Johann Heinrich Pestalozzi
Wie Gertrud ihre Kinder lehrt
Johann Heinrich Pestalozzi

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VII.

Das erste Elementarmittel des Unterrichts ist also:

der Schall.

Aus ihm leiten sich folgende spezielle Unterrichtsmittel:

  1. Tonlehre, oder die Mittel, die Sprachorgane zu bilden;
  2. Wortlehre oder die Mittel, einzelne Gegenstände kennenzulehren;
  3. Sprachlehre, oder die Mittel, durch welche wir dahin geführt werden müssen, uns über die uns bekannt gewordenen Gegenstände und über alles, was wir an ihnen zu erkennen vermögen, bestimmt ausdrücken zu können.

I. Tonlehre

Sie teilt sich hinwieder in die Lehre von Sprachtönen und in diejenigen von Gesangtönen ab.

Von den Sprachtönen

Man kann es in Rücksicht auf dieselben gar nicht dem Zufall überlassen, ob sie dem Kinde früh oder spät, in Menge oder sparsam vor die Ohren gebracht werden. Es ist wichtig, daß sie ihm in ihrem ganzen Umfang und so früh als möglich zum Bewußtsein kommen.

Dieses Bewußtsein sollte bei ihm schon vollendet sein, ehe noch die Fähigkeit der Aussprache in ihm gebildet ist; und hinwieder die Fertigkeit, sie allgemein und leicht nachsprechen zu können, sollte mit ihm vollendet sein, ehe die Buchstabenformen ihm vor Augen gelegt und die ersten Übungen des Lesens mit ihm angefangen werden.

Das Buchstabierbuch muß daher die Töne, aus denen die Sprache besteht, in ihrem ganzen Umfang enthalten und sollte in jeder Haushaltung von dem Buchstabierkind, das sich hierin übt, selber dem Kind in der Wiege in diesem Umfang vor die Ohren gebracht, durch die öftere Wiederholung tief eingeprägt und ihm allgemein unvergeßlich gemacht werden, selbst ehe es noch imstande ist, einen einzelnen auszusprechen.

Es stellt sich niemand vor, der es nicht gesehen, in welchem Grade das Vorsprechen dieser einfachen Töne ba ba ba, da da da, ma ma ma, la la la usw. die Aufmerksamkeit unmündiger Kinder rege macht und für sie Reiz hat; ebensowenig, was durch das frühe Bewußtsein dieser Töne für die allgemeine Lernkraft der Kinder gewonnen wird.

Im Gefolge dieses Grundsatzes von der Wichtigkeit des Bewußtseins von Schall und Ton, ehe das Kind sie nachsprechen kann, und in Überzeugung, daß es ebensowenig gleichgültig sei, was für Bilder und Gegenstände dem unmündigen Kinde vor die Augen, als was ihm für Töne vor die Ohren gebracht werden, habe ich ein Buch für Mütter zustande gebracht, darin ich nicht nur die Anfangspunkte von Zahl und Form, sondern auch die wesentlichsten übrigen Eigenschaften, welche uns die fünf Sinne von diesen Gegenständen an den Tag legen, durch illuminierte Holzschnitte anschaulich mache und durch das also gesicherte und durch vielseitige Anschauung belebte Bewußtsein vieler Namen das künftige Lesen ebenso vorbereite und erleichtere, wie ich durch das dem Buchstabieren vorhergehende Einprägen der Töne diese letzte Arbeit dem Kinde in eben diesem Alter vorbereite und erleichtere, indem ich diese Töne durch dieses Buch, ehe das Kind nur eine Silbe davon aussprechen kann, in seinen Kopf, ich möchte sagen, einheimisch mache oder sie in denselben einquartiereAnmerkung für die neue Herausgabe. Diese Versuche sind später durch die tiefere Erkenntnis des psychologischen Gangs der Entfaltung unserer Kräfte und der echten Stufenfolge der Begründung unsrer Erkenntnisse als überflüssig erfunden und außer Gebrauch gesetzt worden. Diese ganze Darstellung ist als ein noch sehr dunkles Haschen nach Bildungsmitteln, über deren Natur ich bei fernem noch nicht im klaren war, anzusehn.

P.

.

Ich will diese Anschauungstafeln für die erste Kindheit mit einem Methodenbuch begleiten, in welchem jedes Wort, das dem Kinde über jeden vorgezeigten Gegenstand gesagt werden muß, so bestimmt ausgedrückt ist, daß auch die ungeübteste Mutter hierin meinem Endzwecke Genüge leisten kann, indem sie zu dem, was ich sage, kein Wort hinzuzufügen nötig haben wird.

Also durch das Buch der Mütter vorbereitet, durch den bloßen Vorsprachgebrauch des Buchstabierbuchs mit dem ganzen Umfang der Töne bekannt, muß dann das Kind, sobald sich seine Organe zur Aussprache gebildet zeigen, mit eben der spielenden Leichtigkeit, mit der man es sonst zwecklose Töne nachsagen läßt, gewohnt werden, täglich zu verschiedenenmalen einige Reihen der Töne des Buchstabierbuchs nachzusprechen.

Dieses Buch unterscheidet sich von allen bisherigen dadurch, daß seine Lehrform allgemein und dem Lehrling selbst fühlbar von den Selbstlautern ausgeht und durch allmähliches Hinzusetzen von Mitlautern von vorne und hinten die Silben auf eine umfassende und das Aussprechen und Lesen derselben sichtbar erleichternde Art bildet.

Es selbst entstand so, daß man an jeden Selbstlauter einen Mitlauter um den andern von b bis z von hinten anhängte und so zuerst die einfachen, leichten Silben ab, ad, af usw. formierte, dann jeder dieser einfachen Silben von vorne denjenigen Mitlauter beisetzte, der im Sprachgebrauch dieser einfachen Silben wirklich beigefügt werden muß, z. B.

zu a b, b, g, sch, st. b ab
g ab
sch ab
st ab usw.

und so aus allen Vokalen durch einfache Hinzusetzung von Mitlautern zuerst leichtere, dann durch Hinzusetzung mehrerer schwerere Silben bildete, und dadurch mußte notwendig ein vielfaches Wiederholen der einfachen Töne und ein allgemeines und gereihetes Nebeneinanderstellen aller sich durch gleiche Grundlagen ähnlich zeigenden Silben herauskommen, welche das unvergeßliche Einprägen ihres Schalls und mithin das Lesenlernen äußerst erleichtert.

Die Vorteile dieses Buches werden in demselben selbst dahin bestimmt, daß es

  1. die Kinder auf dem Punkte der Buchstabierübungen einzelner Silben so lange aufhält, bis ihre Fertigkeit hierin genugsam gebildet ist;
  2. daß es durch allgemeine Benutzung der Ähnlichkeit der Töne die Wiederholung der nämlichen Form den Kindern angenehm macht und dadurch den Zweck, sie ihnen bis zur Unvergeßlichkeit einzuprägen, erleichtert;
  3. daß es die Kinder mit großer Schnelligkeit dahin bringt, jedes neue Wort, das sich durch Beisetzung einzelner Mitlauter aus andern, ihm schon unvergeßlich gemachten bildet, sogleich ganz auszusprechen, ohne es allemal vorher buchstabieren zu müssen, und dann auch diese Zusammensetzung auswendig buchstabieren zu können, welches ihnen nachher das Richtigschreiben sehr erleichtert.

In der vorausgeschickten kurzen Anweisung zum Gebrauche dieses Buchs werden die Mütter aufgefordert, den Kindern selbst, ehe sie reden können, diese Reihenfolgen von Tönen täglich zu wiederholtenmalen und auf verschiedene Art vorzusprechen, um sie zur Aufmerksamkeit zu reizen und zum Bewußtsein dieser Töne zu bringen. Dieses Vorsprechen muß mit doppeltem Eifer betrieben und wieder von vorne angefangen werden, sobald die Kinder anfangen zu reden, um sie dann zum Nachsprechen derselben zu bringen und dadurch schnell reden zu lehren.

Um den Kindern die Kenntnis der Buchstaben, die dem Buchstabieren vorangehen muß, zu erleichtern, habe ich dieselben dem Buche, in einer großen Form gestochen, beigelegt, wobei den Kindern die Unterscheidungsmerkmale besser in die Augen fallen.

Diese Buchstaben werden, jeder besonders, auf steifes Papier geklebt und dem Kinde nacheinander vorgelegt, wobei man mit den zur Unterscheidung rotgefärbten Vokalen anfängt, die sie vollkommen kennen und aussprechen können müssen, ehe man weitergehen darf. Darauf zeigt man ihnen auch nach und nach die Konsonanten, aber immer gleich mit einem Vokale verbunden, weil sie ohnedem eigentlich nicht ausgesprochen werden können.

Sobald den Kindern teils durch diese besondere Übung, teils durch das wirkliche Buchstabieren, wovon ich sogleich reden werde, die Buchstaben anfangen hinlänglich bekannt zu werden, so kann man sie mit den diesem Buche ebenfalls beigelegten dreifachen Buchstaben verwechseln, wo über dem deutschen gedruckten (der hier schon kleiner sein kann) zugleich der deutsch geschriebene und unter demselben der lateinische Buchstabe steht. Läßt man das Kind dann jede Silbe in der ihm schon bekannten mittlern Form buchstabieren und jedesmal in den übrigen beiden wiederholen, so lernt es ohne Zeitverlust zugleich nach dem dreifachen Alphabet lesen.

Nach der Fundamentalregel des Buchstabierens, daß alle Silben nichts anders sind als durch Hinzusetzen von Mitlautern zu einem Selbstlauter entstandene Töne und der Selbstlauter also immer das Fundament der Silbe ist – wird dieser auch zuerst hingelegt oder an der aufgehängten Tafel (die am obern und untern Rande eine ausgehöhlte Leiste haben muß, worin die Buchstaben stehen und leicht müssen hinein- und hinausgeschoben werden können); diesem werden alsdann nach dem Leitfaden selbst nach und nach von vorne und von hinten Mitlauter hinzugesetzt; a – ab – b ab – g ab usw. Jede Silbe wird alsdann solange vom Lehrer vorgesprochen und von den Kindern wiederholt, bis sie ihnen unvergeßlich gemacht ist. Dann läßt man sie die Buchstaben einzeln in und außer der Ordnung (der erste? – der dritte? usw.) hersagen und die Silben, die man ihnen verdeckt, auswendig buchstabieren.

Hauptsächlich bei dem ersten Abschnitte des Buches ist es durchaus notwendig, nur langsam fortzuschreiten und nie eher zu etwas Neuem überzugehen, bis das Alte den Kindern unauslöschlich tief eingeprägt ist; weil hierin das Fundament des ganzen Leseunterrichts liegt, worauf alles Folgende nur durch kleine und allmähliche Zusätze erbauet wird.

Wenn die Kinder auf dieser Art zu einer gewissen Fertigkeit im Buchstabieren gelangt sind, so kann man auch mit Übungen nach andern Methoden abwechseln. So kann man z. B. von einem Worte einen Buchstaben nach dem andern hinsetzen, bis dasselbe vollständig ist, und dann jedesmal die da stehenden Buchstaben miteinander aussprechen lassen. Z. B. g – ge – geb – geba – gebad – gebade – gebadet. Darauf kann man denn durch Wiederwegnehmen des einen Buchstaben nach dem andern wieder auf gleiche Art zurückgehen und dieses nacheinander so oft wiederholen lassen, bis die Kinder das Wort ohne Fehler und auch auswendig buchstabieren können. – Man kann auch auf eben die Art von hinten anfangen aufzustellen.

Endlich teilt man das Wort in Silben, läßt die Silben zählen und in und außer der Ordnung eine jede nach ihrer Nummer aussprechen und buchstabieren.

Einen großen Vorteil kann man sich hauptsächlich bei dem Schulunterrichte dadurch verschaffen, daß man die Kinder gerade von Anfang an gewöhnt, jeden Ton, man mag ihnen denselben vorsprechen oder sie durch die Nummer der Buchstaben oder der Silben zu ihrer Aussprache auffordern, alle miteinander im gleichen Augenblick auszusprechen, so daß der von allen ausgesprochene Ton als ein einziger Laut gehört wird. Dieser Takt macht die Lehrart ganz mechanisch und wirkt auf die Sinnen der Kinder mit einer unglaublichen Gewalt.

Wenn nun diese Buchstabierübungen auf der Tafel gänzlich vollendet sind, so wird dann dem Kinde das Buch selbst als sein erstes Lesebuch in die Hand gegeben und dasselbe solange darin gelassen, bis es zur unbedingten Fertigkeit im Lesen desselben gebracht ist.

Soviel von der Lehre der Sprachtöne. Ich sollte nun noch ein Wort von der Lehre der Gesangtöne reden, aber da der eigentliche Gesang nicht als Mittel, von dunkeln Anschauungen zu deutlichen Begriffen zu gelangen, d. i. in dem Unterrichtsmittel, in welchem ich jetzt davon rede, kann angesehen werden, sondern vielmehr als eine Fertigkeit, die nach andern Gesichtspunkten und nach andern Zwecken muß entwickelt werden, so verschiebe ich ihre Behandlung zu den Gesichtspunkten, worin ich späterhin das Erziehungswesen ins Auge fasse, und sage jetzt nur soviel: daß die Gesanglehre nach den allgemeinen Grundsätzen von dem Einfachsten anfangen, dieses vollenden und nur allmählich von einer Vollendung zum Anfang einer neuen Übung fortschreiten und niemals dahin lenken soll, durch ein ungegründetes Steifscheinen die Fundamente der Kraft wesentlich stille zu stellen und zu verwirren.


II.

Das zweite aus der Schallkraft oder dem Elementarmittel des Schalls herfließende spezielle Unterrichtsmittel ist

Wortlehre oder vielmehr Namenlehre.

Ich habe es schon gesagt, das Kind muß seine erste Führung auch hierin durch das Buch der Mütter erhalten. Dieses ist so eingerichtet, daß die wesentlichsten Gegenstände der Welt und vorzüglich diejenigen, die als Geschlecht und Gattung ganze Reihenfolgen von Gegenständen unter sich haben, allgemein darin zur Sprache kommen und die Mütter in den Stand gesetzt werden, dem Kinde die bestimmtesten Namen derselben bekannt und geläufig zu machen, wodurch dann die Kinder schon vom frühesten Alter an zu der Namenlehre, das ist zu dem aus der Schallkraft hergeleiteten zweiten Spezialmittel des Unterrichts vorbereitet werden.

Diese Namenlehre besteht in Reihenfolgen von Namen der bedeutendsten Gegenstände aus allen Fächern des Naturreichs, der Geschichte und der Erdbeschreibung, der menschlichen Berufe und Verhältnisse. Diese Wörterreihen werden dem Kinde als bloße Übung im Lesenlehren immediat nach Beendigung seines Buchstabierbuchs in die Hand gegeben; und die Erfahrung hat mir bewiesen, daß es möglich ist, die Kinder diese Namenreihen bloß in der Zeit, welche erfordert wird, die Kraft des Lesens in ihnen zur vollen Reifung zu bringen, bis zum vollkommen Auswendig-können geläufig zu machen; der Gewinn eines in diesem Zeitpunkte soweit vollendeten Bewußtseins so vielseitiger und umfassender Namenreihen ist für die Erleichterung des späteren Unterrichts für die Kinder unermeßlich und ist eigentlich als das bloße, chaotische Zusammentragen von Materialien, die für ein Haus, das man später bauen will, notwendig sind, anzusehn.


III.

Das dritte aus der Schallkraft herfließende Spezialmittel des Unterrichts ist:

die Sprachlehre selbst.

Und hier sehe ich mich auf dem Punkte, in welchem sich die eigentliche Form zu öffnen anfängt, nach welcher die Kunst durch Benutzung der ausgebildeten Eigenheit unsere Geschlechtes, der Sprache, dahin gelangen kann, dem Gange der Natur in unserer Entwicklung gleichen Schritt zu halten. Doch was sage ich? Die Form eröffnet sich, worin der Mensch nach dem Willen des Schöpfers der Blindheit der Natur und ihrer Sinnlichkeit den Unterricht unseres Geschlechtes aus den Händen reißen soll, um ihn in die Hand der bessern Kräfte zu legen, die er seit Jahrtausenden in sich selber entwickelt; die Form eröffnet sich, wie das Menschengeschlecht selbständig, wie der Mensch der Entwicklung seiner Kraft die bestimmtere und umfassendere Richtung und den schnellern Gang geben kann, zu deren Entwicklung die Natur ihm nur Kräfte und Mittel, aber keine Leitung gegeben hat und die sie ihm nie geben kann, weil er Mensch ist; – die Form eröffnet sich, worin der Mensch alles dieses tun kann, ohne das Hohe und Einfache des physischen Naturgangs, die Harmonie, die in unsrer bloß sinnlichen Entwicklung statthat, zu stören oder irgendeinem einzigen Teil unserer selbst auch nur ein Haar von der gleichförmigen Sorgfalt zu rauben, die ihm die Mutter Natur in ihrer auch bloß physischen Entwicklung angedeihen läßt.

Alles dieses muß durch die vollendete Kunst der Sprachlehre und die höchste Psychologie erzielt werden, um dadurch dem Mechanismus des Naturmarsches von verwirrten Anschauungen zu deutlichen Begriffen die höchste Vollendung zu geben. Das kann ich freilich bei weitem nicht, und ich fühle mich hierüber im Ernst wie die Stimme eines Rufenden in der Wüste.

Aber der Ägypter, der zuerst die gebogene Schaufel dem Stier an sein Horn band und ihn also die Arbeit des grabenden Mannes lehrte, bereitete ja dadurch auch die Erfindung des Pfluges vor, obgleich er ihn nicht zur Vollkommenheit brachte.

Mein Verdienst sei nur das erste Einbiegen der Schaufel und das Anbinden seiner Kraft an ein neues Horn. Aber warum rede ich durch Gleichnisse? Ich darf und soll gerade und ohne Umwege heraussagen, was ich eigentlich will.

Ich will den Schulunterricht sowohl der abgelebten Ordnung alter verstotterter Schulmeister-Knechte als einer für den gemeinen Volksunterricht sie nicht einmal ersetzenden, neuern Schwäche entreißen und ihn an die unerschütterte Kraft der Natur selber und an das Licht, das Gott in den Herzen der Väter und Mütter entzündet und ewig belebt, an das Interesse der Eltern, daß ihre Kinder angenehm werden vor Gott und den Menschen, anknüpfen.

Um aber die Form der Sprachlehre oder vielmehr die verschiedenen Formen zu bestimmen, durch welche ihr Zweck erzielt werden kann, d. i. durch welche wir dahin geführt werden müssen, uns über die uns bekannt gewordenen Gegenstände und über alles, was wir an ihnen zu erkennen vermögen, bestimmt auszudrücken, müssen wir uns fragen:

  1. Was ist für den Menschen das letzte Ziel der Sprache?
  2. Welches sind die Mittel oder vielmehr, was ist der Progressionsmarsch, durch den uns die Natur selber in der allmählichen Entwicklung der Sprachkunst zu diesem Ziele führt?
  1. Das letzte Ziel der Sprache ist offenbar, unser Geschlecht von dunkeln Anschauungen zu deutlichen Begriffen zu führen.
  2. Die Mittel, wodurch sie uns allmählich zu diesem Ziele führt, haben unstreitig diese Reihenfolgen:
    1. Wir erkennen einen Gegenstand im allgemeinen und benennen ihn als Einheit – als Gegenstand.
    2. Wir werden uns allmählich seiner Merkmale bewußt und lernen diese benennen.
    3. Wir erhalten durch die Sprache die Kraft, diese Beschaffenheiten der Gegenstände durch Zeit- und Nebenwörter näher zu bestimmen und den Wechsel-Zustand derselben durch die Veränderungen der Beschaffenheiten der Wörter selbst und ihre Zusammensetzungen uns selber klarzumachen.
  1. Über die Bemühungen, die Gegenstände benennen zu lernen, habe ich mich oben erklärt.
  2. Die Bemühungen, die Merkmale der Gegenstände kennen und benennen zu lehren, teilen sich
    1. in Bemühungen, das Kind zu lehren, sich über Zahl und Form bestimmt ausdrücken zu können.

    Zahl und Form sind als die eigentlichen Elementareigenheiten aller Dinge die zwei umfassendsten Allgemeinheitsabstraktionen der physischen Natur und an sich die zwei Punkte, an die sich alle übrigen Mittel zur Verdeutlichmachung unserer Begriffe anschließen.

    1. In Bemühungen, das Kind zu lehren, sich auch außer Zahl und Form über alle übrigen Beschaffenheiten der Dinge (sowohl über diejenigen, die durch die fünf Sinnen, als auch über diejenigen, die nicht durch die einfache Anschauung derselben, sondern durch unsere Einbildungs- und Urteilskraft erkannt werden) bestimmt auszudrücken.

 << zurück weiter >>