Theodor Mügge
Erich Randal
Theodor Mügge

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Zwanzigstes Kapitel.

Die Januarsonne des neuen Jahres 1808 beleuchtete das Haus des alten Majors und funkelte über die blendenden und unermeßlichen Schneemassen, welche das kleine Thal von Lomnäs bedeckten. Die Tannen und Birken lagen halb darin begraben, von den Hütten am Seestrande sahen nicht viel mehr als die Dächer hervor, und an den Bergen umher hatten die Winterstürme Wände des nordischen Wüstensandes zusammengeweht. Der Invalide stand hinter dem Fenster, hauchte das Eis daran fort und schaute durch die Öffnung auf den weiten Pajäne hinaus, der ein wunderbar schönes Winterbild lieferte. Wer hätte es so malen und bilden wollen, wie der große Künstler, dem alle Kunst seine Geheimnisse abzulauschen und nachzuahmen sucht! Schatten und Licht, Farben und Fernsichten waren von solcher Herrlichkeit, daß selbst der greise Soldat eine andächtige Bewunderung davor fühlte. Die Wälder und Felsen glänzten im Sonnenlicht, und über die weite Silberschale des Sees deckte sich ein röthlicher Hauch, der Widerschein des Himmels, der abendwärts in Gluth aufloderte. Man konnte glauben, die leuchtende Kugel zerflösse darin, so weit nach allen Seiten schickte sie ein Meer von Licht aus, und wie in Regenbogenfarben, durchsichtig grün und roth, ränderte sich das Firmament darum, ehe es seine tiefe Bläue annahm. So standen denn viele Berge und die Bäume darauf als schwebten sie in dem sonnigen Duft, und unter ihnen lagen Spalten und Schluchten voll grauer Schatten. Die Thäler öffneten sich vor dem farbenvollen Schimmer, hohe Felsenspitzen aber leuchteten in wahrhaft himmlischer Klarheit, während die Tiefe unter ihnen sich in Nacht und Eis begrub.

Der alte Soldat stand lange und betrachtete das zauberische Blendwerk und dann schüttelte er den Kopf und sagte vor sich hin: 392 Wenn man es ansieht, ist es von sonderbarer Macht und Gewalt; es überkommt den Menschen dabei, daß er seine Hände falten und den preisen muß, der solche Dinge erschaffen konnte. Aber es ist doch schöner noch, wenn die Sonne nicht allein strahlt, sondern wenn sie auch wärmt; denn all der Glanz da und die Gluth und Pracht bedeuten doch nichts weiter als bitterliche Kälte. Die wird kommen, ich meine, wie sie selten uns heimsucht. Und wer sagt uns denn, fuhr er nachdenkend fort, ob es jemals wieder Frühling wird? Ob nicht einmal ein ewiger Winter bleibt, wo es für immer aus ist mit allem Leben und Lieben? Es wird ja so schon, wie die Gelehrten meinen, immer kälter in dem alten müden Erdkörper, und die Zeit wird kommen, wo kein Baum mehr grün wird in Finnland, keine Blume mehr blüht, kein Feld mehr Frucht trägt. Eis und Schnee werden die einzigen Früchte sein, daran kein menschlich Herz mehr warm werden mag.

Er legte seine Hand auf die Herzensstelle und lachte sinnend vor sich hin. Alter Kamerad! murmelte er, bist auch müde, und doch noch immer hoffnungsvoll. Mußt fort und fort an den Frühling denken und wirst warm dabei. Was willst du denn noch vom Leben? Ei, warum denn nicht! schrie er, mit dem Krückstock aufstampfend, habe ich denn nicht mein Stück Hoffnung, um daran zu zehren, und legt sich nicht jeder Mensch damit in sein Grab, hoffend, daß der ewige Gottesfrühling ihn wieder aufwecken werde? – O! du mein kleines liebes Thal, ich möchte dich noch nicht missen. Wie der alte Baum dort über dem Wassersturz hängt, sich mit zähen Wurzeln an dem Gestein festklammert, nicht in die Tiefe hinab will, sondern darauf wartet, daß Eis und Schnee schmelzen und der Bach ihm wieder Leben bringt, so warte ich auch aufs frische Grün und sitze hier und sinne und träume von junger Zeit. Warum soll sie denn nicht endlich kommen? Warum soll ich mein Glück nicht noch mit meinen alten Händen fassen? Mein Magnus, meine Louisa! Wenn die Kinder einmal hier wohnen werden beim alten Vater Munk. Großvater Munk! Du dort oben, der die goldenen Wolken schafft, nichts von allen deinen Schätzen verlange ich von dir, nichts von aller deiner Herrlichkeit, das allein gib mir noch, das allein, und dann mache mit mir, wie es dir gefällt.

393 Er nahm seine Mütze ab und über sein weißes langes Haar fiel der rothe Glanz des Himmels in sein Gesicht. Das kleine arme Zimmer war davon erfüllt, und der alte Soldat legte seine Hände in's Kreuz auf seinen Stock und blickte in das helle Licht. O, ja, sagte er, du hast es vielmals gut mit mir gemeint, hast mir beigestanden in mancher Noth; so will ich deinen Sonnenschein als ein gutes Zeichen nehmen. Steh meinem Magnus bei, wie du mir beigestanden, und mein Kind, mein Töchterchen Louisa – Ich wollte, ich hätte eine Nachricht von ihr; ich wollte, o, du Gott! der du Alles kannst, du brächtest sie dem alten Vater Munk auf einem deiner Sonnenstrahlen und legtest sie in seine Arme.

Als er dies sagte, hörte er eine Schlittenglocke in der Nähe. Es war ihm zu Muthe, als müßte Louisa kommen, als habe er ihre Stimme gehört, und der mächtige Herr, den er angerufen, wolle ihm gleich beweisen, wie gnädig er seine Bitte angehört. Aber es war nicht so. Ein Schlitten kam den Pajäne herauf, darin saß ein Mann in seinen Pelz dicht eingehüllt. Nach einigen Augenblicken verschwand der mißmuthige Ernst der Täuschung aus dem Gesichte des Majors; er schrie hell auf, humpelte nach der Thür, schrie nochmal nach seinem Gesinde und, weil's ihm zu langsam ging, schob er selbst Riegel und Querbaum fort, denn die Schlittenglocke läutete ganz nahe.

Erich Randal! rief er, noch ehe er damit fertig war, ich bin schon hier, habe dich schon erkannt. Freude in mein Haus, Erich! ich habe auf dich gewartet manchen schönen Tag, bin aber immer vergebens von meinem Ausguck in den Ofenwinkel gewandert.

Er umarmte den Freiherrn, der ihm grüßende und dankende Worte sagte, zog ihn in die Stube, wo der mächtige Steinofen eine angenehme Wärme verbreitete, schrie nach Erfrischungen und Getränken, schob Stühle an den Tisch, drückte den Freiherrn in den breitesten und weichsten und sah so freudig aufgeregt aus, als wisse er nicht, was er zum besten anfangen solle, um seinem Herzen Luft zu machen.

Erzähle, erzähle! schrie er endlich. Wie ging's? Wie war's? Wann seid Ihr zurückgekommen? Wo ist mein Pathchen, mein Töchterchen, meine kleine Louisa? Wo sind sie Alle?

394 Wir sind gestern zurückgekommen, antwortete Erich.

Stern und Brand! fiel der Major ein. Ihr seid hier vorüber gefahren und habt den alten Invaliden nicht herausgeklopft?

Wir haben den Küstenweg genommen, sagte Erich, und sind über Tavastehuus nach Halljala zurückgekehrt.

Was? was? fragte Munk verwundert. Das ist ein langer Weg.

Wir waren in Helsingfors, fuhr Erich fort.

Habt meinen Magnus besucht? rief der Major. Wie geht es dem Jungen? Wie sitzt ihm der Ehrenrock des Königs? Wie sieht er aus?

Es geht ihm leidlich wohl, sagte Erich. Er war in Liliendal, kehrte mit seinem Obersten aber bald in den Dienst zurück.

Ein Soldat muß den Waffendienst allen anderen Diensten vorziehen, lachte der alte Mann. Bravo, Magnus, bravo! Selbst das Nixchen konnte ihn nicht festhalten? Warum hast du mir das Kind nicht mitgebracht, Erich Randal?

Louisa ist überhaupt nicht mit uns zurückgekehrt, antwortete der Freiherr zögernd.

Munk sah ihn verwundert an.

Sie ist in Liliendal zurückgeblieben, fügte Erich hinzu, oder besser gesagt, bei unserer Cousine, bei Frau von Gurschin, die sich jetzt wahrscheinlich in Wiborg befindet.

Schock Tonnen Teufel! fuhr der Major grimmig auf. Was thut sie in Wiborg? Wo ist Otho?

Ich weiß es nicht, erwiederte Erich.

Du weißt es nicht?

Nein, Otho verließ uns ganz unerwartet. Am Morgen nach einem Feste und Balle war er verschwunden. Sein Brief, den er für mich zurückgelassen, enthielt wenige Zeilen, wonach er eine nothwendige Reise angetreten; wann er davon zurückkehren werde, lasse sich nicht bestimmen. Louisa solle uns nach Halljala folgen, er selbst hoffe uns dort anzutreffen.

Der Major schwieg eine Zeitlang. Er sah finster vor sich hin und beugte sich auf seine Hände. Und warum hast du das Kind nicht mitgebracht? fragte er endlich, ohne aufzublicken.

395 Weil es nicht mit uns gehen wollte, erwiederte Erich, und weil einige besondere Umstände eintraten, die es mir unmöglich machten, darauf zu dringen.

Der Major richtete sich heftig auf, seine Augen funkelten den Freiherrn an. Ich hätt's nimmermehr gethan, brummte er ingrimmig. Habe immer gehört, daß diese Gurschin ein leichtfertig Weibsbild sein soll; hätte dir darum mehr Einsicht zugetraut, Erich Randal, mehr Festigkeit.

Otho's plötzliches Verschwinden, antwortete Erich, fand an demselben Morgen statt, wo Admiral Cronstedt mit seinem Gefolge und vielen anderen Gästen Liliendal verließ. Anfangs glaubten wir, es sei ein Scherz, Otho habe einen der Herren, die er kennen gelernt, begleitet und werde bald zurückkehren. Dies meinte auch Graf Serbinoff.

Der Russe war also auch noch da! rief Munk.

Es waren mehrere russische Offiziere unter den Gästen. Als aber die Weihnachtstage vorübergingen und noch immer nichts von Otho gehört wurde, reisten wir Alle nach Helsingfors, in der Hoffnung, ihn vielleicht dort zu finden. Ich muß gestehen, daß während dieser Zeit mir jedoch ein Verdacht aufstieg, den ich jetzt nicht mehr hege, welcher aber damals –

Daß der Russe und die Gurschin wußten, wo Otho geblieben sei? fiel der Invalide ein.

Das dachte ich, sagte Erich. Serbinoff blieb in Liliendal, als General Suchtelen mit seinen Offizieren abreiste, und wie er dem Freiherrn Wright und dem Obersten als Gesellschafter willkommen war, war er auch Constanzens Vertrauter.

Das schlechte Weib! rief der Major, muß immer wenigstens eine Liebschaft haben, wenn es nicht ein Dutzend sein können. Aber wo soll Otho hingegangen sein mit ihrer Erlaubniß?

Nach Wiborg zum General Buxthövden.

Und was soll er dort?

In russische Dienste treten.

Ein Russe werden! schrie der alte Soldat auf. Otho? ein Russe werden! Es ist eine Lüge, sage ich.

396 So viel ist wenigstens wahr, antwortete Erich, als der Major sich beruhigt hatte, daß Otho seit längerer Zeit sich mit Gedanken trug, die, wie ich glaube, Graf Serbinoff eifrig förderte. Ich weiß nicht, wie weit er damit gekommen ist und welche Absichten damit zusammenhingen; es scheint jedoch, daß noch während unseres Besuchs in Liliendal von verschiedenen Seiten daran gearbeitet wurde, ihn zu bewegen, nach Rußland zu gehen.

Die Pest über die Schurken! schrie Munk, und im bangen Tone fügte er hinzu: Ist er denn gegangen, Erich? Hat er denn wirklich seine ehrliche finnische Haut dem moskowitischen Satan verkauft?

Ich suchte von Helsingfors aus Erkundigungen einzuziehen, fuhr Erich fort; allein ich konnte nichts erfahren. Mancherlei Festlichkeiten wurden dort veranstaltet. Constanze Gurschin glaubte, wie es mir vorkam, daß Otho in Wiborg sei, und ich zweifle nicht daran, daß sie auch Louisa bei diesem Glauben erhielt. Gewißheit war nicht zu erlangen, doch nach einiger Zeit versicherte mir Halset, es sei nicht wahr, es wisse Niemand, wohin Otho gekommen.

Der Spitzbube war also auch bei der Hand, brummte der Invalide. Du hättest nicht nach Helsingfors gehen sollen.

Ich hatte noch einen anderen Grund als den, nach Otho zu forschen, sagte Erich. Ich wollte Louisa aus der Nähe des Grafen Serbinoff bringen; allein ich hatte mich getäuscht. Serbinoff ist ebenfalls in Helsingfors gewesen.

Das hat er gewagt? schrie der Major. Warum? Oh! hinter dem Weibe her, oder – sag's heraus, Erich, ich lese das Unglück in deinen Augen.

Ich darf dir nichts verschweigen, mein väterlicher Freund, antwortete der Freiherr betrübt ihn anblickend. Höre mit Fassung an, was ich dir mitzutheilen habe. Nachdem eine Woche vergangen war, hielt ich es für das Beste, nach Halljala zurückzukehren, und ich machte Louisa mit meinem Beschlusse bekannt, gebot ihr, mich und Ebba zu begleiten, und setzte den Tag unserer Abreise fest. Während dessen war es zu einer Erklärung zwischen dem Kammerherrn und Halset gekommen, in Folge derselben Arwed ihn und Mary nach Abo begleiten wollte. Seine Schwester ließ er in meinem Schutz, und ich hatte 397 mir das Recht dazu erworben, denn Ebba hatte mir versprochen mir anzugehören.

Der Invalide nickte ihm zu und drückte seine Hand. Hab's gedacht, daß es so kommen müsse, sagte er. Alles Glück des Lebens über deinen Bund! Aber was geschah, Erich, warum blieb Louisa trotz deiner Gebote zurück?

Sie entfloh mit ihm oder mit ihr, ich weiß nicht, wie es am Richtigsten ist, sagte Erich leise.

Entfloh mit ihm – mit dem Russen! schrie der Major, und die Hände in sein graues Haar drückend, stieß ein langes klägliches Oh! aus.

Man brachte mir am Morgen ein Billet unserer Cousine Gurschin, worin sie in der leichtfertigen Weise, die ihr eigen ist, mir mittheilte, daß ihre Angelegenheiten sie nach Wiborg führten, und daß Louisa sich entschlossen habe, sie dahin zu begleiten, weil sie nicht ohne ihr liebliches Geplauder leben könne. Louisa selbst hatte hinzugefügt, sie hoffe ihren Bruder dort zu finden. Ich glaube wohl, daß man ihr dies gewiß gemacht hatte.

Und Niemand machte sich auf sie zurückzuholen? Sie aus den Händen dieses Weibes, dieses Russen zu befreien? O, warum war ich nicht da! Warum bin ich nicht jung! Wo war Magnus? Was hat Magnus gethan?

Magnus hat Louisa wenig mehr gesehen, sagte Erich. Er hielt sich fern von ihr, und hatte Recht es zu thun, denn er mußte deutlich genug bemerken, daß er ein unwillkommener Gast war.

Armer Knabe! murmelte der alte Mann. Er hat ein stolzes Herz, das wird ihn trösten, aber, oh! wie ist es möglich, welche Künste haben den Sinn des Mädchens verdorben, der so schuldlos war wie Himmelslicht. Gibt es Zauberei, Erich Randal? Gibt es Hexen und Kobolde, denen auch der Beste nicht widerstehen kann?

Wecke die Leidenschaften, antwortete Erich traurig vor sich hinblickend, und du weckst die feindlichen Mächte, welche Gewalt über uns haben. Ein alter Philosoph hat gesagt, daß in den Herzen der Frauen, wenn sie lieben, die erhabensten Tugenden aufblühen, doch neben diesen auch jede Schlechtigkeit und jede Sünde. – Wir wollen nicht zu hart 398 urtheilen, mein Vater, denn wer möchte den Stab über die brechen, für die so viele Stimmen in uns reden. Vielleicht ist es auch so; vielleicht hat sie Otho gefunden, oder wer weiß, was zwischen ihm und Serbinoff verabredet wurde. Ein inniges Zusammenleben hat lange schon zwischen ihnen bestanden, Louisa hatte Theil daran. Man konnte nicht zweifelhaft sein, daß Serbinoff mit wachsender Freundschaft ihnen zugethan war, und wissen wir denn, wie weit diese reichte? welche Verständigungen statt fanden?

Tröste mich nicht damit, Erich Randal, tröste auch dich nicht damit, antwortete der greise Mann. Zwischen gut und schlecht kann niemals ein Bündniß in Ehren geschlossen werden. Verlockt hat er sie, der freche Russe, und ihr habt es geschehen lassen, ihr habt geschwiegen. Mit einemmale wird ein Mensch nicht schlecht; es geht langsam, Schritt für Schritt, ehe er heucheln und lügen lernt. O! damals, als sie ohne Zaudern Magnus zum Lügner machte, damals schon war es zu spät. – Schande! Schande! Ich will den Namen nicht mehr hören, will ihn nicht mehr aussprechen. Gott wollte, ich verlernte das Denken daran. Sage rasch, Erich, was du noch zu sagen hast, die Zeit zum Ändern und Bessern ist vorbei.

Ein schwerer Kummer beugte den Nacken des Majors. Er saß mit den Händen auf seinen Stock gestützt und den Kopf darauf gelegt, und hörte zu, was sein junger Freund berichtete. Nur zuweilen fuhr er auf, sah grimmig umher, und besänftigte sich wieder, indem er leise vor sich hin murmelte: Wie war es denn möglich? O, es ist aus mit meinem Hoffen und Wünschen! Du! Herr Gott dort oben, was bringst du mir Unheil statt Segen.

Erich erzählte, daß er nach dem Empfange des Billets sofort sich überzeugt habe, daß er ohne Mittel sei Louisa zurückzubringen, denn diese war weit fort, als er ihre Abreise erfuhr. Baron Bungen sowohl wie Halset schienen darum gewußt zu haben, sie vertheidigten und entschuldigten das Geschehene mit allen möglichen Gründen, daß Serbinoff aber dabei gewesen sei, und die beiden Frauen begleitete, ging eben so wohl aus den Erkundigungen hervor, welche Erich eingezogen, wie aus dem Auftritte, den Magnus Munk am Abend der Flucht erlebte. Von Unruhe und Eifersucht ohne Zweifel angetrieben 399 stand Magnus an jenem Abend vor dem Hause, in welchem Frau von Gurschin mit Louisa wohnte, als zwei Männer sich näherten, welche dort hinein wollten. Plötzlich wurden sie von einer Laterne beleuchtet, welche Magnus unter seinem Mantel hervorzog, und er erkannte in dem einen den Fähnrich Ridderstern, in dem anderen Serbinoff.

Am Tage zuvor hatte Admiral Cronstedt den Befehl erlassen, daß kein Fremder sich ohne Anmeldung und Erlaubniß der obersten Militärbehörde in Helsingfors aufhalten solle. Es waren Nachrichten von der Grenze eingetroffen, daß unter den russischen Truppen viel Bewegung sei, und eine Menge Kosaken und Dragoner mit Artillerie und Jägern dicht an dem Kymene ständen. General Klerker hatte mit anderen Offizieren die Stellungen der Russen beobachtet, und dann in Eile Boten an alle Regimenter geschickt sich zu vereinigen, und was zurück war an sich zu ziehen. Zum erstenmale tauchte eine ernsthafte Besorgniß auf, die Russen möchten wirklich einen Einfall in Finnland beabsichtigen. Vom Lande her flüchteten viele Leute in die Stadt, um hier ihr Habe und Gut besser zu sichern; andere wohlhabende Familien machten sich auf den Weg nach Abo, weil sie besorgten, Sweaborg könnte belagert werden, und wenn die Russen sich dann des wenig befestigten Helsingfors bemächtigten, welches unter den Kanonen der Festung liegt, könnten die Schweden selbst wohl die Stadt in Feuer aufgehen lassen. Vielerlei Gerüchte über russische Spionen und Verräthereien waren verbreitet, als daher Magnus Munk seine Laterne aufhob und den russischen Kapitän vor sich sah, rief er ihm zu: Wie kommen Sie in diese Stadt? Halt, Herr! Sie müssen mich begleiten.

Er hatte aber noch nicht das letzte Wort gesprochen, als seine Laterne in Stücke geschlagen und ausgelöscht wurde. Er selbst erhielt einen Stoß, daß er rückwärts über in den Schnee stürzte, und als er aufsprang, erwischte er eben noch den einen der Beiden beim Rockzipfel unter der Thür des Hauses. Es war jedoch nicht Serbinoff, sondern Ridderstern, der jetzt gepackt und geschüttelt wurde, während dieses Ringens aber erschien eine andere, dritte Person auf dem Kampfplatze, der Oberst Jägerhorn, welcher ebenfalls Frau von Gurschin besuchen wollte. Der Oberst befreite sogleich seinen Verwandten, den Fähnrich Ridderstern, welcher obwohl viel größer als Magnus dennoch von 400 diesem besiegt worden war und einige derbe Faustschläge davon getragen hatte. Auf sein Befragen erzählte Magnus, daß er so eben den Grafen Serbinoff gesehen und erkannt habe, allein Ridderstern bestritt es und behauptete, daß er den Baron Bungen hierher begleitete, der von diesem verrückten Burschen angefallen worden sei.

Oberst Jägerhorn lachte. Du bist in Wahrheit ein toller Christ, sagte er, dem der Graf Serbinoff beständig im Gehirn umherspuckt. Geh nach Haus und schlafe aus, morgen wollen wir weiter sprechen.

Ich schwöre es Ihnen zu, mein Oberst, antwortete Magnus, es war der Graf, den ich festhielt. Was hat ein russischer Offizier in dieser Festung zu thun?

Das weiß ich allerdings eben so wenig wie du, antwortete Jägerhorn, allein ich befehle dir jetzt nicht nach Haus, sondern auf die Hauptwache zu gehen, und dort bis morgen früh zu bleiben. Dann wollen wir deine Aussage näher untersuchen.

Der Major hatte seine Stirn düster gefaltet. Kehrt! marsch! brummte er. Der Junge mußte gehorchen. Was geschah weiter?

Am nächsten Morgen war Constanze Gurschin abgereist und Serbinoff mit ihr. Oberst Jägerhorn ließ Magnus kommen, nachdem dieser noch einen Tag auf der Wache zugebracht, und ertheilte ihm einen derben Verweis wegen seines unziemlichen Betragens gegen den Fähnrich Ridderstern. Baron Bungen hatte ihn versichert, daß er bei dem Fähnrich gewesen sei, als Magnus plötzlich auf Beide anlief.

Von Serbinoff war keine Spur zu entdecken, der Oberst drohte daher dem Kadetten mit strenger Strafe, wenn er je wieder sich solchen Tollheiten überlasse.

Armer Magnus! seufzte der Invalide. Aber der Oberst hatte Recht, wie? Kammerherr Bungen ähnelt dem Russen zwar so wenig, wie ein Ziegenbock einem Fuchs, dennoch aber – Jägerhorn muß Recht haben.

Er urtheilte nach den Zeugnissen, die ihm abgelegt wurden, dennoch halte ich dafür, daß Magnus sich nicht täuschte. Wie dem aber auch sein mag, lieber alter Freund, es bleibt uns nichts mehr übrig, als die Thatsachen zu nehmen wie sie sind.

401 Es bleibt uns nichts mehr übrig als ein tüchtiger Fluch auf alle Schelme, und der richtige Glaube an den alten Gott, der ehrlichen Leuten beisteht! rief Munk. Mag er sich erbarmen über die, die uns vergessen hat. O, du armer, alter Thor! der es noch immer nicht glauben kann, der immer noch denkt, es sei doch Alles erfunden und erträumt. – Er rieb sich seine furchige Stirn, und fuhr dann kräftiger fort: Was soll nun werden? Was willst du thun, Erich Randal? Wer sieht nach dem Gute am Pajäne? Wer forscht, was aus Otho geworden ist?

Bevor das Frühjahr kommt, ist für Otho's Eigenthum wenig zu sorgen, erwiederte Erich. Was geschehen konnte, ist heut schon von mir gethan. Ich habe seinen Hausleuten gesagt, daß er noch einige Zeit ausbleiben werde, eben so Louisa. Was aber ihn selbst betrifft, so glaube ich fast eine Spur gefunden zu haben, wenn ich auch nicht sagen kann wohin diese führt. In Sijundo, jenseit Helsingfors, beschrieb uns der Posthalter einen Reisenden, der eben zu der Zeit, wo Otho verschwand, bei ihm eintraf, und den Weg nach Ecknäs in Begleitung einiger Soldaten einschlug. Alle seine Angaben trafen so genau zu, daß wir voller Hoffnung diese Spur verfolgten, allein wir konnten nichts weiter erfahren. Soldaten waren seit jener Zeit häufig durchgezogen, mancherlei Reisende beschrieb man uns, Keiner war darunter, der er sein konnte.

Was hätte er auch dort zu suchen? fragte der Invalide vor sich hin.

Halset mit seiner Tochter und Arwed begleiteten uns, fuhr Erich fort. Sie haben es übernommen, überall nachzuforschen, und wollen uns Nachricht geben, sobald sie etwas erfahren.

Jeder Mensch kehrt zum Staube zurück, aus dem er genommen, sagte der greise Mann, und der stärkste Mensch ist doch nur ein Gebild aus vergänglichem Stoff. Ich habe Manchen gekannt, der seinen Kopf so stolz trug wie ein urewiges Wesen, plötzlich war alle Herrlichkeit am Ende.

Das wollen wir nicht von Otho denken, erwiederte Erich. Ich halte die Hoffnung fest, daß wir ihn wiedersehen, dann werden wir erfahren, was ihn fortgetrieben. Nein, daß er heimlich uns verließ, 402 muß einen besondern Grund haben, und kein anderer bleibt übrig, als einer, der mit den Ereignissen, die sich vorbereiten, in Verbindung steht.

Meinst es also doch, daß er in's russische Lager gegangen ist? fragte Munk.

Otho ist ein Finne und sein Kopf ist heiß. Sein Vater war bereit Gut und Blut für Finnlands Freiheit herzugeben, er ist es nicht minder. Wie er denkt, denken Manche, und wenn er seine Stimme erhebt, wird sie weithin gehört werden.

Wäre das möglich? fragte der alte Soldat, indem er sich aufrichtete.

Nicht zum ersten Male haben die Russen alle Mittel angewandt, den Finnen glauben zu machen, daß sie unter ihrem Schutze einen eigenen Staat bilden könnten. Du weißt selbst, mein lieber Freund, was bei Angela geschah, du weißt auch, wie Otho's und mein eigener Vater daran Theil nahmen; wie Otho's Mutter, meine Tante, dafür wirkte, wie viele edle Familien damals in dem geheimen Bunde verwickelt wurden.

Ob ich es weiß! rief der Major mit düsterer Stirn. Es war ein fluchwerthes Beginnen und dennoch – wer trägt die Schuld daran? Der das Unrecht durch anderes Unrecht auslöschte, der Eide und Schwüre für nichts achtete, der statt des Volkes Rechte zu schirmen, sein Recht über Alles setzte. Aus solcher Saat kann keine gute Frucht wachsen, fuhr er fort, Sünde erzeugt Sünde, Gewalt endet in Gewalt. – Aber was willst du daran beweisen, Erich Randal? Wer hat dir gesagt, daß Otho ein Verräther an seinem Vaterlande sein will?

Was ich andeutete, beschränkt sich nur auf Vermuthungen, antwortete Erich, mehr weiß ich nicht zu sagen. Ich vermuthe, daß Serbinoff ihn drängte und ich zweifle nicht, daß er alle möglichen Mittel dazu anwandte.

Meinst du denn, fragte der Invalide, daß die Moskowiter wirklich Ernst machen?

Von Vielen wird es geleugnet, von Wenigen auch jetzt noch geglaubt, erwiederte der Freiherr, ohne Zweifel aber haben sie eine große Macht beisammen, und wenn es ihre Absicht ist, den König durch Gewalt zum Nachgeben zu zwingen, so wird das kleine Heer, das General Klerker zusammenzieht, nicht im Stande sein, sie aufzuhalten.

403 Oho! schrie Munk stolz umherblickend, oftmals schon waren wir gering an Zahl und haben gesiegt. Der Landsturm heraus, jeder Mann an seinen Platz. Für's Vaterland muß jeder sein Leben lassen. Ruf deine Bauern zusammen, Erich Randal, wir wollen ihnen das Kriegshandwerk beibringen. Mancher alte Offizier wohnt im Lande, dem es gehn wird wie mir, wie dem alten Schlachtrosse, wenn es die Trompete hört.

Wir haben keine Erlaubniß dazu, sagte Erich, selbst wenn wir es wollten.

Schock Tonnen! schrie der greise Soldat, muß man denn bei allem was man thut um Erlaubniß fragen?

Man hat uns daran gewöhnt und erst neulich haben die Voigte strenge Befehle der Regierung erhalten, darauf zu achten, daß keine Aufregung entstehe, das Volk in Zucht und Gehorsam gehalten werde.

Die Pest über den Unsinn! fiel der Major ein.

Es ist dem Könige ein Vortrag gehalten worden, fuhr Erich fort, ob es nicht Zeit sei, zehntausend Mann nach Finnland zu schicken und mit den Waffen, die in Tavastehuus und Abo liegen, Freicompagnien zu bilden. Es hat dem Könige jedoch nicht beliebt, dies zu gestatten, nur einen Kriegsplan hat er ausgearbeitet, nach welchem, wenn die Russen angreifen, das Heer zurückgehen soll, bis in den hohen Norden, bis nach Osterbotten und nach Torneo.

Der Invalide hörte ingrimmig zu. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch vor Ungeduld und Unruhe und fing halblaut einen Gesang an, ein Volkslied aus alter Zeit und wohlbekannt:

Der junge Held, Karl der Zwölfte,
In Rauch und Staub er stand,
Er zog sein Schwert vom Gürtel,
Seinen Hut er feste band.

Es beißt der schwed'sche Degen,
Kommt her und prüft ihn genau.
Gebt Platz, ihr Moskowiter,
Frischen Muth, ihr Bursche blau!

So singt das Volk noch heut von seinem Helden Karl, rief er dann. Der kannte nicht das Rückwärtsgehen, wenn der Moskowiter vor ihm 404 war. Der Teufel hole den Kriegsplan! Wir wollen es nicht leiden, Erich Randal, daß Finnland den Russen in die Hände fällt. Will der König es nicht vertheidigen, wollen wir es thun, so gut wir können.

Sollte es dahin kommen, versetzte Erich, so würde unser Widerstand ein sehr unfruchtbarer und verderblicher sein.

Willst du dich unterwerfen? fragte Munk.

So weit ich dies muß, ja.

Ein Russe werden? schrie der Invalide auf. Willst du etwa, wenn dein Freund Otho mit einer Bande russischer Schelme zurückkommt, gemeinschaftliche Sache mit ihm machen? Finnische Republik ausrufen, bis euch der Mund gestopft wird, ob mit Blei oder mit Silber?

Major Munk, sagte Erich, seine klare Augen auf den erzürnten Greis heftend, überlege noch einmal deine Worte.

Der Alte streckte die Hände nach ihm aus. Trag's nicht nach! rief er versöhnlich, ich habe es nicht so gemeint. Es ist möglich, daß du Recht hast, es ist sogar wahrscheinlich, aber wer kann es mit solcher Ruhe bedenken? Du bist ein kalter Mann, Erich, ein immer wohlüberlegter Mann, trotz deiner jungen Jahre. Ich, der ich Schnee auf meinem Kopf trage, habe mehr Feuer in meinem Herzen. Was willst du beginnen, wenn die Moskowiter einbrechen?

So viel als möglich diejenigen schützen, welche Ansprüche zu machen haben, daß ich sorge und helfe, wie ich es vermag, sagte Erich. Trifft uns Unheil, so müssen wir suchen es abzuwenden oder zu erleichtern. In den Schrecknissen und Leiden eines Krieges, der unser armes Volk überfällt, müssen wir retten was zu retten ist.

Dann wäre es am Besten den Russen zu dienen, und als Lohn zu bitten, daß keinem Menschen in Halljala ein Leid geschieht? fiel der Invalide mit neuer Bitterkeit ein.

Das sind wiederum Worte, die du nochmals bedenken mußt, Vater Munk, sagte der Freiherr sanftmüthig lächelnd.

O, zum Teufel! stampfte der Major, ich kann deinen Weg nicht gehen, Erich. Kein Moskowiter soll mich um Gnade bitten hören. Keiner soll je sagen, ich habe mich vor ihm gedemüthigt.

405 Ist denn die Demuth eine Sünde, wenn sie uns vor Gewalt schützt, sagte Erich, oder ist Unterwerfung Feigheit, wenn wir dadurch uns und vielen Leidenden zu helfen vermögen? Fällt der Feind in's Land, so mußt du mir versprechen, Major, daß du zu uns nach Halljala ziehen willst. Überhaupt solltest du schon jetzt dein einsames Haus aufgeben und uns Gesellschaft leisten. Von allen, die mit mir gingen, ist Keiner zurückgekehrt, als Ebba. Lebe mit uns, lieber Vater Munk. Laß uns am Herde in meiner Halle gemeinsam hoffen, Trost und Frieden finden.

Der greise Soldat war jedoch nicht zu bewegen, Erich's Vorschlag anzunehmen. Er drückte ihm seinen Dank aus, versprach oft herüber zu kommen und nachzuschauen, aber wohnen wollte er nicht da, wo ein so kluger, kaltherziger Mann ihn alle Tage von Neuem ärgern würde.

Dann wird Ebba mit ihrer patriotischen Gluth dich aufrichten und versöhnen, sagte Erich.

Der Major blieb bei seinem Willen. Gott segne sie! sagte er, aber es ist doch auch eine von den Neumodischen, Feuer und Flamme für Schweden, aber blind vor Haß gegen den König und es könnte sein – er schüttelte heftig den Kopf und schlug auf den Tisch. Es hilft doch Alles nichts! schrie er auf, König ist er einmal, unser aller gnädiger Herr, und steht an der Spitze. Wer die Spitze haßt und verachtet, kann's nicht ganz redlich mit dem Ganzen meinen, und Gott besser's! Erich Randal, aber was er befiehlt muß in Ehren gehalten werden; gefällt's uns auch noch so schlecht, in solcher Noth darf ihn Keiner sitzen lassen. Stoß an, Freiherr! stoß an! daß Gott ihn erleuchten möge, daß er tapfere Herzen finde und selbst ein Herz in sich habe, wie Karl der Zwölfte, wie es von dem in dem Liede heißt:

Einen gegen Zehn er stellte.
Der zorn'ge Wasasohn,
Es floh, den er nicht fällte,
Gab Jedem seinen Lohn.
Drei Kön'ge wollten ihn zwingen.
Mit Waffen und mit Witz,
Er warf sie alle nieder
Sein Schwert war Gottes Blitz.

406 Und so muß es wiederkommen! rief er innehaltend. Karl des Zwölften Geist wird in ihn fahren und wer dann nicht bei ihm steht und hilft, so lange ein Arm aushält, der verdient, daß er ein Russe werde und die Knute über ihn komme! – Laß mich hier in meinem alten Hause, mein Sohn, laß mich hier mit meinem Kummer und meiner Einsamkeit. Wir müssen ertragen, was über uns verhängt wird, und Gott hilf! daß es nicht allzu schwer werden mag. Verzweifeln wollen wir nicht, denn die alte Liebe und Treue soll uns bleiben, und nun setze dich her, Freiherr Randal, und nimm dein Glas und stoß darauf an, daß es Frühling werden möge und die lieben Vögel wiederkehren, die uns verlassen haben.

Als es dunkel zu werden begann schied Erich von dem alten Freunde und bald lag Halljala vor ihm. Die hohen hellen Fenster der Halle leuchteten ihm entgegen, freudig lächelnd betrachtete er sie, und das hohe alterthümliche Haus, um dessen Zinnen noch ein matter Abendschimmer schwebte. Er empfängt mich, um mir zu sagen, daß es noch nicht Nacht geworden ist in meiner Väter Erbe, murmelte er. Wenn es möglich ist, soll es niemals Nacht darin werden. Wir wollen den Morgen heraufbeschwören und uns des Tages freuen.

Ein heller Hahnenschrei antwortete darauf, und dicht bei ihm an dem Gemäuer ließ sich die Stimme des Schulmeisters hören. Hast es gehört, Freiherr Erich, was der Hans dazu sagt? lachte Lars. Er schreit dir seinen Morgengruß zu; es ist aber eigentlich ein Abendsegen, man kann's nehmen wie man's will. Es wird immer wieder Morgen, Erich Randal, mag die Nacht noch so finster sein; wer aber Augen danach hat, der sieht wie Katzen und Hähne am besten in der Finsterniß.

Wo kommst du her, Lars? fragte Erich.

Komme alleweil von Louisa herüber, antwortete der Schulmeister. Die Sonne flimmerte in alle Fenster, schien aber dennoch Nacht zu sein.

Der Freiherr schwieg, Lars ging neben dem Schlitten her. Was sagst du dazu? fragte Erich endlich.

Was sagt der Hans dazu? erwiederte Lars, indem er seinen Schaafpelz lüftete, unter welchem sein wunderlicher Begleiter im Sacke saß. Es war immer deine Freundin, Hans, hast das lustige Nixchen immer 407 lieb gehabt. Wird's wiederkehren, wo jetzt der Wind durch stille Kammern fährt? Wirst du jemals wieder sitzen und hören, wenn die Kandele unter ihren Fingern klingt, als käm's aus Wainemonen's goldnem Garten?

Der Hahn stieß einen leisen klagenden Ton aus.

Nicht? nicht? fuhr Lars fort. Glaub's dir, Hans, glaub' es. Menschenglück ist wie eine Schale von Glas, kommt ein Sprung hinein, gibt's nimmermehr den alten Klang. Wenn der Falk eine Taube holt, bleibt keine Feder im Nest zurück. Es wird eine kalte Nacht werden, Freiherr Erich; sorge, daß dein Feuer nicht ausgeht.

Hast du nichts von Otho gehört? fragte Erich.

Nichts, Hans, nichts, sagte der Schulmeister. Wir waren beide weit durch Savolax hinauf bis Idensalmi, haben nichts von ihm vernommen, nichts im ganzen Tavastelande. Fragten uns dort viele Leute nach Neuigkeiten, und was Otho Waimon dazu meinte? Ob's wahr sei, daß die Russen kämen. Putzten auch an ihren Gewehren herum, sprachen davon, Otho habe ihnen in's Ohr gesagt, es könnte bald kommen, daß sie die Büchsen brauchen würden. An der Grenze von Nyschlott und von Willmanstrand herauf, brachten reisende Krämer Nachrichten von den Moskowitern. Mit Reitern und Kanonen stehen sie da umher, sind ihrer viele Tausende.

Was wollen sie dort oben im Lande? fiel Erich nachdenklich ein. So sind es zwei Heere, die sie aufgestellt haben?

Das eine am Kymene und das andere am Saimasee.

Seit wann sind sie in Nyschlott?

Seit einer Woche oder so etwas, sagte Lars.

Das sieht wahrlich aus, als wollte es Ernst werden.

Glaubst du denn, Freiherr Erich, lachte der Schulmeister, daß die Russen spaßen; es thut keiner etwas umsonst. Harte zähe Männer sind es, wie die Luchse schlau und fürchterlich. Hast du noch nie den Luchs gesehen, Freiherr Erich, wie er sich streckt und windet, sich putzt und leckt und das manierlichste Thier scheint, das Gott zu Stande gebracht hat, bis es plötzlich seinen Sprung thut und seine Krallen aus den Scheiden fahren. Wo hast du den russischen Grafen gelassen, Erich Randal, den Alle lobten und liebten, nur der Hans nicht.

408 Es ist Niemand mit mir nach Halljala zurückgekehrt, als meine Cousine Ebba, sagte Erich.

Gott behüt das schöne Fräulein, Gott behüt's! schrie Lars. Halt das Glück fest, Freiherr Erich, es ist eine herrliche Sache, um's echt schwedische Blut. Es ist eine feine Dame, ihre Mutter war auch so und ich habe es mit meinen Ohren gehört, wie dein Vater sagte, keine Andere wünschte er dir. Habe es auch gehört, wie er Sam Halset ausschalt und schwor, so lange sein Sohn Abscheu habe vor Unehre, solle er nimmer einer Brut anhängen, die ehrlicher Leute Fluch sei.

Es ist Licht in der Halle, antwortete Erich, der auf des Schulmeisters Rede nicht zu achten schien. Ebba wird mich längst erwarten, Major Munk hielt mich lange fest. Auch er wußte nichts von Otho und ich muß dir gestehen, alter Lars, daß ich in schweren Sorgen um ihn bin.

Ist es denn wahr, fragte der Schulmeister, was der Propst aussprengt, daß Otho mit einem russischen Weibe nach Rußland gelaufen ist?

Ich glaube es so wenig, wie du es glauben wirst, erwiederte Erich.

Und der Hans glaubt's noch weniger als wir beide, lachte Lars. Aber der Probst erzählt weiter, daß der russische Graf Otho's Schwester mitgenommen habe und daß sie mit ihm heimlich davon gelaufen sei.

Das wirst du eben so wenig glauben, sagte Erich, wie ich es thue.

Gott verhüt's! daß wir es beide jemals glauben müssen, Freiherr Erich, erwiederte Lars; aber wo hat man je gehört, daß in Finnland ein Russe willkommen war?

Auf diesen Vorwurf schwieg Erich Randal ein Weilchen, bis er im bekümmerten Tone sagte: Ich kann das Ärgste immer noch nicht denken, denn Serbinoff ist ein Mann von edlen Eigenschaften. Doch wo ist Otho geblieben? Welches Schicksal hat ihn getroffen?

Laß ihn laufen, Freiherr, gräme dich nicht um ihn! rief Lars. Ein Finne fällt wie eine Katze, immer auf seine Beine, und der Hans hat ihm den Hochzeitstanz aufgeführt, als er's keinem Andern thun wollte. Halt du nur dein Glück fest, Freiherr Erich, und sorge dafür, daß 409 die Hochzeitslichter brennen, heut lieber als morgen. Meinst du nicht, Hans? Meinst du nicht, daß es wohlgethan wäre?

Der Hahn in seinem Sack knurrte ärgerlich und Lars Normark lachte auf. Gott behüt's! schrie er, glaubst du Narr, es sei noch nicht die rechte Zeit? Mancher wartet und wartet und die rechte Zeit kommt nimmermehr. Ein Fisch, wenn er gefangen ist, muß auch gegessen werden, sagen die Finnen, und ein Mann, der ein rechter Mann ist, kommt mit einem guten Schlag weiter als mit tausend guten Worten.

Was soll ich denn thun, alter Lars? fragte Erich lächelnd, denn ich sehe wohl, daß du mir Rath geben willst.

Was du thun sollst, Freiherr Erich? antwortete der Schulmeister. Was dein Vater hätte thun sollen, als er ein Mädchen in seinem Hause hatte und meinte, die rechte Zeit sei noch nicht da, eine Frau daraus zu machen. Geh morgen hin zu dem Propst, mach's mit ihm ab und dann geh hin zu ihr und sprich: Was kommen wird, weiß ich nicht. Es kann sein, der wilde Jäger bringt uns die Russen über den Hals, es kann auch sein, Noth und Tod fahren an von allen Seiten. Bei alledem bin ich da, und Keiner soll's mir wehren, dich zu lieben und zu küssen, so lange es immer geschehen kann. Also gib mir deine Hand, kein Anderer soll sie haben. Komm mit mir, der Priester wartet auf uns und, so wahr schwedisches Blut in uns Beiden ist, Freiherr Erich, ich sage dir, sie wird deine Hand nehmen und wird dir folgen.

Sie wird mir folgen, murmelte Erich halblaut.

Eben fuhr der Schlitten durch das düstre Thor des Hompusthurmes und aus ihm hervor rauschte ein Nachtvogel, der über Erich's Haupt hinstreifend, einen langen gellenden Schrei ausstieß. Der Hahn reckte zu gleicher Zeit den Hals aus dem Sack und krähte muthig auf, daß es unter der Wölbung widerhallte.

Wen eine Eule empfängt, dem ist Jumala gnädig, sagte Lars und gibt ihm Weisheit, und wem der Hahn schreit, dem steht Ilmareinen bei und gibt ihm listige Gedanken.

Dies rief er hinter Erich her, dessen Pferd schnaubend in den Hof rannte und dem er langsam folgte. Lichter leuchteten aus der Thür des Hauses und als der Hahn nochmals sein Geschrei anstimmte, 410 hätten die Diener über den alten Pfeifer beinahe ihren Herrn vergessen. Jeder freute sich, daß Lars Normark da war. Alle wollten Neuigkeiten hören, Alle hatten viel zu fragen und viel zu erzählen.

Als Erich Randal der Halle zuging, war sein Kopf voll Gedanken, mit denen sich ein banges verwirrendes Gefühl mischte. Seine festen Schritte wurden langsamer, je näher er der Thür kam und zögernd stand er davor still und legte die Hand auf sein Herz, das heftiger klopfte, als er seit langer Zeit es gefühlt hatte. Was der Schulmeister gesprochen und der Rath, den er ihm zuletzt ertheilte, betraf etwas, was er selbst sich schon oft gesagt hatte. Wenn er Ebba bestürmte, würde sie dann nicht darin willigen, ihm zum Altare zu folgen, und gab es nicht Gründe genug, die ein rasches Handeln rechtfertigten? Lars Normark hatte eine Unruhe in die philosophische Ruhe des jungen Mannes gebracht, die er vergebens ganz zu bewältigen strebte. Sichere dein Glück, Freiherr Randal! klang es in seinen Ohren und dabei überkam es ihm plötzlich, daß er an Otho denken mußte und an Halset's Tochter, indem er durch den finstern Gang ging und leise die Thür öffnete.

Ebba saß vor dem großen Kamin, das Gesicht auf das Feuer gerichtet, das niedergebrannt aus dem Haufen verkohlter großer Holzstücke und glimmender Asche in dunkelrothen Flammen aufflackerte. Die Lichter, welche auf dem Tische in der Mitte der Halle standen, bildeten kleine trübe Punkte, von grauen Schattenkreisen umgeben, durch welche dann und wann ein blitzartiges Leuchten des Kaminfeuers zuckte, das in alle die finsteren Ecken und Winkel des Gewölbes drang, und die düstern Bilder an den Wänden sammt den gewaltigen Elchgeweihen erkennen ließ. Einige Minuten lang betrachtete Erich seine junge Verwandte, die nichts von seiner Nähe bemerkte. Sie hatte ihre Hände vor sich in den Schooß gefaltet und ihre großen offenen Augen schauten regungslos in die sprühenden Funken, welche von dem Herde aufflogen und verloschen. Als der Feuerschein heller über ihr Gesicht zitterte, bemerkte Erich, daß sich ihre Lippen bewegten, als spräche sie leise mit sich selbst. Es war ihm, als könnte er ein schmerzliches Lächeln erkennen und jetzt senkte sich ihr Kopf nieder, das lockige lange Haar fiel wie ein Schleier darüber hin und unter 411 ihm hervor stieg ein Seufzer auf, der wie von Geistern weiter gemurmelt, in allen Bogen und Fugen sich zu vervielfältigen schien.

Erich's Augen ruhten voll mildem Ernst auf ihr. Zögernd und schweigend stand er auf der Schwelle bis Ebba sich nach ihm umwandte. Ihre Mienen erheiterten sich, als sie ihn erblickte, und indem sie ihm entgegenging, streckte sie ihre Hände nach ihm aus.

Endlich bist du zurück, lieber Erich, rief sie ihm zu. Sei willkommen!

Erich Randal küßte ihre Stirn. Unser alter Freund hat mich so lange aufgehalten, sagte er. Ich konnte ihn nicht verlassen, da ich ihn von meinen Mittheilungen betrübt und zornig sah.

Du siehst, wie es mir scheint, selbst betrübt und bleich aus, fiel sie ein.

Es ist kalt, erwiederte er. Mich friert.

Das darf nicht sein, wenn du bei mir bist, sagte sie lächelnd, dann muß ich dich erwärmen, und indem sie ihn zum Herde führte, warf sie rasch neue Holzstücke auf die Gluth, rückte seinen Sessel dicht heran, bereitete eine Pelzdecke davor aus, und nöthigte ihn in die weichen Kissen, mit denen sie den breiten Stuhl polsterte. Schnell bereitete sie ihm ein heißes Getränk, reichte ihm was zu seiner Erfrischung vorhanden, ordnete und fragte endlich, ob sie es auch Alles recht und gut mache.

Wie eine sorgsame Hausfrau, erwiederte er dankbar.

Ich muß mich einüben, versetzte sie, damit ich den Pflichten gewachsen bin, die einst von mir gefordert werden. Mit Frau Ulla bin ich heut durch alle Vorrathskammern gewandert, und habe Heerschau gehalten über sämmtliche Töpfe und Fässer und Kisten und Kasten. Wir sind in der That so gut versorgt, das wir eine Belagerung aushalten könnten.

Sie setzte sich neben ihn, legte seine kalten Hände in ihre warmen Finger, und lehnte sich vertraulich an seine Schulter. Wie danke ich dir, theure Ebba, sagte er liebevoll zu ihr hinblickend, daß dein Vertrauen so groß zu mir ist.

Zu wem sollte ich größeres Vertrauen haben, antwortete sie, und wohin sollte ich gehen, wenn du mir kein Plätzchen an deinem Herde 412 geben wolltest? Ich wüßte in Wahrheit kaum, was zu beginnen wäre, wenn ich nicht etwa auf mein Eigenthum, mitten im Eise des Pajäne, mich zurückzöge.

Wird es dir in dem alten Schlosse nicht zu einsam, sagte Erich, und bei dem einzigen Mann darin? Ich möchte dich so gerne recht froh und glücklich wissen, liebe theure Ebba, recht viel für dein Glück thun können.

Ich bin glücklich, Erich, so viel ich es sein kann, erwiederte sie, und erkenne dankbar deine große Güte und Liebe.

Ich wollte, sagte er, sie freundlich anschauend, dein Bruder wäre bei uns, und könnte meine Bitten unterstützen.

Von Arwed habe ich heut, als du fort warst, einen Brief durch den Propst Ridderstern erhalten, fiel Ebba ein. Der würdige Herr leistete mir mit seiner Ehehälfte Gesellschaft und Beide fragten mich, ob ich es nicht vorziehen würde, in ihrem Hause mich einzurichten, wo es nicht allein wohnlicher sei, wie in diesen düstern Thurmgewölben, sondern wo auch weiblicher Beistand mir immer zu Diensten stehe.

Und was hast du darauf geantwortet?

Ich habe ihnen erklärt, daß es mir bei dir sehr gut gefiele, und daß ich dich niemals, um noch so gute Gesellschaft verlassen würde.

Wirklich, das hast du gethan? Niemals willst du mich verlassen! wiederholte Erich, und seine Augen leuchteten auf.

Ebba nickte ihm zu. Niemals, sagte sie, dazu bin ich fest entschlossen.

Meine edle, liebe Ebba! und wenn ich – er hielt einen Augenblick inne, denn aus der Küche herüber schrillte Lars Normark's Pfeife, und es war ihm, als hörte er den alten Vagabond schreien: Sichere dein Glück, Freiherr Randal, jetzt ist es Zeit! – wenn ich Alles bedenke, warum willst du mein Glück noch länger verzögern, warum mir nicht gestatten, als dein Gatte der Erste unter Allen zu sein, der, was auch kommen möge, das Recht hat, dich zu schützen und mein Haus zu deinem Hause zu machen.

Lies diesen Brief, sagte sie, und du wirst finden, wie Arwed über unsere Zukunft denkt.

413 Sie reichte ihm ein aufgeschlagenes Papier hin, Erich nahm es und las:

»Gestern sind wir in Abo eingetroffen, und da in einer halben Stunde ein Eilbote nach Tavastehuus geht, der dem Commandanten Befehl bringt, das Schloß schleunig in Vertheidigungszustand zu setzen, so schreibe ich rasch an dich, meine liebe Ebba. Halset wird meinen Brief in einen andern einschließen, den er an den Propst richtet, und welcher sogleich nach Halljala befördert werden soll. So wirst du denn schnell zu den Nachrichten kommen, die ich dir mitzutheilen habe. Zunächst von mir selbst, liebe Schwester, du wirst meinen Egoismus natürlich finden. Ich hoffe der Erfüllung meiner Wünsche entgegen zu gehen, wenn ich auch nicht sagen kann, daß nichts mehr zu wünschen übrig bleibt. Die liebenswürdige Mary hat sich wesentlich geändert; es ist eine andere Stimmung über sie gekommen. Man kann nicht behaupten, daß sie viel gesprächiger geworden sei, allein sie ist angeregter, freundlicher und interessirt sich ganz besonders für die politischen Ereignisse. Heut beim Frühstück hat sie ein langes Gespräch mit mir und ihrem Vater darüber geführt, ob es noch möglich sei, in einem Boote über den bottnischen Meerbusen und nach Stockholm zu kommen, oder nicht? Auf den Inseln gibt es vielleicht noch Wagehälse, die mitten durch Eisfelder, Schollen und halbgefrorene Wellen den Weg versuchen, aber vom Herüberbringen von Soldaten oder Kriegsmitteln ist keine Rede, ehe nicht der ganze Golf festes Eis trägt. Dann wäre es freilich nicht schwer, eine Armee nach Finnland zu schaffen, allein abgesehen davon, daß keine vorhanden, Alles in Unordnung und Auflösung ist, würde es, wie ich meine, auch nichts helfen. Halset hat Nachrichten aus Stockholm. Es geht vortrefflich. Herr von Alopäus kann sich nicht mehr im Schlosse zeigen, und beinahe ebenso geht es dem dänischen Gesandten, dem guten Grafen Moltke. Um so größer ist ihr Ansehen in der Gesellschaft. Eine ganze Reihe neuer lustiger Anekdoten und Charakterzüge bringe ich dir mit, denn ich komme wahrscheinlich bald und komme nicht allein. Unser theurer Freund Halset, dessen Zuneigung zu mir täglich wächst, hat in Tamerfors bedeutenden Besitz und große Niederlagen von Flachs und Getreide. Von dort aus gehen wir nach Halljala, und ich denke, es soll eine 414 Brautreise sein, die freilich etwas kalt ausfallen könnte. Ich bringe dir meine Mary, denn bis dahin werde ich dies sagen können; was ich weiter mit Halset besprochen, sollst du gleich hören, zunächst nur einige Worte über den wilden Burschen, unseren liebenswürdigen Cousin vom Stamme der Kinder Jumala's. Nicht eine Spur haben wir von ihm aufgefunden, und auf jeden Fall beruhen die Beschreibungen des Posthalters auf Irrthum. Meine Meinung ist daher immer noch dieselbe, daß Serbinoff, trotz seines Leugnens, mehr von ihm wußte, als er zugeben wollte, und daß eine gewisse schöne Dame, welche sich ganz besonders für ihn interessirte und, als er plötzlich verschwunden war, nicht die geringste Bestürzung zeigte, vielmehr sich darüber belustigte, die Hand im Spiele hatte. Sie hat ihn, wie ich denke, nach irgend einem Arkadien in Sicherheit gebracht und wird ihn jetzt bewachen, wie Armide den geliebten Rinald. Eine lustige Geschichte, auf Ehre! wir werden künftig noch darüber zu lachen haben. – Hieraus erklärt es sich, daß der kleine Nix so furchtlos über Otho's Schicksal war und so freudig ihrer Protectorin und – Serbinoff folgte. Denn dieser war in Helsingfors bei der Gurschin, was ich jetzt nicht mehr verbergen will, da ich ihn selbst gesehen habe. Wir können somit gänzlich über das Schicksal dieser glückseligen Geschwister getröstet sein. Zu ihrer Zeit werden sie schon wieder zum Vorschein kommen und mancherlei süße Geheimnisse ausplaudern können, wenn sie wollen. Es ist gewiß, daß Otho seinen Freund Serbinoff an jenem Ballabend gesprochen hat, eben so gewiß, daß er mit der reizenden Gurschin ein geheimes Gespräch hatte, worauf er sich entfernte und nicht mehr erblickt wurde. Halset macht darüber Bemerkungen wie ein Satyr; aber selbst Mary hat es gesehen und zweifelt ersichtlich nicht daran, daß die schöne Fee Constanze ihn in ihrem Harem auf einer Insel der Seligen verwahrt. Los ist man ihn damit für längere Zeit, und allen republikanischen Phantastereien ist durch zwei weiße Arme ein Ende gemacht. – Was nun dich betrifft, meine Ebba, so hat deine Romantik dich in den Kreuzbogenbau des edlen Hompus zurückgetrieben, wo es äußerst lebhaft und lustig hergehen muß. Du bist deinem Willen gefolgt, ich ließ es geschehen; bei näherer Betrachtung aber ist es doch nothwendig, mit der 415 Lebens-Prosa Abrechnung zu halten. Der Mann deiner Wahl ist ein solches Musterbild jedweder Tugend, daß ich ihm zehn Schwestern anvertrauen wollte, wenn ich sie hätte; allein der Welt gegenüber müssen wir dafür sorgen, daß die einzige, welche ich besitze, bald als Frau in der Halle von Halljala sitzt. Ohne uns weiter auf Ausführungen einzulassen, wollen wir also beschließen: die Verlobung wird sofort veröffentlicht, wenn ich mit Mary und Halset bei euch bin, was in einigen Wochen der Fall sein wird, und gleich hinterher soll die Doppelheirath stattfinden. Bis dahin aber findet es Halset so passend, wie ich es finde, daß du deine Wohnung bei Propst Ridderstern nimmst, im Fall du es noch nicht gethan haben solltest. Halset hat darüber an den würdigen Geistlichen geschrieben, du wirst seiner Einladung jedenfalls Folge leisten, weil es schicklich und recht ist, und jetzt lebe wohl, der Courier ist da.«

Erich ließ das Blatt sinken und blickte seine Verwandte an. Was sagst du dazu? fragte sie.

Ich kann nicht sagen, daß Arwed Unrecht hätte, erwiederte er.

Willst du mich aus deinem Hause treiben? fragte Ebba.

Gewiß nicht, war seine Antwort. Aber dein Bruder wünscht es.

Er hält es für schicklich, fiel sie im stolzen Tone ein. Mit einem Male nachträglich ist ihm dieser Gedanke gekommen. O! was ist schicklich, was nennen die Menschen so? Er, der seinem theuren Freund Halset nachläuft, ihn alle Tage höher schätzt, findet nicht das geringste Bedenken, alle Mittel anzuwenden, um Mary's Hand zu erobern, nach ihrem Herzen aber – sie hielt inne und heftete ihre Augen auf Erich: oder glaubst du, daß Mary auch ein Herz für ihn haben kann?

Wie es mir scheint, erwiederte der Freiherr, ohne eine Unruhe zu zeigen, hat dein Bruder Halset's Gunst gewonnen, und in Finnland kommt es häufig vor, daß die Ehen nicht nach Herzensneigungen, sondern nach dem Willen der Eltern geschlossen werden.

Die Verhältnisse bedenkend, Vortheile, Rang, Stand, Geld und wie die herrlichen Dinge weiter heißen, rief Ebba. Wo wäre das nicht in der Welt! Leidenschaften bringen Unheil, Thorheiten der Herzen haben zahllose Thränen fließen sehen.

416 Wenn es wahr ist, was Arwed über Otho sagt, antwortete er, so hätten wir ein trauriges Beispiel davon. Doch ich glaube es nicht.

Warum nicht? rief sie. War er nicht Thor, nicht leidenschaftlich genug dazu? Je heller ein Feuer brennt, um so schneller wird es Asche, und was glaubt man nicht Alles von eines Menschen Herrlichkeit, der morgen schon zeigt, daß er doch nur aus schlechtem Thone gemacht wurde. Asche, Erich, nichts als Staub und Asche; alle diese glänzenden Funken sind im nächsten Augenblicke schwarz und todt. Warum also ängstlich fragen, was nach dieser guten Leute Meinung sich schickt oder nicht schickt? Ich will bei dir bleiben, will nicht zu dem steifen, falschen Propst.

Und wenn Arwed kommt?

Sie reichte ihm die Hand hin. Du sagst es ja, daß er Recht hat, lächelte sie.

Meine theure Ebba! Meine Geliebte!

Ebba legte den Kopf auf seine Schulter. Du bist gut! antwortete sie aus tiefer Brust, du bist voll Ruhe und Frieden mit dir selbst. Ich werde glücklich sein an diesem einsamen Herde.

Er blickte in ihre Augen, ein Feuer loderte tief darin. Leise zog er sie an sich, und die sanfte Milde und Ruhe seines Gesichts schien eine magische Gewalt zu üben. Sagte ich dir nicht schon einmal, begann er mit seiner klaren tiefen Stimme, daß das Glück, auf das wir hoffen, in uns sein muß.

Und ein Leben ist kurz, fiel sie tiefathmend ein. Ein Menschenleben ist wie der Funke dort – ein Augenblick.

Dennoch ist es lang genug, um schön oder qualvoll zu sein.

Schön und frei – frei von Qualen soll es uns vergehen, Erich.

Frei von Qualen, theure Ebba, frei von Unfreiheit. Wahrheit und Liebe heißen die Erlöser, nach denen diese Welt schmachtet, mag ihr Reich zu uns kommen!

Wahrheit und Liebe! wiederholte Ebba ungestüm laut, und indem sie ihren Verlobten umfaßte, fügte sie stolz und begeistert hinzu: Wahrheit und Liebe sollen uns vereinigen. Amen! Amen! guter, liebevoller Freund. 417

Einundzwanzigstes Kapitel.

Als Otho Waimon in jener Ballnacht Liliendal verließ, hatte er einige nothwendige Kleider in seinen Reisesack gepackt, mit welchen er unbemerkt aus dem Schlosse entkam. Im Flecken, der im Thale lag, fand er vor dem Gästegivergaard, dessen Eigenthümer, wie gewöhnlich, zugleich Posthalter war, Schlitten und Pferd, welche Serbinoff gebracht hatten, eben bereit zurückzukehren. Es kostete ihn nicht viel Überredung, den Bauern dazu zu bewegen, ihn bis zur nächsten Post auf die Küstenstraße hinabzubringen, wo er sich weitere Beförderung zu verschaffen dachte. Die Nacht war kalt, doch Otho hüllte sich in seinen Pelz, zog die Mütze von schwarzem Lammfell über die Ohren und versank in Betrachtungen, die ihm bald heiß genug machten. – Was er an diesem Abend erfahren, erschien ihm wie ein Traumgebild, und wenn er nicht sicher gewußt hätte, daß er die scharffunkelnden Sterne über sich sähe und dies ein Schlitten sei, den ein schnaubendes Pferd pfeilschnell über die verschneiten Thäler und Berge führte, würde er geglaubt haben, die argen tückischen Capeetas säßen ihm in Ohren und Augen. Doch es war so, er konnte nicht daran zweifeln. Fortgerissen von einem kühnen Entschlusse, den ein Mädchen ihm eingegeben, die wunderbarer Weise sich plötzlich in sein Schicksal mischte, um ihn aus den Schlingen eines anderen Weibes zu reißen und ihn dafür in ein gefährliches Abenteuer zu verwickeln, hatte er Schwester und Freunde heimlich verlassen, vielleicht auf Nimmerwiedersehen.

Er dachte darüber nach, welche Verwirrung und welche Sorge sein Verschwinden am nächsten Morgen hervorrufen würde; aber alle seine Vorstellungen wurden überwältigt von Zorn und Schaam über die verschiedenen Täuschungen, denen er sich überlassen und die nun 418 zerrissen vor ihm lagen. Ob Serbinoff ihn betrogen hatte, ob er um diese verrätherische Schurkerei wußte, wagte er nicht zu entscheiden. Seine verehrende Liebe für den Mann, den er so lange als ein herrliches Gottesgebild angestaunt und fest darauf vertraut hatte, sträubte sich mit Heftigkeit, Falsches und Schlechtes von ihm zu glauben. Sein finnisches Mißtrauen zerstäubte an dem edlen Eifer, mit dem sein Herz den Freund vertheidigte; er hätte noch an ihm festgehalten, wären ihm auch bessere Beweise dafür geworden, daß er betrogen sei. Serbinoff theilte, wie er meinte, sein eigenes Schicksal. Er hatte gehofft und geglaubt wie er selbst. Seine Freiheitsliebe, seine kühnen Gedanken, seine Erwartungen auf die Zukunft der Menschheit, sein stolzer Glaube an Recht und Gerechtigkeit konnten keine Heucheleien sein. Was diejenigen wollten, die das Heft in Händen hielten, die Lenker und Leiter seines Vaterlandes, daran hatte er sicher keinen Theil, und fast that es ihm leid, daß er dem treuen Alexei nicht Alles gestanden, was er erfahren, daß er ihn nicht zum Mitwisser seines Geheimnisses und zum Rathgeber gemacht hatte. Jetzt war es zu spät, doch er zweifelte nicht, daß Serbinoff denselben Abscheu, denselben Zorn empfunden haben würde, ja, daß er ihm beigestimmt, nach solchen Entdeckungen den Weg zu gehen, auf welchem er sich jetzt befand. Aber o! welch ein Weg war das! Was wollte er thun? Zum Schwedenkönige nach Stockholm fahren, ihm sagen: Dein tapferster, kühnster General, deine und Schwedens erste Stütze, er hat dich verrathen, wie Judas seinen Herrn verrieth, doch um besseren Preis! Otho Waimon war verständig genug, um trotz seines heißen Blutes einzusehen, wie gefährlich sein Unterfangen sei und wie zweifelhaft der Erfolg. Welche Beweise brachte er denn mit? Wer war er, der den hochverehrtesten Mann im ganzen Lande eines der ärgsten aller Verbrechen, des Verraths am Vaterlande, anklagen durfte? Wenn es ihm gelang, selbst bis in das Königsschloß, ja bis an des Königs Ohr zu dringen, welchen Glauben sollte er dort finden und welcher Lohn erwartete ihn? Doch, was auch geschehen mochte, er war entschlossen dazu, entschlossen trotz seiner innersten Abneigung gegen Finnlands Beherrscher und trotz der Gewißheit, daß es damit für immer mit seinen eigenen Hoffnungen und Entwürfen vorbei sei. 419 Die Überzeugung, daß er diese Hoffnungen vergebens genährt hatte, wirkte jetzt dazu mit, ihn noch hartnäckiger zu machen, auf jeden Fall hin sein Abenteuer zu wagen. Sein Zorn und sein Abscheu vor der Russenherrschaft waren so groß, wie sie bei einem Finnen sein konnten, der von Jugend auf gehört, was sein Volk von den Einfällen und Eroberungen so grimmiger Nachbarn gelitten. Sein feuriges Blut empörte sich bei dem Gedanken, russischer Unterthan, ein Russe zu werden. Nie war ihm dies so schmachvoll, so herunterwürdigend vorgekommen, und daß die hochmüthigen, leichtsinnigen adligen Herren die Hand zu dem verrätherischen Spiele boten, daß es unter den Schweden von Namen und Rang auch diesmal so elende Verschwörer gab, das vermehrte seinen Haß und sein Verlangen, ihre Plane zu vernichten. Eine Ahnung sagte ihm, daß ein Netz von Verräthereien über Finnland ausgeworfen sei, daß seit langer Zeit schon russisches Gold und große Versprechungen die Eroberung vorbereitet hatten, und wie weit mußte man damit gekommen sein, wenn man sich an solche Männer machen konnte, wie der Admiral. Halset fiel ihm ein, der Kammerherr, Propst Ridderstern und der ganze priesterliche und adlige Anhang. Der Gedanke an Serbinoff warf einen neuen Blitz auf das Mißtrauen im tiefen Grunde seiner Seele und seine Hände ballten sich entsetzt davor zusammen. Er dachte an Ebba. Hatte Sie ihn nicht gewarnt? Er dachte an Erich, der in seiner schweigsamen Milde zugesehen hatte, wie er sich immer fester an den Russen hing und dafür ihn vernachlässigte. Auch Erich hatte Serbinoff wie einen Freund behandelt, auch er war ihm zugethan. War er auch bestochen? Wartete er auch auf Gold und Annenorden, von denen Oberst Jägerhorn sprach? Gehörte er zu den Betrügern, oder zu den Betrogenen? Nein, nein! murmelte Otho heftig, er nicht und Ebba – in ihr wohnt der alte stolze Schwedengeist, die alte große Zeit ihres Volkes. Den König hassen sie sämmtlich, ihn möchten sie vom Throne stürzen, um sich darauf zu setzen. Mag er sein, wie er will, immer noch ist er besser als diese verdorbene sittenlose Adelskaste, die schlimmer ist als alle andere Tyrannei. Ich will hin zu ihm, ich will nicht rasten, bis ich vor ihm stehe, und ich fürchte mich nicht. Ich will ihm Alles sagen, was ich denke. Wie ein freier Mann will ich zu ihm 420 sprechen, und wenn seine Höflinge es nicht wagen, ihm die Wahrheit zu sagen, soll er sie von einem finnischen Bauern hören.

Was ist das vor uns auf der Straße? fragte er den Schlittenlenker, als er eine schwarze bewegliche Masse erkannte.

Reisende, wie ich denke, Herr, sagte der Bauer.

Und dort liegt das Posthaus?

Ja, Herr, ja! – Es brennt Licht darin.

Ein schwacher Mondschein leuchtete in das Thal hinab und ließ in einiger Entfernung einen Schlitten erkennen, seitwärts aber leuchtete ein Feuer, das auf dem Herde eines Hauses brennen mußte.

Fahr so schnell du kannst, sagte Otho, damit wir den Gaard zuerst erreichen.

Der Schlitten flog pfeilschnell den Hügel hinab, und bald war der andere Schlitten erreicht, welcher sich mehr Zeit nahm. Auf dem Untergestell bemerkte Otho einen großen breiten Kasten, unter dem Vordach saßen Leute, die ihre Köpfe vorstreckten, als Otho an ihnen vorbeizukommen suchte.

Ihr da! schrie eine Stimme lustig hinterher, fahrt etwas langsamer. Ihr habt Zeit genug dazu.

Wenn man dicht am Posthause ist, erwiederte Otho, hat man am wenigsten Zeit, obenein wenn Andere denselben Weg nehmen.

Sie sind ein aufrichtiger Herr, lachte der Fremde, und ich will Ihnen gerne Platz machen, denn auf jeden Fall werden wir uns wiedersehen.

Wo?

Nicht etwa im Himmel, lachte der Mann. Nein, Herr, damit, denke ich, hat es noch Zeit für uns Beide. Ich werde Ihnen mit vielem Vergnügen eine glückliche Reise wünschen, wenn ich beim Posthause vorbeifahre.

Wie? fragte Otho. Gibt's keine Pferde dort?

Nicht ein Pferdeschwanz ist seit drei Tagen mehr hier. Die Jäger von Nyland sind vorgestern hier durchgekommen. Gestern schon habe ich vergebens Vorspann gefordert.

Otho stieß einen landesüblichen Fluch aus. Was ist da anzufangen? rief er dann. Ich muß fort.

421 Muß ist ein bitter Kraut; aber was nicht geht, geht nicht, war die Antwort. Der Gästegiver hat ein gutes Zimmer für Reisende, und die Nacht ist kalt genug, um ein warmes Kissen lieber zu haben als einen heißen Trunk. Vielleicht schafft Olaf Skild Ihnen morgen früh doch ein Pferd. Er ist ein guter Junge, der sich Mühe gibt.

Mag er verdammt sein, wenn er mich nicht gleich weiter schafft!

Sachte, Herr, sachte! rief der Fremde zurück, wer wird seinen Athem umsonst fortgeben! Es ist überall jetzt so auf der Straße. Dafür gibt's Krieg, Herr. Wohin wollen Sie denn?

Nach Ecknäs oder auch nach Finnby, sagte Otho, ich habe an beiden Orten Geschäfte.

Ja so! antwortete der Mann mit diesem Lieblingsausdruck aller Schweden, dann trifft es sich gut, wenn Sie durchaus fort müssen und mit mir fahren wollen. Mein Weg geht eben nach Ecknäs hinab.

Otho bedachte sich nicht lange. Wenn Sie mich mitnehmen wollen, bin ich Ihnen zum größten Dank verpflichtet.

Der Mann bog sich weiter vor und schrie nach dem Kasten hinauf: Holla! Korporal Spuf! Korporal Spuf!

Hier! brüllte eine mächtige Baßstimme aus der Tiefe des Kastens. Was soll's, Feldwebel Roth?

Hast du Platz noch neben dir, Korporal Spuf? fragte der Feldwebel.

Nicht so viel, daß ein Kosak seine Nase hineinschieben könnte, antwortete die rauhe Stimme zurück.

Schon gut, Korporal Spuf, sagte der Feldwebel, willst dich nicht stören lassen. Haben Sie viel Gepäck, Herr?

Nichts als einen kleinen Mantelsack.

Dann ist es noch besser! fuhr der Feldwebel fort, den legen wir für's Erste unter unsere Füße. Ich bin vom Regiment Björneborg, habe die Regimentskiste voll Schuhe gehabt und fahre jetzt nach Ecknäs, um mehr zu holen. Das heißt, so viele, wie da sind, fügte er hinzu, und Odin soll mich holen! wenn das halbe Regiment ordentliches Schuhwerk an den Beinen hat, im Fall es losgeht mit den Satansrussen! Aber steigen Sie ein, Herr. Ein Soldat muß 422 sich nicht lange besinnen. Frisch gewagt und unverzagt, so wird der Russe zum Teufel gejagt!

Nach wenigen Minuten war die Umladung geschehen. Otho belohnte den Bauern reichlich, der vergnügt sofort umdrehte, ohne bis an's Posthaus zu fahren, weil er vorsichtig erwog, daß er dort vielleicht gewaltsam von einem reisenden Offizier oder Beamten festgehalten und mit Schlitten und Pferd weiter benutzt werden möchte, was den bestehenden Rechten nach und in dieser Zeit zumal, wohl geschehen konnte. Otho klemmte sich dagegen auf eine enge Bank, die für zwei Personen ausreichte und von dem Feldwebel und dem Schlittenlenker bereits eingenommen wurde. Da der Feldwebel jedoch ein langer dünner Mann war, der Andere dagegen ein Bursche, kaum über die Kinderjahre hinaus, auch Jeder sich so viel als möglich zusammenzog, so ging die Einschachtelung glücklich von Statten, und der Feldwebel rief lachend, daß nicht allein, wie es schon in der Bibel stehe, der geduldigen Schaafe viele in einen Stall gingen, sondern daß sie sich auch ganz wohl darin befänden; denn bei solcher lieblichen Morgenluft sei nichts besser, als eng zusammenzurücken, und kein General könnte behaglich wärmer sitzen als er. Dabei streckte er seine langen dünnen Beine aus, so weit er es vermochte, warf Stroh und Decken darüber hin und wickelte sich und Otho damit ein. Hierauf legte er sich auf den harten Sitz zurück, zog seine Pelzkappe über die Nase und trällerte ein Lied vor sich hin, das von Korporal Spuf unterbrochen wurde, der sich plötzlich oben im Kasten hören ließ.

Heda, Feldwebel! Millionen Schock Tonnen Teufel! Halt an! Hier ist der Gaard. Hier ist das Nest.

Warum anhalten? antwortete der Feldwebel, und er sang ruhig weiter:

Es ist eine jammervolle Hütte,
Dort einzukehren ist nicht meine Sitte,
Nichts ist zu haben, nichts von Gottes Gaben,
Nichts als Wasser, verdammter Trank, dich will ich nicht haben!

Das ist ein Lied von Bellmann, sagte er, Sie müssen aber doch sehen, Herr, daß ich Recht habe. Heda, Ule Skild! komm heraus aus deiner Höhle!

423 Komm heraus, Ule! Höllenbrand! Wallfisch! schrie der Korporal, und bringe mit, was du hast. Ich habe Durst für sieben und siebenzig Schock Tonnen eingesalzener Seehunde.

Der Postbauer kam mit einem Feuerbrande und dies war wirklich Alles, was er bringen konnte. Nicht einen Tropfen Trank als Wasser hatte er im Hause, Alles war aufgezehrt durch die vorüberziehenden Soldaten, und heut hatte das Canajabataillon die letzten Reste vertilgt. Seine Pferde waren fort, er wußte nicht, wann und wie er sie wiedersehen würde.

Jeden Satz seiner Erzählung, jede Klage und jede Entschuldigung beantwortete der tapfere Korporal Spuf mit einem anderen neuen unermeßlichen Fluch. Er entwickelte ein wunderbares erfindungsreiches Talent dafür, indem er den Kopf aus dem Kasten steckte, und Otho konnte nicht ohne Lachen dem Streite zuhören, der sich zwischen ihm und dem Feldwebel entspann, während der Postbauer seinen flammenden Holzscheit in die Luft hielt und die beiden Soldaten beleuchtete.

Der Korporal war ein stämmiger Mann mit runden Augen, dicken Backen und einem ungeheuren Munde, den ein paar dickaufgeworfene breite Lippen bildeten. Er sah aus wie Einer, der sich nicht lange nöthigen läßt anzufassen und dareinzuschlagen, wo es etwas der Art zu thun gibt. Seine gewaltigen Schultern und der Bullenbeißerkopf zwischen diesen gaben ihm etwas Unförmiges, aber er war rasch in seinen Bewegungen und schien zornigen reizbaren Gemüths zu sein. Der Feldwebel bildete dazu das gerade Gegentheil. Jetzt erst, wo Ule Skild's Fackel ihr Licht über ihn ausgoß, sah Otho, wie mager und lang Alles an ihm war. Brust, Hüften, Hals und Kopf bildeten fast dieselben Linien, das schmale Gesicht war weit vorgeschoben, der Mund außerordentlich klein, die Nase lang und spitz, geradeaus in die Welt reichend, und die Stirn niedrig und flach, doch mit gewaltig breiten Augenbrauen versetzen, unter denen zwei kleine Augen wie Fuchsaugen lagen. Die Schelmerei darin war unverkennbar, ein Gemisch von Verschlagenheit und Verstellungskunst, die sich dem ganzen Gesicht mittheilte und bald die ernsthaftesten Blicke und Falten, bald das sonderbarste Grinsen und Lachen bewirkte.

424 Stille, Korporal Spuf, stille! rief er vorwurfsvoll in die Flüche seines würdigen Kameraden. Wie kann ein christlicher Korporal so heidnisch russisch fluchen? Zumal am Sonntag, denn wir haben Sonntag, Korporal Spuf.

Der Korporal stieß statt aller Antwort einen neuen noch ärgeren Fluch auf alle Sonntage und alle christlichen Korporale aus, wobei der Feldwebel seine Stirn runzelte und seinen Augen den Ausdruck tiefen Abscheus gab. – Pfui, Spuf! pfui! elender gottloser Korporal vom Regiment Björneborg, sprach er kopfschüttelnd, was wird aus dir werden, wenn du von deinen Sünden nicht abläßt? Haben wir nicht geschworen, das erste unter allen Regimentern im finnischen Heere zu sein und zu bleiben; wird der Herr uns aber auch nur einen Russen in die Hände geben, wenn du seinen Sabbath entheiligst, sündiger, verdammter Spuf?

Der Teufel soll mich siebenhundert und sieben und siebenzig Male holen und dich dazu, Feldwebel, wenn ich nicht zwei Russen mit Eins auf mein Bajonnet spieße! schrie Spuf.

Wenn es Maikäfer wären, wenn es Bratwürste wären, oder Butterkuchen, grausamer und blutdürstiger Korporal Spuf, so wollte ich es glauben, sagte der Feldwebel gelassen. Was schnappst du mit deinen Lippen, Spuf? Hast du einen Russen zwischen deinen Zähnen?

Ich wollte, schrie Spuf, daß ich dich und alle Russen und ganz Rußland zwischen meinen Zähnen hätte.

Pfui, Spuf! sagte der Feldwebel strafend, wer wird sich so muthwillig den Magen verderben.

Ach! mein Magen. Schock Tonnen, mein Magen! brüllte der Korporal. Ich habe keinen Magen mehr, es ist nichts da, als ein Abgrund zu Eis gefroren. Wollte ich dich verschlucken, Feldwebel, du führst wie auf einer Rutschbahn in die Tiefe, und kämst mit zerbrochenen Gliedern unten an.

Der Feldwebel verbarg seine Lustigkeit so gut er konnte. Ich danke dir, Korporal, für deine guten Absichten, sagte er würdevoll, aber ich mag die Parthie nicht mit machen. Was in aller Welt hat denn deinen Schlund und Magen zu einem Gletscher gemacht?

425 Thau ihn auf, Ule, Schlingel, Ungeheuer! schrie Spuf, indem er ingrimmig die Faust gegen den Bauer ballte. Du mußt Branntwein schaffen, oder ich wärme mich an deinem Blut, und brate deine Leber.

Ja so! rief der Feldwebel äußerst erstaunt. Thue ihm nichts, Spuf, warte bis wir ein Paar Russen zum Frühstück braten. Branntwein kann also deinen Abgrund erweichen? Warum sagst du mir denn das nicht gleich, mein lieber Freund? Hier, Korporal, hier, tapferer Spuf, vom Regiment Björneborg, mit dem langen Bajonnet.

Zum unaussprechlichen Vergnügen des Korporals zog er eine dicke Korbflasche unter der Bank hervor, und Spuf that seine mächtigen Kinnbacken auf, und schloß sie nicht eher wieder, bis die Flasche um ein gutes Theil leichter geworden war. So! schrie er dann, angenehm grinsend und sich schüttelnd, jetzt geht es wieder menschlich in mir zu. Feldwebel, du bist der gescheidteste Feldwebel in der ganzen Armee. Jetzt mag's kommen, wie es will, ich weiche nicht von deiner Seite. Den Russen wollen wir es zeigen, was Feldwebel Roth und Korporal Spuf bedeuten. Und jetzt packe dich Ule, Verräther, elender Wicht! der weder Schnaps noch Pferde hat, wenn Korporal Spuf kommt. Packe dich, Bauer, schäme dich, und komm mir nicht wieder vor's Gesicht.

Damit zog der Korporal seine Decke über den Kopf, und verschwand in dem Kasten. Der Bauer wünschte ihm lachend, daß er die Augen offen behalten möge, und Spuf antwortete mit einem Hurrah, das der Feldwebel mit Peitschenhieben auf die Pferde begleitete, die im Galopp davon jagten.

Sie mögen es wohl nicht gewohnt sein, Herr, mit Soldaten und Bauern durch Nacht und Schnee zu fahren, lachte er, aber was sagt ein altes Sprichwort: Wer unter den Wölfen ist muß mit heulen.

Das Sprichwort ist mir wohl bekannt, erwiederte Otho, und Nacht und Schnee sind mir eben so wenig fremd.

So sehen Sie allerdings aus. Ich habe es bei Ule's Fackel gesehen. Sind vielleicht selbst ein Soldat?

Otho verneinte es. Es könnte sein, daß ich bald einer würde, fügte er hinzu.

426 Ja so! sagte der Feldwebel, wenn die Russen kommen. Sie glauben es also?

Ich glaube es ganz gewiß.

Ich auch, antwortete der Feldwebel, obwohl es manche Offiziere gibt, die es durchaus nicht denken können, und Leute genug im Lande, die den Kopf schütteln und die Hände ringen.

Und was thun die Soldaten? Schütteln sie auch die Köpfe?

Es kommt wohl auch vor, meinte der Feldwebel, denn manche alte Herrn blieben lieber zu Haus hinter dem Ofen. Der Feldmarschall Klingspor sitzt noch immer in Stockholm und es heißt, er soll gar nicht kommen. Wo will er denn auch jetzt noch über das Meer.

Glauben Sie nicht, daß man noch hinüber kann?

Wenn man nicht eine Eisscholle ist, wie Korporal Spuf von sich behauptet, geht's nicht an.

Es gibt doch kühne Schiffer genug an den Küsten.

Es möchte dem Kühnsten denn doch um etwas zu kühn sein, Herr. Spuf fürchtet sich nicht vor einer ganzen Heerde Kosaken, so eine Eisscholle aber, die das beste Boot durchschneidet, glatt, wie mit einem Messer geschnitten, ist schlimmer als alle Russensäbel.

Otho schwieg ein Weilchen, dann sagte er: Treiben die Leute in Ecknäs nicht Handel mit Stockholm?

Handel genug, Herr, und wo es Geld zu verdienen gibt, scheuen sie keine Gefahr. Noch in letzter Woche ist ein Lugger herüber gekommen, und hat uns eben die Schuhe gebracht, deren Reste ich abholen soll. Sie schicken uns nichts aus Stockholm, weder Mannschaft noch Geld, weder Pulver noch Montur, so hat es denn Peder Stahl unternommen, uns wenigstens die Schuhe herüberzuholen sammt einem paar Kisten mit englischen Gewehren, damit ist er glücklich angelangt.

Neue Gewehre für das Regiment?

Korporal Spuf nähme keines davon in die Hand, wären auch die Russen ihm dicht an den Hacken, lachte der Feldwebel. Er verachtet die englischen Flinten mit den schlechten kurzen Bajonnetten, die sich wie Blei biegen, über alle Maßen, denn's Regiment Björneborg hat zwei Fuß lange Bajonnette auf den alten schwedischen Musketen, wie wollte er sonst zwei Russen auf einmal spießen?

427 Das dürfte überhaupt dem tapferen Korporal wohl schwerlich gelingen.

Das wird er thun, verlassen Sie sich darauf, sagte Feldwebel Roth mit solcher Überzeugung, als zweifle er nicht im Geringsten daran. Überhaupt, Herr, so gering unsere Zahl ist, fechten werden wir, denn es ist Mancher dabei, der wie Spuf denkt, und es machen wird wie er. Ich freilich, fuhr er sich behaglich ausstreckend fort, ich habe zu lange Beine von meinem Schöpfer bekommen, um nicht an's Ausreißen zu denken, wenn es mir zu hart und bunt hergeht.

Und wenn es an's Fechten geht, besorge ich, hat Korporal Spuf zu tief in die Flasche gesehen, und schläft, wie er es jetzt thut.

Da irren Sie, erwiederte Roth, er schläft niemals, wenn er einen warmen Magen hat. Holla, Korporal Spuf! schläfst du? fragte er an den Kasten klopfend.

Erbärmlicher Feldwebel! schrie der Korporal, indem er einen kräftigen Fluch folgen ließ, gib deine Flasche her, dann stecke dich und deine langen Beine in den Regimentskasten, wenn wir in Ecknäs ankommen, will ich dich herausholen.

Sehen Sie wohl, lachte der Feldwebel, er ist auf seinem Posten, und nie habe ich einen Mann gesehen wie diesen, so unermüdlich, so wachsam und so nüchtern, wenn es nämlich so sein muß.

Nach einiger Zeit nahm Otho das Gespräch wieder auf, indem er nochmals über die Möglichkeit zu sprechen begann, von Ecknäs aus nach Schweden hinüber zu kommen, und Erkundigungen über den Schiffer einzog, der letzthin erst noch die Fahrt gewagt hatte.

Damals, sagte der Feldwebel, ging es noch, weil die Eismasse überall im Treiben war, jetzt aber halten sicher schon Eisbänke die Küsten besetzt, und dann ist nichts mehr zu machen. Wollen Sie denn hinüber, Herr? fuhr er fort. Aus Ihren Reden möchte ich es vermuthen.

Ich will, ja.

Müssen Sie, Herr?

Ich muß. Es steht viel auf dem Spiel.

Verlieren Sie lieber Ihr Geld als Ihr Leben, junger Herr, sagte der Feldwebel.

428 Es handelt sich nicht um Geld, erwiederte Otho, sondern um Glück und Unglück vieler Menschen.

Der Feldwebel schwieg ein Weilchen, dann rief er plötzlich: Ja so! Wie heißen Sie denn, lieber Nachbar?

Ich könnte Ihnen irgend einen Namen nennen, versetzte Otho, Sie würden damit zufrieden sein, allein ich ziehe es vor, Ihnen aufrichtig zu sagen, daß ich Gründe habe, zu verschweigen wer ich bin.

Ja so! antwortete der Feldwebel noch einmal. Sie haben auf jeden Fall recht, Herr Otho Waimon.

Wie? fragte Otho erstaunt. Sie kennen mich also?

Ich habe Sie im vorigen Jahre in Raumo gesehen, antwortete der lange Soldat herzlich lachend, und wer Sie einmal gesehen hat, vergißt Sie so leicht nicht wieder. Auf der Stelle erkannte ich Sie, sobald ich Ihr Gesicht sehen konnte, daher war ich auch gleich bereit, Ihnen zu dienen, so viel ich es vermochte. Und das will ich auch jetzt thun, Herr Waimon, fuhr er fort, denn wenn Sie es wünschen, habe ich Ihren Namen vergessen, und wenn Sie durchaus über's Wasser müssen, so will ich versuchen, Ihnen beizustehen, oder Korporal Spuf soll Ihnen beistehen, denn Per Stahl ist ein Vetter von ihm, und ein Mann, so ziemlich von derselben Sorte.

Und Sie, Feldwebel Roth, sind auch ein Nyländer?

Nein, Herr. Ich bin ein Nordlandsmann, aus Trullö.

Dann hat das altfinnische Spüchwort auch diesmal Recht, daß die schlausten und raschesten Finnen in Osterbotten wohnen.

Dank Ihnen, Herr! lachte der Feldwebel, Sie machen es gnädig mit mir. Das alte Sprüchwort sagt: Aus Osterbotten kommen alle Lügner, Schelme und Räuber, aber ich denke Ihnen zu beweisen, daß auch ehrliche Leute dort geboren werden.

In bester Einigkeit wurde die Reise fortgesetzt, und wenn Otho Waimon nicht so vielerlei sorgenvolle Gedanken mit sich getragen hätte, würden ihm die Stunden froh und leicht genug vergangen sein. Der Feldwebel besaß unerschöpflich gute Laune, und wußte den Korporal Spuf so unablässig mit der Erfindung neuer Flüche und sonderbarer Einfälle zu beschäftigen, daß sein mageres Gesicht fast nicht aus dem lustigsten Grinsen kam. Korporal Spuf war jedoch keinesweges ein 429 Dummkopf. Er vergalt den trockenen Witz seines Freundes oft mit den treffendsten Spöttereien, und gab nebenher die Beschreibungen der Heldenthaten zum Besten, welche er begehen wollte, wobei ihm der Feldwebel einhalf und widersprach, daß das Streiten und Lachen kein Ende nahm.

So verging der Tag, welcher sonnenhell kam und verschwand, während der Schlitten durch die Thäler und Hügel eilte. Je näher die Reisenden dem kleinen Seeplatze kamen, um so leichter waren Pferde zu bekommen, bis sie endlich am späten Abend durch die Reihen kleiner rother Holz- und Balkenhäuser fuhren, die das bescheidene Ecknäs bildeten, in welchem ungefähr tausend Menschen damals beisammen wohnten.

Otho hatte während dieser Reise nicht allein das Wohlwollen des langbeinigen Feldwebels erworben, der ihm alle mögliche Liebe bewies, sondern auch Korporal Spuf war sein Freund geworden und behauptete mehr als einmal, mit den fürchterlichsten Flüchen, daß es im ganzen Regiment Björneborg keinen schöneren Grenadier gäbe, als dieser junge Herr sein würde. Jammer und Schade sei es, daß ein solcher Mann ein Handelsmann wäre, und – Korporal Spuf rief siebenundsiebenzig Schock Tonnen Teufel zur Hilfe – nichts Besseres in der Welt könne geschehen, als wenn er allen Kram von sich würfe, und in's glorreiche Regiment Björneborg einträte. Feldwebel Roth stimmte ihm lebhaft bei, und Otho versprach, sobald er aus Schweden zurückkomme, und sobald es richtig sei mit dem russischen Kriege, Björneborg's Fahne und lange Bajonnette aufzusuchen. Hierauf bearbeitete der Feldwebel seinen Kameraden, auf dies Versprechen hin, dafür sorgen zu helfen, daß der Handelsmann, wie Otho sich genannt hatte, nach Schweden hinüberkomme, damit er um so schneller zurückkehre und unter seine Fuchtel als Rekrut eintreten möge.

Spuf riß seine runden Augen weit auf, und seine mächtigen Kinnbacken öffneten sich von einem zum anderen Ohre, wobei er äußerst schlau und spöttisch aussah, Feldwebel, du bist der allergescheidteste Feldwebel in der ganzen Armee! schrie er. Wenn der Bursche einmal fort ist, werden wir ihn schwerlich wiedersehen, aber Odin soll mich 430 selig sprechen, wenn ich ihm bei alledem nicht helfen will, so viel ich irgend kann.

Und dies Versprechen hielt der tapfere Spuf, denn kaum war der Schlitten vor dem Gaard in der Stadt angelangt, als er Otho an den Hafen hinabführte, und an eine der besten Holzhütten pochte, welche dort die letzte Häuserreihe bildeten.

Eine rauhe Stimme beantwortete das Pochen, dann wurde die Thür geöffnet, und der flackernde Holzspan beleuchtete einen Seemann, dem allerdings wenig fehlte, um so auszusehen, wie sein Vetter der tapfere Korporal. Langes gelbes Haar fiel bis auf seine breiten Schultern, und seine braune, harte Haut, seine tiefgefurchten Züge deuteten auf ein Leben, das unter Ertragung großer Beschwerden hingegangen war.

Nachdem die beiden Verwandten in der engen, entsetzlich heißen Stube eine Menge Flüche gewechselt hatten, die ihr Handschütteln und andern Liebkosungen begleiteten, und nachdem der Schiffer eine volle Flasche herbeigeholt und ein Glas ohne Fuß, das Korporal Spuf dreimal auf einen Zug leerte, kam es zu dem Vortrage des Anliegens; doch schon nach dem ersten Verständniß schüttelte Peder Stahl seinen dicken Kopf.

Es geht nicht! brummte er, Otho finster anblickend. Wer, zum Donner! seid Ihr denn, daß Ihr in's Verderben rennen wollt?

Es ist ein Herr, Per Stahl, der deine groben Tatzen voll Speciesthaler schütten will, sagte der Feldwebel.

Ich schenke sie ihm! rief der Schiffer, die Hände in seine Taschen steckend. Der Teufel soll mich holen, wenn ich sie verdiene!

Willst du kein Geld verdienen, du Sohn von einem Hasen, fiel der Feldwebel ein. Millionen Schock! wenn der Herr in Trullö wäre, Zehn für Einen thäte ich ihm schaffen. Wenn er aber hinübergeht nach Finnby oder Tenala, findet er auch Leute genug, die seine Speciesthaler gerne annehmen.

Mag er es thun, geht zu Hiisi! schrie der rauhe Mann, und sein dunkles Gesicht zog sich zorniger zusammen.

Per, bist ein Narr geworden? fragte Korporal Spuf.

431 Drei Nächte lang hat eine Katze vor meiner Thür geschrien, murmelte der Schiffer. Ein schwarzes Teufelsthier, ich hab's gesehen; wußte wohl, es würde etwas kommen, nun ist es da. Ich will Euer Geld nicht, mag's thun, wer Lust hat.

Ich zwinge Euch so wenig, wie einen Anderen, sagte Otho. Hinüber muß ich und hoffe, hier oder anderswo ein paar Männer zu finden, die mir beistehen.

Geht nach Finnby Herr, lachte der Feldwebel, da gibt's Leute, die sich nicht fürchten, wenn auch alle Katzen in der Welt ihnen ihr Teufelslied vorheulen.

Sieben und siebenzig Schock Tonnen! schrie Korporal Spuf, ich will dein Vetter nicht mehr sein, Per.

Wieviel setzen Sie daran, Herr, wenn ich Ihnen Boot und Bootsmann schaffe? fragte der Feldwebel.

Was gefordert wird, will ich zahlen, sagte Otho.

Hundert Bankthaler! rief Spuf.

Mehr, wenn es nicht genug ist.

Noch fünfzig dazu, sagte der dürre Feldwebel.

Der Korporal riß die blauen runden Augen auf. Einen fürchterlichen Schlag that er auf den Tisch, sagte kein Wort dazu, aber mit unermeßlicher grimmiger Verachtung stierte er Per Stahl an, in dessen Gesicht augenscheinlich die Gier nach so bedeutendem Geldgewinn mit seinen Besorgnissen rang.

Wollt Ihr zweihundert Bankthaler geben? fragte er endlich trotzig auffahrend, indem er seine Hand ausstreckte.

Otho sagte unbedenklich ja, schlug ein, und der Handel war abgemacht. Korporal Spuf umarmte seinen Vetter mit einigen unermeßlichen Flüchen, und der Feldwebel flüsterte seinem Schützling in's Ohr, daß er keinen anderen Fährmann gefunden haben würde, wenn es Per nicht gethan hätte.

Aus seiner Unentschlossenheit war dieser, nachdem er eingewilligt hatte, zur entschlossenen Willfährigkeit gelangt, sogleich an's Werk zu gehen, und kaltblütig schilderte er die Gefahren, welche zu bestehen waren.

432 Seit zwei Tagen, sagte er, haben wir Westwind gehabt, der die meisten Eisbänke und Schollen in den bottnischen Wiek getrieben hat. Wäre es das nicht, möchte ich's nicht um tausend Thaler thun. Gehört Ihr zu denen, Herr, die, wie das finnische Volk sagt, Jumala am Gürtel hält, so werden wir hinüberkommen, als wär's Mittsommerzeit; ist's nicht so, werden uns Euer hübsches Gesicht und Eure jungen schlanken Glieder so wenig helfen, wie mein zähes Leder. Es wird uns Keiner wiedersehen, Herr, daran denkt und überlegt's, ehe Ihr das Geld auf den Tisch legt.

Guter Freund, antwortete Otho lächelnd, ich habe nichts mehr zu überlegen. Hier ist dein Geld, gewagt muß es werden. Ob Jumala uns beisteht, wissen wir nicht; doch wir selbst wollen uns tapfer beistehen und thun, was Männer thun müssen.

Und jeder Mann muß an sein Glück glauben! rief der Feldwebel. Wer, zum Henker! möchte, Soldat sein, wenn er nicht dächte, schießt, so viel ihr Lust habt, ich komme doch davon! Was meinst du, Korporal Spuf? Werden wir uns jemals von den Russen fangen oder todtschießen lassen?

Der Korporal war gegen seine Gewohnheit ernsthaft. Er warf einen ungeheuren Ballen Kautabak aus seiner rechten in die linke Backe, sah vor sich hin und schüttelte den Kopf.

Wir spießen sie Alle, grinste der Feldwebel, indem er ihm die lange Korbflasche zuschob, oder – wir laufen davon, Spuf! Was? He?

So lange wir laufen können, murmelte Spuf, indem er die Flasche an den Mund setzte. Aber es ist nichts daran gelegen, Vetter Per, ob das Glück will, oder nicht will. Die Hauptsache bleibt, daß ein Mann sich nicht fürchten thut, weder vor den Russen, noch vor den Eisschollen, und wie ein braver Kerl immer seinen Feind anfaßt, wo er ihn fassen kann, bis es eben nicht länger gehen will. Und dann ist doch Alles gut, Vetter Per, dann können wir dreist oben anklopfen beim heiligen Peder, deinem Namensvetter. Sieben und siebenzig Schock Tonnen! er soll dem Korporal Spuf das Himmelsthor so weit aufmachen, als käme ein Feldmarschall, oder ich laufe Sturm.

433 Platz da vor dem tapferen Korporal Spuf vom Regiment Björneborg und seinem langen Bajonnet! schrie der Feldwebel. Hast Recht, Korporal Spuf: Wir wollen tapfer dafür sorgen, daß wir allezeit an die Himmelspforte donnern können und Petrus geschwind herbeiläuft und aufmachen muß.

Otho hatte während dieser lustigen Unterhaltung seine Brieftasche geöffnet und mit seinem Bleistifte ein Blättchen beschrieben, das er zusammenfaltete und es dem Feldwebel hinreichte, als dieser endlich mit seinem Kameraden an die Rückkehr in den Gaard dachte, weil die Flasche leer war. Otho sollte bei dem Schiffer bleiben, der in einigen Stunden schon mit ihm aufbrechen wollte, um eine der kleinen vor der Küste liegenden Inseln zu erreichen, wo, wie Per sagte, freies Wasser sei und ein Boot sie erwarten würde.

Es könnte doch sein, daß ich nicht wiederkäme, sagte Otho zu dem Feldwebel, und in diesem Falle bitte ich Sie, diesen Zettel an den Freiherrn Erich Randal in Halljalaschloß am Pajäne gelangen zu lassen.

Ja so! nickte der dürre Soldat, den Brief einsteckend. Es ist eine Sache auf alle Fälle. Kann's geschehen, soll's geschehen; aber es ist mir so, als sehen Sie nicht danach aus, Herr, um ein nasses Grab zu finden, und, aufrichtig gestanden, es sollte mir herzlich leid thun.

Mir auch! brummte Spuf. Es wäre ein Verlust für's Regiment Björneborg.

Wenn ich lebendig bleibe, erwiederte Otho, indem er den beiden Soldaten die rauhen Hände drückte, sollt Ihr gewiß von mir hören; kommt aber keine Nachricht von uns, dann schickt den Zettel nach Halljala.

Unter vielen gegenseitigen Freundschaftsbeweisen fand endlich der Abschied statt, der nur den Schiffer unempfindlich ließ, welcher sich damit beschäftigte, die Goldstücke zusammenzupacken, die ihm Otho aufgezählt hatte; denn es war ausbedungen, volle Zahlung sogleich zu leisten und keine Ansprüche zu erheben, wenn etwa umgekehrt werden müßte. Was ein Mensch thun könne, versprach Per zu thun, und Spuf hatte mit einem fürchterlichen Fluch und Schlag 434 geschworen, daß, was Per sage, so gut sei, als sage es Gott selbst. Der kräftige stierköpfige Mann sah auch nicht so aus wie Einer, der auf Lüge sinnt. Seine Abneigung gegen das Unternehmen schien überwunden zu sein. Er packte seine besten Habseligkeiten und sein Geld in ein Bündel, um es, wie er vor sich hin brummte, Einer anzuvertrauen, der es ein Trost sein würde, wenn er wiederkäme. Dann entfernte er sich damit, indem er seinen Gast ersuchte, inzwischen auf seinem Lager zu schlafen, bis er zurückkehrend ihn wecken würde.

Und dies geschah, ehe Otho es dachte. Er hatte nach manchem Sinnen seine Augen geschlossen und glaubte auf dem harten Sack voll Seetang kaum entschlummert zu sein, als Per's rauhe Stimme ihn aufrüttelte.

Jetzt vorwärts, Herr, sagte der Schiffer, nehmt, was Euch gehört, und laßt uns laufen, ich bringe gute Nachrichten. Vor Hangö Udd ist kein Eis fest, überall freies Wasser, und der Wind steht steif in Süd-Ost, jagt fort, was wir nicht brauchen können.

Er hüllte sich in seine dicke Kalmuckjacke, zog drei Mützen über seine Ohren, band die ölgetränkte Kappe darüber fest und steckte seine Laterne an. Otho war schnell bereit, und lange noch funkelten die Sterne am Himmel, während die beiden Männer über Eis und Schnee den Inseln zuschritten, welche durch eine feste Brücke jetzt mit dem Lande verbunden waren.

Als der Morgen kam, stiegen sie über eine felsige Zunge, und jetzt zitterten die ersten Sonnenstrahlen auf einer weitwogenden welligen Fläche, die den röthlichen Glanz des Himmels auffing. Es war das Meer, das ihnen entgegenrollte und schäumend an Klippen und Gestein aufsprang. Unter der Höhe lag eine Hütte, und einige Männer schoben so eben mit vereinten Kräften eine Fischerschlup von dem hohen Ufer einer kleinen Bucht, setzten die Segel und besorgten die Ausrüstung.

Das ist unser Fahrzeug? fragte Otho.

Ja, Herr, antwortete der Schiffer. In einer halben Stunde werden wir auf blauem Wasser schwimmen.

Und ehe diese Zeit ablief, saß Otho auf der tiefen Bank der Schlup vor dem Steuer, das Per regierte, und zu beiden Seiten neben 435 ihm hin liefen die langen Leinen, an denen das Vordersegel befestigt war. In der Hütte war ein Topf voll heißem Mehlbrei bereit gewesen; ein Korb voll harten Brodkuchen, ein Steinkrug voll Branntwein, ein anderer voll Wasser standen auf dem Tisch als Reisevorräthe. Es zeigte sich, daß Per den Sohn des Fischers vorausgeschickt hatte, um alle nöthigen Anstalten zu treffen; allein zur Theilnahme an der Fahrt war keiner der Männer zu bewegen. Sie sprachen eine Zeitlang beisammen, sahen Himmel, Luft und Meer an und schüttelten die Köpfe, bis Per von dieser Berathung zurückkehrte und mit unerschütterlicher Ruhe erklärte, daß er es allein versuchen wolle, wenn der Herr zu seinem Beistande bereit sei.

Wenn er die Absicht hatte, den jungen Reisenden dadurch zum Aufgeben seiner Entschlüsse zu bewegen und sein Geld verloren zu geben, war er im Irrthum. Otho sagte sogleich seine Hilfe zu und versicherte, nicht unbekannt mit der Führung eines Bootes zu sein. Die Männer schwiegen, blickten auf seine jugendliche Rüstigkeit, sahen Per an, grinsten und kopfschüttelten, hatten aber nichts dagegen, als der Herr ihnen eine ihrer dicken Jacken und eine Kappe abkaufte, dann Ruder und Leinen ordnen half und endlich mit Per vereint die Schlup abstieß, welche, sowie sie aus dem Einschnitt war, ihre Segel aus den Gaitauen wickelte und westwärts gegen die Landspitze von Hangö Udd fortschoß. Der frische Wind war so günstig, daß Per, je weiter das kleine Schiff hinauskam, um so wohlgefälliger nach Mast und Himmel blickte und mit geheimen Vergnügen die Thätigkeit seines Bootsmannes betrachtete, der mit Tauen und Segeln umzugehen wußte, als sei er dafür geboren. Per hatte dem Fischer zwanzig und zuletzt dreißig Thaler geboten, wenn er ihn begleiten wollte, jetzt hatte er die Hilfe umsonst und obenein, wie es schien, bessere, als Jener sie ihm geben konnte. Der junge Mensch hier war so ausgewettert wie irgend ein Seemann, dabei frisch auf seinen Beinen und gelenkig wie ein Affe. Als eine Unordnung im Vorderschiff entstand, wo eine der Segelschoten sich um eine Stange wickelte, sprang er wie ein Tanzmeister über die Duchten und hatte in einem Augenblicke die Ordnung hergestellt. Per rechnete daher, daß ein solcher Mann, wenn es sein müßte, so tapfer arbeiten und aushalten 436 würde wie er selbst, und wenn's glückte, wenn er ihn hinüberschaffte, war's zugleich ein großmüthiger Herr, der das Geld nicht achtete. Zwanzig gute schwedische Meilen Wasser lagen zwischen Hangö und der Süderarmsleuchte, blieb aber der Wind so fein, so ließen sie sich bis morgen schaffen, und im schlimmsten Falle lagen ja die Alandsinseln wie ein ungeheures Netz zur Rechten, wo Zuflucht zu finden war, wenn's an's Umkehren ging. An der äußeren Leiste dieses tausendfältigen Inselgewirres dachte Per seine kleine Schlup zu halten, am Abend irgendwo ein Obdach zu suchen und dann bis zur nächsten Nacht in den Stockholmer Scheeren zu sein, wo er mehr als ein gutes Plätzchen kannte. Sein lederhartes gelbgraues Gesicht bekam einen Schimmer von Zärtlichkeit, als er sah, wie schnell das flinke Schiff den Leuchtthurm von Hangö hinter sich ließ, und vergnügt lachte er auf, als die Schlup in die Wölbungen hoher Wellen stürzte, die der Südost von den russisch-deutschen Küsten vor sich her jagte. Über die Buge der Schlup sprangen dann und wann hohe Wasserstrahlen, die in zahllose Tropfen zersplitterten, das kleine Schiff anpackten, daß es zitterte, und es auf die Seite warfen, daß es tief niedertauchte; aber das Meer war frei von Eis, so weit das Auge reichte. Nur zuweilen hob sich auf dem Kamm einer mächtigen Woge eine spitz aufstarrende, zerbrochene, im Sonnenglanz funkelnde Masse, die eben so schnell wieder verschwand und welche Per mit langen festen Blicken betrachtete. Die Luft war hell, der feuchte Athem des Windes deutete auf mildes Wetter, weißliche krausgezogene Streifen liefen über den Himmel fort, ohne jedoch irgendwo sich dichter zusammenzuziehen. Dabei wurde die frische Morgenkälte, je weiter der Tag heraufkam, um so milder; die Sonne, welche oft in diesen Breiten kalte Strahlen zu haben scheint, verbreitete einen warmen Hauch, und das Spritzwasser, das an den Planken des Boots niederfloß, fror nicht daran fest. Alles das waren Zeichen, die Per Stahl's Wohlgefallen vermehrten. Er schnitt sich ein neues Stück Kautabak, faßte nach dem Branntweinkrug und unterhielt seinen Gefährten mit Erzählungen über seine Seereisen, welche zuweilen gefahrvoll genug verlaufen waren.

437 Heut, sagte er dann, wollen wir es besser machen, Herr. Südostwind ist meist immer ein starker und falscher Wind, müssen ihm aber dennoch vertrauen, so viel wir immer können. Es ziehen die Alandsinseln in einem weiten Bogen von Hangö bis nach Eckenö hinauf, darin hin muß die Schlup laufen, um uns in ein feines Nachtquartier zu bringen. Sind dann gerade vor den äußersten Außeninseln an dem Alandshaf und haben morgen nach Söderarm hinüber einen leichten Weg zu machen.

Otho war ganz damit einverstanden, und während die Sonne so hoch stieg, wie sie kommen konnte, und dann immer weiter und rascher ihren schmalen Bogen gegen den Südwesten beschrieb, vergingen die hellen Tagesstunden den Reisenden schnell genug. Der Schiffer gehörte, wie die meisten Männer seines Standes, nicht zu den Gesprächigen. Sein Leben war in Einsamkeit oder in Geschäften und Arbeiten vergangen, wo Schweigen nothwendig wird. Alle diese Küstenfahrer waren bei Zeit und Gelegenheit auch Schmuggler, und Per erzählte mit Wohlbehagen von seinen Fahrten nach Lübeck und Stralsund, von deutschen Waaren und deutschem Branntwein, von Küstenwächtern und Schlupfwinkeln, und wie er alle diese Inseln, Klippen und Buchten in Nacht und Nebel so genau zu finden wisse, wie seine Hütte in Ecknäs. – Dazwischen aber verging oft lange Zeit, wo die beiden Reisegefährten kaum ein Wort wechselten, und die Stille nur von dem Rauschen des Windes im Takel- und Segelwerk der Schlup und dem zischenden Ton unterbrochen wurde, mit dem die langrollenden Wogen zusammensanken, wenn ihre schaumigen Kämme sich gegeneinander wie weiße Drachen aufbäumten und sich verschlangen. Otho's Blicke hingen an diesem eintönigen und ermüdenden Spiele fest, das sich immer von Neuem wiederholte. Nur zuweilen, wenn eine Welle, mächtiger als viele, das kleine Boot wie eine Nußschale hoch aufhob, um es heftiger in das tief unter ihr ausgehöhlte Thal zu schleudern, suchten seine Augen weit umher und kehrten unbefriedigt zurück. Kein anderes Boot, kein menschliches Wesen, kein Wesen der Schöpfungstage überhaupt, war zu entdecken. Eine weite öde Wasserwüste mischte sich überall mit dem Horizont, nur zur Rechten lagerten in der Ferne die zahlreichen Inseln und 438 Klippen der Alandsgruppe, vom Schnee eingehüllt, der sie zu weißen Punkten und Eishallen machte, die starr und todt aus der brandenden See ragten.

Als die Sonne fast den Horizont erreicht hatte, bemerkte Otho, daß die Schlup sich von dieser eisigen Inselkette weiter als bisher entfernte und ihren nordwestlichen Lauf mehr nach Süden änderte. Per zog die Schoten seiner Segel straffer an und legte die Schlup näher an den Wind.

Warum thust du das? fragte der junge Mann.

Thät' ich's nicht, antwortete der Schiffer, liefen wir zu weit nördlich. Vor uns liegen die Hafinseln. Seht Ihr die drei spitzen Berge?

Otho sah nichts; aber er bildete sich endlich ein, es wäre so und er täusche sich, da Nebel auf dem Wasser lag, der sich dichter und dichter ausdehnte und hohe weißglänzende Felseninseln bildete, die von dem Abendlicht bestrahlt wurden. Nach wenigen Minuten verblaßten alle Farben, und zu verkennen war es nicht mehr, daß der Nebel mit wunderbarer Schnelle zunahm, während der Wind schwächer zu werden schien.

Wir werden die Hafinseln nicht erreichen, sagte Otho.

Müssen sie erreichen, antwortete Per mürrisch. Holt noch einmal fester an, Herr.

Das Focksegel wurde so fest als möglich angeholt, doch nach wenigen Minuten flatterte es von Neuem.

Es faßt den Wind nicht mehr, sagte Otho.

Er ist westlicher gegangen, antwortete Per, aber er wird wieder in den alten Strich fallen, wenn die Sonne herunter ist.

Die See ging in hohen Wellen und warf die Schlup zur Seite, bis sie wieder dem Steuer gehorchte. Ein letztes bleiches Licht heftete sich an eine ferne Insel, die deutlich gesehen werden konnte.

Willst du nicht lieber darauf zuhalten? fragte Otho nach einer Weile.

Wir müßten an die drei Meilen zurück, erwiederte der Schiffer. Sitzt still, Herr, und sorgt nicht. Ehe wir dahin kämen, haben wir die Hafinseln.

Aber der Nebel, begann Otho nochmals. Bist du deiner Sache gewiß?

Per murmelte ein ärgerliches: Ja, Herr! und fügte dann einen Fluch hinzu, der dem tapferen Korporal Ehre gemacht haben würde; 439 denn statt nach dem Süden umzukehren, sprang der Wind sichtlich weiter und weiter um, und blies von Schwedens Küsten herüber. Eine düstere Wand schien sich dabei entweder vom Himmel auf die Erde zu senken oder umgekehrt von der See zum Himmel aufzusteigen; ohne Zweifel waren dies keine niedere Nebelbänke, die von den Windstößen auseinander gejagt werden konnten, sondern trübe schwere Wolkenmassen, die mit wunderbarer Schnelle alles Licht auslöschten.

Was ist das? sagte Otho nach einiger Zeit. Die Segel flattern wieder. Wir stoßen auf.

Treibeis, antwortete Per. Zündet die Laterne an, Herr.

Es fällt Schnee, fuhr Otho fort, und wenn ich in den Bergen am Pajäne wäre, wollt' ich sagen, es kommt ein Sturm.

Ein paar Eiskörner, wer wird's achten, murmelte der Schiffer.

Aber der Wind ist offenbar ein ganzer Westwind mit einem Strich nach Norden geworden, fiel Otho dringender ein.

So machen wir einen Schlag oder zwei, sagte Per hartnäckig. Wir müssen dicht an der Hafinsel sein. Seht dort hin, Herr, seht vor Euch. Könnt Ihr ein Licht erkennen?

Die Dunkelheit war vollständig, eben aber als die Schlup in die Höhe gehoben wurde, ließ sich in der Tiefe des Horizonts ein heller Schein erkennen. Es war als ob eine Fackel brannte, oder ein Baum, aus dessen Ästen feurige Streifen in den Himmel flackerten, dann stürzte die Schlup von dem Wasserberge hinab, und nichts war mehr zu sehen. In der nächsten Minute jedoch stand sie wiederum auf dem Gipfel einer anderen Woge, und während dieser kurzen Zeit war die Fackel zu einer Feuersbrunst geworden, die wild auseinander lief, als verzehre und verschlinge sie eine ungeheure Stadt. In der dunkelrothen Gluth liefen lichte zuckende Schlangen umher, und Blitze stiegen daran auf wie Raketen, die in den düster mächtigen Himmel geschleudert wurden. – Und Woge auf Woge hob und senkte das kleine Schiff, und bei jedem neuen Steigen wechselte der fürchterliche Brand. Bald schien er sich ganz in lodernde Flammen auflösen zu wollen, bald wurden die Blitze nach allen Seiten hin geworfen, und Feuermassen drehten sich wunderbar, wie Räder zusammen, die aus zahllosen feurigen Fäden bestanden; bald wieder flogen farbige, seltsam 440 krause Gestalten aus dem Brande auf, huschten geisterhaft über den Himmel fort, und verschwanden. Dann sank plötzlich alle diese lichte Lohe in dunkelrothe Gluth zusammen, um gleich darauf von Neuem mit vermehrter Kraft den ganzen nordwestlichen Horizont zu überstrahlen.

Die beiden Männer wußten längst, was dieser Brand zu bedeuten hatte, daß es kein irdisches Feuer sei, sondern eines jener wunderbaren unerklärlichen Phänomene, die man Nordlicht heißt, und zwar eines der schönsten und größten, die es geben konnte. Die Wellen spiegelten die geheimnißvolle Gluth zurück, ihre schäumenden Kämme trugen deren rothen Abglanz. Durch die dunklen Thäler des Meeres fuhr der Schimmer glüher Blitze, und auf dem Gesicht des Schiffers malten sie sein stieres Schrecken und Bedenken, die Bestürzung, von der er überfallen war, und die kaltblütige Verachtung von Gefahren, die der beherzte Mann wohl oft schon bestanden hatte.

Nordlichte, wie dies eines war, bringen häufig heftige Stürme mit sich, und Otho zweifelte nicht daran, daß ein schreckliches Wetter nahe sei. Der Wind kam in raschen hohlen Stößen, welche stärker und stärker wurden, und führte starke Eiskörner mit sich, die wie Schrotkugeln in die Gesichter schlugen und erstarrend bis auf die Haut drangen. Dabei fror das Wasser, das über die Buge spritzte, augenblicklich, und überdeckte Wände und Boden des kleinen Bootes mit Eis. Die Taue waren steif, und gingen nicht mehr durch die Kloben. Ein einziger heftiger Stoß genügte, um das Boot zum Kentern zu bringen. Wahnsinn wäre es gewesen, es noch länger an dem Wind halten zu wollen, dem es nicht mehr gewachsen war.

Per wußte ohne Zweifel, daß sein Begleiter recht hatte, als dieser ihm im befehlenden Tone zurief, auf der Stelle die Schlup zu wenden und vor Wind laufen zu lassen. Zeige jetzt, schrie er ihn an, ob du wirklich der Mann bist, in Nacht und Nebel deinen Weg zu finden. Ob du dies Wasser wie deine Hand kennst. Wenn der Wind uns treibt, müssen wir an eines dieser Eilande gelangen. Herum mit dem Steuer, und die Segel los oder wir sind verloren.

Der Schiffer gehorchte, und Otho sprang trotz der Dunkelheit und der Glätte des Eises, das alles Holzwerk überzogen hatte, gelenkig in's Vorderschiff, um das Segel des Fockmastes zusammenzuziehen. Trotz 441 des wilden Wetters und der tobenden See, umringt von Gefahren, die in jedem Augenblick mit Vernichtung drohten, war er unerschrocken, denn er gehörte zu den Männern, die, je größer die Noth, um so energischer ihr Widerstand leisten, und um so entschlossener sich zu helfen suchen. Seinen Pelzrock hatte er längst abgeworfen, die Kälte fühlte er nicht, sein Blut strömte heiß durch alle Adern, und während er mit Heftigkeit und größter Kraft das Segel zurückriß, fielen ihm allerlei Gedanken ein, was zur Rettung geschehen könne. Noch brannte die Laterne zu Pers Füßen, in seinem Reisesacke lagen obenauf ein paar Pistolen, und vielleicht ließen sich diese gebrauchen, um durch ihr Abfeuern einen Menschen zur rechten Zeit aufmerksam zu machen, im Fall das Boot in der Nähe einer der zahllosen kleinen Inseln getrieben wurde, welche hinter ihnen lagen, und unmöglich weit sein konnten. Der Weststurm mußte die Schlup rasch darauf los treiben, wenn es nur gelang sie über Wasser zu halten, und wenn es glückte, nicht vorher zu erstarren. Per konnte an einem guten Strand irgend einen Platz finden, eine Bucht, um zu landen, und ein Zufluchtsort, eine Hütte würde dann auch sich entdecken lassen. Daneben aber fiel ihm ein, mehr als einmal von dem schrecklichen Schicksal solcher verschlagenen, umherirrenden Boote gehört zu haben, deren Mannschaft in Sturm und Kälte Tage lang umhergeworfen, unermeßliche Leiden erduldet, bis die Männer erfroren gefunden wurden, verhungert, verschmachtet, oder Einer noch am Leben, der sterbend von ihren Qualen erzählte. Die Angst zuckte durch seinen Kopf. Er konnte das Segel nicht bewältigen, es war steif wie ein Brett. Er blickte nach Per hin. Bei dem Glimmen der Laterne sah er ihn die Branntweinflasche an dem Mund, und in der Luft heulte der Sturm, schlug in die flackernden Segel wie mit Donnerkrachen, und schüttelte die Masten, daß sie wankten. Die See war wild durchwühlt und im Aufruhr. Der Gang der Wellen hatte sich durch die Sturmstöße geändert. Statt nördlich zu rollen, wurden sie jetzt gegen die finnischen Küsten, ostwärts, gejagt. Die zwiefachen Kräfte bewirkten einen Kampf der Wasser gegen die Wasser, welche sich anfielen, wie hungrige Raubthiere, mit ihren weißen Zähnen die ungeheuren Leiber zerfleischend. Unter dem Donner der See, unter dem Krachen, mit welchem Eisschollen und zermalmte 442 Eisblöcke an einander geschleudert wurden, unter dem Heulen, das von Dämonen herzukommen schien, die aus der Tiefe aufgestiegen, über den Häuptern der verlassenen Männer schwebten, ihnen den Tod anzukündigen, mitten unter Nacht und Schrecken taumelte die Schlup von Woge zu Woge, von Tiefe zu Tiefe, und immer wieder erhob sie sich ohne zermalmt zu werden.

Alle Anstrengungen Otho's, das Segel niederzureißen, blieben fruchtlos; plötzlich aber faßte ein ungeheurer Stoß das steifgefrorene Linnen, brach den Vormast mitten durch, warf ihn vorn über und schlug vom Hintermast die Raa herunter, indem er das Segel daran zu gleicher Zeit in Fetzen zerriß. – Im Augenblick, wo dies geschah, glaubte Otho, daß Alles vorüber sei. Bei dem Brechen und Fallen der Maste wurde er niedergerissen, als er sich aber lebendig fühlte, als er sah, daß die Schlup sich nochmals aufrichte, kehrte sein Muth zurück. Es lag ein Beil unter der Steuerbucht; er rief dem Schiffer zu, es herauszuholen, um die Taue zu durchhauen, an denen Mast und Segeltrümmer noch festhingen. Per aber blieb sitzen ohne sich zu rühren; Otho hörte ihn schreien und lachen.

Als er auf ihn zueilte, hielt ihm Peder die Branntweinflasche entgegen. Trink' und sei lustig! schrie er. Heut haben wir Julafton, Weihnachtsabend. Seht doch wie die Christbäume brennen! Seht da, wie die Lichter in Ecknäs angesteckt werden!

Bist du toll geworden, Mann! rief Otho entsetzt und schüttelte ihn.

Kleine Karina! Schätzchen! schrie Per, ich bringe dir eine Kette mit, eine Kette von Gold. Julafton, meine süße Dirne, Julafton! Steck deinen Baum an. Siehst du ihn, da da!

Ohne sich aufzuhalten eilte Otho zurück, denn Leben und Sterben hing daran, daß die Schlup von den Trümmern frei werde. Mit einem Dutzend kräftiger Schläge war Alles gethan; erleichtert und frei flog das kleine Schiff wieder über die Berge und Abgründe, aber vergebens schaute Otho in die Nacht aus, nichts konnte er entdecken.

Als Per nach den Christbäumen schrie, glaubte er selbst einen hellen Lichtschein zu erkennen, allein es war Täuschung, er war verschwunden. Zuweilen zünden die Bauern in dieser Nacht Feuer an. Doch wer wollte bei solchem Unwetter daran denken. Vielleicht war 443 es auch ein Haus, das auf einem hohen Punkte lag und seine hellen Fenster gezeigt hatte, dann mußte Land in der Nähe sein. Mit der Angst eines Schiffbrüchigen klammerte er sich an den zerbrochenen Mast fest. Das Nordlicht war vorüber, nur ein mattes Leuchten noch im Norden. Nichts umher als Nacht, Eis, Schrecken, die wüthige See, und hinter ihm das grauenvolle Lachen des berauschten halb tollen Schiffers.

Weihnachtsabend! murmelte er vor sich hin und seine Augen richteten sich zum Himmel auf. Der Sturm riß ihm die Kappe ab, führte sie weit in die Finsterniß hinaus, sein Haar flatterte wild über sein Gesicht. Er dachte an die Heimat, an seine Mutter, an Louisa, an sein Haus am Pajäne. Wie oft hatte ihm der Weihnachtsbaum dort gebrannt, wie duftig warm und schön war es dann. In den Armen der geliebten Mutter lag er, und sein Haar, das furchtbare Hände jetzt zerrissen, wurde von den weichen gütigen Mutterhänden gestreichelt. War es nicht am letzten Weihnachtsabend, den sie erlebte, wo sie Louisa's Arm um seinen Nacken legte und ihre beiden Kinder an ihre Brust zog. Nie sollst du deine Schwester verlassen, hatte sie gesagt; ihr Schützer sollst du sein, und jeder Weihnachtsabend soll euren Bund erneuen. Unter dem Christbaum sollt ihr meiner und meines Segens gedenken.

Das fiel ihm Alles ein, und feurige Funken rollten vor seinen Augen. Es war als spaltete sich die fürchterliche Nacht, und er sah Louisa traurig vor dem Christbaum stehen und die Hände nach ihm ausstrecken. Mutter, meine Mutter! murmelte er, ich denke dein! Erich wird Louisa schützen und sie – sie – er sprach den Namen nicht aus, ein anderer drängte sich auf seine Zunge – Serbinoff! Laß mich nicht so enden! schrie er in den Himmel hinauf. Ich will nicht sterben, ich muß noch leben!

Die Schlup stürzte, als er dies sagte, von einer Welle nieder und erhielt einen Schlag, der ihren ganzen Körper durchschütterte. Sie war auf eine Eisscholle gestoßen; Otho glitt von der Bank, fiel wieder und raffte sich auf. Das Knattern und Krachen rund umher erhöhte seine Bestürzung.

Wir sind auf Eis gerathen, Per! schrie er dem Schiffer zu, und von Neuem auf die Bank springend hielt er die Laterne so hoch, als 444 er konnte. Deutlich konnte er sehen, wie die Wogen große Eismassen mit sich wälzten, die mit schrecklicher Gewalt an einander rasselten. Das zerrissene Tau des Hauptsegels hing am Maste nieder und einer Eingebung folgend, band Otho die Laterne daran fest und zog sie in die Höhe. Einige Minuten lang beleuchtete sie von dort das grauenvolle Schauspiel. Überall schien das Eis in dichten großen Schollen und zusammengefrorenen Stücken das unglückliche Boot zu umringen, aber ehe noch eine andere Bemerkung zu machen war, warf der Sturm es heftig zur Seite. Die Laterne flog in Stücke, das Licht erlosch, Per Stahl schlug ein wildes wahnsinniges Gelächter auf.

Hoho! schrie er, ich hätte es Euch vorher sagen können. Da ist Licht genug, da, da?

Wo? fragte Otho.

Christbaumlicht, ich kenn's! schrie Per.

Land dort! fiel Otho ein.

Land? Eh, seht Ihr nicht? Rund um uns her, Land. Husch, seht Ihr den Schatten? Die schwarze Katze schreit, ihre Augen leuchten wie Feuer. Halt da! Da kommt sie!

Otho hatte aus dem Reisesack die Pistolen herausgerissen, lange Sattelpistolen der damaligen Zeit. Die beiden rothen Blitze zuckten durch die Finsterniß. – Sie schreit! die Katze! die Katze! brüllte Per aufspringend. Da sind wir, dicht bei ihr. Komm her! Komm her!

In dem Augenblicke wurde das Boot am Stern von einer langen spitzen Eismasse erreicht. Das Steuer zersplitterte, die Planken brachen. Ein Krachen folgte gleich darauf an den Bugen: Wir werden zerquetscht! schrie Otho verzweiflungsvoll.

Hier! hier! Julafton! Julafton! antwortete der Schiffer, der jubelnd seine Kappe schwang.

Ein gurgelnder Ton, ein dumpfer Schrei folgte, dann war Alles still. Der Sturm raste weiter. Die treibenden Eismassen donnerten und brachen; ein glüher Nordlichtblitz fuhr bis in den Zenit des Himmels, beleuchtete den Kampf der Wogen und Schollen, die Masten und Bretter, welche zwischen ihnen trieben, und verschwand.


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