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Herr Melchior Rantzau

Was war ein lustiger Reitersmann,
Und so mutige gab es nicht viele!
Er schnallte die silbernen Sporen sich an
Und jagte hinunter tom Kyle. Tom Kyle: Kiel

Und wo in der Gasse ein stattlich Haus,
Da neigten die Mägde, die Frauen
Verstohlen zu Fenster und Türen hinaus.
Nach dem stattlichen Ritter zu schauen.

Herr Melchior Rantzau, was habt ihr vor?
Als wär' es die Jagd nach dem Glücke! –
Er galoppiert' durch das offene Tor
Hinauf auf die donnernde Brücke.

Hei! wie da scheut' und sich bäumte der Rapp'!
Und über das eiserne Gitter
Hoch von der donnernden Brücke hinab
In den Hafen setzte der Ritter.

Herr Melchior Rantzau, das war nicht gut!
Wer wollt' mit dem Meergott' sich messen?
Es strafen die Götter den Übermut
Der Sterblichen, die sich vergessen.

Tief unten ruft es: Sei mein! sei mein!
Laß ab, vom irdischen Leben!
Ich hab' viel' blühende Töchterlein,
Und die schönste will ich dir geben!

Und will dir schenken das schönste Roß,
So je meinen Wagen gezogen,
Und wohnen sollst du im gold'nen Schloß,
Gleich mir, ein König der Wogen!

Herr Rantzan lacht, daß es weithin schallt, –
Das Glück hilft dem Mutigen weiter,
Und zurück durch die Gasse mit Sturmesgewalt
Trägt das Roß den verwegenen Reuer.

He! Männiken schwarz, hast vom Salzigen du
Gesoffen im Hafen tom Kyle,
So sollst du auch schmecken vom Süßen dazu
Aus dem Teich' bei der klappernden Mühle!

Herr Melchior Rantzau, seid auf der Hut!
Noch könnten die Nixen erfassen,
Den unbehelligt aus salziger Flut
Der Meergott gnädig gelassen. –

Und bei der Mühle auf schwankem Steg',
Da spülen die Mägde das Linnen, –
Hoch über die Haufen, die Körbe hinweg!
Und hinein! – als war' er von Sinnen.

Und die Mägde kreischen und stieren sich an,
Schneeweiß vor Schrecken die Wangen, –
Und um den stattlichen Reitersmann,
Wie harrten in Angst sie und Bangen!

Durch Schilf und Binsen hinauf, hinab,
Dem Ufer zu nach der Wiese
Nur lustig, nur lustig, mein mutiger Rapp!
So grün winkt dir keine wie diese!

Da lockt es und flüstert: Halt' Rast! halt' Rast!
Wir lassen dich nimmer von hinnen!
Sei unser! sei unser! – Im Fee'npalast
Harrt deiner das seligste Minnen!

Halt' Rast, wo dir Rosen versperren den Pfad,
Und brich sie, du mutiger Schwimmer!
Und was die Minne nur Süßes hat,
Dir sei es zu eigen für immer!

Herr Melchior Rantzau, und merkt ihr noch nicht
Der Nixen tückisches Walten? – –
Es schlagen die Binsen ihm in das Gesicht,
Und das Schilf versucht, ihn zu halten.

Vergebliches Ringen, vergebliches Müh'n!
Den Händen entgleitet der Zügel, –
Und da, wo die Rosen im Wasser blüh'n,
Verlieren die Füße den Bügel. –

Und da, wo die Rosen im Wasser blüh'n,
Umfängt ihn die Nixe zur Stunde; –
Der Rappe weidet des Ufers Grün, –
Der Ritter schlummert am Grunde.

Comp. 1st. von Claudius Serpenthien.

»Im Jahre 1588 ist Melichior Rantzau von Schönweide in der Stadt Kiel aus purem Übermut von der höchsten Brücke ins salze Wasser gesprungen; es hat ihn aber damals sein gutes Pferd glücklich zu Lande gebracht. Alsbald reitet er nun nach der Pferdetränke in der Vorstadt, damals »Mühlenteich« genannt, allwo die Mägde waschen; und spricht der Rantzau zu seinem Pferde: »Männeken, du hast heute salzes Wasser gesoffen, du mußt auch einmal frisches Wasser saufen!« und somit springet er vorsetzlich in den Teich bei den Mädchen hinein, um sie zu erschrecken. Wie nun aber das Pferd in dem Schlamm stecken bleibt, wirft es ihn herunter, daß er vor den Augen der Leute elendiglich ersaufen muß. Das Pferd aber kommt zu Lande, frißt von den Weidenreisern am Teich und kümmert sich wenig um seinen Junker.«

»Chronika der Stadt Kiel.«


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