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Judith.

Aus Ninive zog Holofern
Mit lust'gen Zimbelklängen,
Am Himmel sollte Assurs Stern
Die Sterne all verdrängen.
Sein König kannte nur den Sieg,
Es zählten seine Heere
Der Streiter für den blut'gen Krieg
So viel als Sand am Meere.

Und als sie vor Bethulia
Genüber auf den Bergen,
Da wogten schon den Mauern nah'
Des Feldherrn wilde Schergen.
Die Tore auf für Holofern,
Sonst werdet ihr verderben!
Nie Tore zu! – das Volk des Herrn
Weiß für den Herrn zu sterben.

Wohl mahnte Achior und bat
Und gab ihm offen Kunde:
O, Herr, laß ab, dies Völkchen hat,
Den höchsten Gott im Bunde;
Er führt' es durch das wilde Meer,
Und die ihm nachgezogen,
Ägyptens König und sein Heer,
Begrub er in den Wogen.

Doch Holofern mit grimmem Spott':
Das kümmert Assur wenig.
Wir kennen keinen Herrn und Gott,
Als unsern Herrn und König!
Der nur allein regiert die Welt,
Der ist's, zu dem wir beten,
Und was sich ihm entgegenstellt,
Wird in den Staub getreten!

Und an dem Hang' des Berges schnell
Verstopfen sie die Brunnen,
Daraus der Labe süßer Quell
Bislang zur Stadt geronnen.
O, Jammer, als das Bächlein jetzt
Die Armen sah'n versiegen!
Ob solcher Not muß auch zuletzt
Der Mutigste erliegen.

Schaff' Wasser, Wasser, Osia,
Und rett' uns vom Verderben!
Schaff' Wasser für Bethulia,
Eh' Weib und Kinder sterben!
Viel schlimmer noch des Durstes Brand,
Als blut'ger Tod der Schlachten!
Und lieber in der Feinde Hand,
Als jämmerlich verschmachten!

O, meine Brüder, habt Geduld
Fünf Tage noch zu Ende,
Ob nicht «der Herr in Gnad' und Huld
Den Jammer von uns wende! –
Und sieh, eh' noch die Frist entfloh'n
In Angst, Gebet und Flehen,
Da hatt' auch Gott die Hülfe schon
Nach seinem Rat' ersehen.

In stiller Kammer kniet ein Weib,
Demütig, unerschrocken,
Der Sack umhüllt den schlanken Leib,
Und Asche deckt die Locken,
Und im Gebet' von Gott gefeit
Zur Retterin vom Leide,
Vertauscht sie nun das Trauerkleid
Mit einem Kleid' der Freude.

Wie lieblich bist du anzuschau'n,
Als wie am Hochzeitsfeste,
O, Judith, du von allen Frau'n
Die schönste wohl und beste!
Doch um dein Leben ist uns bang!
Was sinnst du zu vollbringen?
Ihn, welchen keiner noch bezwang,
Wird auch kein Weib bezwingen!

Und schon der vierte Morgen lacht,
Seit sie hinausgegangen,
Und schon beginnt die vierte Nacht
Und läßt die Sternlein prangen.
Wo bleibt das Weib mit ihrer Magd?
Was ist aus ihnen worden?
Wer zweifelt noch, wer hofft, wer fragt?
Gewiß, er ließ sie morden!

Da, horch! – da klopft es laut ans Tor
In mitternächt'ger Stunde:
Macht auf! macht auf! es harrt davor
Ein Weib mit froher Kunde!
Da eilen, die sie tot geglaubt,
Mit Fackeln schnell zusammen!
Und seh'n, o Graus! ein blutig Haupt
Im roten Schein' der Flammen!

O sprich, – ist er es? sag' uns an,
Wie konntest du's vollbringen?!
Er ist's! – ich stürzte den Tyrann!
Laßt uns dem Herrn Lob singen!
Gelobt sei Gott zu dieser Stund'
Und sei's zu allen Tagen! –
Und nun vernehmt durch meinen Mund,
Wie ihn der Herr geschlagen.

Frisch, Abra, folg' mir unverzagt
Und hilf es mir vollenden! –
Das arme Weib mit seiner Magd,
Bald war's in ihren Händen.
Was gibt's? – ein Weib ohn' Schutz und Wehr', –
Sie führen es gefangen.
Wo willst du bin, wo kommst du her?
Und was ist dein Verlangen?

Aus jener Stadt am Berge fern,
Damit ich bringe Kunde
Dem Holofernes, eurem Herrn,
Wie bald sie geh' zu Grunde,
Und, rings verfolgt von Hohn und Spott,
Durch uns'rer Feinde Scharen
Hinschritten wir und baten Gott,
Uns gnädig zu bewahren.

Da stand ich denn, vor ihn gebracht,
Zu harren seiner Fragen,
Ob all der Macht und all der Pracht
Mit Furcht und Angst geschlagen.
Da stand ich wie in Todesgrau'n,
Und wußt nicht, was beginnen,
Und keinen Ausweg konnt ich schau'n
Und war, als wie von Sinnen.

Doch näher dem ersehnten Ziel'
Half Gott dem armen Weibe
Und schenkte, daß sie wohlgefiel,
Die Schönheit ihrem Leibe.
Tritt näher, Weib! – nicht fürchte dich,
Kein Unheil soll dir schaden!
Was bittest du? – laß hören mich!
Dein warten Huld und Gnaden.

O Herr, hab' Dank für solch ein Wort.
Es wird dich nimmer reuen!
In wenig Tagen bist du dort,
Des Sieges dich zu freuen!
Und sind erst diese Tore dein,
Sind's alle Tor' und Türen;
Und nach Jerusalem hinein
Will deine Magd dich führen!

Gebrochen ist der Trotz'gen Mut
Und Aufruhr in den Gassen;
Sie tranken von des Opfers Blut,
Nun hat sie Gott verlassen;
Es brennt der Durst, der Hunger nagt, –
Es herrschen Schand' und Sünde,
Drum suchte Rettung deine Magd;
Hab' Dank, daß ich sie finde.

Und gabst du diese Gnade mir,
O, zürne nicht der Bitte!
Gern dient' ich meinem Gott auch hier
Nach uns'rer Väter Sitte.
Gestatt' uns denn, daß wir zumal
Frei aus dem Lager treten
Allabendlich für dich im Tal'
Zu unserm Gott zu beten.

Wohlan, so tut es! – mir gefällt
Das Wort aus deinem Munde;
Hier weilt und ruht vor meinem Zelt'
Zu jeder Zeit und Stunde,
Und ungestört mögt immerhin
Ins Tal den Schritt ihr lenken,
Das Weib und ihre Dienerin
Soll kein Assyrer kränken.

Und als die Nacht ihr Sternengold
Herab vom Himmel sandte,
Da hat sein Unstern es gewollt,
Daß er in Lust entbrannte,
Da lud er mich zu seinem Mahl'
Und tat mir freundlich winken
Und reichte mir die gold'ne Schal'
Voll süßen Wein zu trinken.

Und trank und trank ihn Zug auf Zug
Dann selber Schal' um Schale.
O, Mut, mein Herz! – bald ist's genug!
Schwer taumelt er vom Mahle
Und sucht die gold'ne Lagerstätt',
Von Trunkenheit befangen;
Ich aber sah vor seinem Bett'
Das Schwert hellblitzend hangen.

Herr Gott, es steht in deiner Macht,
So hilf es mir vollenden!
Da hieb ich zu, – da war's vollbracht, –
Und hielt das Haupt in Händen, –
Und hüllt' es in die Decke ein,
Von keinem Aug' gesehen. –
Nun, Abra, komm', daß wir allein
Ins Tal zu beten gehen!

Und keiner fragt woher? wohin?
Da wir hinausgetreten;
Laßt gehen die Hebräerin,
Sie will hinab, zu beten!
Und mitten durch der Feinde Schar
Mit uns'rer blut'gen Beute,
Als noch die Nacht im Lager war,
Heimkehreten wir heute.

Und Gott zum Zeugen! – ich bin rein
Und unberührt von Schande!
Sein Name soll gepriesen sein
In jedem Volk' und Lande!
Nehmt hin den Kopf, den wir gebracht,
Steckt hoch ihn auf die Zinnen!
Die Tore auf und in die Schlacht,
Ihr werdet sie gewinnen!

Nun, Feldhauptmann, was schläfst du noch?
Auf, führe deine Horden!
Die Mäuse krochen aus dem Loch'
Und sind gar kühn geworden!
Ein Hauptmann aber ohne Haupt,
Was sollt' er ihnen frommen?
Das Weib, das ihm das Herz geraubt,
Hatt' auch den Kopf genommen.

Und kopflos wurden allzumal
Die andern vor Entsetzen;
Da floß ein roter Quell zu Tal,
Die durst'ge Stadt zu letzen,
Da wurden wohl im blut'gen Streit'
Der Helden viel' gebettet,
Und wurde so aus allem Leid'
Das Volk des Herrn gerettet.

Drommeten, Pauken und Schalmei'n!
Zum Jubel ward die Trauer!
Wer schaut denn noch so grimmig d'rein
Hoch oben von der Mauer?
O, Schmach dir, stolzer Holofern,
Daß dich ein Weib vernichtet!
Wer also lästert Gott, den Herrn,
Den hat der Herr gerichtet!


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