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Das elfte Kapitel

.Michel war still und ernsthaft geworden. Er schaffte in der Wirtschaft und saß manchmal über den Büchern, die ihm Bürger Schmidt lieh, und wenn er in der Stadt eine Besorgung zu machen hatte, dann sah er nicht links, noch rechts, sondern nur auf seinen Weg. So kam es denn, daß er nicht viel von dem bemerkte, was auf den Straßen passierte. Gelegentlich traf er wohl eine Strickerin, die an irgendeiner Straßenecke saß, oder einen Trupp Menschen, die auf den König schalten, aber sonst erfuhr er nur das Notwendigste, und das war nicht viel.

Bis eines Tages ein zerlumpter Mann beim »Gebratnen Kaninchen« anklopfte, um einen Trunk Wein und ein Stück Brot bat. Es war sein Freund Peter, der sich in Versailles beinahe als General aufgespielt hatte.

»Michel,« sagte er, »da bin ich wieder, und ich kann wohl sagen, daß es mir schlecht ergangen ist. Michel, ich rate dir, werde niemals General; von solchem Titel hat man nur Unannehmlichkeiten. Du liebe Zeit, wie haben die Menschen mich schlecht behandelt. Überall habe ich arbeiten müssen, ohne Lohn dafür zu bekommen, und wie ich vor einem halben Jahre wieder nach Havre gehe, um nach meiner Frau und den Kindern zu sehen, da sind sie verschwunden, und kein Mensch kann mir sagen, wo sie geblieben sind! Und ich wollte doch nur General sein, um ihnen eine Freude zu machen!«

Peter erhielt Speise und Trank, und dann ging er in die Stadt, um sich irgendeine Arbeit zu suchen, kam aber bald traurig wieder.

»Hier ist auch nichts für mich zu holen!« sagte er. »Hier sind aus ganz Frankreich die Arbeitslosen herbeigelaufen und verderben sich gegenseitig das Handwerk! Ach, wäre ich doch in Havre geblieben, bei meiner Frau und den Kindern! Nun sind sie vielleicht tot, und ich kenne nicht einmal ihr Grab!«

In Havre waren nämlich auch große Volksunruhen gewesen und viele unschuldige Menschen dabei umgekommen. Peter wußte schreckliche Dinge davon zu berichten, aber Tante Male bat ihn, nicht so viel von diesen traurigen Sachen zu erzählen, und so schwieg er. Doch sein gutmütiges Gesicht war ganz verändert vor lauter Kummer und Sorge, und er schalt so sehr auf die Revolution, daß Tante Male ihn wieder bitten mußte zu schweigen. Denn wer etwas gegen die Revolution sagte, der konnte jetzt leicht ins Gefängnis kommen und die Bekanntschaft von der neu erfundenen Guillotine machen.

Da war es wirklich gut, daß der Weinhändler Martin einen Knecht brauchte, der auf seinen Keller acht gab. Peter erhielt die Stelle, und als er bald nachher das »Gebratne Kaninchen« besuchte, war er ganz zufrieden. Er hatte kürzlich geträumt, daß seine Frau und Kinder noch lebten, und nun faßte er wieder frischen Mut.

»Das sage ich dir aber, Michel,« erklärte er, »wenn ich meine Familie erst einmal wieder habe, dann gehe ich aus Frankreich weg. Im Grunde genommen ist es ja ein schönes Land; aber heutzutage wohnen zu viele Spitzbuben darin. Der König will nun auch auf die Reise; na, verdenken kann man es ihm nicht. Und auch nicht seiner Königin, obgleich ich für sie nicht viel übrig habe!«

»Geht der kleine Kronprinz denn auch davon?« erkundigte sich Michel, und Peter zuckte die Achseln. »Hier lassen werden sie ihn schwerlich, und ihr Wagen ist sehr groß. Gestern hat ein feiner Herr mit ihm herumkutschiert, und alle Leute haben hinter ihm her gesehen!«

Peter sprach dann von anderen Dingen, und auch Michel dachte nicht mehr an den Wagen. Nur, als gegen Abend der Bürger Guillotin kam, um sein Abendbrot einzunehmen, hätte er ihm beinahe erzählt, daß der König und seine Familie abreisen wollten, ließ es dann aber doch. Der Bürger Guillotin war nämlich nicht mehr so nett wie ehemals. Er wurde sehr strenge, wollte immer, daß man die jetzige Regierung loben sollte, und schalt auf den König. Er war, wie er sagte, ein echter Republikaner geworden und wollte den König ganz absetzen. Michel hatte manchmal ein wenig Furcht vor den Leuten, die sich Republikaner nannten, und dem Bürger Schmidt erging es wie ihm; da sagten die zwei also möglichst wenig und zogen sich von Guillotin zurück.

Es kamen aber an diesem Abend noch andere Leute in die Wirtschaft, die wußten gleichfalls, daß der König aus Paris entfliehen wollte. An einem dieser Junitage sollte die Flucht stattfinden. Es war nämlich wieder ein Jahr dahingegangen, und man schrieb das Jahr 1791.

Doch wer fliehen will, der muß seine Absichten nicht an die große Glocke hängen; als jetzt der Bürger Guillotin von dem geräumigen Wagen hörte, der für den König gebaut wurde, da trank er nicht einmal seinen Wein aus, sondern lief so eilig davon, daß Michel ihm ängstlich nachsah; er mußte an den kleinen Prinzen denken, der so freundlich gegen ihn gewesen war, und dann schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, wo wohl Clarissa sein möchte. War sie noch bei der kleinen Prinzessin, oder hatte sie die Flucht ergriffen, wie so manche Aristokraten, die den König feige verließen? Aber er konnte über diese Dinge nicht lange nachdenken. Es kamen viele Gäste in die Wirtschaft, und er mußte nachsehen, daß jeder von ihnen sein Recht erhielt.

An einem der folgenden Tage war der König wirklich mit seiner ganzen Familie geflohen. Michel erfuhr es schon ganz früh am Morgen durch einen Bäckerjungen und freute sich im stillen. Auch Tante Male sagte halblaut Gottlob! Denn in ihrem Innern hatte sie Mitleid mit den armen Menschen, die einst die ersten in Frankreich gewesen waren und die nun jedermann beschimpfte. Sie durfte es sich natürlich nicht merken lassen, und wie nun Mutter Tilda angestürzt kam, um gleichfalls die Nachricht zu bringen, da machte sie das ernste Gesicht, das von ihr verlangt wurde. Mutter Tilda war seit dem Spaziergang nach Versailles, wo sie sich in der Oktobernacht erkältet hatte, sehr schwächlich geworden, und sie hatte ihren Handel mit Fischen aufgeben müssen. Dafür strickte sie jetzt Strümpfe, saß oft vor den Tuilerien und schalt auf die Königin, wenn sie sie sah. Heute war sie nun sehr aufgeregt.

»Michel, Bastillenjunge,« rief sie, »ich mag nicht allein in das Tyrannenschloß gehen, aber da es jetzt leer steht, will ich es mir doch ansehen. Komm mit, mein Kleiner! Sie laufen alle in den vergoldeten Zimmern herum und besehen sich die Kleider von Marie Antoinette. Ich will mir eine Mütze von ihr holen und einen neuen Kleiderrock. Vielleicht paßt dir ein Rock vom König oder eine seidne Weste! Komm nur mit!«

Auf einen Wink Tante Males ging Michel also mit in die Tuilerien. Sie waren voll von einer großen Volksmenge, die laut auf den König schalt, dabei in seinem Zimmer umherstöberte, alle seine Sachen aus den Schiebladen riß und Unfug mit seinen Anzügen, sowie mit den Kleidern der Königin trieb. Eine Frau aus dem Volke legte ein mit Gold gesticktes Kleid der Königin an, eine andre setzte sich einen schönen Hut auf und tanzte damit herum. Die königliche Familie hatte nur sehr wenige Habseligkeiten mitgenommen und alles andre zurückgelassen. Nun belustigte sich das Volk mit dem Eigentum der Flüchtlinge.

Sie durften es natürlich nicht; Soldaten kamen und suchten die Ordnung aufrecht zu erhalten, aber sie konnten nicht verhindern, daß dennoch viel gestohlen und geraubt wurde.

Mutter Tilda schnitt sich gleichfalls den seidnen Überzug von einem Sofa, um sich eine Bluse daraus zu machen, als ein Soldat kam, der ihr einen Stoß versetzte, daß sie hinfiel, und der Michel beim Kragen faßte und derb schüttelte.

»Marsch mit dir ins Gefängnis! Man darf hier nicht stehlen! Das Schloß gehört dem Volke!«

»Aber Herr Berton!« Michel machte sich los. »Wie können Sie mich so beschuldigen! Im ›Gebratnen Kaninchen‹ steht noch eine große Rechnung auf Ihren Namen. Die bezahlen Sie lieber, als daß Sie mich gefangen nehmen!«

Der Soldat betrachtete Michel, und dann begann er zu lachen.

»Mein Freund, heutzutage bezahlt man keine Rechnungen mehr, dafür hat man Bessres zu tun. Aber mich wundert, daß du noch im ›Gebratnen Kaninchen‹ ein unnützes Dasein führst: Ein großer Junge, der schon vor einigen Jahren so gut trommeln konnte, der muß Soldat werden!«

»Noch nicht!« rief Michel. »Noch nicht! Ich muß bei meiner Tante bleiben!«

»Bei deiner Tante!« Es hatte sich ein kleiner Kreis um Berton und den Jungen gebildet, der jetzt in lautes Gelächter ausbrach.

»Der Junge redet von seiner Tante! Weiß er nicht, daß man sein Vaterland mehr lieben muß als seine Tante?«

So rief einer aus dem Kreise, und eine alte Frau schrie:

»Er hat Herr Berton gesagt und den Bürger Sie genannt, er ist ein Aristokrat und muß ins Gefängnis!«

Da packte ihn Berton am Arm, stieß ihn derb und schleppte mit ihm davon.

»Auf die Wache mit ihm, er muß sofort eingesperrt werden!« schrie er laut, leise aber flüsterte er Michel zu, sich nicht zu widersetzen, sondern schweigend mit ihm zu gehen.

So wurde Michel auf die Wache gebracht, in eine alte schmutzige Uniform gesteckt, und Berton nahm ihn gleich wieder mit ins Schloß.

»Ja, mein Junge, es tut mir beinahe leid, daß ich dich da in eine fatale Geschichte gebracht habe, aber wie die Dinge nun einmal liegen, geht es nicht anders. Mein Kapitän hat mir den Auftrag gegeben, ihm ein paar große Jungen zu verschaffen, die Soldaten werden können. Wir sind nämlich nicht ganz reichlich mit Soldaten versehen, weil wir an der Grenze gleichfalls Krieg führen müssen. Da sind die Deutschen, die sich in unsre Angelegenheiten mischen wollen und denen wir doch zeigen müssen, daß es sie nichts angeht, wenn wir mit den Aristokraten rein Haus machen. Du kommst auch noch nicht an den Feind, dazu bist du zu jung; aber wir können dich für andere Dinge gebrauchen, und wenn du dich brav machst, darfst du auch einmal zu Tante Male gehen und ihr berichten, wie du unter die Soldaten gekommen bist. Und nun wehre dich nur nicht, sonst wirst du mit der Guillotine Bekanntschaft machen, die schon recht hübsche Beschäftigung hat!«

So also saß Michel in seiner alten Uniform in den Tuilerien bei den andern Soldaten, die ihn etwas hänselten, weil er keine Lust zu ihrem Handwerk zu haben schien, und die ihn als Boten und Stiefelputzer benutzten. Er hatte viel zu tun; jeden Augenblick gab es eine Botschaft zu überbringen oder den Soldaten etwas zu essen zu holen.

.

Das ganze untre Schloß der Tuilerien war voll von Soldaten, die aufpassen mußten, daß nichts von dem Eigentum des Königs gestohlen wurde. Auch Michel mußte mit einem alten Gewehr herumlaufen, das allerdings keinen Schuß abgeben konnte, wenn er es auch noch so gern getan hätte. Aber es machte einen drohenden Eindruck, und das war die Hauptsache. Manche Diebin, manchen häßlich ausschauenden Menschen verscheuchte Michel, und die ganze Sache machte ihm doch so viel Vergnügen, daß er manchmal nicht mehr an Tante Male dachte. Nach fünf Tagen war ein entsetzlicher Lärm in den Tuilerien. Da kam die arme königliche Familie zurück, die ihre Flucht so ungeschickt eingerichtet hatte, daß sie eingeholt und wieder nach Paris zurückgebracht worden war. Wenn die Soldaten nicht gewesen wären, die sich um den Wagen scharten, wahrscheinlich wäre die Königin getötet worden, so stürzten sich die zornigen Menschen auf sie.

Es flog auch ein großer Stein durch die Luft, und er hätte den kleinen Prinzen getroffen, wenn nicht Michel ihn aufgefangen hätte. Seine Mutter hatte ihren Sohn auf die Arme genommen, dadurch ragte er über die meisten der Menge hinweg und sah mit großen Augen auf die Zornigen um sich her.

Noch ein Stein flog nach der Königin, und Michel riß den Knaben aus ihren Armen.

Sie schrie auf. »Sie sollen mir meinen Sohn nicht nehmen!«

Michel wurde ärgerlich. »Bürgerin, schweig still! Ich nehme dir deinen Sohn nicht weg! Aber weshalb soll er Steinwürfe bekommen, wenn er doch ein unschuldiger Knabe ist?«

Er trug den Prinzen nach oben in das Zimmer seiner Mutter und setzte ihn dort auf ihr Bett.

»Ein andres Mal laufe nicht davon!« sagte er und wollte das Zimmer verlassen, als ihn ein Offizier zurückhielt, der ihm gefolgt war.

»Du darfst das Zimmer nicht verlassen, sondern du mußt darauf acht geben, daß die Königin und ihr Sohn hier bleiben! Nach einer Stunde wirst du abgelöst werden!«

Er gab ihm ein gutes Gewehr in die Hand und ließ ihn sich so setzen, daß er die Königin und ihren Sohn im Auge behielt. Und weil dem Offizier vielleicht der Gedanke kam, daß ein kleiner Soldat doch keine ausreichende Wache wäre, so schickte er bald einen großen, bärtigen Mann, der gleichfalls Mutter und Sohn bewachen sollte.

Nun begannen für Michel sonderbare Tage. Er wohnte unten in den Tuilerien, wo eine Art Kaserne eingerichtet war, aber er mußte die größte Zeit des Tages in den Zimmern der Königin und des Kronprinzen zubringen, um darauf zu achten, daß sie das Schloß nicht verließen. Und wenn Marie Antoinette im Garten spazieren ging, dann mußten Michel und noch ein andrer Soldat ihr folgen, und sie durfte nicht aus den Augen gelassen werden. Michel war zuerst sehr verdrießlich über sein Amt. Wenn er denn einmal Soldat sein mußte, so wollte er auch in den Krieg ziehen. Dies Geschäft der Bewachung sagte ihm nicht zu und wie er hörte, daß die Frauen, die der Königin begegneten, ihr häßliche Schimpfworte zuriefen, da wurde auch er grob gegen die Königin.

»Schäme dich, daß du weggelaufen bist!« sagte er wohl zu ihr. »Du hast sicherlich viel Böses getan, weil du dies Land verlassen wolltest! Nun siehst du, was dabei herausgekommen ist! Ich bin dein Kindermädchen geworden, das ist sehr langweilig! Wenn du nicht weggelaufen wärest, dann brauchte ich nicht Soldat zu spielen, sondern könnte bei meiner Tante sein! Die hat mich sehr nötig, kann ich dir sagen!«

So sprach Michel mit der Königin, und sie erwiderte kein Wort, sondern betrachtete ihn nur sehr nachdenklich. Sie war nicht mehr so schön wie ehemals; sie hatte ein altes Gesicht bekommen und ganze weiße Haare. Die andern Soldaten aber, die Michel reden hörten, freuten sich über ihn und seine Art, der vornehmen Dame die Wahrheit zu sagen. Sie berichteten auch über Michel an ihre Offiziere, und eines Tages wurde Michel von seinem Kapitän gelobt, weil er so schön grob mit der Königin wäre.

»Fahre nur so fort,« setzte er hinzu, »dann kannst du es noch weit bringen!«

Michel war sehr zufrieden. Natürlich wollte er es weit bringen, und als er am andern Tage in das Zimmer der Königin trat, wo diese sich gerade einen Hut aufsetzte, um mit ihrem Sohn und einigen Soldaten im Garten spazieren zu gehen, da riß er ihr den Hut aus der Hand.

»Heute gehst du nicht spazieren,« schrie er, »ich erlaube es nicht!«

Wieder lachten die andern Soldaten, aber der kleine Kronprinz stürzte auf Michel zu und schlug ihn mit der Faust ins Gesicht.

Ehe Michel sich von seinem Schreck erholt hatte, zog die Königin ihren Sohn von ihm weg.

»Karl Ludwig, du darfst diesen Menschen nicht schlagen. Er ist sehr zu bedauern. Seine Mutter ist natürlich lange tot; sonst würde er sich nicht so häßlich gegen eine andre Mutter benehmen. Gehe hin und bitte ihn um Verzeihung!«

Einen Augenblick besann sich der Prinz, dann ging er auf Michel zu und gab ihm die Hand.

»Mein Herr, es tut mir leid, daß ich heftig geworden bin, aber da Sie keine Mutter haben, wissen Sie nicht, wie es weh tut, wenn die Mutter so unfreundlich behandelt wird!«

Michel erwiderte kein Wort. Er mußte an seine eigne Mutter denken und daran, wie schrecklich es sein müßte, wenn sie nicht mehr lebte. Und was sie wohl sagen würde, wenn sie hörte, wie ihr Sohn mit einer wirklichen Königin sprach. Mit einer Königin, die Michel nie etwas getan hatte und deren Sohn ihm nur Freundlichkeiten erwiesen hatte. Michel fiel der Morgen in Versailles und der kleine Zinnsoldat ein, den er noch zu Hause liegen hatte.

Seit diesem Tage schalt er nicht mehr mit der Königin und ließ es zu, daß sie manchmal leise mit ihrem Sohne und mit ihrer Tochter sprach, was sie eigentlich nicht durfte. Und er hätte ihr gern einmal gesagt, daß er seine eigene Mutter sehr lieb habe und daß er auch noch von zwei Schwestern berichten könnte, wenn er gefragt würde. Niemand aber fragte ihn, und unten in der Kaserne schalt man nur auf die Königin und lobte die Grobiane, die frech gegen sie waren.

Auch Michel wurde gelobt, aber er hatte noch keine Erlaubnis erhalten, sich einmal nach seiner Tante umzusehen. Er hatte immer Dienst und soviel zu tun, daß er sich manchmal nach dem »Gebratnen Kaninchen« und seiner Arbeit zurücksehnte.

Einmal begegnete er Berton, der eine sehr schöne neue Uniform trug und ihm erzählte, daß er Leutnant geworden wäre.

»Dann erlaube mir doch, daß ich einmal zu meiner Tante gehe!« rief Michel, und der andre versprach ihm, sich bei seinem Hauptmann dafür zu verwenden.

Am nächsten Morgen, als Michel gerade seinen Wachdienst wieder antreten wollte, wurde er mit andern Rekruten in Reihe und Glied gestellt, und die kleine Truppe erhielt Befehl, sofort an die deutsche Grenze zu marschieren. Michel konnte sich nicht einmal von der Königin und von dem Kronprinzen verabschieden, was er doch sehr gern getan hätte.

Fort ging's im Morgengrauen durch die noch schlafende Stadt, und Michel mußte lernen, daß es manchmal nicht ganz leicht war, Soldat der französischen Republik zu sein.


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