Friedrich Wilhelm Nietzsche
Fragmente 1869-1874, Band 1
Friedrich Wilhelm Nietzsche

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[Ende 1870]

[Dokument: Heft]

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§. 20. Euripides.

21. Euripides und Socrates.

22. Socrates und die voreuripideische Tragödie.

23. Die Wissenschaft.

24. Einzige Möglichkeit der Wissenschaft, der Kunst gegenüber.

25. Zweck der Erziehung.

26. Der Wahn.

27. Die Idealität der Welt.

28. Die Vielheit der Ideen.

29. Die Einheit des Willens.

30. Griechische Heiterkeit und die Heiligkeit.

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Andrer Gegensatz:

andre Welt auf der Bühne verehrt, andre Welt im Leben. Andre Lehren dort und hier.

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Wie ist eine Erziehung möglich, wenn es keine Freiheit des Willens giebt, wenn es keine Freiheit des Gedankens giebt, sondern wir nur Erscheinung sind?

Dagegen zu sagen, daß es eine Erziehung im gleichen Sinne giebt, wie eine Freiheit des Willens – nämlich als nothwendige Wahnvorstellung, als vorgeschobnen Erklärungsgrund für ein uns gänzlich entzogenes Phänomen. Wenn also keine Erziehung eintritt, so ist dies ein Beweis, daß jenes Phänomen nicht existirt.

Eine Erziehung zur tragischen Erkenntniß setzt also Bestimmbarkeit des Charakters, freie Wahlentschließung usw. voraus – für die Praxis, leugnet aber theoretisch dieselbe und stellt dies Problem sofort an die Spitze der Erziehung. Wir werden uns immer so benehmen wie wir sind und nie wie wir sein sollen.

Der Genius hat die Kraft, die Welt mit einem neuen Illusionsnetze zu umhängen: die Erziehung zum Genius heißt das Illusionsnetz nothwendig zu machen, durch eifrige Betrachtung des Widerspruchs.

Die tragische Erkenntniß ist ja auch dem Ureinen-Wesen gegenüber nur eine Vorstellung, ein Bild, ein Wahn. Insofern aber der Widerspruch d. h. der unconciliatorische in diesem Bilde geschaut wird – erleben wir gleichsam wie die Scene vom besessenen Knaben die Transfiguration herausfordert. Erzogen werden – heißt nur – sich auseinander falten. Man halte nur die Wüste und die Qual des Heiligen für nothwendige Voraussetzung der Verzückung.

Die Einwirkung des Genius ist gewöhnlich, daß ein neues Illusionsnetz über eine Masse geschlungen wird, unter dem sie leben kann. Dies ist die magische Einwirkung des Genius auf die untergeordneten Stufen. Zugleich aber giebt es eine aufsteigende Linie zum Genius: diese zerreißt immer die vorhandenen Netze, bis endlich im erreichten Genius ein höheres Kunstziel erreicht wird.

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Daß alle Erscheinung materiell ist, ist klar: deshalb habe die Naturwissenschaft ein völlig berechtigtes Ziel. Denn Materie sein heißt Erscheinung sein. Zugleich aber ergiebt sich, daß die Naturwissenschaft nur hinter dem Scheine her ist: den sie höchst ernsthaft als Realität behandelt. In diesem Sinne ist das Reich der Vorstellungen Wahnbilder usw. auch Natur: und eines gleichen Studiums werth.

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Die Vorstellung daß sich der Mensch erlösen müsse – als ob es nicht das Weltwesen wäre, das in uns erlöst würde!

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Socrates – Die Wissenschaft.

Erziehung. Wahnvorstellungen.

Das Ureine, der Widerspruch.

Recapitulation. Zweck der Kunst und des Genius.

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Das Logische hat als Ziel die Erkenntniß des "unlogischen Centrums" der Welt: ebenso wie die Moral eine Art Logik ist. So wird durch diese Erkenntniß das Schöne nothwendig.

Das Logische ist die reine Wissenschaft der Erscheinung und bezieht sich nur auf den Schein. Bereits das Kunstwerk liegt außer ihr. Das Schöne als Spiegelung des Logischen, d. h. die Gesetze der Logik sind das Objekt der Gesetze des Schönen.

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Die homerische Heiterkeit.

Metaphysik der Kunst.

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24. Das wissenschaftliche Weltbild und das religiöse Weltbild im Kampf: ein neuer Contrast des Apollinischen und des Dionysischen. Nur in der Kunst zu bezwingen. Der Philosoph und der Mystiker (die Künste können sich in Anschluß an eins oder das Andre entwickeln).

Eine einzige Kunst reicht darüber hinaus, die Musik; das Weltschauspiel und die Urkräfte. (Heiterkeit der Vorrede) Beschreibung des tragischen Menschen.

25. Die Erziehung zwischen jenen Weltbildern: Überzeugung von der Nothwendigkeit des Wahns ist ein Heilmittel.

26. Der Philologe, d. h. der Lehrer.

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Kunst und Wissenschaft.

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Wie kann Sokrates Musik treiben?

  1. Obwohl an ihm alles zu Grunde geht.
  2. Heiterkeit des Socrates im platonischen Symposion, seine Ironie.
  3. Seine Entladung der Heiterkeit (wie in Kunstwerken).
  4. Ursache der Heiterkeit – Weltcorrektur.
  5. Die künstlerische und die wissenschaftliche Weltcorrektur.
  6. Die wissenschaftliche Wahrheitstendenz.
  7. Die Wahnvorstellung.
  8. Der Mechanismus, wie die Wissenschaft in Kunst umschlägt.
  9. Die wissenschaftliche Erziehung. "Befreiung vom Instinkte".
  10. Der ideale Lehrer der Wissenschaft – apollinisch.
  11. Der Mystiker und der Heilige.
  12. Kampf der Mystik mit der Wissenschaft – Dionysos und Apollo.
  13. Musik und Drama.
  14. Der tragische Mensch. – Der musiktreibende Sokrates.

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Wer die Lust einer anschaulichen Erkenntniß an sich erfahren hat und merkt, wie diese in einem weiten Ringe die ganze Welt der Erscheinungen zu umfassen sucht, der wird von da an keinen Stachel, der zum Dasein treiben könnte, heftiger empfinden als die Begierde, jene Eroberung zu vollenden und das Netz undurchdringbar festzuspinnen. Einem so Gestimmten erscheint dann das Bild des platonischen Sokrates als der Lohn, als ganz neue Form der Daseinsseligkeit.

Der theoretische Genius als Vernichter der hellenischen apollinischen Kunst: dagegen die Weltbilder der Philosophie und des Christenthums und Religion, überhaupt der instinktiven Mächte: aus den Ruinen der zerstörten Kunst blüht die Mystik. Gegen die Wahnvorstellungen: neue Weltbilder entgegengestellt, die dann wieder logisch zersetzt werden und zu neuen Schöpfungen auffordern. Immer solider die Grundlage, immer vorsichtiger der Bau, immer größere Denkkomplexe arbeiten zusammen, dies die Weltmission des Hellenischen und des Sokrates. Scheinbar wird ja der Mythus immer mehr ausgeschlossen. In Wahrheit wird der Mythus immer tiefsinniger und großartiger, weil die erkannte Gesetzmäßigkeit immer großartiger wird. Man wird zur mystischen Conception gedrängt. Sodann aber drängt überhaupt die Wucht des logischen Denkens die Gegenmacht hervor, die dann mitunter auf Jahrtausende die Logik in Bande schließt.

Kampf dieser beiden Formen der Kunst: die philosophischen Weltbilder behaupten sich als erweisbare Wahrheit, die religiösen als nicht erweisbare, darum geoffenbarte W<ahrheit>. Gegensatz des theoretischen Genies und des religiösen Genies. Es ist eine Vereinigung möglich: einmal schärfste Bestimmung der Grenze des Logischen, anderseits die Erkenntniß, daß zu unsrer Existenz der Schein nöthig ist.

Dies der neue Gegensatz des Apollinischen und des Dionysischen, der in der tragischen Kunst und Musik eine Vereinigung finden kann, die hier das Ziel des Confliktes erreicht. Die volle Scheinbarkeit der Welt, auch die Kunst muß uns als entwickelt sich zeigen: aber sie muß sich wieder abwickeln. – Einfluß der Gestirne.

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1. Sokrates Gegner der Mysterien, Todesfurcht durch Gründe zu beschwichtigen.

Der Grund, seine Voraussetzung die Ergründlichkeit. Optimismus der Dialektik.

Glaube daß der Begriff das Wesen des Dings trifft: platonische Idee. Daher Metaphysik der Logik: Identität von Denken und Sein. Voraussetzung der Ziele des Denkens und der Ziele des Guten und Schönen. Heiterkeit.

2. Der Wahn.

3. Voraussetzung der Willensfreiheit. Es giebt nur Erkennen: alles Handeln nach Vorstellungen.

4. Alexandrinismus der Erkenntniß, Zug nach Indien. Wildes Hervorbrechen des Dionysischen. Johannes.

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1. Mechanismus des Apollinischen und des Dionysischen. Heiterkeit.

2. Homer, nach der Besiegung der Titanen.

3. Homer als der Eine, Hesiod gegenüber im Wettkampf.

4. Elegie und Chorlyrik.

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Auch der theoretische Mensch hat ein unendliches Genügen am Vorhandenen wie der Künstler und ist wie jener vor der dionysischen Weisheit geschützt. Wenn nämlich dieser bei jeder Enthüllung der Wahrheit und der Natur immer nur mit verzücktem Blicke bei dem hängen bleibt, was auch jetzt, nach der Enthüllung, noch Hülle bleibt, genießt und befriedigt sich der theoretische Mensch an der abgeworfenen Hülle und hat seine höchste Lust in der Vorstellung daß er alle Hülle abgestreift.

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  1. Theognis. C. 45
  2. De Laertii Diogenis fontibus. 70
  3. Analecta Laertiana. 1866, 67, 68, 69, 70. 16
  4. Zur Kritik und Quellenkunde des Laertius. 45
  5. Der Danae Klage. 12
  6. Certamen. Ausgabe. 22
  7. Der Florentinische Tractat. 16
  8. Homer und die klassische Philologie. 24

250 Seiten Griechische Heiterkeit.

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§ 1. Traum und Rausch.

§ 2. Dionysus und Apollo. Der tragische Gedanke als

§ 3. Die olympischen Götter. neue Daseinsform – Ziel

§ 4. Die apollinische Kunst. des dionysischen Willens.

§ 5. Die apollinische Ethik.

§ 6. Das Erhabene und das Lächerliche.

§ 7. Aeschylus und Sophokles.

§ 8. Der griechische Sklave und die Arbeit.

§ 9. Grausamkeit im Wesen der Individuation.

§ 10. Der griechische Staat. Die Mittel des

§ 11. Staat und Genius. hellenischen Willens, um sein

§ 12. Der platonische Staat. Ziel, den Genius zu erreichen.

§ 13. Das griechische Weib.

§ 14. Die Pythia.

§ 15. Die Mysterien.

§ 16. Oedipus.

§ 17. Prometheus. Chor. Einheit. Die tragischen

§ 18. Euripides und Dionysus. Masken.

§ 19. Die neuere Komödie.

§ 20. Tendenz des Euripides. Der Tod der

§ 21. Euripides und Sokrates. Tragödie.

§ 22. Plato. Euripides. – Roman. Schauspiel.

§ 23.

§ 24. Wissenschaft und Kunst

§ 25.

§ 26.

§ 27.

§ 28.

§ 29. Metaphysik der Kunst.

§ 30.

Griechische Heiterkeit.

Vorrede.

Einleitung.

I. Die Geburt des tragischen Gedankens.

II. Voraussetzungen des tragischen Kunstwerkes.

III. Die Doppelnatur des tragischen Kunstwerkes.

IV. Der Tod der Tragödie. Homer.

V. Wissenschaft und Kunst. Die Sprache.

VI. Metaphysik der Kunst. Metrik.


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