Publius Ovidius Naso
Metamorphosen
Publius Ovidius Naso

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Fünftes Buch

Perseus

            Tragend die ruchtbare Beute des natterlockigen Scheusals
Flog durch Dünne der Luft mit rauschenden Fittichen Perseus,
Über die libyschen Sande. Da siegreich jener sich fortschwang,
Tröpfelten blutige Tropfen vom Haupt der Gorgo Medusa,
Welche die Erd' aufnehmend in mancherlei Schlangen beseelte:
Darum wimmelt das Land von der Brut feindseliger Würmer.

Durch Unermeßliches dann, in dem Sturm mißhelliger Winde,
Hierhin nun, nun dort, wie Gewölk voll schwellenden Regens,
Schwebet er; und tief unten entfernt aus der Höhe des Äthers
Schaut er die liegenden Land', und ganz umfliegt er den Erdkreis.
Dreimal den klauigen Krebs, und die frostigen Bärinnen sah er;
Oft zu dem Niedergang, oft ward er enttragen zum Aufgang.

Jetzt am sinkenden Tage besorgt, sich der Nacht zu vertrauen,
Stand er, wo Atlas gebot, im Bezirk des hesperischen Landes,
Wenige Frist sich nehmend zur Ruh', bis die Gluten Auroras
Lucifer rufe hervor, und Aurora die tagende Sonne.

Dort, vor den Sterblichen allen mit Riesenwuchse sich hebend,
War der gewaltige Sohn des Japetus. Unter dem König
War das äußerste Land, und das Meer, das unter der Sonne
Keichenden Rossen sich streckt, die ermüdeten Achsen empfahend.
Tausend Herden der Schaf' und des Hornviehs irreten jenem
Durch die Gefild'; und kein Anwohnender drängte die Gegend.
Laubige Sprossen des Baums, von blinkendem Golde gerötet,
Spielten um goldene Äste, die Frucht aus Golde beschattend.

Gastfreund, redete Perseus ihn an, wenn Ehre dich rühret
Eines erhabnen Geschlechts; von Jupiter stammt das Geschlecht mir.
Wenn du der Taten Bewunderer bist, so bewundre die meinen.
Pflege begehr' ich und Ruh'. – Doch Atlas dachte des alten
Götterspruchs, den ihm einst die parnassische Themis geweissagt:
Kommen wird, Atlas, die Zeit, da beraubt des wachsenden Goldes
Steht dein Baum, und ein Sohn des Jupiter prangt mit der Beute.
Dessen besorgt, hatt' Atlas mit sicheren Mauern den Obsthain
Fest umschirmt, und die Hut dem gewaltigen Drachen vertrauet;
Und er verbot ungastlich den Fremdlingen allen den Zugang.

Hebe dich fort! rief jener: daß nicht die Ehre der Taten,
Welche du lügst, dir entfernt, nicht Jupiter selbst dir entfernt sei!
Drohungen mischt er Gewalt, und versucht aus der Pforte zu treiben
Ihn, der weilt, und sanfte zu tapferen Worten gesellet.
Aber an Kraft ihm weichend (denn wer wohl gliche dem Atlas
Je an Kraft?). Nun, weil dir so weniges unsere Lieb' ist,
Saget er, nimm ein Geschenk! und er zeiget ihm, links von der Seite,
Selber zurück sich wendend, das wustige Haupt der Medusa.
Groß wie er war, ward Atlas ein Berg. Sein Bart und das Haupthaar
Wallen in Wälder dahin; Felshöh'n sind Schultern und Hände;
Was sonst Scheitel ihm war, ist oberster Gipfel des Berges;
Knochen erstarren zu Stein; an jeglichem Teile vergrößert,
Wächst er ins Ungeheure, (so wolltet ihr, Götter!) und ganz nun
Ruht mit allen Gestirnen auf seinem Haupte der Himmel.

Äolus hatte die Wind' im ewigen Kerker gebändigt
Und, ein Ermahner zum Fleiß, erschien am Gewölbe des Himmels
Lucifer, strahlend von Licht. Jetzt heftet sich jener die Flügel
Wieder an jeglichen Fuß, und schnallt die gebogene Wehr um;
Dann durch lautere Lüfte bewegt er gefittichte Fersen.

Völker, unendlich an Zahl, diesseits verlassend und jenseits,
Schauet er Cepheus Reich, die Äthiopengeschlechter.
Dort war jetzt unschuldig Andromeda, Strafe zu dulden
Für die Zunge der Mutter, vom grausamen Ammon verurteilt.
Als an dem harten Gestein sie zurück mit den Armen gefesselt
Sah der abantische Held; wenn nicht in den Haaren ein Lüftchen
Spielete, nicht die Augen von zitternden Tränen ihr flössen,
Hätt' er ein marmornes Bild sie gewähnt! Unwissend entbrannt er,
Staunet sie an, und, verloren im Reiz der betrachteten Bildung,
Denket er kaum zu schwingen in tragender Luft das Gefieder.
So wie er stand: Oh, sprach er, nicht solcherlei Ketten verdienst du,
Sondern womit sich einander entflammete Liebende fesseln!
Öffne dem Fragenden doch den Namen des Lands und den deinen;
Auch warum du in Banden erscheinst! – Erst schweigt sie, und wagt nicht
Anzureden den Mann, die Jungfrau. Gerne das Antlitz
Deckte sie scheu mit den Händen, wenn nicht gebunden sie wäre;
Was sie vermag, die Augen erfüllt sie mit quellender Wehmut.
Dringend erneut er die Frag'; und, damit nicht eigne Verbrechen
Sie zu verheimlichen scheine, den Namen des Lands und den ihren,
Und wie hoch sich die Mutter vermaß im Stolze der Schönheit,
Meldet sie. Aber noch nicht war alles verkündiget; plötzlich
Rauschte die Flut, und es kam ans unendlichen Wogen ein Untier,
Ragend das Haupt, breit unter der Brust die Gewässer bedeckend.
Laut aufschreie die Gebundne: der Vater in Gram und wie sinnlos
Eilt die Mutter daher, beid' elend, schuldiger jene.
Aber Errettung nicht, nur wohlverdienete Tränen,
Jammer nur bringen sie mit, und schmiegen sich fest um die Tochter.
Jetzo begann der Fremdling: Zu Tränen ist immer hinfort noch
Zeit euch genug; doch zur Rettung ist wenige Frist uns vergönnet!
Würb' ich Perseus um diese, von Jupiter stammende und jener,
Welcher der Gott im Verschloß mit befruchtendem Golde genahet.
Ich, der umschlängelten Gorgo Eroberer Perseus, der herzhaft
Durch die ätherischen Höh'n mit geschwungenen Flügeln einherging;
Allen ja trät' ich zuvor als Eidam. Solcherlei Aussteu'r
Durch ein Verdienst zu erhöh'n, willfahren mir Himmlische, tracht' ich.
Mir zu eigen gelobt sie, wofern mein Arm sie errettet.

Gern empfahn die Bedingung (wer zweifelte jetzo?) und flehend
Bieten sie noch ihr Reich zur Brautaussteuer, die Eltern.
Siehe, wie schnell anrauschend ein Schiff mit spitzigem Schnabel
Spaltet die Flut, wann in Schweiß die Arme der Jünglinge rudern:
Also schoß mit der Brust durch getrennete Wogen das Scheusal,
Nicht mehr weiter vom Felsen entfernt, als mächtig die Luft durch
Fliegt das gewirbelte Blei aus der balearischen Schleuder.
Plötzlich erhebt sich der Held, der das Land mit den Füßen zurückstößt,
Hoch zu den Wolken empor. Doch sobald auf dem Meere das Untier
Sah den Schatten des Mannes, so wütet es gegen den Schatten.
Wie wenn Jupiters Vogel, sobald er im freien Gefilde
Sah an der Sonne gestreckt mit bläulichem Rücken den Drachen,
Rasch den gewendeten faßt; und damit er das gräßliche Haupt nicht
Drehe, dem schuppigen Hals eindrängt die begierigen Krallen,
So in beschleunigtem Flug, vorwärts durch die Leere sich schwingend,
Drängt' er den Rücken des Tiers, der inachische Kämpfer, und tauchte
Rechts in des schnaubenden Bug bis zum krummen Hefte das Eisen.
Schwer von der Wunde verletzt, erhebt es sich bald in die Lüfte
Hochauf; bald fährt's unter die Flut; bald dreht's wie ein Eber
Wild sich herum, den der Hunde Gewühl umscheucht mit Gebelfer.
Doch, wie begierig es schnappt, er entflieht auf hurtigen Flügeln.
Rings darin, jetzt ihm den Rücken, umstarrt von geschildeten Muscheln,
Jetzt die Rippen der Seit', und jetzt, wo der Schwanz sich verdünnend
Endet zum Fisch, zerfetzt er mit sichelförmigem Säbel.
Aber das Untier speit mit purpurnem Blute vermischte
Ström' empor; und es triefen, beschwert von Bespritzung, die Flügel.
Perseus wagt nicht länger der schlürfenden Fersenbefiedrung
Sich zu vertraun; er erblickte den Fels, des oberster Gipfel
Ragt aus der stehenden Flut, vom wallenden Meere bedeckt wird.
Dort gestemmt, mit der Linken die vordersten Zacken umfassend,
Dränget er drei-, viermal in die Weichen des Bauchs ihm das Eisen.

Jubel erschallt und Klatschen vom Strande des Meers zu der Götter
Himmlischen Wohnungen auf. sie freun sich, und grüßen den Eidam,
Danken dem Schutz des Hauses, und preisen ihn Retter und Heiland,
Cepheus der Vater zugleich und Kassiope. Frei nun der Fessel,
Wandelt die Jungfrau her, Ursach' und Belohnung der Arbeit.

Selbst nun spület der Held die siegenden Händ' in der Woge.
Aber damit er nicht schade dem Schlangenhaupt in dem Meerkies,
Lockert er Laub auf die Erd', und im Abgrund wachsende Reiser
Streut er, und leget darauf das Gesicht der Phorkide Medusa.
Siehe das Reis, noch frisch, und mit saugendem Marke belebet,
Raffte des Scheusals Kraft, und erhärtete von der Berührung;
Äste zugleich und Blätter umzog fremdartige Starrheit.
Staunend nahn die Nymphen des Meers, und versuchen das Wunder
Noch an mehreren Reis, und freuen sich gleichen Erfolges.
Samen davon erneun sie, umher durch die Wogen ihn streuend.
Und auch jetzt ist gleiche Natur den Korallen geblieben:
Daß von berührender Luft sie Härt' annehmen, und, was erst
Schmeidig am Meergrund wuchs, gleich über dem Meer sich versteinert

Jetzt drei Göttern erhebt drei Rasenaltäre der Sieger:
Links dem Merkurius einen, und rechts dir, kriegrische Jungfrau;
Mitten ist Jupiters Herd. Es blutet die Kuh der Minerva:
Und dem Geschwingten das Kalb; und der Farr dir, König der Götter.

Stracks die Andromeda nimmt er, der großen Tat zur Belohnung,
Ohn' aussteurendes Reich. Ihm schwingt Hymenäus und Amor
Bräutlichen Kien; es dampfen von reichlichen Düften die Feuer;
Laub und Blume bekränzen das Haus; die Gitarr' und die Lyra,
Auch die Schalmei, und Gesang, glückseliger Herzen entzückter
Ausruf, tönet umher; mit entriegelten Pforten geöffnet,
Strahlen in Gold die Gemächer; es nahn zu des Königs köstlich
Prangendem Hochzeitsmahl die cephenischen Völkergebieter.

Als nach vollendetem Schmaus vom Geschenk des edelen Bacchus
Allen das Herz anschwoll; nach der Art und Sitte des Landes
Fragt der Abantier nun. Und sobald dem Fragendes solches
Einer die Gäste gelehrt: Wohlan, o tapferer Perseus,
Redet er, melde mir jetzt, durch welcherlei Künste, durch welche
Tugenden, du dir gewannst dies drachenhaarige Antlitz.

Drauf der Sproß des Agenor: Es lieg' am frostigen Atlas,
Sagt er, ein Ort, durch Mauern umschanzender Blöcke gesichert;
Wo, in des Tals Eingang, zwo Schwestern gewohnt, die Phorkiden,
Beide des einzelnen Augs teilnehmende; dieses, indem sie
Wechselten, hab' er geheim, durch täuschenden Trug sie belistend,
Mit vorgreifender Hand sich geraubt. Dann fern durch entlegnes,
Unwegsames Geklüft, und von Waldungen starrende Felsen,
Hab' er den Sitz der Gorgonen erreicht, und umher in den Feldern
Und an den Wegen geschaut der Menschen Gebild', und der Tiere,
Welche zu Stein aus beseelten der Anblick schuf der Medusa.
Aber er selbst, an der Linken mit schrecklichem Schilde gewappnet,
Hab' in dem spiegelnden Erz die Gestalt der Medusa geschauet;
Und weil schwer der Schlummer sie selbst und die Schlangen betäubte,
Hab' er dem Hals entrissen das Haupt; daß mit Fittichen fliegend,
Pegasos, samt dem Bruder, vom Blut der Erzeugerin aufwuchs.
Aber nicht falsche Gefahren des langen Laufes erzählt er:
Welche Sund' und Länder er unter sich schaut' aus der Höhe,
Welche Gestirn' er sogar mit geschwungenen Fittichen rührte.

Während dies in dem Kreise cephenischer Fürsten erzählet
Danaes Heldensohn, da erfüllt des Königes Säle
Dumpf aufbrausender Lärm: und nicht hochzeitliche Feier
Singt das rohe Geschrei, es verkündiget tobende Waffen.
Und aus gastlichem Schmause so schnell vorbrechender Aufruhr
War dem Meer zu vergleichen, das wild nach ruhiger Stille
Rasender Winde Gewalt aufstürmt in erhobene Brandung.

Phineus zuerst, Urheber des unbesonnenen Krieges,
Schüttelnd den eschenen Speer mit vorgespitzetem Erze:
Schaue mich, sprach er, bereit, die entrissene Gattin zu rächen!
Nicht soll jetzt das Gefieder, noch dein zu Golde gefälschter
Jupiter, mir dich entziehn! – Er wollt' ausschwingen; doch Cepheus
Rief ihm: Was machst du, Bruder? und welch ein Gedanke des Wahnsinns
Treibt dir zum Frevel das Herz? So lohnest du solchem Verdienste?
Dies dein bräutlich Geschenk für unserer Tochter Erhaltung?
Welche dir Perseus nicht, wenn du Wahrheit suchest, genommen;
Nein, mir Nereus' Töchter, die zürnenden; nur der gehörnte
Ammon, nur das in Wut annahende Scheusal des Abgrunds,
Lechzend mein Kind zu verschlingen! Geraubt dir wurde sie damals,
Als zum Verderben sie ging! Wofern nicht grade du forderst,
Grausamer, daß sie verderb', und an unserem Kummer dich weidest!
Traun, nicht ist es genug, daß man dir vor den Augen sie anschloß,
Und daß keinerlei Hilfe du Ohm und Bräutigam brachtest!
Oben darein, daß jemand sie rettete, willst du betrauren,
Und ihm entraffen den Preis! Wenn dieser so groß dir erscheinet,
Warum nicht von dem Fels, wo geheftet er war, ihn geholet?
Nun laß, der ihn geholt, durch den mein Alter nicht öd' ist,
Nehmen, was Wort und Verdienst ihm sicherte! Denke, daß dir nicht
Vorgezogen er sei, vielmehr dem entschiedenen Tode.

Nichts antwortete jener; ihn selbst abwechselnd und Perseus
Funkelt' er an, unschlüssig, ob den, ob jenen er treffe.
Und nach kurzem Verzug, da schwang er die Lanze mit Kraft um,
Wie sie gewährte der Zorn, und auf Perseus schnellt' er den Fehlschuß.
Als sie dem Polster entragt', erst jetzo sprang von dem Lager
Perseus empor; und zurück das Geschoß ihm sendend in Unmut,
Bräch' er die feindliche Brust: doch hinter den Opferaltar floh
Phineus, und, ach, unwürdig! es barg der Altar den Verbrecher!
Aber die Stirn des Rhötus durchdrang nicht eitel die Spitze.
Jener sank; und sobald sie den Stahl aus dem Schädel gezogen,
Zappelt er, rot mit Blut die gestelleten Tische besprengend.

Jetzo lodert die Meng' in ungebändigtem Zorn auf;
Ringsher schnellt man Geschoß; ja mancher schreit, es verdiene
Cepheus selbst und der Eidam den Tod. Doch gegangen war Cepheus
Über die Schwelle des Saals, anrufend das Recht und die Treue,
Auch die gastlichen Götter, er sei unschuldig des Aufruhrs.

Pallas, die Kriegerin, naht, und bedeckt mit der Ägis den Bruder,
Hauchend ihm Mut. Dort war ein Indier Athis, den weiland
Ganges' Tochter Limnate gebar in kristallener Grotte:
Von vorragender Schöne, die noch sein köstlicher Anzug
Mehrete, frisch von Kraft, ein sechzehnjähriger Jüngling.
Tyrisches Kriegsgewand, umringt mit goldner Verbrämung,
Hüllte den Leib; es prangt' ein goldnes Gehenk an dem Halse,
Und ein gekrümmetes Band um das myrrhenduftende Haupthaar.
Stets mit geschwungenem Spieß auch noch so Entferntes zu treffen,
War ihm kundig die Hand, doch kundiger, Bogen zu spannen.
Jetzt auch bog er bereits die geschmeidigen Hörner; doch Perseus,
Raffend den Brand, der rauchend den Herd des Altares bedeckte,
Schlug, und verwüstete stracks in zersplitterten Knochen das Antlitz.

Diesen sah, wie in Blut sein holdes Gesicht er herumwarf,
Lykabas nun, der assyrische Held, stets jenem vereinigt,
Als Gefährt', und Bekenner der ungeheuchelten Liebe;
Und da er Athis beweint, der, matt von der bitteren Wunde,
Jetzo den Geist aushauchte; da nahm er den Bogen, den ehmals
Jener gespannt, und sagte: Mit mir sei jetzo der Kampf dir!
Auch wird nicht gar lange des Jünglinges Tod dich erfreuen,
Der mehr Haß dir bringet, denn Lob! – Noch hatt' er nicht alles
Ausgesagt; da entsprang der durchdringende Pfeil von der Sehne:
Jener vermied, doch haftet' er ihm in dem faltigen Kleide.
Gegen ihn wandte die Wehr, erprobt durch den Mord der Medusa,
Er des Akrisius Sohn, und stieß in die Brust sie. Doch jener,
Sterbend schon, da die Augen in Todesdunkel ihm schwammen,
Schaute nach Athis umher, und lehnte sich nieder auf Athis,
Und nahm mit zu den Manen den Trost des vereinigten Todes.

Siehe, der Libyer dort, Amphimedon, und der Syener,
Phorbas, Methions Sohn, voll Gier, in den Kampf sich zu mischen,
Waren im Blut, das umher den laulichen Boden gefeuchtet,
Beid' ausgleitend gestürzt: an dem Aufstehn hindert das Schwert sie,
Welches Amphimedons Rippen durchdrang, und die Kehle des Phorbas.

Erithos, Aktors Sohn, dem breit die gedoppelte Streitaxt
Schimmerte, sank nicht unter des Perseus Schwerte; den Mischkrug,
Hoch mit Gebild vorragend, und schwer vom Gewichte des Erzes,
Diesen gewaltigen hebt mit beiden Händen der Halbgott,
Schwingt, und zerschmettert den Mann: flugs speit er rötliches Blut aus,
Rücklings gestreckt, und schlägt mit sterbender Scheitel das Estrich.

Jetzt der Semiramis Sohn Polydämon, Abaris jetzo,
Welcher vom Kaukasus kam, und den Spercheiaden Lycetus,
Klytus, und Phlegyas jetzt, und den ungeschorenen Elyx,
Streckt er, daß hoch einher auf der Sterbenden Haufen er wandelt.

Phineus wagete nicht, in der Nähe dem Feind zu begegnen,
Sondern er schwingst den Speer: den trägt auf Idas der Irrweg,
Welcher umsonst, teillos des Gefechts, sich der Waffen enthalten.
Düster das Auge gewandt auf den unbarmherzigen Phineus:
Soll ich durchaus teilnehmen, so rufet er, habe denn, Phineus,
Welchen du wolltest, den Feind; und empfah für die Wunde die Wunde!
Schon den entzogenen Speer ihm zurückzusenden verlangt' er,
Aber er sank in die Kniee, die leer des Blutes erschlafften.

Auch nach dem Könige selbst der Cephenier Erster, Odites,
Lag durch Klymenus' Schwert; den Protenor tötete Hypseus;
Diesen des Lynkeus Sohn. Ein Emathion war in der Anzahl,
Hochbejahrt, Wahrnehmer des Rechts, und Verehrer der Gottheit,
Der, weil schon sein Alter am Kampf ihn hinderte, redend
Kämpft, und sie laut anfährt, und die frevelen Waffen verwünschet.
Wie er mit bebender Hand den Altar umfing, so entmäht' ihm
Chromis das Haupt mit dem Schwert; und es taumelte auf den Altar hin,
Wo die ersterbende Zunge mit schwachem Laut, wie Verwünschung,
Lallete, dann in die Mitte der Glut aushauchte den Atem.

Broteas drauf und Ammon, der Zwillingsbrüder, mit Riemen
Unbesiegt, wenn der Arme Geriem obsiegte den Schwertern,
Sanken durch Phineus' Hand in den Staub. Auch der Priester der Ceres,
Ampykos, weiß um die Schläfen mit heiliger Binde geschleiert.
Du auch, Japetos' Sohn, nicht solcherlei Diensten gewidmet;
Sondern ein friedliches Werk, die Gitarr' im Gesange zu rühren.
Dir befahl man zu feiern mit wonnigen Tönen den Festschmaus;
Doch wie ferne du standst, unkriegrisches Spiel in den Händen:
Geh! sprach Pettalus lachend, das übrige singe den Manen
Drunten am Styx; und er bohret den Dolch ihm links in die Schläfe.
Dieser sinkt, und im Fallen berührt sein sterbender Finger
Noch das besaitete Spiel, das sanft wie Klagegetön scholl.

Nicht unbestraft läßt jenen der ungestüme Lykormas;
Sondern rechts von der Pfoste den stämmigen Riegel sich brechend,
Schmettert er ihm die Gebeine gerad am Nacken. Doch jener
Taumelte nieder in Staub, nach Art des geschlachteten Stieres.
Pelates auch nun strebt, der Cinyphier, links von der Pfoste
Abzureißen den Baum: da durchbohrt mit der Spitze die Hand ihm
Korythos, Fürst des marmarischen Volks, daß am Holze sie haftet.
Abas stößt in die Seite des Haftenden; und er entsinkt nicht;
Sondern es hängt an der Pfoste des Sterbenden Rechte befestigt.

Siehe, auch Melaneus sinkt, des Perseus Sache verfechtend;
Dorylas auch, der reichste des Nasamonengebietes,
Dorylas, reich an Gebiet: kein anderer hatte Besitzung
Weiter umher, noch trug er soviel des Getreids in die Speicher.
Schräg her stand ihm geschnellt im unteren Bauche das Eisen,
Wo schnell tötet der Tod. Halcyoneus, der ihn verwundet,
Sah, der Baktrierfürst, wie er matt ausschluchzte den Atem,
Drehend den Blick: Nimm, sprach er, soviel du bedeckst von der Erde,
Nach so reichem Gebiet! und verließ den entbluteten Leichnam.
Rächend schwinget den Speer, den der warmen Wund' er entraffte,
Ihm der abantische Held; und mitten die Nas' ihm durchschlüpfend,
Fuhr sie zum Nacken hinaus, und ragt' an jeglicher Seite.
Und, wie das Glück ihn lenkt, auch Klytios streckt er, und Klanis,
Gleicher Gebärerin Frucht, an verschiedener Wunde verblutend:
Klytios' Hüften hindurch, aus gewaltigem Arme geschleudert,
Stürmte die Esch', und es klirrt' in Klanis' Munde der Wurfspieß.
Jetzt war Keladon hin, der Mendesier: jetzo auch Astreus,
Den vom bezweifelten Vater die Palästinerin aufzog.
Auch Äthion der Seher, vor dem scharfahnend die Zukunft,
Nun vom trügenden Vogel getäuscht; und Thoaktes, des Königs
Waffengenoß; und, berüchtigt als Vatermörder, Agyrtes.

Viel war getan, doch mehreres nach: denn all auf den einen
Stürmen sie, lechzend nach Mord; das Gewühl der Verschworenen kämpfet
Rings für jenen daher, der Verdienst anfeindet und Treue.
Ihm sind der redliche Schwäher umsonst, und die bräutliche Gattin,
Samt der Erzeugerin hold, und erfüllen den Saal mit Gejammer.
Aber das Waffengeräusch tönt vor, und der Fallenden Angstruf;
Und, da sie einmal entheiliget sind, umströmt die Penaten
Ganz Bellona mit Blut, und mischt die erneueten Kämpfe.
Rings um den einen ist Phineus gestellt, und die Scharen des Phineus,
Tausende! häufiger fliegt das Geschoß, wie der winternde Hagel,
Jegliche Seite vorbei, und die Augen vorbei, und die Ohren.

Jetzt an der Säule Gestein, der erhabenen, drängt er die Schulter;
So im Rücken geschirmt, und vorn auf die Scharen gerichtet,
Hält er den Ansturz auf. Nun stürzten heran von der Linken
Molpeus, Chaonias Bürger, und rechts Nabathäas Ethemon.
Wie vom Hunger gespornt die Tigerin, wann in dem Tale
Hier und dort sie gehört zwei brüllende Rinderherden
Zweifelt, wohin sie sich wende, nach der und jener verlangend:
So auch zweifelte Perseus, ob links, ob rechts er bestürme;
Endlich fernt er Molpeus zuerst mit verwundetem Schenkel,
Wohl vergnügt mit der Flucht: denn Zeit nicht gönnet Ethemon;
Sondern in rasender Gier, ihm oben den Hals zu verwunden,
Eiferig schwingend das Schwert mit unvorsichtigen Kräften,
Brach er es: dort an dem äußersten Rand des geschlagenen Pfeilers
Sprang auseinander die Kling', und fuhr in die Kehle dem Eigner.
Dennoch gab zum Tode noch nicht zureichenden Antrieb
Jener Schnitt: wie er zagt', und umsonst die entwaffneten Arme
Aufhub, streckt' ihn der Held, durchbohrt mit cyllenischem Säbel.

Aber da Perseus sah, die Tapferkeit weiche dem Schwarme:
Hilfe, wohlan! so rief er, dieweil ihr selber mich nötigt,
Werd' ich vom Feind mir suchen! Hinweg hebt alle das Antlitz,
Wer ein Gewogener ist! und das Haupt der Gorgo entblößt' er.
Andre gesucht, die das Wunder von dir angaffen! erwidert
Theskelos; und wie die Hand zu entsenden den tödlichen Wurfspieß
Trachtete, stockt' er in dieser Gebärd', ein marmornes Bildnis.

Ampyx, diesem zunächst, lief gegen des Akrisiaden
Mutbeseelete Brust mit dem Schwert an; aber im Anlauf
Starrete plötzlich die Hand, nicht rückwärts könnend noch vorwärts.

Nileus drauf, der den Sohn des siebenströmigen Nilus
Falsch sich immer genannt, der auch auf dem Schilde die sieben
Strömungen teils aus Silber und teils aus Golde gemeißelt:
Schaue doch, rief er, o Perseus, den Ursprung unseres Stammes!
Groß wird bleiben der Trost bei den schweigenden Schatten des Todes,
Solchem Manne gefallen zu sein! – Das Ende des Rufes
Ward ihm mitten im Tode gedämpft; fortreden zu wollen
Schien der geöffnete Mund; doch den Durchgang wehrt' er den Worten

Laut fuhr Eryx sie an: Durch Schuld des Mutes erstarrt ihr,
Sprach er, und nicht des gorgonischen Haars! Stürmt alle zum Einhaun!
Streckt zur Erde den Jüngling, der magische Waffen beweget!
Einhaun wollt' er im Sturm; doch es hielt der Boden den Fußtritt,
Unbewegt stand jener, ein Stein in gewappneter Bildung.

Alle sie trugen indes verschuldete Strafen. Doch einer
Kämpfte für Perseus mit; und indem noch kämpfet Akonteus,
Schaut er der Gorgo Gestalt, und erstarrt zu gediegenem Felsen.
Aber Astyages schwingt, für belebt ihn haltend, mit langem
Schwerte den Hieb, da ertönt von hellem Geklinge das Schwert ihm.
Während Astyages staunt, hat gleich Natur ihn umhüllet;
Und des Bewundernden Mien' ist noch im marmornen Antlitz.

Säumnis wär' es, die Namen Geringerer alle zu nennen:
Noch zwei Hunderte waren der Heerschar übrig zum Kampfe,
Und zwei Hunderte starrten vom Blick des gorgonischen Hauptes.

Endlich gereut der Krieg, der ungerechte, den Phineus.
Doch was zu tun? Rings schaut er die vielgestalteten Bilder;
Und er erkennt die Freund', und jeglichen rufend mit Namen,
Fordert er Schutz; noch glaubet er nicht, und die nächsten Gestalten
Rühret er: Marmor war's! Er wendet den Blick, und in Demut,
Seitwärts die Arme gestreckt, und die Schuld abbittende Hände:

Perseus, ruft er, du siegst! O hinweg das entsetzliche Scheusal!
Nimm das versteinernde Haupt, wer immer sie sei, der Medusa!
Nimm es, ich flehe, hinweg! Nicht Haß, noch Begierde der Herrschaft,
Führte ja uns in den Streit; für die Braut erhuben wir Waffen!
Besseren Anspruch gab das Verdienst dir, aber die Zeit uns!
Daß ich dir nicht einräumte, verdreußt! Nichts, tapferer Held, nichts,
Nur dies Leben vergönne du mir; sei das übrige deines!

Als dies jener gesagt, und auf ihn, den die Stimme nur anrief,

Niemals wagte zu schaun: Feigherziger, rief er, o Phineus,
Was ich vermag zu gewähren, ein großes Geschenk dem Verzagten,
Hemme die Furcht! das gewähr' ich: dich soll kein Eisen verletzen.
Ja, ein dauerndes Mal für die Ewigkeit stift' ich dir jetzo;
Und stets werde geschaut in den Wohnungen unseres Schwähers:
Daß sich tröste mein Weib an des früheren Bräutigams Bildnis.

Perseus sprach's; und das Haupt der Phorkynerin wendet er dorthin,
Wo mit banger Gebärd' hinfloh der erschrockene Phineus,
Da er den Blick noch jetzo herumzudrehen sich anstrengt,
Starret der Hals, und in Felsen erharscht die Feuchte der Augen.
Aber die ängstliche Miene der Demut blieb in dem Marmor,
Seine gerungenen Händ', und die tief abhängige Stellung.

Siegreich kehrt der abantische Held mit der Gattin zur Heimat,
Argos. Dort als Rächer des unverdienenden Vaters,
Naht er dem Prötus im Zorn. Denn mit Kriegsmacht scheuchte der Bruder
Prötus, und eignete sich des Akrisius türmende Berghöh'n.
Weder der Waffen Gewalt, noch die übel gewonnenen Berghöh'n,
Schützten ihn gegen das grasse Gesicht des umschlängelten Scheusals.

Doch hat dich, Polydektes, o Fürst der kleinen Seriphos,
Weder des Jünglinges Mut, den so viel Kämpfe bewähret,
Noch sein Leiden erweicht; unerbittlichen Haß ohn' Erbarmen
Übst du Grausamer noch, und nährst unbillige Feindschaft.
Selber den Ruhm verkleinert dein Mund; denn gefabelt, erklärst du,
Sei der Medusa Mord. Für die Wahrheit, redete Perseus,
Stellen wir Pfand! Hemmt alle den Blick! Und des Königes Antlitz
Ward vom Medusengesicht blutlos zum Granite verwandelt.


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