Friedrich Wilhelm Nietzsche
Fragmente 1869-1874, Band 1
Friedrich Wilhelm Nietzsche

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[Winter 1872-73]

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[Aufzeichnungen zu "Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen"]

[Aufzeichnungen zu "Ueber Wahrheit und Lüge"]

23 [1]

Nun wurde die ganze Gruppe unverständlich. Später nahm man von den Ehrwürdig-Unverständlichen weg, was man brauchen konnte, man plünderte sie aus, und dann kommt ein Arm des Parmenides, ein Schulterstück des Heraklit, ein Fuß des Empedokles bald hier, bald dort vor, in Platon's Akademie sowohl wie in der Stoa und in den Gärten Epikurs. Um sie als Ganzheiten zu verstehen, muß man in jedem von ihnen den Versuch und Ansatz zum griechischen Reformator erkennen; diesen sollten sie vorbereiten, vor dem sollten sie hergehen wie eine Morgenröthe vor der Sonne. Aber die Sonne kam nicht, der Reformator mißlang: so blieb die Morgenröthe fast nur eine gespenstische Erscheinung. Daß aber etwas Neues in der Luft war, beweist die gleichzeitige Entstehung der Tragödie; nur ist der Philosoph und Gesetzgeber nie erschienen, welcher die Tragödie begriffen hätte, und so starb auch wieder diese Kunst und die griechische Reformation wurde für immer unmöglich. An Empedokles kann man nie ohne tiefe Trauer denken; er war dem Bilde jenes Reformators am ähnlichsten; daß es auch ihm mißlang und er zeitig verschwand, wer weiß nach was für schrecklichen Erfahrungen und in welcher Hoffnungslosigkeit – das war ein panhellenisches Verhängniß. Seine Seele hatte mehr Mitleiden als irgend eine griechische Seele; und vielleicht doch nicht genug, denn im Ganzen sind die Griechen hierin arm, und gerade den großen Philosophen ist das tyrannische Element in ihrem Blute zum Hinderniß geworden, einen solchen Tief- und Vollblick, wie ihn Schopenhauer besaß, zu erlangen.

23 [2]

Höchste Form des Menschen, der die Wahrheit erkannt hat, bekleidet mit dem Stolz.

Einsamkeit, alles Andere vulgus.

ιστοριη.

Homer, Hesiod, Archilochus.

Ärzte.

Götter. Götterbilder.

Mysterien.

Opfer.

Vergl<eich> mit Apollo.

23 [3]

Kapitel I. Die Griechen als Philosophen. Das sechste Jahrhundert.

Die Wundermänner.

Der Wettkampf.

Das Dionysische.

Capitel II. Thales und Anaximander.

III. Heraklit.

IV. Parmenides.

V. Anaxagoras.

VI. Empedokles.

VII. Demokrit. Was heißt Erkenntniß des Stoßes?

VIII. Pythagoreer. Zahlen als Grenzen der Erkenntniß.

IX. Sokrates. Abstrakte Wahrheiten.

X. Epilog. Anthropomorphismus: der veränderliche Mensch und das Wasser. Der Tod als Strafe.

Das künstlerische Spiel.

Der Intellekt.

23 [4]

Lust: Reiz mit Proportion.

Unlust: Reiz mit Mangel an Proportion.

Begriffe

23 [5]

Das Hellenische in der Philosophie.

Wettkampf.

Orphiker.

Nicht Seele und Leib.

Das Religiöse.

Zahl.

Stolz des Philosophen.

23 [6]

Fastnacht Anaxagoras.

Empedocles.

Bis Ostern Pythagoreer.

Socrates.

Ostern Capitel über den Philosophen.

das Hellenische.

23 [7]

Was ist der Philosoph?

1. Jenseits der Wissenschaften: entmateriali<s ren.

2. Diesseits der Religionen: entgöttern – entzaubern.

3. Typen: der Kultus des Intellektes.

4. Anthropomorphische Übertragungen.

Was soll jetzt die Philosophie?

1. Unmöglichkeit der Metaphysik.

2. Möglichkeit des Dinges an sich. Jenseits der Wissenschaften.

3. Die Wissenschaft als Rettung vor dem Wunder.

4. Die Philosophie gegen den Dogmatismus der Wissenschaften. Aber nur im Dienste einer Kultur.

6. Das Simplificiren Schopenhauers.

7. Seine populäre und künstlerisch mögliche Metaphysik. Die zu erwartenden Resultate der Philosophie sind umgekehrte. –

8. Gegen die allgemeine Bildung.

23 [8]

Die Philosophie hat nichts Gemeinsames, sie ist bald Wissenschaft, bald Kunst.

Empedokles und Anaxagoras: der erste will Magie, der zweite Aufklärung, der erste gegen die Verweltlichung, der zweite für.

Pythagoreer und Demokrit: die strenge Naturwissenschaft.

Sokrates und der jetzt nöthige Skepticismus.

Heraklit: apollinisches Ideal, alles Schein und Spiel.

Parmenides: Weg zur Dialektik und wissenschaftliches Organon.

Der einzig ruhende ist Heraclit.

Thales will zur Wissenschaft, Anaxim<ander> wieder von ihr weg.

Ebenso Anaxagoras Democrit Empedocles

Parmenides Organon Pythagoras.

Socrates.

23 [9]

1. Die wesentliche Unvollkommenheit der Dinge:

der Consequenzen einer Religion

und zwar optimistischen oder pessimistischen

<der> Consequenzen der Kultur

<der Consequenzen> der Wissenschaften.

2. Die Existenz von Präservativen, die eine Zeit lang kämpfen.

Dahin gehört die Philosophie, an sich ganz und gar nicht vorhanden.

Gefärbt und gefüllt nach der Zeit.

3. Die griechische ältere Philosophie gegen den Mythus und für die Wissenschaft, theils gegen die Verweltlichung.

Im tragischen Zeitalter: übereinstimmend Pythagoras, Empedokles, Anaximander, apollinisch feindselig: Heraklit auflösend gegen alle Kunst Parmenides.

23 [10]

Die reine Wahrheit unerkennbar: Anschauungen

Begriffe

Reize, nach Lust und Unlust getrennt ob nach Zahlen, ob rein intellektuelle Phänomene?

Reiz die Voraussetzung aller Anschauungen.

Werth der Philosophie: Reinigen von verworrenen und abergläub<ischen> Vorstellungen gegen den Dogmatismus der Wissenschaften soweit Wissenschaft, ist sie reinigend und erhellend soweit anti-wissenschaftlich: ist sie religiös-verdunkelnd. Beseitigung der Seelenlehre und der rationalen Theologie.

Beweis des absolut Anthropomorphischen.

Gegen die starre Geltung der ethischen Begriffe.

Gegen den Haß des Leibes.

Schaden der Philosophie: Auflösung der Instinkte

der Kulturen

der Sittlichkeiten.

Spezieller Betrieb der Philosophie für jetzt.

Mangel der populären Ethik.

Mangel vom Gefühl der Wichtigkeit des Erkennens und der Auswahl.

Oberflächlichkeit der Betrachtung von Kirche und Staat und Gesellschaft.

Die Wuth auf Geschichte.

Das Reden von Kunst und Mangel einer Kultur.

23 [11]

Der Begriff entsteht aus einem Gleichsetzen des Nichtgleichen: d. h. durch die Täuschung, es gäbe ein Gleiches, durch die Voraussetzung von Identitäten: also durch falsche Anschauungen.

Man sieht einen Menschen gehen: nennt es "gehen". Jetzt einen Affen, Hund: sagt auch "gehen".

23 [12]

Dreierlei nicht mit Parm<enides> Seinslehre zu verwechseln:

1) die Frage: können wir einen Inhalt im Denken finden, der im Sein ist?

2) die primären Eigenschaften, im Gegensatz zu den sekundären

3) Constitution der Materie. Schopenhauer.

4) Keine buddhaische Traumphilosophie.

Er sucht nach Gewißheit. Es ist wahr, das Nichtsein ist nicht zu denken.

Wenn er die Sinne für ungültig erklärt, dann kann er das Sein nicht aus Lust- und Unlustempfindungen beweisen: diese sind dann auch Schein.

Denken und Sein muß dasselbe sein: denn sonst würde es das Sein nicht erkennen.

Im Denken giebt es also keine Bewegung: eine starre Seinsanschauung. Soweit das Denken sich bewegt und von anderen Dingen erfüllt ist, ist es schon nicht mehr Sein, sondern Schein. –

Aber die Dialektik des Denkens? ist doch Bewegung?

23 [13]

Die Begriffe können nur aus der Anschauung stammen. "Sein" ist die Übertragung des Athems und Lebens auf alle Dinge: Beilegung des menschlichen Lebensgefühls.

Die einzige Frage ist: ob der Ursprung aller Anschauungen uns auf ein Sein führt: nein.

Die Form des Denkens, ebenso wie die Anschauung setzt voraus daß wir an das Sein glauben: wir glauben an das Sein, weil wir an uns glauben. Ist das Letzte eine Kategorie, so das Andere gewiß.

23 [14]

Philosophie und Volk. Keiner der großen griechischen Philosophen zieht das Volk hinter sich drein: am meisten versucht von Empedokles (nach Pythagoras), doch auch nicht mit der reinen Philosophie, sondern mit einem mythischen Vehikel derselben. Andre lehnen das Volk von vornherein ab (Heraklit). Andre haben einen ganz vornehmen Kreis von Gebildeten als Publikum (Anaxagoras). Am meisten hat demokratisch-demagogische Tendenz Sokrates: der Erfolg sind Sektenstiftungen, also ein Gegenbeweis. Was solchen Philosophen nicht gelungen ist, wie sollte das den geringeren gelingen? Es ist nicht möglich, eine Volkskultur auf Philosophie zu gründen. Also kann die Philosophie im Verhältniß zu einer Kultur nie fundamentale und immer nur eine Nebenbedeutung haben. Welches ist diese?

Bändigung des Mythischen. – Stärkung des Wahrheitssinnes gegenüber der freien Dichtung. vis veritatis oder Stärkung des reinen Erkennens (Thales Demokrit Parmenides).

Bändigung des Wissenstriebes – oder Stärkung des Mythisch-Mystischen, des Künstlerischen, (Heraklit Empedokles Anaximander.) Gesetzgebung der Größe.

Zertrümmerung des starr Dogmatischen : a) in Religion b) Sitte c) Wissenschaft. Skeptischer Zug.

Jede Kraft (Religion, Mythus, Wissenstrieb) hat, in einem Übermaße, barbarisirende, unsittliche und verdummende Wirkungen, als starre Herrschaft. (Sokrates.)

Zertrümmerung der blinden Verweltlichung (Ersatz der Religion). (Anaxagoras Perikles.) Mystischer Zug.

Resultat: sie kann keine Kultur schaffen

aber sie vorbereiten

oder sie erhalten

oder sie mäßigen.

Für uns: der Philosoph ist deshalb das Obertribunal der Schule: Vorbereitung des Genius: denn wir haben keine Kultur. Aus der Symptomenlehre der Zeit ergiebt sich als Aufgabe der Schule:

1) Zertrümmerung der Verweltlichung (Mangel der Popularphilosophie)

2) Bändigung der barbarisirenden Wirkungen des Wissenstriebes (dabei Enthaltung von der spintisirenden Philosophie selbst).

Gegen die "ikonische" Geschichte gegen die "arbeitenden" Gelehrten.

Die Kultur kann immer nur von der centralisirenden Bedeutung einer Kunst oder eines Kunstwerks ausgehen. Unwillkürlich wird die Philosophie dessen Weltbetrachtung vorarbeiten.

23 [15]

Der Philosoph als Arzt der Cultur.

23 [16]

Für die Einleitung des Ganzen: Schilderung des 7ten Jahrhunderts: Vorbereitung der Kultur, Gegeneinander der Triebe. Das Orientalische. Centralisation der Bildung von Homer aus.

Ich spreche von den vorplatonischen, weil mit Plato die offenbare Feindseligkeit gegen die Kultur beginnt, die Negation. Ich will aber wissen, wie sich zu einer vorhandenen oder werdenden Kultur die Philosophie benimmt, die keine Feindin ist: hier ist der Philosoph der Giftmischer der Kultur.

23 [17]

Es ist erstaunlich, wie schnell die Griechen frei werden, verglichen mit der dumpfen Befangenheit des Mittelalters. Kultur der Renaissance zu vergleichen.

Thales, der die Sonnenfinsterniß voraussagt, gilt nicht als Zauberer oder als von bösen Dämonen unterstützt, sondern wird bewundert. Unsicher nur Zeitrechnung datirt.

Demokrit der freieste Mensch.

23 [18]

Naturwissenschaftlicher Rückblick.

Theorie der Aggregatzustände.

Theorie der Materie.

Also Vermischung physikalischer und metaphysischer Probleme.

Das Werden und das Sein – es ergiebt sich die volle Differenz.

23 [19]

Wenn sie anormal sind, dann haben sie wohl nichts mit dem Volke zu thun?

So steht es nicht: das Volk braucht die Abnormitäten, wenn diese auch gleich nicht seinetwegen da sind.

Beweis giebt das Kunstwerk: es versteht der Schöpfer selbst, trotzdem ist es mit der einen Seite dem Publikum zugekehrt.

Diese Seite des Philosophen wollen wir erkennen, wo er dem Volke sich zukehrt – und seine Wundernatur, also das eigentliche Ziel, die Frage warum? unerörtert lassen.

Diese Seite ist jetzt, aus unserer Zeit <heraus>, schwer zu erkennen, weil wir keine solche Volkseinheit der Kultur besitzen.

Deshalb die Griechen.

23 [20]

Fertig

3 Einleitung

18 Thales bis Parmenides

25

2:1

46

Consequenzen C. 20 Seiten richtige Proportion.

23 [21]

Der Philosoph unter Griechen.

Das Hellenische an ihnen. Darin ewige Typen. Der Nichtkünstler in einer künstlerischen Welt. Sie zusammen zeigen den Hintergrund des Griechischen, sowie das Resultat der Kunst. Zeitgenossen der Tragödie. Die in den Philosophen zerstreuten Requisiten zur Entstehung der Tragödie.

23 [22]

Freiheit dem Mythus gegenüber. Thales und Anaximander. Pessimismus und

Handeln.

Das Tragische als Spiel. Genie. Heraclit. Wettkampf. Spiel.

Exceß der Logik und der Nothwendigkeit. Parmenides. Abstraktion und Sprache.

Dichter und Philosoph.

Begriff der Prosa.

Anaxagoras. Freigeist. Nicht "Geist

- Materie".

Liebe und Kuß der ganzen Welt! Wille. Empedocles. Die Liebe. Rethor.

Staat. Panhellenisch. Agonal.

Der Zuhörer. Atom – Zahl Naturwissenschaft.. Democrit. Griechen und Ausland.

Freiheit von Convention.

Seelenwanderung – dramatisch. Pythagoreer. Der Rhythmus und Metron. Seelenwanderung.

Metastase des tragisch-künstlerischen Socrates und Plato. Die Bildung.

Triebes auf die Wissenschaft. Jetzt erst "Schule". Feindschaft gegen die

Naturwissenschaftliche Erklärung.

23 [23]

Denkt euch, der Philosoph wanderte und käme zu den Griechen – so steht es mit jenen Vorplatonikern: sie sind gleichsam Fremde, verwunderte Fremde.

Jeder Philosoph ist es in der Fremde: und muß erst das Nächste als fremd fühlen.

Herodot unter Fremden – Heraklit unter Griechen. Der Historiker und Geograph unter Fremden, der Philosoph im Heimischen. Kein Prophet gilt im Vaterlande. Im Heimischen versteht man das Außerordentliche unter sich nicht.

23 [24]

Die Geburt der Tragödie betrachtet von einer andern Seite aus. Die Bestätigung aus der Philosophie ihrer Zeitgenossen.

23 [25]

Die Philosophen des tragischen Zeitalters.

 

Dem Andenken Schopenhauers.

23 [26]

415 wäre er παντελως υπεργεγηρακως, nun ist er jedenfalls nach 500 geboren. (Nach Aristoteles c. 80 Jahre, wenn er 495 geboren wäre, d. h. 5 Jahre nach Anaxagoras.)

Ol. 84 14

Ol. 70 4

56

Wäre er Olymp. 71 geboren, so ist

415

77

492 492

444 60

48 <4>32

Hat er theilgenommen am Kriege, so war er nach Neanthes 77 Jahre alt, d. h. nach Neanthes ist er 492 geboren. War er 492 geboren, so ist er in ακμη nach Apollodor 442, d. h. im Alter von 50 Jahren, und gestorben 432 im Alter von 60 Jahren.

Hier kämpft er gegen Neanthes an: der gab ihm ausdrücklich 77 Jahre: wozu? Um ihn an jenem Kampfe theilnehmen zu lassen. Dennoch mußte er von den Agrigentinern verbannt gewesen sein.

492 sehr passende Zahl der Geburt.

442 c. Ol. 84 ist er 50jährig.

432 ist er gestorben.

Er geht offenbar nach Thurii, weil er verbannt ist, 50 Jahre alt. Er nimmt Abschied von Agrigent, als er seine καθ αρμοι dichtete für Olympia. Wahrscheinlich ist er in jener Olymp. 84 in Olympia verzeichnet gewesen.

23 [27]

Anaxagoras hat von Heraclit die Vorstellung genommen, daß in jedem Werden und Sein das Entgegengesetzte zusammen ist.

Er empfand wohl den Widerspruch, daß ein Körper viele Eigenschaften hat, und pulverisirte ihn, in dem Glauben jetzt ihn in seine wahren Qualitäten aufgelöst zu haben.

Plato: erst Herakliteer

consequent Skeptiker, alles, auch das Denken, Fluß.

Durch Sokrates zum Beharren des Guten, Schönen gebracht.

Diese als seiend angenommen.

An der Idee des Guten, Schönen nehmen alle Gattungsideale theil und sind deshalb auch seiend (wie die Seele an der Idee des Lebens).

Die Idee gestaltlos.

Durch Pythag<oras'> Seelenwanderung ist die Frage beantwortet, wie wir etwas von den Ideen wissen können.

Ende Platos: Scepticismus im Parmenides.

Widerlegung der Ideenlehre.

23 [28]

5. Kunst. Begriff der Kultur. Kampf der Wissenschaft.

6. Philosophie, wundersame Doppelnatur.

7. Thales.

8. Anaximander.

9. 10. 11. Heraclit.

12. 13. Parmenides.

14. 15. Anaxagoras.

16. 17.18. Emped<ocles>.

19. 20. Democrit.

21. 22. Pythago<eer>.

23. 24. Socrates.

25. Schluss.

23 [29]

Kapitel I. 3

Kapitel II. 5

Kapitel III. Der Philosoph.

Kapitel IV. Thales Anaximander.

Capitel V. Heraclit.

Capitel VI. Parmenides.

23 [30]

Daß diese gesammte Auffassung der Anaxagorischen Lehre richtig sein muß, beweist am deutlichsten die Art, wie die Nachfolger des Anaxagoras, der Agrigentiner Empedokles und der Atomenlehrer Demokrit in ihren Gegensystemen thatsächlich dieselbe kritisirten und verbesserten. Die Methode dieser Kritik ist vor allem die fortgesetzte Entsagung in jenem erwähnten naturwissenschaftlichen Geiste, das Gesetz der Sparsamkeit, auf die Naturerklärung angewendet. Die Hypothese, die mit dem kleinsten Aufwande von Voraussetzungen und Mitteln die vorhandene Welt erklärt, soll den Vorzug haben: denn in ihr ist das wenigste Belieben, und das freie Spiel mit Möglichkeiten untersagt. Sollte es zwei Hypothesen geben, die beide die Welt erklären, so ist streng zu prüfen, welche von beiden jener Forderung der Sparsamkeit am meisten genügt. Wer mit den einfacheren und bekannteren Kräften, vor allem den mechanischen, bei jener Erklärung auskommen kann, wer aus möglichst wenigen Kräften den vorhandenen Bau der Welt ableitet, wird immer demjenigen vorgezogen werden, der die complicirteren und weniger bekannten Kräfte, und dazu diese noch in größerer Zahl, ein weltbildendes Spiel treiben läßt. So sehen wir denn Empedokles bemüht, den Überfluß an Hypothesen aus der Lehre des Anaxagoras zu beseitigen.

Als erste nicht nothwendige Hypothese fällt die vom Anaxagorischen Νους, denn seine Annahme ist viel zu voll, um etwas so Einfaches wie die Bewegung zu erklären. Es ist doch nur nöthig, die beiden Arten der Bewegung, das Sichhinbewegen eines Gegenstandes zu einem anderen und das Sich-Wegbewegen eines Gegenstandes von einem anderen zu erklären.

23 [31]

Wenn unser jetziges Werden ein Ausscheiden ist, wenn auch kein völliges, so fragt <er>: was hindert die völlige Ausscheidung? Also eine entgegenstrebende Kraft, das heißt eine latente Bewegung der Anziehung.

Sodann: um jenes Chaos zu erklären, muß auch schon bereits eine Macht thätig gewesen sein, es ist zu dieser innigsten Verschlingung eine Bewegung nöthig.

Also periodisches Überwiegen der einen und der anderen Macht sicher.

Diese sind entgegengesetzt.

Die Macht der Attraktion. wirkt auch jetzt noch, denn sonst gäbe es gar keine Dinge, es wäre alles geschieden.

Das ist das Thatsächliche: zwei Bewegungsarten. Diese erklärt der νους nicht. Dagegen Liebe und Haß: daß diese bewegen, sehen wir doch gewiß, so gut als daß der νους sich bewegt.

Jetzt verändert sich die Auffassung des Urzustandes: es ist der seligste. Bei Anaxagoras war es das Chaos, vor dem architektonischen Werk, gleichsam der Steinhaufen des Bauplatzes.

23 [32]

Empedokles hatte den Gedanken einer der Schwere entgegenwirkenden, durch den Umschwung entstehenden Tangentialkraft gefaßt (de coelo, I p. 284). Schopenhauer, Welt als Wille, II 390.

Er hielt die Fortsetzung der Kreisbewegung für unmöglich bei Anaxagoras. Es gäbe einen Wirbel, d. h. den Gegensatz der geordneten Bewegung.

Wären die Theilchen unendlich durch einander vermischt, so könnte man die Körper ohne Kraftanstrengung auseinanderbrechen, sie würden nicht zusammenhalten, sie wären wie Staub.

Die Kräfte, die die Atome an einander drücken und der Masse die Festigkeit geben, nennt Empedokles "Liebe". Es ist eine Molekularkraft, eine constitutive Kraft der Körper.

23 [33]

Empedocles.

Gegen Anaxagoras.

1) Das Chaos setzt schon Bewegung voraus.

2) Nichts hinderte die volle Ausscheidung.

3) Unsre Körper wären Staubgebilde. Wie Bewegung, wenn nicht in allen Körpern Gegenbewegungen sind?

4) Eine geordnet fortgesetzte Kreisbewegung unmöglich, nur ein Wirbel. Den Wirbel nimmt er selbst, als Wirkung des νεικος an. Wie wirkt Entferntes auf einander, Sonne auf Erde? Wäre alles noch im Wirbel, wäre das unmöglich. απορροαι. Also zwei bewegende Kräfte mindestens: die den Dingen inhäriren müssen.

5) Warum unendliche οντα? Überschreiten der Erfahrung. Anaxagoras meinte die chemischen Atome. Empedokles versuchte die Annahme von vier chemischen Atomenarten. Er hielt die Aggregatzustände für essentiell und die Wärme coordinirt. Also die Aggregatzustände durch Abstoßung und Attraktion; Materie in vier Formen.

6) Das Periodische ist nöthig.

7) Bei den lebenden Wesen will Empedokles auch noch nach dem gleichen Princip verfahren. Er leugnet auch hier die Zweckmäßigkeit. Seine größte That. Bei Anaxagoras ein Dualismus.

23 [34]

Die Symbolik der Geschlechtsliebe. Hier wie in der platonischen Fabel zeigt sich die Sehnsucht nach dem Einssein, zeigt sich, daß einmal größere Einheit schon existirte: wäre diese größere Einheit hergestellt, dann würde diese wieder nach einer noch größeren streben. Die Überzeugung von der Einheit alles Lebendigen verbürgt, daß es einmal ein ungeheures Lebendiges gab, von dem wir Stücke sind: das ist wohl der Sphairos selbst. Er ist die seligste Gottheit. Alles war nur durch Liebe verbunden, also höchst zweckmäßig. Diese ist zerrissen und zerspalten worden durch den Haß, in seine Elemente zerstückt und dadurch getödtet, des Lebens beraubt. Im Wirbel entstehen keine lebenden Einzelwesen. Endlich ist alles getrennt und nun beginnt unsre Periode (der Anaxagorischen Urmischung setzt er eine Urentzweiung entgegen). Die Liebe, blind wie sie ist, wirft mit wüthender Hast wieder die Elemente an einander, versuchend ob sie sie wieder zum Leben bringt. Hier und da gelingt es. Es setzt sich fort. Ein Ahnungsgefühl in den belebten Wesen entsteht, daß sie noch höhere Vereinigungen erstreben müssen, als Heimat und Urzustand. Eros. Es ist ein furchtbares Verbrechen Leben zu tödten, denn damit strebt man zur Urentzweiung zurück. Einstmals soll alles wieder ein einziges Leben sein, der seligste Zustand.

Die pythagoreisch-orphische Lehre in naturwissenschaftlicher Umdeutung: Empedokles beherrscht beide Ausdrucksmittel mit Bewußtsein, darum ist er der erste Rhetor. Politische Ziele.

Die Doppelnatur – das Agonale und das Liebende, Mitleidige.

Versuch der hellenischen Gesammtreform.

Alle unorganische Materie ist aus organischer entstanden, es ist todte organische Materie. Leichnam und Mensch.

23 [35]

Schluß: das Denken der Griechen im tragischen Zeitalter

ist pessimistisch oder künstlerisch optimistisch.

Ihr Urtheil über das Leben besagt mehr.

Das Eine, Flucht vor dem Werden.

Aut Einheit aut künstlerisches Spiel.

Tiefes Mißtrauen gegen die Realität niemand nimmt einen guten Gott, der alles optime gemacht, an.

Pythagoreer, religiöse Sekte.

Anaximander.

Empedokles.

Eleaten.

Anaxagoras.

Heraklit.

Demokrit. Die Welt ohne moralische und aesthetische Bedeutung, Pessimismus des Zufalls.

Wenn man sie alle vor eine Tragödie stellte, so würden die drei ersten <sie als> Spiegel der Unseligkeit des Daseins erkennen,

Parmenides als vergänglichen Schein,

Heraklit und Anaxagoras als künstlerischen Bau und Abbild der Weltgesetze,

Demokrit als Resultat von Maschinen.

Mit Sokrates beginnt der Optimismus, der nicht mehr künstlerische,

mit Teleologie und dem Glauben an den guten Gott;

der Glaube an den wissenden guten Menschen.

Auflösung der Instinkte.

Sokrates bricht mit der bisherigen Wissenschaft und Kultur, er will zurück zur alten Bürgertugend und zum Staate.

Plato löst sich von dem Staate, als er merkt, daß er mit der neueren Kultur identisch geworden ist.

Der sokratische Skepticismus ist Waffe gegen die bisherige Kultur und Wissenschaft.

23 [36]

Welches sind die Ursachen, welche eine gedeihliche Experimentalphysik im Alterthum nach Democrit unterbrochen haben?

23 [37]

M. Antonius. Betrachte den Lauf der Sonne und des Mondes als einer, der mit ihnen forteilet, und denke stets daran, wie die Elemente in einander verwandelt werden. Denn das sind Vorstellungen, die den Schlamm des irdischen Lebens wegfegen.

23 [38]

Antisthenes sagt: es ist königlich bei guten Handlungen böse Urtheile dulden.

23 [39]

Democrit.

Möglichste Vereinfachung der Hypothesen.

Es giebt Bewegung, also leeren Raum, also Nichtseiendes. Das Denken eine Bewegung.

Wenn es ein Seiendes giebt, muß es untheilbar sein, d. h. absolut erfüllt. Das Zertheilen ist nur erklärbar bei leeren Räumen, bei Poren. Ein absolut poröses Ding ist nur das Nichtseiende.

Die secundären Eigenschaften der materie νομω, nicht an sich.

Feststellung der primären Eigenschaften der ατομα. Worin gleichartig, worin verschieden?

Die Aggregatzustände des Empedokles (vier Elemente) setzen nur die gleichartigen Atome voraus, können also nicht selbst οντα sein.

Die Bewegung ist mit den Atomen unlösbar verbunden, Wirkung der Schwerkraft. Epikur. Kritik: was heißt Schwere in einem unendlichen leeren Raume?

Denken ist Bewegung der Feueratome. Seele, Leben. Sinneswahrnehmungen.

23 [40]

Werth des Materialismus und Verlegenheit desselben.

Plato und Demokrit.

Der weltflüchtige heimatlose edle Forscher.

Demokrit und die Pythagoreer finden zusammen das Fundament der Naturwissenschaft.

Pythagoreer.

13 [41]

(10) Plan. Was ist ein Philosoph? Welche Beziehung hat ein Philosoph zur Kultur? Speziell zur tragischen Kultur?

(20) Vorbereitung. Wann verschwinden die Werke? Die Quellen: a) für das Leben b) für die Dogmata. Die Chronologie. Bestätigt durch die Systeme.

(100) Haupttheil. Die Philosophen mit Stellen und Excursen.

(20) Schluss. Die Stellung der Philos<ophie> zur Kultur.

23 [42]

Der Künstler schaut nicht "Ideen", er empfindet an Zahlenverhältnissen Lust.

Alle Lust auf Proportion, Unlust auf Disproportion.

Die Begriffe aufgebaut nach Zahlen.

Die Anschauungen, die gute Zahlen darstellen, sind schön.

Der Mann der Wissenschaft rechnet die Zahlen der Naturgesetze

der Künstler schaut sie: – dort Gesetzmäßigkeit, hier Schönheit.

Das vom Künstler Geschaute ist ganz Oberflächlich, keine "Idee"!

Die leichteste Hülle um schöne Zahlen.

23 [43]

Unsre Anschauung bereits durch Begriffe modificirt.

Begriffe sind Relationen, nicht Abstraktionen.

23 [44]

1. Metaphern beziehen sich auf Thätigkeiten.

2. Bilden unter sich ein System: festes Grundgerippe – bilden Zahlen.

3. Der Kern der Dinge, das Essentielle drückt sich in der Sprache der Zahl aus.

4. Worin ruht das Beliebige bei den Metaphern?

23 [45]

Philosophie nicht für das Volk

also nicht Basis einer Kultur,

also nur Werkzeug einer Kultur.

Diesem ihrem Zweck gemäß ist ihr Wesen

a) 1. Überzeugt von dem Anthropomorphischen, ist skeptisch

2. hat Auswahl und Größe

3. Einheitsvorstellung überfliegend

b) ist gesundes Ausdeuten und Einfachnehmen der Natur, ist Beweis.

c) zerstört den Glauben an die Unverbrüchlichkeit solcher Gesetze.

Ihre Hülflosigkeit ohne Kultur, an der Gegenwart geschildert.


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