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Viertes Kapitel

In aller Stille breitete sich an diesem Abend das eherne Netz einer starken, von Militär unterstützten Polizeimacht über die nördlichen Pariser Stadtteile aus. Die Anlage der Straßen, deren größte den dreifachen Ring der Boulevards in schrägen Winkeln nach der Seine hin schneiden; die in der regelmäßigen Form von Dreiecken, Fünfecken und Trapezen ausgebildeten, mit zusammenhängenden Häuserfronten ausgefüllten Maschen des Straßennetzes; die von Gittern umgebenen Parks, die runden, verhältnismäßig kleinen Plätze, in denen jedesmal mehrere Straßen von allen Seiten zusammenlaufen, bieten von selbst eine Anzahl strategischer Punkte, deren Besitz in Zeiten des Bürgerkrieges noch jedesmal für das Schicksal der Stadtteile entscheidend war. Im Besitz dieser Schlüsselpunkte hindert nichts die beweglichen und impulsiven Massen, sich wie ein Weberschiffchen von einem Stadtteil in den andern zu werfen und sich bei den Angriffen ebenso rasch in den Seitenstraßen zu zerstreuen, wie sie aus denselben Straßen zusammenflossen. Immer wieder in der wechselvollen Geschichte von Paris war es entscheidend gewesen, ob die Militärmacht der Regierungen rechtzeitig und in genügender Stärke solchen Ansammlungen zuvorkam. Dann war es den Truppen noch niemals schwergefallen, die Menge zu umklammern und sie nach allen Seiten auseinander zu treiben.

Der Polizeipräfekt kannte das Erbe seiner Vorgänger: die Strategie der Straße, die nicht weniger als der ästhetische Gedanke bei den monumentalen Gestaltungen des Stadtbildes mitgesprochen hatte. Kasernen lagen über die ganze Stadt verteilt. Die Place de la Republique mit ihrer von Napoleon III. erbauten Kaserne beherrschte die Boulevards. Vierzig Regimenter Infanterie, zwölf Regimenter Kavallerie und fünf Regimenter Artillerie konnten die Stadt in einer halben Stunde überschwemmen.

Die Reservemannschaften der Polizei waren telegraphisch einberufen, die Wachen im Norden am Nachmittag verstärkt worden. Am Vormittag war es zwei Männern gelungen, das Wappen über dem Tor der spanischen Gesandtschaft mit Tinte zu besudeln. Seitdem war das Trottoir vor der Botschaft abgesperrt, ein Zug Schutzleute mit Hunden war in der Torfahrt aufgestellt worden. Mit dem Anbruch der Dunkelheit wurde diese Abteilung auf fünfzig Mann verstärkt. Polizeiagenten in Zivil bewegten sich unter den Neugierigen, die sich in der Allee der spanischen Botschaft gegenüber angesammelt hatten. Gegen Abend wurde das Trottoir des ganzen Häuserblocks, in dessen Mitte das Botschaftspalais dem Park Monceau gegenüber liegt, abgesperrt. Der Park Monceau war durch Bogenlampen taghell beleuchtet, die Tore waren angelehnt und von Posten bewacht. Kavallerieabteilungen besetzten die Straßenkreuzungen und die kleineren Plätze im Umkreis eines Kilometers von der Botschaft. Staffelförmig standen Schutzleute an der Mündung der benachbarten Straßen und wiesen Passanten zurück. Dagegen ließ man die Menge in der Allee passieren.

 

Es war neun Uhr, als Karl auf dem Boulevard de Courcelles eintraf. Da er die Stadt nicht kannte, war er von einem Omnibus, der ihn zur Place Clichy bringen sollte, irrtümlich schon am Bahnhof St.-Lazare abgestiegen. Dort fragte er Bahnangestellte, die vor dem Gitter standen, nach der Place Clichy, der er sich nahe glaubte. Einer der Leute sagte: »Das ist vierzig Minuten von hier. Nehmen Sie doch einen Fiaker.«

Es fiel Karl natürlich nicht ein, einen Wagen zu nehmen. Unter dem nächsten Kandelaber zog er nochmals seinen Stadtplan hervor. Er befand sich am Anfang der Rue de Rome, deren anderes Ende in den Boulevard de Courcelles einmündete, und er ging nun die alte, enge und schlecht beleuchtete Straße hinauf, in der nur noch wenige offene Läden das Pflaster beschienen. Im Schatten der Hausgänge und der Wände standen Frauen still und dunkel wie verhüllte Säulen.

Es befriedigte ihn sehr, nach einer Viertelstunde auf den von hellem Lichtschein der elektrischen Bogenlampen beleuchteten Platz an der Kreuzung der Rue de Constantinople und des Boulevard de Courcelles hinauszutreten. Gardes Républicaines hielten vor dem Trottoir in einem großen Halbkreis. Die Reiter waren abgesessen. Die langsam flutende Menge betrachtete schweigend oder mit spöttischen Bemerkungen die breitschultrigen Männer, die durch ihre Helme, ihre bis zum Ende des Panzers herabhängenden Roßhaarbüsche, die langen Pallasche und die gleichgültige Ruhe, mit der sie vor ihren Pferden standen, ein drohendes Aussehen erhielten.

Eine zahlreiche Gruppe von Menschen umstand die schneeweiße Marmorbüste auf dem Refuge in der Mitte des Platzes. Das Denkmal war noch neu, die Leute machten ihre Glossen dazu. Das Refuge enthielt zugleich das Geländer einer Untergrundbahnstation. Eine junge Frau stand da, unbeweglich über das Geländer gebeugt. Auf dem Fahrdamm zogen Burschen in breiten Reihen umher. Die Mehrzahl der Leute schien dem Arbeiterstand anzugehören. Die Männer hatten ihre Mädchen und Frauen am Arm wie bei einem Volksfest.

Vor dem Eckhaus des Boulevard de Courcelles brannte die Laterne nicht. Sie war zerstört. Hier im Dunkeln bemerkte man einen Auflauf. Schilder am Hause trugen die Firma eines Bankgeschäftes. Die eisernen Schutzläden waren herabgelassen. Karl drängte sich durch die Menschen und sah, daß die Panzerplatten in der unteren Ecke von Kugelspuren förmlich gespickt waren; lauter kleine, unregelmäßig verstreute Dallen. Jemand erklärte: Das ist von vorgestern abend. Mitten in der Menge standen ein paar Schutzleute in Uniform; niemand schien sich um sie zu kümmern.

Karl ging weiter und stieß auf die Doppelkette der Polizei. Man wies ihn zurück. Gemächlich schritt er zur Allee hinüber. Und indem er hier, zwischen die Menge eingedrängt, die Allee hinaufging, sah er durch das hohe an den Spitzen vergoldete Gitter in den Park. Dort stand, vom Schneelicht der Bogenlampen übergossen, eine Gruppe von Offizieren auf dem von herbstlichen Blättern bestreuten Rasen. Im Hintergrund erhob sich ein Pavillon im Stile des Rokoko. Die Offiziere rauchten ihre Zigarette, als seien sie soeben vom Diner aufgestanden, um im Park zu plaudern. Auf den Gartenwegen und auf den Rondells waren Gewehre zusammengestellt. Soldaten standen in der ganzen Ausdehnung des Parks hinter dem Gitter und riefen den Mädchen, die draußen Arm in Arm vorübergingen, Scherzworte zu.

Im Dunkel der Allee und im Licht der Laternen standen Polizisten. Andere patroullierten und wiesen Leute, die auf den Bänken Platz genommen hatten, von den Sitzen. Drüben sah man die strengen, mächtigen Fassaden herrschaftlicher Häuser. Ein Torflügel der Botschaft stand offen, so daß man in den hell erleuchteten Torweg hineinsehen konnte. Mehrere Gruppen von Polizei in Zivil und Uniform standen davor auf dem Trottoir. Alles verhielt sich ruhig.

Karl ging den Weg, den er gekommen war, zurück. Da noch immer nichts passierte, ging er zum Boulevard des Batignolles hinauf, der den Boulevard de Courcelles jenseits der Straßenkreuzung fortsetzt. Diese Straße war sehr belebt. Hier setzte er sich auf eine Bank. Er ließ die Augenlider sinken und blinzelte schläfrig auf die düstere Straße hinaus, die merkwürdig wenig erleuchtete Fenster zeigte. Eine große Polizeiabteilung marschierte jetzt vorüber, ein Schwarm von Menschen hinterher. Karl stand auf und folgte ihr in die Nähe der Botschaft.

Von einer Kirche schlug es neun Uhr.

Jetzt mußte wohl der Zug auf der Place Clichy sich in Bewegung setzen. Würde er bis hierher gelangen?

In diesem Augenblick wurde das große, wie aus funkelnden Speeren bestehende Gittertor des Park Monceau weit geöffnet. Eine Abteilung Garde ritt im Schritt heraus und schwenkte nach rechts ab. Drei Reihen Polizeiradfahrer folgten. Sie trugen Baretts wie die französischen Studenten. Vor der hell erleuchteten Torfahrt der Botschaft sprangen sie ab.

Es folgte ein Zug Infanterie, der etwa hundert Schritt an der Allee entlang marschierte und dann beim skandierten Pfiff einer Signalpfeife rechtsum schwenkte und ausschwärmte. Im Nu war der Saum der Allee von ihnen besetzt, ihre Richtlinie war der Rinnstein.

Nochmals kam eine Abteilung Garde. Sie ritt ebenfalls nach rechts hinauf. Dann wurde das Parktor wieder geschlossen.

Neben diesen Reitern bewegte sich neugierig die Menge in der Allee. Karl ging mit bis zu dem Refuge, wo er vorhin gestanden hatte. Noch immer war die junge Frau über das Geländer der Untergrundbahn gebeugt und wartete. Viele Leute stiegen von unten herauf. Die Menge verdichtete sich.

Nun, zum erstenmal, traten Schutzleute heran und forderten jedermann auf, weiterzugehen. Gehorsam drängte die Menge nach rückwärts. Eine Abteilung Garde kam in Schritt auf das Refuge zugeritten, aber sie machte einen Bogen wie in der Manege. Die Leute auf der anderen Seite ergriffen die Flucht, doch nur auf Augenblicke. Die Gruppe, in der Karl sich befand, drang hinter den Davonreitenden vorwärts, und im Nu war das Refuge wieder besetzt. Aus der Nebenstraße tauchte jetzt eine lustige Gruppe auf, die das Refuge erklomm: vier Frauen und Mädchen, die sich untergefaßt hielten, mit einem dicken Kerl in der Mitte, in weißer Jacke und Mütze wie ein Koch. Lachend und schreiend sangen sie einen Gassenhauer und drängten sich übermütig in die Menge hinein.

Aus derselben Ecke wie vorhin kamen sofort die Kürassiere wieder angeritten, diesmal im Trab. Die Menge drehte sich um und rannte fort, voran der Koch, hinter ihm die vier Weiber, die einander losgelassen hatten. Sie verschwanden in ihrer Seitenstraße. Die Reiter trieben die übrigen vor sich her. Eine alte Frau geriet zwischen die Pferde und schrie um Hilfe. Die Gardisten trabten schimpfend an ihr vorüber, schreiend rannte sie hinter ihnen her.

Diesmal war die Menge bis an die Hauswand zurückgewichen. Einzelne Kürassiere trabten auf dem Trottoir hinter Fliehenden an den Hauswänden entlang. Plötzlich machten sie eine Schwenkung zur Allee hinüber und ritten dort drüben in die Leute hinein. Abermals suchten ein paar Dutzend Leute zu dem Refuge zurückzukehren. Drei, vier Polizisten brachten sie zum Stillstand.

Ein Zug der Dampfbahn, voll von Menschen, die neugierig herausschauten, kam den Boulevard herauf. Auf ein Kommando der Polizei fuhr er weiter, ohne die Haltestelle zu beachten.

Karl hatte bemerkt, daß einzelne Personen ungehindert die Reihen der Polizei durchschritten. Beherzt löste er sich von der Menge ab, die vor dem Bankhause stand, überquerte die leere Breite der Straße und trat mitten durch den Infanteriekordon zu der Menge in der Allee.

Er merkte erst jetzt, wie unruhig man hier geworden war. Beide Enden der fast dunklen Allee waren von Polizei besetzt, im Rücken hatte man den Park, vorn die Reihe der Infanteristen. Ein paar Burschen stimmten die Internationale an. Sofort drangen Polizisten in die Menge, bildeten einen Keil und schoben die Menschen nach zwei Richtungen auseinander. Es erhoben sich ein paar höhnische Rufe. Einige Leute flüchteten zum Ende der Allee, und die Schutzleute ließen sie ungehindert hinaus.

Die Menge siebte sich jetzt förmlich. Die Ängstlichen traten den Heimweg an. Nur noch einige Hunderte behaupteten die Allee, darunter eine große Anzahl Grisetten. Plötzlich wiederholten die Schutzleute ihr Manöver von vorhin, Radfahrer kamen von drüben herangejagt, sprangen ab und rückten vor mit ihren Rädern an der Hand. Niemand lachte mehr. Man stieß sich, drängte, schimpfte. Aus dem Dunkel der Allee hervor gellte ein Pfiff, zwischen zwei in den Mund gesteckten Fingern hervorgestoßen. Mit einem langen Sprung setzte ein Radfahrer in die Menge hinein und machte auf einen Burschen Jagd, der an der Parkmauer entlang zu entkommen suchte. Zwei Schutzleute faßten ihn und führten ihn ab. An beiden Enden wurde nochmals der Ausweg freigegeben: nun trieben die Polizisten alle, die sich noch in der Allee befanden, im Laufschritt vor sich her.

Karl befand sich unter denen, die den Boulevard hinaufgetrieben wurden. Der Menschenknäuel floh quer über die Straße. Drüben, dem Parktor gegenüber, das wie die Straße hell beleuchtet war, stand der Rückzug in die Seitenstraßen offen.

Aber auf dem Rondell vor diesen Seitenstraßen machten die meisten wieder halt. Die Straße samt der Allee vor der Botschaft war jetzt rein gefegt, nur die Polizei und die Truppen blieben. Die Menge war nach rechts und links vollständig getrennt. Karl sah auf seine Karte und stellte fest, daß sich die auseinandergeschnittenen Hälften nur auf dem Umweg eines riesigen Fünfecks von Straßen wieder vereinigen konnten.

Zu denen, die auf das Rondell zurückgewichen waren, gesellte sich eine Schar von Neugierigen, die sich wohl bis jetzt in den Seitenstraßen aufgehalten hatten. Einige Dutzend Menschen saßen vor dem Restaurant an der Ecke.

Da hörte man von weitem etwas wie Peitschenschläge und einen verworrenen, hellen Lärm. Es kam aus der Richtung des Boulevard de Batignolles. Das waren Schüsse! Die Menge um Karl vergrößerte sich zusehends. Und unter der Anführung zweier wie Arbeiter gekleideter Menschen rückte die Masse vor, um aufs neue in den Boulevard de Courcelles einzudringen. Ohne zu wissen, wie es kam, war Karl bei den vordersten. Ein paar Polizisten zu Fuß und zu Rad rannten ihnen entgegen. Es war lächerlich; aber sie brachten sofort die gewaltige Bewegung zum Stehen. Es wurde schrill gepfiffen; diesmal hatten die Pfiffe eine ungeheuerliche Wirkung. Jemand stieß einen Ruf aus, einen Warnungsschrei: aber da brach in einem rasselnden Galopp eine Breite von Panzerreitern aus dem Dunkel der Hauswände in den Schein der Straßenlaternen, gerade auf die Menge zu. Alles ergriff die Flucht. Man rettete sich in das Restaurant, man rannte an den Häusern hin, schon galoppierten die Reiter auf das Trottoir. Und nun begann an den Hauswänden entlang eine gespenstische Jagd. Ein Reiter stolperte, das Pferd schlug aus, Funken stoben, das Tier ging durch, und die Menschen rannten wie besessen fort. Die anderen Kürassiere folgten, einer nach dem anderen, bis zur nächsten Straßenecke. Es war, als jagten Ratten hinter Mäusen her. Eine andere Abteilung der Kürassiere ritt eine Attacke auf die Menschen, die sich in der Fortsetzung der Allee auf der anderen Seite der Straße befanden. Die Reiter umzingelten sie, jagten aber ebenso plötzlich im Galopp zurück, verfolgt von einem satanischen Ausbruch von Geschrei und Pfiffen. Wütende Männer machten Miene, über den Platz, den die Reiter geräumt zurückließen, aufs neue vorzudringen, aber die Menge folgte nicht. Stumm, mit hartnäckigem Ausdruck, standen die Leute im hellen Schein des Restaurants und der Kandelaber. Plötzlich war die nächste Attacke da, auf die man gerechnet hatte. Jetzt ritten jedesmal zwei Gardisten nebeneinander. Die Leute flüchteten wieder in das Restaurant und in die Hausgänge. Aber die Haustüren waren inzwischen geschlossen worden, man mußte laufen. Radfahrer kamen hinter den Reitern her und führten die Verfolgung durch.

Diese Radfahrer waren schrecklich. Im Nu flitzten sie heran, sprangen ab, hoben ihre Räder empor und schlugen damit wie mit Sensen in die Menge hinein. Sie ruhten nicht eher, als bis die Menschenmauer um einen vollen Straßenblock zurückgetrieben war. Karl war immer dazwischen. Er verfolgte die Vorgänge wie ein aufregendes Spiel, ohne sich zu sagen, daß er selber Gefahr lief.

Hier im Eckhaus befand sich eine Apotheke. Die beiden riesigen Flaschen im Schaufenster funkelten rubinrot und blendend wie Gold in die Dunkelheit hinaus.

Schutzleute begannen eine Kette quer über die Straße zu bilden und den Zugang der Untergrundstation zu besetzen, deren Schild, von dünnen, eisernen Pfeilern gehalten, das leuchtende Wort Metropolitain emporhielt.

Es fiel Karl auf, daß sich das Aussehen des Volkes, in dessen Mitte er stand, geändert hatte. Er sah in graue, von formlosen Mützen und wollenen Halstüchern fast verdeckte Gesichter. Nur noch wenige gut gekleidete Menschen waren zurückgeblieben. Dort war ein breitschultriger, hochgewachsener Herr mit großem Schlapphut und weißem Haar, das bis auf die Schultern herabfiel. Mehrmals war Karl in seiner Nähe gewesen. Dieser Alte stand, ohne eine Miene zu verziehen, die Hände in den Taschen seines Mantels, überall an der Spitze und folgte den Vorgängen mit einer gewissen verständigen Aufmerksamkeit. Die Polizisten kamen ihm niemals zu nahe. Jedesmal, wenn sich die Menge zurückzog, war er einer der letzten; er deckte ihr gewissermaßen den Rücken. Zwei andere Personen waren da, deren Anwesenheit Karl nicht weniger erstaunte: ein älterer Herr, der eine junge Dame am Arm führte. Beide machten einen vornehmen Eindruck. Als die Menge zurückwich und alles floh, zerrte sie furchtsam ihren Begleiter am Arm und hörte dennoch nicht auf zu lachen wie ein Kind. Einmal geschah es, daß Karl vor der verfolgenden Polizei neben diesen beiden über den Fahrdamm einer Seitenstraße rannte; fast hätte ein Fiaker sie alle drei überfahren, und alle drei lachten.

Nochmals kam die Menge zum Stillstand. Man war zwischen den Bäumen im Dunkel der Allee. Ein Höllenchor von Pfiffen gellte, als die Polizisten kamen.

Karl erschrak zum erstenmal. Man reizte die Polizisten durch diese unerträglichen Pfiffe zu sinnloser Wut. Es war ein Wunder, daß sie nicht schon mit Schüssen antworteten. Was hatte er selber hier zu suchen? Aber wie mit Eisenklammern hielt es ihn fest. Für den schlimmsten Fall hatte er seinen Browning in der Tasche, diesen siebenfachen Tod, der ihn bisher noch auf allen seinen Reisen stumm begleitet hatte. Während die Menge ihn so eng umschloß, daß es kaum möglich war, ein Glied zu rühren, gelang es Karl doch, die Waffe aus der verborgenen Tasche herauszubringen und in den Mantel gleiten zu lassen. Er umklammerte sie mit der rechten Hand, als wolle er den glatten kühlen Stahl zerdrücken.

Diesmal kamen die Radfahrer nicht. Man hörte einen Aufschrei: »Fort mit den Hunden!« Die Pfiffe verstärkten sich.

Ein paar Polizisten kamen näher. Man sah, wie sie sich zu den Tieren an ihrer Seite niederbückten. Zwei Wolfshunde sprangen in kurzen Sätzen der Menschenmauer entgegen und blieben knurrend stehen.

»Fort mit den Hunden!«

In der vordersten Reihe stand die junge Dame mit ihrem Begleiter. Sie stieß einen leisen Schrei aus und drängte rückwärts, aber hinter ihr stand eine eherne Wand. Ein Dutzend Menschen, die nicht ein noch aus wußten, drängte sich hinter den beiden schmalen Gestalten zusammen. Wieder schollen die Pfiffe und dazwischen der Ruf: »Hu! Hu! Hunde weg!«

Karl, zitternd vor Aufregung, war durch ein paar Leiber von dem Mädchen getrennt, das vor Angst umzusinken schien.

Er war bereit, in dem Augenblick, wo diese Bestien sich auf einen Menschen stürzen würden, zu schießen. Ein Stein flog am Kopf eines der Polizisten vorbei. Die Schutzleute packten jemand am Kragen; zugleich sprang einer der Hunde mit einem heiseren Fauchen an der jungen Dame empor. Der Augenblick war gekommen: Karl stieß ein paar Leute beiseite und stellte dem Tier die Mündung seines Brownings auf den flachen rauhen Kopf. Deutlich sah er die blutunterlaufenen Augen; das weiße furchtbare Gebiß schnappte nach dem Stahl, der nicht dicker als ein Daumen aus seiner Faust hervorstand. Karl spürte jetzt, wie der von borstigen Pelz überzogene Hundeschädel sich vor die Mündung legte, und schoß.

 

Weiter sah und hörte er nichts. Es ergriff ihn wie ein Wirbel, wie eine Mühle. Tausend Hände schienen ihn zu packen, ihn mehrmals um sich selber zu drehen, ihn durch eine Wand von ungeheurer Dicke hindurchzudrücken. Man puffte und stieß ihn nach rückwärts, es war wie ein Weg durch dickes Gestrüpp. Das Geheul war betäubend. Plötzlich spürte er die Menge lockerer werden, sie ließ ihn los. Drei, vier Menschen rangen sich hinter ihm aus Leibeskräften aus derselben Wand hervor, und alle rannten nun, insgesamt wohl ein halbes Dutzend Gestalten, quer über die hell beschienene Straße. Schon war er drüben auf dem Trottoir, tauchte dort in eine andere Menschenmenge, die seinem Ungestüm nachgab, und erreichte die Seitenstraße. Ein Mensch lief neben ihm. Karl ging sofort langsam. Warum sich verdächtig machen? Er hatte noch die Pistole in der Hand. Erschreckt steckte er sie in die Hosentasche und knöpfte den Mantel darüber. Das Signal einer Trillerpfeife durchschnitt die Luft, ein Polizeisignal. War er verfolgt? Er sah sich nicht um und ging vorwärts.

Kaltes Blut! sagte er sich inständig. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, doch er zwang sich, langsam zu gehen. Das Herz schlug ihm bis an den Hals, es war, als trüge er einen Aal in der Brust, der mit verzweifelten Schlägen nach dem Mund hinaufschlug und unten nach dem Herzen biß. Karl schlug den Kragen in die Höhe. Er vernahm feste, rasche Tritte hinter sich. Oder war es eine Täuschung?

Er mochte jetzt hundert Schritte in der schmalen dunklen Straße gegangen sein. Niemand begegnete ihm. Es war ganz still. Noch immer konnte man ihn einholen, ein Radfahrer vielleicht, der ihn an seinem Hut, an seinem Gesicht erkannte. Er nahm den Hut ab, drückte die Falte hinaus und gab ihm eine verbeulte, kugelige Form. An einer dunklen Stelle zog er den Mantel aus, legte ihn über den Arm und ging weiter. Die Dunkelheit verbarg ihn. Er beeilte seinen Schritt, machte lange Sprünge. Die Straße schien kein Ende zu nehmen.

Drüben ging jemand und kam ihm nun im Dunkel quer über die Straße entgegen. Die Person stand vor ihm, Karl sah erst jetzt, daß es eine Frau war. Sie sagte etwas mit heiserer Stimme, näherte ihr Gesicht dem seinen und legte dabei die Hand auf seinen Arm.

Im selben Augenblick kamen die raschen Schritte zweier Männer hinter Karl die Straße herauf. Es war diesmal keine Täuschung; es waren Polizisten. Zugleich flog ihm der Gedanke zu, daß dieses Weib ihn retten werde.

Die beiden Leute waren schon bis auf einige Schritte herangekommen, Karl erkannte sie an dem Käppi und dem Cape.

Die Frau merkte, daß er zitterte. Sie legte resolut den Arm in den seinen und zog ihn mit sich fort. Einer der beiden Männer streifte ihn. In diesem Augenblick sagte sie irgend etwas und lachte, er hörte es wie aus weiter Ferne mit abgewandtem Gesicht. Die Männer gingen vorüber.

»Nein, ich will nicht«, sagte er nun. »Ich will nicht, lassen Sie mich doch los!«

»Was!« sagte sie entrüstet. »Meinst du, ich sehe nicht, daß du Angst hast? Warum hast du gezittert, als die Flics vorübergingen, eh?«

Um ihn zu beruhigen, setzte sie eilig hinzu: »Wir sind gleich da.«

Jetzt erst merkte er, daß sie selber zitterte wie ein Schatten im Wasser. Ihre Finger umklammerten seinen Arm. Er versuchte sich loszumachen, aber sie hielt ihn fest.

»Diese Ecke noch«, sagte sie, »das Haus dort.«

An einem der schmalen, alten Häuser der Nebenstraße leuchtete aus einem schwarzen Kasten in der Höhe des ersten Stockwerks das nüchterne Wort: Hotel.

Sie schleppte ihn förmlich, er war ganz erschöpft. »Sehen Sie,« verbesserte sie sich – denn es fiel ihr ein, daß er sie in der dritten Person angesprochen hatte –, »hier sind wir.«

Ihr Französisch klang fremdartig. Vielleicht war sie eine Deutsche? Doch um sich nicht zu früh als Fremder zu verraten, fragte er obenhin: »Sie sind keine Pariserin?«

»Aber doch«, sagte sie eifrig. »Was wollen Sie? Selbstverständlich!« Sie drückte auf die Klingel neben der Haustür, und in ihrer Besorgnis, daß er ihr noch jetzt entwischen könnte, fügte sie hinzu: »Wenigstens bin ich schon einige Jahre in Paris.«

Das Schloß knackte. Von irgendeinem Orte des Hauses hatte man die Tür durch einen Hebeldruck geöffnet. Sie zog ihn hinein und schloß sorgfältig ab. Dann führte sie ihn die enge, gewundene und schlecht beleuchtete Treppe hinauf. Kein Laut regte sich, aber oben auf dem Treppenabsatz erwartete sie ein Bursche, der ein Zimmer aufschloß. Er steckte drinnen das Gas an. In der offenen Tür blieb er stehen.

»Er bekommt einen Franken«, erklärte sie. Karl gab dem Burschen einen Franken. Aber der Bursche rührte sich nicht.

»Du bist nicht schick«, sagte sie zu Karl. »Gib ihm noch zwei, drei Sous für ihn selbst, das gehört sich doch.«

Er legte dem Burschen noch zwei Sous in die Hand. Dieser entfernte sich und schloß die Tür.

Nun stand sie im Zimmer vor ihm und flüsterte: »Ich weiß, du fürchtest dich, du hast mit der Polizei zu tun. Du meinst wohl, ich hätte nichts gemerkt. Es war dein Glück, daß du mich getroffen hast. Als ich dich dann in Sicherheit hatte, wolltest du fortgehen! Schäme dich.«

Triumphierend brachte sie ihr Gesicht in die Nähe des seinen, sie streichelte ihm die Wangen und sagte: »Nun wirst du mir ein schönes Geschenk machen, nicht wahr?«

Karl trat an das halboffene Fenster, wo man jeden Laut der Straße hören konnte, und zog den Laden herein. Er wußte sich einer Gefahr entronnen; die neue Situation war kaum behaglicher.

»Hören Sie, Mademoiselle«, sagte er mit Betonung und sah sie fest an. Er holte ein Fünffranksstück aus der Tasche und legte es auf den Kaminsims. »Ich bin Ihnen dankbar für Ihren guten Willen. Mit der Polizei habe ich nichts zu tun. Ich hatte allerdings einen Grund, mich rasch von der Demonstration auf dem Boulevard zu entfernen. Lassen Sie mich einige Minuten in dem Sessel sitzen, ich werde dann wieder gehen.«

Sie nahm das Geldstück, ließ es im Licht der Gaslampe blinken und wickelte es dann hastig in ihr Taschentuch. »Du bist geizig«, sagte sie mit gespielter Verächtlichkeit.

Er gab keine Antwort.

»Schenke mir noch fünf Franks, nur noch fünf Franks«, bettelte sie. »Ich muß die Miete bezahlen.« Sie legte die Hand auf seine Schulter: »Du willst mir doch nur weismachen, du wolltest nichts weiter, als dich hier ausruhen.«

Ihr Atem roch nach Fisch und Zwiebeln.

Karl hielt sie mit dem Arm von sich. Auf seiner Stirn und um seinen Hals klebte erkaltender Schweiß. Noch einmal durchlief ihn das Zittern. Da streckte er in dem wackligen, eingedrückten Sessel seine Beine aus und ruhte, ohne sich um das Mädchen zu kümmern, mit gelösten Gliedern und geschlossenen Augen.

Sie nahm unterdessen den Schleier und den Hut ab und ordnete ihr Haar. Karl sah es blinzelnd. Ihr Gesicht war verwüstet; die Lider der schwarzen Augen schienen vom Weinen gerötet. Ihre linke Wange war geschwollen und aufgekratzt wie von einer Mißhandlung. Ein Ausdruck von verbissenem Trotz und scharfen Leiden lag in ihren fleckigen Zügen. Behutsam, leise trat sie an das Becken und wusch mit dem Handtuch ihr Gesicht. Dann warf sie einen Blick auf Karl, der zu schlummern schien, setzte sich auf den Stuhl neben den Kamin und seufzte. Gleichgültig ließ sie ihren Blick an dem Gast herabgleiten.

Er mußte gähnen und schlug die Augen auf.

Sie erhob sich sofort und sagte grob: »Du meinst wohl, man läßt uns für einen Franken die halbe Nacht hier sitzen? Es hat jetzt lange genug gedauert; es ist genug. Wir müssen gehen.«

»Ich werde gleich gehen. Dann werden Sie hoffentlich vernünftig sein und sich zu Bett legen. Ist Ihnen nicht wohl?«

Er legte ihr seine Hand auf die Stirn. Sie hielt einen Augenblick still und wehrte verlegen ab. Es war die instinktive Angst um die Frisur, dieses mit Roßhaar und einigen Dutzend Drahtnädelchen mühsam aufgebauschte, in einem stumpfen Schwarz glänzende Polster, das sich unter seiner Hand leblos wie ein Knäuel Seegras und lächerlich wie ein Kannibalenkopfputz anfühlte. Sie wandte das Gesicht zur Seite, zuckte die Achseln und setzte den Hut wieder auf.

Er trat zur Tür. »Adieu, meine Kleine. Was meinen Sie: Gibt es in der Nähe noch einen Autobus nach Saint-Germain des Près?«

»Warten Sie doch«, rief sie. »Ich wohne nicht hier. Es gibt einen Omnibus in der Nähe. Ich werde Sie hinbringen.«

Sie schloß auf, beide traten auf den Treppenabsatz.

»Entschuldigen Sie eine halbe Minute.«

Damit huschte sie in das Nebenzimmer, dessen Tür offen stand. Erstaunt sah Karl hinein. Eine ganze Familie war drinnen friedlich versammelt. Auf dem von der Hängelampe beschienenen Tisch lagen Bündel von Wäschestücken. Zwei Mädchen bügelten, eine Frau legte die weiße Wäsche zusammen, ein alter Mann saß im Lehnstuhl mit dem Rücken gegen den Tisch und las das Petit Journal.

Karl ging langsam die ersten Stufen hinab.

Er hörte drinnen Geld klimpern. Einen Augenblick später hatte ihn seine Begleiterin eingeholt.

Als sie das Haus verließen, dessen Tür sich vor ihnen öffnete wie von einer unsichtbaren Hand ergriffen, stand ein paar Schritte davon entfernt im tiefsten Schatten eines Hauses ein Polizist.

Karl erschrak noch einmal. Aber das Mädchen hatte seinen Arm genommen und brachte ihn arglos an dem Mann, der sich nicht rührte, vorüber.

Sie führte Karl durch eine Nebenstraße, die im spitzen Winkel auf dem Boulevard de Courcelles eintraf. Dieser Teil des Boulevards lag jetzt in vollkommener Ruhe und Dunkelheit. Mitternacht war vorüber, kein Omnibus war zu sehen. Sie gingen wortlos nebeneinander. Schließlich fragte sie, aus welchem Lande er sei.

»Aus Deutschland.«

»Die Deutschen sind nicht schlecht, wie man sagt. Aber was wollen Sie nur in Paris? Es sind schon so viele Menschen hier, keiner weiß warum. Wenn ich so weit herkäme wie die Deutschen, so würde ich wenigstens gleich weiterfahren bis an das Meer.«

Karl gab keine Antwort. Sie hing müde an seinem Arm, aber sie weigerte sich, umzukehren, ehe sie ihm den Weg gezeigt hatte. An einer Ecke hielt ein Fiaker. Karl rief ihn an.

»Ich danke Ihnen für die Begleitung. Gute Nacht.«

»Wirst du mich wieder einmal besuchen? Morgen werde ich wieder vergnügter sein als heute grade ... Ich heiße Yvette.«

Sie sah im Schein der Laterne so ärmlich aus. Er schenkte ihr noch zwei Franken, damit sie wirklich morgen vergnügter sei. Da gab sie ihm ihre Hand und sagte: »Gutes Herz.«

Und rasch wandte sie sich um und verschwand im Dunkel.

»Zur Oper«, befahl Karl dem Kutscher.

 

Von der Oper ab wußte er sein Hotel zu finden. Er beabsichtigte, um zu sparen, den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen. Das Getrappel des Pferdes auf dem Holzpflaster der schmalen, nächtlich-ernsten Straßen tat ihm unbeschreiblich wohl. Er fühlte die Seele in Sicherheit; fühlte den Körper sanft auf dem bequemen Polster ruhen; Gesicht und Hände waren von der frischen Nachtluft wie von einem Bade umflossen. Fast tat es ihm leid, daß er zum Schluß noch die beiden Franken verschenkt hatte. Dafür hätte er nun, statt nur bis zur Oper, bis vor das Hotel fahren können. Einerlei. Er freute sich nach diesem Tage, seinem zweiten in Paris, auf die Ruhe und die Dunkelheit des Bettes.

Eilig schritt Karl über die hell erleuchtete Avenue der Oper. Aus einem der vornehmen Restaurants, deren Spiegelscheiben mit milchweißen Vorhängen verhängt waren, klang noch gedämpfte Tanzmusik. Eine Reihe von Automobilen wartete; die Chauffeure standen beisammen und sahen abwechselnd zwischen den Fransen der Vorhänge in die erleuchteten Säle hinein.

Auf dem Viereck des Louvre, den Karl alsbald durchschritt, lag das Mondlicht. Zart und dünnflüssig schien es von den schimmernden Dächern in die Schattenabgründe des alten Schloßhofes herabzurieseln. Als Karl aus dem hochgewölbten Torbogen trat und den Karussellplatz überschritt, denselben Platz, wo dieser Tag für ihn seinen Anfang genommen hatte, war es ihm, als habe sich alles, was er inzwischen erlebt, wie ein einziger Traum in den zauberhaften Schatten dieses Schlosses zugetragen. Als sei er gar nicht fort gewesen und erwache plötzlich mit einem Aufblick zum Sternenhimmel.

Als ein stiller Nachtwandler überschritt er die Seinebrücke.

Auf der Brücke brachte ihn noch einmal etwas zum Stehen. Es war Demut. Er lehnte an das Geländer und sah auf die schlummernde Stadt mit den wenigen Fenstern, die aus der schwarzen Silhouette leuchteten. Niemand in dieser Stadt wußte von der Trauer, der Angst und Scham seines Herzens. Er trank den Glanz der über den Fluß gebogenen roten und weißen Lichterreihen, das schwarze Funkeln des Wassers da unten und dankte Gott mit aufgehobenen Händen und tiefem Atemnehmen.

Wie ein Schiff in stiller Fahrt schien ihn die Brücke über das schwach plätschernde Wasser hinzutragen, fest, dunkel und schweigend über dem rauschenden Dunkel der Welt. Der Sternenhimmel blühte wie ein Garten. Der kleine Bär stand schon weit vorgeneigt und wies den Polarstern mit seinem zarten bläulich-hellen Feuer. Und noch einmal beugte er den Kopf in einem Gefühl der Schwere; fast daß es ihn hinabzog in das dunkelfließende Wasser, das stark und verborgen unter seinen Füßen floß, unscheinbar wie sein eigenes Leben.

Es war zwei Uhr, als er an dem kleinen Hotel in der Rue des Saints-Pères ankamen. Der dünne Strahl der Nachtglocke rieselte durch das schlafende Haus, bis auch diese Tür sich ihm öffnete, geräuschlos wie alles in so tiefer Nacht.


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