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Dar danzt Bornholm hin

Nun blieb dem Könige keine Wahl,
Die Dänen waren geschlagen;
Es lag der lübische Adimral
Schon hart vor Kopenhagen.
Nie siebenundsiebenzig Hänse
Und siebenundsiebenzig Gänse, Als im Jahre 1362 der Bund der Hansa, zu welchem 77 Städte gehörten, unter denen Lübeck die vornehmste war, dem Könige von Dänemark, Waldemar IV. den Krieg erklärte, ließ dieser spöttisch antworten:

Söven und söventich hense,
Söven und söventich gense,
Biten mi nich de gense,
Frag ick'n Sch-t na de hense.

Für die etwa gefangenen Hanseaten ließ der König einen Turm erbauen
und auf dessen Plattform das Standbild einer Gans setzen.
Schon setzen sie lustig allzumal
Ans Land, den Sturm zu wagen.

Und Boten sandte der König aus:
Herr Wittenborg, laßt euch grüßen!
Ihr habt gelegt im blutigen Strauß'
Mein Recht zu euren Füßen;
Bornholm habt ihr genommen,
Trotzdem seit mir willkommen!
Und heut' im Schloß bei Tanz und Schmaus
Da laßt uns Frieden schließen.

Und heut' im Schloß erglänzet der Saal
Und tragen die Tische das Beste,
Geburtstag feiert des Königs Gemahl
Und heißt willkommen die Gäste;
Zwischen ihr und dem König inmitten,
Willfahrend freundlichen Bitten,
Einnimmt der lübische Admiral
Den Ehrenplatz auf dem Feste.

Trompeten und Pauken und Fackelschein
Bei lustiger Tafelrunde!
Für all' die Gäste fast war zu klein
Das Königsschloß am Sunde;
Rings leerten schäumende Becher
Unzählige durstige Zecher,
Und die Königin selber kredenzte den Wein
Dem Admiral vom Bunde.

Herr Johann Wittenborg, seid auf der Hut!
Wie soll das werden und enden?
Verlockender flammt nicht des Nektars Glut
In Hebes schimmernden Händen!
Die Schönste ist sie von allen,
Wer ihrem Zauber verfallen,
Zu Grunde geht er, wie meti es tut,
Und kann's nicht ändern und wenden,

Trompeten und Pauken und Fackelschein, –
Nach dem Mahle folgte der Reigen.
Herr Wittenborg tat sich gar ritterlich fein
Vor des Königs Gemahlin verneigen:
O Herrin, wollet gewähren
Die Hand mir zum Tänzchen in Ehren,
Dürft' solcher Huld sich mein Herz erfreun,
Der Himmel war' ihm zu eigen!

Und lächelnd spricht sie mit schlauem Sinn':
Zwar gern, – doch der Freundschaft ein Zeichen,
Was ich könnt', zu sehen, wie wert ich euch bin,
Mit so schönen Worten vergleichen!
Und wolltet ihr das zu Gefallen,
Mir geben, – es würde vor allen
Die Hand Alt-Dänemarks Königin
Euch alleine zum Tanze nur reichen!

Und sie tat es, – und da sie im strahlenden Licht'
Durch den Saal hinschwebten die Runde,
Ihm war's, als fühlt' er im Angesicht'
Ihren Hauch aus rosigem Munde;
Ihm war's, als hörte er lüstern
Von üppigen Lippen es flüstern:
O, meine Bitte, versagt sie nicht,
Und die Glücklichste wär' ich zur Stunde!

Was wollt' ihr? fragt er mit glühendem Blick',
O, sagt es, daß ich's gewähre!
Sie flüstert leise: Bornholm zurück!
Bornholm, meine Perle im Meere!
Und der erste hättet, der Beste,
Also ihr zum heutigen Feste
Zugleich gespendet das wonnigste Glück
Dem Geburtstagskinde zur Ehre!

Und es tanzte Herr Wittenborg
Inmitten seiner Getreuen
Nur mit einer die ganze Nacht hindurch,
Das mochte baß ihn erfreuen.
Und was sagten die Seinen? – sie sagten:
Dar danzt Bornholm hin! sie klagten:
Dar danzt Burnholm hin! – Verblendeter, sorg',
Daß es nimmer dich möge gereuen!

Und die Nacht ging zu Ende, das Fest war aus,
Und zu Ende war's mit dem Kriege.
Herr Johann Wittenborg schiffte nach Haus,
Gen Lübeck nach ruhmvollen Siege,
Bornholm, Bornholm ist genommen!
Willkommen sei uns, willkommen,
Und froh empfangen nach blutigem Strauß'
Daheim in der Stadt deiner Wiege!

Herr Johann Wittenborg, bangt euch nicht
Ob allem, was da geschehen?
In Lübeck halten sie strenge Gericht,
Müßt Red' und Antwort ihm stehen;
Bornholm, Bornholm ist verloren!
O, wäret ihr nimmer geboren!
Im Leichtsinn habt ihr vergessen der Pflicht,
An den Kragen könnt' es euch gehen! –

Und im Turm' zu Lübeck in Not und Sorg'
Und der Knechte schmutzigen Händen,
Da sitzt und schmachtet Herr Wittenborg
Und kann sein Schicksal nicht wenden;
Ein Jahr verronnen ist eben.
Seit zurück Bornholm er gegeben
Und seit er tanzte die Nacht hindurch, –
Wie soll das werden und enden?!

Und ein Glöckchen läutet mit klagendem Ton',
Und manch Antlitz tut sich entfärben, –
Im roten Mantel hinschreitet der Frohn;
Wem droht so jähes Verderben?
Durch die Gassen lärmend Gedränge,
Und den Marktplatz füllet die Menge, –
Ein armer Sünder empfängt den Lohn
Und wird geleitet zum Sterben.

Und die umstrickte ihm Herz und Sinn,
Daß Bornholm zurück er gegeben,
Alt-Dänemarks blühende Königin,
Geburtstag feiert sie eben
Bei lustiger Tafelrunde,
Und sie lacht, den Becher am Munde:
Skaal, Voldmar! – Heut' tanzte Bornholm dahin,
Herr Wittenburg soll leben!


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