Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Der Sckelm von Bergen

Im Römer, dem alten Kaisersaal',
Bei der Kerzen funkelndem Glänze
Reih't Paar an Paar sich nach festlichem Mahl',
Und Trompeten schmettern zum Tanze.
Mit der Kaiserin am Arm'
In dem lustigen Schwarm',
Wo so viele die Freude vereinet,
Barbarossa, der Kaiser, erscheinet.

Rings schallender Jubel dem herrlichen Paar'
Durch die hohen, glänzenden Hallen;
Traun! schöner und anmutbezaubernder war
Als die Kaiserin keine von allen.
So im Heiligenschein'
Wohl ein Engel mag sein,
Daß verwundert die Männer, die Frauen
Eine Himmlische wähnten zu schauen.

Nun freue sich der, den sie huldvoll erseh'n
Und gewürdigt zu fürstlichen Ehren!
Denn so will es der Brauch, und was früher gescheh'n.
Nicht sollte das Fest es entbehren.
Wer zumeist ihr gefällt,
Wird zum Tanze bestellt
Und hat, bis verstummt ist der Reigen,
Die Hand seiner Fürstin zu eigen.

Und die Edlen alle, die Ritter im Kreis
Verharrten mit wonnigem Bangen,
Es nährete still nach so lieblichem Preis
Wohl jeder ein glühend Verlangen;
Doch ob Ritter, ob nicht,
Sie war ledig der Pflicht.
Und zum Tänzer nach eignem Gefallen
Erkor sie den Schönsten von allen.

Wer mag es sein in dem lockigen Haar',
Dem so hohes Glück ward gegeben?
O, seht nur das blitzende Augenpaar
Und der Wangen blühendes Leben!
Und die edle Gestalt!
Und des Zaubers Gewalt
In des Tanzes anmutender Weise!
So fragt und so flüstert man leise.

Doch keiner kennt ihn von allen im Saal';
So mag er selber es sagen!
Und als verstummt die Trompeten zumal,
Beginnt ihn der Kaiser zu fragen:
Ei, du schmucker Gesell,
Nun verkünde mir schnell.
Wer du bist, dem, vor allen ersehen,
Der Ehren höchste geschehen?

Da überströmt's ihn wie Purpurglut,
Und zur Erde blickt er beklommen,
O, Herr, verzeiht mir den Frevelmut,
Daß zu eurem Fest' ich gekommen,
Und vergebt mir die Schuld
Um der Kaiserin Huld!
Mit dem niedrigsten hat sie der Schergen
Getanzt, mit dem Schelme von Bergen.

Dem Schelm' von Bergen?! – wer das vernahm,
Nicht Freude mehr fand er am Feste;
Es bebte der Kaiser, – es überkam
Wie Schaudern und Grausen die Gäste,
O der Schmach und der Schand',
Daß mit blutiger Hand
Ein Schelm die Kaiserin berührte
Und ein Henker zum Tanze sie führte:

Das wirst du büßen wohl hundertfach.
Du Schelm! – ein Wort, – und es blitzen
Ringsum die Schwerter, zu sühnen die Schmach
Und dein sündig' Blut zu verspritzen!
Ein Wort! – doch es spricht
Noch der Kaiser es nicht,
Weil mit zärtlichem Blick' für den Armen
Ihn die Kaiserin fleht um Erbarmen.

Und der Henker sieht's, – und mit keckem Mut'
Zum Kaiser spricht er aufs neue:
Herr Kaiser, und wollt ihr zur Sühne mein Blut,
Den Tod erleid' ich ohn Reue!
Viel zu hoch und zu hehr
Ist der Kaiserin Ehr',
Als daß mit frevelnden Händen
Ein Henker vermöcht' sie zu schänden!

Und streckt' mich zur Strafe das rächende Schwert
Im jähen Tod' auch darnieder,
Was mir die Menschen so herzlos verwehrt,
Vom Himmel hab' ich es wieder,
Denn ein Ehrlicher schon
Ward von Bergen der Frohn,
Als zum Tanz' er die Kaiserin führte,
Dieweil ihn ein Engel berührte!

Und alles blickte auf den Kaiser hin
Und den frechen, verwegenen Sprecher;
Nicht frommt es, hochherzige Kaiserin,
Noch zu bitten für den Verbrecher,
Denn mit donnerndem Wort'
Herrscht der Kaiser sofort:
Du Schelm von Bergen, zur Erde
Daß dein Lohn, der verdiente, dir werde!

Und nieder knieet er mit neigendem Haupt',
Und es zückt schon das Eisen, o Grauen!
Sein Herr und Kaiser, daß männiglich glaubt,
Den gerichteten Henker zu schauen;
Bis das blitzende Schwert
In den Nacken ihm fährt,
Und der Seele genommen die Schranke,
Traun! ein Augenblick nur, – ein Gedanke!

Noch eh' er verschwunden, und eh' er gedacht.
Da hatte mit kräftigem Schlage
Schon Kaiser Friedlich ein Ende gemacht
Der grausigen, schrecklichen Lage,
Hatt' von Bergen der Frohn
Schon empfangen den Lohn
Für alles, was er verbrochen,
Und der Kaiser die Worte gesprochen:

Zum Ritter hab ich mit diesem Schwert
Dich, Schelm von Bergen, geschlagen!
Als Ritter mögest du, ehrenwert,
Fortan es führen und tragen! –
Und er reicht' es ihm hin
Mit gewogenem Sinn',
Und so ward aus dem niedrigsten Schergen
Das Geschlecht der Schelme von Bergen.


 << zurück weiter >>