatte gemeint, durch eine rasche That sich der Stadt zu bemeistern und dann seinen Frieden mit Dänemark zu schließen, um seine anderen Entwürfe vor die Hand zu nehmen. Jetzt bildete diese Stadt das Außenwerk eines neuen nordischen Bundes, der sich der Uebermacht des Hauses Oesterreich mit Energie entgegensetzte.

Um so dringender war es, ihrem Widerstand mit allen Mitteln ein Ende zu machen. Als sich Wallenstein im Mai 1628 aus Böhmen erhob, um von seinem neuen Herzogthum Besitz zu ergreifen, lag ihm doch nicht weniger daran, die Stadt zu unterwerfen. Er erklärte sich entschlossen, keinen Accord mit ihr zu treffen, es wäre denn, daß sie sich zur Aufnahme einer kaiserlichen Garnison bequemte. Er bezeichnete es als offene Verschwörung gegen die kaiserliche Majestät, daß sie sich mit dem Feinde des Kaisers und des Reiches, dem Könige von Dänemark, verbunden habe. Indem er dagegen anging, rechnete er auf die Unterstützung der Reichsgewalten.

Er trat hierbei insofern in einem neuen Charakter auf, als er den Krieg nicht allein für die katholische und kaiserliche Sache, sondern zugleich für seine eigene, für das erworbene Landesfürstenthum und dessen Behauptung, zu führen hatte. Neben der allgemeinen wurde ihm dadurch jetzt eine umsichtige territoriale Politik zur Pflicht; vor allem mußte er in ein gutes Verhältniß zu dem angesehensten unter den Nachbarn, dem Churfürsten von Brandenburg, zu kommen suchen.

Brandenburg war noch bei weitem mehr in die europäischen Verwickelungen verflochten, als Mecklenburg; wie oft hatte man in Wien wenigstens unter der Hand davon geredet, daß Georg Wilhelm seinen Churhut zu verlieren nicht minder verdiene, als selbst Friedrich von der Pfalz! Aber auch eine andere Richtung ließ sich in der brandenburgischen Politik wahrnehmen. Der Gegensatz der beiden Parteien, welche die Welt spalteten, versetzte sich hier in das Cabinet selbst: das Uebergewicht der einen oder der anderen Richtung entsprach dem momentanen Zustande der großen Angelegenheiten, so daß unter stetem inneren Streit eine Anknüpfung mit der entgegengesetzten Partei allezeit möglich blieb.

Mit dem Vertreter der Hinneigung zu dem Kaiser und der alten Unterordnung unter die Reichsgewalt, selbst einem guten Katholiken, Graf Adam von Schwarzenberg, kam nun Wallenstein auf der Reise nach seinem Herzogthum in Frankfurt a. O. zusammen. Die Conferenz sollte zur Vorbereitung einer Sendung des Grafen nach Wien dienen, die demnächst bevorstand. Wir dürfen wohl aus den Berichten Schwarzenbergs einige die Menschen und die Situation bezeichnende Züge wiederholen.

Wallenstein war den ersten Tag nicht zugänglich; er war in einer seiner bizarrsten Aufwallungen, in der er nicht nur keinen Lärm, sondern keinen Laut vernehmen wollte: man durfte die Glocken nicht ziehen; die Hunde, deren Gebell ihm besonders verhaßt war, mußten von der Straße geschafft werden; und wehe denen, die auch dann mit ihm in Berührung kommen mußten: das geringste Versehen bestrafte er mit Schlägen.

Den anderen Tag erschien er um so leutseliger und angenehmer. Früh am Morgen ließ er den Grafen zu Wagen zur Audienz abholen, empfing ihn, wie dieser bemerkt, sehr gnädig an der Treppe, behielt ihn später an seiner Tafel, bei der er dann sehr aufgeräumt war; trotz der Anwesenheit einiger Gäste von fürstlichem Rang gab er dem Grafen den höheren Platz; er besuchte ihn am Abend in seiner Wohnung und fuhr den anderen Tag nach Tische wieder ein paar Stunden lang mit ihm spazieren.

Vor allem verlangte Schwarzenberg in seinen Anträgen eine Erleichterung der Einquartierung, über die er sehr ins Einzelne einging. Wallenstein hörte ihn, ohne ihn zu unterbrechen, vollständig aus und versprach ihm dann, die Neumark vor Montecuculi, über den viel Klage war, sicher zu stellen, diesem lieber sein Regiment zu nehmen, als sein gewaltsames Gebahren zu dulden. Dann kam man auf die allgemeinen Verhältnisse zu reden. Friedland sprach sich besonders über den König von Schweden aus: das sei ein Fürst, bei dem man mehr auf das, was er thue, sehen müsse, als auf das, was er sage »Mehr auf die Fäuste, als das Maul.« Vergl. Raumer, Wallensteins Auftreten in der Mark Brandenburg, Berliner Kalender 1844, S. 284, nach den Berichten Schwarzenbergs; ich habe die Notizen aus denselben noch erweitern können.. Der Kaiser könne ihn nicht in Polen dulden; sollte er dort weitere Fortschritte machen, so werde er, Friedland, selbst wenn es die Polen nicht zulassen wollten, mit 100,000 Mann gegen ihn vorrücken und ihn mit Gottes Hülfe vertreiben.

Er bemerkte, der Churfürst sei von den Dänen angeklagt, alles angestiftet zu haben; Schwarzenberg erwiderte, die Antwort sei leicht: wären die Dänen Freunde von Brandenburg, so würden sie das nicht sagen.

Sie besprachen alle brandenburgischen Angelegenheiten. In Bezug auf Jülich verhieß Wallenstein in Wien dahin zu wirken, daß dem Proceß ein Ende gemacht werde. Schwarzenberg hatte keinen Zweifel, daß dies in seiner Macht stehe. Dagegen rieth er dem Churfürsten, auf Jägerndorf Verzicht zu leisten, das ohnehin kein Fürstenthum sei, sondern ein Landgut und nur wenig eintrage: er möge sich dafür etwas Anderes außerhalb erbitten. Den Anspruch Brandenburgs auf Pommern erkannte Wallenstein unbedingt an: er meinte, es würde besser sein, wenn der Herzog auf der Stelle mit Tode abginge; dann würde sich alles einrichten, und auf Mecklenburg mache er nur für sein Haus Anspruch. Das werde eher abgehen, als das der mecklenburgischen Fürsten; dann würde auch Mecklenburg an Brandenburg kommen.

Welch eine Förderung würde es für Wallenstein gewesen sein, sein Haus mit dem brandenburgischen so eng zu verbinden, wie er vorhatte!

Einverstanden mit Brandenburg und Pommern und Herr und Meister von Mecklenburg, schickte sich der Herzog von Friedland an, die Belagerung von Stralsund, die bisher noch keinen Erfolg gehabt, zum Ziele zu führen. Man schreibt ihm das Wort zu: es müsse herunter und wenn es mit eisernen Ketten an den Himmel gebunden wäre; doch findet sich dafür kein glaubwürdiges Zeugniß. Wohl hat er einst in einer Audienz den stralsundischen Gesandten, indem er mit der Hand über den Tisch fuhr, gesagt, so wolle er auch ihrer Stadt thun, gleich als denke er sie vom Boden zu vertilgen – ein Drohwort, wie er es in momentaner Aufwallung nicht selten vernehmen ließ; mit aller Bestimmtheit aber darf man sagen, daß seine wohlbedachte Absicht damals nicht so weit ging. »Ich will mit den Stralsundern unterhandeln«, sagt er in einem Brief an Arnim; »wenn ich ihnen einen Schlag beibringen kann«, fügt er hinzu, »so will ich es nicht unterlassen, denn sie sind Schelme« An Arnim, Prenzlau 28. Juni. Förster I, 352.. Die Hauptsache war doch die durch die Gewaltmittel zu fördernde Unterhandlung. Indem er gegen Ende Juni wider die Stadt heranrückte, mit einer Heeresmacht, die man auf 20,000 Mann schätzte, und einem trefflichen Geschütz, das ihm aus brandenburgischen und pommerschen Zeughäusern geliefert worden war und auf dessen Wirkung er hauptsächlich zählte, erklärte er sich doch zu allem, was recht und billig sei, bereit, wenn die Stadt dem Kaiser gehorsam bleiben wolle. Seine Ankunft vor den Mauern bezeichnete er mit einem heftigen Sturm gegen das Frankenthor, welches durch zwei Reihen von Verschanzungen gedeckt war; die äußeren wurden genommen; von einem plötzlichen Schrecken ergriffen wichen die Bürger auch von den inneren nach dem Thor zurück: sie können sich ihre Rettung nur dadurch erklären, daß Gott für sie ins Mittel getreten sei Aus dem gleichzeitigen Tagebuch bei Zober, Belagerung Stralsunds, 190.. Das Ereigniß ist, daß die eingetroffenen dänischen und schwedischen Hülfsvölker, besonders die Schotten unter den ersteren, den Kaiserlichen einen Widerstand leisteten, vor dem diese, auch ihrerseits nicht gemeint alles an alles zu setzen und des Stürmens müde, zurückwichen. Die zwar glücklich bestandene, aber noch immer obschwebende Gefahr des Untergangs und der Zerstörung brachte in der Stadt einen erschreckenden Eindruck hervor. Viele flüchteten ihre beste Habe auf die Schiffe: andere, namentlich eine Anzahl Frauen, fuhren nach Schweden davon. Es gewann nun doch das Ansehen, als ob Wallenstein auf diese Weise zu seinem vornehmsten Zweck gelangen würde. Die Stadt schickte dem »christlichen hochtapfern Reichsfürsten, auf dessen Gerechtigkeit und Billigkeit, Gnade und Huld sie vertraue«, ihre Abgeordneten in sein Lager im Hainholz. Er machte ihnen dann Vorschläge, die alles enthielten, was nur erwartet werden konnte; er versprach Vergessenheit alles Vergangenen und bestand weder auf den Dänholm noch auf die Aufnahme einer kaiserlichen Besatzung; er verlangte nur eine Besatzung mit herzoglichem Volk, welches zugleich dem Kaiser, dem Landesfürsten, sowie dessen Erben und der Stadt verpflichtet sein solle Aufzeichnung des Syndikus Doctor Hasert, bei Neubur 283.. Denn nicht auf Zerstörung der Stadt war sein Sinn gerichtet, er wollte sie nur von den fremden Königen losreißen und sich des Vortheils ihrer geographischen Lage im Sinne der kaiserlichen Politik bedienen.

Seine Anwesenheit, das Vorrücken der Belagerungsarbeiten, die Wirkung der Geschütze bewirkten in der That, daß der Rath und ein Theil der Bürgerschaft, welche die Stadt nicht zu Grunde gehen lassen wollten, doch noch zu dem Entschluß kamen, die Bedingungen anzunehmen, die ihnen Friedland setzte. Sie erklärten sich bereit, eine herzogliche Garnison von 2000 bis 3000 Mann aufzunehmen Darüber war der vornehmste Streit. Die herzoglichen Beamten hatten anfangs die Hoffnung gemacht, daß der General sich noch mit einer herzoglich-städtischen Besatzung unter jener Verpflichtung begnügen werde. Ich sehe nicht, ob es zu einer Verhandlung darüber gekommen ist: wenn es aber in der Punctation heißt, der Herzog solle »Ober- und Unteroffiziers über dasselbe Volk (2000 Mann) zu bestellen mächtig sein, jedoch mit unserem Vorwissen, damit kein Officier, wider welchen wir etwas Erhebliches und Rechtmäßiges einzuwenden – aufgedrängt werde«, so erkennt man die unüberwundene Schwierigkeit: die Recusation sollte möglich sein, aber doch wieder geprüft werden können. (Neubur 286.) und nichts zu begehen, wodurch die Landesobrigkeit verletzt werden könne. Am 4./14. Juli ist eine Punctation darüber aufgenommen und bereits ein Schreiben abgefaßt worden, um bei den beiden Königen diesen Schritt mit der äußersten Noth und Gefahr, in der man schwebe, zu entschuldigen.

Lief nicht aber auch dies der einmal eingegangenen, feierlichen Vereinbarung entgegen? Man begreift es, daß, als die Punctation der Bürgerschaft vorgelegt wurde, von den vier Quartieren derselben nur ein einziges sie ohne Einschränkung annahm.

Die Bürger hatten zwei Einwendungen dagegen. Sie meinten, daß die herzogliche Besatzung bei der ungeheueren Uebermacht, welche der Kaiser und sein General im Lande besaßen, wie man sich auch anstelle, doch immer eine kaiserliche sein werde, – die andere, daß man damit das eben eingegangene Bundesverhältniß mit den beiden Königen brechen würde. Unmittelbar vor der Ankunft Wallensteins, im Gedränge der Befürchtungen und Hoffnungen war ein Tractat mit Schweden verabredet worden, zum gemeinschaftlichen Schutz der Ostsee und der Commercien, in welchem zwar die Verwandtniß der Stadt zu Kaiser und Reich, sowie zum Landesfürsten vorbehalten, aber doch zugleich eine beständige Verbindung mit der Krone Schweden zugesagt wurde. Wie ließ sich die Reichsangehörigkeit und ein dauerndes Verhältniß mit Schweden zugleich behaupten? Darin lag die große Streitfrage: Devotion gegen den Kaiser, oder Allianz mit den benachbarten Königen. Noch war der Vertrag mit Schweden nicht ratificirt; die Verhandlungen mit dem kaiserlichen General konnten dem zum Trotz ihren Fortgang haben. Der Rath und ein Theil der Bürgerschaft neigten sich zu einer wenn auch sehr bedingten Unterwerfung unter den Kaiser; denn es war das Altherkömmliche, entsprach einem tiefen nationalen Gefühl, das noch immer in den Gemüthern lebte, und sicherte jetzt zugleich vor den friedländischen Geschützen, deren drohender Donner alle Tage zu vernehmen war. Andere aber und zwar die Meisten waren dagegen: sie sahen in Friedland den Repräsentanten einer ihnen principiell feindseligen Gewalt: wohin würde man wohl ohne die Hülfe der fremden Truppen bei den letzten Stürmen gekommen sein? Man war den Königen dankbar und fühlte sich ihnen durch das commercielle Interesse und die Gemeinschaft der Religion auf das engste verbunden.

Unter mannichfachen Unterhandlungen schwankte noch alles hin und her, als Wallenstein inne wurde, daß die nordischen Könige in diesem Augenblick ihm auf der Ostsee überlegen geworden waren.

Am 10./20. Juli erschien der König von Dänemark mit 200 Fahrzeugen und einer Mannschaft von 8000 Mann an Bord, in den Gewässern von Rügen. Er traf Veranstaltung, den Kaiserlichen den Uebergang dahin zu sperren: man hörte seine Karthaunen die Schanzen beschießen. So war Gustav Adolf, durchdrungen davon, daß der Fall von Stralsund unmittelbar einen Angriff auf die schwedischen Küsten zur Folge haben werde, zu dem Entschluß gelangt, einen ansehnlichen Theil seines Heeres dahin abgehen zu lassen, um es zu entsetzen. Eine Abtheilung war bereits unterwegs. Der See nicht mächtig, was konnte Wallenstein gegen die Könige ausrichten? Er besorgte sogar, wenn er sich weiter in die Fortsetzung der Belagerung verwickelte, so würden die Schweden vielleicht zu einem Unternehmen auf Colberg schreiten, die Dänen sich gegen Warnemünde wenden: ohne daß er Truppen frei habe, um sie abzuwehren Die schwedischen Hülfsvölker unter Leßley sind doch erst nach gefaßtem und ausgeführtem Entschluß, 17./27. Juli, in Stralsund eingetroffen..

Noch hielten die Stralsunder Stand und faßten sogar Muth zu Ausfällen, bei denen sie wieder Erfolg hatten. Vor ihnen allein wäre aber Wallenstein wohl nie zurückgewichen. Was ihn dazu bewog, war die Gefahr, daß, während er Stralsund zu nehmen trachte, der rührige Feind einen oder den anderen Seeplatz angreifen und in seine Hände bringen oder selbst ihm in den Rücken kommen könne.

Als die dänische Flotte bei Rügen anlegte, scheint er sofort seinen Entschluß gefaßt zu haben. Am 14./24. Juli traf er eine Verabredung mit dem Herzog von Pommern; am 15./25. verließ er sein Lager vor Stralsund, um sich nach seiner mecklenburgischen Hauptstadt Güstrow zu begeben.

Einige Tage darauf hatten die Stralsunder das Vergnügen, die Kaiserlichen ihre Schanzen eine nach der anderen verlassen zu sehen. Anfang August konnte die Belagerung, an welche das Schicksal der nordischen Welt geknüpft war, als aufgehoben betrachtet werden.

In derselben Zeit ist noch eine andere Stadt unter ähnlichen Umständen belagert worden: Rochelle. Wie in Deutschland, so erreichte die vordringende katholische Reaction auch in Frankreich die äußersten Spitzen des Landes: Rochelle wehrte sich mit demselben Heldenmuthe wie Stralsund. Wie dies von den nordischen Mächten, so erhielt jenes Hülfe von England, und an sich konnte Carl I. nicht minder für thatkräftig gehalten werden, als Christian IV.; aber bei weitem großartigere Anstrengungen machte Richelieu gegen Rochelle, als Wallenstein und die kaiserliche Armee. Diese konnte den Dänholm nicht behaupten, die Rhede von Stralsund blieb allezeit für dänische und schwedische Hülfe offen; dagegen schloß Richelieu den Hafen von Rochelle, so daß die Versuche der Engländer, es zu unterstützen, scheiterten; es fesselte, wie man sagen durfte, den Ocean. Der Protestantismus in Frankreich wurde des großen Bollwerkes seiner Unabhängigkeit beraubt, Rochelle dem König unbedingt unterworfen. Dagegen behauptete sich Stralsund ungebeugt in seiner Widersetzlichkeit gegen den Kaiser, obgleich er mit der territorialen Autorität des Landes vereinigt war; es ließ die Fahnen des europäischen Protestantismus von seinen Zinnen fliegen.

Der spätere Charakter der politischen Gewalt in Deutschland und in Frankreich wurde großentheils durch die Verschiedenheit dieses Ausganges bestimmt.

Aber dabei wirkte noch ein anderes Motiv mit. Wenn die Katholiken sich wie Ein Mann um den König von Frankreich schaarten, so war das in Deutschland nicht der Fall. In dem Gefühle, daß er zur Eroberung der Stadt nicht stark genug sei, hatte sich Wallenstein an Tilly gewandt, der kurz zuvor Stade genommen und dann von allen weiteren Unternehmungen absehend zur Pflege seiner Gesundheit nach Wiesbaden gegangen war, und ihn um Ueberlassung einiger Regimenter ersucht, deren er auf das dringendste bedurfte; dieser fragte darüber bei seinen Oberen, den Churfürsten von Baiern und von Mainz, an. Maximilian war nicht geradezu entgegen, weil er noch immer ein gutes Verhältniß zu dem Kaiser sowohl wie zu Spanien aufrecht zu erhalten für nützlich hielt. Aber wenn er doch auch die Besorgniß aussprach, daß das Kriegsvolk zu Grunde gerichtet und Friedland in seinen bösen Absichten gegen die gehorsamen Reichsstände gestärkt werden würde, so waren die Betrachtungen, welche den Churfürsten von Mainz bewogen, sich mit Entschiedenheit dagegen zu erklären: der General möge erst seine Werbungen einstellen und in Bezug auf die Quartiere nachgeben, sonst würde die Hülfeleistung ihn stärken und die Liga schwächen Actenstücke aus dem reichserzkanzlerischen Archiv bei Hurter: zur Geschichte Wallensteins, S. 272..

So versagte das Oberhaupt der katholischen Hierarchie in Deutschland dem Feldhauptmann des Reiches seine Mitwirkung, die damals hätte entscheidend werden können zur Unterwerfung des letzten Bollwerkes des Protestantismus im Reiche, das den Widerstand aufrecht erhielt. Denn so stark auch der Religionshaß gegen die gemeinschaftlichen Gegner wirkte, so war doch die Sorge, welche die katholischen Stände für ihr eigenes unangetastetes Bestehen trugen, noch stärker.

Wollte man die Macht der Geister wägen, die damals in Pommern über die Geschicke Deutschlands und des nördlichen Europa mit einander kämpften, so dürfte man der Energie des protestantischen Widerstandes, der dort wenn nicht geradezu obsiegte, aber endlich doch einmal Stand hielt, den Preis zuerkennen. Jene stralsundischen Bürgermeister und Worthalter, Steinwig, Gosen, Hasert, Koch, haben sich eine Stelle in der allgemeinen Geschichte verdient, zur Seite der nordischen Könige und ihrer Minister.

Unverzüglich zeigte sich, wie vollkommen Recht Wallenstein gehabt hatte, die Belagerung in eine Blokade von ein paar Schanzen hier zu verwandeln und sich für seine Hauptmacht die Hände frei zu machen.

In den ersten Tagen des August landete Christian IV. im Rücken derselben in Usedom. Er hatte nur die Ankunft der Schweden vor Stralsund abgewartet, um von Rügen aufzubrechen. Sein Landheer bestand auch jetzt hauptsächlich aus Schotten und Franzosen. Er nahm die Schanzen von Peenemünde ein und bald darauf das Schloß zu Wolgast, wohin der Herzog von Pommern seine Geschütze und seine beste Habe in Sicherheit gebracht hatte.

Wallenstein war eben in Güstrow damit beschäftigt, die Verhältnisse in Mecklenburg fester zu bestimmen; noch immer als Pfandträger – er unterzeichnete noch immer: H. z. F., Herzog zu Friedland – verhandelte er mit den Ständen über die für die Soldaten aufzubringende monatliche Steuer, als er diese Nachricht empfing.

In welche Lage wäre er gerathen, wenn Christian IV. sich in Wolgast behauptet hätte! Selbst des Herzogs von Pommern war er nicht sicher, wie viel weniger seiner Unterthanen, auch seiner Truppen. Den Befehlshaber in Wolgast hielt man für fähig, den Ort ohne Noth aufgegeben zu haben. Der Erfolg von Stralsund hatte einen Geist der Opposition im Lande erweckt, den man allenthalben spürte. In Mecklenburg regte sich die Sympathie für die verjagten Fürsten, die im niedersächsischen Kreise, in Magdeburg, waren. Wallenstein klagte über die »Impertinenzen« der Städte.

Da war kein Augenblick zu versäumen. Wallenstein zog das verfügbare, auch das in jenen Schanzen entbehrliche Kriegsvolk bei Greifswald zusammen und ging unverzüglich auf Wolgast los, ehe es noch durch neue Verschanzungen befestigt und unzugänglich geworden. An dem vornehmsten Paß, bei Moor und Wald, fand er jedoch die dänische Armee, unter der persönlichen Führung des Königs und seines Prinzen, so gut und stark aufgestellt, daß er zum Angriff zu schreiten Bedenken trug. Er begnügte sich, den Feind durch seine Geschütze, deren er neun bei sich führte, zu beschäftigen. Und indeß ward ein anderer Paß über den Morast gesucht und glücklich gefunden, welchen etwa zehn Mann auf einmal passiren konnten; das Wasser ging ihnen bis an die Kniee. Wallenstein ließ ein paar hundert Mann hindurchgehen »Unter diesem haben I. F. Gn. den Paß suchen lassen, so von einem Feldwebel nicht weit von des Feindes Paß, da er gehalten, ungefähr bis an die Kniee tief, darüber etliche Mann neben einander bei zehen durchkommen, gefunden worden.« Relation Wallensteins an den Kaiser, bei Khevenhiller XI, 217, der einzig verständliche, glücklicherweise auch zuverlässigste Bericht., die im Stande waren, ihn zu behaupten. Eigentlich war seine Absicht, erst den folgenden Tag zu einer vollen, wohlvorbereiteten Action zu schreiten. Aber indem nahm man wahr, daß das dänische Fußvolk, durch die Auffindung und Besetzung des zweiten Passes erschreckt, an der Stelle, wo es den Kaiserlichen gegenüberstand, zu weichen anfing. Hierauf ließ Wallenstein seine Cavallerie, in der seine Ueberlegenheit bestand, angreifen: sie durchbrach die angefangenen Verschanzungen, wurde zwar einmal zurückgeworfen, sammelte sich aber wieder und drang aufs neue mit verdoppelter Heftigkeit vor, so daß Fußvolk und Reiterei des Königs vollkommen zersprengt wurden. Christian IV. suchte seine Rettung auf dem Schloß. Da aber Wallenstein unverweilt die Stadt besetzen ließ und mit seiner Hauptmacht auf einer nahen Höhe die Nacht hindurch eine drohende Haltung annahm, hielt es Christian IV. für rathsam, sich auf seine Schiffe zurückzuziehen; Kanonen und Munition, die besten Schätze des Schlosses, auch die archivalischen, führte er mit sich davon; – nach kurzer Zeit capitulirte die Besatzung, die er auf dem Schloß zurückgelassen.

Für Wallenstein eine charakteristische Waffenthat, in welcher er, mit Raschheit und Umsicht, die drei Waffen aufs beste verwendet hat, und zugleich eine der bedeutendsten in ihren Folgen.

Denn dadurch wurde die Herrschaft des Kaisers, mit Ausnahme Stralsunds, über das gesammte diesseitige und jenseitige Pommern behauptet und Mecklenburg zu vollem Gehorsam genöthigt; die Stände mußten sich nun der angeordneten Contributionsordonnanz fügen, wenn sie nicht, wie Wallenstein sagte, ihm zu etwas anderem Anlaß geben wollten: denn er werde sich nicht behandeln lassen, wie die Herzöge bisher behandelt worden: er werde es nicht leiden. Rostock, das die Rechte einer freien Stadt zu behaupten suchte, konnte sich nicht länger weigern, eine kaiserliche Besatzung aufzunehmen. Wie war da Brandenburg, in der Mitte zwischen diesen beiden Herzogthümern und Schlesien, und selbst mit Einquartierungen heimgesucht, so ganz gefesselt!

Ob man aber, selbst in dieser Lage, den Krieg mit Dänemark weiter führen könne, war doch sehr zweifelhaft.

Friede zu Lübeck.

Wohl hatte Tilly schon im März 1628 Stade eingenommen: und als nun im Spätjahr Wallenstein Mecklenburg verließ und wieder in Holstein erschien, gelang es ihm, Krempe zu nehmen; indem er sich zum Sturm anschickte, ergab sich der Platz, dem alle Zufuhr abgeschnitten war. Aber weder das Eine noch das Andere konnte als entscheidend betrachtet werden. Der Widerstand der Dänen an dieser Seite concentrirte sich in Glückstadt, der, in ungehinderter Verbindung mit Holland und England, durch die Nähe der eigenen Marine noch besonders unterstützt wurde. In dem allgemeinen Ruin hatte dort Marquard Rantzau den Ruf eines tüchtigen Capitäns erworben. Er hatte die Deiche und Außenwerke erneuert und die Mittel herbeigeschafft, auch die Soldaten immer munter und unternehmend zu erhalten: im Sommer 1628 waren die Angriffe der Kaiserlichen wie dort an Stralsund, so hier an Glückstadt gescheitert; auch Wallenstein konnte nichts gegen den Platz ausrichten. In den Marschen war bei eintretenden Springfluthen und Ueberschwemmungen seines Bleibens nicht. Im Januar 1629 erlebte man vielmehr, daß die Besatzung die Quartiere der Kaiserlichen auf der Geest überfiel und ihre Werke zerstörte Vgl. den citirten Aufsatz in Mauvillons militärischen Blättern, Jahrgang IV, Bd. II, S. 288..

Es trifft sehr in die allgemeinen europäischen Verwickelungen, daß die Spanier mit oder ohne die Kaiserlichen die Insel Sylt zu einem Stapelplatz ihres Handels zu machen dachten und die englischen Hülfsvölker, die noch in Glückstadt waren, von daher kommend an Sylt anlegten und dann die in Nordstrand errichtete kaiserliche Schanze zerstörten, worauf sie sich nach Schleswig wandten und Tondern einnahmen.

Was ließ sich überhaupt gegen Dänemark ausrichten ohne Seemacht?

Wie die Sachen standen, mußte man eher einen gefährlichen Angriff zugleich von Dänemark und Schweden auf die an der deutschen Küste eingenommenen Positionen erwarten.

Der König von Schweden, der durch Uebereinkunft mit Dänemark die Behauptung von Stralsund allein übernommen, ging mit dem Plane um, sich als Protector der Seestädte aufzustellen und ihre gesammte Macht unter seiner Führung zu vereinigen. Ein Glück war es noch, daß diese aus Rücksicht auf die Uebermacht der Kaiserlichen zu Lande nicht darauf eingingen. Aber eben so wenig mochten sie dem Kaiser Hülfe leisten; sie verweigerten es auf das bestimmteste. Wir werden der Umstände noch gedenken, die es auch für die Spanier zu einer Sache der Unmöglichkeit machten, gegen die Dänen Hülfe zu leisten.

In dieser Lage bildete sich unter Kaiserlichen und Ligisten die Meinung aus, daß man den Krieg nicht länger fortsetzen könne Wir ersehen das aus dem Briefe bei Chlumecky: Regesten, Briefe Wallensteins S. 94.. Denn an Offensive könne man nicht denken, da man keine Schiffe habe, um den König auf seinen Inseln heimzusuchen, und die Vertheidigung der Küste, die sich längs der Ostsee dritthalbhundert Meilen hin erstrecke, sei unmöglich, wenn der König etwas vom Krieg verstehe. Er könne sie, wo ihm beliebe, anfallen: würden die Kaiserlichen sich irgendwo zusammenziehen, so würden sie ihm das Land an den übrigen Stellen offen lassen; würden sie sich über die ganze Küste ausdehnen, so würden sie an jedem einzelnen Punkte zu schwach sein. Was man auch versuche und veranstalte, binnen zehn Jahren werde man der dänischen Seemacht nicht gewachsen sein.

Man kam zu dem Ergebniß: da man bei fernerem Krieg nicht gewinnen, sondern nur verlieren könne, so müsse man Frieden schließen. Um die Bedingungen zu vereinbaren, versammelte sich zu Anfang des Jahres 1629 ein Congreß in Lübeck, an welchem auch die Bevollmächtigten der Liga Theil nahmen Principes et maximes contre la continuation de la guerre, bei Villermont, Tilly I, 444..

Anfangs ist man hier einander noch einmal mit den alten Forderungen entgegengetreten. Von deutscher Seite drang man auf die Abtretung der Landschaften, die der Kaiser in Besitz genommen, von dänisch-holsteinischer auf die Herstellung der Freiheit der Religionsübung in Deutschland und die Beobachtung der Reichsconstitutionen nach Maßgabe der kaiserlichen Capitulation. In diesem Sinne instruirte auch Gustav Adolf seine Gesandten, die er für den Congreß abordnete, und zwar noch unumwundener; Ober- und Niedersachsen sollten in den Zustand, in welchem sie im Jahre 1620 gewesen, hergestellt, die Fürsten von Mecklenburg, wenn sie ja eine Schuld treffe, höchstens zu einer Geldbuße verurtheilt werden.

Hätten sich Schweden und Dänemark in diesem Sinne verständigt – und an Hülfe zur See würde es ihnen nicht gefehlt haben, die Emissäre der fremden Höfe drängten dazu hin –, so würden die deutschen Küsten nicht vertheidigt, in dem Innern des Reiches schwerlich ein Umschlag haben vermieden werden können; ein einziger Sieg der Schweden über die Polen würde dann auch die erbländischen Unruhen wieder erweckt und eine neue Kriegsbewegung im Osten hervorgebracht haben Vgl. Villermont, Tilly I, 467.. Der ganze Erfolg der bisherigen Siege würde in Frage gestellt worden sein.

Großes Aufsehen machte es, daß die beiden Könige im Februar 1629 eine Zusammenkunft in Schonen hielten. Sie fand auf einem Pfarrhof in altnordischer Einfachheit statt: es gab wenig zu essen; man trank um so mehr schlechten Wein, der noch dazu gefroren gewesen war. Die Verhandlung war jedoch von der höchsten Wichtigkeit. Gustav Adolf trug auf eine Festsetzung der Friedensbedingungen an, auf denen man gemeinschaftlich bestehen wolle, und brachte dann Art und Weise, wie der deutsche Krieg zu führen sei, zur Sprache. So weit aber wollte sich König Christian nicht einlassen. Er hatte sich mit den Schweden zur Behauptung des gemeinschaftlichen baltischen Interesses verbunden; in dem Inneren des deutschen Reiches wollte er sie nicht sehen. In ihm schlug noch die Ader eines deutschen Reichsfürsten; er fragte mit einiger Hastigkeit, was Gustav Adolf mit Kaiser und Reich zu schaffen habe. Der König von Schweden, der die Antipathie des Nachbars nicht erwecken wollte, zog es vor zu schweigen. Von einem Einverständniß blieb man weit entfernt: aber Christian IV. hatte in so fern seinen Zweck erreicht » ad augendam famam« hatte er einige Schiffe gefordert. Schreiben Gustav Adolfs an Oxenstierna, bei Geijer III, 136., als man in Deutschland ein solches befürchtete.

Den dringenden und doch zugleich mehr als man wußte günstigen Moment ergriff nun Wallenstein mit entscheidendem Entschluß. Seine Meinung und sein Rath war, dem König Christian Holstein, Schleswig und Jütland zurückzugeben, und zwar unentgeltlich, ohne eine Forderung der Kriegskosten, wie sie die Liga aufstellte. Um keinen Preis wollte er die schwedischen Abgeordneten, welche alles gestört haben würden, bei den Unterhandlungen zulassen: er versagte ihnen ihre Pässe nach Lübeck: aber auch die ligistischen Delegirten, von denen sich neue Weiterungen erwarten ließen, die eine sehr gefährliche Folge haben könnten, schloß er von den eigentlichen Unterhandlungen aus. Nicht allein auf eine Pacification mit Dänemark kam es ihm an, sondern auf enge Verbindung zwischen König und Kaiser.

Für Dänemark war es gewiß eines der wirksamsten Motive, daß es ohne Schweden gegen Deutschland nicht viel ausrichten und Schweden doch unmöglich ins Reich eingreifen lassen konnte; für die Stellung, die der Kaiser im nördlichen Deutschland und dem östlichen Europa einnahm, konnte ebenfalls nichts wichtiger sein, als Dänemark von Schweden nun loszureißen.

Eine große Concession bildete es von Seiten des Kaisers, daß er sich entschloß, die eroberten Länder zurückzugeben, aber einen fast nicht minderen Gewinn, daß Christian IV. seinerseits alle Einwirkung, außer der, die ihm als Territorialfürsten zustehe, aufgab. Er verzichtete auf die niedersächsischen Stifter, für sich selbst und seine Söhne »Auch der Erz- und Stifter vor sich und dero geliebte Herren Söhne ferner nicht anmaaßen – noch Röm. Kais. Mt. in dero kaiserlicher Regierung Eintrag zufügen.« Friedenstractat 12./22. Mai bei Dumont V, 384.; von seinem Kriegsoberstenamt war nicht mehr die Rede; er verpflichtete sich ausdrücklich, dem Kaiser in seiner kaiserlichen Regierung nicht zuwider zu sein, was doch nichts anderes heißt, als daß er sich gefallen lassen werde, was der Kaiser in Deutschland verfüge. Bisher hatte er seine Bundesgenossen durch einen Artikel, in welchem der Kaiser verspräche, Niemand gegen ordentliche Rechte zu beschweren, wenigstens einigermaßen zu sichern gesucht; auf die Antwort, das sei ja auch der Sinn des Kaisers nicht, gab er die Einschaltung dieses Artikels auf.

So viel wir hören, hat er in Bezug auf die Herzöge von Mecklenburg, die wegen des Eifers, mit dem sie sich ihm angeschlossen, aus ihrem Lande verwiesen waren, einen Scrupel gehabt; man hat ihm aber denselben ausgeredet: denn er sei von ihnen zuerst verlassen worden.

Vornehmlich dadurch wurde die Politik Wallensteins bestimmt, daß Dänemark ihm den Besitz Mecklenburgs zugestand, Schweden bestritt. Zuweilen haben damals die wallenstein-mecklenburgischen und die schwedischen Schiffe vor den Häfen von Wismar und Rostock mit einander geschlagen.

Der König hat sich später noch einmal für seine Vettern, die Herzöge, verwandt, aber unter der ausdrücklichen Beschränkung, daß er damit dem getroffenen Vergleich nicht entgegenhandeln wolle »Ob er wohl I. Kais. Maj. wider den getroffenen friedlichen Vergleich nicht behelligen wolle –.« Bei Khevenhiller XI, 702.. Wohlmeinende Worte, aber ohne Bedeutung. Denn indeß war die Sache unter Einfluß seines Vergleiches selbst am kaiserlichen Hofe entschieden.

Der Kaiser versichert, er habe die von den Höfen beigebrachten Entschuldigungen reiflich erwägen lassen; aber aus ihrem Inhalt und den Landtagsacten sei, was er früher nur als bekannt angenommen, erst recht gründlich bestätigt worden: indem sie sich mit Dänemark wider den römischen Kaiser in Kriegsverfassung setzten und darin bis zur Entscheidung der Waffen verharrten. Und nicht um Sieg allein sei es zu thun gewesen: er hätte darüber selbst von Land und Leuten kommen können. Man hat in Wien noch einmal erinnert, daß er sich darüber mit dem König von Schweden in offenen Krieg verwickeln könne. Die Antwort war, von dem wäre nichts zu fürchten, da er in Preußen den Krieg gegen Polen führen müsse Khevenhiller XI, 713..

Unmittelbar nachdem der Lübecker Friede zum Abschluß gekommen war, sprach der Kaiser die Entsetzung der beiden Herzöge und ihrer Nachkommenschaft von den gehabten Land und Leuten zu ewigen Tagen aus und übertrug das Herzogthum Mecklenburg, Fürstenthum Wenden, Grafschaft Schwerin, die Herrschaft der Lande Rostock und Stargard dem Herzog von Friedland, wegen der Dienste, die er mit heroischem Valor geleistet habe und noch zu leisten vermöge, mit allen ihren Hoheiten, Ehren, Rechten und Gerechtigkeiten. Er erklärte ihn und seine Erben durch feierliche Belehnung zu Vasallen des heiligen Reichs und Herzogen von Mecklenburg und wies die Stände an, sich gegen ihn zu verhalten, wie es getreuen Unterthanen zukommt Urkunde bei Förster: Wallensteins Prozeß, Urkb. S. 94. Vortrag von Walmerode, bei Spalding: Mecklenburgische Landesverhandlungen II, 201..

Das erste Edict, in welchem sich Wallenstein Herzog von Mecklenburg schreibt, ist vom 20. Juni 1629; es betrifft die Contribution. Wie den friedländischen Engel und den saganschen Adler, nahm er nun auch den mecklenburgischen Stierkopf, den rostockschen Greif in sein Wappen. So erscheint es bereits auf einer Münze von 1629, mit dem goldnen Vließ umgeben Vgl. Murr, Beiträge 384..

Welche prächtigen Gebiete: in Böhmen, Schlesien und Norddeutschland, vom hohen Gebirge bis zur See! Wallenstein legte Hand an, sie in eine administrative Verbindung zu bringen; für ihr Emporkommen trug er sich mit den großartigsten Entwürfen. Der oceanisch-baltischen Admiralschaft, von der jetzt nicht mehr die Rede war, hatte es entsprochen, wenn er einmal die Absicht ankündigte, die Ostsee, wie er sich hochtrabend ausdrückte, in den Ocean abzuleiten; in seinen mecklenburgischen Kammern hat man sich aber in der That mit dem Gedanken der alten mecklenburgischen Fürsten beschäftigt, einen Canal von Wismar durch die schwerinschen Seen nach der Elbe zu führen; ein Werk, das einen unbeschreiblichen Vortheil verhieß Notizen bei Reichard 190 und Wittich (in den Preußischen Jahrbüchern). Vgl. D. Frank, Alt- und neues Mecklenburg XIII, 77..

Wallenstein hatte keinen Sohn; aber bereits war eine Disposition getroffen, nach welcher sein Vetter Maximilian des Geschlechtes derer von Waldstein, zweiter Sohn des Oberstburggrafen Adam, und dessen Nachkommen nach dem Recht der Erstgeburt ihn beerben sollten. In diese Bestimmung schloß er jetzt die mecklenburgischen Lande ein Die Urkunde ist schon vom 12. Juni; vor dem Act der Belehnung war sie bereits aufgesetzt.: er verordnete »als ein Herzog und Fürst des heiligen römischen Reiches, im Namen des Allerhöchsten«. Von dem Ehrgeiz großer Emporkömmlinge, eine Dynastie auf immer zu gründen, gleich den großen Fürsten der Welt, war auch Wallenstein erfüllt.

Daß er aber dafür weiter werde kämpfen müssen, darüber konnte er sich nicht täuschen. Denn noch war sein Besitz nicht anerkannt, nicht einmal im Reich, noch viel weniger in Europa.


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