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Einführung der ersten Ausgabe

Feldmarschall Conrad an den Autor

Wien, 18.März 1919.

Hochgeehrter
Herr Doktor!

Indem ich das mir zur Einsichtnahme übermittelte Manuskript dankend retourniere, will ich Ihrem Wunsche mich freimüthig darüber zu äußern im Nachfolgenden entsprechen.

Manchen Ihrer Deduktionen kann ich nicht beipflichten, ebenso auch nicht der stellenweisen Schärfe der Kritik, sowie der abfälligen Beurtheilung einzelner Persönlichkeiten.

Der Hauptsache nach war dieser – von unseren Gegnern zur Weltkatastrophe erweiterte Krieg weniger ein Krieg der Feldherrn als ein Krieg der Massen und der materiellen Mittel; – er will vornehmlich von diesem Standpunkt aus betrachtet sein. –

Wenn auch die endgiltige Behandlung dieses complicierten Stoffes ein eingehendes Erforschen aller Detailvorgänge, somit ein Erschließen aller, ganz besonders auch der gegnerischen Archive, sowie Mittheilungen mannigfacher Betheiligter, also eine Arbeit von Jahren erfordert, so sind doch die von Ihnen gebrachten rein historischen Thatsachen, soweit sie in den Bereich meiner Kenntnis und meiner Erinnerung fallen, zutreffend dargelegt.

Hervorheben möchte ich, daß ich in meiner seinerzeitigen Stellung als Chef des Generalstabes, – das ist bis Ende Feber 1917, strikte daran festgehalten habe, im Interesse der gemeinsamen Kriegführung die ungetrübten Beziehungen zwischen unserer Heeresleitung und den Heeresleitungen unserer Alliirten stets aufrechtzuerhalten, – daher während des Krieges alle sachwidrigen Rivalitäten zu vermeiden, Verhetzungsversuche abzulehnen und auf – soweit angängig – conciliantem Wege meine Absichten durchzusetzen.

Ich wünsche Ihnen besten Erfolg und grüße Sie vielmals als

Ihr ergebener
Conrad, Feldmarschall.

Vorwort des Autors

»Der Weg zur Katastrophe« führt durch bisher unbestrittenes Land. An vielen Fronten oft des Kampfes unmittelbarer Zeuge, wurde ich dem Generalobersten Conrad von Hötzendorf im Sommer 1915 in Teschen vorgestellt. Dort gab mir der Feldmarschall, da ich sein Vertrauen allmählich hatte gewinnen können, im Jahr von Luck die erste große Darstellung der Kriegszusammenhänge.

Anfang 1917 trat der Chef des österreichisch-ungarischen Generalstabes zurück. Fünfviertel Jahre durfte ich mit Unterbrechung in Bozen, oft genug im Arbeitszimmer des Marschalls, dem Studium der Welttragödie widmen: von Freiherrn von Conrad durch die ganze Klarheit seines mächtigen Geistes angeregt, durch sein herbes Bestehen auf Sachlichkeit und Richtigkeit gelenkt, zugleich durch unendliche Geduld gefördert. Briefe eines dokumentarischen Stils ergänzten die gewonnenen Eindrücke. Während des Krieges sah und sprach ich den Marschall zum letzten Mal in Villach. Hier und in Triest erlebt Conrad einsam den Zusammenbruch – –

Die Niederschrift des Buches beginnt.

 

Für viele Abschnitte mußten viele befragt werden. Nicht nur der Feldmarschall. Er selbst las das Manuskript mit strengster Kritik und duldete auch die kleinste Ungenauigkeit nicht. Bisweilen machte er aus anderer Ansicht kein Hehl, ohne daß ich meinen Standpunkt zu ändern vermochte.

Wichtige Bestätigung des ganzen Kriegsablaufes gab dann Feldmarschalleutnant Josef Metzger, der frühere Chef der Operationsabteilung im österreichisch-ungarischen Armeeoberkommando.

Über den Abschnitt der Durchbruchsschlacht bei Tarnow und Gorlice, über die Entwicklung ihrer Vorgeschichte, wurde der deutsche Bevollmächtigte im Teschener und Badener Hauptquartier, General von Cramon, befragt.

Feldmarschalleutnant Otto Ritter von Berndt, der Generalstabschef der IV. österreichisch-ungarischen Armee, gab mit anderen Wissenden und Beteiligten Aufschlüsse über das Ereignis von Luck. Überdies lag der interne Lucker Gefechtsbericht an das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando mir zum Studium vor.

Die Richtlinien der österreichisch-ungarischen Politik endlich – vom Anfang 1917 bis ins Frühjahr 1918 – und ihr Echo bei den Führern in Deutschland erhellte im wesentlichen der frühere österreichisch-ungarische Minister des Äußeren Graf Ottokar Czernin.

 

Nunmehr werden manche das unbeschrittene Land freilich mit Erstaunen durchwandern. Einige mit aufsteigendem Zorn, viele mit tiefem Erschrecken. Aber mein Gefühl, da ich dies Land beschrieb, war doch nur die große Trauer, daß Nation um Nation sich gleich schuldig machte am Martyrium der Welt.

Das Buch soll allen Deutschen dargebracht sein.

Die besten Deutschen müssen die Bitterkeit der Wahrheit schätzen, weil sie der edelste Lehrmeister ist.

Berlin, im März 1919.
Karl Friedrich Nowak


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