Alain René Lesage
Gil Blas von Santillana
Alain René Lesage

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Zehntes Kapitel.

Geschichte des Don Pompejo de Castro.

Don Alexo, fuhr er fort, weiß, daß ich als Jüngling Neigung zu den Waffen fühlte. In meinem Vaterland herrschte Ruhe, deßhalb ging ich nach Portugal, von wo ich mit dem Herzoge von Braganza, der mir unter seinen Truppen einen Posten ertheilt hatte, nach Afrika kreuzte. Ich war der Jüngste meiner Familie, wenig begütert, und Spanier. Dieß setzte mich in die Nothwendigkeit, mich durch Thaten auszuzeichnen, welche die Aufmerksamkeit meines Chefs auf mich zu lenken vermögend waren. Ich beobachtete meine Schuldigkeit so gut, daß der Herzog mich beförderte, und in den Stand setzte, ferner auf ehrenvolle Art ihm zu dienen.

Nach einem langen Kriege, dessen Ende Ihnen insgesammt nicht unbekannt ist, begab ich mich an den Hof; und der König ertheilte mir auf das gute Zeugniß, das mir meine obern Officiere insgesammt gaben, eine ansehnliche Pension. Gerührt durch das edle Verfahren Seiner Majestät, ließ ich keine Gelegenheit vorbey, Selbiger durch meine öftere Aufwartungen meine Erkenntlichkeit an den Tag zu legen. Ich war jede Stunde um ihn, in der es vor ihm zu 137 erscheinen erlaubt war; dadurch erwarb ich mir unmerklich die Gewogenheit dieses Fürsten, und erhielt von ihm neue Beweise seiner Huld.

Eines Tages hatt' ich mich in einem Stiergefechte und einem darauffolgenden Ringelrennen so hervorgethan, daß mich der ganze Hof wegen meiner Stärk' und Behendigkeit lobte. Als ich mit diesem allgemeinen Beyfalle gekrönt zu Hause kam, fand ich daselbst ein Billet des Inhalts: eine Dame, auf deren Eroberung ich stolzer zu seyn Ursache hätte, als auf alle heute genossene Ehrenbezeigungen, wünsche mich zu sprechen, und ich möchte mich nur mit Anbruche der Nacht an einem gewissen bestimmten Orte einfinden. Dieser Brief machte mich vergnügter, als alle erhabene Lobsprüche; ich bildete mir ein, dieß Billet käme von einer Dame ersten Ranges. Daß ich zum Rendezvous hinflog, können Sie Sich leicht vorstellen.

Eine Alte, die mich dort erwartete, um mein Wegweiser zu seyn, führte mich durch ein Gartenpförtchen in ein großes Haus, und schloß mich in ein reichmöblirtes Cabinet ein, mit den Worten: Bleiben Sie nur hier, ich will Sie meiner Herrschaft sogleich melden. Ich ward in diesem Cabinette, das durch eine Menge Wachslichter erhellet wurde, sehr viel Kostbarkeiten gewahr; was mich aufs lebhafteste überzeugte, daß die Besitzerinn eine der vornehmsten Damen seyn müsse. Hätte mir auch nicht alles, was um 138 mich war, diese Versicherung geben können, würd' ich doch bey ihrer Erscheinung durch ihr edles und majestätisches Wesen völlig davon seyn überführet worden. Gleichwohl war sie doch nicht das, wofür ich sie hielt.

Sennor Cavallero, sagte sie zu mir, nach dem Schritte, den ich eben gethan, wäre es lächerliche Ziererey, Ihnen meine zärtliche Liebe bergen zu wollen. Nicht die Verdienste, die Sie heute vor den Augen des ganzen Hofes glänzen liessen, haben mir selbige eingeflößet; sie haben bloß das Geständniß meiner Liebe beschleuniget. Ich habe Sie mehr denn einmal gesehen, habe mich nach Ihnen erkundiget, und so viel Gutes von Ihnen erfahren, daß ich den Entschluß faßte, meiner Neigung zu folgen.

Glauben Sie nicht etwa, fuhr sie fort, eine Herzoginn erobert zu haben. Ich bin nichts mehr, als die Witwe eines Officiers von der königlichen Leibwache; was aber Ihren Sieg glorreich macht, ist der Vorzug, den ich Ihnen vor einem der größten Herren des Reichs einräume. Der Herzog von Almeida liebt mich, und spart nichts, mir zu gefallen. Dennoch wird er seinen Zweck nie erreichen; denn ich nehme bloß aus Eitelkeit seine Bedienung an.

Ob ich gleich aus dieser Rede merkte, wes Geistes Kind diese Dame war, so dankt' ich dennoch meinem günstigen Gestirne für dieß Abenteuer. Donna Hortensia, so hieß diese 139 Witwe; war noch im Lenz' ihrer Jahre, und von blendender Schönheit. Ueberdieß schenkte sie mir ein Herz, das die eifrigsten Bemühungen eines Fürsten von sich gewiesen hatte. Welch' ein Triumph für einen Spanischen Cavalier! Ich warf mich Hortensie'n zu Füßen, und dankt' ihr für ihre Güte; sagte ihr alles, was ein Mann, der nur etwas Welt hat, sagen kann, und sie hatte Ursache, mit den feurigen Ausbrüchen meines Danks zufrieden zu seyn. Auch schieden wir als die besten Freunde von einander, nachdem wir die Abrede getroffen, uns all' die Abende zu sehen, an welchen der Herzog nicht kommen könnte. Man versprach, mich dieß auf's pünctlichste wissen zu lassen, und hielt Wort; ich ward endlich der Adonis dieser neuen Venus.

Allein nichts hinwelkenders als die Vergnügungen unsers Lebens! So gute Maßregeln die Dame auch traf, unsern Umgang meinem Nebenbuhler zu verbergen, so erfuhr er dennoch alles das, an dessen Verheimlichung uns so viel lag. Ein mißvergnügtes Aufwartemädchen verrieth die ganze Karte. Diesen Herrn, der von Natur edelmüthig war, aber auch stolz, eifersüchtig und stürmisch, indignirte meine Kühnheit nicht wenig. Ganz betäubt von Zorn und Eifersucht, beschloß er, lediglich seiner Wuth zu folgen, und sich auf's schmachvollste an mir zu rächen. In einer Nacht, da ich bey Hortensie'n war, ließ er all' seine Leute, mit 140 Stöcken bewaffnet, an dem Gartenpförtchen auf mich lauern. Sobald ich herauskam, befahl er diesem Gesindel mich zu greifen, und sagte zu ihnen: Zugeschlagen, bis der Verwegene unter Euren Schlägen erliegt! Dieß sey der Lohn für seinen Uebermuth.

Kaum hatte er diese Worte gesagt, so fielen all' seine Leute über mich her, und prügelten dermaßen auf mich zu, daß ich ohn' alle Besinnung liegen blieb. Hierauf begaben sie sich mit ihrem Herrn fort, dem diese unmenschliche Behandlung ein höchst angenehmes Schauspiel gewesen war. Ich blieb den Ueberrest der Nacht in diesem todtenähnlichen Zustande. Mit anbrechendem Morgen schafften mich einige Vorbeygehende, die noch einiges Leben an mir bemerkten, aus Mitleiden zu einem Wundarzt. Tödtlich waren zum Glück meine Wunden nicht, der Mann, in dessen Hände ich fiel, war geschickt, und so befand ich mich binnen zwey Monathen vollkommen wieder hergestellet. Ich erschien wieder am Hofe, und gerieth völlig auf meine alten Sprünge, außer, daß ich nicht mehr zu Hortensie'n kam, die auch ihrer Seits keinen Versuch machte, mich wiederzusehen, weil ihr der Herzog um den Preis ihrer Untreue verziehen hatte.

Da mein Abenteuer jedermann bekannt war, und ein jeder wußte, daß ich nicht Mämme sey, so wunderte man sich allgemein, daß ich so ruhig 141 blieb, als wenn mir nie eine so schimpfliche Beleidigung widerfahren wäre; denn ich sagte Niemanden, was ich Willens war, und schien gar keinen Groll zu hegen. Man wußte gar nicht, wie man diese erhäuchelte Gleichgültigkeit auslegen sollte. Einige glaubten, der hohe Rang meines Beleidigers hielte mich in Respect, und nöthigte mich, die Beleidigung in mich zu schlucken, Andre, und das nicht ohne Ursache, trauten meinem Stillschweigen nicht, und hielten dieß ruhige Betragen für eine trügerische Meeresstille, der König urtheilte, wie die Letztern, daß ich nicht der Mann sey, der eine Beleidigung unbestraft liesse, und daß ich nicht ermangeln würde, mich zu rächen, so bald sich nur eine günstige Gelegenheit dazu ereignete.

Um zu wissen, ob er mich errathen habe, ließ er mich eines Tages in sein Cabinet rufen, wo er zu mir sagte: Don Pompejo, ich weiß den Euch begegneten Vorfall, und ich muß gestehen, ich erstaune über Eure Gelassenheit. Sie ist zuverlässig Grimasse. Sire, antwortete ich, ich kann nicht wissen, wer mein Beleidiger mag gewesen seyn. Unbekannte Leute überfielen mich des Nachts. Ein Unglück, das ich verschmerzen muß. Nein, nein, erwiederte der König, glaubt nicht, mich damit zu hintergehen. Ich habe alles gehöret. Der Herzog von Almeida hat Euch tödtlich beleidiget. Ihr seyd Ritter, seyd Castilier. Ich weiß, wozu 142 Euch dieß beydes verpflichtet. Ihr habt Rache beschlossen. Gestehet mir, auf was Art Ihr sie nehmen wollt. Ich will es wissen. Es soll Euch nicht reuen, mir Euer Geheimniß entdeckt zu haben.

Weil Ihro Majestät so befehlen, erwiederte ich, so will ich Ihnen meine Gesinnungen entdecken. Ja, gnädigster Herr, ich bin Willens, wegen des mir zugefügten Schimpfs Rache zu nehmen. Jedweder, der einen Nahmen trägt, wie ich, ist dieß seiner Familie schuldig. Sie wissen, wie höchst unwürdig ich bin behandelt worden; damit ich nun eine Rache habe, die der Beleidigung entspricht, so will ich den Herzog meuchlings umbringen; ihm entweder einen Dolch in's Herz senken, oder ihm mit einer Kugel den Kopf zerschmettern, und mich dann, wo möglich, nach Spanien hinüberretten. Das ist mein Vorsatz! Ein sehr rascher, antwortete der König, doch nach der grausamen Beschimpfung, die Euch der Herzog von Almeida zugefüget, kann ich ihn nicht verdammen. Er verdient die ihm zugedachte Züchtigung. Doch führet Euer Vorhaben nicht sobald aus. Laßt mich einen Weg ausfindig machen, auf welchem Eure Sache kann beygeleget werden.

Ach! gnädigster Herr, antwortete ich, ein wenig aufgebracht, warum haben Sie mich genöthigt, Ihnen mein Geheimniß zu entdecken? 143 Welch Mittel kann wohl . . . Find' ich keines aus, unterbrach er mich, das Euch genügt, so könnt Ihr noch immer Euren Entschluß ausführen. Ich werde nicht das in mich gesetzte Vertrauen mißbrauchen; es soll Eurer Ehre kein Abbruch geschehen. Seyd dieserhalb unbesorgt.

Ich war außerordentlich begierig, zu wissen, wie der König dieß Geschäft gütlich beendigen würde. Er schlug folgenden Weg ein; nahm den Herzog allein in sein Cabinet. Herzog, sagte er zu ihm, Sie haben den Don Pompejo de Castro beleidiget. Sie wissen, es ist ein Mann von edler Geburt, ein Cavalier, den ich liebe, und der mir gute Dienste geleistet hat. Sie sind ihm Genugthuung schuldig. Die ich ihm nicht verweigern will, antwortete der Herzog; beschwert er sich über meinen Jachzorn, so bin ich erböthig, ihm durch den Weg der Waffen dafür gerecht zu werden.

Das ist nicht Ersatz, erwiederte der König. Ein Spanischer Cavalier versteht die Gesetze der Ehre zu gut, um sich so edel gegen eine Mämme von Meuchelmörder zu schlagen. Anders kann ich Sie nicht nennen, und Sie können Ihre unwürdige, niederträchtige Handlung nicht anders abbüßen, als wenn Sie Ihrem Feinde einen Stock überreichen, und Sich erbiethen, Sich von ihm schlagen zu lassen.

O ihr Mächte des Himmel! rief mein Nebenbuhler. Wie Sire, Sie verlangen, daß ein Mann meines Standes sich so wegwerfen, 144 vor einem bloßen Cavaliere sich so demüthigen, sogar Stockschläge von ihm empfangen soll? Nein, versetzte der Monarch, ich werde Don Pompejo'n das Versprechen abnöthigen, Euch nicht zu schlagen. Bittet ihn bloß um Verzeihung Eurer Gewältthätigkeit, und überreichet ihm den Stock. Das ist alles, was ich von Euch verlange. Die Zumuthung ist zu stark, Sire, unterbrach ihn der Herzog hitzig. Lieber will ich mich den verborgenen Pfeilen Preis geben, die sein Groll gegen mich schärfen wird. Euer Leben ist mir theuer, sagte der König, und ich wünschte, daß diese Sache keine üble Folgen haben möchte. Damit sie nun mit so weniger Kränkung für Euch als möglich beendiget werde, will ich nur bloß bey der Genugthuung zugegen seyn, die ich Euch diesem Spanier zu geben anbefehle.

Der König mußte sich all' der Macht, die er über diesen Herrn hatte, bedienen, um ihn zu einem Schritte zu bringen, der ihm so äußerst kränkend schien. Endlich drang er durch, und sogleich sandte er nach mir. Er erzählte mir die mit meinem Feinde eben gehabte Unterredung, und fragte, ob ich mit dem verabredeten Ersatz zufrieden sey. Völlig, antwortete ich, und gab ihm mein Wort: daß ich, weit entfernt, meinen Beleidiger zu schlagen, nicht einmahl den mir überreichten Stock annehmen würde. Nach dieser Unterredung fanden 145 der Herzog und ich uns eines Tages zu einer anberaumten Stunde bey dem Könige ein, der sich mit uns Beyden in sein Cabinet verschloß.

Wohlan, sagte er zum Herzoge, erkennet Euren Fehltritt, und macht Euch der Verzeihung desselben würdig. Hierauf entschuldigte sich mein Feind, und überreichte mir den in den Händen habenden Stock. Don Pompejo, sagte der Monarch in diesem Augenblicke zu mir, nehmet den Stock an, und laßt Euch durch meine Gegenwart nicht hindern, Euch für die erlittene Beschimpfung Recht zu verschaffen. Ich entbind' Euch hiermit Eures mir gegebenen Worts, Euren Feind nicht zu schlagen. Mit nichten, gnädigster Herr! antwortete ich; sein Erbiethen, Stockschläge von mir annehmen zu wollen, ist hinlänglich. Mehr verlanget ein beleidigter Spanier nicht. Nun wohl, sagte der König. da Ihr nunmehr mit dieser Genugthuung zufrieden seyd, so könnt Ihr nun beyderseits die Sache frank und edel ausmachen, mit der Spitze Eurer Degen. Mein heissester Wunsch! rief der Herzog in einem hitzigen Tone, und das nur allein kann mich wegen des schändlichen Schrittes zufrieden stellen, den ich eben habe thun müssen.

Mit diesen Worten ging er voller Scham und Wuth fort, und zwey Stunden hernach ließ er mir sagen, daß er meiner an einem entlegnen 146 Orte erwartete. Ich begab mich dorthin, und fand ihn völlig schlagfertig. Er war nicht fünf und vierzig Jahr alt, und es fehlte ihm weder an Muth noch an Geschicklichkeit. Man konnte sehen, daß wir ganz einander gewachsen waren.

Kommen Sie, Don Pompejo, sagte er, lassen Sie uns unsern Zwist endigen. Wir müssen beyderseits in Wuth seyn; Sie, daß ich Ihnen so blutig mitgespielt, und ich, daß ich Sie darüber habe um Verzeihung bitten müssen. Wie er dieß gesagt hatte, griff er so hastig zum Degen, daß ich nicht Zeit hatte, ihm zu antworten. Anfänglich trieb er mich sehr in die Enge, ich hatte aber das Glück, all' seine Stösse abzudrehen. Nunmehr ging ich ihm auf den Leib, und fand, daß ich mit einem Manne zu thun hatte, der sich so gut zu vertheidigen, als anzugreifen wußte; und ich weiß nicht, wie unser Gefecht sich würde geendiget haben, wofern er nicht beym Zurückweichen gestrauchelt hätte, und rücklings zur Erde gefallen wäre.

Sogleich hielt ich inne, und sagte zu ihm: Stehen Sie auf. Wozu meiner schonen? antwortete er. Ihr Mitleid beleidiget mich. Ich mag mich Ihres Unglücks nicht bedienen, sagt' ich, das würde meine Ehre kränken. Noch Einmahl, stehen Sie auf, und lassen Sie und fortfechten.

Don Pompejo, sagte er zu mir, als er aufgestanden war, nach diesem edelmüthigen 147 Zuge verbiethet es mir die Ehre, mich weiter gegen Sie zu schlagen. Wofür würde man mich erklären, wenn ich Ihnen das Herz durchbohrte? Für eine elende Mämme, daß ich einem Manne das Leben geraubet, in dessen Macht das meinige stand. Sonach darf ich nicht mehr die Waffen gegen Sie ergreifen, und ich fühle, daß all' die Wuth, die in meiner Seele tobt, wegschwindet, und sanftere Empfindungen gegen Sie in mir aufsteigen; Empfindungen, die die Erkenntlichkeit erzeuget. Don Pompejo, fuhr er fort, wir wollen unsern Haß ablegen, wollen sogar noch weitergehen, wollen Freunde werden. Ah! Sennor, sagt' ich, einen so angenehmen Vorschlag nehm' ich mit Freuden an. Von diesem Augenblick an schwör' ich Ihnen die aufrichtigste Freundschaft; und um Ihnen davon sogleich einen Beweis zu geben, versprech' ich Ihnen, nie mehr einen Fuß zur Donna Hortensia zu setzen, selbst, wenn sie mich zu sich hinverlangen sollte.

Ich trete Ihnen diese Dame ab, so erfordert's die Billigkeit, sagte er, da sie von Natur Ihnen gewogen ist. Ich mag sie nicht, antwortete ich, Sie lieben sie, und jede Gütigkeit, die sie gegen mich äußerte, würde ein Stich in Ihre Seele seyn. Ich opfere das Weib mit all' ihren Holdseligkeiten Ihrer Ruhe auf. O! allzuedler Castilier, schrie der Herzog, und hielt mich fest in seinen Armen, wie 148 entzücken mich diese Gesinnungen, und wie viel Reue erwecken sie in mir. Mit welchem Schmerze, mit welcher Scham erinnr' ich mich der Ihnen zugefügten Beleidigung. Wie unbedeutend scheint mir in diesem Augenblicke die Genugthuung, die ich Ihnen im Cabinet des Königs gab. Ich will Ihnen bessern Ersatz für die erlittne Schmach verschaffen, und um Sie das Ehrlose jener Handlung gänzlich vergessen zu machen, bieth' ich Ihnen eine meiner Nichten an, über die ich disponiren kann. Sie ist noch nicht funfzehn Jahr alt, ihre Schönheit übertrifft noch ihre Jugend, und ihr Vermögen ist ansehnlich.

Ich dankte dem Herzoge auf's ehrfurchtsvollste für die Ehre, mich in seine Familie aufnehmen zu wollen. Wenig Tage nachher heirathete ich seine Nichte, der ganze Hof lobte diesen Herrn, daß er einen jungen Edelmann glücklich gemacht, den er vorher mit Schmach beladen hatte, und meine Freunde freuten sich mit mir über die frohe Entwickelung eines Abenteuers, von dem ein tragischers Ende zu erwarten stand.

Seit der Zeit hab' ich das vergnügteste Leben in Lissabon; bin geliebt von meiner Gattinn, und liebe sie wieder aufs innigste, ob gleich längst die Flittermonathe vorüber sind. Der Herzog von Almeida gibt mir täglich neue Freundschaftsäußerungen, und ich darf mich rühmen, bey dem Könige wohl 149 angeschrieben zu seyn. Die wichtige Reise, die ich auf seinen Befehl nach Madrid gethan, versichert mich völlig von der Fortdauer seiner Gewogenheit.

 


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