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Zweites Capitel.
Antheil Wallensteins an den Ereignissen der Jahre 1625 und 1626.

Um zu verstehen, was er unternahm, und zu würdigen, was er leistete, müssen wir uns den größeren Schauplatz vergegenwärtigen, auf welchen sein Schicksal ihn rief, und an die allgemeine politische Verwickelung erinnern, welche von dem in Böhmen gegebenen Anstoß aus die Welt ergriff.

Europäische Opposition gegen Oesterreich-Spanien, 1624 und 1625.

Unter den Motiven, mit welchen einst Klesel die Berücksichtigung der Ansprüche der deutschen Protestanten, auch der anstößigsten, auf die Session der reformirten Stifter, befürwortete, war eines der vornehmsten die allgemeine Theilnahme, die sie in Europa finden würden, wenn man mit ihnen breche; sie würden die erbländischen Stände und die Osmanen, die Holländer und großentheils die Schweizer, selbst England auf ihrer Seite haben, welchen allen zu widerstehen dem Kaiser die Kräfte fehlten.

So war es nun nicht gekommen. Der große Streit war in den Erblanden ausgebrochen und durch ein paar glückliche Ereignisse zu einem raschen Ausschlag gediehen; aber verwandte Folgen knüpften sich doch daran.

Vor allem traten die Verhältnisse zu dem östlichen Europa in den Vordergrund.

Der Verbündete des pfälzischen Königs von Böhmen aus der Türkei, dem selbst die ungarische Krone zu Theil geworden war, Bethlen Gabor von Siebenbürgen, war nie bezwungen worden. Eben ihm vielmehr war der Sieger von Tein, der den böhmischen Aufruhr hauptsächlich niedergeworfen hatte, erlegen, in jenem großen Scharmützel vor Neuhäusel, an welchem auch der junge Cartesius Theil nahm. Wohl hatte nun Bethlen seitdem – im October 1621 – seinen Frieden in Nicolsburg geschlossen und in Folge desselben die Krone herausgegeben, die er vorsichtig genug gewesen war niemals zu tragen; dabei aber behauptete er sieben ungarische Comitate und hielt die Religionsfreiheit nicht allein in diesen aufrecht, sondern sicherte sie auch in allen anderen. Man hat ihn wohl den siebenbürgischen Mithridates genannt, er bewegte sich immer in neuen weitausgreifenden Entwürfen. Damals trug er sich mit dem Plane, mit Hülfe der Protestanten, denen er sich anschloß, die Krone von Polen zu erwerben. In Constantinopel, wo man seinen Frieden mißbilligte, erklärte er unumwunden, daß er ihn nicht zu halten gedenke: mit seinem Gesandten traf der Graf von Thurn daselbst ein, der sich als der Bevollmächtigte sämmtlicher Protestanten in den erbländischen Provinzen darstellte, welche gesonnen seien, trotz des Unglücks, das über sie gekommen, ihre alte Gesinnung und ihre alten Verbindungen, vor allen mit Bethlen und dem Divan selbst, aufrecht zu halten Instructions of the ambassador of Bethlen Gabor and the count of Torne – 22. Aug. 1622, bei Roe, negotiations etc. p. 76..

Im Jahre 1623 ward der Krieg mit türkischer Hülfe erneuert. Bethlen hoffte auf die Mitwirkung des verjagten Friedrich von Böhmen; er hatte die Zusage vom Herzog von Braunschweig, ihm mit deutschen Kriegsvölkern zu Hülfe zu kommen; schon damals war davon die Rede, daß Mansfeld in Schlesien einfallen solle; der Graf von Thurn meinte wohl, die Mähren würden sich rühren, und erklärte sich entschlossen, in dem Kampfe zu seinem früheren Besitz zu gelangen oder darüber umzukommen. Unter den Feldobersten, die mit ihren in aller Eile aus den Garnisonen zusammengebrachten Regimentern dem vordringenden Feind entgegentraten, finden wir auch Wallenstein. Zu wirklichem Kampfe kam es jedoch auch diesmal nicht. Denn von den europäischen Freunden – mit denen kein bindendes Verständniß getroffen war – erhielt Bethlen keine Unterstützung, und seine türkischen Bundesgenossen verließen ihn Bericht an Friedrich V. in den »Beiträgen zur Geschichte des Feldzuges Bethlen Gabors gegen Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1623 von Tadra«. Archiv für österreichische Geschichte Bd. 45 (1879) S. 432.. Er bot die Hand zu einem Stillstand, in welchem er seine Position nicht allein behauptete, sondern verstärkte. Sehr wahr ist es dennoch, daß seine Annäherung einen unbeschreiblichen Eindruck auch in Böhmen machte. Schon erlebte man, daß manche den Muth faßten, zu dem soeben abgeschworenen Protestantismus zurückzukehren. Und die Gesandten Bethlens gaben zu vernehmen, daß er die Unterhandlung über den Frieden hinziehen werde, bis er erfahre, ob er nicht wirklich Hülfe erlangen werde; wenn es geschehe, wolle er keinen Frieden machen, es wäre denn, daß alle seine Freunde mit ihm befriedigt würden. Unaufhörlich wiederholte der englische Gesandte in Constantinopel der verjagten Königin von Böhmen, wie nützlich er für ihre Sache werden könne 26. June 1624. I conclude, if it be not too late and that prince too much neglected, he may be a noble instrument of Y. Ms. service and the generall peace of Germanye. (Roe 254.) . Seine Stellung und Macht bildete an sich eine Gefahr für die Conservation der in den österreichischen Erblanden getroffenen Einrichtungen.

Indessen hatten diese den Böhmen allenthalben auch die Sympathien wieder verschafft, die ihnen durch die politische Haltung verloren gegangen waren. Die gewaltsame Restauration des Katholicismus in dem Lande, das seit Jahrhunderten als die Geburtsstätte der Abweichungen vom Papstthum betrachtet wurde, erschien den Protestanten aller Länder als ein eigenes Unglück, als ein allen gemeinschaftlicher Verlust. Die Vertriebenen bildeten nun ihrerseits eine nationale und religiöse Emigration, welche zu großer Bedeutung gelangte. Auch an dem sächsischen Hofe, der an dem Unglück Mitschuld hatte, fanden sie eine so lebendige Theilnahme, daß man in Oesterreich davon betroffen wurde und die Sachsen die Gunst verloren, die sie bisher genossen hatten.

So waren die Elemente der erbländischen Opposition wieder in steigender Gährung, als in Deutschland ein Schritt gewagt wurde, der das Reich in seiner Gesammtheit und seinen tiefsten Anliegen aufregte.

Gleich bei der ersten Vereinbarung mit Maximilian von Baiern, ohne dessen Beihülfe an die Eroberung Böhmens nicht zu denken gewesen wäre, waren demselben Verheißungen von umfassendem Belang gemacht worden, die nun erfüllt werden mußten. Ferdinand II. hielt sich für berechtigt, den Angriff, den er als König von Böhmen erfahren hatte, mit der Autorität zu rächen, die ihm als deutschem Kaiser zustand.

Friedrich V. ward nicht allein aus seinem Erbland durch Waffengewalt entfernt gehalten: der Kaiser übertrug die Ehrenwürde, die er besaß, auf seinen Verbündeten Maximilian von Baiern. Eine Maßregel, bei der man sich auf das Beispiel Carls V. in dem schmalkaldischen Kriege bezog; sie war aber bei weitem durchgreifender. Denn Carl V. übertrug den Churhut auf einen Fürsten, welcher am evangelischen Bekenntniß festhielt, Ferdinand II. auf den Vorkämpfer des Katholicismus, der schon bisher der Führer der auf eine allgemeine Herstellung desselben dringenden Majorität im Fürstenrathe gewesen war und nun durch seinen Eintritt in den Churfürstenrath auch in diesem eine Majorität hierfür zu Stande brachte. Auf einem aus beiden Parteien zusammengesetzten Churfürstenrath hatte aber unter den drei vorangegangenen Kaisern die Regierung von Deutschland beruht. Nur unter Zustimmung der drei katholischen Churfürsten war die Uebertragung geschehen; die beiden evangelischen waren weit entfernt, sie zu billigen: wieviel weniger die evangelische Bevölkerung überhaupt! Statt den Frieden zu befördern, bildete diese Erhebung den Streitpunkt, in welchem der Gegensatz der beiden Religionsparteien sich concentrirte.

In der Besorgniß, von einem ähnlichen Schicksal betroffen zu werden, trennten sich die Unirten; sie waren leicht zersprengt worden. Die Liga stand allein im Felde und behauptete die durch Niederwerfung ihrer Feinde in Oberdeutschland errungene Stellung.

Mit ihrem Uebergewicht ging die Herstellung des Katholicismus Hand in Hand. Der Churfürst von Mainz schritt zur Gegenreformation an der Bergstraße. Würzburg, Augsburg, Elwangen, Kempten empfingen in ihren Streitsachen gegen die weltlichen Herren günstige Urtheile, in deren Vollstreckung man langsam vorschritt, die aber keinen Zweifel darüber ließen, daß die Ansicht der Mehrheit des Fürstenraths, wie sie bei der Vierklosterfrage emporgetaucht war, zur gesetzlichen Geltung gebracht werden sollte. Bei der Besetzung einer Propstei im Stift Halberstadt nahm der römische Stuhl zum Schutz seiner concordatmäßigen Rechte die Hülfe des weltlichen Arms in Anspruch Caraffa, Germania sacra 178 (ed. 1639).. Der ganze protestantische Name gerieth in Aufregung.

Und wenn die dynastischen Verbindungen Friedrichs V. ihm für die Behauptung der böhmischen Krone nichts geholfen hatten, so traten sie in voller Wirksamkeit hervor, als sein Haus die Churwürde und selbst die alten Erblande verlieren sollte. Der König von Dänemark, Oheim der Gemahlin Friedrichs, war mit den böhmischen Unternehmungen desselben sehr unzufrieden gewesen. Aber das Uebergewicht des Kaiserthums in Deutschland und auch der ligistischen Waffen, die seinen Neffen entfernt hielten und bereits Niederdeutschland erreichten, erweckte seine Eifersucht und seinen Ehrgeiz.

Im östlichen Europa wurde ein analoger Kampf zwischen Schweden und Polen ausgefochten. Gustav Adolf, durch Religion und wenigstens entfernte Verwandtschaft mit dem Churfürsten von der Pfalz verbunden, meinte wohl im Stande zu sein, wenn er der Polen Meister werde, ihn in Böhmen wiederherzustellen. Er würde dann in beiderlei Beziehung den Fürsten von Siebenbürgen zu seinem Verbündeten gehabt haben. Er trug sich mit der Idee, während der König von Dänemark von der Weser nach dem Rhein vordringe, seinerseits einen Einfall in die Erblande zu unternehmen.

Es ist nicht dieses Ortes, die Fäden der Unterhandlungen, die nun über ganz Europa hin gepflogen wurden, auseinanderzulegen; das Verhältniß, durch welches sie Charakter und unmittelbare Wirksamkeit bekamen, lag in der Verbindung des erstarkenden deutschen Kaiserthums mit den traditionellen Tendenzen der spanischen Monarchie.

Denn von jener Abkunft zwischen dem damaligen Erzherzog Ferdinand und dem spanischen Gesandten über die gegenseitigen Ansprüche war doch alles ausgegangen; wie das Gold von Westindien zu allen Erfolgen mitgewirkt hatte, so stand jetzt die Abtretung der Niederlande und des Elsasses an die spanische Linie in Aussicht, wodurch nun die Erwerbung der Pässe von Valtellin und die Besetzung der Unterpfalz eine universale Bedeutung bekamen. Die rheinischen Churfürsten gehörten dem vorwaltenden System an. Und soeben hatte Spanien den Krieg gegen die vereinigten Niederlande wieder erneuert. Sollten diese nicht erliegen müssen, wenn der Kaiser und der König ihre Kräfte dazu vereinigten? Unter einem ehrgeizigen Minister und einem jungen König, der etwas zu thun wünschte, strebte die spanische Monarchie empor.

Mochte nun in Frankreich ein Vieuville oder ein Richelieu am Ruder sitzen, auf die Länge konnte keine französische Regierung diesem Beginnen ruhig zusehen. Die Dinge lagen jedoch in Frankreich nicht so, daß es die Initiative hätte ergreifen können. Dagegen ward England durch seine eigensten inneren Zustände dazu eingeladen.

Eben deshalb, weil Spanien seine Politik aufs neue mit der deutsch-österreichischen identificirte, hatten die Unterhandlungen über die Vermählung des Prinzen von Wales mit einer spanischen Infantin nicht zum Ziele geführt. Der Prinz nahm ein Gefühl der Indignation und des Hasses, mit dem er sich in Spanien erfüllt hatte, auf den Thron mit, den er bald darauf bestieg. In dieser Beziehung hatte er das Parlament vollkommen auf seiner Seite; was man an der letzten Regierung am meisten tadelte, war eben die Rücksicht, die sie auf Spanien genommen, die Lauheit, mit der König Jacob die ihm so nahe liegenden Interessen des pfälzischen Hauses und des Protestantismus überhaupt behandelt hatte. Carl I. schloß ein Schutz- und Trutzbündniß mit der Republik Holland, vornehmlich zum Seekrieg gegen Spanien, und einen Subsidientractat mit Dänemark, welches den Krieg in Deutschland zur Herstellung der Pfalz unternehmen sollte. Die Absicht war, durch die Aufstellung eines stattlichen Heeres an der Elbe und Weser den deutschen Fürsten und Ständen den Muth ihres Bekenntnisses zurückzugeben und sie zu einem allgemeinen Bündniß zur Herstellung des alten Zustandes zu vereinigen. Die drei Alliirten traten auf der einen Seite mit Frankreich, Savoyen, Venedig, auf der anderen auch mit dem Fürsten von Siebenbürgen in Verbindung. Jacob I. hatte eine Abneigung, die Osmanen auch nur indirect in die allgemeinen Angelegenheiten der Christenheit zu verflechten; unter Carl I. fiel diese Rücksicht weg. Der englische Gesandte trug wesentlich dazu bei, daß der Großherr dem Fürsten die Erlaubnis gab, sich mit anderen christlichen Mächten gegen Oesterreich, mit dem man gleichwohl in Unterhandlung blieb, zu verbinden. Bethlen schickte den Capitän Quadt nach dem Haag und begab sich selbst nach Kaschau, um den Erfolg seiner Negotiationen abzuwarten. Denn er wollte nicht eher wieder hervortreten, als bis er durch den Ausbruch eines ernstlichen Krieges in Deutschland und eine Erhebung des unterdrückten Protestantismus unterstützt würde. Dann aber dachte er hervorzubrechen, die Krone von Ungarn ohne Rücksicht auf die indeß vollzogene Wahl Ferdinands an sich zu bringen und nochmals vor den Wällen von Wien zu erscheinen. Der englische Gesandte Roe, der es für seinen besten Ruhm hält, dieses Verhältniß angeknüpft zu haben, wird nicht müde, seinen Hof um Unterstützung des Fürsten zu ersuchen. Denn den Kaiser in den Erblanden anzugreifen und zu gefährden, sei das einzige Mittel, um ihn in Bezug auf die deutschen Angelegenheiten zur Nachgiebigkeit zu stimmen.

Der Moment ist einer der wichtigsten in der europäischen Geschichte, in welchem der große Kampf zwischen Oesterreich-Spanien, das nochmals die Idee der Wiederherstellung des Katholicismus vor sich hertrug, und den Mächten der europäischen Opposition, die den Protestantismus erhalten wollten, zum Ausbruch kam. Was Frankreich und Schweden später ausgeführt haben, das unternahmen damals England und Dänemark, in einer dem protestantischen Gemeingefühl noch mehr entsprechenden Tendenz als die darnach festgehaltene ist; die Erneuerung des maritimen Krieges gegen die Seeherrschaft der spanischen Monarchie, welche noch Portugal umfaßte, die Bewegungen in Italien, wo die Gegner derselben zuweilen selbst an dem Papstthum Rückhalt gewannen, zugleich die Aufrechthaltung der Republik der Niederlande und des europäischen Gleichgewichts überhaupt hängen damit zusammen. Doch war es nicht blos ein einseitiger Angriff; die Bedrohungen waren gegenseitig. Man darf nie vergessen, daß Oesterreich-Spanien, nach einer Reihe von Jahren, in denen der allgemeine Friede und das Gleichgewicht der Mächte und der Religionen bestanden hatte, wieder eine aggressive Haltung annahm, nicht geradehin mit den Weltherrschaftsplänen Philipps II., aber doch in einer gewissen Analogie damit. Philipp IV. und Olivarez, Ferdinand II. und seine Staatsmänner hatten die Feststellung eines allgemeinen Uebergewichts der spanisch-österreichischen Dynastie im Auge. Diese Tendenz und der Widerstand, den sie hervorrief, begegneten einander. In Wien ward eine Anzahl aufgefangener Schreiben eingebracht, die von den Regungen einer weitverzweigten Opposition Kunde gaben, welche vom Haag nach Venedig und Constantinopel reichte und die Absicht verrieth, den in den Erblanden eingerichteten Zuständen ein Ende zu machen. Es war die natürliche Folge der Ereignisse und erschien den Betheiligten vor allem als Vertheidigung der einmal eingelebten Zustände; in Wien hielt man es für einen unberechtigten Angriff, den man zurückweisen müsse und mit neuen Machterweiterungen erwidern könne.

In dieser Krisis der Angelegenheiten hat nun Wallenstein die Sache des Hauses Oesterreich in Deutschland zu führen unternommen.

Wallenstein in Niedersachsen. Verhandlungen des Kreistages.

Der Kaiser durfte jetzt auf die Hülfe nicht mehr rechnen, die ihm im böhmisch-deutschen Kriege von den Spaniern und der Liga geleistet worden war. Denn jene waren selbst in den Niederlanden vollauf beschäftigt, wo die Eroberung von Breda, die ihnen gelang, um so größere Anstrengungen der Republik, die jetzt durch halb Europa unterstützt wurde, hervorrief; das Heer der Liga unter Anführung Tilly's hatte alle Mühe, die mansfeldisch-braunschweigischen Truppen, die von Westen, und die dänischen, die von Osten heranrückten, auseinanderzuhalten und sich ihnen gegenüber zu behaupten. Und bei dem letzten Versuch, die erbländischen Garnisonen einem andringenden Feind entgegenzustellen, hatte man empfunden, wie wenig, wenn es in der bisherigen Weise geschah, darauf zu bauen sei. Wie leicht in der That, daß ein glücklicher Anfall von Ungarn her die kaum unterdrückte Empörung wieder ins Leben rief!

Da erschien nun Wallenstein in Wien, mit dem Antrag, wie einst ein Regiment so jetzt eine ganze Armee auf seine Kosten aufzubringen und ins Feld zu stellen. Sie sollte 15,000 Mann zu Fuß, 5000 zu Pferd zählen; er wollte sie führen, wohin man befehle, nach Ungarn oder Italien oder ins deutsche Reich Ich folge hierbei den Berichten des bairischen Agenten Leuker in Wien an den Churfürsten Maximilian, die ich bereits im Jahre 1831 eingesehen habe.. Man soll ihn gefragt haben, ob er 20,000 Mann im Felde zu halten sich anheischig machen könne, worauf seine Antwort gewesen sei, nicht 20,000, wohl aber 50,000; er soll das Beispiel Mansfelds vor Augen gehabt haben. Ich wage nicht, dies zu wiederholen. Denn die beglaubigte Nachricht ist, daß doch eben nur von 20,000 Mann die Rede gewesen ist, und für die Erhaltung einer Armee ohne Kosten des Kriegsherrn hatte er das beste Beispiel selbst gegeben. Als Generalquartiermeister in Böhmen hatte er schon bewiesen, wie ein Land einer überlegenen Mannschaft dienstbar zu machen sei; er hatte die fremden Truppen entfernt und ein System der Contribution eingerichtet, bei der die kaiserliche Armee sich behaupten konnte Khevenhiller, Conterfet II, 219: hat viel Ort in Mähren und Böhaimb recuperirt, und in Quartiren solche Anlagen gemacht, daß er sie ohne des Kriegsherrn Entgelt bezahlt..

Lange bedachte man sich in Wien, denn das Unternehmen enthielt viele große Neuerungen; es konnte selbst bedenkliche Folgen nach sich ziehen. Noch schmeichelte man sich, auf einem Deputationstage, der nach Ulm ausgeschrieben war, die Ruhe in Deutschland zu befestigen, so daß das wiedergeeinigte Reich keinen fremden Einbruch zu befürchten haben würde. Da liefen Briefe der Churfürsten von Sachsen und Brandenburg ein, aus denen so viel erhellte, daß diese Versammlung nicht zu Stande kommen würde.

Mit doppelter Stärke und Berechtigung erhob sich nun im geheimen Rath die Meinung, daß der Kaiser sich selbst besser als bisher bewaffnen müsse. Der erste Minister Eggenberg, nunmehr auch Fürst, war noch immer gegen die Anträge Wallensteins, so sehr er ihn sonst beschützte; aber die meisten Mitglieder erklärten ihre Annahme für nothwendig. Wallenstein war im voraus zum Feldhauptmann für die kaiserliche Armee bestimmt; jetzt wurden seine Anträge angenommen; er bekam ein Patent zu seiner Werbung. Man wußte, daß er hinreichend mit barem Gelde versehen sei, um sogleich ans Werk zu schreiten. Die im Dienst befindlichen Obersten erhielten Befehl, ihre Regimenter zu verstärken, die zu Pferde auf 1000, die zu Fuß bis auf 3000 Mann.

Anfangs hat man noch einen Augenblick darüber geschwankt, wohin Wallenstein seine Richtung nehmen solle, ob nicht vielleicht eben doch gegen Bethlen, der eine die Erblande bedrohende Stellung inne hatte; aber diese waren viel zu erschöpft, um daselbst eine neue Armee erhalten zu können: und die große Entscheidung lag doch zunächst auf einer anderen Seite. An der untern Weser und Elbe trat die europäische Combination von Dänemark, Holland und England der bisher in Folge der Schlacht am weißen Berge vollzogenen Umgestaltung der deutschen Angelegenheiten entgegen: hier mußte sie zurückgewiesen oder gebrochen werden.

Eben aber in Norddeutschland war der kaiserlichen Macht noch eine große Einwirkung möglich. Die mächtigen Häuser, Hessen und Braunschweig-Lüneburg, waren durch die wichtigsten Territorialfragen in sich selbst entzweit. Indem der Kaiser in dem Streit zwischen Cassel und Darmstadt, welcher Marburg betraf, zu Gunsten des letztern, in dem Streit zwischen Lüneburg und Braunschweig-Wolfenbüttel über Grubenhagen zu Gunsten Lüneburgs entschied, geschah es, daß zwar Cassel und Braunschweig dem Kaiser entfremdet, Lüneburg und Darmstadt aber um so mehr für ihn gewonnen wurden. Zwischen dem Landgrafen Ludwig V. von Darmstadt, welcher mit Vorbehalt des evangelischen Glaubens übrigens eine sehr rührige Beflissenheit zu Gunsten der kaiserlichen Autorität entwickelte, und dem Herzog Georg von Lüneburg-Celle, der ein Schüler Spinola's, in mannigfaltigen Diensten den Ruf eines guten Kriegsmannes erworben hatte, war die engste Familienverbindung geschlossen worden: Georg, zum Stammhalter seiner Linie bestimmt, hatte sich mit der Tochter des Landgrafen vermählt. Das Zerwürfniß der hessischen Fürsten hatte dem General der Liga bereits den Weg nach Hessen geebnet: die Entzweiung zwischen Lüneburg-Celle und Braunschweig-Wolfenbüttel lud Wallenstein nach Niedersachsen ein. Soeben hatte Georg sein Verhältniß zu dem niedersächsischen Kreise, dessen Truppen er anführte, aufgelöst und dem König von Dänemark, dem er als Oberst verpflichtet war, seinen Dienst gekündigt. Der Kreis wählte hierauf den Herzog von Wolfenbüttel zum Befehlshaber seiner Truppen und ernannte den König von Dänemark, Herzog von Holstein, zum Kreisobersten. Damit war noch nicht ausgesprochen, daß sich der Kreis nun auch der Politik des Königs und seinem Einverständniß mit England anschließen würde; wenn es aber dahin kam, so konnte der Kaiser allemal auf die Unterstützung von Lüneburg rechnen. Auch zwischen den beiden Linien des Hauses Oldenburg war ein heftiger Hader ausgebrochen, der damals hauptsächlich daher rührte, daß der König von Dänemark den Prinzen Johann Adolf von Holstein-Gottorp von dem Erzstift Bremen ausschloß; er hatte dort in Concurrenz mit demselben seinen eigenen zweiten Sohn als Coadjutor wählen lassen. Johann Adolf war in kaiserliche Kriegsdienste gegangen und gehörte zu den Obersten, welche Truppen für die neue Armee Wallensteins aufbrachten. In den Häusern Brandenburg und Sachsen gab es in diesem Augenblick einen ähnlichen offenen Zwiespalt nicht. Aber die jüngeren Linien verfolgten doch eine andere Politik, als die Häupter der Häuser, die sich vom Kaiser nicht trennen mochten. Ein Markgraf von Brandenburg, welchem Jägerndorf zugefallen, betheiligte sich an dem erbländischen Kriege: er gehörte zu den Verjagten. Ein Prinz von Sachsen-Weimar diente unter den dänischen Fahnen. In der eigenthümlichsten Lage befand sich der Bruder des Churfürsten von Brandenburg, Christian Wilhelm, Administrator von Magdeburg. Von dem Reiche war er nicht anerkannt; die Hauptstadt des Stiftes versagte ihm den Gehorsam; dem Domcapitel gegenüber hatte er die drückendsten Bedingungen, die ihn der Regierung fast beraubten, eingehen müssen. Sein Bruder, Churfürst Georg Wilhelm, fürchtete sich selbst zu gefährden, wenn er ihn offen unterstütze.

Die von verschiedenen Seiten her angeregte Frage über die Stifter war nun aber die wichtigste, die es in dem Reich überhaupt gab. In den Zeiten der Reformation protestantisch geworden, von einer durch und durch evangelischen Bevölkerung gebildet und umgeben, hatten die norddeutschen Stifter, weit entfernt, zu Sitz und Stimme am Reich wie vor Alters zugelassen zu werden, nicht einmal die persönliche Zusicherung der regierenden Kaiser, sie in ihren Schutz nehmen zu wollen, erlangen können. Seit mehr als einem Jahrzehnt dem Kaiser weder durch Lehen noch durch Indult noch auch durch Huldigung verwandt und dem Angriff der eifrigen Katholiken, die principiell von reformirten Bisthümern und Erzbisthümern nichts hören wollten, ausgesetzt, suchten sie ihren Schutz in der Bewaffnung des niedersächsischen Kreises, dem sie großentheils angehörten und in der großen politischen Combination, die sich in Folge der pfälzischen Verwickelung in Europa gegen das Haus Oesterreich bildete.

Wenn vor allem hiedurch der Kaiser veranlaßt wurde, sein Heer nach Norddeutschland zu schicken, so tauchte doch auch von Anfang an ein dynastisches Interesse hervor, namentlich die Absicht, an die Stelle des kriegerischen Administrators von Halberstadt, Christian von Braunschweig, der auf sein Stift schon von selbst Verzicht geleistet hatte, einen Erzherzog zu befördern. Ein ausführliches Gutachten liegt vor, in welchem dem Domcapitel gerathen wird, bei der bevorstehenden Wahl von dem Prinzen von Dänemark, an den man dachte, abzusehen, zumal da er als Ausländer betrachtet werde Bei Lünig, Staatsconsilia I, 1622. Darin heißt es: Rex Daniae habetur pro extero., und dagegen einen Sohn des Kaisers zu wählen, was ja mit Vorbehalt des religiösen Bekenntnisses geschehen könne.

In diese aus einer weitzurückliegenden Vergangenheit entsprungenen und für die Zukunft des Reiches entscheidungsvollen Verhältnisse sollte nun Wallenstein, an der Spitze des neuen Heeres maßgebend eingreifen. Man hoffte noch ohne Anwendung der Waffen zum Ziel zu kommen. Der Feldhauptmann erhielt das Recht, nach seinem Ermessen, jedoch mit Zuziehung von Tilly, die Bedingungen einer Abkunft festzusetzen. Vornehmlich soll Niedersachsen entwaffnen, das fremde Kriegsvolk von dem Boden des Reichs weichen; zugleich aber soll man dafür sorgen, daß die Armee ohne Kosten des Kaisers vollständig bezahlt und dann abgedankt werde Als stellen wir solches D. L. als unserm General und die mit obbesagtem Grauen von Tilly vleißig die Sache conferiren wirdt, nochmals anheimb, die wirdt dero Unnß bekandten erfahrenheit und in solchen sachen habenden dexteritet nach, dieselbe verfassen und vorzuschlagen wissen, doch daß vornemblich dahin gesehen werde, damit die ergriffene verdächtige Waffen ohne nachtheil und schaden unser und der gethreu gehorsamsten Churfürsten und Stände des Reichs von desselben Boden würklich abgeführt und daß solche wieder dieselbige ferners auch anderwerts durch keinen praetext oder Fürwandt dirigiert werden, genugsambe Versicherung geleistet, und alsdann unser Armada und ohne unser und unsern Erbkönigreich und Landen entgelt völlig bezahlt, contentiert und daselbst abgedankht werde, auch wir und andere des Heil. Reichs Craiß, die vorhin wegen der durchzug viel gelitten und an dieser Kriegsverfassung kein Schuld tragen, ferner mit durchzügen, einquartierungen und andern trangsalen verschont bleiben mögen. Hierüber wollen wir von einer Zeit zur andern über den Ervolg von D. L. die Relation gewertig sein und wir seiend und bleibend D. L. mit u. s. w.
Geben unser Königl. Stadt Oedenburg den 4. November 1625.
An Herzogen zu Friedtlandt.
(Aus Leukers Papieren im Münchener Staatsarchiv.)
.

Als Wallenstein diese Weisung empfing, hatte er bereits in dem niedersächsischen Kreise eine feste Stellung genommen. Nicht durch Sachsen, was der Churfürst schwerlich geduldet haben würde, sondern durch Franken und Hessen rückte er dahin vor und besetzte zunächst Halberstadt und alsdann den größten Theil des Erzstifts Magdeburg mit seinem Heer. Die noch in den Gemüthern lebendige Verehrung gegen die kaiserliche Autorität erwachte um so stärker, je unerwarteter und nachdrücklicher sie auftrat: nirgends fand er Widerstand. Welch ein Ereigniß aber war es für den Kreis, der sich in seiner Autonomie zu behaupten vermeinte, daß dem ligistischen Heere, dem er kaum zu widerstehen vermochte, ein zweites kaiserliches zur Seite trat!

Wallensteins Armee befand sich, als sie einrückte, in einem wenig schlagfertigen Zustande; ihr Aufzug hatte ein zigeunerhaftes Aussehen: ihre Bewaffnung verrieth die tumultuarische Art und Weise, in der sie zusammengebracht worden war; es fehlte bei ihrem Einrücken nicht an mannigfaltigen Gewaltsamkeiten, welche in den landschaftlichen Chroniken und in den gewechselten Schriften mit gerechtem Unwillen verzeichnet sind. Dabei erhellt aber doch, daß eine gewisse Ordnung gehalten wurde. Friedlands Absicht war es wenigstens, daß Bürger und Bauern Khevenhiller ( Ann. Ferd. X, 841) rühmt die gute Ordnung, daß das Land nicht verwüstet und verbrannt, auch die Leute nicht von Haus und Hof vertrieben, sondern alles wohl bebaut und eingeerndtet worden. Soldat und Bauer haben beisammen gelebt, und alle Kriegsherrn diese Manier Krieg zu führen vom Herzog von Friedland gelernt. neben den Soldaten sollten bestehen können. Man traf Anstalt, daß die Aussaat geschah und für das künftige Jahr vorgesorgt wurde.

Darin liegt das Originale in dem Auftreten Wallensteins: Aufstellung einer Armee hauptsächlich durch seine Vorschüsse, Ernährung derselben durch die Contributionsverfassung, bei der das Land allenfalls bestehen konnte, beides auf den Grund des kaiserlichen Namens und Gebotes. Die Verbindung der militärischen Zucht, die er gewaltig handhabte, mit ökonomischer Fürsorge giebt seiner Occupation ein eigenthümliches Gepräge, sie hat einen landesfürstlichen Zug in sich.

Zugleich lag ihm nun die Unterhandlung ob, die über Krieg und Frieden entscheiden sollte.

Nicht gewöhnliche Besprechungen waren es, die auf dem Kreistag zu Braunschweig vom December 1625 bis in die ersten Monate des Jahres 1626 gepflogen wurden; sie hatten die größte Tragweite für das Reich und für Europa.

Man hielt noch für möglich, daß sich der Kreis der kaiserlichen Autorität fügen würde; dafür ließen die beiden benachbarten Churfürsten ihre Vermittelung eintreten; es war der Gesichtspunkt, den Wallenstein bei den Verhandlungen hervorhob. Er forderte, daß die Postulate des Kaisers erwogen, und nicht versucht werden solle, gegen die Erbietungen kaiserlicher Autorität Maß und Ordnung festzusetzen. Dagegen bestanden die Stände auf der Constitution der Reichskreise, durch welche sie ermächtigt seien, in den Waffen zu bleiben. Wenn die Generale zuerst die Entwaffnung des Kreises, so forderten dagegen die Kreisstände zuerst die Entfernung der Generale. Vielleicht hätte man sich darüber verständigen können. Aber es kamen noch andere in der Sache liegende Differenzen zur Sprache, über die das nicht zu hoffen war.

Die Generale stellten eine Bestätigung des Religionsfriedens in Aussicht, behielten sich aber die kaiserliche Jurisdiction dabei vor. Aber man hatte bereits erfahren, daß diese Reichsjurisdiction von dem Kammergericht im Sinne der katholischen Mehrheit ausgeübt, zu einem Umsturz der protestantischen Religionsverfassung führte; hiergegen verlangte der niedersächsische Kreis gesichert zu sein. Die Stände sollten nicht allein in ihren Erbländern, sondern auch in den Stiftern und Erzstiftern bei der eingeführten Gerichtsbarkeit in geistlichen und weltlichen Sachen verbleiben, die Capitel bei ihren Wahlen gelassen werden; man sollte in Religionssachen auf keine Pönalmandate gegen sie erkennen. Weit entfernt, die geistlichen Güter in Frage stellen zu lassen, forderten sie vielmehr, daß Fürsten und Stände auch in Bezug auf diesen Besitz in kaiserlichen Schutz und Schirm genommen würden Resolution des Crayßes, 22. Februar 1626, bei Khevenhiller A. F. X, 878..

Was den Kreis in Anspruch nahm, war eben die politische und religiöse Autonomie, welche der Kaiser nicht dulden wollte. Wallenstein fügte noch eine andere Forderung hinzu. Seiner Instruction gemäß bestand er auf dem Ersatz der Kriegskosten des Kaisers. Darauf aber konnte der Kreis nun vollends nicht eingehen; er würde sich dadurch bei seiner Erschöpfung einer ferneren Occupation ausgesetzt haben.

Man könnte auch wohl hier meinen, ein Ausgleich wäre doch vielleicht möglich, weil im höchsten Grade wünschenswerth gewesen, um das bevorstehende Unheil zu vermeiden; aber es giebt Momente, in denen Rücksichten dieser Art alle Wirksamkeit verlieren. Die Generale repräsentirten die großen Interessen des Katholicismus, die mit der Reichsgewalt noch verbunden erscheinen; aber dieser überhandnehmenden Gewalt freien Lauf zu lassen, hätten die Stände für eine Gefährdung ihres zeitlichen und ewigen Heils gehalten; den Reichsconstitutionen zufolge meinten sie mit ihrem Widerstand vollkommen im Rechte zu sein. Und noch konnte der eine und der andere Theil hoffen, den Sieg davon zu tragen. In Situationen, wo es keine denkbare Ausgleichung giebt, hat man noch allezeit und allenthalben die Waffen ergriffen.

Feldzug von 1626 in Norddeutschland.

Was im Jahre 1626 im Felde erschien, war nicht die ganze weltumfassende Combination gegen das Haus Oesterreich, mit deren Bildung man umgegangen war, aber doch ein guter Theil derselben. Die engsten Bundesgenossen der Pfalz, England und Holland, setzten den König von Dänemark in den Stand, mit einer sehr stattlichen Macht den Versuch einer Herstellung der alten Zustände in Deutschland zu unternehmen. Er hatte nicht allein über seine eigene Armee, sondern über die Heerhaufen Mansfelds, Braunschweigs und Johann Ernsts von Sachsen-Weimar zu gebieten; er stand an der Spitze des niedersächsischen Kreises; in Hessen und Thüringen erwartete man seine Ankunft, um sich für ihn zu erheben; seine Gesandten waren wohl aufgenommen in Magdeburg; ein einziger glücklicher Schlag würde Oberdeutschland und die österreichischen Erblande in Feuer und Flamme gesetzt haben. In Oberösterreich war ein Bauernaufruhr ausgebrochen, der den Churfürsten von Baiern abhielt, Tilly nach Wunsch zu unterstützen; über die Gesinnungen der Schlesier konnte kein Zweifel sein, obwohl sie an sich hielten; und in der Ferne setzte sich Bethlen Gabor, der sich soeben mit einer Prinzessin vermählte, die der dänisch-pfälzischen Verwandtschaft angehörte – aus dem Hause Brandenburg –, in Bereitschaft, in Ungarn, wo er eifrige Anhänger hatte, vorzudringen und die alten Unternehmungen gegen Böhmen und Oesterreich zu erneuern Bei Mauvillon: Militärische Blätter, Jahrg. 1823, findet sich ein mit Zuziehung dänischer Berichte abgefaßter Aufsatz über den Krieg Christians IV. in Deutschland, in welchem die Stärke des Königs und seiner Bundesgenossen auf etwa 60,000, die der beiden Generale auf 70,000 Mann berechnet wird..

Wäre Tilly allein im Felde gewesen, und hätte ihn Christian IV. zugleich von der Elbe und Weser her mit englischer und, worauf man eine Zeitlang rechnete, mit brandenburgischer Hülfe angegriffen, so würde es mit dem Ausgang sehr zweifelhaft gestanden haben.

Natürlich hätte der König von Dänemark nichts mehr gewünscht, als eine Trennung der beiden Armeen; die Bedrohung von Ungarn und Schlesien schien einen unmittelbaren Abzug Wallensteins nach den Erblanden herbeiführen zu müssen. Aber Wallenstein hielt dafür, daß dort auch ohne ihn Widerstand geleistet, hier aber seine Anwesenheit nicht entbehrt werden könne; denn sonst würden alle widerwärtig Gesinnten Muth fassen, sich offen zu erklären, und die Uebrigen genöthigt werden, ihnen beizutreten. Alles, was er sah und hörte, hielt ihm die Nothwendigkeit, dort die aufwogenden Gegensätze durch überlegene Waffen niederzuhalten, im Bewußtsein.

Der König, seinerseits ebenfalls davon durchdrungen, daß er militärisch im Vortheil sein müsse, wenn er etwas erreichen wolle, hatte den Muth, auf die Gesammtstellung des kaiserlichen und des ligistischen Heeres anzugehen. Zu seiner Rechten rückte Johann Ernst von Weimar nach Westphalen, um den Holländern die Hand zu bieten; zu seiner Linken übernahm es Graf von Mansfeld, Wallenstein zu beschäftigen.

Zwischen diesen kam es zum ersten Zusammentreffen.

Mansfeld hatte die Elbe überschritten und, von den Landesherrschaften wenn nicht unterstützt, doch auch nicht ernstlich verhindert, die Pässe an der Havel eingenommen: auch Brandenburg war in seine Hände gefallen Vergl. Opel, der niedersächsisch-dänische Krieg II, S. 434.; dagegen aber hatte Wallenstein mit treffendem, strategischem Tact den Elbpaß an der Dessauer Brücke besetzt, wodurch das jenseitige Gebiet für seine Streifzüge eröffnet wurde. Die für die Aufstellung eines eigenen Heeres von dem Administrator Christian Wilhelm bestimmten Sammelplätze konnten überfallen und wüst gelegt werden. Hierdurch veranlaßt und, wie man annahm, auch deshalb, weil das sächsische Gebiet überzogen und der Churfürst Johann Georg für seine Neutralität gezüchtigt werden sollte So faßte man nach einem Schreiben Nethersole's die Sache im Haag auf: – he is in a good way to attempt the taking of some passages on the Elbe, in the principality of Anhalt, and so to fall in the elector of Saxony his country and make that the seate of the war, – for a reward of his neutrality. Roe negotiations 507., unternahm Mansfeld, den Feind aus jener Stellung zu vertreiben, in der er seine Freunde beschützte und alle benachbarten Gebiete gefährdete. Die Kaiserlichen wiesen seinen ersten Anlauf zurück; aber sie sahen, daß er sich in den eingenommenen und im Halbkreis um den Brückenkopf errichteten Verschanzungen zu behaupten gesonnen war. Einer über den Fluß geschickten Abtheilung zu Fuß gegenüber hielt er sich in voller Schlachtordnung. Hierauf beschloß man im versammelten Kriegsrath, auch eine starke Reiterschaar über die Brücke zu führen und ihn aus seiner noch immer für die Kaiserlichen bedrohenden Position zu verjagen. Es war am 15./25. April 1626 Nachmittags drei Uhr, daß die beiden Heere handgemein wurden. Das entscheidende Ereigniß ist, daß ein niederländisches »Ein niederländisches Regiment (holländisch oder luxemburgisch?), worauf der Feind sein höchste Confidenz, so sich auch am tapfersten gewehret.« Aelteste Relation nach München, mitgetheilt von Leuker. Regiment, auf welches Mansfeld am meisten sein Vertrauen gesetzt hatte, von den Kaiserlichen über den Haufen geworfen wurde. Beim Anblick der gräßlichen Metzelei, die nun erfolgte, warf sich die gesammte Cavallerie von panischem Schrecken ergriffen in die Flucht. Die Kaiserlichen machten viele Gefangene, erbeuteten viele Geschütze und behaupteten sich fortan im ganzen Vortheil ihrer Stellungen.

Der Erfolg war insofern von Bedeutung, als der allgemeine Plan Christians IV. dadurch unausführbar wurde, zumal gleich darauf der alte Kriegsgefährte Mansfelds, der Administrator von Halberstadt, der in das Eichsfeld eingebrochen war, einem frühen Tode erlag.

Das Uebergewicht, das Wallenstein an der Elbe errungen, nöthigte den König, die Unternehmung in Westphalen, von der er eine Diversion erwartete, aufzugeben; die beiden Flügelbewegungen waren ihm mißlungen; er bedurfte seiner ganzen Macht im Centrum gegen Tilly, der nun wieder, von dem kaiserlichen General mit einigen Regimentern unterstützt, siegreich vorrückte; eben ein wallensteinischer Oberst, de Fours, schlug die dänische Reiterei bei Kalenberg aus dem Felde, so daß der Platz selbst behauptet werden konnte.

Die einzige Aussicht für den König, seinen Feldzug dennoch mit Erfolg durchzuführen, lag dann in der Schilderhebung des entfernten Verbündeten, des Fürsten von Siebenbürgen. Dem war durch einen im April 1626 im Haag zu Stande gekommenen Vertrag außer monatlichen Subsidien auch eine Beihülfe von kriegsgeübten Truppen, namentlich von Fußvölkern, versprochen worden. Eine Summe Geldes wurde abgesendet, freilich auf weitem Umwege: der König von Dänemark ließ es durch Vermittelung der Holländer nach Constantinopel anweisen. Dringender noch war es, daß die Truppen, die man ihm zugesagt hatte, wenn auch nicht in der ursprünglich festgesetzten Zeit, aber doch noch im Laufe des Sommers bei ihm eintrafen. Nicht ohne große Mühe wurden die Mannschaften zusammengebracht und in Stand gesetzt. Ernst von Mansfeld und Johann Ernst von Weimar wurden bestimmt, von einem dänischen Kriegscommissar – Stellvertreter des Königs – begleitet, sie ihm zuzuführen; die Absicht war, dabei zugleich in Schlesien Fuß zu fassen und die beiden Kriege in Niederdeutschland und in Ungarn zu combiniren.

Durch den Einbruch der dänisch-deutschen Truppen in Schlesien sah sich Wallenstein doch in der That genöthigt, den Erblanden zu Hülfe zu kommen, wie er denn zu diesem Zweck einen Theil seines Heeres vorausschickte und Anfang August sich selbst auf den Weg machte. Am 13. August finden wir ihn in Cottbus, wo ihn die brandenburgische Regierung, schwach und furchtsam wie sie war, mit der größten Rücksicht behandelte.

Und nun schöpfte Christian IV. freien Athem. Durch einen Vortheil, den er über Tilly davon trug – er entsetzte Nordheim –, ermuthigt, verlor er keine Zeit, zur Ausführung eines Vorhabens zu schreiten, das ihm immer vorgeschwebt hatte. Am 12. August finden wir ihn in Duderstadt. Er dachte durch das Eichsfeld nach Thüringen vorzudringen, wo eben von dem ernestinischen Herzog eine stattliche Rüstung unter dem Namen einer Landesvertheidigung ins Werk gesetzt wurde, und alsdann von dem mittleren Deutschland in die fränkischen Bisthümer einzubrechen. Wie der Kaiser, so würde auch die Liga in ihrem eigenen Gebiete angegriffen worden sein. Dahin wollte es aber Tilly nicht kommen lassen. Er zog so eben aufs neue einen wallensteinischen Heerhaufen an sich, so daß die Entfernung Wallensteins dem König zu keinem Vortheil gereichte, wegen der Einheit im Oberbefehl eher zum Nachtheil. Auf die Nachricht von der geschehenen Verbindung fand sich der König in der Unmöglichkeit, vorzurücken. Nicht gesonnen, dort am Orte zu schlagen, entschloß er sich, sein in die Ferne angelegtes Unternehmen aufzugeben und zurückzugehen. Aber indem er sein altes Lager in Wolfenbüttel wieder zu gewinnen trachtete, ward er festgehalten und nun doch in ungünstiger Stellung in dem Thale bei Lutter am Barenberg zur Schlacht genöthigt (27. August 1626). Eben die wallensteinischen Reiter hielten ihn fest. Sie haben dann, als der Kampf einen Augenblick sich zu seinen Gunsten zu neigen schien, denselben zu seinem Nachtheil entschieden. Nur mit schwerem Verlust unter persönlichen Gefahren konnte er sich zurückziehen.

Christian IV. war ein gebildeter, einsichtsvoller Mann, den Dänen gilt er fast für den besten ihrer Könige; aber den deutschen Krieg durchzuführen war er nicht geboren. Sein Zug nach Duderstadt muß fast als ein Abenteuer im Style der Zeit betrachtet werden. Denn wie hätte ein König von Dänemark und Herzog von Holstein die eigenen Gebiete einem starken Feinde, der hinter ihm stand, zur Beute lassen können? Ueberdies aber: der dynastische Ehrgeiz, dem er Raum gab, brachte ihn in Verwickelung mit den mächtigsten Ständen des niederländischen Kreises, die er beschützen sollte. Obgleich einem deutschen Fürstenhause angehörig, wurde er doch als fremder König betrachtet.

Indessen ward durch die Schlacht weder sein Muth gebrochen, noch seine Machtstellung vernichtet. Sein Angriff war abgeschlagen; aber unter den Verbündeten machte es einen guten Eindruck, wie rasch er seine Truppen wieder sammeln und eine gute defensive Stellung, deren Mittelpunkt Stade war, einnahm. Auch Wolfenbüttel wußte er zu behaupten. König Carl I. fühlte sich bewogen, ihm das englische Truppencorps, das in den Niederlanden stand, unverzüglich zuzusenden; er ließ ihn auch alle andere Unterstützung hoffen, deren er bedürfen werde according to the consequence thereof, if that king should not presently be reinforced and enabled to stand up again in opposition of the progress of a victorious army and in defence of those places and passages which remain still in his power. – Conway an Wake, 20. Sept. 1626, bei Roe 557..

Feldzug in Ungarn.

Während der zurückgelassene Theil der wallensteinischen Truppen doch recht viel zum Sieg über den König von Dänemark in Norddeutschland beitrug, war der General selbst mit dem einzigen Verbündeten desselben, der im Felde stand, im Kampf begriffen. Es war der Fürst von Siebenbürgen, dessen Art und Natur zugleich in ihrer innern Energie und durch die Verhältnisse herbeigeführten Beschränkung auf das eigenthümlichste hervortritt.

Bethlen hatte durchgesetzt, daß die siebenbürgischen Stände seine junge brandenburgische Gemahlin als seine Nachfolgerin anerkannten, und erreichte, daß auch die Pforte diese Bestimmung sanctionirte. Die europäischen Gesandten, die sich dafür verwendeten, zogen in Betracht, daß mit der Dynastie zugleich die Religion im Lande festgestellt, der österreichische Einfluß ausgeschlossen und wahrscheinlich auch Brandenburg bewogen werde, sich der großen Allianz anzuschließen.

Um den Krieg, den man vorhatte, mit Erfolg zu führen, schien es aber nöthig, die Beistimmung und wo möglich auch die Theilnahme der Pforte zu erlangen. Die Form der Verhandlung war, daß Bethlen seine Wünsche zuerst den drei Gesandten von England, Holland und Venedig vortrug, welche sie prüften und dann in so weit einen Antrag bei der Pforte darauf begründeten, als sie damit einverstanden waren.

In diesem Augenblick ging nun der Wunsch Bethlens auf eine Ermächtigung der Pforte, mit seinen türkischen Hülfsvölkern in das kaiserliche Gebiet vorzurücken und daselbst Winterquartiere zu nehmen; zugleich sollten die Tartaren in Podolien eindringen, um die Polen zu beschäftigen Articuli aliquot adjuncti postulatis sermi principis Transsylvaniae, bei Roe 561, nr. 3 u. 6..

Wären diese Maßregeln ergriffen worden, so würden sie dem Kriege wohl eine neue Wendung gegeben haben. Wallenstein wäre genöthigt gewesen, seine ganze Macht zur Wiedereroberung der besetzten österreichischen Gebiete zu verwenden, und der König von Schweden in den Stand gesetzt worden, an dem allgemeinen Kriege, ungehindert von Polen, Theil zu nehmen.

Einmal aber: sollte die Pforte eine so entschlossene Politik beobachten? Sie war noch in einem gefährlichen Kriege mit Persien begriffen. Und selbst die drei Gesandten wollten so weit nicht gehen; sie wollten den Tadel nicht auf sich laden, christliche Gebiete der Invasion der Türken unmittelbar preisgegeben zu haben. Am leichtesten hätte sich der holländische in den Antrag geschickt; denn die Republik, sagte er, sei schon ohnehin schwarz angeschrieben, und sie kämpfe überdies um ihre Existenz; aber weder der Bailo noch Sir Thomas Roe mochten sich so entschieden in Widerspruch mit dem Gemeingefühl der Christenheit setzen.

Es schien ihnen genug, wenn die Pforte die noch schwebenden Unterhandlungen mit dem Kaiser und den Abschluß eines neuen Friedens an die Einwilligung Gabors und selbst der europäischen Fürsten knüpfte. Ferner wurde der Pascha von Ofen, Murtesa, nach Bethlens Wunsch und dem Antrag der Gesandten beauftragt, dessen eigene Besitzungen, sowie die türkische Grenze überhaupt sicher zu stellen und den Feind durch eine drohende Haltung zu beunruhigen.

Man ließ demnach dem Fürsten von Siebenbürgen freie Hand und unterstützte ihn selbst bei seinem Unternehmen mit dem Gewicht einer beschützenden Autorität; jede eigentliche Theilnahme sollte vermieden bleiben: und in so fern war denn von den Osmanen das gute Vernehmen mit dem Kaiser und von den Gesandten die Idee der Christenheit als einer Gesammtheit gewahrt.

Wie aber, sagte Roe im Gespräch mit dem Kaimakan, wird es möglich sein, die Truppen unter ihren Zelten ruhig zu halten? Sie haben den strengsten Befehl dazu, antwortete dieser; die Soldaten sollen nur etwa mit dem Bau einer Brücke oder einer Feste, die später nützlich werden kann, beschäftigt werden. Aber er selbst gab zu, daß es nicht leicht sein Verbleiben dabei haben werde. Murtesa-Pascha hatte doch zugleich den geheimen Auftrag, wenn er den Kaiserlichen einen großen Schlag beibringen könne, die Gelegenheit nicht zu versäumen, sondern dem Großherrn einen so guten Dienst zu leisten Aus einer Parabel zieht der Gesandte den Schluß: that if he (Murtesa) could take the emperor at any great advantage, that he should use it. Roe an Conway, Negotiations 560.. Der Gesandte sagt, es sei nicht seines Amtes gewesen, dem zu widersprechen: möge denn immer, nach der Lehre der Katholiken, von den Feinden Gottes einer den andern erschlagen.

Wenn es die Absicht Bethlens war, den Krieg gegen Oesterreich und das spanisch-katholische System in großem Styl zu unternehmen, so wurde das durch die allgemeine Lage der Welt und die Bedenklichkeit seiner Verbündeten selbst gehindert; aber dahin kam es doch, daß die Pforte ein enger begrenztes Unternehmen gegen den Kaiser nicht allein billigte, sondern eventuell mit ihren eigenen Waffen zu unterstützen bereit war. Es erschien als eine glückverheißende Combination, daß Mansfeld und Johann Ernst von Weimar von den Küsten der Nordsee heranrückten, um sich mit ihm zu verbünden. Die Vorliebe der Schlesier für den Protestantismus kam ihnen nicht wenig zu Statten. Hätte sich die niederschlesische Landmiliz den Heranziehenden entgegengestellt, so würden diese, da sie zugleich von den wallensteinischen Reitern verfolgt wurden, wahrscheinlich zu Grunde gegangen sein; aber Niemand regte sich; die großen Städte glaubten genug zu thun, wenn sie ihnen nur keine Hülfe gewährten; inmitten einer Art von Wagenburg, die gegen einen plötzlichen Reiteranfall sicher stellte, durchzog Mansfeld Niederschlesien; in den Gebirgen angelangt, fand er Zulauf von allen Seiten. In Mähren schien man sehr geneigt, ihm die Hand zu bieten. Die Proclamationen des Mansfelders und des Herzogs von Weimar machten größeren Eindruck, als die Befehle der Regierung, ihnen Widerstand zu leisten Caraffa, Germania restaurata 261: Rustici – – potius Mansfeldianis quam Caesareanis iterum adhaerere voluerunt.. In Böhmen setzte sich an mehr als einer Stelle, wie in Leitmeritz und Joachimsthal, der fortschreitenden Antireformation selbst ein offener Widerstand entgegen. Indeß waren die Bauern von Oberösterreich in vollem Aufstande; sie stellten einen Herzog aus ihrer Mitte auf. In Unterösterreich trug man Bedenken, die Landmiliz zu bewaffnen, weil man ihren Abfall fürchtete.

Was hätte daraus werden müssen, wenn sich dort an den Confinien der verschiedenen Erbländer eine Kriegsmacht von Bedeutung behauptet, oder wenn sie gar einen namhaften Vortheil davon getragen hätte?

Einen Augenblick war Mansfeld in Gefahr, von den kaiserlichen Reiterschaaren unter Pechmann und Isolani, die ihm immer auf der Ferse waren, eingeschlossen und bei der Ankunft des Generals vollends zu Grunde gerichtet zu werden. Aber indem er sich bald nach der einen, bald nach der anderen Seite wandte, gelang es ihm, über die Waag, über welche er eilends eine Brücke schlug, zu entkommen; er verbrannte sie hinter sich und war schon in die schützende Waldung und dann nach den Bergstädten entkommen, ehe die Kaiserlichen ihrerseits eine Brücke geschlagen hatten.

Indem erschienen nun auch Bethlen und Murtesa-Pascha im Feld: – »ich muß mich gefaßt machen,« sagte Wallenstein, »mit Bethlen, Mansfeld und dem Türken zugleich zu raufen; es graust mir aber vor ihnen allen nicht.«

Noch eine andere Schwierigkeit aber, die er nicht voraussah, sollte sich ihm entgegensetzen: sie lag in der Stimmung der Ungarn, die allerdings Mansfeld nicht gern in den Bergstädten sahen, von den Verwüstungen, mit welchen Murtesa seine Schritte bezeichnete, zu leiden hatten, aber eben so wenig auch unter die militärische Gewalt des deutschen Kaiserthums, welche Wallenstein repräsentirte, gerathen wollten.

Sonderbare Scenen, die man dann erlebte. In den Scharmützeln trafen die Ungarn beider Seiten auf einander; aber sie hielten die gezückten Waffen an; die, welche bei Bethlen waren, riefen den Kaiserlichen und diese jenen zu, daß sie nicht mit einander schlagen wollten, die Kaiserlichen verweigerten selbst die Türken anzugreifen.

Am 30. September standen die beiden Armeen am Granfluß einander schlagfertig gegenüber; aber schon waren von Bethlen friedliche Eröffnungen an den Palatin ergangen Vgl. Bethlens eigenen Bericht bei Katona XXXI, 257 und die dort folgenden Auszüge aus Kemeny. Sehr zu wünschen wäre für uns Deutsche eine Uebersetzung dieser Geschichtsbücher.: man kam überein, denn bereits war es Abend geworden, in der Nacht nicht zu schlagen, sondern zu unterhandeln – Aurora sollte, wie Wallenstein sagt, alle Tractationes abschneiden –; allein auf der Stelle, noch in der Nacht, zog sich Bethlen in eine vortheilhaftere Position; am andern Morgen wich auch Wallenstein nach Neuhäusel zurück, von wo er ausgezogen war, mehr um sein Glück zu versuchen, als gerüstet und mit dem Nothwendigen dazu versehen, einen Feldzug regelmäßig durchzuführen.

Bethlen vereinigte sich nun mit Mansfeld; er konnte sich einiger Vortheile rühmen, welche er der Tapferkeit desselben zuschrieb; allein da die Türken doch nicht abgehalten werden konnten, ihren Demetriustag zu beobachten und nach demselben nach Hause zu gehen, so fühlte er sich nicht im Stande, das Feld zu behaupten.

Seinerseits verzweifelte auch Wallenstein, etwas Entscheidendes auszurichten. Eine in Folge des Mangels an Lebensmitteln in seiner Armee ausgebrochene pestartige Krankheit machte seine Lage bedenklich, und überdies, er hielt nicht für rathsam, die Feindseligkeiten an dieser Stelle im Gang zu erhalten. Denn das leuchtete doch ein, daß der deutsche Krieg in dem ungarischen seinen besten Rückhalt fand. Wie Carl V. und Ferdinand I. hielt er für nöthig, diese Unruhen beizulegen, um etwas in Deutschland auszurichten. So nachtheilig der Friede von Sitvatörök für den Umfang des kaiserlichen Gebietes war, so hatte doch der Abschluß desselben dem katholischen Deutschland die Möglichkeit gegeben, seine Kräfte gegen die Protestanten zu richten. War dieser innere Hader auf eine oder die andere Weise beigelegt, so konnte man sich auch wieder gegen die Osmanen wenden. Die beiden Kriege zugleich zu führen, war für den Kaiser, wie die Sachen damals standen, unmöglich.

Zuerst kam es darauf an, sich der Feindseligkeit oder vielmehr der Verbindung derselben mit den deutschen Irrungen zu entledigen.

So viel bewirkte das Auftreten Wallensteins doch, daß Bethlen unter Vermittelung des Palatins den Stillstand und die Abkunft annahm, die man ihm anbot. Noch einmal ward ihm die territoriale Stellung, die er in den früheren Friedensschlüssen erlangt hatte, mit geringen Abwandlungen bestätigt; doch versprach er, sich von seinen Bundesgenossen zu sondern und namentlich die deutschen Völker, die ihm zugezogen waren, aus Ungarn zu entfernen.

So sagte er dem Kaiser zu. Wenn man aber die Eröffnungen seines Bevollmächtigten an den englischen Gesandten in Constantinopel hört, so hielt er die Absicht fest, im nächsten Jahr den Krieg zu erneuern, und zwar in einer noch größeren Bundesgenossenschaft, die er mit den deutschen Führern und den Bevollmächtigten des Königs von Dänemark verabredet; es war dabei von einem neuen Anfall auf das österreichische Gebiet von Dalmatien her, für den man Venedig zu gewinnen hoffte, die Rede.

Alles zusammengefaßt, führte der Feldzug von 1626 noch keinen entscheidenden Erfolg herbei. Der König von Dänemark hatte eine Schlacht verloren; aber er hielt sich überaus mächtig im Felde. Bethlen war zum Frieden gedrängt worden; aber von seinem Besitz hatte er nichts aufgegeben, und er bereitete sich zur Erneuerung seiner Angriffe. Wallenstein gewann eine großartige Stellung, indem er den Krieg nach beiden Seiten hin führte: an dem dänischen selbst abwesend durch seine Truppen Theil nahm und durch sein Vordringen in Ungarn einen neuen Umsturz in den Erblanden verhütete.

Werfen wir noch einen Blick auf die Männer, die ihm gegenüberstanden.

Kriegsführer der Zeit.

Einst in Kaschau hatte sich Bethlen wohl um ein Anlehen geringen Umfangs – von 100 Rthlr. – vergebens bemüht: jetzt war er ein mächtiges Oberhaupt der Weltbewegungen geworden. Bethlen verdankte sein Fürstenthum der Gunst der Pforte, und er schloß sich ihr mehr an, als seine Vorgänger pflegten; aber er war doch durch die ungarischen Gespannschaften, die er Oesterreich abgerungen, zugleich unabhängig von ihr. An dieses doppelseitige Verhältniß knüpfte sich seine Verbindung mit den erbländischen Ständen, den deutschen Fürsten, den europäischen Mächten. Daß er eine große Position hatte, die den Westen bedrohte, und ihrer doch nicht ganz mächtig, zugleich auf die Politik der Osmanen angewiesen blieb, gab seinem Thun und Lassen eine Färbung von Unzuverlässigkeit. Sein Gesichtspunkt war, in dem Kampfe der Religionen und Völkerstämme eine selbständige, gleichsam internationale, Dynastie zu gründen. Daß er die Krone des heiligen Stephan einst in seinem Besitz gehabt, ohne sie doch behaupten zu können, ließ ihn nicht schlafen: in dem Verfolg der allgemeinen Irrungen hoffte er sie wiederzuerwerben. Mit ganzer Seele gehörte er dem evangelischen Bekenntniß an. Er hat selbst ein Kirchenlied gedichtet: sechsundzwanzigmal hat er die Bibel durchgelesen, er versäumte nie die Predigt, von dem Grunde seines Glaubens wußte er treffend Rede und Antwort zu geben Dajka Appendix ad Bojhinium, bei Engel Monumenta Vngrica 444.. Nachdem er viele junge Leute auf deutschen Universitäten erhalten hatte, stiftete er selbst in seinem Gebiete eine hohe Schule für die Protestanten, an der unter Anderen Martin Opitz eine Zeitlang eine Stelle gefunden hat. Inmitten des wilden Treibens der Soldaten zeigte Bethlen einen Begriff von Mannszucht: er unterstützte den Pascha von Ofen zur Unterdrückung der unbotmäßigen Agas und forderte Mansfeld auf, keine Plünderungen zuzulassen. Bei den Ungarn erscheint er als ihr großer Fürst, voll von heroischem Muth, dem sie enthusiastische Bewunderung zollen. Aber selbst im Getümmel der Schlacht bewährte er Bedachtsamkeit und Umsicht. Und den Verhältnissen gemäß war er im Feldlager fortwährend zugleich mit seinen Negotiationen beschäftigt: er pflegte den Gesandten in ihrem Vortrag Einhalt zu thun, um die vorgetragenen Punkte zu beantworten, dann hieß er sie fortfahren. Jeden Augenblick war er bereit, das Schwert in die Scheide zu stecken, unter dem Vorbehalt jedoch, es wieder zu ziehen, sobald sein Vortheil es erheischte. Nachhaltige Erfolge erwartete er nur von der Ueberlegenheit seiner Waffen. Eines Tages hat ihm sein Schwager Christian Wilhelm ein schönes venezianisches Glasgefäß zum Geschenk gemacht; er ließ es absichtlich fallen: über den klirrenden Scherben machte er dem Administrator ein schönes Schwert zum Geschenk: das, sagte er, bricht nicht, wenn es fällt. Ein guter Rath für das Haus Brandenburg, den er selber befolgte. Auf den Confinien der Barbarei und der Culturwelt war er eine emporstrebende gewaltige Natur. Er wollte, in weitestem Umfange, ein evangelisches Dacien gründen.

Indem man von Bethlen noch alles erwartete, erlag Mansfeld auf seinem Wege nach Venedig, wo die Mittel und Wege für die Ausführung der neuen Pläne gesucht werden sollten, einer Krankheit, die er schon lange in sich trug. Sein Vater, Peter Ernst von Mansfeld, hatte ein langes, thatenerfülltes Leben dem Dienst des Hauses Oesterreich gewidmet, an der Gründung der katholischen Niederlande den lebendigsten Antheil genommen und sie einst als Statthalter verwaltet. Der Sohn Ernst, aus einer von dem Gesetze nicht anerkannten Verbindung entsprungen und zwar von dem Vater legitimirt, aber doch den übrigen Kindern nicht gleichgestellt, fand in dieser zweifelhaften Position, die ihm Ansprüche gab, welche sich doch nie erreichen ließen, den Stachel zu einer excentrischen Thätigkeit. Als er im Dienste des Erzherzogs Leopold, dessen Unternehmungen ja selbst von sehr zweifelhafter Berechtigung waren, nicht mehr fortkommen konnte – man versagte ihm selbst das Lösegeld, das er, aus einer Gefangenschaft, in die er gerathen war, losgelassen, zu zahlen hatte, wenn er seinen Namen nicht an den Galgen angeschlagen sehen wollte –, ging er mit der Truppe, die ihm folgte, zu dem Feinde über. Es war ein anderes Grenzgebiet der Gesinnung und der Lebensstellung, als das Bethlenische, auf dem sich Mansfeld entwickelte: zwischen den beiden politisch-religiösen Systemen, Spanien-Oesterreich und dessen Gegnern. Zurückgestoßen von dem ersten, schloß er sich dem zweiten an: wir finden ihn im Dienste des Herzogs von Savoyen, der böhmischen Stände, des Pfalzgrafen Friedrich, der Generalstaaten, des Königs von England und zuletzt Dänemarks. Nicht selten sind Versuche gemacht worden, ihn wieder auf die andere Seite zu ziehen, und man hielt es für möglich, denn ein entscheidendes Motiv bildete die Religion für ihn nicht; aber er blieb doch der einmal ergriffenen Partei getreu, in deren Dienst er sich den alten Gegnern furchtbar machte. In der spanisch-niederländischen Armee war es nicht selten, daß sich Regimenter, denen man ihren Sold nicht zahlte, auf eigene Hand in den Besitz einer Landschaft setzten, um sich bezahlt zu machen. Ernst von Mansfeld nahm eine ähnliche gewaltsam selbständige Stellung ein; es gab ihm Bedeutung, daß er auch sonst Sinn und Art der spanisch-niederländischen Kriegführung auf die entgegengesetzte Seite herüberführte. In höchst unregelmäßigen Bahnen bewegte er sich mit unvergleichlicher Gewandtheit und unverwüstlichem Unternehmungsgeist: nach allen den Niederlagen, die er erlitten, immer wieder auf den Füßen und zur Stelle. Durch seine Erscheinung, oder durch sein moralisches Verhalten konnte er keinen Eindruck machen, er war klein von Person und mißgestaltet Diese Schilderung stammt von Kemeny bei Katona XXXI, 258.; auf seinen Feldzügen pflegte er von verdächtigen Weibspersonen begleitet zu werden; sein Degen allein, seine immer geschickte, kecke Heerführung gab ihm Ansehen. In Venedig glaubte man selbst an sein Glück, das ihn bei allen Unfällen doch begleitet habe: ehe Wallenstein emporkam, behauptete er den größten Namen unter den Condottieren dieses Zeitalters. Es ist wohl nur ein Scherz, wenn man gesagt hat, der Mufti von Ofen habe ihm einen Paßport zu dem islamitischen Paradies versprochen; dagegen ist glaubwürdig überliefert, daß er sich zuletzt katholisch erklärt habe. Doch das waren die Gedanken nicht, in denen er sich bewegte: er wollte sterben, wie er gelebt hatte, als Soldat. Als er sein Ende nahe fühlte, so erzählt man, ließ er sich möglichst gut ankleiden und den Degen anschnallen, zwischen zweien seiner Diener, auf ihre Arme gelehnt, aber in Waffen, so erwartete er den Tod Die Sache ist mit ziemlicher Zuverlässigkeit von Gualdo Priorato erzählt, welcher des Zeugnisses der Diener dabei erwähnt ( Historia di Ferdinando III, 173).. Sein Credit in der Welt, seine bewegliche und doch auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Thätigkeit, welche immer neue Mittel fand und neue Wege einschlug, machte seinen Abgang zu einem Verlust für seine Partei. Ohne ihn war Venedig zu keiner entscheidenden Leistung zu bewegen.

Während der Abwesenheit Mansfelds dachte Johann Ernst von Weimar, was auch immer mit Bethlen verabredet sein mochte, die deutschen Truppen in den ungarischen Bergstädten so gut wie in Oberschlesien zu behaupten; er hatte seine Winterquartiere in der Gespannschaft Thuroz genommen. Johann Ernst war ein Protestant ohne Wanken oder Fragen, durch Herkunft und Erziehung: ein Schüler Hortleders, des Mannes, der, indem er die Aktenstücke über den schmalkaldischen Krieg sammelte, zugleich in den Protestanten den Sinn erweckte, welcher sie fähig machte, den noch gewaltigeren Kampf zu bestehen, der sich damals für sie eröffnete. In den ernestinischen Prinzen erweckte Hortleder das lebendigste Bewußtsein des Unrechts, das ihre Familie damals von dem Hause Oesterreich, dem sie doch vollkommen ebenbürtig sei, erduldet habe. Sie hielten an dem Wesen der lutherischen Lehre fest, die unter dem Schutze ihres Stammvaters emporgekommen war; bei der gelehrten Erziehung, die sich auf dasselbe basirt, bilden dann die Kernsprüche der heiligen Schrift und die Beispiele aus dem Alterthum, welche die eigene Lectüre dem Gemüth nahe bringt, das wirksamste Moment. Auch gute Sitte und moralische Führung gehört dazu: »denn sonst wird mit dem Leibe auch die Seele geschwächt; man erschrickt vor dem Ungemach des rauhen Pfades der Tugend, welcher doch allein zum Ruhme führt.« Aus dieser Schule ging Johann Ernst hervor. Und welche Stellung hatte doch sein an sich noch machtloserer Oheim, Bruder seiner Mutter, Fürst Christian von Anhalt, durch freudiges Ergreifen der protestantischen Tendenzen erworben! So erkannte nun auch Johann Ernst den Pfalzgrafen Friedrich als den wahren König von Böhmen an, dem er sogar als Inhaber böhmischer Lehen Dienste zu leisten verpflichtet sei; er war mit in der Schlacht am weißen Berge; die widerwärtigen Folgen voraussehend, welche deren unglücklicher Ausschlag für ihn selbst und für sein Land herbeiführen könne, mochte er nicht dahin zurückkehren: denn er wollte nicht durch Unterwerfung für recht erklären, was er in seinem Gewissen für unrecht halte; er wolle als Reichsfürst die Reichsfreiheit vertheidigen. Er nahm also an den Wechselfällen des Krieges, von niederer Stelle zu den höheren aufsteigend, weiteren Antheil. Ihm und seinen Leuten war damals die Besetzung von Troppau, Oppeln, Jägerndorf zu danken, welche er alle sogleich auf die so eben aufgekommene Weise mit Erdwällen befestigen ließ; er zeigte Festigkeit und kaltes Blut, Einsicht und Energie, und schien sich noch zu einem großen Feldherrn ausbilden zu können. Zunächst würde er mit Wallenstein über Oberschlesien haben kämpfen müssen; aber schon war seine Lebenskraft durch die Anstrengungen des Krieges erschöpft. Er hatte bereits vierzehn Tage an einem Fieber gelitten, als er die Nachricht vom Tode Mansfelds bekam; er liebte ihn, soviel man weiß, nicht, aber ihre Sache war unauflöslich verbunden. Ein apoplektischer Schlag machte gleich darauf seinem Leben ein Ende.

Noch einen anderen Verlust hatte, wie oben angedeutet, die protestantische Sache ein paar Monate vorher in dem Administrator von Halberstadt, Herzog Christian von Braunschweig, erlitten. An ihm sah man recht eigen, wie unnatürlich die Verbindung der bischöflichen Würde mit dem Wesen und der Natur eines jungen Reichsfürsten war. Wenn auf der anderen Seite selbst ein Erzherzog und Bischof, wie Leopold von Passau, den Chorrock von sich warf, um sich mit den Waffen den Weg zur weltlichen Macht zu bahnen, so kann es so großes Erstaunen nicht erregen, daß der Administrator eines protestantischen Stiftes in dem allgemeinen religiösen Kampf eine militärische Rolle zu spielen unternahm. Sein Widerspruch: Gottes Freund und der Pfaffen Feind, hat insofern einen Sinn, als man in der Zerstörung der erneuerten Institute des Katholicismus einen der wahren Religion geleisteten Dienst erblickte. Gelehrt war er nicht, wie Johann Ernst, obgleich er Universitäten besucht hatte; noch auch hielt er auf Mannszucht wie Bethlen, er ließ Gewaltsamkeiten geschehen und rühmte sich ihrer noch; dennoch war etwas Großartiges in ihm, was ihm, durch seine Bizarrerien noch gehoben, einst, als er in England erschien, die Aufmerksamkeit und persönliche Bewunderung des Hofes verschaffte. Er war freigebig ohne Gleichen und schien sein Leben so viel oder so wenig zu achten wie sein Geld. Sein Thun und Treiben gewann durch seine Hingebung für die verjagte Königin von Böhmen eine Art von romantischem Anflug. Sie war seine nahe Verwandte – ihre Mütter waren Schwestern –, schön und unglücklich: sie sagt selbst einmal, daß ihr tapferer Vetter nur um ihretwillen in diese Sache sich eingelassen habe Die Königin von Böhmen an Roe, Aug. 1622, wie da die Worte besser lauten: he hath engaged himself only for my sake in our quarrel. ( Roe, Negotiations p. 74.). Nicht ganz gefiel ihr seine Waffengenossenschaft mit Mansfeld, zu dessen religiöser Festigkeit sie kein Zutrauen hatte, – diese Verbindung hat aber dem jungen Fürsten Gelegenheit zu seiner glänzendsten Waffenthat, dem glücklichen Durchbrechen der spanischen Aufstellung bei Fleurus, gegeben. Ein Lied rühmt die Freudigkeit, mit der er das Schwert in der einen, die Pistole in der anderen Hand auf den Feind losgegangen sei, und den Nachdruck, mit dem er die Seinen zusammengehalten habe. An der Sache, die er einmal ergriffen, hielt er, voll von nachgiebigem welfischem Ehrgeiz, auch dann fest, als sie Anderen verloren schien. Er erklärte, seinen Pardon nur annehmen zu wollen, wenn zuvor auch der König und die Königin von Böhmen den ihren empfangen haben und in ihre Länder zurückgekehrt sein würden. Für sich selbst konnte er sein Bisthum aufgeben, aber niemals die Rechte der Familie, der er angehörte. Immer tiefer in die Wirren des niederdeutschen Krieges verflochten, schlug er sich um den Besitz von Grubenhagen, den er dem Stammesvetter, dem kaiserlichen Urtheil zum Trotz, bestritt, auf das tapferste: als ihn ein Fieber heimsuchte, das in wenig Tagen, im Juni 1626, seinem Leben ein Ende machte.

Bei aller Beziehung zu den großen europäischen und religiösen Fragen oder vielmehr gerade in Folge derselben mischen sich noch einmal individuelle Antriebe und Beziehungen in die Kriegführung der Zeit.


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